LG Düsseldorf, Urteil vom 13.05.2019 - 12 KLs 6/19
Fundstelle
openJur 2020, 1227
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 3 StR 382/19
Tenor

Der Angeklagte wird wegen bewaffneten Handeltreibens mit

Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von

vier Jahren

verurteilt.

Die Einziehung des Wertes des durch die Tat Erlangten in Höhe von 50 € wird angeordnet.

Die Einziehung der sichergestellten Betäubungsmittel, der Feinwaagen, der Verpackungsmaterialien, des Küchenmessers und der zwei Pfeffersprays wird angeordnet.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.

Angewandte Vorschriften:

§§ 30a Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3, 33 BtMG; 73, 73c, 74, 74 a StGB

Gründe

I.

Der zum Zeitpunkt der Tat 26 Jahre alte Angeklagte wurde in I-Stadt als jüngstes von drei Kindern geboren. Nach der frühen Scheidung der Eltern wuchs er bei seiner Mutter auf. Er selbst ist ledig und hat keine Kinder.

Der Angeklagte erreichte den Realschulabschluss und unternahm danach den vergeblichen Versuch, das Fachabitur zu erlangen. Eine Lehre zum Groß- und Einzelhandelskaufmann blieb unvollendet, da der Angeklagte die Abschlussprüfung nicht bestand. Anschließend und auch zur Tatzeit arbeitete er auf 450-€-Basis im Handwerksbetrieb seines Vaters. Seit April 2018 ist er als Objektüberwacher für eine größere Gebäudereinigungsfirma tätig und verdient bei einer Arbeitszeit von 100 Stunden monatlich ca. 900 € netto. Der Angeklagte hat keine Schulden.

Der Angeklagte ist körperlich und geistig gesund.

Er hat keine Angaben zu einem eigenen Betäubungsmittelkonsum gemacht und es liegen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass er Drogen konsumiert oder dies zu irgendeinem Zeitpunkt getan hat.

Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.

II.

Im Jahr 2017 trieb der Angeklagte gewinnbringenden Handel mit Marihuana und Kokain in nicht geringen Mengen. Die Betäubungsmittel lagerte, portionierte und verpackte er in einem Zimmer der Wohnung T-straße 26 in E-Stadt, wo er zum Tatzeitpunkt lebte. Teil seines Geschäftsmodells war es, die Drogen direkt an Kunden auszuliefern, wofür er jedenfalls am Tattag eine graue Mercedes-Benz A-Klasse mit dem amtlichen Kennzeichen X nutzte.

Am 16. Juni 2017 ging auf dem Polizeipräsidium E-Stadt ein per E-Mail übermittelter Hinweis des nicht weiter identifizierten Absenders "T1" ein, welcher den Angeklagten namentlich als "S" benannte und sinngemäß mitteilte, dieser verkaufe Kokain im E-Stadter Stadtgebiet und nutze für die Auslieferung der Drogen eine Mercedes-Benz A-Klasse mit dem Kennzeichen X. Mit E-Mail vom 15. August 2017 wurde der Hinweis durch denselben Absender erneuert: Der Angeklagte verkaufe weiterhin Kokain und nutze hierfür das besagte Auto. Am 19. September 2017 bekräftigte der Absender seine beiden vorangegangenen Hinweise abermals, schilderte erneut die Vorgehensweise, nahm Bezug auf das genannte Fahrzeug und fügte hinzu, der Angeklagte habe "fast immer 1 kg Kokain im Haus". Jedenfalls dieser dritte Hinweis erreichte am 12. Oktober 2017 den Zeugen KHK X2 als Sachbearbeiter des für Rauschgiftdelikte zuständigen Kriminalkommissariats Y (KK Y) des Polizeipräsidiums E-Stadt.

Durch die Sachbearbeitung des KK Y wurden die Informationen an den Einsatztrupp (ET) desselben Kommissariats gesteuert. Dort nahm der Zeuge KOK N2 Kenntnis von der Hinweislage und veranlasste polizeiliche Maßnahmen für den 2. November 2017. In den Mittagsstunden dieses Tages bezogen die Angehörigen des Einsatztrupps - namentlich die Zeugen KOK N2, KK O, KKin S2, KKin W, KK L, KK T2, KA A und KA X2 - Position vor dem Mehrfamilienhaus T-straße 26, der Wohnanschrift des Angeklagten. Nach einiger Zeit verließ der Angeklagte das Objekt alleine, nahm Platz in der grauen Mercedes-A-Klasse und fuhr davon, woraufhin er u.a. durch die Zeugen KOK N2 per PKW verfolgt wurde. Der Angeklagte kaufte Sushi und fuhr zurück zu der observierten Adresse, wo er sich wieder in das Innere des Mietshauses begab.

Um 16:15 Uhr verließ der Angeklagte das Objekt erneut alleine und fuhr mit dem Mercedes davon, woraufhin die gesamten Polizeikräfte die Verfolgung aufnahmen. Nach einer Fahrt von wenigen Minuten brachte der Angeklagte sein Fahrzeug auf dem Parkplatz eines Supermarktes zum Stehen. Die Polizeikräfte bezogen Stellung, um eventuelle Vorgänge auf dem Parkplatzgelände observieren zu können. Gegen 16:30 Uhr befuhr der gesondert Verfolgte T3 den Parkplatz mit seinem Audi und stellte das Fahrzeug direkt neben dem Mercedes des Angeklagten ab. T3 stieg aus seinem Auto, ging zum Fahrzeug des Angeklagten und nahm dort auf dem Beifahrersitz Platz. Im Innern des Fahrzeugs übergab der Angeklagte dem neben ihm sitzenden T3 ungefähr vier Gramm (netto) Marihuana und erhielt im Gegenzug den gewinnbringend kalkulierten Kaufpreis in Höhe von 50 € ausgezahlt. Anschließend verließ T3 das Fahrzeug und setzte sich wieder in seinen Audi.

Als er seinem Kunden die Drogen gegen Barzahlung aushändigte, führte der Angeklagte griffbereit und für ihn offen sichtbar ein funktionsfähiges Pfefferspray des Modells "Walther ProSecur" in der frei zugänglichen Seitenablage der Fahrertür mit sich. Dem Angeklagten war spätestens seit Fahrtantritt um 16:15 Uhr bewusst, dass sich das Pfefferspray griffbereit in der Türablage befand. Er hatte das Spray zur Verletzung von Personen bestimmt, denn mit seiner Hilfe wollte er sich während der Auslieferungsfahrt und der anstehenden Drogenübergabe gegen potentielle Angreifer im Drogenmilieu zur Wehr setzen und so sein Geschäft absichern.

Gleichzeitig befanden sich, wie der Angeklagte ebenfalls wusste, folgende Betäubungsmittel in seinem unmittelbaren Zugriffsbereich, die er wiederum zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt hatte:

Zwei mit Marihuana befüllte Einmalhandschuhe, eine Überraschungsei-Verpackung gefüllt mit vier Tütchen Kokain sowie eine weitere Überraschungsei-Verpackung gefüllt mit sieben Tütchen Kokain in einem Fach mit Klappdeckel in der Mittelkonsole,

ein mit Marihuana gefüllter Einmalhandschuh in einem weiteren Fach der Mittelkonsole,

13 mit Marihuana gefüllte Einmalhandschuhe in einer schwarzen Folie unter dem Beifahrersitz.

Die Vorgänge im Fahrzeug wurden durch die Zeugen KK L und KK O observiert und per Telefonverbindung an die übrigen Polizisten weitergegeben. Als der Angeklagte und T3 gegen 16:39 Uhr in ihren Autos den Parkplatz verließen, nahmen sämtliche Kräfte die Verfolgung des T3 auf, während der Angeklagte vorübergehend unbeobachtet blieb und sich in Richtung der T-straße 26 entfernen konnte. Um 16:50 Uhr hielten die Polizeikräfte T3s Auto an und kontrollierten ihn. In diesem Zuge wurde das zuvor bei dem Angeklagten erworbene Marihuana aufgefunden, das ebenfalls in einen Einmalhandschuh verpackt war. Um 17:41 Uhr wurde durch das Amtsgericht E-Stadt ein Durchsuchungsbeschluss bezüglich der Wohnung des Angeklagten und des aufgefallenen Fahrzeugs erlassen, den die Einsatzkräfte im unmittelbaren Anschluss vollstreckten.

Mittels Ramme verschafften sich die Beamten Zutritt zu den Räumen. Es handelte sich um eine ca. 70 bis 80 Quadratmeter große 3-Zimmer-Wohnung. Zu Beginn der Durchsuchung hielt sich der Angeklagte in der Küche auf, wo er sich im Verlauf der Maßnahme widerstandslos festnehmen ließ. Weitere Personen oder Tiere befanden sich nicht in der Wohnung. Zum Tatzeitpunkt hatte jedenfalls der Angeklagte seinen Lebensmittelpunkt an der T-straße 26. Die Kammer konnte nicht ausschließen, dass sich außerdem auch die Mutter des Angeklagten regelmäßig in der Wohnung aufhielt.

In der Eingangsdiele, direkt links neben der Wohnungstür befand sich offen auf einer Kommode stehend eine weitere, baugleiche Pfefferspraydose des Modells "Walther ProSecur." In der obersten Schublade dieser Kommode wurde außerdem ein Küchenmesser aufbewahrt. Diese Gegenstände wurden durch die Zeugin KKin W aufgefunden. In einem Schrank in der Diele stellte der Zeuge KA X2 außerdem eine Feinwaage sicher. Am Ende der kurzen Diele ging rechtsseitig eine Zimmertür ab, welche zu Beginn der Durchsuchung abgeschlossen gewesen war, weshalb die Polizisten sie aus Eigensicherungsgründen gewaltsam geöffnet hatten. Wiederum am Ende des dahinter liegenden Raumes stand ein Schreibtisch auf dessen Arbeitsfläche offen liegend und in darunter befindlichen Schubladen die Zeugen KKin S2 und KA X2 zahlreiche Betäubungsmittelgebinde sicherstellen konnten. Im Einzelnen handelte es sich um 18 Einmalhandschuhe mit Marihuanatütchen, drei Tupperdosen mit Marihuana, verschiedene eingeschweißte bzw. einzeln in Druckverschlusstütchen portionierte Marihuanamengen, sowie diverse in Folie eingeschlagene Kokainportionen. Außerdem förderten die beiden Beamten eine digitale Feinwaage und diverse Verpackungsmaterialien auf und in jenem Schreibtisch zu Tage, namentlich Plastiktüten, in denen sich wiederum erhebliche Mengen Druckverschlusstütchen, teilweise mit Cannabisemblem und abermals Einweghandschuhe befanden. An das beschriebene Zimmer grenzte ein Balkon, den man durch eine neben dem Schreibtisch befindliche Tür betreten konnte. Auf dem Balkon stieß der Zeuge KK T2 auf weitere Verpackungsmaterialien, nämlich zwei große Plastiktüten mit Marihuana-Anhaftungen, eine Einkaufstüte mit Marihuanastängeln und eine Plastiktasche mit einer Vielzahl von Verpackungstüten unterschiedlicher Größen. Eine weitere Plastiktüte mit zahlreichen Cliptütchen fand der Zeuge KK T2 in einem Schrank, der ebenfalls in dem durchsuchten Zimmer stand.

Insgesamt konnten die Einsatzkräfte im Bereich des Schreibtischs 19,34 Gramm netto Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 76,7 % Kokainhydrochlorid sowie 452,95 Gramm Marihuana mit einer Wirkstoffkonzentration von 15,8 % Tetrahydrocannabinol sicherstellen. Der Angeklagte hatte die Drogen zum gewinnbringenden Weiterverkauf vorgesehen und im Bereich des Schreibtisches zu einem Vorrat vereinigt, aus dem er auf entsprechende Bestellungen hin jederzeit Verkaufseinheiten abpacken und ausliefern konnte.

Neben der Vielzahl von Verpackungsmaterialien fiel den Polizisten außerdem eine ungewöhnliche Menge an Kleidungsstücken auf, die mit den Emblemen und Schriftzügen bekannter Luxuslabels (Gucci, Moschino, etc.) versehen waren. Teilweise konnten der Kleidung auch Verpackungen zugeordnet werden. Im Falle eines Paars Designerschuhe fand sich eine Rechnung, die einen Kaufpreis von rund 1.000 € auswies.

Außerdem untersuchten die Zeugen KK O und KA A das durch den Angeklagten am Tattag genutzte Fahrzeug, welches auf einem öffentlichen Parkplatz vor dem Mehrfamilienhaus T-straße 26 abgestellt war. In der offenen Seitentasche der Fahrertür stieß der Zeuge O auf das offen sichtbare Pfefferspray. Überdies konnten die bereits erwähnten, mit Marihuana befüllten Einweghandschuhe und das in Überraschungseibehälter verpackte Kokain an den beschriebenen Stellen im Bereich der Mittelkonsole und des Beifahrersitzes sichergestellt werden. Das Kokain wies bei einem Nettogesamtgewicht von 4,24 Gramm eine Wirkstoffkonzentration von 91,1 % Kokainhydrochlorid auf. Das Marihuana verfügte über ein Nettogesamtgewicht von 40,12 Gramm und einen Wirkstoffgehalt von 15,4 % Tetrahydrocannabinol. Die Drogen hatte der Angeklagte zuvor in der Wohnung aus dem dort gelagerten Vorrat verkaufsfertig abgepackt und zum jederzeitigen gewinnbringenden Weiterverkauf in dem Fahrzeug deponiert.

Der Angeklagte hat in seiner polizeilichen Vernehmung am Tattag zur Sache geschwiegen. Zu Beginn der Hauptverhandlung hat er sich mittels kurzer Verteidigererklärung teilweise geständig eingelassen. Rückfragen der Kammer hat der Angeklagte nicht mehr beantwortet und sich nicht weiter zur Sache eingelassen. Zu keinem Zeitpunkt hat er Angaben gemacht durch welche die Tat über seinen eigenen Beitrag hinaus hätte aufgeklärt werden können.

III.

Dieser Sachverhalt steht zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund der teilweise geständigen Einlassung des Angeklagten und der übrigen, ausweislich der Sitzungsniederschrift in die Hauptverhandlung eingeführten Beweismittel.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf seinen eigenen Angaben. Dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist, ergibt sich aus dem Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 20. Februar 2019.

1.

Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung glaubhaft eingeräumt, die in seiner Wohnung und dem Mercedes aufgefundenen Betäubungsmittel zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt und dem gesondert verfolgten T3 am Tattag vier Gramm Marihuana für 50 € gewinnbringend verkauft zu haben.

Insoweit wird seine geständige Einlassung durch die Vernehmung der Zeugen KOK N2, KK O, KKin S2, KKin W, KK L, KK T2, KA A und KA X2 bestätigt und um die Schilderung der polizeilichen Ermittlungsmaßnahmen ergänzt. Den wesentlichen Verlauf der am Tattag durchgeführten Maßnahmen sowie die in diesem Zuge gewonnenen Erkenntnisse konnten alle Zeugen nachvollziehbar und in sich schlüssig schildern, soweit sie über eigene Wahrnehmungen verfügten. Insbesondere konnten die Zeugen KOK N2 (Einsatzleiter) und KK L (stellvertretender Einsatzleiter) noch auf sehr präsente und detailreiche Erinnerungen an den Gang der Observationsmaßnahme gegen den Angeklagten zurückgreifen und deren Verlauf anschaulich darstellen. Der Zeuge KOK N2 hat der Kammer außerdem sehr detailreich über den Verlauf der Kontrolle des T3 berichtet. Die Zeugin KKin S2 sowie die Zeugen KK T2 und KA X2 haben sodann anschaulich über die Durchsuchung des "Drogenzimmers" berichtet und die durch sie getätigten Funde in allen Einzelheiten dargestellt. Diesbezüglich wurden ihre Angaben ergänzt durch die Inaugenscheinnahme der Lichtbilder auf Bl. 20 bis 36, 59 bis 63 und 73 d. A., welche die sichergestellten Drogen und Handelsutensilien zeigen und auf die wegen der Einzelheiten nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO Bezug genommen wird.

Auch was den Verkauf an T3 angeht, wurde die geständige Einlassung des Angeklagten bestätigt. Zwar hat sich der Zeuge T3 in der Hauptverhandlung auf sein Auskunftsverweigerungsrecht gem. § 55 StPO berufen und keine Angaben zur Sache gemacht. Der Zeuge KK T2 als T3s Vernehmungsbeamter am 2. November 2017 hat dessen damalige Aussage jedoch sehr genau und nachvollziehbar wiedergeben können. So habe T3 am Tattag eingeräumt, auf dem Supermarktparkplatz Marihuana für 50 € bei dem Angeklagten gekauft zu haben. Überdies habe T3 angegeben, der Angeklagte habe das Marihuana im Fahrzeuginnern aus einem Fach hervorgeholt.

Weitere Erklärungen zur Sache hat der Angeklagte nicht abgegeben und sich insbesondere nicht bezüglich der sichergestellten Pfeffersprays eingelassen.

2.

Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Angeklagte bei der Übergabe des Marihuanas an T3 in der Seitenablage der Fahrertür griffbereit über ein funktionsfähiges Pfefferspray verfügte, er hierum wusste und das Spray in subjektiver Hinsicht zur Verletzung von Personen bestimmt hatte.

Im Einzelnen:

a.

Im Rahmen der Durchsuchungsmaßnahme konnten die Zeugen KK O und KA A am frühen Abend des 2. November 2017 ein Pfefferspray sowie insgesamt 4,24 Gramm Kokain und 40,12 Gramm Marihuana in jenem Fahrzeug auffinden, welches der Angeklagte am Tattag genutzt hatte. Die zu einzelnen Verkaufseinheiten abgepackten Betäubungsmittel befanden sich dabei - wie bereits unter II. dargestellt - in zwei Fächern der Mittelkonsole sowie unter dem Beifahrersitz. Das Pfefferspray lag zum Zeitpunkt der Durchsuchung sichtbar und jederzeit zugänglich in der offenen Seitenablage der Fahrertür. Die Zeugen KK O und KA A haben den Fund entsprechend der hier getroffenen Feststellungen übereinstimmend und glaubhaft geschildert. Die konkrete Auffindesituation wurde außerdem durch vier Lichtbilder festgehalten (Bl. 13 bis 14 d.A.). Das erste Foto zeigt das sofort erkennbare Pfefferspray in der Seitenablage. Es befindet sich dort aufrecht stehend als einziger Gegenstand im vorderen Teil der Seitentasche und ragt deutlich über die Wand der Ablage hinaus. Die drei weiteren Bilder zeigen Einmalhandschuhe in einem Fach der Mittelkonsole, eine schwarze Folientüte unmittelbar vor dem Beifahrersitz sowie weitere Einmalhandschuhe in einem anderen Fach der Mittelkonsole. Wegen der Einzelheiten wird nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO Bezug auf die Lichtbilder genommen. Nach Ansicht dieser Fotos in der Hauptverhandlung bestätigte der Zeuge O insbesondere glaubhaft, dass er persönlich das Pfefferspray so, wie abgebildet aufgefunden habe.

Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass sich das Pfefferspray und die angeführten Betäubungsmittel spätestens seit Fahrtantritt um 16:15 Uhr bis zur Durchsuchung am frühen Abend des Tattages durchgehend unverändert in dem Fahrzeug befanden und diese Gegenstände damit auch so, wie sie sichergestellt wurden, während der Übergabe des Marihuanas an T3 im Fahrzeuginnern platziert waren.

Seit den Mittagsstunden des 2. November 2017 befand sich der Angeklagte unter dauernder Beobachtung durch die als Zeugen vernommenen Polizeibeamten. Diese haben sämtlich übereinstimmend und glaubhaft berichtet, während der gesamten Observation sei der maßgebliche PKW ausschließlich durch den Angeklagten genutzt worden. Die Überwachung des Angeklagten bzw. der Mercedes A-Klasse war nahezu lückenlos. Soweit der Angeklagte nach Abwicklung des Geschäfts mit T3 vorübergehend nicht observiert worden ist, ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass Pfefferspray und Drogen während des relativ kurzen Zeitfensters zwischen Verlassen des Parkplatzes um 16:39 Uhr und Aufnahme der Durchsuchung um 17:41 Uhr in das Fahrzeug gelangt sein könnten. Ohne jedwede tatsächlichen Anhaltspunkte ist die Kammer nicht gehalten, einen solchen Alternativverlauf zu Gunsten des Angeklagten zu unterstellen.

b.

Die Kammer ist davon überzeugt, dass dem Angeklagten das Pfefferspray auch griffbereit bei einem Teilakt des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Verfügung stand.

Zunächst hat die Kammer keinen Zweifel daran, dass die Übergabe im Fahrzeuginnern stattfand während T3 auf dem Beifahrersitz saß. Die Zeugen KK L und KK O haben der Kammer übereinstimmend und glaubhaft geschildert, sie hätten ungehindert beobachten können, wie der Angeklagte etwas an T3 übergeben habe. Der Zeuge KK L war sich dabei völlig sicher, dass T3 zum Zeitpunkt der Übergabe auf dem Beifahrersitz direkt neben dem Angeklagten saß. Der Zeuge KK O verortete die Übergabe aus seiner Erinnerung am Heck der Mercedes A-Klasse. Auf Nachfrage wollte er aber nicht ausschließen, dass T3 sich tatsächlich im Fahrzeuginnern befand. Entscheidend für die Darstellung des Zeugen KK L spricht zunächst, dass er auf eine sehr präsente Erinnerung zurückgreifen konnte und sich daher auch auf Nachfrage der Kammer überzeugt von der Richtigkeit seiner Angaben zeigte, während der Zeuge KK O Unsicherheiten bezüglich des tatsächlichen Übergabeortes einräumte. Überdies stand der Zeuge KOK N2 am Tattag in Funkkontakt zu L und O, die ihm über die Vorgänge auf dem Parkplatz berichteten. Seiner Strafanzeige vom Tattag hat der Zeuge N2 dann den Geschehensablauf zu Grunde gelegt, wie ihn der Zeuge L der Kammer geschildert hat. Zu einer Drogenübergabe auf den Vordersitzen passt es auch, dass T3 gegenüber dem Zeugen KK T2 angegeben hat, der Angeklagte habe das Marihuana im Fahrzeuginnern aus einem Fach hervorgeholt. Hätte er nur am Heck des Fahrzeugs gestanden, hätte T3 diesen Vorgang schwerlich wahrnehmen können.

Damit befand sich das Spray offen zugänglich unmittelbar neben dem Angeklagten und damit griffbereit in der Seitenablage der Fahrertür, als er dem direkt neben ihm sitzenden T3 vier Gramm Marihuana gegen Zahlung eines gewinnbringend kalkulierten Kaufpreises von 50 € aushändigte.

Die Tatsache, dass das an T3 verkaufte Marihuana deutlich unterhalb des Grenzwertes von 7,5 Gramm Tetrahydrocannabinol lag und damit selbst keine nicht geringe Menge im Sinne der Rechtsprechung darstellte, steht der getroffenen Wertung nicht entgegen. Für die Begehung des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ist es ausreichend, wenn die Waffe bei der Veräußerung einer geringen Menge aus einem Großvorrat mitgeführt wird, der ohne räumlichen Bezug zu der Verkaufshandlung andernorts gelagert wird (vgl. BGH, Beschl. v. 21.8.2013 - 5 StR 357/13, vorausgehend LG Berlin, Urt. v. 10.5.2013 - 12 KLs 3/13). So liegt der Fall hier. Die Kammer ist davon überzeugt, dass die an T3 verkauften vier Gramm Marihuana dem in der Wohnung gelagerten großen Marihuanavorrat entstammten. Zum einen wiesen die in der Wohnung und dem Fahrzeug aufgefundenen Marihuanamengen einen nahezu identischen Wirkstoffgehalt von 15,4 und 15,8 % auf. Zum anderen verbinden Einweghandschuhe als ungewöhnliche Umverpackung die verschiedenen Mengen miteinander. So fanden sich in der Wohnung mit Marihuana befüllte Einweghandschuhe, das gesamte im Auto sichergestellte Marihuana war in Einweghandschuhe verpackt und auch die bei T3 aufgefundenen zwei Marihuanatütchen steckten nach den glaubhaften Schilderungen des Zeugen KOK N2 in Einweghandschuhen. Diese Umstände sprechen für das Vorhandensein eines einheitlichen Verkaufsvorrates in der Wohnung aus dem der Angeklagte die später an T3 übergebenen Drogen portioniert und abgepackt hat. Damit stellt sich der Drogenverkauf an T3 als Teilakt des durch den Angeklagten eingeräumten Handeltreibens mit der in der Wohnung aufgefundenen nicht geringen Menge Marihuana dar.

Selbst bei einer anderen Bewertung bliebe der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG erfüllt. Denn die im Fahrzeug in unmittelbarer Nähe des Pfeffersprays aufgefundenen, durch den Angeklagten nach seiner eigenen Einlassung zum gewinnbringenden Verkauf vorgesehenen Betäubungsmittel lassen sich durch Addition der Wirkstoffmengen selbst zu einer nicht geringen Menge vereinigen. Das im Auto aufgefundene Marihuana wies eine Gesamtwirkstoffmenge von 6,18 Gramm Tetrahydrocannbinol auf, was 82% der nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bei 7,5 Gramm anzusetzenden nicht geringen Menge Tetrahydrocannabinol entspricht. Das im Fahrzeug aufbewahrte Kokain kam auf eine Wirkstoffmenge von 4,24 Gramm Kokainhydrochlorid, was 84 % der nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bei 5 Gramm anzusetzenden nicht geringen Menge Kokainhydrochlorid entspricht. Es ergibt sich eine Summe von 166 %, sodass die nicht geringe Menge (100%) deutlich überschritten wird.

c.

Die Kammer ist außerdem davon überzeugt, dass der Angeklagte sich zum Zeitpunkt des Verkaufs an T3 bewusst war, dass er unmittelbar in der offenen Ablage der Fahrertür griffbereit über das Pfefferspray verfügte.

Dieses befand sich als einziger Gegenstand offen sichtbar im vorderen Teil der Seitenablage. Die Kammer konnte sich durch allseitige Inaugenscheinnahme des Sprays in der Hauptverhandlung von den Ausmaßen der Spraydose überzeugen. Es handelte sich um einen recht großen und dadurch auffälligen Gegenstand. Wie der Zeuge KHK X2 in seinem Vermerk vom 4. April 2019 (Bl. 357 ff. d.A.) festgehalten hat, beträgt die Höhe der Dose 12,5 cm. Nach alledem ist es ausgeschlossen, dass der Angeklagte während der Nutzung des Fahrzeugs am Tattag das direkt neben ihm in der Fahrertür platzierte Pfefferspray nicht wahrgenommen haben könnte.

d.

Die Kammer ist zudem davon überzeugt, dass der Angeklagte das Pfefferspray auch in subjektiver Hinsicht zur Verletzung von Personen bestimmt hatte.

Das Pfefferspray des Modells "Walther ProSecur" stellt zwar keine Waffe im technischen Sinne gem. Abschn. 1 Unterabschnitt. 2 Nr. 1.2.2 Anlage 1 zum WaffG dar. Es trägt den Aufdruck "In Deutschland nur zur Tierabwehr bestimmt", sodass sich eine Zweckbestimmung zur Verletzung von Menschen i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 2 lit.a WaffG nicht bereits aus der Eigenart des Gegenstandes herleiten lässt (anders möglicherweise BGH, Beschl. v. 29.3.2017 - 4 StR 571/16 zu dem hier betroffenen Pfefferspraymodell). Gleichwohl sind Pfeffersprays objektiv zur Verletzung von Personen geeignet, denn gegen Menschen eingesetzt vermögen sie es, erhebliche Schädigungen hervorzurufen. Auf der Spraydose ist der Wirkstoff Oleorisin Capsicum angegeben verbunden mit dem Hinweis: "Verursacht Hautreizungen. Verursacht schwere Augenreizung. Kann Atemwege reizen." Das Pfefferspray ist daher jedenfalls als sonstiger gefährlicher Gegenstand i.S.d. § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG zu klassifizieren.

Es stand außer Zweifel, dass der Angeklagte das Pfefferspray auch zur Verletzung von Personen bestimmt hat. Da er auch diesbezüglich keine Angaben gemacht hat, war sein Wille anhand der äußeren Tatumstände festzustellen. Eine Verwendung zur Abwehr von Personen liegt hier nahe, anderweitige Verwendungsmöglichkeiten sind nicht erkennbar. Das Pfefferspray befand sich an zentraler Stelle im Auto, nämlich direkt griffbereit neben dem Angeklagten, der das Fahrzeug am Tattag zur Abwicklung seiner Betäubungsmittelgeschäfte nutzte und eine Drogenübergabe im Bereich der Vordersitze durchführte. Vor diesem Hintergrund drängt sich eine Zweckbestimmung zur Verletzung von Personen aus Gründen der Eigensicherung bei der Begehung von Betäubungsmittelstraftaten geradezu auf. Demgegenüber hält es die Kammer für ausgeschlossen, dass der Angeklagte das Spray nur gegen Tiere einsetzen wollte, wie es der Zweckbestimmung laut den auf der Dose abgedruckten Sicherheitshinweisen entspricht. Im Rahmen der Wohnungsdurchsuchung wurden keinerlei Hinweise darauf gefunden, dass der Angeklagte selbst ein Tier hält. Das Pfefferspray wurde vielmehr im Auto platziert und damit an einem Ort, an dem eine ungewollte Konfrontation mit wilden Tieren nicht sehr wahrscheinlich ist und sich stattdessen vielmehr der Rauschgifthandel des Angeklagten am Tattag vollzog.

e.

Das im Fahrzeug aufgefundene Pfefferspray war ebenso funktionsfähig, wie jenes aus der Wohnung T-Straße 26. Laut Vermerk des Zeugen KHK X2 vom 4. April 2018 trat bei einem Funktionstest aus beiden Dosen sprühnebelförmig braunes Pfefferspray aus, wobei die Sprühgeräte eine Reichweite von ca. fünf Metern erzielten.

3.

Die Feststellungen zur Menge und zum Wirkstoffgehalt der sichergestellten Betäubungsmittel beruhen auf dem Wirkstoffgutachten des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen vom 15. Mai 2018.

IV.

Nach dem festgestellten Sachverhalt hat sich der Angeklagte wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG strafbar gemacht.

Dies jedenfalls im Hinblick auf das im Auto mitgeführte Pfefferspray. Darüber hinaus hatte die Kammer letzte Zweifel, dass auch der Fund des Pfeffersprays in der durchsuchten Wohnung eine Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens rechtfertigt.

Zwar stand dort ein baugleiches und mit denselben Hinweisen versehenes Pfefferspray zur Überzeugung der Kammer offen zugänglich auf einer Kommode, die sich wiederum in unmittelbarer Nähe zur Wohnungseingangstür befand. Diesbezüglich hat die Zeugin KKin W glaubhaft bekundet, die Kommode habe ein bis zwei Meter von der Wohnungseingangstür entfernt gestanden und auf diesem Möbelstück habe sich wohl das Pfefferspray befunden. Über eine präsente Erinnerung, wo genau im Bereich der Kommode sie das Pfefferspray gefunden habe, verfüge sie nun aber nicht mehr, so die Zeugin. Daraufhin hielt ihr die Kammer die beiden Lichtbilder auf Bl. 12 d.A. vor, auf denen die Spraydose offen sichtbar und frei zugänglich oben auf der Kommode steht und auf die wegen der Einzelheiten gem. nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO Bezug genommen wird. Nach Ansicht der Fotos erklärte die Zeugin KKin W, sie habe diese Bilder selbst gefertigt und dokumentiere die Auffindesituation derartiger Gegenstände stets ohne Lageveränderungen so, wie sie sie antreffe. Das Pfefferspray habe sie deshalb so, wie abgebildet aufgefunden.

Es liegt überdies nahe, dass der Angeklagte das an zentraler Stelle offen postierte Spray wahrgenommen und aus den bereits angeführten Gründen auch zur Verletzung von Personen bestimmt hat, um den in der Wohnung gelagerten Drogenvorrat zu schützen. Die Kammer war indes nicht davon überzeugt, dass die notwendige Zugriffsnähe bei einem Teilakt des Handeltreibens vorlag. Zwar wurde nach glaubhafter Aussage des Zeugen KA X2 eine Feinwaage in der Diele gefunden, sodass sich auch dort Handelstätigkeit vollzogen haben könnte. Dagegen spricht jedoch, dass sich sämtliche Drogen und Verpackungsmaterialien in dem bereits erwähnten Zimmer befanden. Nach glaubhafter und übereinstimmender Aussage der zur Durchsuchung eingesetzten Zeugen KK L, KKin S2, KKin W und KK T2 befand sich dieses "Drogenzimmer" nur wenige Schritte von der Kommode in der Diele entfernt. Wie insbesondere der zur Bedienung der Ramme eingeteilte Zeuge KK L jedoch glaubhaft bekundet hat, sei die Zimmertür abgeschlossen gewesen, weshalb man sich gewaltsam Zutritt verschafft habe. Zum Standort eines Zimmerschlüssels konnte die Kammer keine Feststellungen treffen und daher nicht von der notwendigen Griffbereitschaft des Pfeffersprays im Hinblick auf die in dem Zimmer entfaltete Handelstätigkeit ausgehen.

V.

Bei der Strafzumessung hatte die Kammer den folgenden Strafrahmen zu Grunde zu legen:

Zunächst war vom Strafrahmen des § 30a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BtMG auszugehen, der Freiheitsstrafe von fünf bis zu 15 Jahren vorsieht. Im Ergebnis hat die Kammer allerdings zugunsten des Angeklagten einen minder schweren Fall gemäß § 30a Abs. 3 BtMG angenommen, der einen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vorsieht.

Ein solcher liegt vor, wenn das gesamte Tatbild - einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit - vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in so erheblichem Maße abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens gerechtfertigt erscheint. Bei dieser Beurteilung ist eine Gesamtbetrachtung aller wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände erforderlich, unabhängig davon, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Nur nach dem auf diese Weise gewonnenen Gesamteindruck kann entschieden werden, ob der ordentliche Strafrahmen den Besonderheiten des Falles gerecht wird oder zu hart wäre.

Diese Grundsätze führten vorliegend zur Anwendung des Ausnahmestrafrahmens.

Zwar sprach gegen den Angeklagten insbesondere das Eigengewicht der Tat: Er trieb Handel mit einer erheblichen Menge Marihuana von guter Qualität. Die Tat bezog sich insgesamt auf 493,07 Gramm netto Marihuana mit einer Wirkstoffkonzentration von 15,4 % bzw. 15,8 %, was einer reinen Wirkstoffmenge von 77,78 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) und somit dem 10,37-fachen der von der Rechtsprechung bei 7,5 Gramm THC anzusetzenden nicht geringen Menge entspricht. Hinzu kamen 23,58 Gramm netto der harten und besonders gefährlichen Droge Kokain mit einer teils hervorragenden Wirkstoffkonzentration von 91,1 % bzw. 76,7 % und somit einer Wirkstoffmenge von 18,66 Gramm Kokainhydrochlorid, was dem 3,73-fachen der nach der Rechtsprechung bei fünf Gramm Kokainhydrochlorid anzusetzenden nicht geringen Menge entspricht.

Dem stand jedoch zu Gunsten des nicht vorbestraften Angeklagten gegenüber, dass er sich zu Beginn der Hauptverhandlung teilweise geständig eingelassen hat. Zudem konnten die Betäubungsmittel, bei denen es sich überwiegend um die weiche und weniger gefährliche Droge Marihuana handelte, vollständig sichergestellt werden, wenngleich dies nicht das Verdienst des Angeklagten war. Die Tat wurde außerdem polizeilich observiert und lag zum Zeitpunkt der Urteilsfindung bereits längere Zeit zurück. Der Angeklagte mag außerdem angesichts seiner geringen Einkünfte im Tatzeitraum besonders empfänglich für vermeintlich schnell und unkompliziert erzielbare Gewinne im Rauschgifthandel gewesen sein. Bei dem mitgeführten Pfefferspray handelt es sich zudem um einen Gegenstand, der zwar mit einer gewissen Distanzwirkung Verletzungen hervorrufen kann, die jedoch in der Regel nicht zu einer längeren Heilbehandlung führen werden, sodass die objektive Gefährlichkeit deutlich unterhalb einer scharfen Schusswaffe anzusiedeln ist.

Nach alledem hatte die Kammer von einem minder schweren Fall gem. § 30a Abs. 3 BtMG auszugehen.

Bei der Bestimmung des Strafrahmens war eine Sperrwirkung der höheren Mindeststrafe von einem Jahr für den verdrängten Straftatbestand gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zu berücksichtigen.

Einen minder schweren Fall im Sinne des § 29a Abs. 2 BtMG, der die Sperrwirkung entfallen ließe, vermochte die Kammer insoweit nicht anzunehmen. Unter dem Gesichtspunkt des Handeltreibens mit einer nicht geringen Menge Betäubungsmittel stellte sich die Tat nach Abwägung der oben genannten Strafzumessungsgründe auch unter Berücksichtigung aller entlastenden Umstände angesichts der erheblichen Menge Rauschgift, bei der es sich teilweise um die harte Droge Kokain handelte, als im Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle liegend dar. Die Umstände, die maßgeblich die Annahme eines minder schweren Falles des bewaffneten Handeltreibens im Sinne des § 30a Abs. 3 BtMG begründen, namentlich die vergleichsweise geringere Gefährlichkeit des mitgeführten Pfeffersprays, vermochten den Angeklagten im Rahmen der Prüfung eines minder schweren Falles des Handeltreibens nach § 29 a Abs. 2 BtMG nicht gleichermaßen zu entlasten.

Bei der Strafzumessung im engeren Sinne hat die Kammer Vorleben und Persönlichkeit des Angeklagten, die von ihm jeweils begangene Tat sowie nochmals die bereits angeführten Strafzumessungstatsachen abgewogen. Die Kammer hat schließlich berücksichtigt, dass der Angeklagte die Strafhaft als Erstverbüßer aller Voraussicht nach als besonders hart empfinden wird.

Im Ergebnis hat die Kammer eine Freiheitsstrafe von

vier Jahren

für tat- und schuldangemessen erachtet, die einerseits ausreichend, andererseits aber auch erforderlich sind, um dem begangenen Unrecht gerecht zu werden, dieses dem Angeklagten vor Augen zu führen und auf ihn einzuwirken.

VI.

Die Einziehungsentscheidung beruht hinsichtlich des tenorierten Geldbetrages auf den §§ 73, 73c StGB in ihrer am 01.07.2017 in Kraft getretenen Fassung (Art. 316h EGStGB).

Gemäß § 73 Abs. 1 StGB ordnet das Gericht die Einziehung dessen an, was der Täter durch eine rechtswidrige Tat oder für sie erlangt hat. Vorliegend hat der Angeklagte 50 € in bar durch den Marihuanaverkauf an T3 erlangt. Dieser Geldbetrag wird gemäß § 73c S. 1 StGB als Wertersatz eingezogen. Denn die konkreten Geldscheine oder -münzen, welche der Angeklagte aufgrund des festgestellten Betäubungsmittel- geschäfts ausgezahlt erhielt, können nicht mehr gegenständlich identifiziert werden.

Die sichergestellten Betäubungsmittel hat die Kammer gem. § 33 S. 2 BtMG i.V.m. § 74a StGB als Tatobjekte eingezogen. Die Einziehung der Verpackungsmaterialien, der Feinwaagen, des Küchenmessers und der zwei Pfeffersprays erfolgt als Tatmittel gem. § 74 Abs. 1 StGB. Die seitens der Staatsanwaltschaft beantragte Einziehung der beiden ebenfalls sichergestellten Mobiltelefone (Apple I-Phones) konnte indes nicht gem. § 74 Abs. 1 StGB erfolgen, da sich mangels ergiebiger Handyauswertungen nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen ließ, dass der Angeklagte die Telefone zur Abwicklung der Tat eingesetzt hat. Allein die Tatsache, dass die Geräte auf fiktive Personen zugelassen waren, rechtfertigt die Annahme, dass es sich um Tatmittel handelt, nicht.

Im Hinblick auf den noch mit der Anklageschrift vom 7. Februar 2019 gestellten Antrag, das durch den Angeklagten genutzte Fahrzeug als Tatmittel einzuziehen, hat die Mutter des Angeklagten vor der Hauptverhandlung anwaltlich erklären lassen, das Auto stehe in ihrem Eigentum und sie berufe sich im Übrigen auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 52 StPO. Folglich ist sie in allseitigem Einvernehmen nicht als Zeugin vernommen worden. Der Angeklagte hat sich zu den Eigentumsverhältnissen an dem Fahrzeug nicht erklärt. Zur Beleuchtung dieser Frage hat die Kammer die Zeugen K und P (Nachbarn in der T-Straße 26), I3(Verkäufer des Fahrzeugs) und N (Bruder des Angeklagten) vernommen. Die Vernehmung der Zeugen erbrachte nicht den Nachweis, dass das Fahrzeug im Eigentum des Angeklagten stand.

Um Indizien für die tatsächliche Fahrzeugnutzung zu sammeln, wurden die Zeugen K und P sowie N auch danach gefragt, wer die durchsuchte Wohnung, vor der das bewusste Fahrzeug am 2. November 2017 geparkt war, zum Tatzeitpunkt bewohnte. Die Beweisaufnahme führte insoweit nicht zu der Feststellung, dass der Angeklagte alleine in der fraglichen Wohnung lebte, weil die Kammer nicht sicher ausschließen konnte, dass sich auch seine Mutter regelmäßig dort aufhielt.

VII.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 464, 465 Abs. 1 StPO.

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