LG Dortmund, Urteil vom 26.04.2016 - 12 O 232/15
Fundstelle
openJur 2019, 37590
  • Rkr:
Tenor

Der Beklagten wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, untersagt, per E-Mail werbenden Inhalts Kontakt zum Kläger aufzunehmen, ohne dass das Einverständnis des Klägers vorliegt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Übersendung von E-Mails mit werbendem Inhalt in Anspruch.

Der Kläger, der in E1 als Rechtsanwalt tätig ist, stand mit der Beklagten hinsichtlich von Preisauskünften in einer Geschäftsbeziehung. Er benutzte in der Vergangenheit den sogenannten "Q2", wobei er sich im Frühjahr 2015 über seine E-Mail-Adresse "www.*.de" hierzu angemeldet hatte. Diese E-Mail-Adresse wird über die Domain des Klägers (*.de) auf einem Server in seiner Rechtsanwaltskanzlei gehostet.

Gegenstand der Leistung "Q2" ist die Übersendung einer E-Mail, wenn ein vom Kunden gesuchtes Produkt am Markt für einen bestimmten Preis angeboten wird. Die Beklagte bot diese Leistung kostenlos an.

Im Rahmen der Anmeldung zum "Q2" auf der Homepage der Beklagten ist durch den Kunden ein Feld mit der Bezeichnung "Aktivieren" zu betätigen, um die Leistung in Anspruch nehmen zu können. Darüber befindet sich ein Feld, in dem ein Häkchen zu setzen ist. Diesem Feld ist der folgende Satz nachgestellt: "Die Datenschutzhinweise und die Nutzungshinweise zum Q2 habe ich gelesen und akzeptiere sie."

Die Datenschutzerklärung enthält unter anderen folgenden Passus:

" Q2, Newsletter bzw. J1 Schnäppchen-Mail (nachfolgend jeweils "Mailings")

Unsere Mailings informieren Sie regelmäßig per E-Mail über die aktuelle Preisentwicklung und weitere interessante Angebote aus dem Produkt- und Dienstleistungsvergleich von J1 . Die Anmeldung ist freiwillig. Im Rahmen der Anmeldung willigen Sie in die Verarbeitung der angegebenen Daten zum Versand der E-Mails ein."

In den "Nutzungshinweisen zum Q2" ist unter anderem folgendes ausgeführt:

" Dieser E-Mail-Dienst wird kostenlos zur ausschließlich privaten Verwendung bereitgestellt."

In der sodann an den Kunden versandten Bestätigungs-E-Mail kann der Kunde mittels einer Schaltfläche mit der Bezeichnung "Jetzt eintragen" die sogenannte "Schnäppchen-Mail" bestellen.

Die Beklagte verwaltet die Abonnenten dieser "Schnäppchen-Mail" in einer Datenbank, in der auch die Anmeldung des Klägers dokumentiert ist.

In der Folgezeit übersandte die Beklagte dem Kläger E-Mails mit werbenden Inhalten betreffend andere Produkte, die den Kläger nicht interessieren.

Mit Fax-Schreiben vom 27.03.2015 forderte der Kläger die Beklagte auf, die Zusendung unverlangter Mitteilungen an seine E-Mail-Adresse zukünftig zu unterlassen, bzw. sicherzustellen, dass Beauftragte dies unterlassen. Als Anlass für diese Abmahnung wird dort eine E-Mail der Beklagten mit werbenden Inhalten vom 26.03.2015 bezeichnet. Zudem forderte der Kläger die Beklagte in diesem Schreiben auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, welche dem Schreiben beilag, an ihn unterschrieben innerhalb einer Woche zurück zu senden. In der Fußzeile dieses Schreibens ist die E-Mail-Adresse des Klägers wie folgt angegeben: "www.*.de". Die E-Mail-Adresse "www.*.de", mit der sich der Kläger zum Q2 angemeldet hatte, wird in dem Schreiben nicht genannt. Wegen des weiteren Inhalts dieser schriftlichen Abmahnung des Klägers wird vollumfänglich Bezug genommen auf die bei der Gerichtsakte befindliche Kopie des Schriftstückes (Anlage K2 im roten Anlagenordner).

Die Beklagte bat den Kläger daraufhin mit E-Mail vom 27.03.2015 um Übermittlung der an den Kläger versandten E-Mail vom 26.03.2015 zum Zwecke der abschließenden Prüfung des Sachverhalts. Der Kläger antwortete hierauf nicht.

Am 30.04.2015, 28.05.2015, 30.07.2015, 27.08.2015, 10.09.2015 und 25.09.2015 übersandte die Beklagte weitere E-Mails mit werbenden Inhalten an den Kläger unter dessen E-Mail-Adresse "www.*.de". Wegen des Inhalts dieser E-Mails im Einzelnen wird Bezug genommen auf die bei der Gerichtsakte befindlichen Ausdrucke (Anlagen K3 bis K8 im roten Anlagenordner).

Mit seiner Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Unterlassung weiterer Kontaktaufnahmen durch E-Mails mit werbenden Inhalten sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 250,10 Euro aufgrund seines anwaltlichen Mahnschreibens vom 27.03.2015 in Anspruch.

Der Kläger behauptet, dass er gegenüber der Beklagten keine Einwilligung zum Erhalt von Werbe-E-Mails erklärt habe. Nach Erhalt der E-Mail der Beklagten vom 12.03.2015 habe er nicht bewusst den Button "jetzt eintragen" gedrückt. Er habe sich auch nicht zu einem Newsletter der Beklagten angemeldet. Vielmehr habe er spätestens durch sein Abmahnschreiben vom 27.03.2015 klar und hinlänglich zu verstehen gegeben, dass er der Verwendung seiner E-Mail-Adresse widerspreche.

Der Kläger ist der Ansicht, dass ihm gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004, 823 Abs.1 BGB zustehe. Er sei infolge der unaufgefordert zugesandten Werbemails in seinem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gestört worden. Der Kläger behauptet in diesem Zusammenhang, dass die Verwendung des Q2 weder zu gewerblichen noch zu privaten Zwecken erfolgt sei. Er habe damals einen Preis für ein iPhone gesucht, das er bisher nicht angeschafft habe und das er auch nicht mehr anschaffen werde. Dieses Verhalten sei schlicht als neutral zu bewerten. Hinsichtlich der Störung seines Gewerbebetriebes sei die Art der Nutzung der Dienste der Beklagten ohnehin unerheblich. Allein maßgeblich sei, dass er durch die Werbe-E-Mails in seinem Gewerbebetrieb getroffen worden sei.

Der Kläger beantragt,

1. der Beklagten bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu untersagen, per E-Mail werbenden Inhalts Kontakt zum Kläger aufzunehmen, ohne dass das Einverständnis des Klägers vorliegt;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 250,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, dass der Kläger im Rahmen seiner Anmeldung zum Q2 auch in den Empfang der sogenannten "Schnäppchen-Mails" eingewilligt habe. Die "Schnäppchen-Mail" sei von ihm am 12.03.2015 zwischen 8:16 und 8:18 Uhr mittels der IP-Adresse ...#...# unter der E-Mail-Adresse "www.*.de" bestellt und bestätigt worden. Wegen des weiteren streitigen Vorbringens der Beklagten hierzu unter Erläuterung des betreffenden Anmeldevorgangs im Internet wird vollumfänglich Bezug genommen auf die Ausführungen hierzu auf den Seiten 2 bis 6 der Klageerwiderung vom 26.10.2015 (Bl. 14 ff. d.A.).

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass das Schreiben des Klägers vom 27.03.2015 weder als rechtswirksame Abmahnung, noch als Widerruf der erteilten Einwilligung in den Erhalt der "Schnäppchen-Mails" zu qualifizieren sei. Denn dort sei das beanstandete Verhalten unwahr und unvollständig beschrieben worden, weil entgegen der dortigen Behauptung eine Einwilligung des Klägers vorgelegen habe und weil der Kläger die zukünftig nicht mehr zu adressierende E-Mail-Adresse nicht angegeben habe. Der Kläger habe überdies den Empfang von zwischenzeitlich sechs werbenden E-Mails der Beklagten hingenommen, ohne dass er die Möglichkeit genutzt habe, den in den E-Mails vorhandenen Link zum Abbestellen weiterer E-Mails zu nutzen.

Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass der Kläger die E-Mail-Adresse "www.*.de" zu gewerblichen Zwecken nutzt. Damit, so meint die Beklagte, fehle es bereits an einem Schutzobjekt (eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb), in das die Beklagte eingegriffen haben könnte.

Ferner beruft sich die Beklagte hilfsweise darauf, dass der Kläger zu einer Nutzung ihrer Leistungen zu gewerblichen Zwecken gar nicht berechtigt sei, da unter Punkt 2 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen darauf hingewiesen werde, dass sich die Webseiten der Beklagten an "Endverbraucher" richten. Der Kläger sei deshalb im Falle einer etwaigen gewerblichen Nutzung nicht schutzwürdig, da er dann die Dienste der Beklagten ohne entsprechende Berechtigung genutzt hätte.

Die Beklagte macht ferner geltend, dass der Kläger die Durchführung der Sperrung des Versands weiterer E-Mails an ihn bewusst vereitelt habe, indem er der Beklagten die genaue E-Mail-Adresse, unter der die Anmeldung erfolgt sei, trotz ausdrücklicher Nachfrage vor Klageerhebung nicht mitgeteilt habe, wobei auch zu berücksichtigen sei, dass er in seinem Abmahnschreiben mit "www.*.de" eine andere E-Mail-Adresse angegeben habe.

Die Beklagte ist zudem der Auffassung, dass der Kläger als Rechtsanwalt von der Beklagten nicht verlangen könne, pauschal keine Werbung per E-Mail zu erhalten. § 7 UWG schütze allein den Verbraucher absolut vor etwaigen Belästigungen. Wenn jedoch der Kläger - wie er behauptet - hier gewerblich gehandelt haben sollte, dann stelle auch eine unaufgeforderte E-Mail bei einer mutmaßlichen Einwilligung keinen unzulässigen, einem Unterlassungsanspruch zugänglichen Eingriff da. Auch hier gelte die Zumutbarkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG, die nur im Rahmen des § 7 Abs. 2 UWG nicht zur Anwendung gelange. Folglich sei eine geringfügige Belästigung wie die vorliegende nicht schon als unzumutbare Belästigung einzustufen.

Schließich meint die Beklagte, dass dem Kläger in keinem Falle ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zustehe, da bei einem derart einfach gelagerten Sachverhalt wie dem vorliegenden keine Notwendigkeit für eine rechtsanwaltliche Tätigkeit bestehe.

Die Klageschrift ist der Beklagten am 29.09.2015 zugestellt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist im überwiegenden Umfang begründet. Lediglich hinsichtlich der vom Kläger ersetzt verlangten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hatte sie der Abweisung zu unterliegen.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der Zusendung von Werbe-E-Mails, ohne dass sein Einverständnis vorliegt. Dieser Anspruch folgt aus den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB.

Die Beklagte hat durch das Zusenden der Werbe-E-Mails vom 26.03.2015, 30.04.2015, 28.05.2015, 30.07.2015, 27.08.2015, 10.09.2015 und 25.09.2015 den Kläger in seinem absolut geschützten Recht des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs aus § 823 Abs. 1 BGB rechtswidrig verletzt. Dieses Recht ist zwar nicht explizit im Gesetz erwähnt, jedoch ist es durch die ständige Rechtsprechung anerkannt (vgl. nur BGH, NJW 2003, 1041).

Der Kanzleibetrieb des Klägers als Rechtsanwalt stellt einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB dar. Unter dem Begriff des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs ist all das zu verstehen, was in seiner Gesamtheit den Gewerbebetrieb zur Entfaltung und Betätigung in der Wirtschaft befähigt, also nicht nur der Bestand des Betriebes als solcher, sondern auch seine einzelnen Erscheinungsformen, wozu der gewerbliche Tätigkeitskreis gehört. Das Unternehmen soll in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, in seinem Funktionieren geschützt werden (vgl. BGHZ 29, 65 ff.). Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb schützt auch Angehörige freier Berufe, zu denen auch der Beruf des Rechtsanwalts zählt (vgl. Palandt/Sprau, 73. Auflage 2014, § 823 Rn. 127). In dem Zusenden unerwünschter Werbe-E-Mails ist ein Eingriff in dieses Recht zu sehen (vgl. nur BGH, Beschluss vom 20.05.2009, Az. I ZR 218/07). Das Sichten und Aussortieren unerwünschter E-Mails ist schließlich mit einem nicht unerheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden (so auch BGH, Beschluss vom 20.05.2009, Az. I ZR 218/07; AG Düsseldorf, MMR 2009, 872). Einen Rechtsanwalt trifft grundsätzlich die Pflicht, jede einzelne E-Mail sorgfältig auf ihren Inhalt zu kontrollieren, um Haftungsrisiken zu vermeiden (vgl. AG Düsseldorf, MMR 2009, 872). Ebenso wird durch den Erhalt einer nicht erwünschten E-Mail die Speicherkapazität der Empfänger-Mailbox belastet. Dies kann dazu führen, dass die Speicherkapazität durch besagte unerwünschte E-Mail überschritten wird und infolgedessen andere E-Mails nicht mehr beim Empfänger ankommen, sondern zurückgeschickt werden (vgl. AG Düsseldorf, MMR 2009, 872). Hierbei ist es unerheblich, wie viele unerwünschte E-Mails an den Empfänger verschickt wurden oder wie groß deren Speicherplatzbelastung war. Bereits eine E-Mail mit einer sehr kleinen Datenmenge kann zur Überlastung des Empfangs-Kontos des Empfängers und damit zum Nichterhalt potentieller wichtiger E-Mails führen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände kann - entgegen der Bewertung der Beklagten - keinesfalls die Rede vom Vorliegen einer hinzunehmenden geringfügigen Belästigung sein.

Die Beklagte übersandte die vorgenannten E-Mails mit werbenden Inhalten an die E-Mail-Adresse des Klägers "www.*.de", welche im Rahmen seiner Rechtsanwaltskanzlei über die Domain *.de betrieben wird. Soweit die Beklagte mit Nichtwissen bestreitet, dass der Kläger diese E-Mail Adresse im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit nutze, ist dies unerheblich. Denn der Kläger hat hierzu substantiiert und von der Beklagten unbestritten dargetan, dass die gesamte Domain *.de in seiner Kanzlei auf einem Server verwaltet und anwaltlich genutzt werde. Dies wird dadurch untermauert, dass bereits aus dem Briefkopf des Klägers ersichtlich ist, dass auch die dort aufgeführte Adresse der Anwaltskanzlei "www.*.de" der Domain *.de zugeordnet ist.

Ebenso war der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers rechtswidrig. Die insoweit erforderliche Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien geht zu Lasten der Beklagten. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stellt jede Werbung unter Verwendung elektronischer Post ohne vorherige Einwilligung des Adressaten eine unzumutbare Belästigung dar. Diese gesetzgeberische Wertung ist in die Abwägung der widerstreitenden Interessen einzubeziehen. Sie ist bei der Beurteilung der Generalklauseln des Bürgerlichen Gesetzbuches heranzuziehen, um Wertungswidersprüche zu vermeiden (BGH, Beschluss vom 20.05.2009, Az. I ZR 218/07 m.w.N.). Gerechtfertigt ist ein Versand von Werbe-E-Mails nur dann, wenn der Empfänger der Werbung vorher zugestimmt hat oder sein Einverständnis vermutet werden kann.

Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob der Kläger ursprünglich eine solche Einwilligung in den Erhalt der "Schnäppchen-Mails" erteilt hatte, kann dahingestellt bleiben. Denn der Kläger hat jedenfalls durch sein "Abmahnschreiben" vom 27.03.2015 zu verstehen gegeben, dass er nicht damit einverstanden ist, von der Beklagten E-Mails mit werbenden Inhalten zu erhalten. Er hat dabei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es für ihn wichtig sei, dass sein Postfach als Anwalt frei von Werbung bleibe. Zudem hat er die Beklagte unmissverständlich aufgefordert, die Zusendung unverlangter Mitteilungen an seine E-Mail-Adresse zukünftig zu unterlassen. Diese Erklärung musste von der Beklagten aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers so verstanden werden, dass der Kläger damit gegenüber der Beklagten auch sämtliche möglicherweise in der Vergangenheit erteilte Einwilligungen in die Übersendung solcher E-Mails widerrufen wollte. Dabei muss der Beklagten auch bewusst gewesen sein, dass es vorkommen kann, dass bei einem Kunden die in der Vergangenheit möglicherweise erfolgte Erteilung einer Einwilligung in Vergessenheit geraten ist bzw. dass dem Kunden gar nicht bewusst ist, dass er eine solche Einwilligung durch die Betätigung eines Buttons im Internet erteilt hat. Es ist gerichtsbekannt, dass solche Irrtümer regelmäßig auftreten. Der in diesem Geschäftsbereich tätigen Beklagten kann dies nicht unbekannt sein. Vor diesem Hintergrund musste die Beklagte ab Erhalt des Schreibens des Klägers vom 27.03.2015 davon ausgehen, dass nunmehr keine Einwilligung des Klägers mehr vorlag. Dadurch, dass sie auch in der Folgezeit weitere E-Mails mit werbenden Inhalten an den Kläger übersandt hat, hat sie rechtswidrig gehandelt.

Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass der Kläger die Sperrung seiner E-Mail-Adresse, unter der die Anmeldung zum Q2 erfolgte, bewusst vereitelt habe, indem er in seinem Schreiben vom 27.03.2015 die betreffende E-Mail-Adresse nicht angegeben habe, dringt sie damit nicht durch. Schon mit Rücksicht darauf, dass der Kläger einen in Deutschland seltenen Namen trägt, muss davon ausgegangen werden, dass es der Beklagten bei dem gebotenen Maß an Anstrengung ohne weiteres möglich gewesen wäre zu ermitteln, dass die E-Mail-Adresse "www.*.de" dem Kläger zuzuordnen ist. Der ausdrücklichen Erwähnung dieser Adresse in dem Schreiben vom 27.03.2015 bedurfte es nicht. Es reichte insofern jedenfalls aus, dass dort eine andere E-Mail-Adresse des Klägers genannt ist, die der gleichen Domain ("*.de") zugeordnet ist. Dadurch ist hinreichend klar ersichtlich gemacht worden, dass es sich bei der in der Datenbank der Beklagten gespeicherten Adresse "www.*.de" um eine E-Mail-Adresse des Klägers handeln musste. Die Beklagte hätte vor diesem Hintergrund die betreffende Adresse sperren müssen. Sie durfte sich bei dieser klaren Sachlage keinesfalls darauf beschränken, den Kläger diesbezüglich um weitere Aufklärung zu bitten. Da die Beklagte vorwerfbar in die Rechte des Klägers eingegriffen hatte, ist es ihr verwehrt, sich auf eine mangelnde Mitwirkung des Klägers bei der Aufklärung dieses Eingriffs zu berufen. Anders würde es sich nur bei Feststellbarkeit eines bewusst rechtsmissbräuchlichen Handelns des Klägers verhalten. Für eine solche Annahme hat die Beklagte jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte vorgetragen.

Die für einen Unterlassungsanspruch zusätzlich erforderliche Wiederholungsgefahr ist ebenfalls gegeben. Wiederholungsgefahr ist zu vermuten, wenn bereits eine vorausgegangene rechtswidrige Beeinträchtigung vorliegt. Diese kann der Störer in der Regel nur durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ausräumen. Eine solche hat die Beklagte nicht abgegeben. Vielmehr wurden nach Erhalt des Schreibens vom 27.03.2015 sogar noch mehrere E-Mails an den Kläger versandt, wodurch die Wiederholungsgefahr unzweifelhaft begründet worden ist.

Der Anspruch des Klägers ist auch insoweit begründet, als der Beklagten untersagt wurde, umfassend eine Kontaktaufnahme per E-Mail mit dem Kläger, ohne dass dessen Einverständnis vorliegt, zu unterlassen. Insbesondere bedurfte es der Aufnahme der konkreten E-Mail Adresse im Klageantrag nicht. Auch insoweit bedarf es einer Abwägung der widerstreitenden Interessen. Der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bezieht sich auf den Betrieb als solchen, ist also betriebsbezogen (BGH NJW 2009, 2958). Auf Seiten des Klägers besteht daher ein berechtigtes Interesse daran, von jeglicher unerwünschter Zusendung von E-Mails durch die Beklagte - gleichgültig unter welcher Domain oder E-Mail-Adresse - verschont zu bleiben. Würde der Anspruch nur auf eine konkrete E-Mail-Adresse beschränkt, so müsste der Kläger im Falle der Neueinrichtung einer E-Mail-Adresse befürchten, nun an diese E-Mail-Adresse unerwünschte Werbemails zu erhalten, ohne dass ihm diesbezüglich ein entsprechender Unterlassungstitel zugutekommen würde. Er wäre dann wiederum auf ein entsprechendes "Abmahnverfahren" zu verweisen. Diese Beeinträchtigungen sind insbesondere mit Blick auf die gesetzliche Wertung in § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG nicht hinnehmbar. Demgegenüber steht lediglich das Interesse der Beklagten an der praktischen Umsetzung eines derart weitreichenden Verbots. Es ist für das Gericht durchaus nachvollziehbar, dass es sich für die Beklagte viel einfacher gestaltet, konkret benannte E-Mail-Adressen in ihrem System zu sperren als dafür Sorge zu tragen, dass jegliche - auch noch gar nicht existente - E-Mail-Adressen des Klägers nicht für die Zuleitung von Werbemails genutzt werden. Es ist jedoch schlicht Aufgabe der Beklagten sicherzustellen, dass ein E-Mail-Versand nicht an Empfänger erfolgt, die hiermit nicht einverstanden sind. Vom Kläger kann nicht verlangt werden, das verbleibende Risiko des Erhalts unerwünschter E-Mails dadurch zu beseitigen, dass er die Beklagte immer über seine aktuellen E-Mail-Adressen informiert. Dies liefe auf eine "Widerspruchslösung" hinaus, die mit der Gesetzeslage nicht zu vereinbaren wäre (vgl. auch LG Hagen, Urteil vom 10.05.2013, Az. 1 S 38/13). Die Interessen der Beklagten, die sich auf die praktischen Umsetzungsprobleme beschränken, haben daher den berechtigten Interessen des Klägers den Vorrang zu gewähren.

II.

Hinsichtlich des Klageantrags zu 2), mit dem der Kläger die Beklagte auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch nimmt, ist die Klage hingegen unbegründet.

Der sich selbst anwaltlich vertretende Kläger könnte nur dann vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten "ersetzt" verlangen, wenn die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Wahrnehmung der Rechte erforderlich und zweckmäßig gewesen wäre. Aufwendungen für eine Abmahnung sind unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes von dem Schädiger aber nur dann zu ersetzen, wenn die konkrete anwaltliche Tätigkeit aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf eine spezielle Situation zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Abmahnung eines Verstoßes gegen einen deliktsrechtlichen Tatbestand ist dann nicht notwendig, wenn der Abmahnende selbst über eine hinreichende eigene Sachkunde zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung eines unschwer zu erkennenden Verstoßes verfügt. Ein Rechtsanwalt muss im Fall der eigenen Betroffenheit seine Sachkunde bei der Abmahnung eines deliktischen Handelns unter dem Gesichtspunkt der Schadensvermeidung einsetzen. Die Hinzuziehung eines weiteren Rechtsanwalts ist bei typischen, unschwer zu verfolgenden Rechtsverletzungen nicht notwendig. Es besteht dann kein Anspruch auf Erstattung der dafür anfallenden Kosten. Entsprechendes gilt für den Fall der Selbstbeauftragung (vgl. Urteil des Amtsgerichts E1 vom 21.05.2015, Az. 435 C 4032/14 m.w.N.). Der Kläger hat unzweifelhaft eine hinreichende Sachkunde zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, da er - wie sich aus den von ihm selbst vorgelegten Urteilen zu anderen Rechtstreitigkeiten des Klägers mit gleich gelagerten Sachverhalten und Rechtsproblemen ergibt - bereits in der Vergangenheit wiederholt vorgerichtlich und gerichtlich auf einschlägigem Gebiete tätig geworden ist. Der Umstand, dass hier sodann im Rahmen des laufenden Rechtsstreits eine vertiefte juristische Argumentation erforderlich war, ist dabei ohne Belang, da dieses Erfordernis anlässlich der vorgerichtlichen Betätigung jedenfalls noch nicht bestand.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.