ArbG Hamburg, Urteil vom 27.04.2017 - 15 Ca 400/16
Fundstelle
openJur 2020, 1512
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger beginnend mit dem 1.8.2016 über den Betrag von € 1.594,89 brutto hinaus jeweils zum Ersten eines Monats € 85,73 brutto zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 388,37 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem Basiszins ab Rechtskraft der Entscheidung zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits – bezogen auf einen Gebührenstreitwert in Höhe von € 3.086,28 - trägt die Beklagte.

5. Der Urteilsstreitwert – maßgeblich für den Wert der Beschwer – wird festgesetzt auf € 3.989,03.

6. Die Berufung wird für die Beklagte unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstandes zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Höhe der Anpassung klägerischer Betriebsrentenbezüge.

Die klagende Partei war bis zum 31.01.2001 bei einem Unternehmen des B.-Konzerns, zuletzt in Hamburg, beschäftigt, dessen Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist. Die klagende Partei bezieht seit dem 01.02.2001 eine betriebliche Rente, die jeweils am Monatsersten im Voraus für den laufenden Monat gezahlt wird.

Die betriebliche Altersversorgung der klagenden Partei beruht auf einem Tarifvertrag „Betriebliche Versorgungsordnung“ (VO 85).

Zur „Anpassung der Renten“ trifft § 6 VO 85 unter anderem folgende Regelungen:

„1. Die Renten werden jeweils entsprechend der gemäß § 49 AVG vorgegebenen Entwicklung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst.

2. Die Anpassung der Renten erfolgt zum gleichen Zeitpunkt, zu dem die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung verändert werden.

(Der § 49 AVG ist durch Artikel 1 §§ 65 und 68 SGB (VI) neu gefasst worden. Die Änderung ist am 01.01.92 in Kraft getreten).....

4. Hält der Vorstand die Veränderung der Renten nach Ziffer 1 nicht für vertretbar, so schlägt er nach Anhören der Betriebsräte/des Gesamtbetriebsrates dem Aufsichtsrat zur gemeinsamen Beschlussfassung vor, was nach seiner Auffassung geschehen soll.

Die Beschlussfassung ersetzt die Anpassung gemäß Ziffer 1 ...“

Bis einschließlich 2014 folgten die beklagtenseitig vorgenommenen Rentenanpassungen der Entwicklung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung. Deren zum 01.07.2015 und zum 01.07.2016 erfolgten Erhöhungen um 2,0972 und um 4,24512 % wurden jedoch nicht nachvollzogen. Die Beklagte beschloss vielmehr jeweils auf Vorschlag ihres Vorstandes – gegen das Votum diesbezüglich unterrichteter Betriebsräte – eine Rentenerhöhung um jeweils nur 0,5 %.

Die klagende Partei erhielt dementsprechend ab dem 01.07.2015 anstelle der bisherigen Rente in Höhe von € 1579,06 brutto Rentenzahlungen in Höhe von € 1586,96 brutto. Ab dem 01.07.2016 wurde ihr eine Rente in Höhe von € 1594,89 brutto gezahlt. Sie ist der Auffassung, dass eine Anpassung ihrer Rente entsprechend der Entwicklung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung hätte erfolgen müssen. Sie errechnet hieraus einen Differenzbetrag in Höhe von € 388,37 brutto für den Zeitraum 01.07.2015 – 31.07.2016, ausgehend von einem monatlichen Differenzbetrag in Höhe von € 25,22 im Zeitraum 01.07.2015 – 30.06.2016 und in Höhe von monatlich € 85,81 ab dem 01.07.2016.

Die klagende Partei trägt vor:

Der von ihr geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus § 6 Abs. 1 VO 85. Auf § 6 Abs. 4 könne sich die Beklagte aus mehreren Gründen nicht stützen: Diese Regelung sei unwirksam, weil völlig unklar und unangemessen bzw. unverhältnismäßig. Außerdem sei zu bestreiten, dass die mitgeteilten Beschlüsse formell ordnungsgemäß gefasst worden seien. Jedenfalls sei die Anpassungsentscheidung für 2015 nach dem 01.07.2015 und damit verspätet getroffen, die Anpassungsentscheidung für 2016 sei verspätet mitgeteilt worden. Damit habe die Beklagte unzulässig rückwirkend in bereits erworbene Rechte der Rentenbezieher eingegriffen.

Selbst ausgehend von der Wirksamkeit des § 6 Abs. 4 VO 85 und der getroffenen Anpassungsentscheidung bestehe ein Anspruch auf Anpassung der Rente entsprechend der gesetzlichen Rente. Denn § 6 Abs. 4 sei allenfalls dahin zu verstehen, dass eine abweichende Anpassungsentscheidung als absoluter Ausnahmefall nur getroffen werden dürfe, wenn die wirtschaftliche Lage der Beklagten eine andere Entscheidung nicht zulasse. Hierfür fehlten jedoch angesichts öffentlich mitgeteilter Gewinne der Beklagten jegliche Anhaltspunkte. Zudem sei eine angemessene Berücksichtigung der Interessen der Rentenbezieher unterblieben.

Schließlich ergebe sich der geltend gemachte Anspruch auch aus betrieblicher Übung.

Die klagende Partei beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die klagende Partei beginnend mit dem 01.08.2016 über den Betrag von € 1594,89 hinaus jeweils zum 01. eines Monats einen Betrag in Höhe von € 85,81 brutto zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die klagende Partei einen Betrag in Höhe von € 388,45 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag in Höhe von € 25,22 seit dem 01.07.2015, auf € 25,22 seit dem 01.08.2015, auf € 25,22 seit dem 01.09.2015, auf € 25,22 seit dem 01.10.2015, auf € 25,22 seit dem 01.11.2015, auf € 25,22 seit dem 01.12.2015, auf € 25,22 seit dem 01.01.2016, auf € 25,22 seit dem 01.02.2016, auf € 25,22 seit dem 01.03.2016, auf € 25,22 seit dem 01.04.2016, auf € 25,22 seit dem 01.05.2016, auf € 25,22 seit dem 01.06.2016 und auf € 85,81 seit dem 01.07.2016 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Anträge abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor:

Weitergehende als die erfolgten Rentenanpassungen könne die klagende Partei nicht verlangen.

Sie, die Beklagte, habe die Anpassungsentscheidung wirksam entsprechend § 6 Abs. 4 VO 85 getroffen. Diese Regelung sei weder unklar noch unwirksam. Sie sei, entsprechend dem verwendeten Begriff „vertretbar“ (= berechtigt“, „legitim“), dahingehend auszulegen, dass eine an den Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zu messende Anpassungsentscheidung nach billigem Ermessen zu treffen sei.

Die getroffenen Anpassungsentscheidungen entsprächen auch billigem Ermessen. So bestehe ein schwieriges ökonomisches Umfeld durch langanhaltende Niedrigzinsen, demografische Trends und kulturelle Umbrüche (z. B. Digitalisierung, Langlebigkeitsrisiko). Es sei ein sich abschwächendes Wachstum im Versicherungsmarkt zu verzeichnen. Sie, die Beklagte, unterliege steigenden Anforderungen im Bereich der Regulierung und im Bereich der Kundenanforderungen. Schließlich gebe es massive Umstrukturierungen im Branchenumfeld. Diese Rahmenbedingungen hätten den Konzern zu einer neuen Strategie (SSY-Konzept) veranlasst, in deren Umsetzung u. a. Personalkosten durch Stellenstreichungen eingespart werden sollten. Aufgrund dessen müssten aktive Mitarbeiter einen erheblichen Beitrag zur Stärkung des Konzerns leisten. Dementsprechend sei es angemessen, hieran auch die Rentner zu beteiligen. Im Übrigen erhielten Rentner anderer Versorgungssysteme eine deutlich niedrigere Anpassung. Das auf die VO 85 gestützte Versorgungsniveau sei bereits überdurchschnittlich hoch. Der Höhe nach hätten sich die Anpassungen am Verbraucherpreisindex und damit an der Anpassung für Betriebsrentner in anderen Versorgungswerken im Konzern orientiert. Auf ihre konkrete aktuelle wirtschaftliche Lage komme es nicht an.

Für den weiteren Vortrag der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Gründe

I

Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, auch liegen die Voraussetzungen zur Geltendmachung künftiger wiederkehrender Leistungen gemäß § 258 ZPO vor.

II

Die zulässige Klage ist auch ganz überwiegend begründet. Lediglich hinsichtlich des zeitlichen Beginns des geltend gemachten Zinsanspruchs sowie geringfügiger Berechnungsdifferenzen (€ 85,73 statt € 85,81, € 388,37 statt € 388,45) war sie abzuweisen.

1. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch folgt dem Grunde nach aus § 6 VO 85. Nach § 6 Abs. 1 werden die Renten jeweils entsprechend der Entwicklung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst, und zwar gemäß § 6 Abs. 2 zum gleichen Zeitpunkt, zu dem die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung verändert werden.

Auf § 6 Abs. 4 kann sich die Beklagte für ihre abweichende Anpassungsentscheidung nicht berufen. Dies folgt zwar nicht bereits – wie klägerseitig angenommen – aus der Unwirksamkeit dieser Bestimmung (a), aus einer verspätet getroffenen bzw. mitgeteilten Anpassungsentscheidung (b) oder betrieblicher Übung (c), allerdings daraus, dass die Beklagte keine billigem Ermessen entsprechenden Anpassungsentscheidungen getroffen hat (d, e).

a) § 6 Abs. 4 VO 85 ist nicht unwirksam. Die Regelung ist insbesondere nicht wegen Unbestimmtheit und Unverhältnismäßigkeit unwirksam. Sie ist dahingehend auszulegen, dass sie ein Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten konstituiert, das gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der Vorgaben der Gesamtsystematik und insbesondere von § 6 Abs. 1 VO 85 auszuüben ist.

Tarifverträge sind wegen ihres normativen Charakters wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und den durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (vgl. BAG, 29.06.2016, 5 AZR 696/15).

Dies zugrunde gelegt ist vorliegend festzustellen, dass trotz bestehender Möglichkeit, tarifvertraglich abweichend von § 16 BetrAVG eine Rentenanpassung auszuschließen (§ 17 Abs. 3 BetrAVG), eine regelmäßige Rentenanpassung bezweckt und gewollt ist. Außerdem ist aus der Reihenfolge der getroffenen Regelungen und der Wortwahl („die Renten werden angepasst“, „die Anpassung erfolgt“) ersichtlich, dass die Anpassungsbestimmungen der Absätze 1 und 4 in einem Regel-Ausnahmeverhältnis zueinander stehen: Regelmäßig und automatisch erfolgt die Rentenanpassung entsprechend der Entwicklung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung (Abs. 1) jährlich zum selben Zeitpunkt (Abs. 2), ansonsten, im Ausnahmefall, ist ein diese Anpassungsautomatik aussetzender Beschluss zu fassen (Abs. 4).

Damit findet in § 6 VO 85 neben dem Wollen einer regelmäßigen jährlichen Rentenanpassung auch die systemische Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien für einen prinzipiellen Gleichlauf der Betriebsrenten mit der Entwicklung in der gesetzlichen Rentenversicherung als angemessener Bezugsgröße ihren Niederschlag. Da diese ihrerseits bestimmt wird von den Veränderungen der allgemeinen Bruttolohn- und Rentenversicherungsbeitragsentwicklung sowie dem Verhältnis von Äquivalenzrentnern zu Äquivalenzbeitragszahlern, lässt sich der Wille der Tarifvertragsparteien erkennen, diese bzw. entsprechende Parameter zur Grundlage der angestrebten Rentenanpassungen zu machen.

Dies zur Auslegung der Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 4 VO 85 zugrunde gelegt führt dazu, dass nicht jeder denkbare Grund Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten berechtigt, eine Rentenanpassungsentscheidung abweichend vom festgelegten Regelfall zu treffen. Es ist vielmehr in der Gesamtschau der Anpassungsregelungen des § 6 VO 85 zum Ausdruck gebracht, dass eine abweichende Entscheidung nach § 6 Abs. 4 nur im Ausnahmefall erfolgen darf, und sich die nach billigem Ermessen zu treffenden Entscheidungen, ob abgewichen wird und wie abgewichen wird, daran zu orientieren haben, in welchem Verhältnis die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers, bzw. die Lohnentwicklung seiner aktiv Beschäftigten zur „Normalentwicklung“, gespiegelt durch die Rentenentwicklung in der gesetzlichen Rentenversicherung, stehen. Nur wenn dies berücksichtigt ist, entsprechen vom Regelfall abweichende Entscheidungen billigem Ermessen im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB. So ausgelegt ist § 6 Abs. 4 VO 85 hinreichend bestimmt und nicht unverhältnismäßig.

b) Der Beklagten ist es auch nicht verwehrt, sich wegen des Zeitpunktes ihrer Beschlussfassung zur Rentenanpassung bzw. deren Mitteilung auf § 6 Abs. 4 VO 85 zu berufen. Denn diese Regelung enthält keine Bestimmung bezüglich des Zeitpunktes, in dem eine von § 6 Abs. 1 abweichende Entscheidung getroffen sein muss. Aus § 6 Abs. 2 lässt sich kein entsprechendes Zeitregime ableiten, weil darin nur der Wirksamkeitszeitpunkt einer etwaigen Anpassung festgelegt ist. Insofern wird – solange eine Regelanpassung nicht bereits erfolgt ist – auch nicht rückwirkend in bereits erworbene Ansprüche oder diesbezüglich begründetes Vertrauen in zu beanstandender Weise eingegriffen.

c) Auch eine betriebliche Übung steht der Berufung auf § 6 Abs. 4 nicht entgegen. Insoweit weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass nicht allein mangels bisheriger Anwendung des Ausnahmetatbestandes davon ausgegangen werden kann, die Beklagte habe auf das ihr eingeräumte Abweichungsrecht verzichten wollen. Diesbezügliche sonstige Anhaltspunkte sind nicht ersichtlich.

d) Gleichwohl deckt § 6 Abs. 4 VO 85 die hier getroffenen Anpassungsentscheidungen nicht. Denn selbst eine formal ordnungsgemäße Beschlussfassung unterstellt ist nicht ersichtlich, dass diese billigem Ermessen im oben (zu a) dargestellten Sinne entspräche.

Denn die Beklagte hat – von ihrem Standpunkt aus konsequent – keine quantifizierbaren Umstände vorgetragen, aus denen sich ihre wirtschaftliche Lage/Leistungsfähigkeit, bzw. die Lohnentwicklung ihrer aktiven Beschäftigten im Verhältnis zur in der Rentenentwicklung in der gesetzlichen Rentenversicherung gespiegelten „Normalsituation“ ableiten ließe.

Wie bereits durch Urteil der Kammer 24 des Arbeitsgerichts Hamburg vom 05.10.2016 (24 Ca 83/16) in einem Parallelverfahren ausgeführt, kann mangels belastbaren Zahlenmaterials weder festgestellt werden, welcher Aussagewert den von der Beklagten herangezogenen Kriterien in wirtschaftlicher Hinsicht zukommt, noch ist deren Gewichtung zu ermitteln. Dass und warum die wirtschaftliche Lage ausgerechnet eine Anpassung um 0,5 %, nicht mehr und nicht weniger, gebietet und damit weniger als 25 % der planmäßigen Regelanpassung ausmacht, ist nicht nachvollziehbar durch veränderte wirtschaftliche Verhältnisse/Leistungsfähigkeit auf Arbeitgeberseite begründet und daher unbillig.

Eine Orientierung am Inflationsausgleich zum Zweck einer angestrebten Harmonisierung der Versorgungsleistungen im Konzern ist in diesem Zusammenhang kein im Kontext des § 6 angelegtes und damit zu berücksichtigendes Argument. Das hohe Versorgungsniveau der der VO 85 unterfallenden Betriebsrentner ist dem Regelungswerk immanent und daher gewollt.

e) Da die Anpassungsentscheidungen der Beklagten unbillig sind, ist die Höhe der von der klagenden Partei zu beanspruchenden Rentenanpassungen gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch das Gericht zu bestimmen.

Mangels belastbaren Zahlenmaterials und sonstiger quantifizierbarer Anhaltspunkte für eine eigene gerichtliche Leistungsbestimmung kann insoweit keine Abweichung von der Regelanpassung nach § 6 Abs. 1 VO 85 erfolgen. Daher ist die gerichtliche Bestimmung jeweils auf 100 % der Erhöhungen in der gesetzlichen Rentenversicherung vorzunehmen.

2. Die sich hieraus ergebenden Zahlungsbeträge hat die klagende Partei im Grundsatz zutreffend berechnet. Allerdings errechnet sich unter Zugrundelegung der Erhöhungssätze von 2,0972 % ab dem 01.07.2015 und von 4,24512 % ab dem 01.07.2016 ab dem 01.07.2016 ein monatlicher Differenzbetrag in Höhe von € 85,73 brutto, nicht in Höhe von € 85,81-, wie klägerseitig zugrunde gelegt. Dementsprechend beträgt der Differenzbetrag für den Zeitraum 01.07.2015 – 30.06.2016 auch nur € 388,37 anstelle der geltend gemachten € 388,45. Nur insoweit ist die Klage begründet.

Der geltend gemachte Zinsanspruch ist dementsprechend der Höhe nach auch nur hinsichtlich der richtig berechneten Höhe begründet. Aber auch hinsichtlich des Zinszeitpunktes unterlag er teilweise der Klagabweisung. Leistungen, die – wie hier – nach billigem Ermessen zu bestimmen sind, werden bei gerichtlicher Bestimmung erst aufgrund eines rechtskräftigen Gestaltungsurteils fällig (BAG, 10.12.2013, 3 AZR 595/12). Der klagenden Partei stehen Verzugszinsen daher erst ab Rechtskraft der Entscheidung zu.

III

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Danach hat, trotz teilweiser Klageabweisung, die Beklagte die Kosten des Rechtsstreites allein zu tragen, weil die Zuvielforderung der klagenden Partei insgesamt geringfügig ist und keine höheren Kosten veranlasst hat. Die Kosten sind bezogen auf den gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 GKG festgesetzten Gebührenstreitwert zu tragen, der sich auf das 36-fache der geltend gemachten monatlichen Rentendifferenz beläuft.

Der Rechtsmittelstreitwert wurde gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG unter Berücksichtigung von § 46 Abs. 2 ArbGG, 3 ff. ZPO in Höhe der 42-fachen monatlichen Klageforderung zuzüglich der für die Vergangenheit bezifferten Beträge im Urteil festgesetzt.

Eine gesonderte Zulassung der Berufung unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstandes hatte gemäß § 64 Abs. 3 a ArbGG für die Beklagte zu erfolgen, weil die Auslegung von § 6 der Ausführungsbestimmungen der BVW eine Vielzahl von Parallelverfahren betrifft und damit grundsätzliche Bedeutung hat. Für die Klägerin war demgegenüber mangels vorliegender Voraussetzungen des § 64 Abs. 3 ArbGG eine gesonderte Zulassung der Berufung nicht veranlasst.

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