AG Lennestadt, Urteil vom 12.02.1991 - 3 C 582/90
Fundstelle
openJur 2019, 38027
  • Rkr:

Wer einen Pkw unmittelbar am Zaun einer erkennbar als Weide genutzte Fläche abstellt, muss sich im Falle der Beschädigung des Fahrzeugs durch weidende Pferde ein Mitverschulden entgegenhalten lassen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger besuchte am 11.08.1990 seinen Vater, der in der ZZZZ in OOOO wohnt. Die ZZZZ ist nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Beklagten ca. 4,50 m breit. Sie grenzt an einer Stelle an ein Weidegrundstück, das mit einem normalen Zaun eingefriedet ist. Auf diesem Grundstück ließ der Beklagte seine beiden Pferde am 11.08.1990 weiden. Der Kläger stellte während seines Besuches bei seinem Vater sein Fahrzeug unmittelbar an dem Weidezaun ab. Er behauptet, er habe, als er zu seinem Auto zurückkehrte, festgestellt, daß sich die beiden Pferde des Beklagten an dem Fahrzeug zu schaffen machten. Er habe sich daraufhin das Fahrzeug genauer angesehen und festgestellt, daß sich an der linken Seite des Fahrzeugs mehrere Bißspuren sowie Speichel von den Pferden befand, das Fahrzeug also beschädigt worden war. Die Reparatur des Fahrzeugs habe DM 608,36 gekostet. Durch die Beschädigung des Fahrzeugs seine eine Wertminderung in Höhe von DM 100,00 eingetreten. Das Fahrzeug habe ihm, dem Kläger, wegen der Reparatur 3 Tage lang nicht zur Verfügung gestanden. Insoweit verlangt der Kläger Nutzungsausfall in Höhe von DM 174,00. Er verlangt ferner eine Unkostenpauschale in Höhe von DM 30,00. Insgesamt beziffert der Kläger seinen Schaden auf DM 912,36. Hierauf hat die Haftpflichtversicherung des Beklagten DM 471,18 gezahlt. Den Restbetrag verlangt der Kläger mit seiner Klage.

Er beantragt, den Beklagten zur Zahlung von DM 441,18 mit 4 v.H. Zinsen seit Klagezustellung zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er bestreitet nicht, daß sich die Pferde am Fahrzeug des Klägers zu schaffen gemacht haben. Er bestreitet jedoch, daß sie den vom Kläger geltend gemachten Schaden verursacht haben. Er vertritt die Ansicht, daß auf jeden Fall den Kläger ein Mitverschulden treffe. Der Kläger habe offenbar seinen Wagen unmittelbar am Zaun abgestellt. Die Pferde seien seit ca. 6 Wochen auf der Weide gewesen, als es zu der Beschädigung des Fahrzeugs des Klägers gekommen sei. Der Kläger habe entweder die Pferde auf der Weide gesehen oder doch mit ihrem Vorhandensein rechnen müssen. Er habe auch damit rechnen müssen, daß sich die Tiere aus Neugier oder aus sonstigen Gründen an einem abgestellten Auto zu schaffen machen könnten. Den Kläger treffe deshalb ein erhebliches Mitverschulden an der Entstehung des Schadens. Der Beklagte bestreitet den Schaden des Klägers auch der Höhe nach. Das Fahrzeug des Klägers sei nur insoweit beschädigt gewesen, als auf dem Holm zwischen Vorder- und Hinterfenster eine Schramme vorhanden gewesen sei. Zur Schadensbeseitigung hätte es ausgereicht, wenn der Holm zwischen den beiden Fenstern neu gespachtelt und lackiert worden wäre. Eine Ersatzpflicht hinsichtlich weiterer Schäden am Auto bestehe deshalb nicht. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, daß eine Wertminderung des Wagens eingetreten sei. Schließlich bestreitet der Beklagte, daß der Kläger sein Fahrzeug während der angeblichen Reparaturzeit überhaupt habe benutzen wollen. Obwohl die Reparatur des Fahrzeugs bereits am 21.09.1990 beendet worden sei, habe der Kläger den Wagen erst am 01.10.1990 aus der Reparaturwerkstatt abgeholt.

Wegen des Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf den Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze verwiesen.

Gründe

Die Klage ist nicht begründet.

Der Beklagte ist zwar grundsätzlich gemäß § 833 BGB verpflichtet, dem Kläger den Schaden, den die Pferde an seinem Auto verursacht haben, zu ersetzten. Auf die Ausführungen der Parteien zu der Frage, ob es bei den Pferden um Luxustiere handele, kommt es nicht an. Auch der Beklagte behauptet nicht, daß es bei den Tieren um solche handele, die seinem Beruf, seiner Erwerbstätigkeit oder seinem Unterhalt zu dienen bestimmt seien.

Der Kläger kann jedoch nicht Ersatz des über den von dem Haftpflichtversicherer des Beklagten gezahlten Betrag hinausgehenden Schadens verlangen, weil ihn ein erhebliches Mitverschulden an der Entstehung des Schadens trifft. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß der Kläger sein Auto unmittelbar am Zaun des Weidegrundstücks des Beklagten abgestellt hat. Unstreitig ist auch, daß für jedermann erkennbar war, daß es sich bei dem Grundstück um ein Weidegrundstück, nicht aber um einen Zierrasen handelte. Selbst wenn der Kläger die Pferde auf dem Grundstück nicht gesehen hat, so mußte er doch jederzeit damit rechnen, daß sich auf dem Grundstück Weidevieh befand. Dabei brauchte es sich nicht unbedingt um Pferde zu handeln. Genausogut konnten sich Rinder oder Jungbullen auf der Weide befinden. Wer, wie der Kläger, mit den örtlichen Gegebenheiten noch einigermaßen vertraut ist, weiß, daß von derartigem Vieh jederzeit Gefahren ausgehen können. Weidetiere reagieren nun einmal leicht, wenn sich am Zaun ihrer Weide Dinge zeigen, die ihre Neugier wecken. Für jedermann ist auch erkennbar, daß die Tiere ihren Kopf durch oder über den Zaun strecken können. Wenn der Kläger sein Auto unmittelbar am Zaun abstellte, so verursachte er damit selbst eine erhebliche Gefahr für seinen Wagen. Er hat die Sorgfalt, die ein verständiger Mensch zu beobachten pflegt, außer Acht gelassen. Der Kläger würde beispielsweise auch dann, wenn sich die Pferde angeschirrt vor einem Wagen auf der Straße befunden hätten, seinen Wagen wohl kaum unmittelbar neben die Tiere gestellt haben. Ob dem Kläger vor dem Haus seines Vaters keine andere Parkmöglichkeit zur Verfügung stand, ist für die Entscheidung des Rechtsstreits ohne Bedeutung. Es ist bei den heutigen Verkehrsverhältnissen durchaus üblich, daß man sich auch schon einmal ein Stück zu Fuß bewegen muß, wenn es die Verkehrsverhältnisse nicht anders erlauben. Der Kläger hätte deshalb seinen Wagen notfalls auch in einem größeren Abstand vom Hause seines Vaters abstellen müssen. Das Mitverschulden des Klägers an der Entstehung des Schadens ist nicht geringer zu werten, als die von den Pferden des Beklagten ausgehende Tiergefahr. Der Beklagte hat bereits mehr als die Hälfte des vom Kläger behaupteten Schadens bezahlt. Auf die Entscheidung der Frage, ob der Schaden am Wagen des Klägers wirklich im ganzen von den Pferden des Beklagten verursacht worden ist, ob eine Wertminderung entsatnden ist und ob dem Kläger Nutzungsausfall zusteht, kommt es bei dieser Sachlage nicht an.

Dem Kläger stehen vielmehr über den gezahlten Betrag hinaus Ansprüche nicht zu. Seine Klage ist mit den Nebenentscheidungen aus §§ 97, 708 Ziffer 11, 711, 713 ZPO abzuweisen.

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