OLG Hamm, Urteil vom 10.10.2017 - 24 U 123/16
Fundstelle
openJur 2020, 645
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 2 O 62/15
Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 02.08.2016 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hagen wird als unzulässig verworfen, soweit sich die Kläger dagegen wenden, dass ihr Antrag, den Beklagten zu verurteilen, Live-Musikdarbietungen nur so durchzuführen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die durch diese verursachten Geräuschimmissionen innerhalb der Wohnräume der Kläger I-Straße in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr und von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Grundstücks der Kläger I-Straße, insbesondere zu einer Störung der Nachtruhe in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr morgens führen, abgewiesen worden ist.

Im Übrigen wird das am 02.08.2016 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hagen einschließlich des zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem Landgericht vorbehalten.

Gründe

(abgekürzt gemäß § 540 Abs. 1, Abs. 2, § 313a Abs. 1 S. 1, §§ 543, 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO)

I.

Die Berufung der Kläger ist gemäß § 511 ZPO statthaft. Sie ist allerdings unzulässig, soweit sich die Kläger dagegen wenden, dass ihr Antrag abgewiesen worden ist, den Beklagten zu verurteilen, Live-Musikdarbietungen nur in der von ihnen in ihrem dahingehenden Antrag näher konkretisierten Art und Weise durchzuführen (siehe hierzu nachfolgend Ziffer 1). Im Übrigen war auf den Hilfsantrag der Kläger das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen, weil im Sinne des § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwendige Beweisaufnahme notwendig ist (siehe hierzu nachfolgend Ziffer 2).

1.

Die Berufung der Kläger ist unzulässig, soweit sie sich dagegen wenden, dass ihr Antrag, den Beklagten zu verurteilen, Live-Musikdarbietungen nur so durchzuführen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die durch diese verursachten Geräuschimmission innerhalb ihrer Wohnräume in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr und von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung ihres Grundstücks, insbesondere zu einer Störung der Nachtruhe in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr morgens, führen, abgewiesen worden ist.

a)

Nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO muss eine Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Dabei muss die Berufungsbegründung auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen. Dabei muss die Berufung die tragenden Erwägungen des Erstgerichts angreifen und darlegen, warum diese aus Sicht des Berufungsklägers nicht zutreffen. Die Begründung muss also - ihre Richtigkeit unterstellt - geeignet sein, das gesamte Urteil infrage zu stellen (vgl. BGH, Beschluss vom 10.12.2015, Az.: IX ZB 35/15; BGH, Beschluss vom 21.07.2016, Az.: IX ZB 88/15).

b)

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe genügt die Berufungsbegründung der Kläger nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO, soweit sie sich nach ihren Berufungsanträgen auch dagegen wenden, ihr Live-Musikdarbietungen betreffendes Begehren sei abgewiesen worden. Dahingehend setzen sich die Kläger in ihrer Berufungsbegründung mit den tragenden Erwägungen des Landgerichts auch nicht ansatzweise auseinander.

Insoweit hat das Landgericht nämlich die Klage mit den Begründungen abgewiesen, dass Anhaltspunkte dafür, dass die von der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (im Folgenden: TA Lärm) vorgegebenen Werte in den Fällen, in denen in der Gaststätte des Beklagten Livemusik dargeboten werde, überschritten werden würden, nicht bestünden; die Kläger hätten auf das Bestreiten des Beklagten schon nicht substantiiert dargetan, was sie unter Livemusik verstünden und inwiefern sich diese von der Geräuschintensität von Tonbandmusik unterscheide; im Rahmen der repräsentativen Messung habe der Sachverständige auch keine Livemusik vernehmen können; schließlich würden die Kläger selbst nicht behaupten, dass sich die Lautstärke der Lärmimmission nach 6.00 Uhr morgens gegenüber dem Geräuschpegel zur Nachtzeit wesentlich erhöht hätte.

Zu diesen tragenden Erwägungen des Landgerichts verhält sich die Berufungsbegründung der Kläger nicht, wobei vom Senat nicht zu entscheiden ist, ob sie in der Sache auch zu überzeugen vermögen. Die Kläger hätten mit ihrer Berufung entweder substantiiert darlegen müssen, dass sie zu dem Begriff Livemusik sowie dem Verhältnis der Geräuschintensität zwischen Livemusik und Tonbandmusik vorgetragen hätten, oder begründen müssen, dass ein entsprechender Vortrag nicht erforderlich gewesen wäre oder sie hätten den vom Landgericht vermessten Tatsachenvertrag nunmehr nachholen müssen. Daneben haben sie sich in ihrer Berufungsbegründung nicht mit dem Argument des Landgerichts befasst, dass auch der Sachverständige bei den von ihm durchgeführten Messungen keine Livemusik habe vernehmen können und dass sie keine Angaben dazu gemacht hätten, warum sich die Lautstärke der Lärmimmission nach 6.00 Uhr morgens gegenüber dem Geräuschpegel zur Nachtzeit wesentlich erhöht hätte. Die Berufungsbegründung verhält sich vielmehr über die Frage, dass und aus welchen Gründen eine Einhaltung der Grenzwerte nach der TA Lärm eine wesentliche Beeinträchtigung des Grundstücks der Kläger durch die Lärmimmission nicht automatisch ausschließen könne, zumal die Grenzwerte der TA Lärm nur knapp unterschritten worden seien und der Sachverständige nicht habe verneinen können, dass bei einer "Reihenmessung" auch Werte oberhalb der Grenzen gemessen werden könnten. Mit Blick auf die Live-Musikdarbietungen kam es nach der zuvor dargestellten Begründung des Landgerichts auf die Frage einer wesentlichen Beeinträchtigung durch Lärm - anders als bei dem weiteren Antrag bezogen auf die Musikanlage - nicht an. Bei mehreren Streitgegenständen oder einem teilbaren Streitgegenstand muss sich allerdings die Berufungsbegründung grundsätzlich auf alle Teile des Urteils erstrecken, mit Blick auf die eine Abänderung beantragt ist; anderenfalls ist das Rechtsmittel für den nicht begründeten Teil unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom 23.06.2015, Az.: II ZR 166/14).

2.

Im Übrigen ist die gemäß § 511 ZPO statthafte Berufung zulässig. Auf den Hilfsantrag der Kläger ist das angefochtene Urteil dahingehend aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung sowie Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen, weil das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche sowie aufwendige Beweisaufnahme notwendig ist (§ 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO).

a)

Der Mangel beruht darauf, dass sich das Landgericht vorliegend nicht durch einen Ortstermin einen eigenen Eindruck von Art und Intensität des Lärms verschafft hat (vgl. BGH, Urteil vom 05.02.1993, Az.: V ZR 62/91; BGH, Urteil vom 08.05.1992, Az.: V ZR 89/91; BGH, Urteil vom 06.07.2001, Az.: V ZR 246/00; Münchener Kommentar/Brückner, BGB, 7. Auflage, 2017, § 906 Rdnr. 221).

aa)

In nicht zu beanstandender Weise hat das Landgericht indes angenommen, dass der - für den Senat im Rahmen der Prüfung der Begründetheit der Berufung allein noch maßgebliche - Antrag bezogen auf die Musikanlage zulässig ist. Insbesondere ist dieser Antrag hinreichend bestimmt, da es ausreichend ist, dass die Kläger - wie zuletzt - allein auf die Wesentlichkeit der Beeinträchtigungen - ohne konkrete Immissionsrichtwerte zu nennen - abstellen. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen unter Ziffer I. der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen werden (siehe hierzu auch: Münchener Kommentar/Brückner, BGB, 7. Auflage, 2017, § 906 Rdnr. 216; BeckOK/Fritsche, BGB, Stand: 15.06.2017, § 906 Rdnr. 98).

bb)

Das Landgericht hat auch zu Recht darauf abgestellt, dass den Klägern der von ihnen geltend gemachte Anspruch - bezogen auf die Musikanlage - auf der Grundlage des § 1004 in Verbindung mit § 906 BGB zustehen könnte.

(1)

Das Grundstück der Kläger ist durch Lärmimmissionen im Sinne von § 906 Abs. 1 BGB beeinträchtigt. Denn unstreitig gelangen Geräusche von der von dem Beklagten betriebenen Gaststätte bis zu der im Eigentum der Kläger stehenden Immobilie und in ihre dort in dem ersten Obergeschoß befindliche Wohnung.

(2)

Verfahrensfehlerhaft hat das Landgericht allerdings auf der Grundlage der von ihm getroffenen Festellungen angenommen, dass diese Beeinträchtigungen unwesentlich seien.

(a)

Eine Beeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 1 BGB ist jede Störung des gesundheitlichen (körperlichen) Wohlbefindens der auf den Nachbargrundstücken lebenden Personen bzw. jede Schädigung der auf ihren Grundstücken befindlichen Sachen einschließlich von Tieren und Pflanzen (vgl. Münchener Kommentar/Brückner, BGB, 7. Auflage, 2017, § 906 Rdnr. 61, 62). Wann eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, beurteilt sich nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen und dem, was diesem unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist (vgl. BGH NJW-RR 2007, 168; BGH NVwZ 2005, 116; Palandt/Herrler, BGB, 76. Auflage, 2017, § 906 Rdnr. 17), mithin nicht nach dem subjektiven Empfinden des Eigentümers.

Die Wesentlichkeitsgrenze ist nicht im Hinblick auf das bloße Überschreiten von Grenzwerten mathematisch exakt festzulegen, sondern aufgrund einer eigenen tatrichterlichen, wertenden Beurteilung (vgl. BGH NJW-RR 2007, 168).

Dabei wird den in § 906 Abs. 1 S. 2, 3 BGB genannten Grenz- und Richtwerten lediglich die Bedeutung beigemessen, dass einem Überschreiten der Werte Indizwirkung für das Vorliegen einer wesentlichen Beeinträchtigung zukommt und ein Einhalten oder Unterschreiten der Grenz- oder Richtwerte die Unwesentlichkeit der Beeinträchtigung indiziert (vgl. BGH NJW 2004, 1317; BGH NVwZ 2005, 116).

(b)

Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, den Klägern sei der Beweis des Vorliegens einer wesentlichen Beeinträchtigung ihrer Eigentumsrechte nach Maßgabe des § 903 BGB im Sinne des § 906 BGB nicht gelungen, weshalb sie die infrage stehenden Geräuschimmissionen durch den Betrieb der Gaststätte der Beklagten gemäß § 906 Abs. 1 BGB dulden müssten. Der Sachverständige habe bei seinen ohne Kenntnis des Beklagten durchgeführten Untersuchungen feststellen können, dass an beiden von ihm durchgeführten Messtagen die Grenzwerte der TA Lärm eingehalten worden seien. Damit sei die Unwesentlichkeit der Beeinträchtigung indiziert. Der Beweis für das Vorliegen besonderer Umstände, die die von der Einhaltung der Grenzwerte ausgehende Indizwirkung zu erschüttern vermocht hätten, sei den Klägern nicht gelungen. Soweit der Sachverständige im Kammertermin erläutert habe, dass aufgrund der Unterschreitung der Messwerte am zweiten Messtag ein gesunder Schlaf noch erfolgen könne, er es jedoch für möglich halte, dass empfindliche Menschen im Schlaf gestört werden würden, könne hieraus eine Erschütterung der Indizwirkung nicht abgeleitet werden. Dahingehend habe der Sachverständige eine besondere Belastung eines Durchschnittsmenschen gerade nicht bejaht. Den Aussagen der Zeugen D 1 und D 2 sowie E, die eine massive Störung in der Nachtruhe bestätigt hätten, könne nicht gefolgt werden, weil der Aussage des Zeugen N, der direkt über der Gaststätte wohne und sich nicht von dem Lärm gestört fühle, nicht weniger Glauben geschenkt werden könne. Auch wenn in eine Gesamtbetrachtung einfließen müsse, dass die Grenzwerte nur knapp eingehalten worden seien und die Immissionen an den Wochenenden zur Nachtzeit auftreten würden, müsse ebenfalls die Lage der Immobilien im Kerngebiet des innerstädtischen Bereichs umgeben von zahlreichen störenden Gewerbebetrieben direkt an einer Hauptverkehrsstraße und nahe der I-Straße gesehen werden. Im Übrigen könnten die Kläger - wie der Sachverständige ebenfalls ausgeführt habe - selbst Maßnahmen, wie die Installation schallgedämpfter Fenster, die Verlegung der Schlafräume von der Hofseite zur Straßenseite, treffen, um den von der Gaststätte ausgehenden Lärm abzuschirmen.

(c)

Das Landgericht hat dabei zwar gesehen, dass ein Richter im Falle der Einhaltung der Grenzwerte gleichwohl von den Parteien vorgetragene Einzelfallgesichtspunkte wertend zu berücksichtigen hat. Da nämlich den Grenzwerten nur eine indizielle Wirkung zukommt, folgt aus einer Überschreitung der Grenzwerte für sich allein noch keine Wesentlichkeit der Beeinträchtigung, mag diese auch naheliegen (vgl. BeckOK/Fritsche, BGB, Stand: 15.06.2017, § 906 Rdnr. 44; vgl. auch BGH NJW 2001, 3119). Das gilt ebenso umgekehrt bei einem Unterschreiten der Grenzwerte. Um all diese Umstände würdigen zu können, ist der Tatrichter allerdings insbesondere in Grenzbereichen dazu gehalten, sich durch einen Ortstermin - gegebenenfalls über die Einholung eines Sachverständigengutachtens hinaus - einen eigenen Eindruck von Art und Intensität des Lärms zu verschaffen (vgl. BGH NJW 1993, 1656; BGH NJW 1992, 2019; BGH NJW 2001, 3119).

(d)

Gerade in dem vorliegenden Einzelfall hätte es sich für das Landgericht aufdrängen müssen, sich einen persönlichen Eindruck durch eine Inaugenscheinnahme zu verschaffen, was verfahrensfehlerhaft unterblieben ist. Selbst wenn nach den (bislang) von dem Sachverständigen T durchgeführten Messungen davon ausgegangen werden würde, wie es das Landgericht getan hat, dass die Werte der TA Lärm nicht überschritten werden würden, hätten unter anderem die divergierenden Zeugenaussagen, die das Landgericht als non liquet - entgegen der Auffassung der Kläger dürfte das Landgericht sich damit nicht auf die Aussage des Zeugen N gestützt haben - zum Nachteil der mit Blick auf die Erschütterung der Indizwirkung darlegungs- und beweisbelasteten (vgl. BeckOK/Fritsche, BGB, Stand: 15.06.2017, § 906 Rdnr. 95) Kläger gewertet hat, sowie die Ausführungen des Sachverständigen in der öffentlichen Sitzung des Landgerichts vom 05.07.2016, er habe selbst die Geräuschimmissionen als störend empfunden, dem Landgericht für die Durchführung eines Ortstermins Anlass geben müssen, wie es die Kläger bereits in erster Instanz wiederholt in ihren Schriftsätzen vom 25.08.2015 und 25.04.2016 geltend gemacht haben.

Dieser Verfahrensmangel ist auch wesentlich, da das Unterbleiben der Durchführung des Ortstermins das Verfahren nicht mehr als ordnungsgemäße Grundlage der erstinstanzlichen Entscheidung erscheinen lassen kann (vgl. schon: RG RGZ 37, 248) und dieser Verfahrensmangel möglicherweise zu einer Verkürzung des Vorbringens der Kläger in der Vorinstanz geführt hat (siehe hierzu: Münchener Kommentar/Rimmelspacher, ZPO, 5. Auflage, 2016, § 538 Rdnr. 31), was sich bereits daraus ergibt, dass sich das Landgericht im Wege der notwendigen Inaugenscheinsannahme selbst kein Bild von der konkreten Situation gemacht hat. Hieraus resultierend hat sich das Landgericht unter anderem auch nicht näher mit den tieffrequenten Bassimpulsen befasst, die der Sachverständige T als untypisch für das gegebene Kerngebiet bezeichnet hat und auch die Zeugen als besonders störend empfunden haben.

b)

Dieser Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens macht eine umfangreiche und aufwendige Beweisaufnahme notwendig. Dabei kann offenbleiben, ob die nunmehr erforderliche Durchführung eines Ortstermins bereits einen Aufwand zur Folge hätte, nach dem von einer umfangreichen oder aufwendigen Beweisaufnahme auszugehen wäre. Denn zur Überzeugung des Senats, die sich im Rahmen der Anhörung des Sachverständigen in der öffentlichen Sitzung des Senats vom 10.10.2017 bestätigt hat, sind nämlich auch weitere Feststellungen durch den Sachverständigen geboten.

aa)

Die von dem Sachverständigen an den beiden Messtagen - an einem Tag innerhalb und an einem anderen Tag außerhalb der Wohnung der Kläger - ermittelten Werte liegen teilweise nur knapp unter den Grenzwerten der TA Lärm. Bereits bei seiner Anhörung in der öffentlichen Sitzung des Landgerichts vom 05.07.2016 hat der Sachverständige erklärt, er könne nicht ausschließen, dass bei einer "Reihenmessung" eventuell auch Messwerte oberhalb der Grenzen hätten gemessen werden können. Diese Beurteilung hat der Sachverständige T in der öffentlichen Sitzung des Senats vom 10.10.2017 bestätigt, nachdem die Kläger klargestellt hatten, dass ihr Vortrag auch dahin zu verstehen sei, dass an anderen Tagen insbesondere innerhalb der Wohnung der Kläger auch Werte oberhalb des Grenzwertes von 25 dB (A) gemessen werden könnten. Hiernach sind nach Auffassung des Senats noch weitere Messungen durch den Sachverständigen erforderlich, um beurteilen zu können, ob die Grenzwerte nicht nur punktuell, sondern grundsätzlich nicht überschritten werden.

b)

Falls sodann Zweifel verbleiben sollten, ob die Werte innerhalb der Vorgaben der TA Lärm liegen würden, dürfte nach Ansicht des Senats der Beklagte die Beweislast für eine Einhaltung der Werte der TA Lärm tragen, weil grundsätzlich der Störer darlegen und beweisen muss, dass sich eine Beeinträchtigung nur als unwesentlich darstellt (vgl. BGH NJW 2004, 1317; siehe auch Münchener Kommentar/Brückner, BGB, 7. Auflage, 2017, § 906 Rdnr. 219). Wenn sich nach der Durchführung weiterer Messungen herausstellen sollte, dass die Werte der TA Lärm eingehalten oder auch nicht eingehalten werden, müsste die Partei, gegen die danach die Indizwirkung des § 906 Abs. 1 S. 2, 3 BGB sprechen würde, darlegen und beweisen, dass Besonderheiten gegeben wären, die eine andere Bewertung rechtfertigen würden (vgl. BGH NW 2004, 1317).

Ob das Landgericht auch noch den von den Klägern erstmals in der zweiten Instanz für das Vorliegen massiver Lärmstörungen benannten Zeugen Ulrich Schäfer, den der Senat vorsorglich zu seiner öffentlichen Sitzung vom 10.10.2017 geladen, aber dann nicht mehr gehört hat, zu vernehmen hätte, wäre sodann ebenfalls noch vom Landgericht zu erwägen.

c)

Im Ergebnis rechtfertigt sich daher die Zurückverweisung daraus, dass die angefochtene Entscheidung auf dem beschriebenen Verfahrensfehler beruht, weil nicht auszuschließen ist, dass insbesondere nach Durchführung eines Ortstermins und Vornahme weiterer Messungen durch den Sachverständigen das Landgericht eine andere, für die Kläger günstigere Entscheidung getroffen hätte. Der Senat hat dahingehend das ihm in § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO eingeräumte Ermessen ausgeübt.

II.

Die Kostenentscheidung war dem Landgericht vorzubehalten (vgl. Münchener Kommentar/Rimmelspacher, ZPO, 5. Auflage, 2016, § 538 Rdnr. 78; Münchener Kommentar/Schulz, ZPO, 5. Auflage, 2016, § 97 Rdnr. 17). Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit war in dieser nicht vermögensrechtlichen Streitigkeit mangels vollstreckungsfähigen Inhalts dieses Urteils nicht veranlasst.

III.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).