Schleswig-Holsteinisches VG, Urteil vom 03.05.2018 - 12 A 66/18
Fundstelle
openJur 2020, 8287
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Versetzung.

Der am 31.01.1953 geborene Kläger war Rektor der XXX, einer früheren Förderschule in A-Stadt.

Mit Bescheid vom 17.10.2016 versetzte der Beklagte den Kläger mit Wirkung vom 15.11.2016 an die XXX in XXX, wo er die Funktion eines stellvertretenden Schulleiters wahrnimmt.

Zur Begründung gab der Beklagte im Wesentlichen an, dass es unüberbrückbare Differenzen zwischen Teilen des Kollegiums und des Klägers an der XXX gebe. Die Arbeitssituation sei kaum erträglich. Mehrere Lehrkräfte hätten das im Rahmen ihrer Aussagen bekräftigt. Dies werde auch von Seiten des Schulträgers und von einigen Eltern so empfunden. Die Stadt A-Stadt als Schulträger, die Fachdienste Schule und Eingliederungshilfe sowie der Träger für die Schulbegleitung (AWO) hätten die Zusammenarbeit mit dem Kläger als ausgesprochen schwierig eingeschätzt. Dabei werde insbesondere das Führungsverhalten des Klägers als Ursache für diese Schwierigkeiten herausgestellt. Auch der Personalrat habe wiederholt auf die schwierige Arbeitsatmosphäre mit dem Kläger hingewiesen. Vom Kläger würden die Mitbestimmungsrechte des Personalrates missachtet werden. Auch im fachlichen Bereich gebe es beim Kläger Mängel. Es sei festzustellen, dass nachvollziehbare Belege für die Erteilung von Unterricht oder die Dokumentation von Arbeitszeiten im Schuljahr 2015/2016 weitgehend fehlten. Insgesamt sei ein erhebliches Spannungsverhältnis, an dem der Kläger in seiner Funktion als Schulleiter maßgeblich beteiligt sei, zu verzeichnen. Eine reibungslose Zusammenarbeit an der Schule sei erheblich gestört. Durch die Versetzung des Klägers werde der künftige Dienstbetrieb an der XXX am wenigsten beeinträchtigt. Die Versetzung anderer Lehr-Fachkräfte sei nicht geeignet, den Konflikt zwischen dem Kläger und dem Kollegium, Schulträger, Eltern und Personalrat zu beseitigen.

Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 20.12.2016 zurück. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, dass der Versetzungsentscheidung ein ausreichender Beobachtungszeitraum zugrunde gelegen habe. Bereits in der Vergangenheit sei die Vorgängerin des jetzigen Schulrates mehrfach schulaufsichtlich mit kritischen Vorgängen betreffend die Führungskompetenz des Klägers befasst gewesen. Zwischenzeitlich sei gegen den Kläger wegen des Verdachts der Dienstausübung unter Alkoholeinfluss ein Disziplinarverfahren mit anschließender Verhängung einer Geldbuße durchgeführt worden. Insgesamt hätten sich rund 1/3 der Mitarbeiter der XXX über den Kläger beschwert. Darüber hinaus seien auch fachliche Mängel des Klägers im schulorganisatorischen Bereich (Arbeitszeitnachweise, Vertretungsunterricht, Schulentwicklungstag u. a.) festzustellen gewesen. Der Versetzung hätten auch keine schwerwiegenden persönlichen Gründe des Klägers oder eine außergewöhnliche Härte entgegengestanden.

Der Kläger hat unter dem 20.01.2017 Klage erhoben, die nicht begründet worden ist.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 17.10.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2016 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide.

Die Kammer hat den Rechtstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter durch Beschluss vom 06.03.2018 zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Gegen die Versetzungsentscheidung bestehen weder in formeller noch materieller Hinsicht durchgreifende Bedenken.

Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist die Vorschrift des § 29 Abs. 2 S. 1 LBG. Danach können Beamtinnen und Beamte aus dienstlichen Gründen auch ohne ihre Zustimmung in ein Amt mit mindestens demselben Endgrundgehalt der bisherigen Laufbahn oder einer anderen Laufbahn, auch im Bereich eines anderen Dienstherrn, versetzt werden.

Die Versetzung an die XXX in XXX hat einem dienstlichen Bedürfnis entsprochen. Die Entscheidung, ob ein dienstliches Bedürfnis vorliegt, trifft der Dienstherr. Ihm steht hinsichtlich dieses unbestimmten Rechtsbegriffes kein Beurteilungsspielraum zu; die Entscheidung ist gerichtlich voll nachprüfbar. Sie ist aber letztlich dadurch erschwert, dass die das dienstliche Bedürfnis tragenden Umstände oft organisations- oder planungspolitischer Natur und insoweit nur beschränkt überprüfbar sind. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass eine Störung der reibungslosen Zusammenarbeit innerhalb des öffentlichen Dienstes durch innere Spannungen und durch Trübung des Vertrauensverhältnisses regelmäßig als Beeinträchtigung des täglichen Dienstbetriebes zu werden ist, für deren Abstellung der Dienstherr zu sorgen hat. Wenn dafür nach Lage des Falles die Versetzung oder Umsetzung eines der Streitbeteiligten geboten erscheint, ist ein dienstliches Bedürfnis für die Versetzung bereits aufgrund der objektiven Beteiligung an dem Spannungsverhältnis zu bejahen, also unabhängig von der Verschuldensfrage (BVerwG, Beschluss vom 26.11.2004 - 2 B 72/04 - Juris;, Urteil vom 25.01.1967 - 6 C 58/65 - Juris). Aus den Akten ergibt sich eine Reihe von Erkenntnisquellen, die hinreichend objektivierbar als Grundlage für die Annahme eines dienstlichen Bedürfnisses für eine Wegversetzung des Klägers dienen können. Das hat der Beklagte in seinem Bescheid vom 17.10.2016 und seinem Widerspruchsbescheid vom 20.12.2016 ausführlich und zutreffend dargestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit darauf Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).

Ist - wie vorliegend - ein dienstliches Bedürfnis gegeben, entscheidet die Behörde dann nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen, ob und in welcher Weise sie von ihrer Befugnis, dem Beamten zu versetzen, Gebrauch macht oder welcher von mehreren Beamten versetzt wird. Dabei ist aufgrund der Fürsorgepflicht gegenüber dem Beamten auf seine persönlichen Verhältnisse Rücksicht zu nehmen. Die dienstlichen Interessen haben jedoch grundsätzlich Vorrang vor den persönlichen Belangen des Beamten. Die Möglichkeit der Versetzung aufgrund eines dienstlichen Bedürfnisses ist dem Beamtenverhältnis immanent; ein Beamter nimmt die Versetzungsmöglichkeiten mit seinem freiwilligen Eintritt in das Beamtenverhältnis in Kauf. Es müssen deshalb schon besondere Umstände vorliegen, die eine Versetzung als ermessensfehlerhaft erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.01.1967 a.a.O., vgl. auch OVG Münster, Beschluss vom 16.10.2003 - 6 B 1913/03 und vom 14.01.2004 - 6 B 2354/03 - beide Juris). Bei der Auslegung des Ermessens muss sich die Behörde in der Regel nicht daran orientieren, bei wem ein eventuelles Verschulden an den Spannungen überwiegt. Sie darf grundsätzlich nur den Gesichtspunkt nicht unberücksichtigt lassen, ob ein etwa eindeutig oder allein auf einer Seite liegendes Verschulden an der Entstehung oder an dem Fortbestehen der Spannung vorliegt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 08.03.2013 - 3 CS 12.2365 - Juris).

Der Beklagte hat dagegen nicht verstoßen. Die Versetzungsverfügung vom 17.10.2016 setzt sich detailliert mit dem Konflikt an der XXX und dem Konfliktbeitrag des Klägers auseinander. Insbesondere werden mehrere Vorfälle angeführt, in dem sich der Kläger gegenüber Kolleginnen und Kollegen unangemessen verhalten hat. Darüber hinaus sind auch im Einzelnen die fachlichen Mängel des Klägers bei der Organisation genannt worden (Arbeitszeitnachweise, Vertretungsunterricht, Schulentwicklungstag). Des Weiteren sind im Einzelnen die Beschwerden seitens des Schulträgers, der Stadt A-Stadt, die gegen den Kläger erhoben worden sind, aufgeführt worden. Namentlich ist eine schriftliche Stellungnahme des damaligen ersten Stadtrates der Stadt A-Stadt zitiert, wonach zwischen der Stadt A-Stadt und dem Kläger die unerlässliche Vertrauensbasis kaum bzw. nur eingeschränkt herzustellen war. Insbesondere lasse das Verhalten des Klägers die Erwartete Transparenz, Sachbezogenheit und Kooperationsbereitschaft häufig vermissen. Ergänzend wird ebenfalls auf das nicht angepasste, unangemessene Verhalten des Klägers und dessen unangemessene Äußerungen in bestimmten Situationen Bezug genommen. Der Fachdienst Eingliederungshilfe der Stadt A-Stadt hat - so die Ausführungen im Versetzungsbescheid - ernsthaft darüber nachgedacht, die Trägerschaft wegen der äußerst schwierigen Zusammenarbeit mit dem Kläger niederzulegen. Gleiches gilt für die Arbeiterwohlfahrt als Träger für die Schulbegleitung. Schließlich wird auch das problematische Verhältnis zwischen dem Kläger und den Eltern, unter Hervorhebung eines Vorfalls im September 2015, angesprochen und gewürdigt. Nach allem lässt die Versetzungsentscheidung keine Ermessensfehler erkennen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; sie ist gemäß §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.