OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.01.2020 - 14 E 856/17
Fundstelle
openJur 2020, 1231
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 24 K 7191/15

Betrifft der Antrag des Klägers einen auf eine Geldleistung bezogenen Verwaltungsakt, kommt es für eine Anhebung des Streitwerts nach § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG darauf an, ob er offensichtlich absehbare Auswirkungen auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte hat. Auf Auswirkungen auf andere Geldleistungen kommt es nicht an.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 9. August 2017 wird geändert.

Der Streitwert wird für das Verfahren erster Instanz auf 11.216,62 € festgesetzt.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Der Senat entscheidet über die Beschwerde der Klägerin gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 9. August 2017 durch den Berichterstatter als Einzelrichter, weil auch der angefochtene Beschluss von der Einzelrichterin erlassen worden ist (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 6 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG -).

Die Beschwerde der Klägerin hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert für das Verfahren erster Instanz zu Unrecht auf 20.656,18 € festgesetzt. Der Streitwert ist auf 11.216,62 € festzusetzen.

Nach § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG ist für die Festsetzung des Streitwerts, wenn der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt betrifft, deren Höhe maßgebend. Der (Haupt-) Antrag der Klägerin betraf Verwaltungsakte, die auf eine bezifferte Geldleistung bezogen sind, nämlich die Gewerbesteuerbescheide der Beklagten vom 2. Juni 2004, mit denen diese die Gewerbesteuern für die Klägerin für die Veranlagungsjahre 1997, 1998 und 1999 auf 12.915,- DM, 20.242,- DM und 20.118,- DM festgesetzt hatte. Mit den Gewerbesteuerbescheiden vom 21. April 2011 hatte die Beklagte diese Festsetzungen auf 8.145,- DM (4.164,47 €) (1997), 14.914,- DM (7.625,41 €) (1998) und 14.173,- DM (7.246,54 €) (1999) herabgesetzt.

Mit ihrer Klage vom 15. Dezember 2015 hat die Klägerin zunächst begehrt festzustellen, dass die Gewerbesteuerbescheide der Beklagten vom 2. Juni 2004 in der Gestalt der Gewerbesteuerbescheide vom 21. April 2011 in Höhe von 2.438,86 € für das Veranlagungsjahr 1997, in Höhe von 3.963,20 € für das Veranlagungsjahr 1998 und in Höhe von 3.220,12 € für das Veranlagungsjahr 1999 nichtig sind. Sie hat nämlich beantragt, die Teilnichtigkeit der Gewerbesteuerbescheide für die Veranlagungsjahre 1997 bis 1999 in dem Umfang festzustellen, in dem diese der Mahnung und Zahlungsaufforderung der Beklagten vom 7. Dezember 2015 zugrunde lagen. Mit der Mahnung und Zahlungsaufforderung vom 7. Dezember 2015 hatte die Beklagte die Klägerin zur Zahlung rückständiger Gewerbesteuern in Höhe von 2.4328,86 € für das Veranlagungsjahr 1997, in Höhe von 3.963,20 € für das Veranlagungsjahr 1998 und in Höhe von 3.220,12 € für das Veranlagungsjahr 1999 aufgefordert.

In der mündlichen Verhandlung vom 9. August 2017 hat die Klägerin ihre Klage sodann teils zurückgenommen, teils erweitert. Sie hat nämlich sinngemäß begehrt festzustellen, dass die Gewerbesteuerbescheide der Beklagten vom 2. Juni 2004 nichtig sind, soweit die Beklagte die Gewerbesteuern auf mehr als 832,50 DM (425,65 €) für das Veranlagungsjahr 1997, mehr als 7.796,57 DM (3.986,32 €) für das Veranlagungsjahr 1998 und mehr als 6.665,13 DM (3.407,83 €) für das Veranlagungsjahr 1999 festgesetzt hat. Dies ergibt sich aus ihrem Antrag in der mündlichen Verhandlung vom 9. August 2017, festzustellen, dass die Gewerbesteuerbescheide der Beklagten für die Veranlagungsjahre 1997 bis 1999 in dem Umfang, in dem ihnen Hinzuschätzungen der Finanzbehörden zugrunde liegen, nichtig sind. Sie hatte hierzu vorgetragen, die Gewerbesteuern der Beklagten für die Veranlagungsjahre 1997 bis 1999 seien ohne die vorgenommenen Hinzuschätzungen auf 832,50 DM = 425,65 € für das Veranlagungsjahr 1997, 7.796,57 DM = 3.986,32 € für das Veranlagungsjahr 1998 und 6.665,13 DM = 3.407,83 € für das Veranlagungsjahr 1999 festzusetzen (Anlagen K 1376, 1384, 1391). Die Differenz beträgt 3.738,82 € für das Veranlagungsjahr 1997 (4.164,47 € - 425,65 € = 3.738,82 €), 3.639,09 € für das Veranlagungsjahr 1998 (7.625,41 € - 3.986,32 € = 3.639,09 €) und 3.838,71 € für das Veranlagungsjahr 1999 (7.246,54 € - 3.407,83 € = 3.838,71 €), insgesamt also 11.216,62 € (3.738,82 € + 3.639,09 € + 3.838,71 € = 11.216,62 €).

Die Hilfsanträge der Klägerin auf Feststellung der Nichtigkeit der Gewerbesteuermessbescheide und der Körperschaftsteuerbescheide des Finanzamts C. in dem Umfang, in dem ihnen Hinzuschätzungen des Finanzamts zugrunde liegen, erhöhen den Streitwert nicht, weil hierdurch lediglich den Gewerbesteuerbescheiden der Beklagten die Grundlagen im Verhältnis zur Beklagten entzogen werden sollten.

§ 52 Abs. 1 GKG ist im vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Nach dieser Vorschrift ist in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Es dürfte zutreffen, dass die sich aus dem vorgenannten Antrag der Klägerin für sie ergebende Bedeutung der Sache höher als 11.216,62 € zu bewerten sein dürfte, weil bei einem Erfolg der Klägerin auch die von der Beklagten geforderten Nachforderungszinsen, Säumniszuschläge und Aussetzungszinsen für die Veranlagungsjahre 1997 bis 1999 jedenfalls teilweise entfallen dürften. Die Anwendung des § 52 Abs. 1 VwGO ist hier jedoch durch die speziellere Vorschrift des § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG gesperrt ("soweit nichts anderes bestimmt ist").

Der Streitwert ist auch nicht nach § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG anzuheben. Nach dieser Vorschrift ist die Höhe des sich aus § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wenn der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte hat, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG nicht übersteigen darf. Die Voraussetzungen für eine Anhebung des Streitwerts nach dieser Vorschrift liegen hier nicht vor. Auswirkungen des Antrags der Klägerin auf noch zu erlassende Verwaltungsakte sind nicht erkennbar. Der Antrag der Klägerin betraf eine Sondersituation, nämlich die Gewerbesteuerbescheide der Beklagten für die Veranlagungsjahre 1997 bis 1999, die auf Hinzuschätzungen des Finanzamts C. aufgrund einer Betriebsprüfung für diese Veranlagungsjahre beruhten. Zudem hat die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb im Jahre 2002 aufgegeben. Weitere Gewerbesteuerbescheide für Folgejahre sind daher nicht mehr zu erwarten. Auf mögliche Auswirkungen des Antrags auf künftige Geldleistungen durch die Klägerin, nämlich die von ihr außer den Gewerbesteuern noch geschuldeten Nachzahlungszinsen, Aussetzungszinsen und Säumniszuschlägen für die Veranlagungsjahre 1997 bis 1999, kommt es nicht an. Die Differenzierung in § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG zwischen Auswirkungen auf künftige Geldleistungen und Auswirkungen auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte knüpft an die Differenzierung in § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG zwischen einem Antrag, der eine bezifferte Geldleistung betrifft, und einem Antrag, der einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt betrifft, an. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung, kommt es für eine Anhebung des Streitwerts nach § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG darauf an, ob er offensichtlich absehbare Auswirkungen auf zukünftige Geldleistungen hat. Betrifft der Antrag des Klägers einen auf eine Geldleistung bezogenen Verwaltungsakt, kommt es für eine Anhebung des Streitwerts darauf an, ob er offensichtlich absehbare Auswirkungen auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte hat. Im vorliegenden Fall betraf der Antrag der Klägerin auf Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte. Auswirkungen auf noch zu erlassende Verwaltungsakte sind jedoch nicht erkennbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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