AG Solingen, Urteil vom 14.08.2019 - 27 Cs 113/19
Fundstelle
openJur 2019, 38284
  • Rkr:
Tenor

Die Angeklagte ist des unerlaubten Entfernens vom Unfallort schuldig.

Sie wird zu einer Geldstrafe von

25 Tagessätzen zu je 30,00 Euro

verurteilt.

Sie hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Angewendete Vorschriften: §§ 142 I StGB.

Gründe

Die 76-jährige Angeklagte ist verheiratet, Rentnerin und strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten.

Am 31.07.2019 befuhr die Angeklagte gegen 21.00 Uhr mit dem Personenkraftwagen der Marke VW mit dem Kennzeichen unter anderem die S Straße in Solingen. Infolge von Unachtsamkeit stieß sie beim Rückwärtsausparken gegen die Front eines geparkten Personenkraftwagens der Marke VW mit dem amtlichen Kennzeichen. Dadurch verursachte sie einen Verkehrsunfall bei dem ein Fremdschaden in Höhe von 410,55 Euro entstand. Obwohl die Angeklagte den Unfall bemerkte entfernte sie sich mit dem Fahrzeug von der Unfallstelle, ohne zuvor die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen.

Die Feststellungen beruhen auf der Einlassung der Angeklagten sowie aus den Aussagen der Zeugen.

Die Angeklagte hat sich dahingehend eingelassen, dass es sich bei der Tatörtlichkeit um einen Parkplatz handelte. Sie habe nicht bemerkt, dass sie gegen ein anderes Fahrzeug gestoßen sei.

Ihr Mann, der sich bei ihr im Auto befunden habe, sei schwer gebehindert und habe dringend auf die Toilette gemusst, deshalb habe sie schnell die Gaststätte verlassen, sie habe den Rollstuhl ihres Mannes ins Auto geladen und habe schnell nach Hause fahren wollen. Sie habe dann durchaus ein Rumpeln gehört, habe aber gedacht, dass es sich dabei um den Rollstuhl gehandelt habe. Sie sei dann eiligst nach Hause gefahren. Sie habe beim Wegfahren nach dem Rumpeln kurz gezögert, weil sie dachte, dass ihr Mann vielleicht doch noch in der Gaststätte auf die Toilette gehen könne, sei aber dann doch weitergefahren.

Die Zeugin Vogt hat bekundet, dass eine Bedienung auf sie zugekommen sei und gefragt habe, wem das Auto mit dem Kennzeichen gehöre. Es sei weiter gesagt worden, dass dieses Fahrzeug in einen Unfall verwickelt gewesen sei. Sie habe dann Leute getroffen, die das Ganze beobachtet hätten. Sie sagten, dass der Wagen weggefahren sei. Am nächsten Tag sei sie mit dem Fahrzeug zur Werkstatt gefahren, es sei festgestellt worden, dass es sich um einen Lackschaden gehandelt habe. Die Schadenssumme habe ca. 400,00 Euro betragen. Bislang sei der Schaden nicht ausgeglichen. Vor dem besagten Tag sei der Lackschaden nicht an dem Fahrzeug gewesen.

Die Zeugin hat bekundet, dass sie auf dem Parkplatz gestanden habe und sich unterhalten habe. Sie habe auf einmal einen lauten Knall gehört und gesehen, wie ein Auto gewackelt habe und ein anderes draufgefahren sei. Sie hätten dann noch hinterhergerufen, als sie gemerkt hätten, dass der Fahrer wegfahren wollte. Sie hätte den Eindruck gehabt, dass das Auto kurz angehalten habe. Ihr Mann habe sich dann das Kennzeichen des Autos aufgeschrieben. Was sie hinterhergerufen haben, konnte sie nicht mehr sagen.

Der Knall sei schon laut gewesen. Nach ihrer Einschätzung wäre der auch im Auto zu hören gewesen. Sie hätte gerufen und durchaus den Eindruck gehabt, dass das Rufen auch gehört worden sei, da das Auto ja kurz gestoppt habe. Dann sei das Auto aber wieder losgefahren und ihr Mann sei noch hinterher gelaufen, um das Nummernschild aufzuschreiben.

Sodann hat der Zeuge ausgesagt, dass er zusammen mit seiner Frau und der Nichte vor dem Restaurant gestanden und sich unterhalten habe. Es habe dann ein Geräusch gegeben, der Wagen setzte nach vorne und zuckelte etwas. Dann sei er wieder losgefahren. Er habe "Halt" gerufen, das Auto sei jedoch weggefahren. Die beiden Fahrzeuge hätten hintereinander gestanden. Bei dem VW Passat habe er dann gesehen, dass der Kotflügel eingebeult gewesen sei. Es seien aber auch Gebrauchsspuren an dem Fahrzeug gewesen. Er konnte nicht mehr sagen, ob alle drei hinter dem Fahrzeug hergerufen hätten, er sei hinterhergelaufen. Der Wagen habe gezuckelt und kurz angehalten. Man habe den Knall des Aufpralls gehört und auch gesehen, wie der Passat gewackelt habe und leicht in die Höhe gegangen sei. Nach seiner Einschätzung hätte man den Knall auch als Autoinsasse hören können.

Nach der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass die Angeklagte sich des unerlaubten Entfernens vom Unfallort schuldig gemacht hat. Das Gericht ist zum einen davon überzeugt, dass die Angeklagte mit ihrem Pkw gegen den Pkw der Zeugin gestoßen ist beim Ausparken und zudem dadurch ein Schaden entstanden ist. Dies stützt sich auf die Aussage der Zeugin, die bekundet hat, dass der Lackschaden in Höhe von 400,00 Euro zuvor nicht an ihrem Fahrzeug gewesen sei.

Das Gericht ist außerdem davon überzeugt, dass die Angeklagte den Unfall bemerkt hat. Die Zeugen haben beide übereinstimmend von einem lauten Knall berichtet und auch von einer Bewegung des abgeparkten Fahrzeuges. Zudem haben die Zeugen hinter dem wegfahrenden Auto hergerufen und der Zeuge ist dem Fahrzeug noch hinterhergelaufen. Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass auch die Angeklagte den Anstoß bemerkt haben muss.

Die Angeklagte berichtet, dass sie ein Geräusch wahrgenommen habe und davon ausgegangen sei, dass dieses durch den im Kofferraum befindlichen Rollstuhl verursacht worden sei. Dies hält das Gericht dagegen für eine Schutzbehauptung. Zum einen ist bereits zweifelhaft, dass das Rappeln des Rollstuhles im Kofferraum und der Anstoß an ein anderes Fahrzeug tatsächlich vergleichbar sind, zum anderen hätte die Angeklagte spätestens durch das Rufen der Zeugen und durch das Hinterherlaufen des Zeugen wissen müssen, dass das Geräusch nicht von dem Rollstuhl herrührt. Zudem haben sowohl die Angeklagte als auch die Zeugen noch von einem kurzen Zögern vor dem Wegfahren berichtet, was darauf hindeutet, dass die Angeklagte den Anstoß sehr wohl bemerkt hat.

Die Angeklagte hat sich damit gemäß § 142 StGB strafbar gemacht.

Das Gesetz sieht einen Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe vor.

Im Rahmen der Strafzumessung war zugunsten der Angeklagten zu berücksichtigen, dass diese bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten war. Zum anderen hat die Angeklagte durchaus glaubhaft geschildert, dass sie sich zum Tatzeitpunkt in einer deutlichen Stresssituation befunden hatte, da sie ihren pflegebedürftigen Mann schnellstmöglich nach Hause bringen wollte, da dieser dringend zur Toilette musste.

Das Gericht hält nach Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Umstände eine Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu 30,00 Euro für tat- und schuldangemessen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 StPO.

Zitate0
Referenzen0
Schlagworte