AG Offenbach am Main, Beschluss vom 16.04.2013 - 61 M 686/13
Fundstelle
openJur 2019, 37400
  • Rkr:
Tenor

Der Rechtspfleger wird angewiesen, die Weiterführung des Verfahrens über die Festsetzung der Kosten der Zwangsvollstreckung, insbesondere Zustellungen, nicht von der vorherigen Zahlung eines Vorschusses zur Deckung der Auslagen abhängig zu machen.

Im Übrigen wird die Erinnerung des Gläubigers zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Beschwerde wird zugelassen.

Gründe

Der Gläubiger wendet sich gegen die Anforderung eines Vorschusses für die Auslagen der Zustellung des von ihm beantragten Kostenfestsetzungbeschlusses, sowie dagegen, dass der Rechtspfleger die Weiterführung des Verfahrens über die Festsetzung der Kosten der Zwangsvollstreckung, insbesondere die Zustellung eines Kostenfestsetzungsbeschluss, von der vorherigen Zahlung des Vorschusses abhängig macht.

Der Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung aus mehreren Schuldtiteln gegen den Schuldner.

Am 18.01.2013 beantragte er die Festsetzung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

Mit Bescheid vom 25.01.2013 forderte der Rechtspfleger am Amtsgericht Offenbach am Main als Kostenbeamter die Zahlung eines Vorschusses für die Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses in Höhe von 3,50 Euro an.

Dagegen hat sich der Gläubiger am 04.02.2013 durch einen per Fax übermittelten Schriftsatz seines Bevollmächtigten gewandt.

Er ist der Ansicht, der Gläubiger des Zwangsvollstreckungsverfahrens hafte nicht für die Kosten der Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses; für die Kosten der Zustellung bestehe jedenfalls keine Vorschusspflicht und die Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses dürfe jedenfalls von einer vorherigen Vorschusszahlung nicht abhängig gemacht werden. Er beruft sich dabei auf Rechtsprechung (der Schriftsatz vom 04.02.2013, Bl. 5 f. d.A., wird in Bezug genommen). Schließlich sei nach dem Kostenverzeichnis des Gerichtskostengesetzes im vorliegenden Fall schon keine Zustellungspauschale zu erheben, da mehr als 10 Zustellungen in diesem Rechtszug nicht zu erwarten seien.

Der Gläubiger legt in dem Schriftsatz wörtlich "Rechtsmittel" gegen die Gebührenanforderung vom 28.01.2013 ein und beantragt, diese "niederzuschlagen".

In ihrer Stellungnahme vom 15.02.2013 hat die Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Darmstadt gebeten, dem Rechtsbehelf des Gläubigers, den sie als Erinnerung ausgelegt hat, nicht abzuhelfen.

Sie ist der Ansicht – unter Berufen auf ein Urteil des OLG Hamm –, der Gläubiger des Zwangsvollstreckungsverfahrens hafte für die Auslagen der Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses. Eine Ausnahme, wonach in dem vorliegenden Fall diese Auslagen nicht zu erheben seien läge nicht vor. Weiterhin dürfe die Zustellung von vorheriger Zahlung eines Vorschusses für diese Auslagen abhängig gemacht werden, da es sich bei dem Verfahren um eine antragsbedingte Handlung im Sinn des Gerichtskostengesetzes handele, weshalb auch Zustellungen in diesem Verfahren, die von Amts wegen vorzunehmen sind, auf diesen Antrag zurückzuführen seien und deshalb ebenso als antragsbedingt anzusehen seien.

Am 05.03.2013 hat der Rechtspfleger am Amtsgericht Offenbach am Main einen Beschluss erlassen, in dem er dem Rechtsbehelf des Gläubigers nicht abhilft. In der Begründung schließt er sich der Ansicht der Bezirksrevisorin des Landgerichts Darmstadt an.

Am 28.03.2013 hat sich der Gläubiger auch gegen diesen Nichtabhilfebeschluss gewandt.

Er ist der Ansicht, statthafter Rechtsbehelf sei die sofortige Beschwerde, über die das Landgericht als Beschwerdegericht zu entscheiden habe.

Im Übrigen wiederholt er zur Begründung seine Rechtsansichten aus dem Schriftsatz vom 04.02.2013 (Fax) und zitiert dazu umfangreich Rechtsprechung und Kommentarliteratur (der Schriftsatz vom 25.03.2013, Bl. 16 - 21 d.A., wird in Bezug genommen).

Der Gläubiger beantragt in diesem Schriftsatz,

den Beschluss des Amtsgerichts Offenbach am Main vom 05.03.2013 aufzuheben und – wörtlich –,"gem. diesseitigem Antrag vom 17.01.2013 zu beschließen".

Das Gericht hat dem Schuldner Gelegenheit gegeben, zu den Anträgen des Gläubigers Stellung zu nehmen.

Die Erinnerung des Gläubigers ist zulässig und soweit sie sich dagegen richtet, dass der Rechtspfleger die Weiterführung des Kostenfestsetzungsverfahrens, insbesondere die Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses, von der vorherigen Zahlung eines Vorschusses für die Auslagen der Zustellung des Beschlusses abhängig macht, begründet.

Soweit sie sich gegen die Anforderung eines Vorschusses für die Zustellungsauslagen als solche richtet, ist sie unbegründet.

Aus den Schriftsätzen des Gläubigers vom 04.02.2013 und 25.03.2013 geht hervor, dass dieser sich sowohl gegen die Anforderung des Vorschusses als solche wendet, als auch dagegen, dass der Rechtspfleger die Weiterführung des Verfahrens, insbesondere die Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses, von der vorherigen Zahlung dieses Vorschusses abhängig macht.

Statthafter Rechtsbehelf gegen die Anforderung des Vorschusses ist die Erinnerung gem. § 66 Abs. 1 S. 1 GKG, da es sich bei der Anforderung um einen Kostenansatz handelt (vgl. Zimmermann in Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 2. Auflage 2009, § 66 Rn. 1 u. 13).

Gegen den Nichtabhilfebeschluss des Rechtspflegers vom 05.03.2013 ist ein Rechtsbehelf hingegen nicht statthaft, da es sich dabei nur um eine Entscheidung handelt, die den Beschluss des Gerichts über die Erinnerung vorbereitet.

Die Erinnerung des Gläubigers ist zulässig.

Das Amtsgericht Offenbach am Main – Vollstreckungsgericht – ist gem. § 66 Abs. 1 S. 1 GKG zuständig als das Gericht, bei dem der Vorschuss angefordert wurde.

Die Erinnerung gem. § 66 Abs. 1 S. 1 GKG gegen die Anforderung des Vorschusses für die Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses in Höhe von 3,50 Euro ist jedoch unbegründet.

Ein Vorschuss für die Auslagen der Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses kann gem. § 17 Abs. 3 GKG verlangt werden.

Danach kann ein Vorschuss zur Deckung der Auslagen bei Handlungen, die von Amts wegen vorgenommen werden, erhoben werden.

Die Zustellung des Beschlusses im Kostenfestsetzungsverfahren ist eine solche Handlung, da sie gem. § 788 Abs. 2 S. 1 ZPO i.V.m. § 104 Abs. 1 S. 3 u. 4 ZPO an den Antragsgegner bei Stattgabe, bzw. den Antragsteller bei Zurückweisen, von Amts wegen zu erfolgen hat.

Der Gläubiger ist auch vorschusspflichtig i.S.v. § 17 Abs. 3 GKG. Dabei bestimmt die Norm selbst nicht ausdrücklich, wer danach vorschusspflichtig ist. Jedoch kommt als Vorschusspflichtiger jedenfalls der in Betracht, der für die Kosten, die durch den Vorschuss abgesichert werden sollen, haftet.

Der Gläubiger haftet als Vollstreckungsgläubiger für die Auslagen der Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses.

Dies folgt aus § 22 Abs. 1 S. 1 GKG, wonach in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten derjenige die Kosten des Verfahrens schuldet, der das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat. Dies gilt auch für den Antragsteller im Verfahren über die Kostenfestsetzung in der Zwangsvollstreckung. Gründe warum dies hier entgegen dem Wortlaut von § 22 Abs. 1 S. 1 GKG anders sein sollte, sind nicht ersichtlich (ebenso LG Essen, Urteil vom 27.10.2008 – 16a T 145/08, zitiert nach juris = NJOZ 2009, 82; a.A. LG Berlin, Beschluss vom 08.10.1985 – 82 T 369/85, JurBüro 1986, 418; Hartmann, Kostengesetze, 42. Auflage 2012, GKG § 17 Rn. 4; wohl auch Zimmermann in Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann GKG 2009 § 17 Rn 1). Gegen eine solche Ausnahme spricht hingegen, dass die Kostenschuld des allgemeinen Zwangsvollstreckungsverfahrens anders als die des Insolvenzverfahrens gem. § 23 GKG oder des Zwangsverwaltungs- und Zwangsversteigerungsverfahrens gem. § 26 GKG nicht besonders vom Gesetzgeber geregelt wurde (LG Essen, Urteil vom 27.10.2008 – 16a 145/08, zitiert nach juris).

Die Anforderung eines Vorschusses ist auch nach billigem Ermessen geboten, da der Kostenfestsetzungsbeschluss im Interesse des Gläubigers zugestellt wird und diesem grundsätzlich die Möglichkeit offen steht, die Kosten als Kosten der Zwangsvollstreckung gem. § 788 Abs. 1 ZPO vom Schuldner ersetzt zu verlangen (vgl. Preuß in BeckOK ZPO, Stand 15.01.2013, § 788 Rn. 50).

Als Auslagenpauschale ist eine Summe von 3,50 Euro gem. Nr. 9002 GKG KV zu erheben. Der Ausnahmetatbestand von Nr. 9002 GKG KV liegt nicht vor, da dieser die Erhebung streitwertabhängiger Verfahrensgebühren voraussetzt, die jedoch im Kostenfestsetzungsverfahren nicht anfallen.

Begründet ist die Erinnerung hingegen, soweit der Rechtspfleger sein Tätigwerden vom Eingang des Vorschusses abhängig gemacht hat.

Nach § 10 GKG darf die Tätigkeit der Gerichte von der Sicherstellung der Kosten nicht in weiterem Umfang, als die Prozessordnungen oder das Gerichtskostengesetz es gestatten, abhängig gemacht werden.

Eine Regelung, die Weiterführung des Kostenfestsetzungsverfahrens, insbesondere die Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses, von der vorherigen Zahlung des Vorschusses für die Auslagen der Zustellung gestatten würde, findet sich nicht im GKG.

Ein Abhängigmachen von der vorherigen Zahlung eines Vorschusses für Auslagen ist im GKG in § 17 Abs. 1 S. 2 GKG vorgesehen.

§ 17 Abs. 1 GKG findet jedoch auf die Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses keine Anwendung, da diese Regelung nur auf antragsbedingte Handlungen Anwendung findet. Eine solche ist die von Amts wegen vorzunehmende Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses aber nicht. Dabei kann hier nicht darauf abgestellt werden, dass das Kostenfestsetzungsverfahren durch den Antrag des Gläubigers veranlasst wurde und daher auch die Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses als antragsbedingt anzusehen sei. Schon der Wortlaut der Norm spricht eindeutig gegen eine solche Interpretation und für ein Abstellen auf die konkrete, einzelne Handlung des Gerichts, hier der Zustellung (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 12.08.2008 – 25 T 542/08, zitiert nach juris; LG Essen, Urteil vom 27.10.2008 – 16a T 145/08, zitiert nach juris = NJOZ 2009, 82). Auch im Kostenverzeichnis des GKG, Teil 9, wird bezüglich der Auslagen auf die einzelne, konkrete Handlung des Gerichts abgestellt.

Demnach kann der Rechtspfleger zwar Vorschuss verlangen (§ 17 III GKG); er kann aber die Vornahme einer Handlung (Zustellung) nicht vom Eingang eines Vorschusses, also von einer Vorauszahlung, abhängig machen (Zimmermann aaO § 17 Rn 16).

Die Kostentscheidung beruht auf § 66 Abs. 8 S. 2 GKG..

Die Beschwerde gegen die Entscheidung auf die Erinnerung gem. § 66 Abs. 1 GKG war zuzulassen (§ 66 Abs. 2 S. 2 GKG).