I.
Das Standesamt A., Beteiligter zu 2), wird angewiesen, den Geburtsregistereintrag Nr. .../1965 des Standesamtes A. dahin zu berichtigen, dass die Angabe zum Geschlecht der antragstellenden Partei gestrichen wird.
II.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
III.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5000 € festgesetzt.
IV.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I.
Die antragstellende Partei begehrt mit ihrem Antrag vom 26.07.2016, den Beteiligten zu 2) anzuweisen, den Geburtseintrag Nr. .../1965 durch Streichung der Geschlechtsangabe im Geburtenregister zu berichtigen, hilfsweise anzuordnen, die Geschlechtsangabe des Geburtseintrages Nr. .../1965 im Geburtenregister zu streichen. Die antragstellende Partei wurde am 00.00.1965 in A. geboren. Als Geschlecht wurde gemäß den Angaben des Kindesvaters das weibliche Geschlecht eingetragen.
Die antragstellende Partei gibt an, sich weder als Frau noch als Mann zu identifizieren. Sie sei deswegen weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuzuordnen. Bereits zum Zeitpunkt der Geburt sei dies der Fall gewesen. Ihr Vater habe die Geschlechtszuordnung aufgrund Unkenntnis falsch vorgenommen. Bereits seit früher Kindheit sei zutage getreten, dass sie sich nicht als männlich oder weiblich identifizieren könne. Sie lebe öffentlich in keinem der zwei rechtlich anerkannten Geschlechter. Die gesetzlich vorgesehene "Zwangszweigenderung" führe dazu, dass Personen, die sich nicht als Frauen oder Männer verstünden, nicht repräsentiert werden könnten, was zu Diskriminierungen führe.
Die Beteiligten zu 2) und zu 3) sind dem Berichtigungsantrag entgegengetreten.
Durch Beschluss vom 23.08.2015 hat das Amtsgericht Wuppertal den Berichtigungsantrag mit der Begründung zurückgewiesen, § 22 PStG beziehe sich lediglich auf die Konstellation, dass bei intersexuellen Kindern aufgrund Merkmalen beider Geschlechter keine eindeutige Zuordnung erfolgen könne. Indessen gebe es keine gesetzliche Regelung für eine Transidentität.
Gegen diesen ihr am 13.09.2017 zugestellten Beschluss hat die antragstellende Partei Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, sie werde durch den Beschluss des Amtsgerichts in ihrem Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verletzt. Denn nicht nur die äußeren Geschlechtsmerkmale seien bestimmend für die Geschlechtsidentität, sondern es seien auch soziale Merkmale zu berücksichtigen. Die Einteilung von Menschen in männlich und weiblich ähnele einer unzulässigen Einteilung von Menschen in Rassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts werde durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch der Intim- und Sexualbereich geschützt, gleichermaßen die sexuelle Selbstbestimmung sowie das Finden und Erkennen der eigenen geschlechtlichen Identität. Geschützt werde darüber hinaus aber auch die Selbstdarstellung des Individuums in der Öffentlichkeit. Jeder Einzelne müsse selbst darüber entscheiden können, wie er sich gegenüber Dritten und in der Öffentlichkeit darstelle. Eine aus der Perspektive der betroffenen Person unrichtige personenstandsrechtliche Zuordnung zwinge diese dazu, sich in ihrem Lebensverlauf fortwährend in einer Weise darzustellen, die als verfälschend empfunden werde. Die erzwungene Zuordnung zu Menschen männlichen oder weiblichen Geschlecht stelle überdies im Hinblick darauf, dass § 22 Abs. 3 PStG die grundsätzliche Möglichkeit der Streichung des Geschlechtseintrags eröffne, einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 GG dar.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht durch Beschluss vom 10.10.2017 - Az. 1 BvR 2019/16 - § 21 Abs. 1 Nr. 3 PStG i.V.m. § 22 Abs. 3 PStG für unvereinbar mit den Artikeln 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG erklärt hat und den Gesetzgeber verpflichtet hat, bis zum 31.12.2018 eine verfassungsgemäße Regelung herbeizuführen, hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 29.11.2017 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein fehlendes Geschlecht auf Seiten der antragstellenden Partei sei nicht erwiesen, weshalb diese auch nicht in ihren Grundrechten verletzt sein könne. Denn die antragstellende Partei stütze ihren Anspruch lediglich auf ihre Geschlechtsidentität, nehme aber zu weiteren Merkmalen wie z.B. äußeren und inneren Geschlechtsmerkmalen, Chromosomen und Hormonstatus keine Stellung. Von daher sei auch eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nicht geboten.
Der Senat hat das Beschwerdeverfahren bis zu der von dem Bundesverfassungsgericht angeordneten Neuregelung der §§ 21 Abs. 3 Nr. 3, 22 Abs. 3 PStG ausgesetzt.
Am 18.12.2018 ist das "Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben" in Kraft getreten. Hierdurch wurde die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10.10.2017 in der Weise umgesetzt hat, dass der neu geschaffene § 45b PStG die Möglichkeit eröffnet, die bisher registrierte Geschlechtsangabe und auch die Vornamen durch Erklärung gegenüber dem Standesamt ändern zu lassen. Voraussetzung hierfür ist gemäß § 45b Abs. 3 PStG die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung. Aufgrund dessen hat der Senat der Antragstellerin die Möglichkeit gegeben, die nach § 45b Abs. 3 PStG erforderliche ärztliche Bescheinigung darüber vorzulegen, dass bei ihr eine Variante der Geschlechtsentwicklung vorliege und zugleich darauf hingewiesen, dass eine solche Bescheinigung nach der Gesetzesbegründung weder aktuell sein, noch eine genaue Diagnose enthalten müsse.
Die Antragstellerin hat die Vorlage einer solchen Bescheinigung abgelehnt und darauf verwiesen, dass bei ihr ganz offensichtlich eine Geschlechtsidentität vorliege, die keinem der im binären Geschlechtersystem bekannten Geschlechter zuzuordnen sei. Durch das in Kraft getretene Gesetz werde sie diskriminiert, da lediglich solche Personen eine ärztliche Bescheinigung vorlegen müssten, welche nicht im binären Geschlechtssystem zu verordnen seien, wohingegen alle anderen Menschen von der Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung befreit sein. Zudem sei unklar, was nach Auffassung des Gesetzgebers einen Mediziner befähige, eine Aussage zur Geschlechtsentwicklung bzw. -identität zu treffen. Medizinisch geschulte Personen könnten allenfalls Aussagen treffen über den Hormon- oder Chromosomenhaushalt, über die äußeren und inneren Geschlechtsmerkmale sowie über die psychischen Zustände. Ob diese Daten allerdings Auswirkungen auf die Geschlechtsidentität hätten, könne lediglich die betroffene Person selbst bezeugen.
II.
Die befristete Beschwerde der antragstellenden Partei ist gemäß §§ 48 Abs. 1 und 2, 49 Abs. 1, 51 Abs. 1 PStG, 58 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 FamFG statthaft und zulässig.
Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Die Voraussetzungen der §§ 48 Abs. 1, 47 Abs. 1 Nr. 2, 22 Abs. 3 PStG für die begehrte Streichung des Eintrags des Geschlechts der antragstellenden Partei liegen vor. Insbesondere kann eine solche Streichung auch nachträglich erfolgen. Wie der Gesetzgeber insoweit in der Gesetzesbegründung im Zusammenhang mit der Einfügung des § 45b PStG ausgeführt hat, erfolgt der Geburtseintrag im Geburtenregister kurz nach der Geburt, mithin zu einem Zeitpunkt, in dem das Neugeborene eine eigene Geschlechtsidentität nicht kommunizieren kann. Die bei der Geburt getroffene Geschlechtseinordnung muss daher ab einem Zeitpunkt, zu dem die betroffene Person zur Entwicklung einer eigenen Geschlechtlichkeit in der Lage ist, abänderbar sein (BT-Drucks. 19/4669, Seite 10).
Der nachträglichen Änderung des Geburtseintrags steht insbesondere nicht entgegen, dass die von der antragstellenden Partei empfundene Geschlechtlichkeit, die dem binären Geschlechtssystem nicht zuzuordnen ist, einem medizinischen Nachweis nicht zugänglich ist.
Vielmehr sind im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung auch solche Personen von der Möglichkeit der Streichung des Geschlechtseintrags nicht ausgeschlossen, die zwar medizinisch nachweisbar einem bestimmten Geschlecht zuzuordnen sind, jedoch subjektiv nicht entsprechend dieser medizinischen Zuordnung empfinden.
Wie das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Beschluss vom 11.01.2011 (1 BvR 3295/07) ausgeführt hat, schützt Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG mit der engeren persönlichen Lebenssphäre auch den intimen Sexualbereich des Menschen, der die sexuelle Selbstbestimmung und damit auch das Finden und Erkennen der eigenen Identität sowie der eigenen sexuellen Orientierung umfasst. In der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts heißt es hierzu: "Es ist wissenschaftlich gesicherte Erkenntnis, dass die Zugehörigkeit eines Menschen zu einem Geschlecht nicht allein nach den äußerlichen Geschlechtsmerkmalen im Zeitpunkt seiner Geburt bestimmt werden kann, sondern sie wesentlich auch von seiner psychischen Konstitution und seiner selbstempfundenen Geschlechtlichkeit abhängt. Steht demnach das eigene Geschlechtsempfinden nachhaltig im Widerspruch zu dem ihm rechtlich nach den äußeren Geschlechtsmerkmalen zugeordneten Geschlecht, gebieten es die Menschenwürde i.V.m. dem Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit, dem Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen Rechnung zu tragen und seine selbst empfundene geschlechtliche Identität rechtlich anzuerkennen, um es ihm damit zu ermöglichen, entsprechend dem empfundenen Geschlecht leben zu können, ohne in seiner Intimsphäre durch den Widerspruch zwischen seinem dem empfundenen Geschlecht angepassten Äußeren und seiner rechtlichen Behandlung bloßgestellt zu werden."
Auch in seinem Beschluss vom 10.10.2017 (1 BvR 2019/16) hat das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht, dass dem subjektiven Empfinden des Betroffenen im Rahmen der Bestimmung des Geschlechts entscheidende Bedeutung zukommt und hierzu ausgeführt (Rn. 9): "In den medizinischen und psychosozialen Wissenschaften besteht zudem weitgehend Einigkeit darüber, dass sich das Geschlecht nicht allein nach genetischanatomisch-, chromosomalen Merkmalen bestimmen oder gar herstellen lässt, sondern von sozialen und psychischen Faktoren mitbestimmt ist."
Kommt damit der Zuordnung zu einem Geschlecht für die individuelle Identität herausragende Bedeutung zu und nimmt diese eine Schlüsselposition sowohl im Selbstverständnis einer Person als auch dabei ein, wie die betroffene Person von anderen wahrgenommen wird, muss dem die gesetzliche Möglichkeit gegenüberstehen, dieses subjektive Empfinden auch nach außen hin durch einen entsprechenden Geschlechtseintrag zu leben und zu dokumentieren. Insoweit folgt der Senat der Entscheidung des OLG Celle vom 12.05.2017 (Az. 17 W 5/17), welches ebenfalls eine allein auf subjektiven Empfindungen beruhende Geschlechts(nicht)zugehörigkeit für die Streichung des Geschlechtseintrags als ausreichend erachtet hat.
Dass die antragstellende Partei sich tatsächlich weder als Mann noch als Frau empfindet, steht nach ihrer Anhörung zur Überzeugung des Senats fest. Diese hat eindringlich und glaubhaft geschildert, dass der Umstand, dass sie sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen vermag, bereits in ihrer Kindheit zu großen Problemen und Irritationen geführt hat. So hat sie ausgeführt, sie habe wie jedes andere Kind auch den Wunsch gehabt, einer sozialen Gruppe anzugehören. Letztlich sei ihr dies jedoch nicht möglich gewesen, weil sie sich stets als Fremdkörper gefühlt habe. Dieses Gefühl habe dazu geführt, dass sie komplett ausgegrenzt worden sei und während ihrer Schulzeit keinen einzigen Freund gehabt habe. Wenn sie auch in ihrer Kindheit die Gründe für ihre Probleme und Irritationen noch nicht habe benennen können, so habe sie doch stets die Einteilung in männlich und weiblich für sich als nicht richtig empfunden. Dieses Gefühl habe wesentlich auch ihr Freizeitverhalten geprägt: Weder habe sie sich in Sportgruppen wohlgefühlt, in welchen stets eine Einteilung nach Geschlechtern erfolgt sei, noch sei sie sich über die Art, sich zu kleiden im Klaren gewesen. Obwohl ihre Eltern ihr großes Verständnis entgegengebracht hätten und mit ihr liebevoll umgegangen seien, hätten diese doch stets versucht, sie in das Schema ihres vorgegebenen Geschlechts zu pressen. Seit ihrer Pubertät gebe es für sie keinen Tag, an dem die von ihr selbstempfundene Nichtzugehörigkeit zu einem Geschlecht kein Thema sei. So meide sie es, öffentliche Toiletten aufzusuchen, ein Freibad zu besuchen oder sich in einer Sportgruppe zu betätigen. Besonders schwierig seien Situationen, in denen sie ein Krankenhaus aufsuchen müsse. Sie empfinde das tägliche Leben als für sie extrem anstrengend, da die notwendige Zuordnung zu einem Geschlecht ständig präsent sei, obwohl eine Geschlechtszugehörigkeit in ihrem eigenen Wertesystem für sie nicht relevant sei. Dies gelte umso mehr, als ihre Mitmenschen auf sie irritiert und teilweise auch aggressiv reagierten.
Der Senat ist nach der ausführlichen Anhörung der antragstellenden Partei aufgrund ihrer Angaben davon überzeugt, dass sie sich tatsächlich subjektiv einem Geschlecht nicht zuzuordnen vermag. Hierfür spricht nicht nur ihre eingehende Schilderung ihrer persönlichen Lebenssituation, sondern auch der Umstand, dass das Thema für sie so große Bedeutung hat, dass sie in der Vergangenheit eine Professur für Genderstudies und Sprachanalyse am Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien der Humboldt Universität zu Berlin innehatte. In ihrer täglichen Lebensführung besteht sie seit Jahren auf einer geschlechtsneutralen Anrede. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht entscheidend darauf an, dass nach dem Eindruck des Senats viele von der antragstellenden Partei geschilderten Situationen von dieser selbst möglicherweise als wesentlich diskriminierender empfunden werden, als dies in der Realität der Fall ist. So vermag der Senat weder zu erkennen, warum der Besuch eines Freibades für die antragstellende Partei nicht möglich sein soll, noch die Teilnahme an einer gemischten Wandergruppe, obwohl die antragstellende Partei dies für sich selbst ausschließt. Entscheidend ist vielmehr, dass die antragstellende Partei sich aufgrund ihres subjektiven Empfindens seit Jahren als gesellschaftlich nicht akzeptiert fühlt. Demgemäß gebieten es die Menschenwürde i.V.m. dem Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit, dem Selbstbestimmungsrecht der antragstellenden Partei dadurch Rechnung zu tragen, dass ihre selbst empfundene geschlechtliche Identität rechtlich dadurch anerkannt wird, dass der Geschlechtseintrag im Geburtsregister gestrichen wird.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1 FamFG. Die Wertfestsetzung beruht auf § 42 Nr. 3 FamGKG.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde erfolgt gemäß § 70 Abs. 2 Nr. 1 FamFG im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.