AG Solingen, Urteil vom 20.08.2019 - 9 C 39/19
Fundstelle
openJur 2020, 1044
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 228,79 € nebst Zinsen i. H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.03.2018 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).

Gründe

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall. Die alleinige Haftung der Beklagten für das Unfallereignis steht zwischen den Parteien außer Streit. Hinsichtlich des Sachschadens wurde außergerichtlich ein Gutachten des Sachverständigenbüros eingeholt. Dieses stellte einen entstandenen Sachschaden i.H.v. 6.514,78 € fest. Die Beklagte regulierte den Schaden mit insgesamt 6.285,99 €.

Die Parteien streiten darum, ob die vom außergerichtlichen Sachverständigen in Ansatz gebrachten Kosten für die UPE-Aufschläge zu erstatten sind.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch i.H.v. 228,79 € gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG, § 115 Abs. 1 VVG, § 249 BGB zu.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Das Gericht verkennt nicht, dass die vorgelegte Zulassungsbescheinigung Teil II (Anlage A5, Bl. 52 b d.A.), aus der hervorgeht, dass das Kfz auf die Klägerin zugelassen ist, nicht zur Nachweisführung der Eigentümerstellung geeignet ist, da die Zulassungsbehörde die zivilrechtliche Rechtslage nicht prüft und aus der Eintragung deshalb weder zwingend auf die Haltereigenschaft noch auf die Eigentümerstellung geschlossen werden kann. Allerdings liefert der Umstand, dass die Klägerin die Zulassungsbescheinigung Teil II in den Händen hält, d.h. in ihrem Besitz hat, ein Indiz dafür, dass die Klägerin Eigentümerin des beschädigten Fahrzeugs ist. Im Falle einer Finanzierung sowie beim Fahrzeugleasing wird die Zulassungsbescheinigung Teil II typischerweise bei dem finanzierenden Kreditinstitut bzw. dem Leasinggeber belassen und nicht in die Hände des Kredit- bzw. Leasingnehmers übergeben. Irgendwelche Anhaltspunkte für die Eigentümerstellung einer anderen Person als der Klägerin sind weder vorgetragen, noch ersichtlich. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass die Klägerin in der vorgelegten Fahrzeugrechnung vom 21.11.2016 (Anlage A4, Bl. 52 a d.A.) als Käuferin ausgewiesen ist und das vorgerichtliche Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben hat, bestehen in der Gesamtschau keine Zweifel an der - beklagtenseits lediglich pauschal mit Nichtwissen bestrittenen - Aktivlegitimation der Klägerin.

Die Klägerin kann von der Beklagten die von dem außergerichtlich beauftragten Sachverständigen ermittelten UPE-Aufschläge verlangen.

Nach der Rechtsprechung des BGH entscheidet sich die Frage der "Ersatzfähigkeit der UPE-Aufschläge" nach den allgemeinen Grundsätzen zur Ersatzfähigkeit von Reparaturkosten. Danach darf der Geschädigte, sofern - wie hier - die Voraussetzungen für eine fiktive Schadensberechnung vorliegen, dieser grundsätzlich die üblichen Ersatzteilkosten einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (BGH, Urteil vom 25. September 2018 - VI ZR 65/18 -, Rn. 12 - 13, juris).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn der Sachverständige, der als erfahrender gerichtlicher Sachverständiger, spezialisiert auf Verkehrsunfallrekonstruktionen und Kraftfahrzeugschäden, für die vorliegende Begutachtung besonders gut qualifiziert ist, hat in seinem Gutachten vom 08.07.2019 (Bl. 65-69 der Akten) ausgeführt, dass nach der durchgeführten Marktanalyse in der Region Solingen, im Falle einer Reparatur bei einer markengebundenen Fachwerkstatt der Marke Opel, üblicherweise UPE-Aufschläge berechnet werden, welche in Solingen mit 15 % und unter Berücksichtigung der umliegenden Region mit durchschnittlich 14,4 % anzugeben seien. Zusammenfassend kommt der gerichtliche Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die seitens des vorgerichtlich beauftragten Sachverständigen in Ansatz gebrachten UPE-Aufschläge i.H.v. 15 % ortsüblich und angemessen seien.

Das Gericht folgt den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen. Das Gutachten ist logisch und nachvollziehbar aufgebaut. Der Sachverständige geht von den richtigen Anknüpfungstatsachen aus. Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die Ausführungen des Sachverständigen Fett in seinem Gutachten vom 08.07.2019 auch nicht unzureichend, sondern beantworten exakt die an ihn gerichteten Fragen, nämlich, was unter Berücksichtigung der örtlichen Gepflogenheiten üblicherweise bei einer Reparatur bei einer markengebundenen Fachwerkstatt berechnet wird und nicht, wie die Beklagte meint, ob die angesetzten Kosten üblicherweise tatsächlich objektiv entstehen. Eine derartige Anforderung ist auch der BGH-Rechtsprechung nicht zu entnehmen. Ausreichend für den Schadensersatzanspruch des Geschädigten ist auch im Rahmen einer fiktiven Schadensabrechnung, dass ein öffentlich bestellter, vereidigter Kfz-Sachverständiger unter Berücksichtigung der örtlichen Gepflogenheiten zu dem Ergebnis gelangt, dass im Falle einer Reparatur in der Region bei markengebundenen Fachwerkstätten typischerweise UPE-Aufschläge erhoben werden. Wie die Klägerseite zutreffend ausführt, ist die Werkstatt nicht verpflichtet, dem Kunden lediglich die eigenen Einkaufspreise zu berechnen. Vielmehr können Ersatzteile teurer verkauft werden. So können z.B. die Kosten für die Beschaffung entsprechender technischer Ausrüstung, die für die Bestellung notwendig ist, Lagerkosten und die Kosten für das Personal etc. anteilig finanziert werden. Die Preisgestaltung obliegt, ähnlich wie der Stundensatz für die Reparaturarbeiten, der ausführenden Werkstatt. Ebenso ist der Geschädigte nicht verpflichtet, die Teile selbst beim Hersteller zu besorgen, um für den Schädiger möglichst günstige Ersatzteilpreise zu erzielen.

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen war dem Antrag der Beklagtenseite, dem Sachverständigen aufzugeben, sein Gutachten zu ergänzen, nicht zu folgen.

Ferner kann die Klägerin von der Beklagten den - an den Ersatzteilkosten orientierten und um die UPE-Aufschläge erweiterten - Kleinteilezuschlag in Höhe von 4,49 € verlangen.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus Verzugsgesichtspunkten gemäß §§ 280, 286, 288 BGB. Die Frage einer angemessenen Prüfungsfrist für den Kfz-Haftpflichtversicherer darf nicht mit der Frage der Verzinsung vermischt werden. Das anzuerkennende Interesse des Geschädigten an einer möglichst schnellen Schadensregulierung ist auch während der laufenden Prüffrist durch Verzinsung des Anspruchs zu berücksichtigen. Während der laufenden Prüffrist fehlt allerdings ein Anlass zur Klageerhebung (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 19.11.2017, 4 W 16/17 in ZfS 18, Seite 201 ff.).

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert wird auf 228,79 EUR festgesetzt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Wuppertal, Eiland 1, 42103 Wuppertal, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Wuppertal zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Wuppertal durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:

Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.

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