OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.12.2019 - 2 A 3973/19
Fundstelle
openJur 2019, 37891
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 7 K 2362/18
Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 377,90 Euro festgesetzt

Gründe

Der (wohl) auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 4 VwGO sowie auf § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Er ist jedenfalls unbegründet.

Aus dem insoweit maßgeblichen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) Zulassungsvorbringen ergibt sich nicht, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung bestehen bzw. das Verwaltungsgericht in entscheidungserheblicher Weise von dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 981/17 u. a. - abgewichen sein könnte (eine differenzierte Zuordnung des Vortrags zu einem dieser Zulassungsgründe nimmt der Kläger nicht vor), indem es die gegen die Rundfunkbeitragserhebung für die Erstwohnung des Klägers für rechtmäßig erachtet hat, obwohl er bereits bestands- und rechtskräftig zur Beitragszahlung für seine Zweitwohnung für den Zeitraum 1. Januar 2015 bis 31. März 2015 und bestandkräftig für den Zeitraum 1. April 2015 bis 30. Juni 2015 herangezogen worden ist. Die vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erachtete Sachverhaltskonstellation liegt hier nicht vor.

Für die von dem angefochtenen Beitragsbescheid erfassten Zeiträume vom 1. November bis 31. Dezember 2014 und 1. Juli 2015 bis 31. Juli 2016 folgt das schon daraus, dass der Kläger selbst nicht substantiiert geltend macht, Rundfunkbeiträge für seine Zweitwohnung entrichtet zu haben und sich jedenfalls der diese Zweitwohnung betreffende Festsetzungsbescheid für den Zeitraum Juli bis Dezember 2015 nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts noch im Widerspruchsverfahren befindet.

Unbeschadet dessen ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 18. Juli 2018 allein die Verfassungswidrigkeit der Rundfunkbeitragserhebung für eine Zweitwohnung festgestellt hat. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Tenor der Entscheidung selbst, in dem allerdings mit der Begrifflichkeit der "weiteren Wohnung" ein solches Verständnis bereits angelegt ist. In den Entscheidungsgründen lässt das Bundesverfassungsgericht aber keinen Zweifel daran, dass die "weitere Wohnung" im Sinne des Tenors allein die Zweitwohnung ist. So heißt es in Rn. 49 des Urteils ausdrücklich: "Mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht vereinbar ist allerdings, dass auch für Zweitwohnungen ein Rundfunkbeitrag zu leisten ist." Sachlich gleichlautende Feststellungen finden sich in den Randnummern 73, 106 ff. der Entscheidung sowie z. B. auch in dem Beschluss vom 10. April 2019 - 1 BvR 2284/15 u. a. -, jeweils Rn. 5. Schließlich, aber nicht zuletzt bezieht sich die Übergangsanordnung, auf die sich der Kläger für den in Rede stehenden Zeitraum allenfalls berufen könnte und die damit hier ausschlaggebende Bedeutung hat, ausdrücklich nur auf "diejenigen Personen, die nachweislich als Inhaber ihrer Erstwohnung ihrer Rundfunkbeitragspflicht nachkommen". Diese sind "auf ihren Antrag hin von einer Beitragspflicht für weitere Wohnungen zu befreien. Wer bereits Rechtsbehelfe anhängig gemacht hat, über die noch nicht abschließend entschieden ist, kann einen solchen Antrag rückwirkend für den Zeitraum stellen, der Gegenstand eines noch nicht bestandskräftigen Festsetzungsbescheides ist. Bereits bestandskräftige Festsetzungsbescheide vor der Verkündung dieses Urteils bleiben hingegen unberührt" (Rn. 155). Mit diesen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts, auf die bereits das Verwaltungsgericht ausdrücklich Bezug genommen hat, setzt sich der Kläger inhaltlich nicht auseinander. Warum die im Urteil des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich zugrunde gelegte Unterscheidung zwischen Erst- und Zweitwohnung "ganz offensichtlich" den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts widersprechen sollte, erschließt sich so nicht einmal im Ansatz. Die Festsetzungsbescheide über die Zweitwohnung des Klägers für den Zeitraum Januar bis Juni 2015 sind indes bestandskräftig geworden, so dass die Übergangsanordnung des Bundesverfassungsgerichts insoweit nicht greift. Die vom Kläger - in der Sache zu Recht - monierte und für die Zukunft nicht hinzunehmende Doppelbelastung resultiert hier allein auf der zeitlichen Wirkung der Entscheidung und ist insoweit vom Bundesverfassungsgericht selbst verfassungsrechtlich in Kauf genommen worden.

Vor diesem Hintergrund ist auch die vom Kläger - ohne Zuordnung zu einem Zulassungsgrund, in der Sache aber wohl auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rekurrierend - nur in den Raum gestellte Verletzung des unionsrechtlichen Gleichbehandlungsgebots nicht zu erkennen. Eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit liegt mindestens fern. Eine solche führt der Kläger auch nicht aus. Im Übrigen ist weder ersichtlich noch dargelegt, dass das allgemeine Gleichbehandlungsgebot auf unionsrechtlicher Ebene, ungeachtet seiner zumindest zweifelhaften Anwendbarkeit auf den nationalen Rundfunkbeitrag, über den Regelungsgehalt des Art. 3 Abs. 1 GG hinausgehen könnte.

Soweit der Kläger im Zulassungsantrag sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt, 60 % des Beitragsaufkommens würden nicht rechtskonform verwendet, unterbleibt auch mit dem Zulassungsvortrag jegliche Plausibilisierung durch auch nur näherungsweise prüffähige Fakten. Unabhängig davon hat das Verwaltungsgericht im Einklang mit der ständigen und einheitlichen obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Relevanz für das vorliegende beitragsrechtliche Verfahren verneint.

Vgl. dazu nur BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 -, BVerwGE 154, 275; OVG NRW, Urteil vom 12. März 2015 - 2 A 2423/14 -, DVBl. 2015, 705 m. w. N.; bestätigt auch in BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 -, BVerfGE 149, 222.

Schließlich beruht die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht auf einem der Beurteilung des Senats unterliegenden Verfahrensmangel (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Die vom Kläger unterstellte Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil das Verwaltungsgericht durch den Erlass eines Gerichtsbescheides die von ihm ausdrücklich gewünschte mündliche Verhandlung "vereitelt" habe, beruht auf einer Verkennung des einschlägigen (Prozess-)Rechts. Gegen den ergangenen Gerichtsbescheid hätte dem Kläger ohne weiteres - insbesondere ohne weitere Voraussetzungen - der Rechtsbehelf eines Antrags auf eine solche mündliche Verhandlung offengestanden (§ 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Hierauf ist in der Rechtsmittelbelehrung auch zutreffend hingewiesen worden. Dass der Kläger diesen Rechtsbehelf - aus welchen Gründen auch immer - nicht ergriffen hat, begründet jedenfalls keinen Verfahrensfehler des Verwaltungsgerichts.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist der angefochtene Gerichtsbescheid rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.

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