VG Düsseldorf, Beschluss vom 28.01.2020 - 15 L 3299/19.A
Fundstelle
openJur 2020, 1114
  • Rkr:

1. Im Sinne des Art. 8 Abs. 1 S. 1 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 nicht (mehr) rechtmäßig ist der Aufenthalt desjenigen im Bundesgebiet, dessen Asylantrag das Bundesamt abgelehnt hat.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Gründe

Das am 23. Dezember 2019 bei Gericht eingegangene vorläufige Rechtsschutzgesuch mit dem wörtlich gestellten Antrag,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, sich unter Aufhebung der ergangenen Ablehnungen des Aufnahmegesuchs sowie der Wiedervorlagen durch das Griechische Ministerium für Citizen Protection - Nationales Dublin Referat für den Asylantrag des Antragstellers zu 1. für zuständig zu erklären und auf seine Überstellung hinzuwirken,

hat keinen Erfolg.

Das vorläufige Rechtsschutzgesuch, das der am 00.00.2005 geborene und damit noch minderjährige Antragsteller zu 1., der sich nach Aktenlage ohne Beisein eines volljährigen Familienmitgliedes derzeit in Griechenland aufhält und dort um die Gewährung internationalen Schutzes nachgesucht hat, und sein volljähriger Bruder, der im Bundesgebiet lebende Antragsteller zu 2., gemeinsam gestellt haben, ist zwar als Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung (§§ 123 Abs. 5, Abs. 1 S. 2 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Zudem ist das angerufene Gericht für die Entscheidung über das Rechtsschutzgesuch örtlich zuständig, ohne dass es gemäß § 53 Abs. 1 VwGO einer Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht bedurft hätte.

Allerdings kommen für die Entscheidung des Rechtsstreits im Sinne des § 53 Abs. 1 Nr. 3 VwGO nach § 52 VwGO verschiedene Gericht als örtlich zuständig in Betracht.

Für den von dem Antragsteller zu 2. gestellten Rechtsschutzantrag ergibt sich die Zuständigkeit des beschließenden Gerichts in örtlicher Hinsicht aus § 52 Nr. 2 S. 3 Hs. 1 VwGO.

Bei dem zwischen den Beteiligten geführten Streit über die Frage, ob die Antragsgegnerin nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), zu den begehrten Handlungen verpflichtet ist, handelt es sich im Sinne des § 52 Nr. 2 S. 3 Hs. 1 VwGO um eine "Streitigkeit nach dem Asylgesetz".

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2019, 1 AV 5/19, juris Rdnr. 4, vom 16. September 2019, 1 AV 4/19, juris Rdnr. 5, und vom 2. Juli 2019, 1 AV 2/19, juris Rdnr. 5.

Ferner hat der Antragsteller zu 2. nach Aktenlage entsprechend den Anforderungen der Vorschrift seinen Aufenthalt nach dem Asylgesetz in einem Bezirk zu nehmen, der in dem örtlichen Zuständigkeitsbereich des angerufenen Verwaltungsgerichts liegt.

Demgegenüber lässt sich für das Rechtsschutzgesuch des Antragstellers zu 1. nach § 52 Nr. 2 S. 3 Hs. 1 VwGO kein Gericht als örtlich zuständig bestimmen. Der Antragsteller zu 1. befindet sich in Griechenland und hat seinen Aufenthalt nicht nach dem Asylgesetz in einem im Anwendungsbereich der Verwaltungsgerichtsordnung gelegenen Bezirk zu nehmen. Weil er zudem im Bundesgebiet auch nicht über einen Wohnsitz verfügt (§ 52 Nr. 2 S. 3 Hs. 2 VwGO i. V. m. 52 Nr. 3 S. 2 VwGO) kommt als örtlich zuständig für die Entscheidung über seinen vorläufigen Rechtsschutzantrag im Sinne des § 53 Abs. 1 Nr. 3 VwGO nach der Auffangregelung des § 52 Nr. 5 VwGO nur das Verwaltungsgericht Ansbach in Betracht. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) hat als die Behörde, die hier für die Antragsgegnerin handeln soll, in dessen örtlichen Zuständigkeitsbereich ihren Sitz.

Vgl. zur Begründung der Zuständigkeit nach der Auffangregelung: BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2019, 1 AV 5/19, juris Rdnr. 5, vom 16. September 2019, 1 AV 4/19, juris Rdnr. 6, und vom 2. Juli 2019, 1 AV 2/19, juris Rdnr. 6.

Auch liegt im Sinne des § 53 Abs. 1 Nr. 3 VwGO die Annahme der für die Notwendigkeit der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit erforderlichen ([unechten] notwendigen) Streitgenossenschaft der Antragsteller nicht fern. Die Anträge der Antragsteller zu 1. und zu 2. sind auf das gleiche Ziel gerichtet und gründen auf einem identischen Lebenssachverhalt. Zudem spricht vieles dafür, dass, sollte der geltend gemachte Anspruch sowohl dem Antragsteller zu 1. als auch dem Antragsteller zu 2. zustehen, eine Entscheidung über das Rechtsschutzbegehren in der Sache einheitlich ergehen müsste.

Vgl. zu den genannten Anforderungen: BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2019, 1 AV 5/19, juris Rdnr. 7 ff., vom 16. September 2019, 1 AV 4/19, juris Rdnr. 8 ff., und vom 2. Juli 2019, 1 AV 2/19, juris Rdnr. 8 ff.

Schließlich ist auch eine Befugnis des Antragstellers zu 2. (§ 42 Abs. 2 VwGO analog), das mit dem behaupteten Anspruch verfolgte Ziel, ihn und den Antragsteller zu 1. nach Maßgabe der Bestimmungen der Dublin III-VO als "Familie zusammenzuführen", gerichtlich geltend zu machen, zumindest nicht offenkundig ausgeschlossen, weil die Verordnung in ihren Artikeln 8 ff. mit Blick auf das in Artikel 8 EMRK verankerte Recht auf Achtung der Familieneinheit Regelungen zu ihrem Schutz enthält, deren Anwendung zu Gunsten des Antragstellers zu 2. hier jedenfalls nicht von vorneherein ausscheidet.

Vgl. zu einem solchen Prüfungsansatz in Bezug auf andere familiäre Konstellationen: BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2019, 1 AV 5/19, juris Rdnr. 10 f., vom 16. September 2019, 1 AV 4/19, juris Rdnr. 11 f., und vom 2. Juli 2019, 1 AV 2/19, juris Rdnr. 11 f.

Obwohl damit die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Nr. 3 VwGO erfüllt sind, bedarf es der Vorlage des Verfahrens an das Bundesverwaltungsgericht zwecks Bestimmung des für die Streitentscheidung örtlich zuständigen Gerichts nicht. Die für die Zuständigkeitsbestimmung maßgeblichen Kriterien sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Danach ist das angerufene Gericht für die Entscheidung des Rechtsstreits örtlich zuständig.

Die Entscheidung nach § 53 Abs. 1 VwGO hat sich an den Wertungen der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung sowie dem Gebot einer effektiven und sachgerechten Verfahrensdurchführung zu orientieren.

BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2019, 1 AV 5/19, juris Rdnr. 13, vom 16. September 2019, 1 AV 4/19, juris Rdnr. 13, und vom 2. Juli 2019, 1 AV 2/19, juris Rdnr. 13, sämtlich unter Bezugnahme auf seine Beschlüsse vom 13. März 2009, 7 AV 1.09, juris Rdnr. 3, vom 9. Februar 2012, 8 AV 1.12, Buchholz 310 § 52 VwGO Nr. 40, und vom 18. April 2019, 2 AV 1.19, juris Rdnr. 20.

Danach ist es in Fallkonstellationen der vorliegenden Art regelmäßig zweckmäßig, dasjenige Gericht als örtlich zuständig zu bestimmen, in dessen Bezirk der Ausländer, der sich im Bundesgebiet aufhält, nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat, wenn - wie hier - die Antragsgegnerin am Sitz des angerufenen Gerichts über eine Außenstelle verfügt und das angerufene Gericht, sollte eine Familienzusammenführung erfolgen und der Antragsteller zu 1. seinen Aufenthalt bei dem Antragsteller zu 2. begründen, für alle weiteren asylrechtlichen Streitigkeiten gemäß § 52 Nr. 2 S. 3 Hs. 1 VwGO örtlich zuständig wäre. Damit ist zugleich dem Anliegen entsprochen, einzelne Verfahrensabschnitte nicht unterschiedlichen Gerichten zuzuweisen. Demgegenüber hat ein etwaiges Interesse der Antragsgegnerin zurückzutreten, Rechtsschutzverfahren im Zusammenhang mit Überstellungsbegehren bei dem für den Behördensitz zuständigen Verwaltungsgericht zu konzentrieren.

Vgl. zu den vorstehend angewandten Kriterien für die Bestimmung der Zuständigkeit: BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2019, 1 AV 5/19, juris Rdnr. 14, vom 16. September 2019, 1 AV 4/19, juris Rdnr. 14, und vom 2. Juli 2019, 1 AV 2/19, juris Rdnr. 14,

Das damit zulässige und durch das beschließende Gericht zu bescheidende Rechtsschutzgesuch ist unbegründet.

Gemäß § 123 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 VwGO i. V. m. den §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn glaubhaft gemacht ist, dass eine solche Regelung, um wesentliche Nachteile abzuwenden, drohende Gewalt zu verhindern oder aus sonstigen Gründen nötig erscheint. Die danach maßgeblichen Voraussetzungen für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung, die mit der begehrten Annahme der Zuständigkeit der Antragsgegnerin für die Prüfung des von dem Antragsteller zu 1. in Griechenland gestellten Asylgesuchs auf die Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist, liegen nicht vor.

Wird mit dem Erlass der begehrten Regelung die Hauptsache vorweggenommen, muss schon aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes lediglich anzustellenden summarischen Prüfung (mindestens) ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür sprechen, dass der in einem Hauptsacheverfahren zu verfolgende Anspruch gegeben ist.

Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 18. April 2013, 10 C 9.12, juris Rdnr. 22, und Beschluss vom 13. August 1999, 2 VR 1.99, juris Rdnr. 24; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 15. Oktober 2014, 12 B 870/14, juris Rdnr. 3; Finkelnburg /Domberg / Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Auflage 2008 (Finkelnburg) , Rdnr. 191.

Obwohl die summarische Prüfung als Grundlage der Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich ist, steigt die notwendige Prüfungsintensität jedoch mit der drohenden Rechtsverletzung, die bis dahin reichen kann, dass die Gerichte unter besonderen Umständen - wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen - dazu verpflichtet sein können, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen.

BVerfG, Beschluss vom 8. September 2014, 1 BvR 23/14, juris Rdnr. 24.

Eine Vorwegnahme der Hauptsache setzt zudem voraus, dass ohne die begehrte Anordnung für den Rechtsschutzsuchenden schwere und unzumutbare, später nicht wieder gut zu machende Nachteile entstünden, die sich durch eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigen ließen.

OVG NRW, Beschluss vom 15. Oktober 2014, 12 B 870/14, juris Rdnr. 5.

Je schwerer die aus der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes ergebenden Belastungen wiegen und je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtspositionen zurückgestellt werden.

BVerfG, Beschluss vom 8. September 2014, 1 BvR 23/14, juris Rdnr. 23.

Gemessen an den vorstehenden Grundsätzen bleibt das vorläufige Rechtsschutzgesuch der Antragsteller in der Sache erfolglos, weil sie weder einen Regelungsanspruch noch einen Regelungsgrund glaubhaft gemacht haben.

Dem Antragsteller zu 1. steht nach den als Prüfungsmaßstab hier allein in Betracht kommenden Regelungen der Dublin III-VO kein Anspruch auf Prüfung des von ihm nach Aktenlage frühestens am 20. März 2019, spätestens aber am 9. Mai 2019 in Griechenland gestellten Antrags auf Gewährung internationalen Schutzes durch die Antragsgegnerin zu. Diese Prüfung obliegt vielmehr dem griechischen Staat.

Gemäß Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO wird bei der Bestimmung des nach den Kriterien des III. Kapitels der Verordnung zuständigen Mitgliedsstaats von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal stellt. Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 16 Dublin III-VO genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten nach der Vorgabe in Art. 7 Abs. 3 Dublin III-VO alle vorliegenden Informationen für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 Dublin III-VO stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Entscheidung in der Sache ergangen ist.

Dementsprechend bestand zwar für die griechischen Behörden im Hinblick auf den Aufenthalt des Antragstellers zu 2. im Bundesgebiet Anlass, in Bezug auf den Antragsteller zu 1. gemäß Art. 21 Abs. 1 Dublin III-VO ein auf Art. 8 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmegesuch an die Antragsgegnerin zu richten. Ob die dementsprechend seitens Griechenlands an das Bundesamt unter dem 19. Juni 2019 gerichtete Aufnahmeanfrage die hierfür vorgesehene Frist von drei oder zwei Monaten (Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 bzw. UAbs. 2 Dublin III-VO) zu wahren hatte und die entsprechende Frist gewahrt hat, kann offenbleiben. Selbst wenn Griechenland sein Aufnahmegesuch der Antragsgegnerin fristgerecht mit der Folge unterbreitet hat, dass Griechenland nicht schon wegen einer Fristversäumnis nach der Regelung in Art. 21 Abs. 3 Dublin III-VO für die Prüfung des von dem Antragsteller zu 1. gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, folgt die Zuständigkeit Griechenlands aus dem Umstand, dass das durch das Aufnahmegesuch vom 19. Juni 2019 eingeleitete Verfahren zur Bestimmung der Zuständigkeit ohne (fingierte) Zustimmung der Antragsgegnerin zur Aufnahme des Antragstellers zu 1. endgültig abgeschlossen worden ist.

Infolge des Aufnahmegesuchs ist die Zuständigkeit für die Prüfung des Schutzgesuchs des Antragstellers zu 1. nicht nach Maßgabe des Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO von Griechenland auf die Antragsgegnerin übergegangen.

Nach Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO ist davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wird, wenn - soweit hier von Interesse - innerhalb der Frist von zwei Monaten auf das Aufnahmegesuch keine Antwort erteilt wird. Die Antragsgegnerin hat indes das Aufnahmegesuch Griechenlands vom 19. Juni 2019 mit dem den griechischen Behörden am 3. Juli 2019 zugegangenen Schreiben vom gleichen Tag - und damit innerhalb der vorgegebenen Frist - unter Hinweis darauf abgelehnt, der Antragsteller zu 2. halte sich entgegen den tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 1 S. 1 Dublin III-VO nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, nachdem sein Asylgesuch bereits mit am 7. Juni 2017 bekanntgegebenen Bescheid vom 2. Juni 2017 (Gz.: 0000000-423) abgelehnt worden sei und die von ihm vor dem beschließenden Gericht erhobene (seinerzeit noch anhängig gewesene und mit Urteil vom 28. März 2019 seit dem 21. Juni 2019 rechtskräftig abgewiesene) Klage (9 K 11290/17.A) keinen rechtmäßigen Aufenthalt vermittele. Damit genügt die Antwort den Vorgaben des - mangels abweichender Regelungen in der Verordnung (EG) Nr. 118/2014 vom 30. Januar 2014 (ABl. L 39 vom 8. Februar 2014, S. 1) - auf die Bestimmungen der Dublin III-VO weiterhin anzuwendenden,

vgl. EUGH, Urteil vom 13. November 2018, C-47/17, juris Rdnr. 72

Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags zuständig ist (Abl. L 222, vom 5 . September 2003, S. 5), der in seinem Absatz 1 bestimmt, dass der ersuchte Mitgliedstaat, wenn er nach Prüfung der Unterlagen die Auffassung vertritt, dass sich aus ihnen seine Zuständigkeit nicht ableiten lässt, in seiner ablehnenden Antwort an den ersuchenden Mitgliedstaat sämtliche Gründe, die zur Ablehnung geführt haben, ausführlich erläutert.

Mit der Ablehnung des Aufnahmegesuchs durch das Bundesamt am 3. Juli 2019 stand nach Maßgabe der Bestimmungen der Dublin III-VO allerdings die Zuständigkeit Griechenlands noch nicht fest.

Nach Art. 5 Abs. 2 S. 1 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 ist nämlich der ersuchende Mitgliedstaat berechtigt, eine neuerliche Prüfung seines Gesuchs zu verlangen, wenn er die Auffassung vertritt, dass die Ablehnung auf einem Irrtum beruht oder er sich auf weitere Unterlagen berufen kann. Diese Möglichkeit muss gemäß Art. 5 Abs. 2 S. 2 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 binnen drei Wochen nach Erhalt der ablehnenden Antwort in Anspruch genommen werden, woraufhin der ersuchte Mitgliedstaat nach Art. 5 Abs. 2 S. 3 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 binnen zwei Wochen Antwort erteilt und sich nach Satz 4 der vorbezeichneten Bestimmung durch dieses zusätzliche Verfahren in keinem Fall die in den Artikeln Art. 18 Abs. 1 und Abs. 6 sowie Art. 20 Abs. 1 Buchst. b) Dublin II-VO vorgesehenen Fristen ändern, die den jetzt in Art. 22 Abs. 1 und Abs. 6 sowie Art. 25 Abs. 1 Dublin III-VO bestimmten Fristen entsprechen.

Vgl. zur Anwendbarkeit des Art. 5 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 auf die Fristen des Art. 22 Abs. 1 und Abs. 6 sowie des Art. 25 Abs. 1 Dublin III-VO: EUGH, Urteil vom 13. November 2018, C-47/17, juris Rdnr. 72.

Dementsprechend hatte Griechenland innerhalb der 3-wöchigen Frist des Art. 5 Abs. 2 S. 2 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 mit Schreiben vom 24. Juli 2019 gegen die ablehnende Entscheidung des Bundesamtes vom 3. Juli 2019 remonstriert und das Bundesamt binnen der in Art. 5 Abs. 2 S. 3 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 bestimmten Frist von weiteren 2 Wochen den griechischen Behörden unter dem 2. August 2019 mitgeteilt, dass und aus welchen Gründen es an der ablehnenden Entscheidung vom 3. Juli 2019 festhalte.

Mit Zugang der Antwort des Bundesamtes auf das Remonstrationsschreiben vom 24. Juli 2019 bei den griechischen Behörden am 2. August 2019 stand nach Art. 5 Abs. 2 S. 2 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 i. V. m. Art. 22 Abs. 1 Dublin III-VO die Zuständigkeit Griechenlands für die Prüfung des von dem Antragsteller zu 1. gestellten Schutzgesuchs fest. Dies gilt ungeachtet des zwischen Griechenland und der Antragsgegnerin zu der Zuständigkeitsfrage im Nachgang zu dem Schreiben des Bundesamtes vom 2. August 2019 bis Mitte November 2019 fortgeführten Schriftwechsels.

Art. 5 Abs. 2 Satz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 ist dahin auszulegen, dass der Ablauf der nach dieser Bestimmung vorgesehenen Antwortfrist von zwei Wochen das zusätzliche Verfahren der neuerlichen Prüfung endgültig abschließt, gleich ob der ersuchte Mitgliedstaat innerhalb dieser Frist auf das Ersuchen um neuerliche Prüfung des ersuchenden Mitgliedstaats geantwortet hat oder nicht.

EUGH, Urteil vom 13. November 2018, C-47/17, juris Rdnr. 86.

Damit ist der ersuchende Mitgliedstaat, sofern nicht noch die für die Stellung eines erneuten Gesuchs um Aufnahme oder Wiederaufnahme innerhalb der dazu in Art. 21 Abs. 1 bzw. Art. 23 Abs. 2 der Dublin-III-Verordnung vorgesehenen zwingenden Frist erforderliche Zeit zur Verfügung steht, als für die Prüfung des betreffenden Antrags auf internationalen Schutz zuständig anzusehen.

EUGH, Urteil vom 13. November 2018, C-47/17, juris Rdnr. 87.

Aus Art. 5 Abs. 2 ist Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 folgt nämlich, dass die Dauer des zusätzlichen Verfahrens der neuerlichen Prüfung, bei dem es sich um ein fakultatives Verfahren handelt, eng und in vorhersehbarer Weise umschrieben wird, und zwar aus Gründen der Rechtssicherheit für alle betroffenen Parteien, damit seine Vereinbarkeit mit dem durch die Dublin-III-Verordnung geschaffenen genauen zeitlichen Rahmen gewährleistet ist und das mit dieser Verordnung verfolgte Ziel einer zügigen Bearbeitung der Anträge auf internationalen Schutz nicht untergraben wird. Ein Verfahren der neuerlichen Prüfung, das mit der Folge unbefristet wäre, dass die Frage, welcher Mitgliedstaat für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, offen bliebe, und dass somit die Prüfung eines solchen Antrags erheblich, potenziell sogar zeitlich unbeschränkt hinausgezögert würde, wäre mit diesem Ziel einer zügigen Bearbeitung unvereinbar.

EUGH, Urteil vom 13. November 2018, C-47/17, juris Rdnr. 74.

Mithin verliert der ersuchende Mitgliedstaat (sogar) die ihm durch Art. 5 Abs. 2 S. 1 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 gebotene Möglichkeit, um eine neuerliche Prüfung seines Gesuchs um Aufnahme oder Wiederaufnahme beim ersuchten Mitgliedstaat zu ersuchen, wenn er nicht innerhalb von drei Wochen nach Empfang der ablehnenden Antwort des ersuchten Mitgliedstaats von ihr Gebrauch macht.

EUGH, Urteil vom 13. November 2018, C-47/17, juris Rdnr. 76.

Aus dem durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vorgegebenen Verständnis der in Art. 5 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 getroffenen Regelungen folgt für den hier zu Gunsten des Antragstellers zu 1. unterstellten Fall, dass er sein Asylgesuch erst am 9. Mai 2019 gestellt hat und die Voraussetzungen vorliegen, unter denen Griechenland gemäß Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin III-VO berechtigt war, das Aufnahmegesuch an die Antragsgegnerin innerhalb der dort bestimmten Frist von 3 Monaten zu richten, dass Griechenland seit dem 3. August 2019 für die Prüfung des von dem Antragsteller zu 1. dort gestellten Schutzgesuchs zuständig ist. Zu diesem Zeitpunkt war das zusätzliche Verfahren im Sinne des Art. 5 Abs. 2 S. 1 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003, das Griechenland durch sein Verlangen vom 24. Juli 2019 eingeleitet hatte, aufgrund der Antwort des Bundesamtes vom 2. August 2019 endgültig abgeschlossen. Zudem hat Griechenland bis zum Ablauf der Frist des Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin III-VO am 9. August 2019 kein erneutes Aufnahmegesuch an die Antragsgegnerin gerichtet. Ob es sich bei dem weiteren Anschreiben der griechischen Behörden vom 22. August 2019 um ein solches gehandelt hat, kann, weil es jedenfalls nicht fristgerecht gestellt und damit rechtlich unbeachtlich wäre, unentschieden bleiben.

Offenbleiben kann hier die - soweit ersichtlich - in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes bislang nicht geklärte Frage, ob der Asylsuchende, wie der Antragsteller zu 1. geltend macht, befugt ist, sich auf die Rechtswidrigkeit der Ablehnung des Aufnahmegesuchs durch den nach Art. 21 Abs. 1 Dublin III-VO ersuchten Mitgliedstaat und / oder seiner Antwort im Sinne des Art. 5 Abs. 2 S. 3 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 zu berufen. Denn die Antragsgegnerin hat ihre Zuständigkeit für die Prüfung des Schutzgesuchs des Antragstellers zu 1. zu Recht verneint.

Ihre Zuständigkeit ergibt sich entgegen der von dem Antragsteller zu 1. und vorprozessual wohl auch durch den griechischen Staat vertretenen Rechtsauffassung nicht aus Art. 8 Abs. 1 S. 1 Dublin III-VO. Danach ist, wenn es sich bei dem Antragsteller um einen unbegleiteten Minderjährigen handelt, der Mitgliedstaat zuständiger Mitgliedstaat, in dem sich ein Familienangehöriger oder eines der Geschwister des unbegleiteten Minderjährigen rechtmäßig aufhält, sofern es dem Wohl des Minderjährigen dient. Die danach erforderlichen Voraussetzungen für die Begründung der Zuständigkeit der Antragsgegnerin waren bezogen auf den hier nach Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO maßgeblichen Zeitpunkt, zu dem der Antragsteller zu 1. seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in Griechenland gestellt hat, nicht erfüllt. Der Antragsteller zu 2. ist nach Lage der Akten zwar als Bruder eines der Geschwister des minderjährigen und im Sinne des Art. 2 Buchst. j) Dublin III-VO auch unbegleiteten Antragstellers zu 1.

Ob der Antragsteller zu 2. angesichts der Tatsache, dass er nach dem Recht der Antragsgegnerin als Bruder für den Antragsteller zu 1. nach Aktenlage nicht sorgeberechtigt ist, im Hinblick auf die Legaldefinition in Art. 2 Buchst. g) dritter Spiegelstrich Dublin III-VO gleichwohl als Geschwisterkind des Antragstellers zu 1. gemäß Art. 8 Abs. 1 S. 1 Dublin III-VO gilt, kann offenbleiben. Der Antragsteller zu 2. hielt sich jedenfalls im hier nach Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO maßgeblichen Zeitpunkt, zu dem der Antragsteller zu 1. in Griechenland sein Schutzgesuch gestellt hat, nicht im Sinne des Art. 8 Abs. 1 S. 1 Dublin III-VO rechtmäßig im Bundesgebiet auf und zwar gleichgültig, ob der Antragsteller zu 1. in Griechenland erstmals am 20. März 2019 oder am 9. Mai 2019 um Asyl nachgesucht hat.

Im Sinne des Art. 8 Abs. 1 S. 1 Dublin III-VO nicht (mehr) rechtmäßig ist der Aufenthalt desjenigen im Bundesgebiet, dessen Asylantrag das Bundesamt abgelehnt hat. Bereits mit dieser behördlichen Entscheidung über den Asylantrag, der nach § 13 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 des Asylgesetzes (AsylG) in der zuletzt durch Artikel 45 des Gesetzes vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1294) geänderten Fassung der Bekanntmachung des Asylverfahrensgesetzes vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798) den Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes umfasst, ist der Aufenthalt des Asylsuchenden nach Maßgabe der Bestimmungen der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24. Dezember 2008, S. 98-107) illegal. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Aufenthalt, der dem Asylbewerber im Bundesgebiet nach Ablehnung des Asylgesuchs ermöglicht wird, allein dazu dient, gerichtlich die Rechtmäßigkeit der mit der behördlichen Entscheidung über den Asylantrag verbundenen Maßnahme zur Beendigung des Aufenthalts überprüfen zu lassen.

Nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/85 des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (ABl. L 326 vom 13. Dezember 2005, S. 13) darf eine Person, die internationalen Schutz beantragt, ausschließlich zum Zwecke des Verfahrens bis zum Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung, mit der der Antrag auf internationalen Schutz abgelehnt wird, im Mitgliedstaat verbleiben. Zwar ergibt sich, wie es in dieser Bestimmung ausdrücklich heißt, aus der Bleibeberechtigung kein Anspruch auf einen Aufenthaltstitel, doch geht u. a. aus dem neunten Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/115 hervor, dass die Bleibeberechtigung verhindert, dass der Aufenthalt einer Person, die internationalen Schutz beantragt hat, in der Zeit zwischen der Stellung ihres Antrags auf internationalen Schutz und dem Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung über ihn als "illegal" im Sinne der Richtlinie 2008/115 eingestuft wird.

EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018, C-181/16, juris Rdnr. 40.

Ein Drittstaatsangehöriger ist damit aber - von den Fällen des Art. 6 Abs. 4 Richtlinie 2008/115/EG abgesehen - ab der erstinstanzlichen Ablehnung seines Antrags auf internationalen Schutz durch die zuständige Behörde illegal aufhältig im Sinne der Richtlinie 2008/115/EG und zwar unabhängig vom Vorliegen einer Bleibeberechtigung bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf gegen die Ablehnung.

EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018, C-181/16, juris Rdnr. 59.

Keine Bestimmung der Richtlinie 2008/115 macht die Illegalität des Aufenthalts davon abhängig, wie über einen Rechtsbehelf gegen eine den legalen Aufenthalt beendende behördliche Entscheidung entschieden wird, oder davon, dass eine Bleibeberechtigung bis zur Entscheidung über einen solchen Rechtsbehelf fehlt. Vielmehr geht zwar aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/85 in Verbindung mit dem neunten Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/115 hervor, dass die Bleibeberechtigung der Person, die internationalen Schutz beantragt, im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats für die Zeit von der Stellung des Antrags bis zum Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung über ihn verhindert, dass der Aufenthalt des Antragstellers während dieser Zeit als "illegal" im Sinne der Richtlinie 2008/115 eingestuft wird, doch lässt sich keiner Bestimmung und keinem Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/85 oder der Richtlinie 2008/115 entnehmen, dass die Bleibeberechtigung in diesem Hoheitsgebiet bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf gegen die Ablehnung des Antrags einer solchen Einstufung entgegenstünde.

EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018, C-181/16, juris Rdnr. 46.

Danach mag die ausweislich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge dem Antragsteller zu 2. durch den Oberbürgermeister der Stadt N. am 5. September 2016 nach § 55 Abs. 1 AsylG erteilte und bei Stellung des Asylantrags des Antragstellers zu 1. in Griechenland am 20. März 2019 bzw. 9. Mai 2019 noch gültige Aufenthaltsgestattung zwar ein Aufenthaltstitel im Sinne der Bestimmungen der Dublin III-VO sein, die in ihrem Artikel 2 Buchst. l) diesen Begriff definiert als jede von den Behörden eines Mitgliedstaats erteilte Erlaubnis, mit der der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats gestattet wird, einschließlich der Dokumente, mit denen die Genehmigung des Aufenthalts im Hoheitsgebiet im Rahmen einer Regelung des vorübergehenden Schutzes oder bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die eine Ausweisung verhindernden Umstände nicht mehr gegeben sind, nachgewiesen werden kann, wobei ausgenommen sind Visa und Aufenthaltstitel, die während der zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats entsprechend dieser Verordnung erforderlichen Frist oder während der Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz oder eines Antrags auf Gewährung eines Aufenthaltstitels erteilt wurden.

Indes setzt Art. 8 Abs. 1 S. 1 Dublin III-VO - anders als eine Vielzahl anderer Regelungen dieser Verordnung - nicht die Existenz eines Aufenthaltstitels voraus, sondern knüpft seine Rechtsfolge an die enger gefasste Voraussetzung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts an, den die dem Antragsteller zu 2. seinerzeit gewährte Aufenthaltsgestattung nach Maßgabe der vorbezeichneten Erwägungen nicht vermittelt. Denn das Bundesamt hatte in dem nach Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO maßgeblichen Zeitpunkt den Asylantrag des Antragsteller zu 2. bereits durch den Bescheid vom 2. Juni 2017 (abschlägig) beschieden. Zudem war dem Antragsteller zu 2. die Aufenthaltsgestattung nicht im Sinne des Art 6 Abs. 4 S. 1 Richtlinie 2008/115 wegen des Vorliegens eines Härtefalls oder aus humanitären oder sonstigen Gründen erteilt worden, sondern nur um ihm den weiteren Verbleib im Bundesgebiet bis zur Entscheidung über seine vor dem beschließenden Gericht erhobenen Klage (9 K 11290/17.A) gegen den Ablehnungsbescheid des Bundesamtes zu ermöglichen, der gemäß den §§ 75 Abs. 1 S. 1, 38 Abs. 1 AsylG aufschiebende Wirkung zukam.

Im Ergebnis ebenso zu dem Erfordernis der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts nach Art. 16 Abs. 1 Dublin III-VO: VG Würzburg, Beschluss vom 28. Juni 2017, W 8 S 17.50344, juris Rdnr. 21; VG München, Beschluss vom 30. Dezember 2015, M 12 S 15.50773, juris Rdnr. 28; VG Berlin, Beschluss vom 20. August 2015, 33 L 244.15A, juris Rdnr. 9; VG Düsseldorf, Beschluss vom 8. April 2015, 13 L 914/15.A, www.nrwe.de und juris (dort Rdnr. 17).

Hielt sich der Antragsteller zu 2. damit seinerzeit nicht rechtmäßig, sondern illegal im Bundesgebiet auf, ergibt sich die Zuständigkeit der Antragsgegnerin für die Prüfung des von dem Antragsteller zu 1. in Griechenland gestellten Antrags auf Gewährung internationalen Schutzes aus eben diesem Grund auch nicht aus Art.8 Abs. 2 Dublin III-VO.

Die Antragsgegnerin ist entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers zu 1. auch nicht verpflichtet, von ihrem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Dublin III-VO Gebrauch zu machen und das Asylgesuch des Antragstellers zu 1. selbst zu prüfen.

Abweichend von Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO kann jeder Mitgliedstaat nach Art. 17 Abs. 1 UAbs. 1 der Verordnung beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in der Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Zudem kann gemäß Art. 17 Abs. 2 S. 1 Dublin III-VO der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Art. 8 bis 11 und 16 Dublin III-VO nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen (Art. 17 Abs. 2 S. 1 Dublin III-VO).

Ob und unter welchen Voraussetzungen die Regelungen in Art. 17 Dublin III-VO zu Gunsten Asylsuchender subjektive Rechte vermitteln, bedarf hier keiner Prüfung und Entscheidung.

Der Anwendung des Art. 17 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin III-VO steht schon entgegen, dass es an einem an die Antragsgegnerin gerichteten Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes fehlt, für dessen Prüfung sie sich zuständig erklären könnte. Während sie das Asylgesuch des Antragstellers zu 2. geprüft und abschlägig beschieden hat, hat der Antragsteller zu 1. seinen Asylantrag in Griechenland und nicht im Bundesgebiet gestellt.

Aus Art. 17 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin III-VO ergibt sich der geltend gemachte Anspruch aber auch dann nicht, wenn der durch den Antragsteller zu 1. unter dem 20. März 2019 in Griechenland (ebenfalls) gestellte Antrag auf "Zusammenführung" mit dem Antragsteller zu 2. als nach Art. 17 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin III-VO zulässiges Gesuch auch an die Antragsgegnerin anzusehen war, seinen in Griechenland gestellten Asylantrag selbst zu prüfen. Nichts anderes gilt, soweit Griechenland, das nach Aktenlage bislang noch keine erste Entscheidung über das Schutzgesuch des Antragstellers zu 1. getroffen hat, von seinem Recht, an die Antragsgegnerin ein Ersuchen nach Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO zu richten, Gebrauch gemacht hätte, wofür allerdings nach Lage der Akten angesichts der von den griechischen Behörden durchweg auf Art. 8 Abs. 1 S. 1 Dublin III-VO gestützten Begründung ihres Aufnahmegesuchs und der weiter an das Bundesamt gerichteten Eingaben nichts spricht.

(Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO i. V. m.) Art. 17 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin III-VO begründet zu Gunsten des Antragstellers zu 1. jedenfalls keine Rechtspflicht der Antragsgegnerin, ihre Zuständigkeit für die Prüfung des von dem Antragsteller zu 1. in Griechenland gestellten Antrags auf Gewährung internationalen Schutzes zu beschließen.

Aus dem Wortlaut von Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-VO geht hervor, dass diese Vorschrift insofern fakultativ ist, als sie es dem Ermessen jedes Mitgliedstaats überlässt, zu beschließen, einen bei ihm gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung definierten Kriterien für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nicht für die Prüfung zuständig ist. Im Übrigen ist die Ausübung dieser Befugnis an keine besondere Bedingung geknüpft. Diese Befugnis soll es jedem Mitgliedstaat ermöglichen, sich aus politischen, humanitären oder praktischen Erwägungen bereit zu erklären, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er hierfür nach den in dieser Verordnung definierten Kriterien nicht zuständig ist.

EuGH, Urteil vom 23. Januar 2019, C-661/17, juris Rdnr. 58.

Angesichts des Umfangs des den Mitgliedstaaten auf diese Weise gewährten Ermessens ist es Sache des betreffenden Mitgliedstaats, die Umstände zu bestimmen, unter denen er von der Befugnis, die durch die Ermessensklausel in Art. 17 Abs. 1 der Dublin-III-Verordnung eingeräumt wird, Gebrauch machen möchte, und zu entscheiden, ob er sich bereit erklärt, einen Antrag auf internationalen Schutz, für den er nach den in dieser Verordnung definierten Kriterien nicht zuständig ist, selbst zu prüfen.

EuGH, Urteil vom 23. Januar 2019, C-661/17, juris Rdnr. 59.

Eine Verpflichtung zum Selbsteintritt ergibt sich aus Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auch nicht unter Berücksichtigung der Bestimmung des Art. 6 Abs. 1 Dublin III-VO, nach der das Wohl des Kindes in allen Verfahren, die in dieser Verordnung vorgesehen sind, eine vorrangige Erwägung der Mitgliedstaaten ist. Da die Ausübung der den Mitgliedstaaten durch die Ermessensklausel in Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO eröffnete Befugnis an keine besondere Bedingung geknüpft ist und es grundsätzlich Sache jedes Mitgliedstaats ist, die Umstände zu bestimmen, unter denen er von dieser Befugnis Gebrauch machen möchte, und zu entscheiden, ob er sich bereit erklärt, einen Antrag auf internationalen Schutz, für den er nach den in dieser Verordnung definierten Kriterien nicht zuständig ist, selbst zu prüfen, ist festzustellen, dass auch Erwägungen des Kindeswohls einen Mitgliedstaat nicht dazu verpflichten können, von dieser Befugnis Gebrauch zu machen und einen Antrag, für den er nicht zuständig ist, selbst zu prüfen.

EuGH, Urteil vom 23. Januar 2019, C-661/17, juris Rdnr. 72 i. V. m. Rdnr. 71.

Für die Bestimmung in Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO gilt nichts anderes.

Sind danach die in (Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO i. V. m.) Art. 17 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin III-VO getroffenen Regelungen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes schon aus Rechtsgründen auch und gerade unter Berücksichtigung der Bestimmungen des völkerrechtlichen Übereinkommens über die Rechte des Kindes (Convention on the Rights of the Child) vom 20. November 1989 (Zustimmungsgesetz: BGBl. II 1992 S. 121) rechtlich ungeeignet, den hier geltend gemachten Anspruch zu tragen, kann offenbleiben, ob die Antragsgegnerin, obwohl das Aufnahmegesuch Griechenlands allein auf Art. 8 Abs. 1 S. 1 Dublin III-VO gestützt war und Griechenland ein Ersuchen nach Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO an die Antragsgegnerin jedenfalls nicht ausdrücklich gerichtet hat, gehalten war, in ihre Entscheidungen, die sie bis zum Abschluss des durch Griechenland gemäß Art. 21 Dublin III-VO eingeleiteten Aufnahmeverfahrens getroffen hat, die sich für sie aus Art. 17 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin III-VO ergebenden Befugnisse einzustellen, und - wofür nach dem Inhalt der an Griechenland gerichteten Schreiben des Bundesamtes allerdings nichts spricht - auch eingestellt hat. Dass und aus welchen Gründen sie sich in Anwendung dieser Bestimmung nicht verpflichtet sieht, den vom Antragsteller zu 1. in Griechenland gestellten Asylantrag selbst zu prüfen, hat sie jedenfalls im vorliegenden Verfahren schriftsätzlich dargetan.

Der geltend gemachte Anspruch ließe sich schließlich auch dann nicht auf Art. 17 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin III-VO stützen, wenn die dortigen tatbestandlichen Voraussetzungen für die Entscheidung über das Selbsteintrittsrecht vorliegen würden, entgegen der Rechtsauffassung des Europäischen Gerichtshofs aus dieser Bestimmung eine Verpflichtung des Mitgliedstaates ableitbar wäre, von diesem Recht gegebenenfalls Gebrauch machen zu müssen, und sich der Antragsteller zu 1. hierauf auch berufen könnte.

Die Antragsgegnerin hat ihr Interesse an einer Beendigung des Aufenthalts des Antragstellers zu 2., der nach dem rechtskräftigen Abschluss seines Asylverfahrens vollziehbar ausreisepflichtig ist, nicht dem Interesse des Antragstellers zu 1. an der persönlichen Betreuung durch seinen Bruder während der Dauer seines Asylverfahrens unterzuordnen. Das geltend gemachte Interesse des Antragstellers zu 2. an einem familiären Zusammenleben mit dem Antragsteller zu 1. ist mit dem Wunsch, im Bundesgebiet eine familiäre Lebensgemeinschaft zwischen ihm und seinem Bruder zu begründen, zumindest auch darauf gerichtet, anknüpfend an einen asylrechtlich zu legitimierenden Aufenthalt des Antragstellers zu 1. ein Bleiberecht im Bundesgebiet zu erhalten, das ihn zumindest vorübergehend vor dem Vollzug seiner Ausreisepflicht schützt. Diesem Ziel dienen die Regelungen der Dublin III-VO nicht.

Auch kommt dem von den Antragstellern geltend gemachten Interesse, dem Antragsteller zu 1. durch den Antragsteller zu 2. familiären Beistand zu leisten, trotz der Minderjährigkeit des Antragsteller zu 1. kein solches Gewicht zu, dass es eine andere Entscheidung als die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin III-VO unvertretbar machte.

Dies gilt hier nicht nur, weil der Antragsteller zu 2. sein Heimatland und den dort seinerzeit lebenden Antragsteller zu 1. bereits am 2. Oktober 2015 verlassen hat mit der Folge, dass zwischen den Antragstellern seit mehr als vier Jahren keine familiäre Gemeinschaft gelebt worden ist, sondern auch und gerade weil der griechische Staat für den derzeit 15-jährigen Antragsteller zu 1. altersadäquate Vorsorge in Bezug auf seine Aufnahme und die Durchführung seines Asylverfahrens getroffen hat. So ist der Antragsteller zu 1. nach seinem eigenen Vortrag in einer altersentsprechenden Unterkunft für unbegleitete Minderjährige untergebracht. Zudem hat ihm der griechische Staat ausweislich der Antragsschrift einen Vormund beigeordnet.

Sofern das Wohl des Antragstellers zu 1. als Minderjähriger darüber hinaus - wie Griechenland vorprozessual der Antragsgegnerin gegenüber geltend gemacht hat - die räumliche und persönliche Nähe seines Bruders erfordern sollte, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass es dem Antragsteller zu 2. tatsächlich unzumutbar oder rechtlich unmöglich wäre, sich auf Antrag mit einer auf humanitäre Gründe gestützten Billigung des griechischen Staates in dessen Hoheitsgebiet begeben und sich zur Unterstützung des Antragstellers zu 1. mit diesem dort aufzuhalten zu können.

Steht nach allem dem Antragsteller zu 1. der geltend gemachte Anspruch nicht zu, kann offenbleiben, ob der Antragsteller zu 2. überhaupt befugt ist, das Antragsbegehren als eigenes gerichtlich zu verfolgen.

Aus den vorstehenden Erwägungen zur fehlenden Verpflichtung der Antragsgegnerin, das Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin III-VO auszuüben, folgt zugleich, dass die Antragsteller auch einen Regelungsgrund nicht glaubhaft gemacht haben, da ohne die begehrte Anordnung keine schweren und unzumutbaren, später nicht wieder gut zu machenden Nachteile entstünden, die sich durch eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigen ließen.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylG.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes ergibt sich aus § 30 RVG.

Der Beschluss ist unanfechtbar; § 80 AsylG.

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