OLG München, Endurteil vom 14.02.2019 - 6 U 2188/18
Fundstelle
openJur 2020, 70261
  • Rkr:
Tenor

I.

Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München II vom 20.04.2018, Az. 12 O 4218/17 werden jeweils zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.

Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

IV.

Das Urteil ist in Ziff. II. vorläufig vollstreckbar. Das Urteil des Landgerichts München II vom 20.04.2018, Az. 12 O 4218/17, wird ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite jeweils vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

I.

Der Kläger macht gegenüber der Beklagten wettbewerbsrechtliche Ansprüche auf Unterlassung und Kostenerstattung geltend, wegen angeblichen Verstoßes gegen die Bestimmungen des Ladenschlussgesetzes durch das Anbieten und den Verkauf von Backwaren an Sonn- bzw. Feiertagen. Die Beklagte begehrt gegenüber dem Kläger im Wege der Widerklage die Erstattung der Kosten für die vorgerichtliche Beauftragung ihres Rechtsanwalts.

Bei dem Kläger handelt es sich um die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs.

Die Beklagte stellt Brot-, Back- und Konditoreiwaren her und vertreibt diese in Filialen in M., zumindest in der T. Straße ... und in der P.straße ... Eine weitere Bäckerei-Verkaufsstelle in der A.straße ... in M. wird auf der Internetseite der Beklagten (Anlage K 20) als Filiale von "R. " aufgeführt (Anlage K 1, Seite 9 und K 20), wobei der bei einem Testkauf erhaltene Kassenzettel die Aufschrift "Discount Backshop" trägt (Anlage K 14) und die Beklagte in Abrede stellt, dass sie Betreiberin der Filiale ist. In den vorgenannten Filialen existieren Sitzgelegenheiten (Tische und Stühle) zum Verzehr von Speisen und Getränken vor Ort (vgl. Fotografien zur Filiale T.Straße ..., Anlage B 6 und Fotografien zur Filiale in der P.straße ... als Anlage zum Sitzungsprotokoll des Landgerichts, Bl. 50/52 d. A.), wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob es sich hierbei jeweils um den Betrieb einer Gaststätte im Sinne des Gaststättengesetzes handelt.

Die Beklagte veräußerte am Sonntag, den 21.02.2016, in der Filiale in der T. Straße ... um 11.12 Uhr ein Stangenbrot (Pugliesestange) sowie zwei Römer-Semmeln (vgl. Kassenbon, Anlage K 2, linke Seite). Um 15.46 Uhr desselben Tages verkaufte sie ein Stangenbrot (halbe Elbsässer Flute) sowie zwei Vollkornsemmeln (vgl. Kassenbon, Anlage K 2, rechte Seite). Am Pfingstmontag, den 05.06.2017, wurden in dem Geschäft in der A.straße ... um 10.09 Uhr eine Breze, zwei Krusti, sechs Semmeln und ein Laib Brot veräußert (vgl. Kassenbon, Anlage K 14). Am Sonntag, den 11.03.2018, wurden in der Filiale in der P.straße ... um 11.45 Uhr ein Kasten-Finnenbrot (500 g), zwei Vinschgauer, zwei Vollkorn-/Kartoffelsemmeln und 1/2 Elsässer-Brot (100g) sowie um 17.30 Uhr ein weiteres Kasten-Finnenbrot (500 g) veräußert (vgl. Kassenbelege, Anlage K 18).

Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 09.06.2016 (Anlage K 4) - insoweit von Beklagtenseite bestritten - sowie mit Schreiben vom 03.07.2017 (Anlage K 15) ab. Mit Schreiben vom 31.10.2016 (Anlage K 8) übersandte der Kläger das (angebliche) Abmahnschreiben vom 09.06.2016 samt Erinnerungsschreiben vom 28.06.2016 an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten. Ein auf Antrag des Klägers vom 20.07.2016 (Anlage K 7) zwischen den Parteien vor der Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten bei der IHK für M. und ... eingeleitetes Einigungsverfahren ist gescheitert (vgl. Sitzungsprotokolle, Anlagen K 9, K 12, Beschluss der Schiedsstelle vom 21.06.2017, Anlage K 13). Mit Schreiben vom 23.05.2017 (Anlagenkonvolut K 11) hatte die Beklagte gegenüber dem Kläger angekündigt, dessen Verhalten im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche "unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht, falsche Verdächtigung und falschen Vortrag" zu bewerten und angeregt, den Antrag vor der Schiedsstelle zur Schadensminderung und Vermeidung weiterer Kosten zurückzunehmen. Mit Schreiben vom 17.07.2017 (Anlage K 16 = B 11) forderte die Beklagte die Klägerin zur Erstattung ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.355,60 EUR bis 31.07.2017 auf.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, mit welcher der Kläger beantragt hat, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,

in den von ihr betriebenen Ladenlokalen, die als Verkaufsstellen für Bäckereiwaren und/oder dem Betrieb eines Cafés dienen,

an Sonn- oder Feiertagen für eine Dauer von mehr als drei Stunden Bäckerwaren, insbesondere unbelegte Brote und/oder Brötchen, zum Mitnehmen anzubieten und/oder zu verkaufen und/oder

am 2. Weihnachtsfeiertag, Ostermontag und/oder Pfingstmontag Bäckerwaren, insbesondere unbelegte Brote und/oder Brötchen, zum Mitnehmen anzubieten und/oder zu verkaufen;

sowie an die Klägerin 355,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Weiterhin hat das Landgericht die Widerklage abgewiesen, wonach der Kläger verurteilt werden sollte, an die Beklagte vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.355,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.08.2017 zu bezahlen, hilfsweise, die Beklagte hiervon freizustellen.

Zur Begründung hat das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, Folgendes ausgeführt:

Dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3, 3 a UWG, 3 Satz 1 Nr. 1, 12 Abs. 1 LadSchlG, 1 Abs. 2 Nr. 2 SonntVerkV und in der Folge auch kein Anspruch auf Zahlung von Abmahnkosten zu.

Die Voraussetzungen der §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1, 3 a UWG lägen nicht vor. Zwar handele es sich bei dem Ladenschlussgesetz und der Sonntagsverkaufsverordnung grundsätzlich um gesetzliche Vorschriften, die im Sinne von § 3 a UWG auch dazu bestimmt seien, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die Veräußerungen, die der Kläger der Beklagten zur Last lege, seien jedoch in jedem Fall von § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG gedeckt. Nach dieser Vorschrift dürfe der Schank- oder Speisewirt auch außerhalb der Sperrzeit zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch zubereitete Speisen, die er in seinem Betrieb verabreiche, an jedermann über die Straße abgeben. Der Kläger bestreite die grundsätzliche Anwendbarkeit des Gaststättengesetzes nicht. Die Voraussetzungen der genannten Ausnahmen lägen vor. Als Nebenleistungen sei den Schank- und Speisewirten auch der Verkauf über die Straße erlaubt, allerdings nur in Mengen, die durch den alsbaldigen Verzehr bedingt seien. Wie das Bayerische Oberste Landesgericht in seinem Beschluss vom 17.09.1997 (3 ObOWi 91/97) zutreffend festgestellt habe, besage die Vorschrift des § 7 Abs. 2 GastG nicht, dass die zubereiteten Speisen nur zum Verzehr durch den Käufer selbst abgegeben werden dürften. Die Frage, ob die abgegebenen Mengen an Bäckerwaren "zum alsbaldigen Verzehr" bestimmt seien, könne allein aufgrund der abgegebenen Menge nur dann ohne weiteres verneint werden, wenn diese so groß sei, dass sie auf privaten Veranstaltungen üblicherweise auch nicht annähernd gegessen zu werden pflege. Regelmäßig sei für die Beantwortung dieser Frage die Zahl der Personen maßgeblich, für deren Konsum die abgegebenen Speisen bestimmt seien. Hierzu verhalte sich der Vortrag des Klägers nicht. Dabei habe sich die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 17.09.1997 auch und gerade mit den Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 GastG befasst und die Tatbestandsmerkmale ausgelegt, die für beide Nummern dieser Vorschrift gälten. Dass die Voraussetzungen der einzig in Betracht kommenden Nr. 1 des § 7 Abs. 2 GastG nach dessen Wortlaut vorlägen (Getränke und zubereitete Speisen), bestreite der Kläger nicht. Relevant sei demnach nur, ob es sich um Abgaben zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch handele. Diese Voraussetzung sei für beide Nummern des § 7 Abs. 2 GastG identisch.

Da schon kein Unterlassungsanspruch bestehe, könne auch kein Kostenersatz für die Abmahnkosten nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG entstanden sein.

Die Widerklage sei ebenfalls unbegründet. Der Beklagten stünde gegen den Kläger kein Anspruch auf Zahlung oder Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten zur Verteidigung gegen die (unberechtigte) Abmahnung zu. Zwischen dem Kläger und der Beklagten bestünden keine vertraglichen Beziehungen, so dass § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB als Anspruchsgrundlage ausscheide. Auch ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag sei nicht gegeben, weil die Beklagte ein eigenes Geschäft geführt habe und ihr dementsprechend der Fremdgeschäftsführungswille fehle. Andere gesetzliche Anspruchsgrundlagen kämen nicht in Frage.

Der Kläger hat gegen das ihm am 07.06.2018 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 25.06.2018 (Bl. 78/79 d. A.) Berufung eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 01.08.2018 (Bl. 83/97 d. A.) begründet hat. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 13.09.2018 (Bl. 100/104 d. A.) Anschlussberufung eingelegt.

Der Kläger hält an seinem Klagebegehren vollumfänglich fest und führt hierzu Folgendes aus:

Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Beklagte berechtigt sei, in ihren Filialen an Sonn- und Feiertagen über einen Zeitraum von mehr als drei Stunden hinweg bzw. am 2. Weihnachtsfeiertag, Ostermontag und Pfingstmontag überhaupt Bäckerwaren, insbesondere in Form von unbelegten Broten bzw. Brötchen, zu verkaufen. Die Vorschriften des Ladenschlussgesetzes und der Sonntagsverkaufsverordnung seien auf die Betriebe der Beklagten, bei denen es sich zweifelsohne um Verkaufsstellen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 LadSchlG handele, anwendbar. Für den Verkauf von Bäckerwaren in den Ladengeschäften der Beklagten gälten daher grundsätzlich die im Ladenschlussgesetz (§ 3 S. 1 und S. 2 LadSchlG) und der Sonntagsverkaufsverordnung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SonntVerkV) vorgesehenen Ladenschlusszeiten.

Zur Anwendbarkeit des Gaststättengesetzes (§ 7 Abs. 2 GastG) habe das Landgericht keinerlei tragfähigen Feststellungen getroffen. Die pauschale Behauptung des Landgerichts, der Kläger bestreite die grundsätzliche Anwendbarkeit des Gaststättengesetzes nicht, sei nicht nur falsch; sie ersetze auch nicht die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 GastG durch das Gericht. Der Tatbestand des angefochtenen Urteils liefere keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei den Betrieben der Beklagten um Gaststätten handeln könne. Ein Gaststättengewerbe im Sinne des Gaststättengesetzes betreibe gemäß § 1 Abs. 1 GastG, wer im stehenden Gewerbe Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreiche (Schankwirtschaft) oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreiche (Speisewirtschaft), wenn der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich sei. Auf das Vorliegen einer Gaststättenerlaubnis komme es für die Einordnung eines Betriebs als Gaststätte hingegen nicht an, zumal der Betrieb einer Gaststätte gemäß § 2 Abs. 2 GastG grundsätzlich erlaubnisfrei sei. Nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils vertreibe die Beklagte in ihren M. Filialen (ausschließlich) Brot-, Back- und Konditoreiwaren. Von der Verabreichung zubereiteter Speisen (oder von Getränken) zum Verzehr an Ort und Stelle sei hingegen keine Rede. Gehe man von den maßgeblichen Verkehrsgewohnheiten aus, nutzten Verbraucher Ladengeschäfte wie die der Beklagten tatsächlich in erster Linie zum Einkauf von Bäckerwaren zum Mitnehmen, nicht aber zum Verzehr von Getränken oder zubereiteten Speisen an Ort und Stelle. Es spreche daher vieles dafür, die Vorschriften des Gaststättengesetzes überhaupt nicht auf die Ladengeschäfte der Beklagten anzuwenden.

Allenfalls aber könnten die Vorschriften des Gaststättengesetzes zum Einsatz kommen, soweit die Beklagte in ihren Ladengeschäften ein Gaststättengewerbe betreibe. Sofern die Ladengeschäfte der Beklagten als Verkaufsstellen von Bäckerwaren dienten, müsse es hingegen bei den Regelungen des Ladenschlussgesetzes bleiben. Anderenfalls könnten diese Regelungen ganz einfach durch die Einrichtung eines sogenannten Mischbetriebs umgangen werden. Entsprechend müsse sich die Beklagte in ihren Ladengeschäften außerhalb der Ladenöffnungszeiten auf den angeblichen Cafébetrieb beschränken und den Einzelhandel mit Waren wie unbelegten Broten und Backwaren einstellen, was jedoch nicht geschehen sei. Der Verkauf von unbelegten Broten und Brötchen sei selbst im gegebenenfalls verbleibenden Anwendungsbereich des Gaststättengesetzes nicht von § 7 Abs. 2 GastG gedeckt. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts habe der Kläger sowohl schriftsätzlich als auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht dezidiert zu den Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG vorgetragen und deren Vorliegen verneint. Insbesondere sei vorgetragen worden, dass es sich bei unbelegten Broten und Brötchen nicht um zubereitete Speisen im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG handele, die der Gastwirt in seinem Betrieb verabreiche, sondern um Einzelhandelsware, deren Verkauf allein den Vorschriften des Ladenschlussgesetzes unterliege. Bei unbelegten Broten und Brötchen handele es sich schon nicht um "Speisen". Unter einer Speise sei dem allgemeinen Wortsinn nach zubereitete Nahrung als einzelnes Essen, also ein Gericht, zu verstehen. Entsprechend würden unbelegte Brote und Brötchen in Gaststätten auch nicht als "Speisen" angeboten, sondern allenfalls als Zubehör zu solchen, also z. B. zu einer Suppe oder einem Salat, serviert. Im Hinblick auf Brot komme hinzu, dass dieses nicht als solches verabreicht werde, sondern höchstens einzelne Scheiben davon. Überdies bereite der Gastwirt kein Brot bzw. keine Brötchen zu, sondern diese würden durch einen Bäckereibetrieb hergestellt. Nur diese Auslegung des § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG werde der ratio legis dieser Vorschrift gerecht, welche es dem Gastwirt ermöglichen solle, diejenigen Speisen, die er in seiner Gaststätte zubereite und anbiete, auch außer Haus, also "zum Mitnehmen" zu verkaufen. § 7 Abs. 2 Nr. 2 GastG regele daneben eine weitere Ausnahme für Waren, die typischerweise über sogenannte Gassenschänken verkauft würden, nämlich (abschließend aufgezählt) Flaschenbier, alkoholfreie Getränke, Tabakwaren und Süßigkeiten. Den Verkauf von Einzelhandelsware, und sei es auch in Form von Lebensmitteln, wolle § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG aber nicht von den Vorschriften des Ladenschlussgesetzes freistellen. Davon abgesehen hätte das Landgericht natürlich selbst prüfen müssen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG gegeben seien und könne sich nicht darauf berufen, die Klägerin habe dies nicht bestritten.

Schließlich beeinträchtigen die Verstöße der Beklagten gegen die Vorschriften des Ladenschlussgesetzes und der Sonntagsverkaufsverordnung die Interessen ihrer Mitbewerber spürbar. Diejenigen Verkaufsstellen für Bäckerwaren, die sich gesetzeskonform verhielten, könnten an den betreffenden Tagen bzw. zu den betreffenden Zeiten keine oder zumindest keine vergleichbaren Umsätze erzielen. Ihnen entstünde dadurch ein ganz erheblicher Wettbewerbsnachteil.

Soweit die Beklagte erstinstanzlich vorgetragen habe, der Discount-Backshop in der A.straße ... werde nicht von ihr betrieben, sei auf den erstinstanzlich als Anlage K 20 eingereichten Auszug der Webseite www...de zu verweisen, wo das Ladengeschäft in der A.straße ... in der Rubrik "Unsere Filialen und Cafés" genannt werde. Hinweise darauf, dass das Geschäft nicht von der Beklagten betrieben werde, fänden sich dort nicht. Vielmehr erscheine bei Anklicken des Links "Details" eine Internetseite, auf der rechts neben der Adresse der Verkaufsstelle groß und deutlich ein Großteil des Schriftzugs "R. Bäckerei Konditorei" zu erkennen sei und in deren Überschrift sich ebenfalls der Schriftzug mit der Firma der Klägerin R. finde. Mangels substantiierter Angaben zum angeblichen Betrieb des Geschäfts in der A.straße ... durch einen Dritten sei deshalb davon auszugehen, dass es sich um einen Betrieb der Beklagten handele.

Die Klägerin könne von der Beklagten auch die geltend gemachten Kosten für die vorgerichtliche Abmahnung (267,50 EUR) und die Durchführung des Einigungsstellenverfahrens (88,- EUR) erstattet verlangen. Soweit die Beklagte bis zuletzt wenig glaubhaft behaupte, das Abmahnschreiben vom 09.06.2016 nicht erhalten zu haben, bestreite sie jedenfalls nicht den Zugang des Schreibens vom 31.10.2016 samt Anlagen, mit welchem der Kläger auch das Abmahnschreiben vom 09.06.2016 und das Erinnerungsschreiben vom 28.06.2016 noch einmal an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten übersandt habe, so dass sie den Erhalt der Abmahnschreiben vor Klageerhebung letztlich nicht ernsthaft in Abrede stellen könne. Jedenfalls der Zugang des letzten Abmahnschreibens sei zudem unstreitig. Dieses allein löse bereits einen Kostenerstattungsanspruch aus.

Der Kläger beantragt,

I. Das Urteil des LG München II vom 20.04.2018, Az.: 12 O 4218/17, wird abgeändert, soweit damit die Klage abgewiesen wurde.

II. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an einem ihrer Geschäftsführer, zu unterlassen, in den von ihr betriebenen Ladenlokalen, die als Verkaufsstellen für Bäckereiwaren und/oder dem Betrieb eines Cafés dienen,

an Sonn- oder Feiertagen für eine Dauer von mehr als drei Stunden unbelegte Brote und/oder Brötchen zum Mitnehmen anzubieten und/oder zu verkaufen und/oder

am 2. Weihnachtsfeiertag, Ostermontag und/oder Pfingstmontag unbelegte Brote und/oder Brötchen zum Mitnehmen anzubieten und/oder zu verkaufen;

III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 355,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Beklagte führt Folgendes aus:

Es sei falsch und werde bestritten, dass die Beklagte die A.straße als Filiale führe oder im Internet als ihre Filiale angebe. Es sei mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 16.04.2018 ausdrücklich bestritten worden, dass die Beklagte die Verkaufsstelle betreibe. Es sei auch erklärt worden, dass dieser Backshop lediglich Produkte der Beklagten verkaufe, ohne dass die Beklagte diesen Shop selbst betreibe, was sich offenkundig bereits daraus ergebe, dass der Kassenbon des Testkaufs in der A. straße gerade nicht den Schriftzug "R. Backshop" als Verkäufer trage, sondern "Discount-Backshop" (Anlage K 14). Der Kläger habe zudem mit Schriftsatz vom 16.03.2018 dargelegt, dass der Verkauf in der A.straße in M. nicht streitgegenständlich sei. Der Vortrag, der Discount-Backshop in der A.straße M. sei eine entsprechende Filiale oder Verkaufsstelle der Beklagten, sei von dieser bereits mit Schriftsatz vom 16.01.2018 bestritten worden. Aus der Einkaufsrechnung ergebe sich auch nicht, dass die Beklagte in der A.straße am 05.06.2017 einen Verkauf vorgenommen habe, auch dieser Vortrag sei ausdrücklich bestritten worden. Der dortige Verkauf sei zudem auch nicht mit der Abmahnung gerügt worden. Die Nennung des Discount-Backshops, der von der Beklagten weder als eigenes Geschäft noch als Filiale betrieben werde, begründe keinen Wettbewerbsverstoß der Beklagten. Der Internetauftritt der Beklagten beinhalte auch nicht die Erklärung, dass es sich um ein Geschäft oder eine Filiale der Beklagten handele, sondern besage nur, dass dort (auch) Produkte der Beklagten gekauft werden könnten. Dies begründe jedoch keine Verletzungshandlung, die durch die Beklagte vorgenommen worden sei. Der Betreiber des Discount-Backshops in der A.straße sei kein Beauftragter der Beklagten. Er sei nicht in die Betriebsorganisation der Beklagten eingebunden und vertreibe nicht ausschließlich Produkte der Beklagten, sondern beziehe lediglich auch Produkte der Beklagten. Die Voraussetzungen nach § 13 Abs. 4 UWG (gemeint wohl: § 8 Abs. 2 UWG) seien von der Klägerin weder hinreichend schlüssig vorgetragen worden, noch lägen sie tatsächlich vor, weil es an einer Eingliederung des Discount-Backshops in den Geschäftsbetrieb der Beklagten vollkommen fehle. Vielmehr sei dies ein eigenständiger Betrieb mit eigener Geschäftsführung. Es bestehe kein Franchise-Vertrag oder eine ähnliche vertragliche Einbindung, sondern eine Lieferbeziehung, der Backshop sei aber selbständig und beziehe nicht ausschließlich Produkte der Beklagten. Die Beklagte habe keine Unternehmensfunktionen an das Geschäft in der A.straße in M. ausgelagert.

Die Verkaufsräume der Beklagten in der T. Straße ... und in der P.straße ...in M. seien als Gaststätten angemeldet und ausgestattet und würden als Gaststätten betrieben. Für die P.straße ... habe die Beklagte eine Gewerbeanmeldung vorgelegt (Anlage B 12), welche den erlaubnisfreien Betrieb als Gaststätte belege. Von dieser werde auch mit entsprechender Bestuhlung und Tischen im und vor dem Café Gebrauch gemacht.

Das Landgericht habe zutreffend angenommen, dass es für die Beurteilung der Frage, ob § 7 GastG den Verkauf außerhalb der Dauer von drei Stunden an Sonntagen decke, auf die Menge ankomme, deren Umfang durch die abgemahnten Verkaufsvorgänge nicht überschritten sei. Somit sei die Begründung unzutreffend, dass das Landgericht keine Feststellungen getroffen habe. Im Übrigen fehle Vortrag des Klägers, welchen Vortrag und welchen Beweisantritt das Erstgericht erstinstanzlich übergangen haben solle. Das Landgericht habe sich mit dem Tatbestandsmerkmal "Speisen und Getränke zum alsbaldigen Verzehr" in der Urteilsbegründung hinreichend auseinandergesetzt und die Voraussetzungen zutreffend bejaht. Nicht entscheidungsrelevant sei, ob die Semmel belegt oder unbelegt sei. Entscheidend sei der Betrieb als Gaststätte, weil die Verkaufsstelle insgesamt als Gaststätte anzusehen sei. Der Kläger unterstelle einseitig "maßgebliche" Verkehrsgewohnheiten, wonach die Verbraucher die Cafés/Gaststätten der Beklagten in erster Linie nur zum Kauf, aber nicht zum Verzehr von Getränken oder Speisen an Ort und Stelle nutzen würden. Dieser unrichtige und ins Blaue hinein gemachte Vortrag werde bestritten und als verspätet gerügt. Die Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe sich selbst ein Bild von der Filiale in der P.straße ... gemacht und habe augenscheinlich während der Mittagszeit feststellen können, dass sowohl im Ladengeschäft, als auch vor dem Geschäft nahezu sämtliche Tische und Stühle von Kunden besetzt gewesen seien, die vor Ort Speisen und Getränke aus dem Sortiment der Beklagten zu sich genommen hätten. Unzutreffend sei auch die von Klägerseite geäußerte Rechtsauffassung, wonach die Beklagte unbelegte Semmeln aus dem Verkauf nehmen und Kunden, die im Café eine unbelegte Semmel oder unbelegte Breze verzehren wollten, den Verzehr verbieten müsse. Die Beklagte betreibe eine Gaststätte, wobei es sich um einen Mischbetrieb handele. Eine Trennung zwischen Laden und Gaststätte bestehe nicht, weshalb es keinerlei Grundlage für die Auffassung gebe, die Beklagte dürfe unbelegte Semmeln nicht zum sofortigen Verzehr im Lokal anbieten. Es sei rechtsirrig, dass in Bayern unbelegte Brezen oder Semmeln nicht sofort verzehrt werden und nicht als Speisen betrachtet werden könnten, die in einer Gaststätte verzehrt würden.

Die Klageabweisung sei daher aufrechtzuerhalten.

Das Urteil sei jedoch dahingehend abzuändern, dass der Beklagten die mit der Widerklage geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen der Gegenabmahnung vom 17.07.2017 (Anlage B 11) bzw. vom 23.05.2017 (Anlagenkonvolut K 11) in Höhe von 1.355,60 € zuzusprechen seien. Das Landgericht habe insoweit verkannt, dass eine Anspruchsgrundlage gegeben sei, die im Wettbewerbsrecht begründet sei, wie mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 16.04.2018 dargelegt.

Die Beklagte beantragt im Wege der Anschlussberufung:

Die Klägerin wird unter Abänderung des Urteils des LG München II, Az.: 12 O 4218/17, verurteilt, an die Beklagte vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.355,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.08.2017 zu bezahlen, hilfsweise den Beklagten hiervon freizustellen.

Der Kläger beantragt,

Die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger führt zur Anschlussberufung der Beklagten Folgendes aus:

Die Anschlussberufung sei mangels Bestehens eines Schadensersatzanspruchs der Beklagten unbegründet. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 17.07.2017 (Anlage K 16) keine Gegenabmahnung ausgesprochen, sondern lediglich auf die klägerische Abmahnung mit deren Zurückweisung reagiert. Unabhängig davon, dass ein Kostenerstattungsanspruch der Beklagten schon deswegen ausscheide, weil die klägerische Abmahnung berechtigt gewesen sei, stehe auch dem wegen eines Wettbewerbsverstoßes zu Unrecht Abgemahnten grundsätzlich kein Ersatzanspruch gegen den Abmahnenden zu. Etwas anderes gelte allenfalls dann, wenn die unberechtigte Abmahnung selbst wettbewerbswidrig sei, etwa eine gezielte Behinderung oder eine Irreführung darstelle - was hier schon mangels einer geschäftlichen Handlung des als Verband handelnden Klägers nicht der Fall sein könne - oder den Tatbestand einer sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB) erfülle. Auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur unberechtigten Schutzrechtsverwarnung könne für wettbewerbliche Abmahnungen nicht zurückgegriffen werden. Vorsorglich werde ferner darauf hingewiesen, dass die geltend gemachte 1,8 Geschäftsgebühr überhöht sei.

Auf die Berufungserwiderung der Beklagten hin trägt der Kläger weiterhin vor, es folge auch nicht aus dem mit "Discount Backshop" überschriebenen Kassenbon (Anlage K 14), dass das Ladengeschäft in der A.strasse von einem Dritten betrieben werde, denn die Beklagte unterhalte bekanntlich selbst sog. Discount Backshops und im Übrigen sei es keineswegs unüblich, dass ein und derselbe Betreiber für verschiedene Ladengeschäfte verschiedene Bezeichnungen benutze. Selbst wenn die Beklagte das Ladengeschäft in der A.strasse nicht selbst betreibe, was noch einmal ausdrücklich bestritten werde, hätte eine Zurechnung nach der Beauftragtenhaftung gem. § 8 Abs. 2 UWG zu erfolgen. Hierfür spreche, dass die Beklagte den Betrieb auf ihrer Webseite wie einen eigenen Betrieb, nämlich als eine ihrer "Filialen und Cafés", bewerbe. Desweiteren würden, wie die Beklagte selbst einräume, in dem Geschäft in der A.straße Produkte der Beklagten vertrieben. Der nicht weiter substantiierte Vortrag der Beklagten, der angebliche Betreiber des Ladengeschäfts in der A.strasse sei nicht in ihre Betriebsorganisation eingebunden und vertreibe auch nicht nur Produkte der Beklagen, werde mit Nichtwissen bestritten. Bestritten werde ferner die Behauptungen, dass es an einer Eingliederung des Ladens in den Geschäftsbetrieb der Beklagten fehle, dass es sich dabei um einen eigenständigen Betrieb handele, dass kein Franchise-Vertrag oder eine ähnliche vertragliche Einbindung bestehe, dass die Beklagte keinen bestimmenden Einfluss auf den Betrieb in der A.strasse habe und dass sie keine Unternehmensfunktionen an diesen ausgelagert habe. Die Beweislast für die Voraussetzungen der Beauftragteneigenschaft liege bei der Beklagten, zumindest aber treffe diese eine sekundäre Beweislast. Der Beweis des ersten Anscheins spreche dafür, dass der Laden in der A.strasse, wenn nicht von der Beklagten selbst, dann zumindest von einem Beauftragten i.S.d. § 8 Abs. 2 UWG betrieben werde. Dem Kläger sei es nicht möglich zu ermitteln, welche vertraglichen Beziehungen zwischen der Beklagten und dem angeblichen Betreiber des Ladens bestünden, zumal nicht einmal ersichtlich sei, wer der angebliche Betreiber sein solle. Eine Gewerberegisterauskunft sei ohne Kenntnis des Namens des Gewerbetreibenden nicht möglich und in öffentlichen Portalen werde das Ladengeschäft ebenfalls als "R. "-Filiale geführt (Anlage K 23). Die Beklagte hingegen könne ohne weiteres und in zumutbarer Weise über die Person des angeblichen Betreibers und ihre (vertraglichen) Beziehungen zu diesem Aufklärung leisten.

Mit Nichtwissen werde bestritten, dass nach eigener Wahrnehmung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 20.04.2018 nahezu alle Tische und Stühle von Kunden besetzt gewesen seien, die Speisen und Getränke aus dem Sortiment der Beklagten vor Ort zu sich genommen hätten. Auf den in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht übergebenen Fotografien - sofern sie überhaupt zur besagten Zeit am besagten Ort angefertigt worden seien - schienen die Sitzgelegenheiten im Innenbereich der Filiale weitgehend leer zu sein, im Außenbereich ließen sich mit gutem Willen maximal sechs Personen ausmachen, die auf den Stühlen bzw. an den Tischen säßen und etwas konsumierten. Selbst wenn der Vortrag der Beklagten wahr wäre, bedeute dieser im Übrigen nicht, dass nicht eine noch größere Anzahl an Personen Bäckerwaren eingekauft und mitgenommen hätten.

Die Beklagte erwidert hierauf, alleiniger Inhaber des Ladengeschäfts in der A. straße sei der Zeuge A. A., der lediglich von der Beklagten - ohne Abnahmezwang oder Ausschließlichkeitsverpflichtung - beliefert werde. Es sei falsch und werde bestritten, dass die Beklagte selbst Filialen unter dem Namen Discount Backshops betreibe. In dem vom Kläger vorgelegten Internetauftritt habe die Beklagte lediglich darüber informiert, in welchen Geschäften ihre Produkte gekauft werden könnten. Eine Inhaberschaft oder Betrieb des Backshops folge daraus nicht. Das gleiche gelte für die als Anlage K 23 vorgelegten Internetrecherchen. Ein Rechtsverhältnis, das zur Eingliederung des Discount Backshops in den Betriebsorganismus der Beklagten führe, insbesondere dieser Einfluss auf den dortigen Betrieb, namentlich die Öffnungszeiten verleihe, bestehe nicht. Im Übrigen werde das klägerische Vorbringen mit Schriftsatz vom 30.10.2018, das unzutreffende Behauptungen enthalte, als verspätet gerügt, soweit darin neue Tatsachen behauptet würden.

Der Senat hat mit Verfügung vom 06.08.2018 (Bl. 98/99 d. A.) unter Ziffer 4. Hinweise erteilt.

Ergänzend wird auf die von den Prozessbevollmächtigten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 13.12.2018 (Bl. 130/132 d. A.) Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere gemäß §§ 519 Abs. 1, Abs. 2, 517 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 520 Abs. 2, Abs. 3 ZPO begründete Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Das Landgericht hat den vom Kläger geltend gemachten Unterlassungsantrag aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 3 a UWG i.V.m. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 12 LadSchlG, § 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SonntVerkV im Ergebnis zu Recht als unbegründet erachtet. Auch ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG steht dem Kläger gegen die Beklagte nicht zu.

1. Der Kläger ist als eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen, insbesondere zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, aufgrund seiner Mitgliederstruktur prozessführungsbefugt und aktivlegitimiert, die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG sind unstreitig erfüllt (vgl. auch zur anerkannten umfassenden Verbandsklagebefugnis des Klägers für das gesamte Bundesgebiet Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Auflage 2018, Einleitung Rn. 2.45).

2. Eine Verantwortlichkeit der Beklagten für die streitgegenständlichen Verkäufe ist, soweit sie in den Filialen in der T.strasse und in der P.strasse stattgefunden haben (Verkäufe an Sonntagen, vgl. Klageantrag I. 1.), unstreitig zu bejahen. Bezüglich des Verkaufs in der Filiale in der A.straße ... am Pfingstmontag, den 05.06.2017 (Klageantrag I. 2.), hat der darlegungs- und beweispflichtige Kläger die Passivlegitimation der Beklagten demgegenüber nicht dargetan.

Grundsätzlich hat der Kläger die tatsächlichen Umstände darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen, die eine Passivlegitimation der Beklagten begründen. Der Kläger verweist hierzu auf die Unternehmens-Homepage der Beklagten, auf der die Filiale in der A.strasse ... in M. als eine ihrer "R. "-Filialen aufgeführt wird (vgl. Anlage K 1, S. 9 und Anlage K 20). Der Umstand, dass die Beklagte das Geschäft in der A.strasse auf ihrer Unternehmens-Homepage als eine ihrer Filialen aufführt, spricht zwar zunächst dafür, dass - wenn nicht die Beklagte selbst Betreiberin dieser Filiale ist - zwischen ihr und dem Betreiber zumindest vertragliche Beziehungen bestehen, die über ein gewöhnliches Abnehmerverhältnis im Rahmen einer bloßen Kaufvertragsbeziehung hinausgehen und eine Beauftragtenhaftung nach § 8 Abs. 2 UWG begründen könnten. Dies hat die Beklagte aber in der Berufungsinstanz hinreichend substantiiert bestritten, indem sie ausgeführt hat, dass es sich bei dem Betreiber der Filiale in der A.strasse um einen selbstständigen Betreiber handele, der lediglich Waren der Beklagten kaufe und diese neben anderen Produkten verkaufe, wobei zur Beklagten kein Franchise-Vertrag oder eine ähnliche vertragliche Einbindung bestehe, sondern eine bloße Lieferbeziehung. Mit Schriftsatz vom 09.11.2018 hat die Beklagte weiter vorgetragen, dass Betreiber bzw. alleiniger Inhaber des "Discount Backshops" in der A.strasse der Zeuge A. A. sei. Der Vortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz ist nach § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, nachdem sich das Landgericht mit der Frage der Passivlegitimation nicht befasst hat und im Übrigen das Vorbringen der Beklagten mit Schriftsatz vom 09.11.2018 seitens des Klägers nicht mehr bestritten wurde.

3. Die streitgegenständlichen Verkäufe von unbelegten Brötchen und Broten begründen keinen Verstoß gegen die Regelungen der §§ 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 12 LadSchlG, 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SonntVerkV, da sie gem. § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG erlaubt waren, so dass dem Kläger kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 3 a UWG gegen die Beklagte zusteht.

Die streitgegenständlichen Verkäufe an Sonntagen, nämlich am 21.02.2016 in der Filiale in der T.str. ... und am 11.03.2018 in der Filiale in der P.str. ... in M.(vgl. Klageantrag I. 1.), sind nach den Ladenschlussbestimmungen gem. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 12 LadSchlG, § 1 Abs. 1 Nr. 2 SonntVerkV grundsätzlich nur für die Dauer von 3 Stunden zulässig. Vorliegend ist der Verkauf jeweils unstreitig über einen längeren Zeitraum erfolgt.

Wie das Landgericht jedoch im Ergebnis zu Recht angenommen hat, sind die streitgegenständlichen Verkäufe jeweils von der Ausnahmeregelung nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG gedeckt.

a) Die Beklagte betreibt in den jeweiligen Filialen ein Gaststättengewerbe.

aa) Ein Gaststättengewerbe betreibt gem. § 1 Abs. 1 GastG, wer im stehenden Gewerbe Getränke (Schankwirtschaft) oder zubereitete Speisen (Speisewirtschaft) zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht, sofern der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich ist. Das Landgericht hat hierzu keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen. Soweit im unstreitigen Tatbestand auf Seite 2 im 2. Absatz des landgerichtlichen Urteils ausgeführt wird, die Beklagte stelle Brot-, Back- und Konditoreiwaren her und vertreibe diese in Filialen in M., schließen diese Feststellungen den zusätzlichen Betrieb von Cafés im Sinne von Speisewirtschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 GastG) in den jeweiligen Filialen nicht aus, zumal das Landgericht einen solchen in den Entscheidungsgründen auf Seite 5, 4. Absatz des Urteils voraussetzt, allerdings mit der nicht zutreffenden Begründung, dass der Kläger die grundsätzliche Anwendbarkeit des Gaststättengesetzes nicht bestreite. Die Subsumtion des zugrunde liegenden Sachverhalts unter die Ausnahmebestimmung des § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG stellt eine vom Gericht zu prüfende Rechtsfrage dar. Der Kläger hat im Übrigen die Anwendbarkeit des Gaststättengesetzes in Frage gestellt und geltend gemacht, nach den maßgeblichen Verkehrsgewohnheiten nutzten die Verbraucher Ladengeschäfte wie die der Beklagten tatsächlich in erster Linie zum Einkauf von Bäckerwaren zum Mitnehmen, nicht aber zum Verzehr von Getränken oder zubereiteten Speisen an Ort und Stelle; es spreche daher vieles dafür, die Vorschriften des Gaststättengesetzes überhaupt nicht auf die Ladengeschäfte der Beklagten anzuwenden. Unstreitig ist zwischen den Parteien jedoch, dass in den streitgegenständlichen Filialen jeweils Sitzgelegenheiten (Tische und Stühle) vorhanden sind, an denen den Kunden vor Ort Speisen und Getränke verabreicht werden können. So hat der Kläger bereits in der Klageschrift vom 14.11.2017 auf Seite 4 (erster Absatz) selbst ausgeführt, dass es in den beiden Filialen in der T.straße und in der A.straße Sitzgelegenheiten zum Verzehr von Speisen und Getränken vor Ort gibt. Den Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 16.04.2018 (Seite 4, Bl. 47 d. A.), wonach auch in der Filiale in der P.straße Tische und Stühle vorhanden seien, an denen Gäste Speisen und Getränke aus dem Sortiment der Beklagten zu sich nehmen könnten, und zwar mit 19 Sitzplätzen innen und 16 Sitzplätzen draußen (vgl. auch Seite 4 der Berufungserwiderung vom 13.09.2018 letzter Absatz, Bl. 103 d. A.; Gewerbeanmeldung, Anlage B 12; Fotografien als Anlagen zum Sitzungsprotokoll, Bl. 50/52 d. A.), hat der Kläger als solchen nicht in Abrede gestellt, sondern er hat lediglich mit Nichtwissen bestritten (vgl. Schriftsatz vom 30.10.2018, Seite 7, erster Abs., Bl. 114 d. A.), dass nach der eigenen Wahrnehmung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 20.04.2018 nahezu alle Tische und Stühle von Kunden besetzt gewesen seien, die Speisen und Getränke aus dem Sortiment der Beklagten vor Ort zu sich genommen hätten.

bb) Der Argumentation der Klagepartei, wonach das Gaststättengesetz vorliegend nicht zur Anwendung gelange, weil Ladenlokale wie das der Beklagten vom Verbraucher üblicherweise in erster Linie zum Einkauf von Bäcker- und Konditorwaren benutzt würden, nicht aber zum Verzehr an Ort und Stelle, vermag der Senat nicht zu folgen. Der Umstand, dass es sich bei den hier in Rede stehenden Betrieben jeweils um Mischbetriebe aus einem Ladengeschäft und einem Cafébetrieb handelt, ist ohne Einfluss auf die Anwendbarkeit der Regelungen des Gaststättengesetzes, soweit der Gaststättenbetrieb durch die räumliche Zusammenfassung mit einem Handelsbetrieb nicht die ihm eigenen Merkmale verliert (vgl. BayObLG Beschluss vom 17.9.1997 - 3 ObOWi 91/97, BeckRS 1997, 8160 Rn. 9). Denn grundsätzlich ist es zulässig, dass in denselben Räumlichkeiten sowohl ein Einzelhandel als auch eine Gaststätte betrieben wird. In einem solchen Fall liegt ein gemischter Betrieb vor, in dessen Rahmen zwei verschiedene Gewerbe betrieben werden, die aber trotz ihrer Vereinigung zu einem einheitlichen Gesamtbetrieb ihre rechtliche Eigenständigkeit behalten (BVerwG, NJW 1960, 2209, 2210). Es kommt hier auch nicht darauf an, welcher Bereich des gemischten Betriebs aus Einzelhandel und Gaststätte überwiegt und diesem sein Gepräge gibt. Gaststättenbetriebe und Einzelhandel werden vom Gesetz vielmehr als verschiedene Gewerbe behandelt. Durch die räumliche Zusammenfassung mit einem Handelsbetrieb verliert der Gaststättenbetrieb nicht die ihm eigenen Merkmale und bleibt daher den Vorschriften des Gaststättengesetzes unterworfen, unabhängig davon, ob er mit einem anderen Gewerbe verbunden ist und welches der beiden Gewerbe überwiegt (BVerwG a.a.O.). Im Streitfall ist auch nicht dargetan, dass in den betroffenen Filialen lediglich pro forma Tische und Stühle zum Verzehr von Speisen und Getränken vor Ort vorgehalten würden, um sich auf diese Weise die Möglichkeit zu verschaffen, den Verkauf von Waren außerhalb der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten in unzulässiger Weise fortzusetzen (vgl. dazu BVerwG a.a.O.). Vielmehr entspricht es entgegen den Ausführungen der Klageseite der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die angesprochenen Verbraucher, zu denen auch die Mitglieder des Senats gehören, derartige Bewirtungsangebote mit Sitzgelegenheiten in Bäckereibetrieben mit angeschlossenem Café auch annehmen, um dort zum Verzehr der verabreichten Speisen zu verweilen.

b) Die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG sind im Streitfall erfüllt. Die streitgegenständlichen Verkäufe waren danach auch außerhalb der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten zulässig.

aa) Gem. § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG darf der Schank- oder Speisewirt außerhalb der Sperrzeit zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch Getränke und zubereitete Speisen, die er in seinem Betrieb verabreicht, an jedermann über die Straße abgeben. Das Landgericht hat die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift bejaht mit der Begründung, dass nach der Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (Beschluss vom 17.09.1997, 3 ObOWi 91/97, BeckRS 1997, 8160 Rn. 10), die zubereiteten Speisen nicht zum Verzehr allein durch den Käufer selbst abgegeben werden müssen. Die Frage, ob die abgegebenen Mengen an Bäckerwaren "zum alsbaldigen Verzehr" bestimmt seien, könne allein aufgrund der abgegebenen Menge nur dann ohne weiteres verneint werden, wenn diese so groß sei, dass sie auf privaten Veranstaltungen üblicherweise auch nicht annähernd gegessen zu werden pflege. Regelmäßig sei für die Beantwortung dieser Frage die Zahl der Personen maßgeblich, für deren Konsum die abgegebenen Speisen bestimmt seien. Hierzu verhalte sich der Vortrag des Klägers nicht.

bb) Dem Landgericht ist insoweit zuzustimmen, als die im Streitfall veräußerten Mengen nicht grundsätzlich dagegen sprechen, dass sie zum alsbaldigen Verzehr durch eine nicht näher bekannte Personenzahl abgegeben werden (vgl. Beschluss vom 17.09.1997, 3 ObOWi 91/97, BeckRS 1997, 8160 Rn. 10). Zu den weiteren Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG, nämlich dass es sich bei den abgegebenen Waren um zubereitete Speisen handeln muss, die der Gastwirt in seinem Betrieb verabreicht, hat das Erstgericht allerdings keine Prüfung vorgenommen, obgleich insoweit eine rechtliche Subsumtion, ob die hier unstreitig verkauften Brötchen und Brote unter die Regelung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 GastG fallen, erforderlich gewesen wäre. Im Ergebnis sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG aber gegeben.

Im Rahmen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG muss es sich um Waren - Getränke oder zubereitete Speisen - handeln, die auch in der Gaststätte selbst angeboten werden (vgl. BVerwG Urt. v. 22.11.1988 - 1 C 43/86, BeckRS 9998, 26990; Nomos-BR/Schönleiter, GastG, 1. Aufl. 2012, § 7 Rn. 2). Der Kläger macht insoweit geltend, bei unbelegten Semmeln und Broten handele es sich nicht um zubereitete Speisen im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG, welche in dem Gaststättenbetrieb der Beklagten selbst abgegeben würden. Dieser Auslegung des § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG folgt der Senat nicht. Ein "Zubereiten einer Speise" im Sinne des GastG (vgl. auch § 1 Abs. 2 Nr. 2 GastG) liegt vor, wenn ein Lebensmittel zum alsbaldigen Verzehr essfertig gemacht wird, wobei nicht entscheidend ist, mit welchem Aufwand die Zubereitung geschieht (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 22.06.1984 - 2 Ss (OWi) 132/84 BeckRS 9998, 33609 für Instant-Tüten-Suppen; s. a. KG, Beschluss vom 03.09.2010, 1 Ws (B) 112/09, BeckRS 2012, 12492). Zubereitet ist ein Lebensmittel also, wenn dessen Rohstoff(e) durch Kochen, Backen, Erwärmen, Würzen etc. zum Genuss verändert wird, wobei es auf den Grad der Veränderung nicht ankommt - schon das Servieren als "warm" oder das Anbraten ist demnach eine Zubereitung (Erbs/Kohlhaas/Ambs GastG, a.a.O., § 3 Rn. 10; vgl. auch OLG Celle, Beschluss vom 22.06.1984 - 2 Ss (OWi) 132/84 BeckRS 9998, 33609 für Instant-Tüten-Suppen). Die zubereitete Speise muss als Nahrungsmittel verzehrfertig sein, wobei die letzte Zubereitung auch dem Gast überlassen sein kann, wie z. B. das Würzen eines Salates (Erbs/Kohlhaas/Ambs, GastG, 219. EL April 2018, § 1 Rn. 18). Dabei ist nicht Voraussetzung, dass die Speise örtlich in der Gaststätte selbst verzehrfertig zubereitet worden ist (Erbs/Kohlhaas/Ambs a.a.O. § 1 Rn. 18). Zubereitete Speisen sind demgegenüber nicht solche Nahrungsmittel, die schon an sich verzehrfertig sind, wie z. B. Obst, oder die ohne besondere Hilfsmittel vorrätig gehalten werden können, wie Dauerbackwaren, Dauerwurst u.a. (Erbs/Kohlhaas/Ambs, a.a.O., § 1 Rn. 18). Vor diesem Hintergrund sind auch die von der Beklagten hergestellten Brote und Brötchen als zubereitete Speisen im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG anzusehen (ebenso LG Augsburg, Urteil vom 08.08.2018, Az. 081 O 3962/17; anders VG Braunschweig, Urteil vom 16.02.2011, Az. 1 A 161/10, Anlage K 22, Rn. 30; s.a. nicht begründete Beschlussverfügung LG München vom 27.04.2017, Az. 1 HKO 6161/17). Denn bei den von der Beklagten hergestellten Broten und Brötchen handelt es sich um verzehrfertige Nahrungsmittel, deren Rohstoffe durch den Backvorgang zum Genuss verändert worden sind. Die Brote und Brötchen werden auch im jeweiligen Betrieb der Beklagten verabreicht. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Gäste eines Cafés mit angeschlossener Bäckerei dort auch unbelegte Brötchen und/oder Brot bestellen können, etwa im Rahmen einer Frühstücksbestellung; mithin bietet auch die Beklagte ausweislich der Fotografien aus der Filiale in der P.strasse (vgl. Anlage zum Sitzungsprotokoll des Landgerichts, Bl. 50/52 d. A.) als "Kleines Frühstück" bzw. als "Großes Frühstück" jeweils unbelegte Semmeln zusammen mit Portionen aus Butter, Marmelade, Honig etc. an. Auch der Umstand, dass vorliegend auch ganze Brot-Laibe verkauft wurden, in den Cafébetrieben der Beklagten aber nur jeweils Brot in aufgeschnittenen Scheiben serviert wird, ändert an der Beurteilung nichts, da es sich hier nicht um unterschiedliche Speisen, sondern nur um eine größere Menge handelt, die aber - wie oben gesehen - unschädlich ist, so lange nicht dargetan ist, dass diese nicht für den alsbaldigen Verzehr bestimmt ist. Auch kann es insoweit keinen Unterschied machen, ob die Brote im Wege des Straßenverkaufs bereits in Scheiben aufgeschnitten oder als ganze Laibe abgegeben werden.

4. Wie die vorstehenden Ausführungen ergeben, ist das seitens des Klägers angegriffene Verhalten wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden, so dass dieser auch nicht die Erstattung seiner vorgerichtlichen Kosten für die Abmahnung der Beklagten verlangen kann, da die Abmahnung jedenfalls nicht berechtigt war (vgl. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG). Ebensowenig besteht ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Durchführung des vorgerichtlichen Einigungsstellenverfahrens aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG analog oder nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 670, 677, 683 S. 1 BGB (vgl. dazu allgemein Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Auflage 2018, § 15 Rn. 29; BGH GRUR 2001, 1166, 1169 - Fernflugpreise).

III.

Die gem. § 524 ZPO zulässige Anschlussberufung der Beklagten hat ebenfalls keinen Erfolg.

Das Landgericht hat dem seitens der Beklagten gegen den Kläger im Wege der zulässigen Widerklage geltend gemachten Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten (hilfsweise Freistellung) in Höhe von 1.355,60 EUR (nebst Zinsen) zu Recht nicht stattgegeben.

1. Ein Schadenersatzanspruch gem. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB aus einem zwischen den Parteien begründeten Abmahnverhältnis im Sinne einer wettbewerbsrechtlicher Sonderverbindung (vgl. BGH GRUR 2008, 360 Rn. 18 - EURO und Schwarzgeld) scheidet aus. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob im Streitfall überhaupt ein derartiges gesetzliches Schuldverhältnis begründet wurde oder ob dies einen - hier gerade nicht gegebenen - Wettbewerbsverstoß als Grundlage voraussetzen würde (so zur Frage der Aufklärungspflicht eines unberechtigt Abgemahnten: BGH GRUR 1995, 167, 169 - Kosten bei unbegründeter Abmahnung; vgl. auch Harte/Henning, 4. Aufl. 2016, UWG, § 12 Rn. 110, 69). Denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Verschulden, die Verschuldensvermutung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB ist vorliegend widerlegt. Ein schuldhaftes Handeln setzt gem. § 276 Abs. 2 BGB zumindest Fahrlässigkeit voraus, also ein Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt durch den Kläger. Diesem kann hier allerdings nicht angelastet werden, dass er die Rechtslage irrtümlich falsch eingestuft hat. Ein Abmahner handelt noch nicht deshalb sorgfaltswidrig, weil er weiß, dass die Rechtslage zweifelhaft ist (Harte/Henning, UWG, 4. Aufl. 2016, § 12 Rn. 110). Denn grundsätzlich dürfen die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten des Abmahners nicht derart hoch angesetzt werden, dass er wegen des drohenden Haftungsrisikos von der Geltendmachung berechtigter Ansprüche abgehalten wird und von ihm nur noch rechtlich unzweifelhafte und eindeutige Verstöße abgemahnt werden könnten bzw. er insoweit dem Risiko eines sofortigen Anerkenntnisses mit der Kostenfolge des § 93 ZPO im Prozess unterliegen würde, wollte er rechtlich nicht eindeutige Verstöße gerichtlich geltend machen. Die Beurteilung, ob das streitgegenständliche Anbieten und Verkaufen von Brot- und Brötchen wettbewerbswidrig ist, setzt - wie oben dargelegt - eine rechtliche Bewertung unter Auslegung der Vorschrift des § 7 Abs. 2 GastG voraus, die von den Gerichten durchaus unterschiedlich beurteilt werden kann und beurteilt worden ist. In derartigen Fällen kann es dem Abmahnenden nicht als fahrlässiges Verhalten im Sinne von § 276 Abs. 2 BGB angelastet werden, wenn er die Rechtslage anders beurteilt. Es ist dem Abmahner, nicht zuzumuten, lediglich auf Grund rechtlicher Zweifel eine Abmahnung zu unterlassen. Anderenfalls würde das Institut der Abmahnung gefährdet (§ 12 Abs. 1 UWG), das auch den Interessen des Abgemahnten dient. Außerdem streitet das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG für die Zulässigkeit einer Abmahnung. Schließlich steht es dem Abgemahnten frei, ob er die Abmahnung befolgt oder nicht (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Auflage 2018, § 4 Rn. 4.166).

2. Ein Anspruch auf Ersatz der für die Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen nach § 8 Abs. 4 S. 2 UWG würde voraussetzen, dass die klägerische Abmahnung rechtsmissbräuchlich gewesen wäre im Sinne von § 8 Abs. 4 S. 1 UWG. Dies ist im Streitfall nicht festzustellen. Allein der Umstand, dass der Kläger als Wettbewerbsverband im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG vorliegend ein Verhalten abgemahnt hat, dessen rechtliche Bewertung nicht ohne Weiteres eindeutig ist und von den Instanzgerichten bislang auch unterschiedlich bewertet wurde (vgl. LG Augsburg, Urteil vom 08.08.2018, Az. 081 O 3962/17 einerseits und VG Braunschweig, Urteil vom 16.02.2011, Az. 1 A 161/10, Anlage K 22, Rn. 30 andererseits; s.a. Beschlussverfügung LG München vom 27.04.2017, Az. 1 HKO 6161/17), kann für sich genommen nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden.

3. Schadensersatzansprüche aus §§ 9 S. 1, 4 Nr. 4 UWG oder § 826 BGB kann die Beklagte gegen den Kläger ebenfalls nicht geltend machen, da die Parteien schon keine Mitbewerber sind (vgl. §§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG) und die klägerische Abmahnung sich hier auch nicht als vorsätzliche sittenwidrige Behinderung und Schädigung darstellt (§ 826 BGB), nachdem keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kläger von der fehlenden Berechtigung der Abmahnung Kenntnis hatte oder sich dieser Kenntnis bewusst verschlossen hätte.

4. Auch ein rechtswidriger und schuldhafter Eingriff in den eingerichteten und ausgebübten Gewerbebetrieb der Beklagten gem. § 823 Abs. 1 BGB ist bei einer unberechtigten wettbewerbsrechtlichen Abmahnung nicht gegeben (im Gegensatz zur unberechtigten Schutzrechtsverwarnung, vgl. BGH GS, NJW 2005, 3141). Denn der Gegner einer unberechtigten wettbewerbsrechtlichen Abmahnung kann diese ohne größere Risiken unbeachtet lassen, nachdem mit einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung regelmäßig nicht die mit einer Schutzrechtsverwarnung typischerweise verbundenen weitreichenden Beeinträchtigungen einhergehen (BGH GRUR 2011, 152 Rn. 63 - Kinderhochstühle im Internet). Zudem kann sich der Abgemahnte durch eine negative Feststellungsklage schützen, da das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben ist (BGH GRUR 1995, 697, 699 - FUNNY PAPER; BGH GRUR 2001, 354, 355 - Verbandsklage gegen Vielfachabmahner). Der zu Unrecht Abgemahnte ist auch grundsätzlich nicht - etwa zur Vermeidung der Kostenfolge des § 93 ZPO - gehalten, vor der Erhebung einer negativen Feststellungsklage eine Gegenabmahnung auszusprechen (BGH GRUR 2004, 790, 792 - Gegenabmahnung). Im Übrigen würde es auch insoweit an dem nach § 823 Abs. 1 BGB erforderlichen Verschulden des Klägers fehlen (siehe oben unter 1.).

5. Die Beklagte kann die Erstattung seiner Anwaltskosten auch nicht gem. § 678 BGB verlangen. Zwar stellt sich die wettbewerbsrechtliche Abmahnung als eine Geschäftsführung ohne Auftrag i. S. der §§ 677 ff. BGB dar, sodass zugunsten des unberechtigt Abgemahnten die Regelung des § 678 BGB grundsätzlich einschlägig sein kann, weil auch der zu Unrecht Abmahnende - zumindest auch - mit Fremdgeschäftsführungswillen handelt (OLG München, GRUR - RR 2008, 461 - Kostenerstattung der Gegenabmahnung). Erforderlich ist aber auch insoweit ein "Übernahmeverschulden", das vorliegend aus den oben (Ziff. 1.) genannten Gründen zu verneinen ist.

6. Auch ein verschuldensunabhängiger Anspruch unter dem Gesichtspunkt einer Geschäftsführung ohne Auftrag seitens der Beklagten gem. §§ 683, 677, 670 BGB oder gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG analog scheidet aus. Die Tätigkeit der Beklagtenvertreter zur Beantwortung der Abmahnung stellt keine Geschäftsführung für den Kläger und Widerbeklagten dar, sondern ein objektiv eigenes Geschäft der Beklagten, bei dem sie ausschließlich zur Wahrnehmung ihrer eigenen Interessen gehandelt hat (Harte/Henning, Kommentar zum UWG, 4. Aufl. 2016, § 4 Nr. 4 Rn. 216). Eine Gegenabmahnung ist vor Erhebung einer dem Abgemahnten offenstehenden negativen Feststellungsklage - welche jedoch vorliegend nicht erhoben wurde - allenfalls dann erforderlich, mit der Folge, dass sie sich als Geschäftsführung für den Abgemahnten darstellen kann, wenn dafür ein besonderer Grund vorliegt, etwa wenn der Abmahnende erkennbar von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen war (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Auflage 2018, § 12 Rn. 1.92). Dagegen ist eine Gegenabmahnung nicht erforderlich, um den Anspruchsteller - wie hier - auf einen rechtlichen Irrtum hinzuweisen (vgl. BGH GRUR 2006, 168 - Unberechtigte Abmahnung Rn. 11).

Vor diesem Hintergrund kommt auch kein Erstattungsanspruch in analoger Anwendung des § 12 Abs. 1 S. 1 UWG in Betracht, da der dortige Erstattungsanspruch im Falle einer berechtigten Abmahnung das Korrelat dafür darstellt, dass es sich bei der Abmahnung um eine Obliegenheit des Gläubigers handelt.

IV.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10 S. 1, 711 S. 1, S. 2, 709 S. 2 ZPO.

3. Die Revision zum Bundesgerichtshof war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, also allgemein von Bedeutung ist (vgl. BGH Hinweisbeschluss v. 21.3.2018 - I ZR 127/17, BeckRS 2018, 27817 Rn. 6; BVerfG Beschluss vom 28. Juni 2012 - 1 BvR 2952/08, WM 2013, 15, 16; BGH Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZR 54/09, NJW-RR 2010, 1047 Rn. 3). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn die durch das Berufungsurteil aufgeworfene Rechtsfrage zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen, etwa wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Gerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur hierzu unterschiedliche Meinungen vertreten werden (vgl. BGH Hinweisbeschluss v. 21.3.2018 - I ZR 127/17, BeckRS 2018, 27817 Rn. 6). Im vorliegenden Fall bestehen - wie die Ausführungen unter II. zeigen - zur Auslegung des Ausnahmetatbestands des § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG in der Instanz-Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen und wurde dies höchstrichterlich bisher nicht entschieden, wobei sich diese Frage in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann, sie also von allgemeiner Bedeutung ist.