LG Duisburg, Urteil vom 14.01.2019 - 22 O 45/17
Fundstelle
openJur 2020, 632
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenientin, die diese selbst zu tragen hat.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Nebenintervenientin beauftragte die Klägerin mit dem Binnenschiffstransport von ca. 1.530,20 Tonnen Blechabfällen und Scherenschrott von I nach O, G. Die Klägerin beauftragte ihrerseits die Beklagte zu 1) mit der Durchführung des Transportes mit Ladetermin am 3.6...#/...6.2016 in I und Löschtermin in O am 13.6.2016 gemäß der Bestätigung vom 25.5.2016 (Bl. 14 GA). Dabei heißt es in dieser Bestätigung u.a. wie folgt:

"Für grenzüberschreitende Binnenschifftransporte gelten die Bestimmungen des CMNI in Verbindung mit den internationalen Verlade- und Transportbedingungen (IVTB) ..."

Mit Abschlussbestätigung vom 25.5.2016 (Bl. 15 GA) bestätigte die Klägerin daraufhin den erteilten Auftrag zu einem Frachtsatz von 12,10 Euro pro Tonne. Weiterhin heißt es in dieser Abschlussbestätigung wie folgt:

"Wir arbeiten bei Binnenschifffahrtstransporten ausschließlich auf der Grundlage der internationalen Verlade- und Transportbedingungen (IVTB)."

Nachdem die "K", die in den beiden vorgenannten Schreiben als Schiff bezeichnet war und deren Eigentümerin die Beklagte zu 2) ist, planmäßig zum Laden in I vorgelegt und nach erfolgter Ladung ihre Fahrt zum Bestimmungsort begonnen hatte, teilte der Schiffsversicherer mit E-Mail vom 10.6.2016 (Bl. 108 GA) u.a. dem Ladungsversicherer mit, dass das Motorschiff in M auf der Mosel mit einem schweren Schraubenschaden liege; das Schiff habe einen Gegenstand durch den Schrauben bekommen und könne nicht (gegen den Strom) die Mosel hochfahren; möglicherweise könne das Schiff noch mehr oder weniger zu Tal treiben und in X gelöscht werden; der Ladungseigner solle entscheiden, ob er das machen wolle; man bitte um schnellen Kontakt.

Dabei ist zwischen den Parteien jedenfalls unstreitig, dass insoweit Einsatzfähigkeit der GMS "K" eingeschränkt war.

Nach weiterer E-Mail-Korrespondenz (Bl. 109 ff. GA) teilte der Versicherer des Schiffes mit E-Mail vom 13.6.2016 u.a. gegenüber der Klägerin mit (Bl. 16 GA), dass die Nummer den schon benannten Experten M gegeben worden sei: diese würden bestätigen, dass ein Weiterfahren nach Frankreich ausgeschlossen sei; entweder man solle vor Ort löschen (was sehr schwierig und teuer sein würde) oder das Schiff stolpere nach L; man bitte um kurzfristige Mitteilung von U, wie man weiter verfahren solle.

Mit weiterer E-Mail vom gleichen Tag (Bl. 112) des Schiffversicherers bat man um eine Entscheidung seitens des Ladungseigners vor 15.00 Uhr, was mit der Ladung geschehen solle; nach Ablauf dieser Frist "wird den K selbst Maßnahmen treffen die Ladung auf Kosten des Schiffseigners auszuladen. Auch die Wartezeit des Schiffes wird dann in diesem Fall in Rechnung gestellt. (...)".

Gemäß E-Mail vom 14.6.2016 (Bl. 17 GA) entschied die Nebenintervenientin daraufhin vorbehaltlich der Kosten, die Ladung in L löschen zu lassen. Mit Schreiben vom gleichen Tage (Bl. 318 GA) erklärte sie zudem ihr Einverständnis mit dem Bugsierein des Schiffes MS K nach L sowie der dort zu erfolgenden Löschung der an Bord befindlichen Ladung unter Vorbehalt aller Rechte aus dem Frachtvertrag. Weiterhin heißt es in diesem Schreiben wie folgt:

"Diese Erklärung erfolgt ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage. Mit dieser Erklärung ist keine Kostenübernahme verbunden. Es bleiben Schadensersatzansprüche wegen Verlust, Beschädigung und gegebenenfalls Lieferfristüberschreitung im Zusammenhang mit dem Ausladen, gegebenenfalls Zwischenlagern, Einladen und Weitertransport mit der MS K oder einem anderen Schiff vorbehalten."

In der Folge wurde sodann die Ladung ausweislich der Entladebescheinigung vom 17.6.2016 (Bl. 18 GA) in L gelöscht.

Zusätzlich musste bei der Löschstelle von MS K ein Öl-Wasser-Gemisch abgepumpt werden, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob der Laderaum mit Öl verunreinigt oder die Ladung selbst mit Ölresten verschmutzt gewesen war.

Als Ersatzschiff legte die Beklagte zu 1) nach Rücksprache mit der Klägerin das dieser bekannte MS "U" mit einer Ladekapazität von 2.350 Tonnen vor. Tatsächlich konnte dieses Schiff jedoch nur 1.253,486 Tonnen an Ladung übernehmen, weil es entweder aufgrund der an der Verladestelle in L nicht vorhandenen Verdichtungsmöglichkeiten für den Schrott nicht möglich war, diese Kapazitäten voll zu nutzen oder die MS "U" in L anders beladen wurde, als die MS "K" in I beladen worden war.

Die restlichen 285,538 Tonnen der Ladung wurden sodann mit der MS "S" transportiert.

Die Beklagte zu 1) hat die der Klägerin zunächst in Rechnung gestellten Frachtkosten über 22.526,32 € für den Transport von I nach G storniert und der Klägerin gutgeschrieben (Bl. 60 f. GA). Stattdessen berechnete sie der Klägerin die Kosten für die Distanzfracht I mit 13.547,70 € gemäß der Rechnung vom 28.6.2016 (Bl. 21 GA) nebst der Anlage 1 "Berechnung Distanzfracht" (Bl. 387 GA). Außerdem stellte die Beklagte zu 1) der Klägerin die Kosten für den Ersatztransport von L nach O mit MS "U" mit 18.469,86 € und mit MS "S" mit 4.274,83 € in Rechnung (Bl. 63 f. GA).

Im Juli 2016 zahlte die Klägerin sodann sämtliche Rechnungsbeträge.

Gemäß Schreiben vom 3.11.2016 (Bl. 22 ff. GA) nahm die Streithelferin die Klägerin im Hinblick auf Schäden und Mehrkosten insbesondere durch Entsorgung des Öl-Wasser-Gemisches in Höhe von 83.825,59 € in Anspruch. Daraufhin hielt die Klägerin die Beklagte zu 1) mit E-Mail vom 15.11.2016 (Bl. 26 GA) für alle aus dem Transport entstandenen Schäden haftbar, was seitens der Beklagten zu 1) jedoch abgelehnt wurde.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1) Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 14.179,46 € im Hinblick auf die von ihr geleisteten Zahlungen, den sie in der Weise berechnet, dass sie von einer Gesamtzahlung (37.705,78 €) einen Betrag in Höhe von 23.526,32 € als vereinbarte Fracht in Abzug bringt; sie trägt vor, das wegspezifische Hindernis, das angeblich Treibholz die Schiffschraube beschädigt und zu einem Abbruch der Reise geführt haben soll, falle in den Risikobereich des Frachtführers; ein angeblicher Schraubenschaden sei kein "Zufall" im Sinne dieser Bestimmung; allein durch diesen angeblichen Schraubenschaden sei die Fortsetzung der Reise nicht verhindert worden, sondern lediglich der Weitertransport mit MS "K"; durch ein anderes Schiff, das von der Beklagten zu 2) hätte organisiert werden müssen, wäre der Weitertransport zum Empfänger ohne weiteres möglich gewesen, wie die vom Absender daraufhin veranlassten Maßnahmen gezeigt hätten, zu deren Einleitung dieser durch das rechtswidrige und vertragswidrige Verhalten der Beklagten zu 2) gezwungen worden sei, um den Eintritt größerer Schäden zu verhindern. Die Beklagte zu 2) sei schon nicht berechtigt gewesen, einseitig die Beendigung der Reise zu erklären; dem entspreche auch die Regelung des Artikel 3 CMNI, wonach selbst bei einem gewählten bestimmten Transportmittel eine Umladung in ein anderes Beförderungsmittel gestattet sei; da die Reise somit trotz der rechtswidrigen Erklärung der Beklagten zu 2) tatsächlich nicht beendet gewesen sei, könne die Beklagte zu 1) auch keine Distanzfracht beanspruchen; für den zurückgelegten Teil der Beförderung habe andererseits keinerlei Interesse bestanden; im Gegenteil: durch den von der Beklagten zu 2) erzwungenen Umschlag und die Zwischenlagerung sei es zu erheblichen - unter Vorbehalt - gezahlten Mehrkosten die die vereinbarte Fracht bei weitem überstiegen hätten und zu einer erheblichen zeitlichen Verzögerung des vereinbarten Löschtermins um mehr als zwei Wochen geführt hätten, gekommen.

Die Nebenintervenientin trägt vor, die IVTB seien nicht wirksam in den zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. geschlossenen Vertrag einbezogen worden. Darüber hinaus seien § 13 Ziff. 3 und 4 IVBT unwirksam; die Beklagte zu 1) sei daher nicht berechtigt gewesen, den Transport zu beenden, sondern vielmehr verpflichtet, den ursprünglichen Transport mit MS K wie geschuldet zu Ende durchzuführen und für alle in ihren Risikobereich fallenden Kosten selbst aufzukommen; dies betreffe insbesondere die Kosten für die Ersatzbeförderung des Transportgutes mit den Schiffen MS U und MS S. Der Rückzahlungsanspruch ergebe sich aus § 812 BGB; das Reisehindernis habe klar im Risikobereich des Frachtführers gelegen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an sie 14.179,46 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte zu 1. und 2. als Gesamtschuldner verpflichtet sind, die Klägerin von allen Ansprüchen der Ladungseigentümerin und B GmbH & D KG bezüglich des Transportauftrages vom 15.5.2016 von Blechabfall und Scherenschrott von I nach O mit Löschtermin am 13.6.2016 freizustellen, die daraus resultieren, dass das von der Beklagten zu 1. eingesetzte GMS "K" der Beklagten zu 2. infolge einer Havarie des Transportauftrages nicht ordnungsgemäß durchgeführt hat und dadurch Mehrkosten, insbesondere durch den Einsatz zwei weiterer Schiffe zwecks Ersatzbeförderung entstanden sind.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie tragen vor, während der Fahrt der MS "K" sei am 9.6.2016 gegen 19.30 Uhr in der Schleuse bei M im Bereich der unteren Mosel Treibholz in die Heckschraube mit der Folge der vorzeitigen Beendigung der Reise geraten; die Schraube sei noch am Abend von einem Taucher, dem als Zeugen benannten Herrn L, untersucht worden, der einen Propellerschaden festgestellt habe; von der Schiffsschraube sei ein Schraubenblatt an der Spitze nach hinten gebogen gewesen, so dass die Fahrt stromaufwärts nicht habe fortgesetzt werden können. In diesem Zusammenhang ist beklagtenseits ein Sachverständigenbericht (Bl. 54 ff. GA) zur Gerichtsakte gereicht worden.

Die Beklagte zu 1) könne die Distanzfracht nach § 13 Ziff. 4 IVTB verlangen; für eine Erstattung von Lösch- und Entsorgungskosten von Waschwasser und Niederschlag gebe es im vorliegenden Fall keine Rechtsgrundlage.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten und zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) keinen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 14.179,46 € gemäß der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage des § 812 Abs. 1 Satz 1 erste Alternative BGB.

Dass der von der Klägerin im Hinblick auf den Transport der streitgegenständlichen Ware von I nach O geleistete Gesamtbetrag in Höhe von 14.179,46 € ohne Rechtsgrund erfolgt ist, steht nicht fest.

1.)

Jedenfalls aus Gründen der Beweislast ist davon auszugehen, dass sich ein Anspruch im Hinblick auf die Kosten für die Distanzfracht in Höhe von 13.547,70 € aus § 13 Abs. 4 IVTB ergibt, so dass dahinstehen kann, ob ein entsprechender Anspruch auch aus § 420 Abs. 2 Satz 2 HGB folgen würde.

a)

Die IVBT, bei denen es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, sind wirksam in den zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) geschlossenen Vertrag einbezogen worden.

Maßgeblich ist insoweit das deutsche Recht, da das CMNI selbst keine Regelungen über einen Vertragsschluss enthält (vgl. Koller, Transportrecht, 8. Aufl., 2013, vor Artikel 1 CMNI, Rn. 3).

Auf der Grundlage des deutschen Rechtes sind die IVTB wirksam in den streitgegenständlichen Vertrag einbezogen. Die Klägerin hat auf dieses Regelwerk selbst in ihrer "Abschlussbestätigung" vom 25.5.2016 hingewiesen. Soweit dort die Wendung "wir arbeiten" aufgeführt ist und die Nebenintervenientin darauf hinweist, dass die Klägerin im Verhältnis zur Beklagten zu 1. keinen Binnenschifffahrtstransport durchgeführt hat, ist dies unerheblich.

Denn im Verhältnis zur Beklagten zu 1) ist die Klägerin Absenderin im Sinne von Artikel 1 Nr. 4 CMNI. Die IVBT enthalten aber, wie etwa in § 5 auch Regelungen, die den Absender betreffen. Dann kann die Wendung "wir arbeiten bei Binnenschifffahrtstransporten ausschließlich auf der Grundlage der internationalen Verlade- und Transportbedingungen (IVTB)" aber nicht anders verstanden werden, als dass sich auch die Klägerin, als Absenderin, auf diese Klauseln berufen will.

Da Entsprechendes im Hinblick auf die Anlage K 2 (Bl. 14 GA) auch für die Beklagte zu 1) zutrifft, sind die §§ 305 ff. von vornherein unabwendbar (vgl. nur Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., 2016, § 305, Rn. 13; Staudinger/Schlosser, BGB, Neubearbeitung 2013, § 305 BGB, Rn. 31).

Schon vor diesem Hintergrund kann dann aber auch von keiner Unwirksamkeit von § 13 Abs. 4 IVBT nach § 307, 309 BGB ausgegangen werden.

Soweit § 13 Abs. 4 IVBT eine Abweichung von den § 420 HGB enthält, ist dies unerheblich, denn bei dieser Norm handelt es sich um keine AGB-festen Vorschrift im Sinne von § 449 Abs. 1 Satz 1 HGB.

Sie betrifft letztlich die Frage eines Vergütungsanspruchs.

b)

Die Voraussetzungen von § 13 Abs. 4 IVBT liegen vor.

Nach dieser Vorschrift tritt der Frachtvertrag außer Kraft, wenn nach dem Antritt der Reise die Fortsetzung desselben durch Zufall oder durch Umstände verhindert wird, die der Frachtführer nach diesen Verlade- und Transportbedingungen nicht zu vertreten hat. Die Kosten des Wiederausladens und die Fracht für den zurückgelegten Teil der Reise (Distanzfracht) trägt dann der Absender.

(1)

Dass die Voraussetzungen von § 13 Abs. 4 IVBT als Rechtsgrund für die geleistete Distanzfracht nicht vorliegen, hatte dabei die Beklagte zu beweisen.

(a)

Grundsätzlich ist das Fehlen eines rechtlichen Grundes vom Bereicherungsgläubiger, hier also der Klägerin zu beweisen (BGH, NJW, 1985, 662; NJW 2011, 2130).

Soweit sich die Klägerseite vorliegend auf einen bei einer Leistung erklärten Vorbehalt beruft, führt dies zu keiner anderen Betrachtung (vgl. BGH, NJW-RR, 1992, 1214, 1216; BeckOK/Wendehorst, BGB, § 812 BGB, Rn. 282). Soweit etwas anderes gelten soll, wenn der Schuldner nur unter Zwang oder Vermeidung eines empfindlichen Übels leistet (BGH, NJW, 2011, 212, 213), ist Derartiges nicht ersichtlich.

Aus der beklagtenseits als Anlagen B 1/6 und B 1/7 vorgelegten Korrespondenz (Bl. 170 ff. GA) ergibt sich, dass Löschungstermin hinsichtlich der MS D der 7.7.2016 und hinsichtlich der MS U der 24.6.2016 sein sollte.

Nach eigenem klägerischen Vortrag wurden die insoweit beklagtenseits erstellten Rechnungen am 19.7.2016, also nach der Löschung überwiesen. Zur Vermeidung welches empfindlichen Übels die Zahlungen daher geleistet worden sein sollen, ist daher nicht erkennbar.

(b)

Soweit der Bereicherungsschuldner, hier also die Beklagte zu 1), im Sinne einer gesteigerter sekundärer Darlegungslast die Umstände darlegen muss, aus denen er ableitet, das Erlangte behalten zu dürfen, so dass der Gläubiger dann nur nachweisen muss, dass die vom Schuldner vorgebrachten Rechtsgründe nicht bestehen (vgl. BGH, WM, 2015, 1704, Rn. 21; Palandt Sprau, BGB, 75. Aufl., 2016, § 812 BGB, Rn. 76) ist die Beklagtenseite dem nachgekommen.

Insoweit hat sie substantiiert unter Vorlage eines Privatgutachtens vorgetragen, dass die MS "K" während der Fahrt am 9.6.2016 gegen 19.30 Uhr in der Schleuse bei M im Bereich der unteren Mosel in Treibholz geriet, das sich in der Heckschraube verfing; die Schraube sei noch am Abend von einem Taucher, dem als Zeugen benannten Herrn L untersucht worden, der einen Propellerschaden festgestellt habe; von der Schiffsschraube sei ein Schraubenblatt an der Spitze nach hinten gebogen, so dass die Fahrt stromaufwärts habe nicht fortgesetzt werden können.

(c)

Auf der Grundlage dieses Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen von § 13 Abs. 4 IVTB vorliegen.

(aa)

Dass die Fahrt mit der MS "K" stromaufwärts nicht fortgesetzt werden konnte, sondern die Ladung in L gelöscht wurde, stellt eine Verhinderung der Fortsetzung der streitgegenständlichen Schifffahrt im Sinne dieser AGB dar.

Darauf, ob der Ladungstransport nach O anderweitig fortgesetzt werden konnte, kommt es nicht an. Dies folgt aus einer Auslegung von § 13 Abs. 4 IVTB.

Dort ist nämlich gerade nicht von einer dauerhaften Verhinderung im Sinne einer Unmöglichkeit die Rede. Darauf, dass Artikel 3 CMNI selbst bei einem gewählten bestimmten Transportmittel eine Umladung in ein anderes Beförderungsmittel gestattet, wenn ein Beförderungshindernis vorliegt (vgl. Koller, TransportR, 75. Aufl., 2016, Artikel 3 CMNI, Rn. 5) kann es dann aber genauso wenig ankommen wie auf den Umstand, dass der Eintritt der Unmöglichkeit nach den frachtrechtlichen Regelungen gegenüber dem Unmöglichkeitszeitpunkt bei Anwendbarkeit der allgemeinen Bestimmungen hinausgeschoben ist: Dem Verfügungsberechtigten soll im Fall von Hindernissen vorrangig die Möglichkeit bleiben, die Leistungspflicht des Frachtführers durch Weisungen auszuweiten und die Vertragsbeziehung so durch Umgestaltung "ungestört" zu erhalten, wobei für den Fall des vorzeitigen Beförderungsendes § 420 Abs. 2 zweiter Halbsatz HGB eine Sonderregelung gilt (Staub/Schmidt, HGB, 5. Aufl., 2014, § 420 HGB, Rn. 19). Denn hierauf stellt Artikel 13 Abs. 4 IVTB gerade nicht ab.

Dies zeigt insbesondere auch die Regelung in § 13 Abs. 3 IVBT.

Dort ist nämlich bestimmt, dass im Fall einer dauerhaften Verhinderung des Antrittes einer Reise der Frachtvertrag außer Kraft tritt. Als eine dauernde Verhinderung ist es dabei insbesondere anzusehen, wenn das Schiff, mit dem die Beförderung durchgeführt werden soll, derart beschädigt wird, dass die Reise nicht ohne eine umfassende Ausbesserung des Schiffes angetreten werden kann (§ 13 Abs. 3 a IVBT).

Wenn danach aber die fehlende Möglichkeit eines Transportes mit dem dafür vorgesehenen Schiff eine dauernde Verhinderung darstellt, so dass der Vertrag außer Kraft tritt, obwohl grundsätzlich auch in diesem Fall, eine Weisung im vorgenannten Sinne möglich wäre, muss § 13 Abs. 4 IVBT in dessen Rahmen die Verhinderung nicht einmal dauernd sein muss, erst recht gelten.

(bb)

Es kann dahinstehen, ob es sich bei dem Umstand, dass in der Schleuse Treibholz in die Eckschraube geraten ist und einen Propellerschaden verursachte um Zufall im Sinne von § 13 Abs. 4 IVBT handelt.

Für eine solche Sichtweise spricht allerdings, dass der BGH in seinem Urteil vom 22.6.2011, Aktenzeichen 1 ZR 108/10 Ausführungen zu von außen wirkenden unvorhersehbaren und nicht beherrschbaren Störungsursachen, die nicht dem Frachtführer zugerechnet werden könnten gemacht hat (Rn. 15, zitiert nach Juris) und als Beispiele sogar Hoch- oder Niedrigwasser, Eisgang oder Sturm genannt hat. Dann spricht nach Auffassung des Gerichts aber viel dafür, dass ein Treibholz, das in eine Schraube gelangt ist, erst recht einen solchen Umstand darstellt. Denn, dass ein solcher Vorfall bei Abschluss des streitgegenständlichen Vertrages konkret und nicht lediglich abstrakt vorhersehbar war (vgl. OLG Karlsruhe, TransportR, 2002, 348, 450) ist nicht ersichtlich. Besteht aber keine besondere Parteiabsprache und ergibt sich aus den Umständen des Einzelfalles keine Besonderheit, darf ein (Ideal)Absender die vertragliche Erklärung des Frachtführers nicht so verstehen, dass dieser seinem Risikobereich auch solche Hindernisse zugeordnet wissen wollte, auf die er keinen Einfluss hat (vgl. Staub/Schmidt, HGB, 5. Aufl., 2014, § 419 HGB, Rn. 53).

Es liegt aber nahe, nicht dem Risikobereich des Frachtführers zuzuordnende Hindernisse als zufällig im Sinne von § 13 Abs. 4 IVTB anzusehen.

(cc)

Jedenfalls steht ein Umstand in Rede, den der Frachtführer nach dem IVTB nicht zu vertreten hat.

Insoweit ergibt sich aus § 15 Nr. 2 a IVTB für eventuelle Navigationsfehler nicht einzustehen hätte. Hierzu zählen sämtliche Schiffsmanöver, Ruder-Maschinenkommandos, das Absetzen des Kurses, die Besetzung des Ausgucks, die Standortbestimmung, das Hinzuziehen von Lotsen, die Beobachtung des Radars, die Signalgebung sowie die Beachtung der Vorschriften des Seestraßenrechts (BGH, NJW-RR, 2007, 321, 324), also auch das Verhalten beim hier streitgegenständlichen Vorgang in der Schleuse.

Für ein sonstiges Verhalten, das die Beklagte zu 1) nach dem IVTB im Hinblick auf den von ihr behaupteten Propellerschaden zu vertreten hätte, ist zudem weder etwas vorgetragen, noch ist dies sonst wie ersichtlich.

(2)

Das Vorliegen eines Sachverhaltes, der vom vorgenannten Beklagtenvortrag abweicht hat die Klägerin jedenfalls nicht unter Beweis gestellt.

(3)

Es steht auch nicht fest, dass der klägerseits bezahlte Distanzfrachtanspruch der Höhe nach nicht bestand.

Insoweit hat die Beklagte zu 1) mit Schriftsatz vom 18.7.2018 unter Vorlage der bis zu diesem Zeitpunkt fehlenden Anlage "Berechnung der Distanzfracht" mit Schriftsatz vom 18.7.2018 substantiiert vorgetragen.

Soweit sich die Klägerin hiergegen mit der Argumentation wendet, die Fracht sei nach Zeitaufwand bemessen, so dass Kostenfaktoren keine Rolle spielen könnten, trifft dies nicht zu. Ausweislich der Abschlussbestätigung der Klägerin wurde eine Fracht vielmehr pro Tonne vereinbart, worauf die Beklagtenseite zutreffend hinweist.

2.)

Ist gemäß dem Vorgesagten davon auszugehen, dass im Hinblick auf den Propellerschaden an dem Boot MS "K" gemäß § 13 Abs. 4 IVTB der Transportvertrag beendet wurde, hat die Beklagte zu 1) im weiteren Verlauf unstreitig im Auftrag der Klägerin die streitgegenständliche Ladung mit den Schiffen MS "U" und MS "S" zu dem Zielhafen O transportiert.

Dann steht ihr. aber auch ein entsprechender Frachtlohnanspruch zu.

Der klägerseits geäußerte Wunsch, den Transport mit den vorgenannten Schiffen fortzusetzen, stellte sich aus Sicht des insoweit maßgeblichen objektiven Empfängerhorizontes gemäß § 133, 157 BGB angesichts des nach dem Vorgesagten zuvor beendeten ursprünglichen Vertrages nämlich als Angebot auf Abschluss eines weiteren Frachtvertrages dar, dass die Beklagte zu 1) jedenfalls durch die tatsächliche Durchführung des Transportes mit den vorgenannten Schiffen angenommen hat.

Die Richtigkeit des insoweit in Ansatz gebrachten Frachtlohnes als solchen steht zwischen den Parteien nicht in Streit.

Eine Kürzung des Anspruchs in analoger Anwendung von Artikel 8 Abs. 1 Satz 1 CMNI unter Berücksichtigung des heranzuziehenden § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 14.2.2018, 12 U ...#/...) scheidet genauso aus, wie unter dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruches der Klägerin wegen Verletzung vertraglicher Pflichten durch die Beklagte zu 1) gemäß § 280 BGB, der anwendbar wäre, soweit nicht gerade die in Artikel 21 CMNI geregelten Fälle betroffen sind (vgl. zur Parallelproblematik im Rahmen des CMR Staub/Reuschle, HGB, 5. Aufl., 2017, Artikel 17 CMR, Rn. 259).

Dass die Beklagte zu 1) unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Klägerin verletzt hat, ist nicht ersichtlich. Dass die MS "U" nach ihrer Tragfähigkeit und Laderaumkapazität durchaus geeignet gewesen wäre, die Gesamtmenge an Schrott zu befördern, räumt die Klägerin selbst in ihrem Schriftsatz vom 2.8.2018 ein.

II.

Der von der Klägerin gestellte Feststellungsantrag ist bereits unzulässig.

1.)

Da keine absoluten Rechte der Klägerin verletzt sind, bestände das erforderliche Feststellungsinteresse nur, wenn wenn das Vorliegen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs überwiegend wahrscheinlich wäre (vgl. BGH, NJW, 2006, 830, 832; MDR, 2014, 1341).

2.)

Dies ist hier nicht der Fall, worauf das Gericht in seinem Hinweisbeschluss vom 24.1.2018 hingewiesen hat.

Insbesondere ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Klägerin gegen die Beklagten ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB zusteht.

a)

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass keine Pflichtverletzung im Hinblick darauf, dass der Transport nach dem Schadensfall K betreffend für beendet erklärt wurde, vorliegt.

b)

Dass der Laderaum der MS "K" mit Öl verschmutzt war, ist beklagtenseits bestritten worden. Hiervon ist aus Gründen der Beweislast auch nicht auszugehen, da im Rahmen von § 280 Abs. 1 BGB die Klägerin für das Vorliegen einer Pflichtverletzung beweisbelastet ist.

Lag eine Verschmutzung der Ware selbst vor, regelt § 18 IVBT, dass der Absender verpflichtet ist, dem Frachtführer die Schäden zu ersetzen, die verursacht werden durch das vom Absender zur Verfügung gestellte Material.

c)

Inwieweit die Beklagten anderweitige Pflichten die die von der Nebenintervenientin gegenüber der Klägerin geltend gemachten Ansprüche rechtfertigen könnten, verletzt haben ist nicht erkennbar. Der lediglich allgemein gehaltene Vortrag, durch die starken Regenfälle der vorangegangenen Tage habe sich im Rumpf des Schiffes Wasser angesammelt, genügt nicht.

Auch der Hinweis auf Artikel 3 Ziff. 6 CMNI führt nicht weiter. Dass die Güter auf Deck transportiert wurden und es sich bei der MS K um ein offenes Schiff gehandelt hat, ist nicht ersichtlich. Abgesehen davon wäre diese Vorschrift ohnehin irrelevant, wenn der Absender selbst das Gut an Deck oder in ein offenes Schiff verlädt (Koller, Transportrecht, 8. Aufl., 2013, Art. 4 CMNI, Rn. 7). Vorliegend wurde aber die Verladung gerade von der Nebenintervenientin vorgenommen, wie die Beklagte zu 1) unwidersprochen mit Schriftsatz vom 18.7.2018 vorgetragen hat. Hierzu war gemäß § 4 Abs. 4 IVTB der Absender auch verpflichtet.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert:

Gegenüber der Beklagten zu 1) : 98.005,05 €,

gegenüber der Beklagten zu 2) : 83.825,59 €

L3