VG Minden, Urteil vom 27.11.2019 - 11 K 752/18
Fundstelle
openJur 2020, 494
  • Rkr:
Tenor

Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 16.01.2018 verpflichtet, der Klägerin die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windenergieanlagen des Typs Enercon E-115 auf den Grundstücken Gemarkung F. , Flur 3, Flurstücke 37 und 62 (WEA 08), Flurstücke 69 und 157 (WEA 09) und Flurstücke 33 und 34 (WEA 11), zu erteilen mit der Maßgabe,

1. dass die WEA 09 nachts schallreduziert mit 400 kW und die WEA 11 nur tagsüber betrieben werden und

2. alle Anlagen im Zeitraum vom 01.03. bis zum 15.09. eines jeden Jahres vom Beginn der bürgerlichen Morgendämmerung bis zum Ende der bürgerlichen Abenddämmerung und im Zeitraum vom 16.09. bis zum 31.10. eines jeden Jahres vom Beginn der bürgerlichen Morgendämmerung bis zum Sonnenaufgang und drei Stunden vor Sonnenuntergang bis zum Ende der bürgerlichen Abenddämmerung nicht betrieben werden dürfen.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zu 45 v. H., die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 10 v. H. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig. Zwischen dem Beklagten und der Beigeladener findet kein Kostenausgleich statt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin und die Beigeladene jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin beantragte am 20.10.2015 die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von insgesamt zwölf Windenergieanlagen (WEA) vom Typ Enercon E-115 mit einer Nennleistung von jeweils 3.000 kW in C1. -F. .

Nachdem die Klägerin den Antrag für die WEA 10 zurückgezogen hatte, erteilte der Beklagte unter dem 27.12.2016 eine - nach Rücknahme der gegen einzelne Auflagen gerichteten Klage im Verfahren 11 K 503/17 - insgesamt bestandskräftig gewordene immissionsschutzrechtliche Genehmigung für sieben Anlagen (WEA 01 bis 06 und 12). Die dort enthaltenen Nebenbestimmungen Nr. 52 bis 57 verpflichten die Klägerin zu Ausgleichs-/Kompensationsmaßnahmen auf einer ca. 2,5 ha großen Fläche auf dem Grundstück Gemarkung F. , Flur 3, Flurstück 150.

Die Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der verbleibenden vier Anlagen in C1. , Gemarkung F. , Flur 3 (WEA 07: Flurstücke 71 und 72, WEA 08: Flurstücke 37 und 62, WEA 09: Flurstücke 69 und 157, WEA 11: Flurstücke 33 und 34), lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 16.01.2018 ab.

Alle vier Vorhabenstandorte befinden sich sowohl außerhalb der von der Beigeladenen mit der 8. und 23. Änderung des Flächennutzungsplans ausgewiesenen Flächen für die Windenergienutzung als auch außerhalb der Konzentrationszonen, die durch den zwischenzeitlich am 25.06.2019 in Kraft getretenen Sachlichen Teilflächennutzungsplan "Windenergie" festgesetzt worden sind.

Ca. 5,9 km westlich bzw. südöstlich des Vorhabengebiets liegen die Vogelschutzgebiete "F1. " (DE-4419-401) und "I1.---wegbörde " (DE-4415-401). Zu den wertbestimmenden Vogelarten dieser außerhalb des Gemeindegebiets der Beigeladenen liegenden Flächen zählt unter anderem der Rotmilan. Die Anlagenstandorte befinden sich innerhalb eines Schwerpunktvorkommens des Rotmilans. Die mit Genehmigungsbescheid vom 27.12.2016 festgesetzte Ausgleichs-/Maßnahmenfläche auf dem Grundstück Gemarkung F. , Flur 3, Flurstück 150, liegt ca. 475 m östlich der WEA 11 und etwa 600 m nordöstlich der WEA 09. Die WEA 07 und 08 sind 1.025 bzw. 1.075 m entfernt.

Die Klägerin hatte im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren einen Artenschutzrechtlichen Fachbeitrag des Ingenieurbüros Schmal + Ratzbor vom 11.02.2016 (in BA V) sowie eine Studie zur Umweltverträglichkeitsprüfung des Büros für Stadt- und Landschaftsplanung Langenberg desselben Datums (in BA V) vorgelegt.

Das ebenfalls vom Ingenieurbüro für Umweltplanung Schmal + Ratzbor vorgelegte "Fachgutachterliche Maßnahmenkonzept zu den Vermeidungs- und Schadensbegrenzungsmaßnahmen insbesondere für den WEA-empfindlichen Rotmilan und Fledermäuse im Rahmen der geplanten Errichtung und Betrieb von 12 WEA bei C1. -F. Ost" vom 17.11.2016 (im Folgenden: Maßnahmenkonzept November 2016, in BA V) verneint im Hinblick auf den Rotmilan grundsätzlich eine Überschreitung der Signifikanzschwelle. Ungeachtet dessen werde vorgeschlagen - wie von der Klägerin auch umgesetzt -, den Standort der WEA 10 aufgrund des am Waldrand "F2. Ort" gelegenen und seit 2010 genutzten Rotmilanbrutplatzes nicht zu realisieren und auf dem Grundstück Gemarkung F. , Flur 3, Flurstück 150, ein für den Rotmilan attraktives Nahrungshabitat vorzusehen.

Mit Schreiben vom 19.12.2016 erklärte die Klägerin, hilfsweise solle zur Vermeidung artenschutzrechtlicher Konflikte eine Abschaltung aller Anlagen während der sog. Hellphase von Beginn bis Ende der bürgerlichen Dämmerung erfolgen.

Unter dem 10.01.2017 wurde das im November 2016 erstellte Maßnahmenkonzept vom Gutachter konkretisiert und erweitert (Maßnahmenkonzept Januar 2017, Bl. 578 ff. BA II), nachdem der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 02.12.2016 zur beabsichtigten Ablehnung des Genehmigungsantrags angehört hatte. Abweichend vom vorherigen Maßnahmenkonzept werden nunmehr Flurstücke in der Gemarkung Dörenhagen mit einer Größe von insgesamt ca. 2,12 ha für Ausgleichsmaßnahmen in den Blick genommen.

Der Beklagte vertrat mit Schreiben vom 08.05.2017 und 21.07.2017 die Auffassung, die WEA 11 sei aufgrund der Nähe zu einem Brutstandort des Rotmilans nicht genehmigungsfähig. Die WEA 07, 08 und 09 lägen weniger als 1.500 m entfernt vom Brutstandort F2. Ort, die WEA 08 zudem weniger als 1.500 m zur Brut im Wildnisgebiet F2. Ort. Des Weiteren befänden sich die Vorhabenstandorte zu nahe an der bereits festgesetzten Artenschutz-/Kompensationsmaßnahme auf dem Grundstück Gemarkung F. , Flur 3, Flurstück 150. Schließlich sei der Bereich von besonderer Bedeutung für das herbstliche Schlafplatzgeschehen auf der Paderborner Hochfläche. Die vom Gutachter im Maßnahmenkonzept Januar 2017 vorgeschlagenen Flächen in der Gemarkung E. seien für eine Kompensationsmaßnahme aus mehreren - näher benannten - Gründen ungeeignet.

Die Klägerin teilte der Beklagten mit Schreiben vom 26.07.2017 erneut mit, sie sei hilfsweise zu einer Tagabschaltung der Anlagen in der Zeit vom 01.03. bis zum 31.10. eines jeden Jahres bereit.

Nach erneuter Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 08.12.2017 (Bl. 1159 BA VI) erließ der Beklagte den ablehnenden Bescheid vom 16.01.2018: Die von der Klägerin vorgeschlagenen Maßnahmen seien insgesamt nicht ausreichend bzw. ungeeignet. Ein schlüssiges und wirksames Vermeidungskonzept in Bezug auf den Rotmilan liege nicht vor. Die vom beauftragten Gutachter vertretene Einschätzung sei fachlich nicht vertretbar, weil sie auf einer fehlerhaften Ermittlung der Rotmilanaktivitäten beruhe. Die Annahme, die Schwellenwerte seien nicht überschritten mit der Folge, dass kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko gegeben sei, sei unzutreffend. Zum einen sei die mit 10.080 Minuten zugrunde gelegte Gesamtbeobachtungsdauer falsch; richtig seien 5.040 Minuten. Zum anderen gehe der Gutachter von 250 m um die WEA für den Nah- und von 115 m für den Gefahrenbereich als räumlichen Maßstab für die Frage aus, ob der Wert von 10 % der Gesamtbeobachtungsdauer überschritten werde. Maßgeblich sei nach der Rechtsprechung aber das Untersuchungsgebiet. Eine Überschreitung der Signifikanzschwelle für den Standort der WEA 11 sei auf der Grundlage des Artenschutzrechtlichen Fachbeitrags klar gegeben. In Bezug auf die Standorte der WEA 08 und 09 werde ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko nicht widerlegt.

Die mit dem überarbeiteten Maßnahmenkonzept Januar 2017 vorgesehenen Ausgleichsflächen in der Gemarkung E. seien ungeeignet bzw. unzureichend.

In Bezug auf das nachbrutzeitliche Schlafplatzgeschehen seien auch im Maßnahmenkonzept Januar 2017 keine Vermeidungsmaßnahmen benannt worden, obwohl aufgrund der hohen Flugaktivitäten im Bereich der vier Anlagen von einem signifikant erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen sei.

Insgesamt sei festzuhalten, dass die Klägerin trotz mehrfacher Hinweise der Unteren Naturschutzbehörde keine ausreichenden Vermeidungsmaßnahmen vorgeschlagen habe, um das Tötungsrisiko unter die Signifikanzschwelle zu senken. Es sei nicht Aufgabe der Genehmigungsbehörde aufzuzeigen, unter welchen Bedingungen eine Genehmigungserteilung möglich sei.

Eine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens sei damit wegen entgegenstehender öffentlicher Belange des Natur- und Landschaftsschutzes nicht gegeben. Auch wenn die Beigeladene dies nicht thematisiert habe, sei das Einvernehmen nach § 36 Abs. 1 BauGB zu Recht versagt worden.

Mit Urteil vom 28.09.2016 hatte die erkennende Kammer festgestellt, dass die 8. und 23. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen keine Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entfalten, und den Beklagten zur Neubescheidung über den dort gestellten Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung verpflichtet. Nachdem die Genehmigung während des von der Beigeladenen betriebenen Verfahrens auf Zulassung der Berufung erteilt worden war, erklärten die Hauptbeteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen stellte daraufhin mit Einstellungsbeschluss vom 03.04.2017 - 8 A 2294/16 - fest, dass das Urteil vom 28.09.2016 wirkungslos sei.

Das Verfahren zur Aufstellung des Sachlichen Teilflächennutzungsplans "Windenergie" der Beigeladenen (im Folgenden: STFNP) nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:

Der Rat der Beigeladenen beschloss am 07.11.2016 die 40. Änderung des Flächennutzungsplans, mit dem Ziel, die Windenergienutzung im Gemeindegebiet mit Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu steuern. Die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung fand am 16.04.2018 statt, die Unterrichtung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange vom 24.04.2018 bis 24.05.2018.

Am 17.09.2018 wurde dieser Beschluss dahingehend abgeändert, dass ein sachlicher Teilflächennutzungsplan aufgestellt werden soll.

Das Gemeindegebiet wurde einer Potenzialanalyse durch das Planungsbüro X. Partner GmbH unterzogen. Als harte Tabuzonen wurden danach Gebiete qualifiziert, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen für die Windenergienutzung von vornherein ausgeschlossen seien. Weiche Tabuzonen seien solche, die aufgrund des gemeindeweiten städtebaulichen Gesamtkonzepts nicht für die Windenergie genutzt werden sollten. Die weichen Tabukriterien seien von der Gemeinde nachvollziehbar zu bewerten und zu rechtfertigen, das Ergebnis müsse "rückgekoppelt werden mit der Einschätzung, ob unter Zugrundelegung des gewählten Bewertungsspielraums noch substantiell Raum für die Windenergie" verbleibe. Die sich nach Abzug der "harten" und "weichen" Tabuflächen ergebenden sog. Potenzialflächen seien im Wege der Abwägung zu konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen.

Als mögliche Änderungsbereiche wurden die Flächen F. -West, F. -Ost (in den Teilflächen W1, W2, O1, O2, O3 und O4), C2. , C2. Nordwest, E. -Busch, E. -Ost, I2.-----grund und T1. -Erweiterung ermittelt (Potenzialflächenanalyse vom 03.06.2019, Bl. 4507, BA XVIII).

Als harte Tabubereiche wurden in der Planung der Beigeladenen

- zusammenhängende Siedlungsflächen mit vorwiegendem Wohncharakter

zuzüglich eines Puffers von 300 m,

- zusammenhängende Siedlungsflächen mit gemischt genutztem Charakter

zuzüglich eines Puffers von 200 m,

- Gewerbeflächen,

- die Sondernutzungen Bildungsanstalt und Reha-Klinik Schloss I3.

zuzüglich eines Puffers von 300 m bzw. 500 m,

- Außenbereichswohnen zuzüglich eines Puffers von 100 m und

- ruhebedürftige Grünflächen

angenommen und im Anschluss daran aus Vorsorgegründen weitere Schutzabstände von 900 m bzw. 500 m um die Siedlungsflächen, von 700 m bzw. 1.000 m um die Sondernutzungen, von 400 m um Außenbereichswohnen und von 300 m um die ruhebedürftigen Grünflächen als weiche Tabukriterien angesetzt.

Als harte Tabus ausgeschieden wurden - u.a. - des Weiteren

- Natura 2000-Gebiete (FFH-Gebiete, deren Schutzzweck auch windkraftsensible Arten umfasst) und Vogelschutzgebiete,

- Naturschutzgebiete nach § 20 LG und

- gesetzlich geschützte Biotope.

Die ersten beiden Bereiche wurden sodann jeweils "weich" mit einer Pufferzone vom 300 m und Biotope mit einer Pufferzone von 100 m umgeben.

Überschwemmungsgebiete, Waldflächen sowie Bereiche zum Schutz der Natur (BSN), noch nicht faktisch oder bauplanungsrechtlich ausgenutzte Allgemeine Siedlungsbereiche (ASB) und Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereiche (GIB) gemäß Regionalplan wurden als weiche Tabukriterien qualifiziert.

Eine Mindestgröße für Konzentrationszonen ist nach der der Planbegründung (Bl. 4510 ff. BA) beigefügten Tabelle "Kurzfassung zur Auswahl der harten und weichen Tabukriterien" nicht benannt. Unter 7. der Begründung (S. 23 f.) wird ausgeführt, eine Mindestgröße werde "nicht als gesondertes (weiches) Tabukriterium angegeben, da die Anlagenentwicklung faktisch aufgrund des Leistungs- und Größenwachstums der einzelnen Windkraftanlagen zu einer technischen Konzentration geführt" habe. Weiter heißt es u.a.: "Ob eine Konzentrationswirkung vorliegt, wurde daher unabhängig von der Größe der Fläche geprüft. (...) Die technisch bedingten Mindestabstände von Windkraftanlagen untereinander (Vermeidung von Turbulenzen durch die Nachlaufschleppe) bedeuten bereits für kleine Windkraftanlagen einen Mindestflächenbedarf von 10 ha wenn man unterstellt, dass in Hauptwindrichtung der fünffache Rotordurchmesser und in Nebenwindrichtung der dreifache Rotordurchmesser zur nächsten Windkraftanlage eingehalten werden muss. Die Mindestgröße kann für Teilflächen unterschritten werden, wenn sich in unmittelbarer Nachbarschaft die nächste Teilfläche anschließt, so dass optisch der Eindruck eines zusammenhängenden Windparks entsteht."

Die danach ermittelten sieben Potenzialräume wurden sodann (S. 35 ff.) im Einzelnen bewertet. Mit der Darstellung von drei Konzentrationszonen, nämlich der Bereiche "I2.-----grund ", "E. -Ost" und "F. -Ost O1", werde der Windenergie substantiell Raum verschafft. Innerhalb des 7.722 ha großen Gemeindegebiets unterlägen rund 2.374 ha einem harten Tabu. Von den verbleibenden 5.348 ha würden 414 ha, also 7,7 % des Gemeindegebiets für die konzentrierte Nutzung der Windenergie zur Verfügung gestellt.

Die förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB fand im Zeitraum vom 24.10.2018 bis 24.11.2018 statt; zugleich erfolgte die Beteiligung der Behörden und Träger öffentlicher Belange. Am 11.04.2019 beschloss der Bau- und Umweltausschuss der Beigeladenen die erneute öffentliche Auslegung nach § 4a Abs. 3 BauGB in der Zeit vom 24.04.2019 bis 24.05.2019. Im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung und im Rahmen der Offenlagen wurde die Potenzialflächenanalyse physisch mit nur einer Karte dokumentiert und das Kartenmaterial im Übrigen als pdf-Datei zur Verfügung gestellt.

Am 11.06.2019 beschloss der Rat der Beigeladenen den STFNP. Der Bürgermeister fertigte den Plan am 12.06.2019 aus. Am 25.06.2019 erfolgte die Genehmigung durch die Bezirksregierung Detmold, die noch am selben Tage im Amtsblatt der Gemeinde öffentlich bekannt gemacht wurde.

Die Klägerin hat bereits am 15.02.2018 Klage gegen den Ablehnungsbescheid vom 16.01.2018 erhoben. Sie legt im Klageverfahren eine Raumnutzungskartierung des Ingenieurbüros Schmal + Ratzbor für das Jahr 2017 (Bl. 163 ff. GA) und vom selben Verfasser - u.a. - einen Vermerk vom 04.05.2018, ein Fachgutachterliches Maßnahmenkonzept vom 10.05.2019, eine Stellungnahme zum Nachtrag der Genehmigung vom 27.12.2016 vom 13.03.2019 (Bl. 101 ff. in GA 11 K 503/17) sowie einen Vermerk zum fachgutachterlichen Maßnahmenkonzept vom 30.10.2019 vor. Des Weiteren werden eine Stellungnahme der ecoda vom 13.06.2019 und eine auf der Grundlage des Interimsverfahrens erstellte Schallimmissionsprognose der reko GmbH & Co. KG vom 24.10.2019 eingereicht.

Die Klägerin ist im Wesentlichen der Auffassung, jedenfalls unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Vermeidungsmaßnahmen sei ein Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot nicht begründbar. Der Rotmilan sei keine bedrohte Tierart. Sein Bestand habe sich nach dem Ergebnisbericht 2018 der Biologischen Station des Kreises Q. trotz der mittlerweile knapp 500 WEA nicht signifikant verschlechtert, sondern sich entsprechend dem über die Jahre schwankenden Nahrungsangebot entwickelt. Komme eine Art häufig vor, liege es auf der Hand, dass sich für das konkrete Individuum die Wahrscheinlichkeit, an einer bestimmten WEA zu kollidieren, vermindere. Das vollziehe auch der Artenschutzleitfaden nach. Darüber hinaus ergebe sich aus zahlreichen neuen Untersuchungen, dass der Rotmilan den höheren Luftraum nur zu einem geringen Teil nutze. Die untere Rotorblattebene der geplanten WEA liege 90 m über der Erdoberfläche, sodass alle Flüge darunter nicht kollisionsgefährdet seien. Wenn alles dafür spreche, dass Flüge oberhalb von 90 m allenfalls 20 % aller Flüge ausmachten, dann sei das bei der Beurteilung des Kollisionsrisikos zu berücksichtigen. Insoweit hätten sich ihre Angebote für einen eingeschränkten Anlagenbetrieb stets nur hilfsweise verstanden.

Die im Genehmigungsbescheid für die WEA 01 bis 06 und 12 festgesetzten Maßnahmen auf dem Flurstück 150 sei nicht notwendig gewesen, weil es in Bezug auf diese Anlagen keine artenschutzrechtliche Konfliktsituation gegeben habe. Im Bescheid vom 27.12.2017 werde dementsprechend nur auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen WEA 07 bis 09 und 11 verwiesen. Soweit die Nähe des Flurstücks 150 zu diesen vier Standorten problematisch sei, werde im Vermerk vom 30.10.2019 eine Verlegung auf einen unkritischen Standort in der Gemarkung E. vorgeschlagen.

Der STFNP der Beigeladenen könne ihrem Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Es liege bereits ein Verfahrensmangel vor, weil bei der Öffentlichkeitsbeteiligung und der Offenlage in Bezug auf die Potenzialflächenermittlung in Papierform nur eine Karte vorgelegen habe. Lediglich EDV-technisch versierte Personen hätten mit dem im pdf-Format bereitgestellten Kartenmaterial umgehen und so die verschiedenen Ebenen aufrufen können, um die Anwendung der angesetzten Restriktionskriterien nachzuvollziehen.

Naturschutzgebiete seien abwägungsfehlerhaft als harte Tabuzonen betrachtet worden. Eine konkrete Überprüfung einer Befreiungslage nach § 67 Abs. 1 BNatSchG habe nicht stattgefunden.

Entsprechendes gelte für die Natura 2000-Gebiete. Auch hier fehle eine konkrete Befassung mit den Erhaltungszielen und Schutzzwecken.

Infolge der fehlerhaften Qualifikation von Naturschutzgebieten und Natura 2000-Gebieten würden sich auch die zusätzlich vorgesehenen Pufferzonen um diese Gebiete (300 m) nicht rechtfertigen lassen.

Die im GEP enthaltenen BSN-Flächen seien aufgrund einer hohen Bedeutung im regionalen Biotopverbund als weiche Tabuzonen gewertet worden. Diese Begründung berücksichtige Ziel 4 des GEP nicht ausreichend. Die erforderliche Einzelfallbetrachtung fehle.

Die Begründung für die Qualifikation der Waldflächen als weiches Tabu sei ebenfalls zu pauschal. Eine Differenzierung zwischen forstwirtschaftlich genutzten und sonstigen Waldgebieten fehle. Soweit darauf verwiesen werde, dass die Waldflächen nahezu vollständig von anderen Tabukriterien oder durch die konkurrierende Nutzung "Artenschutz" überlagert werde, mache dies eine Rechtfertigung des Tabukriteriums "Wald" nicht entbehrlich.

Der "hart" angesetzte Abstand von 300 m zu zusammenhängenden Siedlungsflächen könne nicht mit Erwägungen des vorsorgenden Immissionsschutzes begründet werden. Die Beigeladene habe auch selbst erkannt, dass dieser Abstand bei einer vollständigen Nachtabschaltung unterschritten werden könne. In Bezug auf die in allgemeinen Wohngebieten geltenden Immissionsrichtwerte würde außer Betracht gelassen, dass im Übergangsbereich zum Außenbereich Zwischenwerte zu bilden seien. Dies gelte auch für die weiteren aus Immissionsrichtwerten abgeleiteten Abstände.

Der um ruhebedürftige Grünflächen im Außenbereich angesetzte Puffer von 300 m lasse sich mit einer optisch bedrängenden Wirkung von Windkraftanlagen nicht begründen.

Bei dem Kriterium der Mindestflächengröße sei nicht erkennbar, worauf insoweit überhaupt abgestellt werde.

Soweit Flächen mit der Begründung eines geschützten Landschaftsbildes ausgesondert worden seien, sei dies nicht konkret nachvollziehbar. Insbesondere sei das Bestehen einer objektiven Befreiungslage nicht konkret geprüft worden. Dazu habe insbesondere deshalb Anlass bestanden, weil für den Bereich F. -West entsprechende Befreiungen erteilt worden seien. Den Aufstellungsvorgängen sei eine Einschätzung des Kreises Q. als zuständige Behörde nicht zu entnehmen.

Schließlich rügt die Klägerin die Berücksichtigung der Kriterien "Artenschutz", "Umfassungswirkung" und "Erhaltenswerte historische Kulturlandschaft" und vertritt angesichts der Ausweisung von weniger als 10 % der Vergleichsfläche die Ansicht, der Windkraft werde im Ergebnis auch kein substantieller Raum verschafft.

Nachdem der Beklagte den Bescheid vom 16.01.2018 in Bezug auf die WEA 07 vor dem Hintergrund einer vom Gericht angeregten vergleichsweisen Regelung im Erörterungstermin vom 17.06.2019 aufgehoben hatte, ist mit Bescheid vom 18.09.2019 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung auch dieser Anlage - erneut - abgelehnt worden: Das Vorhaben sei nach dem Inkrafttreten des STFNP der Beigeladenen am 25.06.2019 bauplanungsrechtlich unzulässig, und die Beigeladene habe die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens am 26.09.2019 versagt. Außerdem liege ein Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG vor. Das Verletzungs- bzw. Tötungsrisiko für den Rotmilan werde durch die WEA 07 signifikant erhöht.

Das Verfahren ist mit Beschluss vom 08.10.2019 getrennt und unter dem Aktenzeichen 11 K 3109/19 fortgeführt worden, soweit der Bescheid vom 16.01.2018 die WEA 07 betraf. Die am 30.09.2019 im vorliegenden Verfahren erhobene Klage gegen den Bescheid vom 18.09.2019 ist mit Beschluss vom 21.11.2019 abgetrennt und mit dem Verfahren 11 K 3109/19 verbunden worden.

Die Klägerin beantragt nach Beschränkung des von ihr ursprünglich beabsichtigten Betriebsumfangs der Anlagen WEA 08, 09 und 11 nunmehr,

1. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16.01.2018 zu verpflichten, ihr die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der WEA 08, 09 und 11 zu erteilen

a) aus Schallimmissionsschutzgründen mit der Maßgabe, dass die WEA 09 nachts schallreduziert mit 400 kW und die WEA 11 nur tagsüber betrieben werden, und

b) aus artenschutzrechtlichen Gründen

aa) betreffend den Rotmilan

mit der weiteren Maßgabe, dass die WEA 08, 09 und 11 während der Brutzeit vom Beginn der bürgerlichen Morgendämmerung bis zum Ende der bürgerlichen Abenddämmerung im Zeitraum vom 01.03. bis zu 31.07. eines jeden Jahres und während des herbstlichen Schlafplatzgeschehens im Zeitraum vom 01.08. bis zum 31.10. eines jeden Jahres vom Beginn der bürgerlichen Morgendämmerung bis zum Sonnenaufgang und drei Stunden vor Sonnenuntergang bis zum Ende der bürgerlichen Abenddämmerung, hilfsweise vom Beginn der bürgerlichen Morgendämmerung bis zum Ende der bürgerlichen Abenddämmerung nicht betrieben werden dürfen,

bb) betreffend den Baumfalken

mit der weiteren Maßgabe, dass die WEA 08, 09 und 11 im Zeitraum vom 15.04. bis zum 15.09. eines jeden Jahres vom Beginn der bürgerlichen Morgendämmerung bis zum Ende der bürgerlichen Abenddämmerung nicht betrieben werden dürfen,

2. hilfsweise,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, ihr vor dem 25.06.2019 die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er weist in Bezug auf die Flächennutzungsplanung der Beigeladenen darauf hin, dass es in deren Gemeindegebiet keine Europäischen Vogelschutzgebiete gebe. Dass das einzige Naturschutzgebiet als harte Tabuzone eingestuft worden sei, habe jedenfalls keine Auswirkungen auf das Abwägungsergebnis gehabt, weil Windenergieanlagen dort mangels Erschließung nicht realisierbar seien.

In Bezug auf den Artenschutz ergänzt und vertieft der Beklagte seine Ausführungen im angefochtenen Bescheid. Ausweislich des im Planaufstellungsverfahren der Beigeladenen erstellten Artenschutzfachbeitrages der NZO GmbH von August 2018 liege ein Brutplatz des kollisionsgefährdeten Baumfalken innerhalb eines Radius von jeweils 500 m um die Standorte der WEA 07, 09 und 11. Bereits in der Raumnutzungsanalyse 2017 von Schmal + Ratzbor sei ein Baumfalkenrevier dokumentiert worden, das seinerzeit jedoch etwa 800 m weiter nördlich verortet und damit nur in Bezug auf die WEA 11 kritisch gewesen sei. Die Unterschreitung des Radius von 500 m sei ein Hinweis auf ein möglicherweise signifikant erhöhtes Tötungsrisiko mit der Folge, dass nach dem Artenschutz-Leitfaden eine vertiefte Untersuchung erfolgen müsse.

Die Ablenkfläche für den Rotmilan auf dem Flurstück 150 sei im Genehmigungsbescheid vom 27.12.2016 als Auflage Nr. 54 bestandskräftig festgeschrieben, inzwischen hergestellt und der Wirksamkeitsnachweis erbracht worden. Die Frage, ob die Ablenk- bzw. Ausgleichsfläche entbehrlich sei, stelle sich im vorliegenden Verfahren nicht.

Die insbesondere im Hinblick auf die WEA 07 bestehende Schlafplatzproblematik bleibe auch in den Vermeidungsmaßnahmen, die im Vermerk des Büros Schmal + Ratzbor vom 30.10.2019 vorgeschlagen würden, völlig unberücksichtigt.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist zunächst der Auffassung, die von der Klägerin nach Erlass des Ablehnungsbescheides vom 16.01.2018 vorgelegten Maßnahmenkonzepte könnten bei einer gerichtlichen Entscheidung keine Berücksichtigung finden, weil Prüfungsgegenstand des Klageverfahrens der Antrag sei, über den der Beklagte im angefochtenen Bescheid entschieden habe. Da der Beklagte außerdem die erst im gerichtlichen Verfahren eingereichte Schallimmissionsprognose nach dem Interimsverfahren noch nicht geprüft habe, liege ein sog. steckengebliebenes Genehmigungsverfahren vor, sodass allenfalls eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung über den Genehmigungsantrag der Klägerin in Betracht komme.

Soweit die Klägerin die Feststellung begehre, dass der Beklagte vor dem 25.06.2019 zur Erteilung der beantragten Genehmigung verpflichtet gewesen sei, erscheine zweifelhaft, ob ein Feststellungsinteresse gegeben sei. Denn auch vor diesem Datum hätte die Klägerin allenfalls ein Bescheidungsurteil erreichen können, das im Hinblick auf mögliche Schadenersatzansprüche kaum weiterhelfen könne.

In der Sache ist die Beigeladene der Auffassung, das Vorhaben der Klägerin verstoße bereits gegen das Tötungsverbot in § 44 Abs.1 Nr. 1 BNatSchG. Abgesehen davon, dass das Maßnahmenkonzept vom 10.01.2017 nach Auffassung des Beklagten nicht ausreichend wirksam sei, würden die diesem zugrunde liegenden Raumnutzungsanalysen des Büros Schmal + Ratzbor an erheblichen fachlichen Mängeln leiden. Insoweit werde auf eine Stellungnahme der NZO GmbH aus November 2019 verwiesen. Entsprechendes gelte für das von der Klägerin in Bezug auf die WEA 07 vorgelegte Artenschutz-Maßnahmenkonzept vom 10.05.2019.

In Bezug auf den STFNP sei die Öffentlichkeitsbeteiligung nicht fehlerhaft erfolgt. Sie habe in der öffentlichen Bekanntmachung der Offenlage auf die Möglichkeit hingewiesen, die Hilfe eines sachkundigen Mitarbeiters bei der Einsicht in die Planunterlagen in Anspruch zu nehmen.

Soweit die Klägerin das Tabuflächenkonzept und damit dessen Ausschlusswirkung auf der Grundlage der Urteile des OVG NRW vom 17.01.2019 und 14.03.2019 in Frage stelle, sei zunächst festzuhalten, dass diese Entscheidungen nicht rechtskräftig seien. Im Übrigen würden die Rügen der Klägerin nicht durchgreifen.

Das einzige im Gemeindegebiet gelegene Naturschutzgebiet "Ziegenberg" sei aufgrund der unzureichenden Erschließungssituation faktisch nicht bebaubar. Der Prüfung einer Befreiungsmöglichkeit nach § 67 Abs. 1 BNatSchG habe es daher im Vorfeld der Qualifizierung als hartes Tabu nicht bedurft. Das Naturschutzgebiet "F3. " befinde sich vollständig auf dem Gebiet der Stadt Q. , die Naturschutzgebiete "Nordhänge des B. " und "T2. " lägen im Stadtgebiet M1. .

Die Natura 2000-Gebiete seien nicht generell als harte Tabuflächen eingestuft worden. Im Umweltbericht würden die FFH-Gebiete "Kalkfelsen bei H. " und "N1. und O. " sowie die Vogelschutzgebiete "Senne mit U. Wald" und "F1. " Erwähnung finden. Aus der Auswertung der im Rahmen der erneuten öffentlichen Auslegung erfolgten Stellungnahmen ergebe sich, dass sie die in ihrem Gemeindegebiet und im Umfeld gelegenen FFH-Gebiete im Einzelnen betrachtet und festgestellt habe, dass dort jeweils windenergiesensible Arten als Zielarten genannt würden.

Die von der Klägerin als pauschal und undifferenziert gerügte Ausweisung von Pufferzonen um Naturschutz- und FFH-Gebiete lasse außer Betracht, dass in der Begründung festgehalten werde, dass diese mit dem Ziel, windkraftsensiblen Arten einen beschützten Lebens- und Rückzugsraum zu geben, erfolgt sei. Dass eine Nutzung für Windkraft dem Schutzzweck dieser Gebiete widerspreche, sei ausweislich der Begründung geprüft worden, und zwar auch für die in den benachbarten Städten M1. und Q. gelegenen und an das C3. Gemeindegebiet angrenzenden Naturschutzgebiete. Die drei Naturschutzgebiete würden im Umweltbericht erwähnt. Im Rahmen der Abwägung der Stellungnahmen nach erneuter Offenlage werde darauf verwiesen, dass durchgängig Bauverbote für bauliche Anlagen bestünden und Ausnahmetatbestände nicht greifen würden. Da in allen Naturschutzgebietsverordnungen und in den Schutzzielen der FFH-Gebiete windkraftsensible Arten als Zielarten genannt seien oder vorkämen, seien Befreiungen dort nicht "notwendig" i.S.d. § 67 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, da der Windenergie andernorts problemlos Raum gegeben werden könne. In Bezug auf die Pufferzone von 300 m sei in der tabellarischen Kurzfassung der harten und weichen Tabukriterien festgehalten, dass dies der Entfernung entspreche, unterhalb derer ohnehin eine FFH-Verträglichkeitsprüfung notwendig sei. Der Abstand puffere mögliche Auswirkungen von Windkraftanlagen auf das Schutzgebiet.

Im Unterschied zu dem vom OVG NRW mit Urteil vom 17.01.2019 entschiedenen Fall habe sie BSN-Flächen nicht als harte, sondern als weiche Tabuzone eingestuft, und dies mit deren hohen Bedeutung im regionalen Biotopverbund sowie damit begründet, dass BSN ein ökologisches Entwicklungsziel definieren würden, das nicht in Frage gestellt werden solle. Im Übrigen würden die BSN-Flächen vollständig von anderen weichen Tabukriterien, in erster Linie immissionsschutzrechtlich begründeten Vorsorgeabstände zu Siedlungsbereichen und Vorsorgepuffern zur Autobahn, überdeckt, sodass sich dadurch keine Auswirkungen auf die Flächenkulisse ergäben.

Bei der Einordnung von Waldflächen als weiches Tabu habe sie sich mit den Stellungnahmen des Landesbetriebes Wald und Holz intensiv auseinandergesetzt und zwischen zusammenhängenden und bislang weitgehend ungestörten Waldbereichen auf der einen und Waldflächen, auf denen sie eine Nutzung durch Windenergie zulassen wolle, auf der anderen Seite differenziert.

Entgegen der Auffassung der Klägerin seien 300 m zu zusammenhängenden Siedlungsflächen als immissionsschutzrechtlich begründeter Mindestabstand nicht als Vorsorgeabstand, sondern "hart" angesetzt worden. In diesem Bereich sei es bei typisierender Betrachtung (immissionsschutz-)rechtlich ausgeschlossen, dass Windkraftanlagen zulässigerweise errichtet werden könnten. Das OVG NRW habe in seinem Urteil vom 17.01.2019 auf der Grundlage einer Referenzanlage von 100 m Nabenhöhe, 100 m Rotordurchmesser und einem Emissionsspektrum von 103 bis 106 dB(A) einen als hart bewerteten Abstand von 300 m als grundsätzlich vertretbar angesehen.

Auch bei der Festlegung von immissionsschutzrechtlich begründeten Vorsorgeabständen sei eine typisierende Betrachtung zulässig.

Eine Mindestflächengröße sei nicht gesondert als (weiches) Tabukriterium angegeben worden. Sie habe vielmehr die tabufreien Zonen im Nordwesten untersucht und festgestellt, dass dort eine Konzentration von Anlagen nicht zu erreichen sei. Aufgrund dieser Erkenntnis habe sie diese Flächen nicht für eine Windenergienutzung zur Verfügung gestellt.

Das Kriterium "Geschützes Landschaftsbild" sei nicht als hartes Tabu angewendet worden; die sich auf eine entsprechende Annahme gründenden Ausführungen der Klägerin würden daher ins Leere gehen. Warum in bestimmten Teilen der Potenzialflächen aus diesem Grund auf eine Ausweisung verzichtet worden sei, habe sie ausreichend erläutert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Verfahrens 11 K 3109/19 sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Beigeladenen Bezug genommen. Sämtliche Akten und Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Soweit die Klägerin ihren Klageantrag in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich des Betriebsumfangs der Anlagen beschränkt und damit konkludent zum Teil zurückgenommen hat, war das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

Die danach noch anhängige Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und begründet. Der den Genehmigungsantrag der Klägerin ablehnende Bescheid des Beklagten vom 16.01.2018 ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Sie hat im nunmehr beantragten Umfang Anspruch auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.

Dem Vorhaben der Klägerin steht weder eine Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (dazu unter I.) noch ein Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (II.) entgegen. Die Schallimmissionsprognose vom 24.10.2019 stellt die Einhaltung der maßgeblichen Richtwerte sicher (III.), sodass das Gericht nicht auf eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung beschränkt war.

I.

Wenn ein rechtswirksamer Flächennutzungsplan ein Vorhaben nicht am geplanten Standort, sondern nur an anderen Standorten mit Ausschlusswirkung für das übrige Gemeindegebiet zulässt, also eine sog. negative Ausschlusswirkung,

vgl. zur Unterscheidung zwischen negativen und positiven Planausweisungen: BVerwG, Urteil vom 31.03.2013 - 4 CN 1/12 -, juris Rn. 16 ff.,

entfaltet, stehen dem Vorhaben öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegen. Eine negative Ausschlusswirkung kann sich aus ausdrücklichen Darstellungen im Flächennutzungsplan oder im Wege der Auslegung ergeben, wobei insbesondere der dem Flächennutzungsplan beizufügende Erläuterungsbericht als wesentliche Hilfe für die Verdeutlichung und die Auslegung des Plans herangezogen werden kann.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 31.03.2013 - 4 CN 1/12 -, a.a.O. Rn. 18.

Soll eine planerische Entscheidung die Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auslösen - hiernach stehen öffentliche Belange einem Vorhaben zur Nutzung der Windenergie in der Regel entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist -, verlangt das Abwä-gungsgebot die Entwicklung eines schlüssigen Gesamtkonzepts, das sich auf den gesamten Außenbereich erstreckt. Die gemeindliche Entscheidung muss nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 13.12.2012 - 4 CN 1/11 -, vom 13.03.2003 - 4 C 3/02 - und vom 17.12.2002 - 4 C 15/01 -; OVG NRW, Urteile vom 01.07.2013 - 2 D 46/12.NE -; OVG Lü-neburg, Urteil vom 23.06.2016 - 12 KN 64/14 -, sämtlich in juris.

Die Ausarbeitung eines Plankonzepts, das Auskunft darüber gibt, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird und welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windkraftanlagen freizuhalten, ist auf der Ebene des Abwägungsvorgangs nach § 1 Abs. 7 BauGB angesiedelt.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.09.2009 - 4 BN 25/09 -, juris Rn. 8; OVG NRW, Urteil vom 04.07.2012 - 10 D 47/10.NE -, juris Rn. 77.

Das dort normierte Gebot, die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen, setzt in tatsächlicher Hinsicht die Ermittlung aller abwägungsrelevanten Belange voraus. Unbeachtlich sind Belange (nur), wenn sie für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren oder wenn sie keinen städtebaulichen Bezug haben, geringwertig oder makelbehaftet oder solche sind, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht. In rechtlicher Hinsicht erfordert das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB, dass weder die Bedeutung einzelner Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen werden, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungserfordernis schon dann genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 01.07.2013 - 2 D 46/12.NE -, juris Rn. 27 ff. unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BVerwG.

Eine diesen Anforderungen genügende Ausarbeitung eines Planungskonzepts für die Darstellung von Konzentrationszonen i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vollzieht sich abschnittsweise. In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als Tabuzonen zu ermitteln, die für die Nutzung der Windenergie "hart" nicht zur Verfügung stehen. Der Begriff der harten Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Gemeindegebietsteilen, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Gründen auch immer, nicht in Betracht kommen, mithin für eine Windenergienutzung schlechthin ungeeignet sind. Mit dem Begriff der weichen Tabuzonen werden dagegen Bereiche des Gemeindegebiets erfasst, in denen nach dem Willen der Gemeinde aus unterschiedlichen Gründen die Errichtung von Windenergieanlagen von vornherein ausgeschlossen werden soll. Die Flächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben, sind dann in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d. h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird.

Bei den harten Tabuzonen handelt es sich um Flächen, deren Bereitstellung für die Windenergienutzung an § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB scheitert. Für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht erforderlich ist ein Bauleitplan dann, wenn seiner Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen. Harte Tabuflächen sind demnach einer Abwägung zwischen den Belangen der Windenergienutzung und widerstreitenden Belangen im Rahmen des § 1 Abs. 7 BauGB entzogen. Demgegenüber sind weiche Tabuzonen zu den Flächen zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Zuge der Abwägung zugänglich sind. Zwar dürfen sie anhand einheitlicher Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden werden, bevor diejenigen Belange abgewogen werden, die im Einzelfall für und gegen die Nutzung einer Fläche für die Windenergie sprechen. Dies ändert aber nichts daran, dass sie keine eigenständige Kategorie im System des Rechts der Bauleitplanung bilden, sondern der Ebene der Abwägung zuzuordnen sind. Sie sind disponibel, was sich daran zeigt, dass städtebauliche Gesichtspunkte hier nicht von vornherein vorrangig sind und der Plangeber die weichen Tabuzonen einer erneuten Betrachtung und Bewertung unterziehen muss, wenn er als Ergebnis seiner Untersuchung erkennt, dass er für die Windenergienutzung nicht substantiell Raum schafft. Seine Entscheidung für weiche Tabuzonen muss der Plangeber rechtfertigen. Dazu muss er aufzeigen, wie er die eigenen Ausschlussgründe bewertet, d. h. kenntlich machen, dass er - anders als bei harten Tabukriterien - einen Bewertungsspielraum hat, und die Gründe für seine Wertung offen legen. Diese Forderung ist mit dem schlussendlichen Abwägungsparameter rückgekoppelt, dass, je kleiner die für die Windenergienutzung verbleibenden Flächen am Ende ausfallen, umso mehr das gewählte methodische Vorgehen zu hinterfragen ist.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 14.03.2019 - 2 D 71/17.NE -, juris Rn. 75, vom 17.01.2019 - 2 D 63/17.NE -, juris Rn. 56, vom 06.03.2018 - 2 D 95/15.NE -, juris Rn. 62, und vom 01.07.2013 - 2 D 63/17.NE -, juris Rn. 36 ff.; OVG Lüneburg, Urteil vom 23.06.2016 - 12 KN 64/14 -, juris Rn. 62, jeweils unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BVerwG.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass sich eine weitergehende gerichtliche Prüfung des Planungsprozesses erübrigen würde, wenn und soweit die Flächennutzungsplanung der Windenergie im Ergebnis substantiellen Raum einräumt. Damit würde die grundlegende, vom Gesetzgeber ausweislich der §§ 214, 215 BauGB anerkannte Unterscheidung zwischen Mängeln des Abwägungsvorgangs und Mängeln des Abwägungsergebnisses aufgehoben. Aus dem vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Prüfungsraster ergibt sich vielmehr, dass die (erst) auf der 4. Stufe erfolgende Überprüfung, ob für die Nutzung der Windenergie substantiell Raum geschaffen wurde, einem ordnungsgemäßen Abwägungsprozess nachzufolgen hat, ihn aber nicht ersetzt.

Der Rat muss demgemäß unabhängig von der Bewertung des Ergebnisses seiner Rechtfertigungspflicht bezüglich der Wahl der weichen Tabus im oben genannten Umfang nachkommen. Andernfalls scheitert seine Planung unabhängig davon, welche Maßstäbe an die Kontrolle des Abwägungsergebnisses anzulegen sind, schon an dem fehlenden Nachweis, dass er die weichen Tabuzonen auf der Stufe der Abwägung (tatsächlich) in die Planung eingestellt hat.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.03.2019 - 2 D 71/17.NE -, juris Rn. 78 ff. m.w.N. insbesondere zur Rechtsprechung des BVerwG.

Den Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen muss sich die Gemeinde bewusst machen und ihn dokumentieren. Es ist schon aus sich heraus abwägungsfehlerhaft, wenn die Gemeinde entgegen der sie insofern treffenden Dokumentationspflicht keine Unterscheidung zwischen harten und weichen Tabuzonen dokumentiert hat, obwohl diese in der spezifischen vorliegenden Planungssituation materiellrechtlich geboten ist. Denn infolgedessen kann sie sich bei Abwägung, Standortfindung und Standortzuweisung nicht bewusst machen, welche der von ihr herangezogenen Kriterien zur Ermittlung des Suchraums zu einem § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB zuzuordnenden Ausscheiden von Gemeindeflächen für die Windenergienutzung von vornherein und auf Dauer führen würden, also zu harten Tabuzonen, und welche der vorab ausgeschiedenen Flächen (als weiche Tabuzonen) der Abwägung im Rahmen des § 1 Abs. 7 BauGB zuzuschlagen sind. So bleibt im Unklaren, ob und in welchem Umfang bereits auf der ersten Stufe des Planungsprozesses, in der Phase der Suchraumfindung, abwägerische Entscheidungen gefordert waren. Damit kann die Gemeinde auch ihre (weitere) Abwägung über die Auswahl und den Zuschnitt von Konzentrationszonen im Rahmen der zweiten Planungsphase nicht rechtmäßig steuern und nicht hinreichend präzise, schlüssigausgewogen entscheiden, ob sie der Windenergie tatsächlich substantiell Raum verschafft. Fehlt die danach erforderliche Dokumentation und lässt sich deshalb nicht feststellen, welche Ausschlusskriterien als "hart" und welche als "weich" behandelt wurden, liegt ein selbständig tragender beachtlicher Abwägungsmangel vor. Es kommt dann nicht darauf an, ob bestimmte Ausschlusskriterien zu Recht als harte Tabuzonen angesehen wurden.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 01.07.2013 - 2 D 46/12.NE -, juris Rn. 39.

Für die Rechtmäßigkeit der Flächenauswahl unter Abwägungsgesichtspunkten sind die Erwägungen maßgeblich, die tatsächlich Grundlage der Abwägungsentscheidung des Plangebers waren. Entscheidend für die gerichtliche Überprüfung der Abwägungsentscheidung sind damit in erster Linie die Verlautbarungen in der Begründung, die dem Flächennutzungsplan nach § 5 Abs. 5 BauGB beizufügen ist, ergänzt durch die Erwägungen, denen der Plangeber bei seiner abschließenden Beschlussfassung gefolgt ist.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 09.09.2019 - 10 D 36/17.NE -, juris Rn. 69, vom 06.03.2018 - 2 D 95/15.NE -, juris Rn. 80 ff., vom 05.07.2017 - 7 D 105/14.NE -, juris Rn. 39 ff., vom 22.09.2015 - 10 D 82/13.NE -, juris Rn. 45 ff., und vom 20.11.2012 - 8 A 252/10 -, juris Rn. 56.

Nach diesen Maßstäben können weder die Festsetzungen in dem am 25.06.2019 in Kraft getretenen STFNP (dazu unter 1.) noch die Festsetzungen in der 23. Änderung und 8. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen (dazu unter 2.) dem Vorhaben der Klägerin entgegengehalten werden.

1.

Der positive wie negative Standortzuweisungen enthaltende STFNP der Beigeladenen vom 25.06.2019 entfaltet keine Ausschlusswirkung, weil ihm kein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegt, das den von der Rechtsprechung entwickelten Maßstäben genügt. Insoweit lässt die Kammer offen, ob der Plan formell ordnungsgemäß zustande gekommen ist, weil physisch nur ein Plan offen gelegt wurde und die Wirkungsbereiche der angewandten Tabukriterien sich nur elektronisch erkennen lassen. Die Planung der Beigeladenen weist jedenfalls erhebliche Mängel im Abwägungsvorgang auf (a)), die nach §§ 214, 215 BauGB beachtlich sind (b)).

a)

Es fehlt an einem schlüssigen Planungskonzept, weil sowohl auf der ersten Ebene, also als "hart" von der Beigeladenen qualifizierte Tabukriterien, als auch aus Vorsorgegründen "weich" angenommene Tabus sich nicht ausreichend rechtfertigen lassen. Die Anwendung des Kriteriums "Mindestgröße" im Abwägungsvorgang ist nicht nachvollziehbar und erweist sich als widersprüchlich.

aa) Zunächst werden die um Siedlungsflächen mit vorwiegendem Wohncharakter angesetzten Pufferzonen von 300 m und der zusätzlich angesetzte Vorsorgeabstand von 900 m nicht tragfähig begründet.

Nach Auffassung der Kammer können zu den harten Tabuzonen allerdings grundsätzlich die Flächen gezählt werden, die so nah an schutzwürdigen baulichen Nutzungen liegen, dass die Werte der TA Lärm zum Nachteil der Nachbarschaft gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch den Betrieb von Windenergieanlagen überschritten würden,

vgl. hierzu etwa OVG NRW, Urteile vom 09.09.2019 - 10 D 36/17.NE -, juris Rn. 73, vom 17.01.2019 - 2 D 63/17.NE -, juris Rn. 136, vom 14.03.2019 - 2 D 71/17.NE -, juris Rn. 142, und vom 05.07.2017 - 7 D 105/14.NE -, juris Rn. 43 ff., jeweils m.w.N.

Dabei darf der Plangeber Parametern wie etwa Windrichtung und -geschwindigkeit, Leistungsfähigkeit der Anlagen oder Tonhaltigkeit der Rotorgeräusche auch in mehr oder weniger pauschaler Weise Rechnung tragen; eine Pauschalierung nach der Zahl der Anlagen ist ihm dagegen bei Bestimmung der harten Tabuzonen nicht gestattet, wenn nicht die Errichtung einzelner oder weniger Anlagen aus tatsächlichen Gründen, etwa naturräumlicher, topographischer oder wirtschaftlicher Art, schlechthin ausgeschlossen ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2018 - 4 CN 3/18 -, juris Rn. 24 ff.; OVG NRW, Urteile vom 09.09.2019 - 10 D 36/17.NE -, juris Rn. 76 ff., vom 14.03.2019 - 2 D 71/17.NE -, juris Rn. 142, und vom 05.07.2017 - 7 D 105/14.NE -, juris Rn. 46, jeweils m.w.N.

Nach den Darlegungen in der Planbegründung ist die Beigeladene bei der Festlegung eines Mindestabstandes von 300 m zu vorwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebieten von einer Referenzanlage mit einem Emissionswert von 100 dB(A) (S. 12 der Begründung, S. 1 der tabellarischen Übersicht) und einem Rotordurchmesser von 100 m (S. 10 der Begründung) ausgegangen. Im Unterschied zum Vorentwurf, der eine Anlagengesamthöhe von 150 m zugrunde legte, nimmt die beschlossene Planung - wohl - eine Anlagenhöhe von 100 m an, wenn es in der Begründung heißt, man sei auf der rechtlich sicheren Seite, "indem auch kleinere Windkraftanlagen (z. B. mit einer Gesamthöhe von "nur" 100 m) berücksichtigt" würden (S. 8).

Aus welchen Erwägungen sich auf dieser Grundlage für den Plangeber ein Abstandserfordernis von 300 m ergeben hat, lässt sich nicht nachvollziehen.

Es ist zunächst nicht ersichtlich, welcher Abstand zwischen Emissionsort, also dem Standort der Anlage, und Immissionspunkt angenommen wurde. Die Begründung führt auf S. 10 oben zwar im Prinzip zutreffend aus, dass der Mastfuß einer Anlage bei einem Rotordurchmesser von 100 m mindestens 50 m von der Grenze einer Konzentrationszone entfernt sein muss, damit der Rotor nicht darüber hinaus ragt. In der Tabelle der Tabukriterien wird ein Puffer von 300 m als "der erforderliche Abstandswert für das Emissionsspektrum einer Referenzanlage" bezeichnet. Ob der Anlagenstandort in einem Abstand von 300 oder 350 m zur Wohnbebauung verortet worden ist, ergibt sich daraus nicht. Soweit das Tabukriterium schließlich ergänzend damit begründet wird, dass "300 m (...) die 2fache Anlagengesamthöhe der zugrunde gelegten Referenzanlage als untere Grenze einer optisch bedrängenden Wirkung" (S. 1 der Tabelle) seien, lässt dies darauf schließen, dass auch bei der Ermittlung des aus Immissionsschutzgründen erforderlichen Mindestabstands fehlerhaft der Emissionsort an der Grenze der Konzentrationszone verortet wurde. Ansonsten hätte in diesem Zusammenhang von 350 m ausgegangen werden müssen.

Die Ausführungen auf S. 9 der Planbegründung lassen die Anlagenkonstellation, die zu dem festgelegten Mindestabstand geführt hat, ebenfalls nicht erkennen. Die dortigen Abbildungen beschreiben lediglich allgemein das Immissionsverhalten von WEA in unterschiedlichen Betriebsarten in Abhängigkeit von dem jeweiligen Abstand zum Immissionsort.

Zumindest unklar bleibt darüber hinaus, von wie vielen Referenzanlagen bei der Bemessung des aus Gründen des Immissionsschutzes erforderlichen Abstands ausgegangen wurde. Während in der Tabelle insoweit von einer Anlage die Rede ist, wird in der Begründung (S. 14 oben) im Zusammenhang mit der möglichen Nachtabschaltung einzelner Anlagen dargelegt:

"Das Ziel der kommunalen Steuerungsplanung sind jedoch größere Windparks wie sie in der Region üblich sind. Für diese Parks sollen an geeigneten Stellen im Gemeindegebiet Flächen im FNP im Wege der umgekehrten Ausschlusswirkung dargestellt werden. Für eine Mehrzahl von Windkraftanlagen ist anzunehmen, dass diese in einem Abstand von 300 m zu Wohnsiedlungsrändern nicht genehmigungsfähig sind."

Allein das Ziel, mindestens drei Windenergieanlagen in einer Konzentrationszone zu ermöglichen, darf indes nicht ausschlaggebend für die Bestimmung harter Tabuzonen sein.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2018 - 4 CN 3/18 -, juris Rn. 23 ff., vorgehend OVG NRW, Urteil vom 05.07.2017 - 7 D 105/14.NE -, juris Rn. 50 ff.

Insoweit ist es der Gemeinde zwar wegen Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG unbenommen, die Konzentration von Windenergieanlagen auf bestimmten Flächen ihres Gemeindegebiets anzustreben. Dieses Planungsziel muss sie aber gegen möglicherweise widerstreitende Belange abwägen und darf es nicht zur Festlegung der harten Tabuzonen einsetzen, um so bestimmte Flächen dem Bereich der Abwägung zu entziehen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2018 - 4 CN 3.18 -, juris Rn. 26 m.w.N.

Da die Errichtung einzelner Anlagen in einer Konzentrationszone von der Beigeladenen nicht von vornherein - etwa aus Erwägungen zur Wirtschaftlichkeit der Windenergienutzung - ausgeschlossen worden ist, sondern vielmehr eine Mindestgröße bzw. Mindestaufnahmekapazität auch als weiches Tabu verneint wird (S. 23 f.), kann eine Zahl von mindestens drei Anlagen in einer Konzentrationszone bei der Ermittlung von aus Immissionsschutzgründen "hart" gewerteten Mindestabständen nicht zugrunde gelegt werden.

Dass im Grenzbereich einer Wohnbebauung zum Außenbereich Zwischenwerte zu bilden und damit erhöhte Richtwerte maßgeblich sein können, vgl. Nr. 6.7 TA Lärm,

vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 09.09.2019 - 10 D 36/17.NE -, juris Rn. 83, und Urteil vom 14.03.2019 - 2 D 71/17.NE -, juris Rn. 133, 136,

ist vom Plangeber nicht berücksichtigt worden. Sowohl nach der Begründung als auch nach den Ausführungen in der tabellarischen Kurzfassung ist lediglich von 40 dB(A) als für WA-Gebiete geltender Nachtrichtwert die Rede (S. 8 unten der Begründung, S. 1 Tabelle).

Soweit - wie oben bereits dargestellt - der Abstand von 300 m zu Wohnnutzungen auch damit begründet worden ist, dass dies der zweifachen Anlagenhöhe entspreche, die die untere Grenze einer optisch bedrängenden Wirkung seien, trägt dies ebenfalls nicht. Dies folgt zum einen daraus, dass nicht verständlich ist, wieso nunmehr von einer Anlagenhöhe von 150 m ausgegangen worden ist, während in der Planbegründung (S. 8) nur eine Anlage mit "nur" 100 m Gesamthöhe Erwähnung findet. Zum anderen wird nicht berücksichtigt, dass eine WEA nicht direkt an der Grenze einer Konzentrationszone errichtet werden kann, sondern erst etwa 50 m davon entfernt. Schließlich trifft es nicht zu, dass eine optisch bedrängende Wirkung ohne Weiteres gegeben ist, wenn eine Anlage in einem Abstand von weniger als der zweifachen Anlagenhöhe zur Wohnbebauung gelegen ist; dies ist nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen lediglich in der Regel der Fall.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.03.2019 - 2 D 71/17.NE -, juris Rn. 140.

Kann sich - wie nach der Planung der Beigeladenen - die angenommene Referenzanlage von 100 m Gesamthöhe und 100 m Rotorradius damit nur in einem Abstand von insgesamt 350 m zur nächsten schutzwürdigen Bebauung befinden, entspricht dies mehr als dem Dreifachen ihrer Gesamthöhe. Von einem unüberwindbaren Planungshindernis kann daher auch insoweit nicht ausgegangen werden.

Nach allem fehlt es in Bezug auf das harte Tabu eines Mindestabstands zu zusammenhängenden Wohngebieten an dem erforderlichen schlüssigen und nachvollziehbaren Planungskonzept. Dass die gewählten 300 m im Ergebnis aus Gründen des Immissionsschutzes vertretbar erscheinen, ändert daran nichts.

Der aus Gründen der "Immissionsvorsorge" (S. 1 der Tabelle) bzw. einer vorsorgenden Konfliktvermeidung (S. 18 der Begründung) zusätzlich "weich" gewählte Abstand von 900 m weist ebenfalls Abwägungsfehler auf. Der Rat der Beigeladenen hat ausweislich der Planbegründung maßgeblich darauf abgestellt, dass bei Einhaltung einer Entfernung von insgesamt 1.200 m die in der Region üblichen Windparks mit 20 Anlagen und mehr ohne Einschränkungen betrieben werden könnten, während bei geringeren Abständen technische Schallreduktionen zur Einhaltung eines in WA-Gebieten geltenden Richtwerts von 40 dB(A) nachts erforderlich würden. Dass nunmehr von einer Konzentrationszone mit 20 Anlagen ausgegangen wird, widerspricht zum einen dem den Planungen im Übrigen zugrunde liegenden Ansatz, wonach eine Mindestgröße weder hartes noch weiches Tabu ist. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass bei jeder neuen Anlage im Abstand von 1.200 m zu Wohnnutzungen Vorbelastungen durch 20 oder mehr bereits existierende Anlagen zu berücksichtigen wären. Die Planung stellt sich insoweit erneut als unschlüssig dar.

bb) Aus den soeben angestellten Erwägungen - mit Ausnahme des Erfordernisses einer Zwischenwertbildung - stellt sich auch die Annahme eines um Siedlungsflächen mit gemischt genutztem Charakter gelegenen harten Tabubereichs als abwägungsfehlerhaft dar. Insoweit ist darüber hinaus nach den schriftlichen Ausführungen des Plangebers unklar, ob 100 m (so S. 13 der Begründung) oder 200 m (so S. 1 der Tabelle) gelten sollen. Die zeichnerische Darstellung weist 200 m aus.

Hinzu kommt, dass der Rat der Beigeladenen in diesem Zusammenhang ausweislich der Darstellungen zu diesem Kriterium in der tabellarischen Übersicht (S. 1) emissionsseitig nunmehr von zwei Referenzanlagen ausgegangen ist, ohne dass dies näher begründet wurde.

Der immissionsschutzrechtlich begründete "weiche" Vorsorgeabstand von weiteren 400 m wird damit begründet, dass zusammen mit dem hart angesetzten Puffer von 200 m insgesamt 600 m und damit die Hälfte der 1.200 m erreicht werden, die insgesamt zu Gebieten mit vorwiegendem Wohncharakter vorgesehen sind. Damit legt der Plangeber den widersprüchlichen und damit fehlerhaften Ansatz zur Begründung des um diese Flächen gezogenen weichen Tabubereichs zugrunde mit der Folge, dass dieser sich bei den gemischt genutzten Siedlungsbereichen fortsetzt.

cc) Die Ausführungen unter aa) gelten in Bezug auf die zu den Sondernutzungen Bildungsanstalt und Rehabilitationsklink "Schloss I3. " gewählten Pufferzonen von 300 bzw. 500 m "hart" und 700 bzw. 1.000 m "weich" entsprechend.

dd) Der Ausschluss von Gewerbeflächen und "planungsrechtlich gesicherten Flächen" wird durch die Planbegründung ebenfalls nicht getragen.

Diesbezüglich erweisen sich die Ausführungen des Plangebers erneut als widersprüchlich. In der Begründung (S. 15) wird die mangelnde Eignung zunächst damit begründet, dass Wohnnutzungen dort nicht ausgeschlossen seien und es bauliche Höhenbeschränkungen gebe. Außerdem sei in den "eher kleinstrukturierten Gewerbestandorten der Gemeinde C1. kein Platz für eine Mehrzahl von Windkraftanlagen". In der tabellarischen Übersicht heißt es dagegen stichwortartig:

"Baulicher Bestand, je nach Klassifizierung (GE/GI) Fläche selbst als Standort für WKA nutzbar, wenn keine Höhenbeschränkung vorgesehen ist; jedoch keine Eignung im Sinne einer Konzentrationszone".

Abgesehen davon, dass nicht erkennbar ist, ob die Gewerbegebiete überhaupt konkret im Hinblick auf die dort zulässigen Nutzungen betrachtet wurden, wird sowohl ausweislich der Tabelle als auch nach der Planbegründung erneut auf die mangelnde Kapazität für eine "Mehrzahl" von Anlagen abgestellt. Dass und weshalb (Einzel-)Anlagen im Gemeindegebiet grundsätzlich nicht errichtet werden können, ergibt sich aus dem Plankonzept aber, wie bereits ausgeführt, nicht. In Bezug auf Gewerbegebiete wird nach den tabellarischen Angaben auch gerade davon ausgegangen, dass diese als Standort für Windkraftanlagen nutzbar sind.

ee) Naturschutz- und Natura 2000-Gebiete werden nicht in der erforderlichen nachvollziehbaren Weise als harte Tabuzonen und damit einer Abwägung nicht zugänglich betrachtet. Die Behandlung von Biotopen lässt sich jedenfalls mit Blick auf den zusätzlich eingeforderten Vorsorgeabstand nicht als ausreichend gerechtfertigt qualifizieren.

Vogelschutzgebiete gibt es im Gebiet der Beigeladenen nicht. Unmittelbar an ihrer Gemeindegrenze befinden sich die zu Q. bzw. M1. gehörenden FFH-Gebiete DE-4318-301 "Ziegenberg" und DE-4319-304 "Kalkfelsen bei H. ". Das Naturschutzgebiet "F3. " befindet sich ausweislich der Planbegründung (Umweltbericht, S. 47) rund 360 m nördlich der Konzentrationszone I2.-----grund auf dem Gebiet der Stadt Q. . Das in M1. gelegene Naturschutzgebiet "T2. " ist weniger als 200 m von der Konzentrationszone E. -Ost entfernt (S. 54 des in der Planbegründung enthaltenen Umweltberichts). Im Gebiet der Beigeladenen selbst befindet sich lediglich das Naturschutzgebiet "Ziegenberg", das - unstreitig - mangels Erschließung für eine Windkraftnutzung nicht in Betracht kommt.

Der Ausschluss erfolgte nach der Begründung (S. 16) mit dem Ziel, windkraftsensiblen Arten einen geschützten Lebens- oder Rückzugsraum zu geben. Die Prüfung der Schutzzwecke der dem Naturschutz unterliegenden Nutzungen habe "insbesondere für die flächenhaften Schutzgebiete gemäß Natura 2000-Richtlinie (FFH-Gebiete) und Naturschutzgebiete" ergeben, dass diese einer Nutzung durch eine Mehrzahl von Windenergieanlagen entgegenstehen würden (S. 17 a. E.). In der tabellarischen Kurzfassung (S. 8) wird zum harten Kriterium "Natura 2000-Gebiete (FFH-Gebiete deren Schutzzweck auch windkraftsensible Arten umfasst) und Vogelschutzgebiete" stichwortartig dargelegt:

"Schutzzweck und Erhaltungsziele Für FFH-Gebiete gemäß § 32 Abs. 3 BNatSchG, Unzulässigkeit von Vorhaben gemäß § 34 Abs. 2 BNatSchG; NSG mit Schutzzweck gemäß § 20 Landschaftsgesetz und Verboten nach § 23 BNatSchG; die Vollziehbarkeit einer Konzentrationszone für eine Mehrheit von Anlagen ist nicht gegeben (nicht ausgeschlossen ist die Genehmigungsfähigkeit von Einzelstandorten, die aber nicht Planungsziel sind)."

Zu Naturschutzgebieten heißt es dort:

"Naturschutzgebiete sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Ganzheit oder in einzelnen Teilen erforderlich ist. Es sind alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung oder zu einer nachhaltigen Störung führen könne, nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten (§ 23 BNatSchG). Wegen ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit kommen die Bereiche als Standorte für eine Mehrzahl von Windkraftanlagen (Planungsziel: Konzentrationszonen) nicht in Betracht."

Nach § 23 Abs. 2 BNatSchG sind in Naturschutzgebieten alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten. Von diesen Verboten kann § 67 Abs. 1 BNatSchG auf Antrag Befreiung gewährt werden. Soweit nach den Festsetzungen des Landschaftsplans in den genannten Naturschutzgebieten das Errichten baulicher Anlagen verboten ist, können davon also auf der Grundlage von § 75 LNatSchG NRW unter den dort genannten Voraussetzungen Befreiungen erteilt werden.

Für die Einstufung von Naturschutzgebieten als harte Tabuzone ist deshalb eine konkrete, aktenkundige Überprüfung einer potenziellen Befreiungslage für jedes Naturschutzgebiet i.S.d. § 67 BNatSchG erforderlich, was eine konkrete Beteiligung der zuständigen Fachbehörde zur Klärung dieser Fragestellung voraussetzt,

vgl. OVG NRW, Urteile vom 09.09.2019 - 10 D 36/17.NE -, juris Rn. 87, und vom 14.03.2019 - 2 D 71/17.NE -, juris Rn. 126 ff.,

und eine nachvollziehbare Begründung, welche Schutzzwecke der jeweiligen Naturschutzgebiete bei einer Ausweisung als Konzentrationszone für Windenergieanlagen berührt werden. Eine tabellarische Wiedergabe der Beschreibungen und Schutzzwecke der schützenswerten Gebiete ist nicht ausreichend.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 09.09.2019 - 10 D 36/17.NE -, juris Rn. 85, und vom 17.01.2019 - 2 D 63/17.NE -, juris Rn. 216 ff.

Nach Auffassung der Kammer setzt die Annahme einer harten Tabuzone für FFH-Gebiete nach § 34 Abs. 2 BNatSchG ebenfalls voraus, dass die Schutzzwecke und Erhaltungsziele des jeweiligen Gebietes durch das Vorhaben erheblich beeinträchtigt werden. Infolgedessen muss sich aus der Planbegründung ergeben, welche Schutzzwecke des betroffenen Gebietes durch die Ausweisung des Gebietes als Konzentrationszone für Windenergienutzung konkret beeinträchtigt würden. Das bloße Vorkommen windkraftsensibler Tierarten im Schutzgebiet trägt die Annahme eines sich aus § 34 Abs. 2 BNatSchG ergebenden unüberwindbaren rechtlichen Hindernisses nicht.

So OVG NRW, Urteile vom 14.03.2019 - 2 D 71/17.NE -, juris Rn. 126 ff., und vom 05.07.2017 - 7 D 105/14.NE -, juris Rn. 61; wohl auch Gatz, Die planerische Steuerung der Windenergienutzung in der Regional- und Flächennutzungsplanung, DVBl. 2017, 461; für die generelle Annahme einer harten Tabuzone dagegen wohl noch OVG NRW, Urteil vom 01.07.2013 - 2 D 46/12.NE -, juris Rn. 52.

Auch der Windenergie-Erlass NRW vom 08.05.2018 verlangt in Bezug auf Naturschutzgebiete und Natura 2000-Gebiete eine einzelfallbezogene Bewertung durch die jeweils zuständige Naturschutzbehörde, vgl. Nr. 8.2.2.2.: "Die entsprechende Tabuwertung ist einzelfallbezogen durch die jeweils zuständige Naturschutzbehörde zu begründen und im Planverfahren zu dokumentieren. Die gesetzlich und untergesetzlich vorgesehenen Ausnahme- und Befreiungsmöglichkeiten (insbesondere § 30 Abs. 3 und 4, § 34 Abs. 3 und § 67 Bundesnaturschutzgesetz) wurden in Nordrhein-Westfalen noch nicht für Windenergie-Projekte in den (...) genannten bedeutsamen Gebieten genutzt. Ihre Nutzung kommt für Planungsverfahren für Windenergieanlagen in diesen Gebieten auch grundsätzlich nicht in Betracht, da davon ausgegangen werden muss, dass das öffentliche Interesse an einer Energieversorgung aus erneuerbaren Energien innerhalb des Schutzgebietsnetzes nicht überwiegt und dies auch keine unzumutbare Belastung darstellt. Dies ist gleichfalls einzelfallbezogen durch die jeweils zuständige Naturschutzbehörde zu begründen und im Planverfahren zu dokumentieren." (Hervorhebung durch die Kammer).

Daran fehlt es. In dem in der Planbegründung enthaltenen Umweltbericht werden Naturschutz- und FFH-Gebiete lediglich erwähnt. Darüber hinaus beschränken sich die dortigen Ausführungen auf die Bereiche, die von der Beigeladenen schließlich als Windvorrangzonen ausgewiesen werden sollten. Der Umweltbericht bezieht sich insoweit nur auf das Ergebnis der Planung. Eine Rückkopplung zu den zuvor durchlaufenen Planungsschritten, also zum Abwägungsvorgang, fand nicht mehr statt; dieser war schon abgeschlossen. Dementsprechend heißt es im Umweltbericht unter "1 Einleitung" unter Verweis auf die tabellarische Übersicht der Tabukriterien, dass die verschiedenen Schutzgebiete bzw. Schutzausweisungen "bereits in die Betrachtung der Tabuflächenanalyse eingearbeitet" worden seien (S. 45 unten der Planbegründung). Auch ansonsten ergibt sich nicht, dass im Vorfeld untersucht worden wäre, welche Schutzzwecke in welchen Gebieten bei einer Ausweisung beeinträchtigt würden. Die diesbezüglichen Feststellungen in der Begründung des Plans und der tabellarischen Übersicht erschöpfen sich in der pauschalen Behauptung, dass dem so sei. Für die Ausführungen, die zu den im Rahmen der erneuten öffentlichen Auslegung eingegangenen Stellungnahmen gemacht werden

- "Dabei enthalten die einschlägigen Naturschutzgebietsverordnungen vorliegend durchgängig Bauverbote für bauliche Anlagen und Ausnahmetatbestände greifen nicht.

FFH-Gebiete und die Verordnungen von Naturschutzgebieten bezwecken durchgängig (auch) den flächigen Schutz bestimmter Lebensräume, weshalb allein schon die Schutzziele durch die Errichtung von Windenergieanlagen in unverhältnismäßiger Weise zurückgestellt würden. Da in allen Naturschutzgebietsverordnungen und in den Schutzzielen der FFH-Gebiete jeweils windenergiesensible Arten als Zielarten genannt sind oder vorkommen, sind dort Befreiungen nicht "notwendig" i.S.d. § 67 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, da Windenergie andernorts problemlos Raum gegeben werden kann." -

gilt Entsprechendes. Abgesehen davon, dass der Vorgriff auf das Abwägungsergebnis in diesem Zusammenhang nicht tragfähig ist und grundlegende Zweifel am Plankonzept begründet (s. dazu auch im Folgenden), werden auch an dieser Stelle konkrete Erhaltungsziele und Schutzzwecke der jeweiligen Gebiete nicht benannt, ebenso wenig die dort angeblich genannten oder vorkommenden windenergiesensiblen Arten.

Der Artenschutzfachbeitrag aus August 2018 enthält - entsprechend seiner Aufgabenstellung - diesbezüglich ebenfalls nichts ausreichend Verwertbares.

Dass eine Prüfung einer Befreiungslage oder Ausnahmesituation durch die zuständige Fachbehörde stattgefunden hat, lässt sich den Aufstellungsvorgängen ebenfalls nicht entnehmen. In dem Schreiben der Unteren Naturschutzbehörde vom 11.06.2018 (Bl. 424 BA) wird nur dargelegt, dass es ihr derzeit nicht möglich sei, eine Befreiung nach § 67 Abs. 1 BNatSchG in Aussicht zu stellen, weil noch nicht bekannt sei, ob die Bezirksregierung eine Entlassung aus dem Landschaftsschutz in Aussicht stellen werde.

Der als weiches Tabukriterium gewählte Abstand von 300 m zu Naturschutz- und FFH-Gebieten entbehrt im Übrigen erneut der erforderlichen Rechtfertigung. Die in der Tabelle dazu dokumentierte Zielsetzung eines Umgebungsschutzes "unter dem Aspekt allgemeiner Umweltvorsorge und vor dem Hintergrund des noch nicht gefestigten Wissensstands hinsichtlich der Wirkungspfade von Windkraftanlagen auf natürliche Gegebenheiten" (S. 8 der Tabelle) bleibt derart im Ungefähren, dass nicht ansatzweise nachvollzogen werden kann, was gemeint ist. Dass durch den Abstand "mögliche Auswirkungen von Windkraftanlagen auf das Schutzgebiet (Verlärmung, Scheuchwirkung)" vermieden werden sollen, genügt in dieser Allgemeinheit ebenfalls nicht.

Entsprechendes gilt für die Begründung des zu Biotopen angesetzten Abstands von 100 m, zumal der Windenergie-Erlass für Biotope im Unterschied zu Naturschutz- und Natura 2000-Gebieten keine in der Regel einzuhaltende Pufferzone vorsieht. Für eine in sich stimmige Plankonzeption fehlt es auch an einer näheren Darlegung, aus welchen Gründen die BSN im Unterschied zu Biotopen nicht mit einem Vorsorgepuffer ausgestattet worden sind, obwohl ihnen eine besondere Bedeutung im regionalen Biotopverbund attestiert worden ist (S. 9 der Tabelle).

ff) Die Beigeladene genügt in Bezug auf die BSN ihrer für die Wahl weicher Tabukriterien bestehenden Rechtfertigungspflicht nicht.

Die Begründung (S. 22) verweist auf die Darstellungen des Regionalplans, in den lediglich solche Flächen aufgenommen worden seien, die eine nachweislich hohe Bedeutung im regionalen Biotopverbund hätten. Dies stehe der Errichtung einer Mehrzahl von Windkraftanlagen entgegen. Darüber hinaus würden BSN ein ökologisches Entwicklungsziel definieren, das nicht in Frage gestellt werden solle.

Es spricht bereits Einiges dafür, dass der Plangeber BSN letztlich weiterhin als hartes Tabu behandelt hat und das Kriterium "BSN" aufgrund des sog. Q. -Urteils nur mit einem anderen Etikett versehen hat, indem er es nunmehr als "weich" qualifiziert. Denn die diese Wertung tragenden Erwägungen sind in ihrer Allgemeinheit substanzlos. Jedenfalls macht der pauschale Verweis auf ein ökologisches Entwicklungsziel, das nicht in Frage gestellt werden solle, nicht nachvollziehbar, dass und weshalb BSN auf der Stufe der Abwägung ausgeschlossen worden sind. Die erforderliche Einzelfallbetrachtung fehlt gänzlich.

Soweit in der tabellarischen Übersicht der Tabus zu BSN weitergehend darauf abgestellt wird, dass eine Wertung als weiches Tabukriterium - auch - "vor dem Hintergrund ausreichender alternativer Flächen" erfolgt sei, relativiert dies die zu stellenden Begründungsanforderungen nicht. Der Rat muss unabhängig von der Bewertung des Ergebnisses seiner Planung die Wahl der weichen Tabus rechtfertigen. Denn unabhängig von dem Endergebnis schließt jede Bestimmung von Tabukriterien durch § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB konkret eröffnete Nutzungsoptionen für einzelne Grundstückseigentümer aus. Dies lässt sich im Regelfall nicht allein damit rechtfertigen, dass einer ausreichend großen Zahl anderer Eigentümer diese Nutzungsoption erhalten bleibt.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.03.2019 - 2 D 71/17.NE -, juris Rn. 82.

Dass - unterstellt - für die Nutzung der Windenergie substantiell Raum geschaffen wurde, ersetzt einen ordnungsgemäßen Abwägungsprozess nicht; die Bewertung des Abwägungsergebnisses erfolgt vielmehr erst nach dem Durchlaufen des erforderlichen Abwägungsvorgangs auf der 4. Stufe.

Der Hinweis der Beigeladenen, dass sich die Qualifikation der BSN als weiche Tabuzone nicht auf die Flächenkulisse ausgewirkt habe, da die Bereiche vollständig von anderen weichen Tabukriterien, insbesondere immissionsschutzrechtlich begründeten Vorsorgeabständen zu Siedlungsbereichen und dem Vorsorgepuffer zur A 33 überdeckt würden, macht die unzulänglich begründete Abwägung nicht unerheblich.

gg)

Mit Ausnahme in bereits bestehenden Windparks gelegenen kleineren Waldflächen hat der Rat der Beigeladenen Wald als weiche Tabuzone betrachtet. Die dem zugrunde liegende Abwägungsentscheidung lässt sich nicht nachvollziehen.

Der Plangeber muss offengelegen, warum er die Interessen an dem Ausschluss von Waldflächen pauschal höher gewichtet als das gesetzgeberische Anliegen, die Windenergie zu fördern.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.03.2019 - 2 D 71/17.NE -, juris Rn. 111 und 118.

Auch der WEA-Erlass vom 08.05.2018 geht grundsätzlich davon aus, dass die Errichtung von Windenergieanlagen im Wald möglich ist, wenn wesentliche Funktionen des Waldes nicht beeinträchtigt werden (Nr. 3.2.4.2).

Den damit zu stellenden Anforderungen wird die Begründung des STFNP der Beigeladenen nicht gerecht, wenn ausgeführt wird, dass Wald "im Gemeindegebiet C1. eine hohe Bedeutung für die Erholung, das Landschaftsbild und allgemein für den Klima-, Boden und auch Wasserschutz‘" habe und Wald deshalb abgesehen von kleineren, innerhalb zusammenhängender Potenzialflächen gelegenen Parzellen "vorsorglich als weiches Kriterium gewertet" werde. Der tabellarischen Kurzfassung der Tabukriterien lässt sich darüber hinaus gehend unter Hinweis auf den LEP 2017 noch entnehmen, dass eine Inanspruchnahme von Waldflächen nur in Betracht komme, wenn die Waldfunktion nicht beeinträchtigt werde.

Eine konkrete Betrachtung der einzelnen Waldflächen diesbezüglich ist nicht erfolgt. Dass die Beigeladene im Zusammenhang mit der Auswertung der Stellungnahme des Landesbetriebes Wald und Holz von 12.06.2018 dargelegt hat, dass sie zusammenhängende, weitgehend ungestörte Waldflächen vor Beeinträchtigungen und technischer Überformung bewahren möchte (Bl. 485 BA XVII), stellt keine zulängliche Begründung dar. Soweit der Plangeber einzelne kleinere Waldparzellen innerhalb bereits bestehender Windparks nicht mit einem weichen Tabu belegt hat, beruht dies nicht auf einer differenzierten Betrachtung des Waldbestandes, sondern auf der Erwägung, dass "das Waldziel der Gemeinde hier ins Leere" liefe. Die weiteren Darlegungen zu der Stellungnahme des Landesbetriebs, nämlich, dass ein mit einem weichen Tabu belegtes Waldstück innerhalb einer Konzentrationszone nicht vom Rotor überstrichen werden dürfe, gelten unabhängig davon, wo und weshalb eine Tabufläche angenommen wird und belegen damit gerade, dass es an einer ausreichend differenzierten Betrachtung insgesamt gefehlt hat.

Die nach allem grundsätzlich, weil letztlich unterschiedslos erfolgte Einordnung der zusammenhängenden Waldflächen als weiche Tabuzone ist darüber hinaus mit den Zielen des zum Zeitpunkt der Planaufstellung geltenden Landesentwicklungsplans nicht mehr vereinbar.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17.01.2019 - 2 D 63/17.NE -, juris Rn. 94 ff.

Nach Ziel Nr. 7.3-1 Absatz 3 des bis zum 05.08.2019 gültigen LEP NRW 2017 dürfen Waldbereiche für entgegenstehende Planungen und Maßnahmen dann in Anspruch genommen werden, wenn für die angestrebten Nutzungen ein Bedarf nachgewiesen ist, dieser nicht außerhalb von Waldbereichen realisierbar ist und die Waldumwandlung auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt wird. In den Erläuterungen hierzu wird ausgeführt:

"Die Genehmigung einer Waldumwandlung soll gemäß den Regelungen des Bundeswaldgesetzes und des Landesforstgesetzes beispielsweise dann versagt werden, wenn die Erhaltung des Waldes im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt, insbesondere wenn der Wald in der Gemeinde einen geringen Flächenanteil hat oder für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, den Schutz natürlicher Bodenfunktionen im Sinne des Bundesbodenschutzgesetzes, die forstwirtschaftliche Erzeugung, das Landschaftsbild oder die Erholung der Bevölkerung von wesentlicher Bedeutung ist oder dem Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes dient und die nachteiligen Wirkungen der Umwandlungen nicht durch Nebenbestimmungen, insbesondere durch die Verpflichtung, Ersatzaufforstungen durch Saat oder Pflanzung vorzunehmen, ganz oder zum wesentlichen Teil abgewendet werden können.

(...)

Aus diesem Grund dürfen regionalplanerisch festgelegte Waldbereiche für andere Nutzungen nur dann in Anspruch genommen werden, wenn für die angestrebten Nutzungen ein Bedarf nachgewiesen ist, dieser nicht außerhalb von Waldbereichen realisierbar ist und die Waldumwandlung auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt wird.

Diese generelle Festlegung zu einer ausnahmsweisen Inanspruchnahme des Waldes durch andere Nutzungen wird zugunsten der Windenergienutzung im Wald geöffnet, weil in Nordrhein-Westfalen die Stromerzeugung auf einen stetig steigenden Anteil erneuerbarer Energien umgestellt wird und der Ausbau der Windenergienutzung dabei einen wesentlichen Beitrag leisten soll. Aufgrund der ungleichen Verteilung der Waldflächen gilt dies insbesondere für die waldreichen Regionen innerhalb von Nordrhein-Westfalen.

Wald steht der Errichtung von Windenergieanlagen nicht entgegen, sofern dadurch wesentlichen Funktionen des Waldes nicht erheblich beeinträchtigt werden."

Bei der Ausübung des der Beigeladenen zustehenden Bewertungsspielraums hätte es sich damit angeboten, auf der Grundlage des Landesentwicklungsplans 2017 eine Unterscheidung zwischen forstwirtschaftlich genutzten Waldbereichen und sonstigen Wäldern zu treffen oder nach Waldfunktionen und -zuständen zu differenzieren, wie es die Potenzialstudie "Erneuerbare Energien NRW" des LANUV tut (dort S. 66 ff.). Auch die Windkraftsensibilität kommt als Maßstab in Betracht.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17.01.2019 - 2 D 63/17.NE -, juris Rn. 177, und vom 06.03.2018 - 2 D 95/15.NE -, juris Rn. 192.

Soweit nach dem Willen des Landesplanungsgebers ein genereller Ausschluss von Waldflächen als Konzentrationszone für Windenenergieanlagen bei einem im Vergleich zum landesweiten Waldanteil erheblich unterdurchschnittlichen kommunalen Waldanteil,

vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 14.03.2019 - 2 D 71/17.NE -, juris Rn. 119,

oder bei einer die besondere Schutzwürdigkeit der einzelnen Waldflächen berücksichtigenden Abwägung in Betracht kommt, ist festzuhalten, dass es sich bei der Beigeladenen jedenfalls nicht um eine waldarme Gemeinde handelt, bei der jeder weiteren Inanspruchnahme von Waldflächen nachvollziehbare überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Nach den Stellungnahmen des Landesbetriebs Wald und Holz vom 12.06.2018 und 23.05.2019 liegt der Bewaldungsanteil vielmehr bei 20,3 % und damit knapp oberhalb der nach dem LEP 2017 angesetzten Grenze für waldarme Gebiete (vgl. die Erläuterungen zu 7.3-3).

Soweit auch in diesem Zusammenhang darauf abgestellt wurde, dass für die Windkraftnutzung auch außerhalb des Waldes genügend Flächen zur Verfügung gestellt würden - im Protokoll der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses vom 12.04.2018 (Bl. 232 BA) wird der Planer mit dieser Aussage zitiert - , mindert dies, wie bereits im Zusammenhang mit dem Tabukriterium BSN ausgeführt, die Anforderungen, die an eine Rechtfertigung auch weicher Tabus zu stellen sind, nicht. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Aussage in der Planbegründung (S. 22), dass auch bei einem Verzicht auf den Ausschluss von Waldflächen keine neuen Potenzialflächen entstehen würden, da Waldflächen nahezu vollflächig durch andere Tabukriterien oder durch die konkurrierende Nutzung Artenschutz überlagert würden. Soweit mit Blick darauf auf eine Detailprüfung verzichtet worden ist ("Eine Detailprüfung erübrigt sich daher."), ist dies unzutreffend.

hh)

Die Anwendung des von der Beigeladenen weder als hartes noch als weiches Tabu gewerteten Kriteriums "Mindestgröße", das dem Planungsziel einer räumlichen Konzentration der Windkraftnutzung Rechnung tragen soll (S. 23 f. der Planbegründung), ist in sich nicht stimmig.

Die Kammer teilt die Auffassung der Klägerin, dass schon unklar bleibt, worauf bei diesem Kriterium abgestellt wird. So wird zunächst ausgeführt, dass das Vorliegen einer Konzentrationswirkung unabhängig von der Größe einer Fläche geprüft worden sei; lediglich eine Referenzanlage mit 100 m Rotordurchmesser müsse Platz finden. Im Folgenden findet ein Mindestflächenbedarf von 10 ha Erwähnung, der zur Vermeidung von Turbulenzen erforderlich sei. Sodann wird eine "Mindestgröße" daran gekoppelt, dass "optisch der Eindruck eines zusammenhängenden Windparks" entsteht, ehe schließlich auf "eine Konzentration in dem in der Region üblichen Maßstab (bis zu 20 WKA)" abgestellt wird.

Nicht nachvollziehbar ist des Weiteren, auf welcher Stufe des Abwägungsvorgangs das Kriterium Mindestgröße verortet worden ist. Die regional als üblich angesehene Konzentrationszone von bis zu 20 Anlagen ist bei der Betrachtung der im Nordwesten des Gemeindegebiets gelegenen tabufreien Flächen als Maßstab herangezogen worden (S. 24 der Begründung). Dies lässt den Schluss zu, dass die Mindestgröße auf Stufe 3 des Abwägungsvorgangs bzw. als sog. konkurrierende Nutzung (vgl. S. 11 und S. 27 ff.) berücksichtigt worden ist. Dem widerspricht aber zum einen, dass die Flächen nordwestlich von Alfen im Abschnitt 10 der Begründung ("Ergebnisse der Potenzialflächenanalyse", S. 35 ff.) schon nicht mehr erwähnt werden. Zum anderen findet die Mindestgröße keine Erwähnung als konkurrierende Nutzung (S. 27 ff. der Begründung). Dass schließlich auch zur Begründung "harter" Tabubereiche auf dieses Kriterium abgestellt wurde, rechtfertigt sogar die Annahme, dass der Aspekt "Mindestgröße" als indisponibel angesehen und dem Abwägungsprozess auf dieser Grundlage Flächen letztlich entzogen wurden. So wird, wie bereits oben ausgeführt, in Bezug auf gewerblich bzw. planungsrechtlich gesicherte Flächen ausgeführt, dort sei "kein Platz für eine Mehrzahl von Windkraftanlagen, da das Ziel der Steuerungsplanung über den FNP nicht die Sicherung von Einzelstandorten, sondern die Anordnung großräumiger Zonen" sei. Die angestrebte Nutzung durch eine "Mehrheit von Windkraftanlagen" ist auch hinsichtlich des "harten" Ausschlusses von Naturschutzgebieten und FFH-Gebieten zur Begründung herangezogen worden (S. 15 und 17 der Begründung sowie S. 8 der Tabelle). Ein solcher Umgang mit dem planerischen Ziel, mehrere Windenergieanlagen in einer Konzentrationszone zu ermöglichen, ist nicht zulässig.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 09.09.2019 - 10 D 36/17.NE -, juris Rn. 76 ff. unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 13.12.2018 - 4 CN 3/18 -, juris Rn. 23 ff., und OVG NRW, Urteil vom 05.07.2017 - 7 D 105/14.NE -, juris Rn. 50 ff.

ii) Ob die harten und weichen Tabuzonen im Übrigen fehlerfrei ermittelt wurden und die Auswahl unter den ermittelten Potenzialflächen den Anforderungen genügt, lässt die Kammer offen, ebenso die Frage, ob der Windkraft im Gemeindegebiet im Ergebnis substantiell Raum gegeben wurde.

b)

Die aufgezeigten Fehler sind beachtlich.

Gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften des Baugesetzbuchs für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans nur beachtlich, wenn entgegen § 2 Abs. 3 BauGB die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist. § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB sieht vor, dass Fehler im Abwägungsvorgang nur erheblich sind, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

Ein Fehler im Abwägungsvorgang ist offensichtlich, wenn er auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Mitglieder des Rats über deren Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist. Dies resultiert vorliegend daraus, dass sich die Abwägungsmängel unmittelbar aus den Aufstellungsvorgängen ergeben. Sie sind auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen, wenn - wie hier - bei vollständiger Ermittlung und zutreffender Bewertung der maßgeblichen Belange die konkrete Möglichkeit besteht, dass mehr, andere oder anders zugeschnittene Windvorrangzonen ausgewiesen worden wären.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17.01.2019 - 2 D 63/17.NE -, juris Rn. 189 m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerwG und anderer Obergerichte.

Dies ist zunächst jedenfalls mit Blick auf den hart und weich begründeten Abstand von insgesamt 1.200 m zu Wohnnutzungen sowie die weiche Tabubewertung der größeren zusammenhängenden Waldflächen der Fall. Die ausgeschiedenen Waldflächen werden namentlich in den Bereichen F. -West, C2. und F. -Ost auch nicht mit anderen Tabus belegt.

Soweit die fehlerhafte "harte" Aussonderung von Naturschutz- und FFH-Gebieten aus dem Abwägungsprozess deshalb keinen unmittelbaren Einfluss auf das Abwägungsergebnis hatte, weil diese entweder nicht im Gemeindegebiet gelegen sind oder für eine Windkraftnutzung mangels Erschließung nicht zur Verfügung stehen, schlägt die Annahme eines harten Tabus auf das Abwägungsergebnis insoweit durch, als die Beigeladene diese Gebiete zusätzlich mit einem Vorsorgeabstand von 300 m umgeben hat. Dadurch ergeben sich auch im Hinblick auf die unmittelbar an das Gemeindegebiet angrenzenden und in M1. und Q. gelegenen Schutzgebiete Auswirkungen auf die verbleibenden Potenzialflächen. Die betroffenen Flächen - soweit aus dem Kartenmaterial ersichtlich - unterfallen auch zumindest nicht sämtlich dem Anwendungsbereich anderer harter Tabukriterien.

Die Mängel sind von der Klägerin mit der Klagebegründung vom 13.09.2019 binnen eines Jahres nach der Bekanntmachung des STFNP am 25.06.2019 schließlich fristgerecht geltend gemacht worden, vgl. § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB.

2.

Auch die Festsetzungen im Flächennutzungsplan der Beigeladenen in der Fassung der 8. oder 23. Änderung entfalten keine dem Vorhaben der Klägerin entgegenstehende Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB.

Die Änderungen sind bereits nicht wirksam bekanntgemacht worden.

Rechtsnormen sind der Öffentlichkeit so bekanntzumachen, dass sich die Betroffenen in zumutbarer Weise verlässlich von ihrem Inhalt Kenntnis verschaffen können. Für Flächennutzungspläne sieht § 6 Abs. 5 BauGB die ortsübliche Bekanntmachung ihrer Genehmigung durch die höhere Verwaltungsbehörde vor. Aus rechtsstaatlichen Gründen ist es erforderlich, dass den Adressaten der Bekanntmachung der räumliche Geltungsbereich der Darstellungen, die Rechtsnormqualität haben, hinreichend deutlich gemacht wird. Werden Konzentrationszonen für die Nutzung der Windenergie dargestellt, gehört wegen der Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB grundsätzlich der gesamte Außenbereich der Gemeinde zum räumlichen Geltungsbereich.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 09.09.2019 - 10 D 36/17.NE -, juris Rn. 28 ff. m.w.N.

An einem diesen räumlichen Geltungsbereich verdeutlichenden Hinweis fehlt es in sämtlichen Bekanntmachungen.

Die Bekanntmachung der Genehmigung der 23. Änderung des Flächennutzungsplans im Amtsblatt des Kreises Q. vom 07.12.2005 erfolgte ebenso wie deren erneute Bekanntmachung im Amtsblatt der Gemeinde C1. vom 29.08.2016 ohne jeglichen textlichen oder zeichnerischen Hinweis auf den räumlichen Geltungsbereich oder die Lage der Vorrangzonen. Der in den Bekanntmachungen der Genehmigung enthaltene Klammerzusatz "Ausweisung von Windkraftvorranggebieten" reicht nicht aus. Der Begriff wird nicht erläutert; § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB wird nicht erwähnt. Rechtscharakter und Geltungsbereich der Darstellung des Flächennutzungsplans ergeben sich für den Normadressaten so nicht. In der Bekanntmachung der Genehmigung der 8. Änderung des Flächennutzungsplans im Amtsblatt vom 06.08.1997 fehlen ebenfalls zeichnerische Darstellungen; darüber hinaus wird dort weder der Begriff der Konzentrations- oder Vorrangzone noch der der Windenergie erwähnt. Die Bekanntmachung erschöpft sich in der Wiedergabe des Schreibens der Bezirksregierung vom 18.07.1997, wonach der Flächennutzungsplan genehmigt wurde.

Verkündungsmängel sind ohne Weiteres beachtlich und führen zur Gesamtunwirksamkeit der Planänderung.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 06.12.2017 - 7 D 100/15.NE -, juris Rn. 44.

Abgesehen davon weisen die 23. und die 8. Änderung des Flächennutzungsplans beachtliche Abwägungsmängel auf. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des für wirkungslos erklärten Urteils der erkennenden Kammer vom 28.09.2016 - 11 K 2120/15 - verwiesen, das den Beteiligten bekannt ist. An den dortigen Darlegungen hält das Gericht fest. Die vom dortigen Kläger erhobenen Rügen wirken inter omnes und sind damit nach wie vor beachtlich.

Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 02.01.2001 - 4 BN 13/00 -, juris Rn. 5 m.w.N.

II.

Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände stehen dem Vorhaben der Klägerin nicht entgegen. Sie hat den Betriebsumfang der Anlagen in der mündlichen Verhandlung für die am Vorhabenstandort kritische Zeit des Brutplatzgeschehens des Rotmilans vom 01.03. bis zum 31.07. eines jeden Jahres auf die sog. Hellphase beschränkt; eine solche Betriebsbeschränkung hatte sie - hilfsweise - auch bereits im Verwaltungsverfahren angeboten. Dem Brutplatz des Baumfalken hat sie - wohl auch nach Ansicht des Beklagten ausreichend - durch eine Ausdehnung des auf die Hellphase beschränkten Betriebes bis zum 15.09. eines jeden Jahres Rechnung getragen. Das herbstliche Schlafplatzgeschehen findet durch die Abschaltung der Anlagen während der maßgeblichen Dämmerungszeiten ausreichende Berücksichtigung. Dementsprechend hat der Beklagte im Zusammenhang mit einer im Juni 2019 erwogenen Genehmigung der WEA 07 eine solche Betriebsbeschränkung formuliert (vgl. Nr. 11 der Stellungnahme des Umweltamts vom 14.06.2019, Bl. 1450 ff. BA XXII). Die erstmals in der mündlichen Verhandlung erwähnten weitergehenden Flugaktivitäten während der Hellphase lassen sich den Verwaltungsvorgängen nicht entnehmen. Soweit der Beklagte auch im Vermerk des Gutachterbüros Schmal + Ratzbor vom 30.10.2019 in Bezug auf das herbstliche Schlafplatzgeschehen Vermeidungsmaßnahmen vermisste, resultierte dies daraus, dass dort weiterhin keinerlei Abschaltszenario in dieser Hinsicht vorgesehen war, weil - aus Sicht der Kammer kaum vertretbar - ein Kollisionsrisiko des Rotmilans a priori verneint wurde.

Mit Blick auf die in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin erklärten weitgehenden Betriebsbeschränkungen der Anlagen während des Brutplatz- sowie des herbstlichen Schlafplatzgeschehens steht schließlich die räumliche Nähe der bestandskräftig festgesetzten Maßnahmen-/Ausgleichsfläche auf dem Flurstück 150 der begehrten Genehmigung nicht mehr entgegen, da ein Kollisionsrisiko aufgrund von Flugaktivitäten auch insoweit ausgeschlossen wird.

III.

Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt, dass die vorgelegte Schallimmissionsprognose der reko GmbH & Co. KG vom 24.10.2019 sicherstellt, dass die zulässigen Immissionsrichtwerte nicht überschritten werden. Andere Versagungsgründe sind weder vorgetragen noch ersichtlich, sodass die Sache zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung spruchreif war.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 und 2 VwGO. Die Kosten der Beigeladenen waren für erstattungsfähig zu erklären. Dies entspricht der Billigkeit, weil sie einen Sachantrag gestellt und sich damit am Kostenrisiko beteiligt hat (vgl. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.