AG Düsseldorf, Urteil vom 15.01.2019 - 45 C 469/18
Fundstelle
openJur 2019, 37902
  • Rkr:
Tenor

hat das Amtsgericht Düsseldorf

auf die mündliche Verhandlung vom 11.12.2018

durch die Richterin I

für Recht erkannt:

Die Forderung des Klägers in Höhe von 55.208,00 € wird zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der I & Q-GmbH zur laufenden Nr. 3 festgestellt.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreit zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Feststellung zur Insolvenztabelle.

Der Kläger sichert Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ab, die ein versorgungspflichtiger Arbeitgeber in Folge von Insolvenz nicht erbringen kann.

Die Insolvenzschuldnerin erteilte dem Berechtigten, Herrn Q, gegenüber Versorgungszusage und leistete bis März 2015 eine laufende monatliche Betriebsrente, die Zahlungen wurden ab April 2015 eingestellt.

Am 02.12.2015 wurde das Insolvenzverfahren über die Insolvenzschuldnerin eröffnet. Der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.

Mit Schreiben vom 22.12.2015 meldete der Kläger eine Forderung in Höhe von 55.208,00 € an, weitere 4.800,96 € wurden am 17.08.2016 zur Tabelle angemeldet. Insgesamt wurden damit 60.008,96 € zur Tabelle angemeldet.

Der Beklagte erkannte 4800,96 € (laufende Nr. 17, Bl.32 d.A.) an, bestritt im Übrigen die Forderung zur laufenden Nr. 3 (Bl. 33d.A.).

Der Kläger ist der Ansicht, die Forderung sei mangels Stundung und Fälligkeit nicht nachrangig.

Der Kläger beantragt,

die Forderung des Klägers in Höhe von 55.208,00 € wird zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der I & Q-GmbH zur laufenden Nr. 3 festgestellt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, es handle sich bei der Rente um eine darlehensgleiche Handlung im Sinne des § 39 Nr. 5 InsO und damit nachrangig.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen, die zu den Akten gereicht wurden, verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Der Kläger ist aktivlegitimiert. Nach § 9 Abs. 2 BertAVG gehen Ansprüche oder Anwartschaften des Berechtigten gegen den Arbeitgeber auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die den Anspruch gegen den Träger der Insolvenzsicherung begründen, im Falle eines Insolvenzverfahrens mit dessen Eröffnung nach Mitteilung auf den Träger der Insolvenzsicherung über.

II.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung zur Insolvenztabelle, §§ 174 ff. InsO denn es handelt sich nicht um eine nachrangige, einem Gesellschafterdarlehen gleichzusetzende Forderung des berechtigten Herrn Q im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO.

Es kommt bei der Beurteilung einer nachrangigen Forderung darauf an, ob es sich um Forderungen handelt, die auf Rechtshandlungen beruhen und dabei zugleich wirtschaftlich einem Darlehen entsprechen. Zu derartig entsprechenden Forderungen gehören insbesondere gestundete Forderungen, etwa aus Miete oder Pacht, die Nichtgeltendmachung von fälligen Forderungen oder Vorleistungen durch den Gesellschafter. Eine jeweils entsprechende ausdrückliche Abrede ist nicht erforderlich. Vielmehr genügt es, wenn der Gesellschafter von seinem Recht, die Forderung einzuziehen, tatsächlich keinen Gebrauch macht (MüKoInsO/Ehricke, 3. Aufl. 2013, InsO § 39 Rn. 36-61). Bei der Beurteilung, ob es sich um eine einem Darlehen gleichzusetzende Forderung handelt, kommt es mithin auf das Stehenlassen an. An diesem Punkt mangelt es im vorliegenden Fall. Der Berechtigte der Betriebsrente hat hier noch gar keine fällige Forderung gegen die Insolvenzschuldnerin, denn seine Rente wird erst fällig ab Renteneintritt und das zeitversetzt in monatlichen Schritten. Es mangelt auch an einem Stehenlassen, wenn sich der Berechtigte die Einzahlungssumme hätte auszahlen lassen und diese anderweitig in eine Rentenabsicherung investiert hätte. Zwar handelt es sich bei den Beiträgen zur Betriebsrente um Gehaltsanteile, diese werden jedoch nicht im Unternehmen stehengelassen um dem Unternehmen einen finanziellen Vorteil oder eine Unterstützung zukommen zu lassen.

Auch die Intention des Gesetzgebers für die Behandlung der Leistung als einer einem Gesellschafterdarlehen gleichzusetzenden Leistung liegt darin, dass eine aus eigener Kraft nicht mehr lebensfähige Gesellschaft durch die Zuführung oder das Belassen von Finanzierungsmitteln am Leben erhalten wird. Von einer Kapitalnutzung i.S. einer Unternehmensfinanzierung kann grundsätzlich nur gesprochen werden, wenn die Finanzierungsmittel der Gesellschaft für eine gewisse Dauer zur Verfügung gestellt werden (BGH, Urteil vom 28.11.1994, Az.: II ZR 77/93, NJW 1995, 457) Es kommt demnach auch auf einen Unterstützungscharakter der stehengelassenen Mittel an. Auch hieran mangelt es vorliegend, denn die Insolvenzschuldnerin konnte operativ von der Betriebsrentenanwartschaft des Berechtigten bzw. den Beiträgen des Berechtigten nicht profitieren, diese stand ihr gar nicht zur Verwendung zur Verfügung. Sie konnte die Mittel gar nicht verwenden oder einsetzen.

Insoweit kommt es auch nicht darauf an, dass der Berechtigte auch Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin war. Auch die Beteiligung an der Insolvenzschuldnerin selbst hilft nicht darüber hinweg, dass die o.g. Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht gegeben sind.

Gegen die Feststellung auf Rang 3 wurden keine Einwände erhoben.

III.

Die mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens übergegangenen Anwartschaften werden im Insolvenzverfahren als unbedingte Forderungen nach § 45 der Insolvenzordnung geltend gemacht. Gegen die Höhe der angemeldeten Forderung und der Berechnung des Barwertes wurden keine Einwände erhoben.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 4.968,72 EUR festgesetzt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:

Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.