OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.11.2019 - 3 Kart 801/18 (V)
Fundstelle
openJur 2019, 37605
  • Rkr:

Im Energiewirtschaftsrecht kann sich die Bundesnetzagentur bei einer andauernden Zuwiderhandlung auf die Feststellung des rechtsfehlerhaften Zustandes beschränken, wenn ihr dies nach den Umständen des Falles als ausreichend erscheint, um einen rechtsfehlerfreien Zustand herbeizuführen. Die getroffene Feststellung, gestützt auf § 65 Abs. 1 EnWG, stellt sich als Minus zu einer Abstellungsanordnung dar.

Zur Verhinderung einer bilanziellen Zuordnungslücke i.S.d. § 4 Abs. 3 S. 1 StromNVZ sind Entnahmestellen von grundversorgungsfähigen Letztverbrauchern bei denen weder ein vertragliches noch ein gesetzliches Schuldverhältnis mit einem Energieversorger besteht, bilanziell dem Grundversorger zuzuordnen, bis ein Schuldverhältnis (wieder) besteht oder diese Entnahmestelle gesperrt ist.

Die Vorschriften der § 24 Abs. 1, Abs. 2 NAV gelten nur, wenn das Rechtsverhältnis zwischen Netzbetreiber und Anschlussnehmer bzw. -nutzer von einer Zuwiderhandlung betroffen ist. Im Falle des Zahlungsverzuges von Haushaltskunden gegenüber Lieferanten ist der Netzbetreiber daher nicht berechtigt, solche Entnahmestellen aus eigenem Recht zu sperren.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 26.03.2018, Az.: BK6-16-161, wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen der Bundesnetzagentur sowie der weiteren Beteiligten.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf ... Euro festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

A.

Die Beschwerdeführerin beliefert Kunden mit Strom im Netzgebiet der beiden Beigeladenen auf der Niederspannungsebene. Sie ist zuständige Grund- und Ersatzversorgerin gemäß §§ 36, 38 EnWG in einem Teil des Netzgebiets der Beigeladenen zu 1, der zum Landkreis G gehört, sowie bis zum 31.12.2018 auch im Netzgebiet der Beigeladenen zu 2.

Im Zeitraum 2014 bis 2016 meldete die Beschwerdeführerin gegenüber beiden Beigeladenen in mehreren hundert Fällen grundversorgte Haushaltskunden auf der Niederspannungsebene unter anderem mit der Begründung "Lieferantenwechsel" von der Belieferung ab. Darauf erfolgte eine Ersatzversorgung, die ebenfalls durch die Beschwerdeführerin in Erfüllung ihrer Aufgabe als Ersatzversorgerin erbracht wurde.

Ergab eine Prüfung der Beschwerdeführerin, dass Zahlungsrückstände in dieser Zeit zu bereits bestehenden Rückständen hinzugekommen waren, meldete sie bei der jeweiligen Beigeladenen solche Entnahmestellen nach Ablauf von drei Monaten aus der Ersatzversorgung ab. Die Abmeldung erfolgte mit der Angabe "Lieferende", unter Bezugnahme auf die "Darstellung der Geschäftsprozesse zur Anbahnung und Abwicklung der Netznutzung bei der Belieferung von Kunden mit Elektrizität" (nachfolgend: GPKE) und unter Verwendung des Transaktionsgrundes "Z41" ("Ende der Ersatzversorgung ohne Folgebelieferung").

Gegenüber der Beigeladenen zu 2 beantragte die Beschwerdeführerin in der Mehrzahl dieser Fälle gleichzeitig mit der Abmeldung eine Unterbrechung des jeweiligen Anschlusses wegen Nichterfüllung von Zahlungspflichten. In zahlreichen Fällen kam es nicht zu einer Sperrung der Entnahmestellen.

Gegenüber der Beigeladenen zu 1 erfolgte in der Regel keine Beauftragung zur Unterbrechung der Stromversorgung der abgemeldeten Kunden.

Sperraufträge, die von der Beschwerdeführerin beauftragt und von den Beigeladenen durchgeführt werden, sind von ihr - losgelöst davon, ob sie erfolgreich durchgeführt werden konnten - zu vergüten. Die Kosten können anschließend den jeweiligen Haushaltskunden in Rechnung gestellt werden.

Die beschriebene Handhabung wurde seit 2012 von der Beschwerdeführerin praktiziert. Ab Anfang 2016 lehnte die Beigeladene zu 1 derartige Abmeldungen der Beschwerdeführerin mit der Begründung "Transaktionsgrund unplausibel" ab und ordnete - wie auch zuvor schon die Beigeladene zu 2 - die betroffenen Entnahmestellen weiterhin dem Bilanzkreis der Beschwerdeführerin zu. Bis dahin hatte die Beigeladene zu 1 die in ihrem Netzgebiet betroffenen Entnahmestellen und damit auch die entnommene Energie ihrem Differenzbilanzkreis zugeordnet.

Im Netzgebiet der Beigeladenen zu 2 gab es zudem Entnahmestellen von Letztverbrauchern, die die Beschwerdeführerin in der Vergangenheit bereits versorgt hatte, die aber zwischenzeitlich von einem Drittanbieter versorgt worden waren und die nach Beendigung dieses Lieferverhältnisses abermals - sofern kein neuer Lieferant benannt worden war - durch die Beigeladene zu 2 nach dem Prozess 4.2 GPKE "Beginn der Ersatz-/Grundversorgung" der Beschwerdeführerin zugeteilt werden sollten. Diese lehnte jedoch eine Übernahme solcher Entnahmestellen unter Hinweis auf eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit ab.

Unter dem 17.08.2016 hat die Bundesnetzagentur nach Einleitung eines formlosen Verfahrens, in dessen Rahmen ein Vermittlungsgespräch mit den Beteiligten durchgeführt worden war, auf ausdrückliche Anregung der Beigeladenen zu 1 ein Aufsichtsverfahren nach § 65 EnWG gegen die Beschwerdeführerin eröffnet. Die Beigeladenen sind jeweils mit Beschluss vom 26.07.2017 zu diesem Verfahren beigeladen worden.

Mit Beschluss vom 26.03.2018 (Az.: BK6-6-161) hat die Bundesnetzagentur festgestellt, dass die Beschwerdeführerin gegen die ihr obliegende Pflicht gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 StromNZV i.V.m. §§ 20 Abs. 1, 36, 38 EnWG verstoße, indem sie grundversorgungsfähige Letztverbraucher aus der Ersatzversorgung aktiv abmelde und eine unmittelbar darauf folgende Neuanmeldung in die Grundversorgung ohne vorherige Versorgungsunterbrechung der jeweiligen Letztverbraucher ablehne. Bis zur Sperrung der Entnahmestelle seien ihr diese bilanziell zuzuordnen. Aus den Vorgaben der §§ 36 Abs. 1, 38 EnWG folge die Pflicht des Grundversorgers, die Verantwortung für die Belieferung von Letztverbrauchern zu übernehmen, sofern keine anderweitige vertragliche bzw. gesetzliche Lieferbeziehung auf Seiten des Letztverbrauchers bestehe. Dem Grundversorger werde dabei sowohl für die vertraglich begründete Grundversorgung als auch im Rahmen des gesetzlichen Schuldverhältnisses der Ersatzversorgung eine besondere Pflichtenstellung zugewiesen. Danach werde er aufgrund des ihm obliegenden Kontrahierungszwangs als Grundversorger, verbunden mit der ihm zugeordneten Realofferte bei jederzeit möglicher Stromentnahme, Vertragspartner eines Haushaltskunden, ohne dass er diesen kennen müsse oder mit ihm konkret einen Vertrag abzuschließen habe. In der Marktrolle des Ersatzversorgers werde der Grundversorger qua gesetzlichen Schuldverhältnisses für die Belieferung von Letztverbrauchern verantwortlich, ohne dass eine Vereinbarung über den Energiebezug bestehe und mithin, ohne dass er den Beginn der Ersatzversorgung im Vorfeld absehen könne oder dies seinem Willen entsprechen müsse.

Aus dieser besonderen Rolle folge, dass dem Grundversorger Entnahmestellen von Haushaltskunden, für die kein Vertragsverhältnis besteht, losgelöst von einer Kündigung wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit i.S.d. § 36 Abs. 1 S. 2 EnWG bis zur aktiven Unterbrechung der Entnahmestelle bzw. bis zum Zustandekommen einer vertraglichen Lieferbeziehung mit einem Drittanbieter bilanziell zuzuordnen seien.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde. Die angefochtene Entscheidung sei bereits in formeller Hinsicht fehlerhaft, da die Bundesnetzagentur eine Feststellung getroffen und keine Verpflichtungs- oder Untersagungsentscheidung erlassen habe. In welcher Weise die von der Bundesnetzagentur vertretene Rechtsauffassung von ihr umgesetzt werden solle, werde nicht deutlich. Auch lägen die Voraussetzungen für den Erlass einer Feststellungsentscheidung nicht vor, zumal eine solche ohnehin subsidiär zu einer Eingriffs- bzw. Verpflichtungsverfügung sei.

Aus materieller Sicht verstoße die Entscheidung bereits gegen den Bestimmtheitsgrundsatz i.S.d. § 37 VwVfG. Es sei nicht hinreichend ersichtlich, welches Verhalten von ihr zu welchem (vermeintlichen) Rechtsverstoß führen solle und wie sie stattdessen rechtskonformes Verhalten erreiche. Die Bundesnetzagentur gehe nicht hinreichend darauf ein, dass es drei verschiedene Konstellationen gebe, über die zu entscheiden gewesen sei. Es gebe den Fall der Kündigung gegenüber dem Haushaltskunden bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 S. 2 EnWG mit einer Beauftragung des Netzbetreibers zur Unterbrechung der Entnahmestelle nach § 19 StromGVV i.V.m. § 24 Abs. 3 NAV, sowie den Fall ohne einen solchen Sperrauftrag. Hierneben stehe noch die Konstellation der gesetzlich vorgesehenen Ersatzversorgung gemäß § 38 EnWG im Fall eines Lieferantenwechsels. Auch sei zwischen zahlungsunwilligen und zahlungsunfähigen Haushaltskunden zu differenzieren.

Ohne Erfolg lege die Bundesnetzagentur ihr eine Verletzung von § 20 EnWG zur Last. Als Vertriebsunternehmen sei sie nicht Adressat dieser Vorschrift.

Mangels eines Verstoßes gegen § 36 EnWG bzw. § 38 EnWG liege auch keine Verletzung von § 4 Abs. 3 S. 1 StromNZV vor.

Insbesondere dürften die Regelungen der StromNZV als Rechtsverordnung nicht die Vorschriften der EnWG aushöhlen. Dies sei aber dann der Fall, wenn der Netzbetreiber berechtigt sei, trotz wirksamer Beendigung des Grundversorgungsverhältnisses die anschließenden Stromentnahmen dieser Haushaltskunden dem Bilanzkreis des Grundversorgers zuzuordnen. Dies führe zu widersprüchlichen Ergebnissen.

Eine Bilanzkreiszuordnung könne schließlich auch nicht ohne Berücksichtigung des vertraglichen Lieferverhältnisses erfolgen. Das Lieferverhältnis sei bei einer wirksamen Kündigung jedoch beendet.

Soweit die Bundesnetzagentur ihr vorwerfe, sie lehne unter Verweis auf § 36 Abs. 1 S. 2 EnWG Grundversorgungskunden systematisch bzw. pauschal ab, sei dies eine bloße Unterstellung, die sie zurückweise.

Als Grund-/Ersatzversorger i.S.d. §§ 36, 38 EnWG habe sie bei Zahlungsunwilligkeit ebenso wie bei Zahlungsunfähigkeit des Letztverbrauchers die Möglichkeit, die Versorgung unter den Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 StromGVV - nach Prüfung des jeweiligen Einzelfalls - zu beenden, den Grundversorgungsvertrag unter Beachtung der Vorgaben des § 20 bzw. § 21 StromGVV zu kündigen oder Vorauszahlungen i.S.d. § 14 StromGVV bzw. Sicherheitsleistung i.S.d. § 15 StromGVV zu verlangen. Diese Optionen stünden ihr gleichwertig zur Verfügung, es gebe bereits nach dem Wortlaut der Vorschriften, aber auch unter Beachtung von Sinn und Zweck kein Stufenverhältnis. Es liege in ihrem Ermessen, für welche Variante sie sich im jeweiligen Einzelfall entscheide. Auch sei zu berücksichtigen, dass es sich vorliegend um ein Massenkundengeschäft handele. Die Einhaltung eines Stufenverhältnisses sei in der Praxis daher nicht bzw. nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand möglich.

Auch sei es nicht erforderlich, vor Ablehnung eines Kunden wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit eine Anweisung zur Sperrung der Entnahmestelle erteilt oder Sperrversuche unternommen zu haben. Eine solche Voraussetzung sei § 36 Abs. 1 S. 2 EnWG nicht zu entnehmen und ergebe sich auch nicht aus den Regelungen der §§ 19 Abs. 2, 20 Abs. 1 StromGVV. Aus § 19 Abs. 2 StromGVV folge vielmehr, dass es sich bei der Sperrung um eine Berechtigung und nicht um eine Verpflichtung handele.

Wäre vor der Ablehnung des Kunden eine Sperrung der Entnahmestelle erforderlich, müsste der Grundversorger den Kunden - bis zur erfolgreichen Sperrung - zunächst in die Belieferung aufnehmen, obwohl ihm die wirtschaftliche Unzumutbarkeit bekannt sei. Vor dieser Belastung solle § 36 Abs. 1 S. 2 EnWG den Grundversorger jedoch gerade schützen. Auch könne in einem solchen Fall kein Vertrag mit dem Kunden zustande kommen, da der Grundversorger einen Vertragsschluss im Vorfeld zulässigerweise gemäß § 36 Abs. 1 S. 2 EnWG gegenüber einem Haushaltskunden verweigert habe.

Eine Zuordnung dieser unberechtigten Stromentnahmen zum Bilanzkreis der Netzbetreiber sei indessen eine systemgerechte Interpretation der gesetzlichen Entflechtungsvorschriften. Nach fristgemäßer Abmeldung durch den Grundversorger sei allein der Netzbetreiber für die Unterbrechung der Entnahme verantwortlich. Dieser habe bei einem Zahlungsverzug des Haushaltskunden ein eigenes Recht, den Anschluss nach § 24 NAV zu sperren, ohne dass es darauf ankomme, ob der Zahlungsverzug gegenüber dem Lieferanten oder gegenüber dem Netzbetreiber bestehe.

Der Netzbetreiber könne die Sperrung der Entnahmestelle in den streitgegenständlichen Fällen auch darauf stützen, dass er die weiterhin entnommenen Strommengen keinem Bilanzkreis zuordnen könne. Die Unterbrechung durch ihn sei rechtskonform, da mit der Abmeldung durch den Stromlieferanten das Anschlussnutzungsverhältnis gemäß § 3 Abs. 2 NAV entfallen sei und der Kunde deswegen keine Rechte mehr aus der NAV ableiten könne. Es bedürfe also insoweit keiner gesonderten Kündigung durch den Netzbetreiber, da das gesetzliche Schuldverhältnis nicht mehr bestehe und somit eine Unterbrechung der Anschlussnutzung jederzeit möglich sei. Dulde der Netzbetreiber dennoch die Stromentnahme, habe er vorübergehend selbst für die Entnahmen einzustehen (sog. "geduldete Notentnahme") und die Kosten für die kurzfristige Beschaffung dem Anschlussnutzer gemäß § 315 BGB in Rechnung zu stellen. Ein solcher Haushaltskunde sei bei Vorliegen der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit vergleichbar demjenigen Letztverbraucher zu behandeln, der als Mittelspannungskunde keinen Lieferanten habe bzw. als Nichthaushaltskunde in der Niederspannung auch nach drei Monaten Ersatzversorgung keinen Sondervertrag abschließen könne.

Durch die Entscheidung der Bundesnetzagentur werde das wirtschaftliche Risiko der Belieferung zahlungsunwilliger- und/oder zahlungsunfähiger Kunden vollständig auf den Grundversorger verlagert. Deren (Wieder-)Eintritt in die Grundversorgung führe zu einer unbilligen wirtschaftlichen Belastung, da sich bestehende Zahlungsrückstände hierdurch weiter vergrößerten. Eine Rechtsgrundlage, wonach diese Belastung dem Grundversorger aufzubürden sei, bestehe nicht. Auch führe diese Rechtsauffassung im Ergebnis zu einem Leerlauf des § 36 Abs. 1 S. 2 EnWG, da der Grundversorger trotz energiewirtschaftsrechtlich zulässiger Lieferverweigerung mittels der Zuordnung der Lieferung zu seinem Bilanzkreis so behandelt werde, als sei § 36 Abs. 1 S. 2 EnWG nicht anwendbar oder nicht existent.

Zwar handele es sich bei der Grundversorgung um eine Art der Daseinsvorsorge. Dies bedeute aber nicht, dass eine Pflicht der Versorgungsunternehmen bestehe, Energie ohne jede Einschränkung, also auch bei Zahlungsverzug des Haushaltskunden, zur Verfügung zu stellen. Insbesondere sei es nicht Aufgabe der Versorgungswirtschaft, bedürftige Haushaltskunden durch unentgeltliche Energielieferungen zu unterstützen. Schließlich stelle sich die Frage, auf welcher Grundlage der Grundversorger Entgeltansprüche gegenüber dem Kunden habe, wenn die zivilrechtliche Kündigung als solche akzeptiert werde.

Gegenwärtig habe sie - was von den übrigen Beteiligten nicht bestritten wird - Forderungsausfälle aus der Grund- und Ersatzversorgung in Höhe von ... €. Dies sei mit den Vorgaben des Energiewirtschaftsrechts nicht zu vereinbaren und stehe insbesondere im Widerspruch zu § 36 Abs. 1 S. 2 EnWG. Die angefochtene Entscheidung der Bundesnetzagentur habe zur Folge, dass Grundversorger von zahlungsunwilligen- bzw. zahlungsunfähigen Kunden nahezu endlos in Anspruch genommen werden könnten, da diese aufgrund der Entflechtungsregelungen nach §§ 6 ff. EnWG ein solches Kundenverhalten mangels eigener Möglichkeit der Sperrung dieser Entnahmestellen nicht verhindern könnten.

Das Unterlassen der Sperraufträge an die Beigeladenen sei nicht mutwillig erfolgt, sondern allein aufgrund der schlechten Erfolgsquote bei der Umsetzung. In den Jahren 2012 und 2013 habe die Erfolgsquote bei der Beigeladenen zu 1 bei ca. ... % und bei der Beigeladenen zu 2 bei ca. ... % gelegen. Derzeit liege die Erfolgsquote bei der Beigeladenen zu 2 bei ... % und bei der Beigeladenen zu 1 bei ... %. Die Kosten der Sperrung könne sie zwar den jeweiligen Kunden in Rechnung stellen. Da es sich aber vorliegend um zahlungsunwillige- und/oder zahlungsunfähige Kunden handele, erfolge in der Regel keine Zahlung.

Das Risiko eines erfolglosen Unterbrechungsversuchs durch den Netzbetreiber dürfe nicht den Grundversorgern aufgebürdet werden. Wäre dies das Ergebnis, wäre der Grundversorger, abgesehen von etwaigen Schadensersatzansprüchen gegen den Netzbetreiber nach § 280 BGB wegen versäumter oder mangelhaft durchgeführter Versorgungsunterbrechung, schutzlos gestellt. Da den Netzbetreibern in diesen Fällen ein eigenes Sperrrecht nach § 24 Abs. 2 NAV zustünde, sei es sachgerecht, das Risiko der erfolglosen Unterbrechungsversuche auf diese zu verlagern.

Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur gebe es darüber hinaus auch keine Pflicht zur Ersatzversorgung im Anschluss an eine beendete Grundversorgung. § 38 EnWG erfasse nicht solche Fälle, in denen der Grundversorger nach § 36 Abs. 1 S. 2 EnWG berechtigt sei, seine Grundversorgungspflicht zu beenden. Erst recht scheide in diesen Fällen ein Anspruch auf erneute Grundversorgung aus, wenn die drei Monate Ersatzversorgung abgelaufen seien.

Soweit sich die Bundesnetzagentur auf die Entscheidung des Senats vom 16.07.2008, Az. VI-3 Kart 207/07 (V), berufe, sei dies deswegen fehlerhaft, da es sich um unterschiedliche Sachverhaltskonstellationen handele. Vorliegend gehe es nicht um die Zuordnung verwaister Entnahmestellen, so dass die Aussagen dieser Entscheidung auf die vorliegende Konstellation nicht übertragbar seien.

Soweit sich die Bundesnetzagentur bei der Begründung ihrer angefochtenen Entscheidung auf die Vorgaben der GPKE beziehe, gehe dies ebenfalls fehl. Die Vorschriften des EnWG, somit die Befugnisse und Pflichten des Grundversorgers nach §§ 36, 38 EnWG, ergänzt um § 19 StromGVV und § 24 NAV, seien für die Ausgestaltung und Anwendung der GPKE verbindlich und den darin befindlichen Reglungen gegenüber vorrangig.

Die Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 26.03.2018, Az.: BK6-16-161, aufzuheben und die Bundesnetzagentur zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, neu zu bescheiden.

Die Bundesnetzagentur beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und ist der Auffassung, diese sei sowohl formell als auch materiell rechtmäßig ergangen.

Formell sei ihre Entscheidung nicht zu beanstanden. Nach § 65 Abs. 1 EnWG stehe ihr ein Auswahlermessen hinsichtlich der auszusprechenden Rechtsfolge zu. Da sich die Vorschrift des § 65 EnWG an § 32 GWB orientiere, könne sie auch eine Entscheidung mit Feststellungswirkung treffen. Der Grundsatz der Subsidiarität einer Feststellungsklage sei nicht auf das Verwaltungsverfahrensrecht zu übertragen und greife damit nicht durch. Der Tenor sei geeignet, den rechtswidrigen Sachverhalt vollständig zu erfassen und künftiges Fehlverhalten zu verhindern. Der Tenor diene der Aufklärung über einen Rechtsirrtum und beruhe auf der Überzeugung, dass die Beschwerdeführerin sodann das gerügte Verhalten unterlasse. Seit der Entscheidung sei dies auch offensichtlich der Fall.

Materiellrechtlich sei die angefochtene Entscheidung ebenfalls nicht zu beanstanden.

Die Entscheidung sei hinreichend bestimmt. Insbesondere sei nicht ersichtlich, inwieweit die von der Beschwerdeführerin vorgenommene Aufgliederung in Sachverhaltsvarianten für die rechtliche Beurteilung der in Rede stehenden Problematik relevant sei. Maßgebende Vorschrift für die streitgegenständliche Frage der Zuordnung nicht zahlender Haushaltskunden in der Grundversorgung sei in allen Sachverhaltskonstellationen § 4 Abs. 3 S. 1 StromNZV. Danach bestehe die Verpflichtung, jede Einspeise- und Entnahmestelle einem Bilanzkreis zuzuordnen, der gemäß § 4 Abs. 2 StromNZV von einem Bilanzkreisverantwortlichen bewirtschaftet werde, welcher für eine ausgeglichene Bilanz zwischen Ein- und Ausspeisung im Bilanzkreis für jede Viertelstunde verantwortlich sei. Die Vorschrift solle sicherstellen, dass jegliche Energiemengen, die aus dem Netz entnommen oder eingespeist werden, jederzeit einem bestimmten Bilanzkreis und damit einer eindeutigen wirtschaftlichen Verantwortlichkeit zugeordnet werden könnten.

Die Zuordnung solcher Entnahmen zu einem Bilanzkreis des jeweiligen Netzbetreibers sei auf der Niederspannungsebene nicht möglich und sogar unzulässig, da es sich hierbei weder um Netzverluste noch um Differenzmengen handele.

Aus den zuordnungsrechtlich auf § 20 Abs.1 EnWG begründeten Vorgaben der GPKE folge, dass eine Zuordnung zum Ersatz-/Grundversorger immer dann erforderlich werde, wenn der Netzbetreiber eine Zuordnungslücke erkenne, ihm also zum Zeitpunkt der erforderlichen Zuordnung keine anderweitige Lieferbeziehung bekannt sei. Eine Zuordnungslücke sei für den Netzbetreiber erkennbar nur dann nicht mehr gegeben, wenn eine Stromentnahme an der konkreten Entnahmestelle aufgrund einer Versorgungsunterbrechung unmöglich sei oder eine Stromentnahme aus anderen Gründen (etwa wegen Stilllegung) ausgeschlossen sei.

Die Vorschrift des § 20 EnWG sei auch auf die Beschwerdeführerin anwendbar. Als Energielieferantin habe sie schließlich ein Interesse daran, Netzzugang nach dem aufgrund § 20 EnWG geltenden und vom Netzbetreiber umzusetzenden Netzzugangsregime zu erhalten. Daraus folge die Obliegenheit für die Beschwerdeführerin, auf der Grundlage eines Bilanzkreisvertrages mit dem jeweiligen Netzbetreiber die daraus resultierenden Pflichten zu beachten. Das Erfordernis einer eindeutigen Zuordnung sei dabei wesentlicher Bestandteil dieses Netzregimes.

Für den hier vorliegenden Fall bedeute dies, dass eine Abmeldung der ersatzversorgten Entnahmestelle aus dem Bilanzkreis des Grundversorgers nur und erst dann erfolgen könne, wenn zum Zeitpunkt der Abmeldung eine Anmeldung zu einem anderen Bilanzkreis z.B. aufgrund einer vertraglichen Lieferbeziehung greife oder eine aktive Versorgungsunterbrechung sichergestellt sei, so dass durch die Abmeldung keine Zuordnungslücke entstehe. Bestehe hingegen (noch) keine aktive Versorgungsunterbrechung und liege dem Grundversorger keine Bestätigungsanfrage des Netzbetreibers für die Abmeldung wegen einer Drittbelieferung vor, so müsse der Grundversorger bilanziell für die entnommenen Strommengen verantwortlich bleiben. Dies entspreche der besonderen Pflicht des Grundversorgers, besonders risikobehaftete Kundengruppen in die Ersatz- bzw. Grundversorgung aufzunehmen.

Selbst wenn die Abmeldung zunächst zu akzeptieren sei, müsse zumindest die unmittelbar nachfolgende (erneute) Zuordnung durch den Grundversorger hingenommen werden. Im Ergebnis sei es unerheblich, ob sich die Verantwortung fortsetze oder nach der Abmeldung unmittelbar durch erneute Zuordnung zum Grundversorger aufs Neue beginne. Bilanziell sei die Entnahmestelle in diesen Fällen ununterbrochen der Verantwortlichkeit des Ersatz-/Grundversorgers zuzuordnen.

Die mit dieser bilanziellen Zuordnung verbundene Zuweisung des Risikos, vermehrt zahlungsunfähige oder -unwillige Kundengruppen versorgen zu müssen, entspreche der gesetzlichen Wertung der §§ 36, 38 EnWG und werde dem Grundversorger durch die gesetzliche Regelung ausdrücklich auferlegt. Im Gegenzug sei der Grundversorger aber berechtigt, allgemeine Preise und Bedingungen festzulegen, die dieses Risiko einkalkulierten. Auch bestehe der Vorteil, dass durch die bloße Stromentnahme an der jeweiligen Entnahmestelle ein Grundversorgungsvertrag zustande komme. Darüber hinaus könne der Ersatz- bzw. Grundversorger das Risiko durch weitere Maßnahmen abwenden oder zumindest reduzieren. So stehe ihm im Rahmen der jeweiligen Vertrags- bzw. Rechtsbeziehung immer auch die Möglichkeit offen, selbst aktiv eine Versorgungsunterbrechung im Sinne des § 19 StromGVV zu beauftragen und somit ein weiteres Anhäufen von Zahlungsrückständen zu verhindern. Auch wenn eine gesetzliche Pflicht zur Sperrung nicht bestehe, liege es regelmäßig im eigenen Interesse des Grundversorgers, eine faktische Stromentnahme, durch die ein Zuordnungsbedürfnis geschaffen werde, zu unterbinden. Das mit der betreffenden Kundengruppe verbundene finanzielle Risiko, vermehrt kostenträchtige Versorgungsunterbrechungen beauftragen zu müssen, stelle dabei einen Teil des regelmäßig mit der Aufgabe als Grundversorger verbundenen Risikos dar.

Dieser Zuordnung des wirtschaftlichen Risikos könne die Beschwerdeführerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass auch der Netzbetreiber ein Sperrrecht habe. Die bloße Existenz eines Unterbrechungsrechts des Netzbetreibers nach § 24 NAV führe nicht dazu, dass Stromentnahmen, die nach Ablehnung durch den Grundversorger nicht zugeordnet werden könnten, in die Risikosphäre des Netzbetreibers fielen. So ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 24 Abs. 1, Abs. 2 NAV, dass eine Versorgungsunterbrechung durch den Netzbetreiber aus dessen eigenem Recht eine konkrete Zuwiderhandlung des Anschlussnehmers aus dem Anschlussnutzungsverhältnis gegenüber dem Netzbetreiber voraussetze. Dies sei aber in den streitgegenständlichen Fällen regelmäßig nicht der Fall, da der Zahlungsausfall allein das Rechtsverhältnis zwischen einem Haushaltskunden und dem Grundversorger betreffe. Es greife der Gedanke des Zurückbehaltungsrechts i.S.d. § 320 BGB. § 24 Abs. 1, Abs. 2 NAV sei damit in diesen Fällen nicht anwendbar.

Entsprechendes müsse auch in den Fällen gelten, in denen durch Ablauf der Drei- Monatsfrist des § 38 Abs. 2 EnWG die Ersatzversorgung ende, aber eine bilanzielle Zuordnung weiterhin erforderlich bleibe. Hierbei werde dem erklärten Willen des Grundversorgers insoweit Rechnung getragen, dass wegen Ausübung des Ablehnungsrechts gemäß § 36 Abs. 1 S.2 EnWG möglicherweise kein erneuter Grundversorgungsvertrag zustande komme. Bilanziell könne die Zuordnung jedoch nicht beendet werden, da anderenfalls ein zuordnungsfreier und damit rechtswidriger Zustand erzeugt würde. Ausweislich der Handlungsanweisungen der GPKE stelle diese besondere Belastung des Ersatz-/Grundversorgers ein systemimmanentes Risiko dar, das ihm aufgrund und im Rahmen seiner besonderen Verpflichtung aus den §§ 36, 38 EnWG auferlegt worden sei.

Auch die Beigeladenen zu 1 und zu 2 beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie schließen sich der Auffassung der Bundesnetzagentur an; die angefochtene Entscheidung sei formell und materiell rechtmäßig. Im Ergebnis sei es zutreffend, dass der jeweilige Grundversorger das wirtschaftliche Risiko von (unberechtigten) Stromentnahmen bis zur Sperrung der jeweiligen Entnahmestelle trage. Bis dahin seien solche Entnahmestellen bilanziell dem Grundversorger zuzuordnen. Eine Zuordnung der entnommenen Strommengen zum Netzbetreiber sei systemwidrig, da der Netzbetreiber in die Rolle eines Lieferanten gedrängt werde. Diese Aufgabe dürfe er aber gar nicht übernehmen, weswegen ihm nur die Sperrung der betroffenen Kunden aus eigenem Antrieb bleibe, um eine unberechtigte Entnahme aus dem Netz zu verhindern. Mangels einer Rechtsverletzung der Kunden im Verhältnis zum Netzbetreiber greife jedoch die Regelung des § 24 Abs. 1, Abs. 2 NAV nicht ein. Auch sei zu beachten, dass vor der Sperrung eine vierwöchige Frist einzuhalten sei. Die Stromentnahme in dieser Zeit sei auch bei dieser Lösung bilanziell nicht zuzuordnen. Eine Zuordnungslücke bliebe (in dieser Zeit) bestehen.

Die Beigeladene zu 1 trägt zudem vor, dass die Beschwerdeführerin - jedenfalls unter dem Gesichtspunkt einer fehlerfreien Ermessenausübung - ein Stufenverhältnis bei der Auswahl der verschiedenen Sicherungsmittel einzuhalten habe. Bereits aus der Gesetzessystematik folge, dass zunächst von der Möglichkeit einer Vorauszahlung (§ 14 StromGVV) bzw. einer Sicherheitsleistung (§ 15 Strom GVV) Gebrauch zu machen sei, bevor ein Grundversorger eine Unterbrechung der Versorgung (§ 19 StromGVV) veranlassen und eine Kündigung (§§ 20, 21 StromGVV) aussprechen könne. Da für einen Grundversorger ein Kontrahierungszwang gelte, sei eine Ablehnung von grundversorgungsfähigen Haushaltskunden "ultima ratio".

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze mit Anlagen, den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Bundesnetzagentur sowie das Protokoll der Senatssitzung vom 09.10.2019 Bezug genommen.

B.

Die Beschwerde hat aus den in der mündlichen Verhandlung mit den Verfahrensbeteiligten erörterten Gründen keinen Erfolg.

I. Die Beschwerde ist zulässig. Es handelt sich der Sache nach um eine Anfechtungsbeschwerde (§§ 75 Abs. 1 S. 1, 78 Abs. 1, Abs. 3, 83 Abs. 4 EnWG), denn das Rechtsschutzziel der Beschwerdeführerin wird mit der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses erreicht.

II. Die Beschwerde ist indes unbegründet. Der Ablehnungsbescheid der Bundesnetzagentur vom 26.03.2019 (Az. BK6-16-161) ist formell sowie materiell rechtmäßig.

1. Der vorliegende Beschluss der Bundesnetzagentur ist formell rechtmäßig ergangen. Der Erlass einer Feststellungsverfügung, gestützt auf § 65 Abs. 1 EnWG, ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden.

Im Kartellverfahrensrecht kann sich die Kartellbehörde bei einer andauernden Zuwiderhandlung auf die Feststellung des kartellrechtswidrigen Zustands beschränken, wenn ihr dies nach den Umständen des Falles als ausreichend erscheint, um einen rechtmäßigen Zustand herbeizuführen (vgl. hierzu: OLG Düsseldorf, Beschluss v. 30.01.2019, Az. Kart 7/16 (V) Rdn. 68 - juris). Da der Regelungsgehalt von § 65 Abs. 1 EnWG auf § 32 Abs. 1 GWB basiert (vgl. BT-Drs.15/3917, S. 70), gilt dies auch im Bereich des Energiewirtschaftsrechts. Die Voraussetzungen für eine auf eine Feststellung beschränkte Verfügung liegen vor.

Die Bundesnetzagentur hat zu Recht eine fortdauernde Zuwiderhandlung angenommen und das ihr durch die Vorschrift eingeräumte Ermessen dahin ausgeübt, der Beschwerdeführerin keine konkreten Verpflichtungen zur Abstellung der Zuwiderhandlung aufzuerlegen, weil eine Vielzahl von Maßnahmen möglich erscheint, wie der Verstoß gegen die ihr obliegende Pflicht gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 Strom NZV abgestellt werden kann. Die getroffene Feststellung stellt sich demnach als Minus zu einer Abstellungsanordnung dar, mit welcher der Beschwerdeführerin konkrete Maßnahmen in Fällen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit i.S.d. § 36 Abs. 1 S. 2 EnWG aufgegeben werden.

2. Die Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Die Bundesnetzagentur hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Beschwerdeführerin gegen die ihr obliegende Pflicht gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 Strom NZV i.V.m. §§ 20 Abs. 1, 36 sowie 38 EnWG verstoßen hat, indem sie grundversorgungsfähige Letztverbraucher aus der Ersatzversorgung aktiv abgemeldet und eine anschließende bilanzielle Zuordnung der unmittelbar anschließenden Stromentnahmen der jeweiligen Letztverbraucher bis zu einem Lieferantenwechsel bzw. bis zur aktiven Versorgungsunterbrechung abgelehnt hat.

a) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist die Entscheidung der Bundesnetzagentur hinreichend bestimmt i.S.d. § 37 Abs. 1 VwVfg. Eine Entscheidung genügt den Anforderungen dieser Vorschrift, wenn der Entscheidungsinhalt so gefasst ist, dass der Adressat ohne weiteres erkennen kann, was genau von ihm gefordert wird bzw. was in der ihn betreffenden Angelegenheit geregelt worden ist (BVerwG NVwZ 1990, Seite 656; OVG Koblenz NVwZ 1993, Seite 1006). Dies ist vorliegend der Fall.

a) Sofern der Tenor der angefochtenen Entscheidung den Eindruck erwecken könnte, die Beschwerdeführerin differenziere nicht hinreichend zwischen der zivilrechtlichen Frage eines Vertragsschlusses und der bilanziellen Zuordnung unberechtigter Stromentnahmen von Haushaltskunden, so ergibt sich jedenfalls unter Hinzuziehung der Entscheidungsgründe ein hinreichend bestimmter Aussagegehalt. Was eine Behörde mit verbindlicher Wirkung feststellen will, muss sich aus dem Tenor des Bescheides oder aus den sonstigen Umständen klar und unmissverständlich ergeben (vgl. BVerwG, Urteil v. 05.11.2009, Az. 4 C 3/09 - juris). Diesen Anforderungen genügt die angefochtene Entscheidung. Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich mit hinreichender Bestimmtheit, dass sich die getroffene Feststellung allein darauf bezieht, dass Stromentnahmen grundversorgungsfähiger Letztverbraucher, für die weder ein vertragliches noch ein gesetzliches Schuldverhältnis besteht, bis zu einem Lieferantenwechsel oder bis zur aktiven Versorgungsunterbrechung bilanziell dem jeweiligen Grundversorger zuzuordnen sind und es der Beschwerdeführerin verwehrt ist, diese aktiv abzumelden und die Neuanmeldung abzulehnen. Dies hat die Bundesnetzagentur auf Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 09.10.2019 auch noch einmal klargestellt.

bb) Soweit die Beschwerdeführerin die Auffassung vertritt, die Entscheidung sei mangels Sachverhaltsdifferenzierung nicht hinreichend bestimmt, vermag sie hiermit nicht durchzudringen. Für alle von der Beschwerdeführerin aufgezeigten Sachverhaltsvarianten ist letztlich entscheidend, wem unberechtigte Stromentnahmen von grundversorgungsfähigen Letztverbrauchern, bis zur Unterbrechung der Entnahmestelle oder einem Lieferantenwechsel bilanziell zuzuordnen sind. Der geltend gemachten Differenzierung bedarf es nicht.

b) Der Feststellung liegt die zutreffende Annahme zugrunde, dass Stromentnahmen von grundversorgungsfähigen Letztverbrauchern, bei denen weder ein vertragliches noch ein gesetzliches Schuldverhältnis mit einem Energieversorger besteht, bis zu einem Lieferantenwechsel bzw. bis zur aktiven Versorgungsunterbrechung bilanziell dem Grundversorger zuzuordnen sind. Dies folgt aus dem Gebot der Verhinderung bilanzieller Zuordnungslücken.

Gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 StromNVZ ist jede Einspeise- oder Entnahmestelle einem Bilanzkreis eindeutig zuzuordnen. Damit sollen Zuordnungslücken verhindert werden. § 4 StromNZV dient der Umsetzung der Vorschrift des § 20 Abs. 1a S. 5 EnWG.

Zuordnungslücken können dann entstehen, wenn ein Letztverbraucher über das Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung in Niederspannung oder Niederdruck Energie bezieht, ohne dass dieser Bezug einer Lieferung oder einem bestimmten Liefervertrag zugeordnet werden kann. Gemäß § 38 Abs. 1 S. 1 EnWG gilt, dass in diesen Fällen die Energie grundsätzlich als von dem Unternehmen geliefert gilt, das nach § 36 Abs. 1 EnWG berechtigt und verpflichtet ist.

Gemäß § 38 Abs. 2 EnWG endet diese Ersatzversorgung mit Energie, sobald die Energielieferung (wieder) auf der Grundlage eines Energieliefervertrages des Kunden erfolgt, spätestens aber drei Monate nach Beginn der Ersatzenergieversorgung.

aa) Nicht geregelt in § 38 EnWG ist allerdings der Fall, dass der grundversorgungsfähige Letztverbraucher nach Ablauf der drei Monate noch keine (neue) vertragliche Vereinbarung mit einem Energieversorgungsunternehmer über seine Energieversorgung geschlossen hat. Eine dann erfolgte Stromentnahme ist - aus zivilrechtlicher Sicht - nach den allgemeinen vertragsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen.

aaa) Hat ein grundversorgungsfähiger Haushaltskunde keinen anderweitigen Versorgungsvertag geschlossen, kann der dann erfolgten Stromentnahme - im Regelfall - der objektive Erklärungswert entnommen werden, dass er die Realofferte des Grundversorgers auf Abschluss eines Grundversorgungsvertrages annimmt. Durch die Mitteilung des Ersatzversorgers gem. § 3 Abs. 2 StromGVV/GasGVV, in der ausdrücklich auch auf die Möglichkeit eines konkludenten Vertragsschlusses nach § 2 Abs. 2 StromGVV hinzuweisen ist, weiß der Haushaltskunde, dass seinem Entnahmeverhalten nach Ablauf der drei Monate der Erklärungswert beizumessen ist, nach den allgemeinen Preisen und Bedingungen beliefert werden zu wollen (vgl. auch Busche in: BerlK-EnR, Band 1, Halbband 1, 4. Aufl., § 38 EnWG, Rdn. 15; de Wyl in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Auflage 2013, § 14 Rdn. 127).

bbb) Ein Vertrag kommt - unter Beachtung der allgemeinen vertragsrechtlichen Grundsätze - allerdings dann nicht zustande, wenn sich entweder der grundversorgungsfähige Letztverbraucher oder der Grundversorger selbst ausdrücklich gegen einen solchen Vertragsschluss verwahren.

(1) Ein einem Vertragsschluss entgegenstehender Wille eines Haushaltskunden kann beispielsweise dann bestehen, wenn ein Vertragsschluss mit einem Drittanbieter nur deshalb noch nicht zustande gekommen ist, weil sich die Verhandlungen verzögert haben. In einem solchen Fall, dürfte einer gleichwohl erfolgten (unberechtigten) Stromentnahme nicht der objektive Erklärungswert entnommen werden können, ein solcher Kunde habe den Willen, mit dem Grundversorger einen Vertrag zu schließen. Hinsichtlich der Frage der Vergütung solcher Stromentnahmen ist auf die gesetzlichen Ausgleichordnungen der Geschäftsführung ohne Auftrag oder des Bereicherungsrechts zurückzugreifen (vgl. hierzu auch Busche in: BerlK-EnR, Band 1, Halbband 1, 4. Aufl., § 38 EnWG, Rdn. 15).

(2) Der Ersatzversorger kann die anschließende Grundversorgung und damit einen Vertragsschluss mit dem Haushaltskunden ausnahmsweise (nur) dann "verhindern", wenn er einen Grund geltend macht, der ihn zur Sperrung der Entnahmestelle oder einer sofortigen Kündigung eines solchen Vertrages berechtigt. Denn grundsätzlich lebt der Kontrahierungszwang des § 36 Abs. 1 EnWG nach Auslaufen der Ersatzversorgung in den Grenzen der Zumutbarkeit wieder auf (vgl. auch de Wyl in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Auflage 2013, § 14 Rdn. 127).

Rechtlicher Anknüpfungspunkt für das Freiwerden von der Grundversorgungspflicht ist gemäß § 36 Abs. 1 S. 2 EnWG die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Energielieferung. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass die Grundversorgungspflicht zu ihrer Verfassungsgemäßheit einer insgesamt verhältnismäßigen Ausgestaltung bedarf.

Was die Person des grundversorgungsfähigen Letztverbrauchers angeht, können sich Anhaltspunkte für die Unzumutbarkeit einer weiteren oder künftigen Versorgung insbesondere aus Pflichtverletzungen im Rahmen bereits bestehender oder vorzeitiger Versorgungsverträge ergeben. In Betracht kommen insbesondere die Zahlungsunfähigkeit des Abnehmers, dessen Zahlungsverweigerung, aufgelaufene Zahlungsrückstände, die fehlende Kreditwürdigkeit des Abnehmers oder vergleichbares (vgl. auch Busche in: BerlK-EnR, Band 1, Halbband 1, 4. Aufl., § 36 EnWG, Rdn. 20, 22; de Wyl in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Auflage 2013, § 14 Rdn. 105).

Auch in diesen Fällen ist zwischen dem Haushaltskunden und dem Grundversorger trotz der (unberechtigten) Entnahme von Strom kein Vertragsverhältnis zustande gekommen. § 36 Abs. 1 S. 2 EnWG entbindet einen Grundversorger von dem ansonsten bestehen Kontrahierungszwang. Diese Entpflichtung besteht - worauf die Beschwerdeführerin zutreffend hinweist - losgelöst von dem Bestehen einer vorherigen Versorgungsunterbrechung.

Hinsichtlich der Frage der Vergütung solcher (unberechtigten) Stromentnahmen dürfte auf die Vorschriften aus dem Bereicherungsrecht zurückgegriffen werden können.

bb) Losgelöst von den Fragen des Zustandekommens eines Vertragsverhältnisses, dem Fortbestand eines Kontrahierungszwangs sowie der Vergütung unberechtigter Stromentnahmen ist aber die Frage der bilanziellen Zuordnung dieser unberechtigten Entnahmen zu beantworten.

aaa) Zutreffend verweist die Bundesnetzagentur auf die Vorgaben der GPKE, wonach eine Zuordnung zum Ersatz-/Grundversorger immer dann erforderlich wird, wenn der Netzbetreiber eine Zuordnungslücke erkennt, ihm also zum Zeitpunkt der erforderlichen Zuordnung keine anderweitige Lieferbeziehung bekannt ist (vgl. Prozess "Lieferende", 2.2 Nr. 5).

Die Vorgaben der GPKE stehen auch nicht im Widerspruch zu den gesetzlichen Wertungen der §§ 36 Abs. 1, 38 EnWG.

So hat der Senat bereits entschieden, dass eine möglichst durchgängige Zuordnung einer aktiven Entnahmestelle zum Bilanzkreis des Grundversorgers nach den Wertungen der §§ 36, 38 EnWG angezeigt ist (vgl. Beschluss v. 16.07.2008 , Az. VI-3 Kart 207/07 (V), Rdn. 20, 26 - juris). Gemäß § 38 Abs. 1 S. 1 EnWG gilt die Energie als von dem Unternehmen geliefert, das nach § 36 Abs. 1 EnWG als Grundversorger berechtigt und verpflichtet ist, sofern Letztverbraucher über das Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung in Niederdruck Energie beziehen, ohne dass dieser Bezug einer Lieferung oder einem bestimmten Liefervertrag zugeordnet werden kann.

Die in der genannten Entscheidung geäußerte Rechtsauffassung des Senats ist auf den vorliegenden Streitfall übertragbar. Die Sachverhalte sind in beiden Konstellationen vergleichbar, da auch bei einer "verwaisten" Entnahmestelle weder ein vertragliches noch ein gesetzliches Schuldverhältnis besteht und damit eine Zuordnungslücke für diese Entnahmestelle entsteht.

Unter dem Aspekt des Gebots der Verhinderung einer Zuordnungslücke sind daher solche Entnahmestellen von Haushaltskunden, für die es weder ein vertragliches, noch ein gesetzliches Schuldverhältnis zu einem Energieversorger gibt, bilanziell dem Grundversorger zuzuordnen, bis ein Schuldverhältnis (wieder) besteht oder diese Entnahmestelle gesperrt ist.

Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zu der voranstehend erörterten zivilrechtlichen Zuordnung unberechtigter Stromentnahmen. Für die bilanzielle Zuordnung von Stromentnahmen muss nicht zwangsläufig ein Vertragsverhältnis zwischen dem Kunden und dem Grundversorger bestehen. Im Falle eines gesetzlichen Schuldverhältnisses i.S.d. § 38 EnWG wird ebenfalls eine bilanzielle Zuordnung dieser Entnahmestelle zum Grundversorger vorgenommen.

bbb) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sind solche unberechtigten Stromentnahmen nicht dem Netzbetreiber bilanziell zuzuordnen. Dies stünde insbesondere im Widerspruch zu den klaren Entflechtungsvorgaben der §§ 6 ff. EnWG. Auch kommt eine Zuordnung zu den Differenzbilanzkreisen nicht in Betracht, da es sich bei diesen Stromentnahmen von Haushaltskunden weder um Differenzmengen noch um Verlustmengen handelt.

(1) Anders als in der Mittelspannung kann eine solche Zuordnung auch nicht auf die sogenannte "geduldete Notstromentnahme" gestützt werden. In der Mittelspannung ist die geduldete Notstromentnahme oftmals in den Anschlussnutzungsverträgen geregelt. Beschrieben wird damit die Entnahme von Elektrizität aus dem Mittelspannungsnetz eines Netzbetreibers, ohne dass die Anschlussnutzungsvoraussetzungen erfüllt sind, und ohne dass der Netzbetreiber von seinem Sperrrecht Gebrauch macht. Die entnommenen Strommengen werden dann bilanziell den jeweiligen Netzbetreibern zugeordnet. Dies kann damit gerechtfertigt werden, dass es im Bereich der Mittelspannung keine Ersatzversorger bzw. Grundversorger gibt. Im Falle der Versorgung von grundversorgungsfähigen Letztverbrauchern im Niederspannungsbereich gibt es indessen die speziellen Vorschriften der §§ 36, 38 EnWG, die StromGVV sowie die Prozessvorschriften der GPKE. Anders als im Bereich der Mittelspannung wird durch diese rechtlichen Vorgaben bereits das Entstehen einer Zuordnungslücke durch eine unmittelbare Zuordnung zum Ersatz- bzw. Grundversorger vermieden. Eines Rückgriffs auf den Netzbetreiber durch das Institut der sog. "geduldete Notstromentnahme" bedarf es für Haushaltskunden daher nicht.

(2) Gegen die Zuordnung solcher unberechtigten Stromentnahmen auf den Netzbetreiber spricht ferner, dass dieser nicht berechtigt ist, solche Entnahmestellen aus eigenem Recht zu sperren und damit diese Stromentnahmen zu unterbinden.

Zwar hat ein Netzbetreiber nach § 24 Abs. 1, Abs. 2 NAV ein eigenes Recht, eine Entnahmestelle zu sperren. Dies gilt allerdings nur dann, wenn das Verhältnis zwischen ihm und dem Anschlussnehmer bzw. -nutzer von einer Zuwiderhandlung betroffen ist. Dies ist jedoch vorliegend gerade nicht der Fall. Die hier in Streit stehende "Zuwiderhandlung" des Haushaltskunden betrifft das Verhältnis zum Grundversorger, nicht das zum Netzbetreiber (vgl. hierzu auch Strauß in: EWeRK 2019, S. 50 ff., "Abmeldung der Stromversorgung grundversorgter Haushaltskunden", S. 66).

Insoweit schließt sich der Senat nicht der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts München an, wonach dem Netzbetreiber im Falle eines Zahlungsverzuges ein eigenes Recht, den Anschluss nach § 24 NAV zu sperren, zustehe, ohne dass es darauf ankomme, ob der jeweilige Haushaltskunde einer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Lieferanten oder gegenüber der Netzbetreiber nicht nachgekommen sei (vgl. OLG München, Urteil v. 05.07.2010, Az. 21 U 2843/10 Rdn. 4 - juris).

Die Vertrags- bzw. Rechtsbeziehungen zwischen dem Haushaltskunden und dem Netzbetreiber sowie zwischen diesem und dem Stromlieferanten sind hinsichtlich der daraus resultierenden Pflichten und Rechte voneinander zu trennen. Insoweit ist der Auffassung der Bundesnetzagentur zu folgen, dass nur Zuwiderhandlungen, die das Vertrags- bzw. Rechtsverhältnis zwischen dem Haushaltskunden und dem Netzbetreiber betreffen, ein eigenes Sperrrecht des Netzbetreibers gemäß § 24 Abs. 2 NAV rechtfertigen. Derartige Zuwiderhandlungen stehen jedoch vorliegend nicht im Streit. Die Nichtzahlung des Energiebezugs berührt nicht die Rechtsbeziehung zum Netzbetreiber.

Für diese klare Trennung spricht auch, dass der Netzbetreiber grundsätzlich keine eigenen Erkenntnisse darüber hat, ob ein (unberechtigter) Zahlungsverzug des Haushaltskunden gegenüber dem Stromlieferanten besteht. Entsprechend besteht auch keine Möglichkeit für den Netzbetreiber, eigenständig zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 NAV erfüllt sind und die Berechtigung besteht, die Entnahmestelle zu sperren. Angesichts dessen kann dem Netzbetreiber auch kein eigenes Recht zustehen, die Entnahmestelle zu sperren, wenn sich die Zuwiderhandlung des Haushaltskunden auf das Rechtsverhältnis zum Stromlieferanten erstreckt.

Dieses Ergebnis wird dadurch bestärkt, dass der Verordnungsgeber in § 24 Abs. 3 NAV verfügt hat, dass dem Netzbetreiber für eine Sperrung auf Anweisung des Stromlieferanten kein eigenes Prüfrecht obliegt, sondern der Stromlieferant ihm glaubhaft zu versichern hat, dass die Voraussetzungen für eine Sperrung der Entnahmestelle vorliegen. Im Falle eines Zahlungsverzuges des Haushaltskunden gegenüber dem Stromlieferanten ist der Netzbetreiber entsprechend (nur) als Erfüllungsgehilfe des Grundversorgers gemäß § 24 Abs. 3 NAV berechtigt, auf dessen Auftrag hin diese Entnahmestellen zu sperren. Dass diese in § 24 Abs. 3 NAV vorgegebene Berechtigung auch zu einer Verpflichtung des jeweiligen Netzbetreibers wird, kann zwischen diesem und dem Grundversorgers im Rahmen des Netznutzungsvertrages festgelegt werden. Auch darf in den Fällen, in denen der Stromlieferant den Netzbetreiber von den Kosten der Sperrung freistellt, dieser seine Mitwirkung nicht generell verwehren oder von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig machen, da andernfalls der Wettbewerb zwischen den Stromlieferanten verzerrt würde (vgl. BGH Urteil, v. 14.04.2015, Az. EnZR 13/14, NJW 2032, Rdn. 33 - juris).

Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur kann zur Bekräftigung dieses Ergebnisses zwar nicht auf die Vorschrift des § 320 BGB Bezug genommen werden, da es - wie bereits dargestellt - bei den streitgegenständlichen unberechtigten Stromentnahmen mangels Zustandekommens eines Vertrages an einem hierfür erforderlichen Synallagma fehlen dürfte. Gleichwohl kann eine Sperrung von Entnahmestellen bei solchen unberechtigten Stromentnahmen mangels Vorliegens der Voraussetzungen nicht auf § 24 Abs. 1, Abs. 2 NAV gestützt werden. Die Zuwiderhandlung des Haushaltskunden in diesen Fällen erfolgt - wie bereits dargelegt - gegenüber dem Grundversorger, in dessen bilanziellen Zuordnungsbereich die Entnahmestelle und damit auch die unberechtigte Entnahme fallen.

c) Die Argumentation der Beschwerdeführerin, dass auf diese Weise das Recht zur Ablehnung wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit gemäß § 36 Abs. 1 S. 2 EnWG ausgehöhlt werde bzw. leerlaufe, vermag nicht durchzugreifen.

Losgelöst von der Frage der bilanziellen Zuordnung der (unberechtigten) Stromentnahmen tritt durch eine berechtigte Kündigung bzw. einer Ablehnung des Haushaltskunden die Rechtsfolge des § 36 Abs. 1 S. 2 EnWG ein. Die Beschwerdeführerin wird in diesen Fällen von dem ansonsten bestehenden Kontrahierungszwang frei, ein Vertragsverhältnis kommt mit diesen Haushaltskunden nicht zustande. Daneben entsteht das Recht, die Entnahmestelle durch den Netzbetreiber sperren zu lassen, um dem Haushaltskunden nicht nur das rechtliche Dürfen einer Stromentnahme zu untersagen, sondern auch das Können zu unterbinden. Auch wenn der Beschwerdeführerin nach einer berechtigten Kündigung der Grundversorgung keine Pflicht zur Energielieferung mehr zukommt, kann der Kunde bis zur Sperrung der Entnahmestelle faktisch weiterhin Strom beziehen. Diese Entnahmen sind bilanziell dem Grundversorger zuzurechnen.

aa) Eine übermäßige Belastung des Grundversorgers ist hiermit nicht verbunden. Die bilanzielle Zuordnung ist für sich betrachtet (zunächst) ein nur buchhalterischer Vorgang (vgl.: Senat, Beschluss v. 16.07.2008, Az. VI-3 Kart 207/07 (V), Rdn. 20, 26 - juris).

Bis zur Sperrung der Entnahmestelle ist der Grundversorger auch nicht schutzlos, da er nicht rechtslos gestellt ist. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin dürften für den Grundversorger - auch ohne ein vertragliches oder gesetzliches Schuldverhältnis - für die unberechtigten Stromentnahmen (bereicherungsrechtliche) Zahlungsansprüche gegenüber diesen Letztverbrauchern bestehen.

Hierbei verkennt der Senat nicht, dass diese zivilrechtlichen Ansprüche gegenüber zahlungsunwilligen bzw. zahlungsunfähigen Kunden nur schwer zu vollstrecken sein dürften. Zutreffend hat die Bundesnetzagentur aber angeführt, dass ein solches Risiko - (jedenfalls) in einem gewissen Maße - in die allgemeinen Tarife eingepreist werden kann.

bb) Zudem ist der Grundversorger durch die Vorschriften der Stromgrundversorgungsverordnung sowie der Niederspannungsanschlussverordnung hinreichend geschützt.

aaa) Die Regelungen der beiden Verordnungen sind auf die streitgegenständlichen Fälle, obgleich weder ein vertragliches noch ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen Grundversorger und grundversorgungsfähigen Letztverbraucher besteht, jedenfalls analog anwendbar. Es kann nicht die Intention des Verordnungsgebers gewesen sein, dass ein Grundversorger bei einem noch nicht oder nicht mehr bestehenden Schuldverhältnis rechtlich schlechter - da schutzlos - gestellt wäre, als bei einem noch bestehenden Schuldverhältnis.

bbb) Durch das Recht, über § 19 Abs. 2 Strom GVV die Entnahmestelle gemäß § 24 Abs. 3 NAV durch den Netzbetreiber sperren zu lassen, ist eine unbegrenzte unberechtigte Stromentnahme in den streitgegenständlichen Fällen nicht zu befürchten. Das wirtschaftliche Risiko ist somit begrenzt.

Auch die Androhungsfrist von vier Wochen (§ 19 Abs. 2 S. 1 StromGVV) rechtfertigt keine andere Beurteilung, da der Netzbetreiber durch die bereits aufgezeigten Möglichkeiten einer zivilrechtlichen Inanspruchnahme des Haushaltskunden bzw. einer Einpreisung solcher Kosten in die allgemeinen Tarife bzgl. des in dieser Zeit unberechtigt entnommenen Stroms hinreichend geschützt ist.

d) Soweit die Beschwerdeführerin einwendet, dass es Sinn und Zweck des § 36 Abs. 1 S. 2 EnWG sei, sich gerade von solchen Kunden zu befreien, die nicht zahlen, weshalb diese Kunden auch nicht mehr bis zur Sperrung oder den Sperrversuchen von ihr zu versorgen seien, vermag sie hiermit ebenfalls nicht durchzudringen.

Durch die Entpflichtung von der Grundversorgung nach § 36 Abs. 1 S. 2 EnWG entfällt das rechtliche "Dürfen" des grundversorgungsfähigen Letztverbrauchers, Strom zu entnehmen. Daneben wird der Grundversorger von dem ansonsten bestehenden Kontrahierungszwang befreit, ein vertragliches Schuldverhältnis kann mit einem solchen Haushaltskunden aufgrund des entgegenstehenden Willens des Grundversorgers nicht geschlossen werden. Gleichwohl besteht weiterhin die Möglichkeit, bei einer aktiven Entnahmestelle, Strom zu entnehmen. Der Grundversorger versorgt diesen Kunden faktisch weiterhin mit Strom.

Soweit mit der bilanziellen Zuordnung dieser (unberechtigten) Stromentnahme dem Grundversorger das wirtschaftliche Risiko auferlegt wird, das mit dieser Entnahmestelle im Zusammenhang steht, ist dies gerechtfertigt. Könnte sich der Grundversorger in diesen Konstellationen von seiner bilanziellen Verantwortung lösen, stellte sich die grundlegende Frage, weshalb die Funktion des Grundversorgers, der häufig zahlungsschwache Haushaltskunden haben wird, vom Gesetzgeber initialisiert worden ist. Stattdessen hätte dies - wie auch auf der Ebene der Mittelspannung - über das Institut der "geduldeten Notstromentnahme" in die Verantwortlichkeit der Netzbetreiber verlagert werden können. Gesetz- und Verordnungsgeber haben sich jedoch bewusst gegen eine solche Lösung entschieden, indem sie die Vorschriften der §§ 36, 38 EnWG eingeführt und dem Grund- sowie Ersatzversorger Rechte und Pflichten auferlegt haben. Zu diesen Pflichten gehören auch die Vermeidung von Zuordnungslücken und damit die bilanzielle Verantwortung für solche aktiven Entnahmestellen, zu denen es kein vertragliches oder gesetzliches Schuldverhältnis mit einem Energieversorgungsunternehmen gibt.

e) Zwar sieht - worauf die Beschwerdeführerin zu Recht hinweist - § 36 Abs. 1 S. 2 EnWG im Falle der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit nicht ausdrücklich eine Pflicht zur Sperrung der Entnahmestelle vor und schließt damit nur die Versorgungspflicht des Grundversorgers aus. Eine gesetzlich normierte Pflicht des Grundversorgers, den zuständigen Netzbetreiber mit einer Unterbrechung der Stromversorgung i.S.d. § 24 Abs. 3 NAV zu beauftragen, besteht nicht. Allerdings erscheint es wirtschaftlich sinnvoll, von diesem Recht Gebrauch zu machen, da dem Grundversorger die unberechtigten Stromentnahmen bis zur Sperrung der Anschlussstelle bilanziell zuzurechnen sind.

f) Ohne Erfolg wendet die Beschwerdeführerin schließlich ein, das mit einem solchen Ergebnis verbundene Risiko erfolgloser Sperrversuche könne ihr bereits deswegen wirtschaftlich nicht übertragen werden, da sie selbst die Sperrung der Entnahmestellen nicht übernehmen dürfe, sondern sie gemäß § 24 Abs. 3 NAV den zuständigen Netzbetreiber beauftragen müsse. Dies belege, dass der Grundversorger auch das wirtschaftliche Risiko erfolgloser Sperrversuche tragen müsse. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Grundversorger auch insoweit nicht schutzlos gestellt ist. Vielmehr kann in einer solchen Konstellation der Grundversorger den Haushaltskunden auf Duldung der Unterbrechung der Versorgung und auf Zutritt durch den Netzbetreiber verklagen (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 20.08.2012, Az. 13 W 56/12 - juris). Ein solcher, vollstreckbarer Titel dürfte die Zahl der erfolglosen Sperrversuche reduzieren.

Auch hat die Bundesnetzagentur zutreffend darauf hingewiesen, dass die Kosten der Sperrversuche bzw. der erfolgreichen Sperrung den jeweiligen Haushaltskunden in Rechnung gestellt werden können. Zudem besteht die Möglichkeit, das wirtschaftliche Risiko eines diesbezüglichen Zahlungsausfalls in die allgemeinen Tarife (teilweise) einzupreisen.

Soweit unterbliebene oder erfolglose Sperrversuche dem Netzbetreiber zuzurechnen sind, dürften für den Grundversorger zivilrechtliche Ansprüche (§ 280 ff. BGB) gegen diesen aus dem zugrundliegenden Auftragsverhältnis bestehen.

g) Schließlich ist bei der Bewertung des wirtschaftlichen Risikos der vorgenommenen bilanziellen Zuordnung von Entnahmen ohne ein zugrundeliegendes schuldrechtliches oder gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem jeweiligen Haushaltskunden und einem Energieversorger noch zu beachten, dass eine Entpflichtung des Grundversorgers gemäß § 36 Abs. 1 S. 2 EnWG eine Ausnahmeregelung ist (vgl. auch Heinlein/Weitenberg in: Danner/Theobald, Energierecht, § 36 Rdn. 72).

Im Falle eines Zahlungsverzuges des grundversorgungsfähigen Letztverbrauchers gilt es - jedenfalls im Rahmen des Auswahlermessens - zu prüfen, ob nicht im konkreten Einzelfall ein milderes, gleich geeignetes Mittel dem Grundversorger zur Verfügung steht.

Nach der Stromgrundversorgungsverordnung besteht nicht nur die Möglichkeit, das Grundversorgungsverhältnis durch Unterbrechung der Versorgung (§ 19 StromGVV) oder Kündigung (§§ 20, 21 StromGVV) zu beenden, sondern bei der begründeten Annahme, dass der Kunde seinen Zahlungsverpflichtungen nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt, Vorauszahlungen - auch in Form einer Barzahlung - (§ 14 StromGVV) oder eine Sicherheit (§ 15 StromGVV) einzufordern.

Sowohl das Einfordern von Vorauszahlungen als auch einer Sicherheitsleistung dürften im Verhältnis zur Entpflichtung des Grundversorgers, den Haushaltskunden im Fall eines Zahlungsverzuges mit Strom zu beliefern, jedenfalls mildere und im konkreten Einzelfall möglicherweise auch gleich geeignetes Maßnahmen darstellen. Die Beendigung des Grundversorgungsverhältnisses ist damit auf Ausnahmefälle zu begrenzen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin dürften diese Maßnahmen in einem Stufenverhältnis zur Beendigung des Grundversorgungsverhältnisses stehen. Dies wird bereits durch die systematische Stellung dieser Maßnahmen in der Stromgrundsatzverordnung bekräftigt.

Hierbei verkennt der Senat nicht, dass es sich um ein Massenkundengeschäft handelt und eine Umsetzung durchaus auf Schwierigkeiten treffen kann. Gleichwohl darf der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall nicht allein an der Frage der Praktikabilität und des Aufwands gemessen werden.

Die Bundesnetzagentur ist somit zutreffend davon ausgegangen, dass Stromentnahmen von grundversorgungsfähigen Letztverbrauchern, denen weder ein vertragliches noch ein gesetzliches Schuldverhältnis zugrunde liegt, so lange bilanziell dem Grundversorger zuzuordnen sind, bis ein Lieferverhältnis (wieder) besteht, oder die Entnahmestelle gesperrt ist. Auf der Grundlage dieser zutreffenden Bewertung hat sie das bisherige Verhalten der Beschwerdeführerin beanstandet und die angefochtene Feststellung getroffen.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 S. 2 EnWG.

Den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren hat der Senat im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung auf ... Euro festgesetzt (§ 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO).

D.

Der Senat hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen, weil die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG haben.

Rechtsmittelbelehrung:

Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 546, 547 ZPO). Sie ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen. Die Rechtsbeschwerde kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a Abs. 4 ZPO, § 55a Abs. 4 VwGO eingereicht werden. Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung) vom 24.11.2017 (BGBl. I, S. 3803). Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können weitere Informationen über die Rechtsgrundlagen, Bearbeitungsvoraussetzungen und das Verfahren des elektronischen Rechtsverkehrs abgerufen werden. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen bei dem Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof) einzureichenden Schriftsatz binnen eines Monats zu begründen. Die Frist beginnt mit der Einlegung der Beschwerde und kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Rechtsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Für die Regulierungsbehörde besteht kein Anwaltszwang; sie kann sich im Rechtsbeschwerdeverfahren durch ein Mitglied der Behörde vertreten lassen (§§ 88 Abs. 4 Satz 2, 80 Satz 2 EnWG).