VG Frankfurt am Main, Urteil vom 09.05.2014 - 4 K 3591/12.F
Fundstelle
openJur 2019, 37302
  • Rkr:
Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom .. in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom .. verpflichtet, dem Kläger eine Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz, beschränkt auf das Gebiet der Chiropraktik zu erteilen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine Heilpraktikererlaubnis für seine berufliche Tätigkeit als Chiropraktor. Die Chiropraktik ist ein Heilberuf, der sich mit der Diagnose, Behandlung und Prävention funktioneller Störungen der Statik und Dynamik des menschlichen Bewegungsapparates beschäftigt. Dazu gehören die Wirbelsäule, das Nervensystem, die Muskeln, Sehnen und Gelenke. Die Weltgesundheitsorganisation hat im Jahr 2006 Richtlinien zu Mindestanforderungen an das Studium und zur Sicherheit in der Chiropraktik herausgegeben. In den Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada und mehreren Europäischen Ländern, darunter Groß-Britannien, sind die Ausbildungen zum Chiropraktor und die Berufsausübung gesetzlich geregelt. In Deutschland bestehen kein Ausbildungsgang und auch keine gesonderten Regelungen zur qualifizierten Ausübung der Chiropraktik.

Der im Jahr in C geborene Kläger besuchte von bis das D- College of Chiropraktik in E, U, F und schloss im Dezember das Studium mit dem akademischen Grad des Doktor auf Chiropraktik ab. Es folgte ein einjähriges Praktikum im G-Center in H, I sowie ein zweijähriges Praktikum in einer chiropraktischen Privatpraxis in J, K, I. Seit ist der Kläger Mitglied bei der L von bis war er als Chiropraktor der italienischen M tätig. Überschneidend behandelte er von bis Patienten in einer Privatpraxis für Chiropraktik in N, O und P. Ab arbeitete der Kläger als Chiropraktor in einer Privatpraxis in der Q-Clinik in R, I und eröffnete daran anschließend seine eigene Klinik in R. Darüber hinaus war er in den Jahren bis vier Mal im Jahr jeweils für zwei Wochen in einer Praxis in S als Chiropraktor tätig. Er selbst gibt Seminare in T, O und I in einer von ihm selbst entwickelten chiropraktischen Technik.

Unter dem .. beantragte der Kläger bei dem Beklagten, ihm eine Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde nach § 1 Abs. 1 des Heilpraktikergesetzes, beschränkt auf das Gebiet der Chiropraktik, unter Verzicht auf eine Kenntnisprüfung zu erteilen. Zur Begründung stellte er unter Vorlage der entsprechenden Belege sowohl den Gang seiner beruflichen Ausbildung als auch seine langjährige berufliche Tätigkeit dar (wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 1 - 60 der Behördenakte verwiesen). Darüber hinaus nahm er Bezug auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Main vom 01.07.2009 (12 K 31/08), welches sein Begehren stütze.

Mit Schreiben vom .. wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass er trotz der zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Main an seiner Rechtsauffassung festhalte, dass auf dem Gebiet der Chiropraktik eine beschränkte Heilpraktikererlaubnis nicht erteilt werden könne. Dies stützte er zum einen auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.08.2009 (1319/08). Soweit dort zum Berufsbild des Physiotherapeuten eine Kenntnisprüfung als ausreichend angenommen worden sei, könne man dies auf das Berufsbild des Chiropraktoren nicht übertragen, da dieses im Gegensatz zum Beruf des Physiotherapeuten nicht staatlich geregelt sei, also weder Studiengänge noch Berufsausbildungen existierten. Da die Ausübung der Chiropraktik umfassende allgemeinmedizinische Kenntnisse erfordere, sei schon aus diesem Grund eine beschränkte Kenntnisprüfung nicht angezeigt, mit der Folge, dass eine Erlaubniserteilung beschränkt auf das Gebiet der Chiropraktik nicht in Betracht komme. Zum anderen bezog sich der Beklagte auf einen Erlass des Hessischen Sozialministeriums vom .. in welchem die dargelegte Rechtsauffassung des Beklagten noch einmal konkretisiert worden sei.

Diesen Ausführungen trat der Kläger mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom .. entgegen unter Einbeziehung ausgewählter gerichtlicher Entscheidungen (wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 93 - 139 der Behördenakte verwiesen).

Mit Bescheid vom .. lehnte der Beklagte den Antrag auf Erteilung der Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde ohne Approbation eingeschränkt auf das Gebiet der Chiropraktik unter Verzicht auf eine Kenntnisprüfung ab. Zur Begründung vertrat der Beklagte die Ansicht, der Kläger könne sich zunächst nicht auf die von ihm zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Main aus dem Jahr 2009 berufen. Abgesehen davon, dass das Urteil eine Bindungswirkung für ihn nicht entfalte, sei die dort vertretene Rechtsauffassung nach dem später ergangenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.08.2009 (1319/08) nicht mehr haltbar. Das Bundesverwaltungsgericht habe wiederholt entschieden, dass die Anwendung chiropraktischer Techniken und Behandlungsmethoden umfangreiches ärztliches Fachwissen erfordere. Aufgrund dessen habe das Hessische Sozialministerium erklärt, dass bei der Ausübung der Chiropraktik von vornherein eine Begrenzung der nachzuweisenden Kenntnisse sowie auch eine beschränkte Erlaubniserteilung nicht in Betracht komme. Soweit dies der bisher ausgeübten Verwaltungspraxis widerspreche, könne der Kläger hieraus für sich keine ihm günstigen Folgerungen ableiten, denn diese Verwaltungspraxis sei nach der Stellungnahme des Hessischen Sozialministeriums rechtswidrig gewesen, so dass eine Bindungswirkung an diese Verwaltungspraxis nicht entstanden sein könne. Soweit das Verwaltungsgericht Frankfurt/Main in der vom Kläger zitierten Entscheidung die langjährige Berufserfahrung und Ausbildung des Klägers im damaligen Verfahren für ausreichend erachtet habe, die für die Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse nachzuweisen, so sei dem insbesondere entgegen zu halten, dass eine staatliche Regelung der Chiropraktikertätigkeit in Deutschland nicht bestehe und der Abschluss des Antragstellers hier nicht anerkannt sei. Die vom Kläger zitierten "Richtlinien" der WHO seien letztlich unverbindliche Leitlinien für die nationale Gestaltung der Ausbildung des Chiropraktikers, die aber keine Gewähr für einen hinreichenden allgemeinmedizinischen Kenntnisstand des Klägers böten.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom .. Widerspruch eingelegt. In formeller Hinsicht rügte er zunächst die fehlende Anhörung des Gutachterausschusses. Im Übrigen sei die Argumentation des Beklagten nicht nachvollziehbar, soweit dieser auf die Erforderlichkeit medizinischer Kenntnisse abstelle, um den Beruf des Chiropraktikers ausüben zu dürfen und keine Gefahr für die Volksgesundheit darzustellen, wenn für einen Heilpraktiker oder Arzt ein 58 bis 76-stündiger Kurs genüge, um seinerseits die Chiropraktik ausüben zu dürfen, ein über Jahre im Ausland ausgebildeter Chiropraktor mit umfassender Berufserfahrung jedoch nicht. Auch das Bundesverwaltungsgericht erfordere dann keine Kenntnisüberprüfung, wenn der Betroffene bereits durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachweisen könne, dass er über ausreichende Kenntnisse auf dem Gebiet der geplanten auszuübenden Tätigkeit verfüge. Das D-College of Chiropraktik in E, U an dem der Kläger seinen Studienabschluss gemacht habe, erfülle sowohl die Mindestanforderungen nach den WHO-Richtlinien, als auch die Anforderungen für die Anerkennung des Studiengangs durch die Chiropraktikerverbände in der P und in der Bundesrepublik Deutschland. Zur weiteren Vertiefung legte der Kläger den Ablauf des Studiums am D-College of Chiropraktik dar. Wegen der weiteren Einzelheiten der Widerspruchsbegründung wird auf Bl. 175 - 192 der Behördenakte verwiesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom .., zugestellt am .. wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Er vertrat die Ansicht, der Kläger habe keinen Anspruch auf die erteilte Erlaubnis, da rechtstaatlich unbedenkliche Versagungsgründe gegeben seien. Als Versagungsgrund sei in Betracht zu ziehen, dass eine Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeit des Beantragenden durch das Gesundheitsamt ergebe, dass die Ausübung der Heilkunde durch ihn eine Gefahr für die Volksgesundheit darstelle. Voraussetzung für die Erteilung sei demnach eine Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Beantragenden, wobei diese letztlich der Abwehr von Gefahren für die Volksgesundheit im konkreten Einzelfall diene. Wie die Überprüfung auszusehen habe, werde für Hessen durch die Richtlinie des Sozialministeriums vom 11.07.2007, Az.: V 1 A - 18 B 2003 konkretisiert. Hiernach bestehe sie aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Der tatsächliche Umfang der Überprüfung stehe unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit, was bedeute, dass der Bewerber nur solche Fähigkeiten nachweisen müsse, die in Bezug zu der geplanten Tätigkeit stehen. Ausdrücklich offen ließ der Beklagte, ob eine Teilgenehmigung beschränkt auf das Gebiet der Chiropraktik überhaupt erteilt werden könne, was man aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgericht vom 26.08.2009 schließen könne, aber nach dem Erlass des Hessischen Sozialministeriums vom 30.09.2011 ausgeschlossen sei. Jedenfalls sei dies nicht unter vollständigem Verzicht auf eine Kenntnisprüfung - wie vom Kläger begehrt - möglich. Die für diese Tätigkeit erforderlichen umfassenden allgemeinmedizinischen Kenntnisse seien auch nicht durch seine Ausbildung am D-College of Chiropraktik nachgewiesen. Zum einen fehle es an einem Bewertungsmaßstab, da der Beruf des Chiropraktikers in Deutschland nicht gesetzlich geregelt sei und zum anderen seien die genauen Ausbildungsinhalte aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen nicht feststellbar.

Am .. hat der Kläger Klage erhoben.

Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Vorverfahren und beruft sich ergänzend auf Art. 43 EG, woraus er im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit innerhalb der Europäischen Gemeinschaft ebenfalls einen Anspruch auf Erteilung einer eingeschränkten Heilpraktikererlaubnis unter Berücksichtigung der von ihm absolvierten akademischen Ausbildung stützen könne. Schließlich sei auch den während des gerichtlichen Verfahrens erlassenen Richtlinien des Hessischen Sozialministeriums vom 12.12.2012 eindeutig zu entnehmen, dass eine auf einen Teilbereich beschränkte Heilpraktikererlaubnis grundsätzlich erteilt werden könne und dies ggf. auch unter Verzicht auf eine vorherige Kenntnisprüfung. Was in der Richtlinie zu den Psychotherapeuten ausgeführt sei, könne ebenso auch auf die Chiropraktoren übertragen werden. Sowohl hinsichtlich der Inhalte seiner Ausbildung als auch bezogen auf seine berufliche Tätigkeit hat der Kläger umfassende Unterlagen vorgelegt, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 79 - 115 sowie 270 - 312 der Gerichtsakte verwiesen wird. Er verweist auf ein Urteil des VG Braunschweig vom 30.11.2012, 1 A 114/10, und auf ein Urteil des VG Leipzig vom 11.07.2013, 5 K 1161/11, in welchem die von ihm vertretene Rechtsauffassung geteilt werde.

Er beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom .. in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom .. zu verpflichten, ihm eine Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz, beschränkt auf das Gebiet der Chiropraktik, unter Verzicht einer Kenntnisprüfung zu erteilen,

hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom .. in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom .. zu verpflichten, ihn zu einer Heilpraktikerprüfung, beschränkt auf den Bereich Gesetzeskunde, zuzulassen und ihm nach erfolgreich absolvierter Prüfung die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz, beschränkt auf das Gebiet der Chiropraktik, zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält an seiner Auffassung fest, dass eine Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf einen Teilbereich grundsätzlich nicht erteilt werden könne. Nach der Richtlinie des Hessischen Sozialministeriums vom 12.12.2012 sei eine solche Beschränkung lediglich auf das Gebiet der Psychotherapie möglich. Im Übrigen gehe auch das von dem Kläger in seiner Argumentation einbezogene Urteil des VG Braunschweig vom 30.11.2011 von der grundsätzlichen Notwendigkeit einer Kenntnisprüfung vor der Zulassung eines Chiropraktikers als Heilpraktiker aus. Die zitierte Richtlinie des Hessischen Sozialministeriums erlaube keine Entscheidung nach Aktenlage, sondern regele detailliert den Umfang und Gegenstand einer Überprüfung, die sich immer aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil zusammensetze. Hieran sei der Beklagte gebunden. Darüber hinaus verweist der Beklagte voll umfänglich auf die Argumente aus dem Widerspruchsbescheid.

Ein Leitzordner Behördenunterlagen sowie eine Sammelakte für Anlagen zum Klageschriftsatz war dem Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung am ... Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde dem Kläger aufgegeben, weitere Nachweise zu Inhalt, Umfang und Intensität der von ihm ausgeübten Berufstätigkeit in beglaubigter Form sowie vorliegende Anerkennungen durch die Deutsche Chiropraktorengesellschaft vorzulegen. In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren durch die Berichterstatterin erteilt. Wegen der weiteren Einzelheiten der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll vom .. verwiesen.

Gründe

Die Entscheidung kann im schriftlichen Verfahren durch die Berichterstatterin ergehen, weil die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am .. einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung durch die Berichterstatterin zugestimmt haben (§ 101 Abs. 2, § 87 a Abs. 2 und 3 VwGO).

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Beklagten vom .. in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom .. ist rechtswidrig ergangen und verletzt den Kläger daher in seinen subjektiv öffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz beschränkt auf das Gebiet der Chiropraktik.

Anspruchsgrundlage ist § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung vom 17.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 251), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.10.2001 (BGBl. I S. 2702) - im Folgenden HeilPrG -, i.V.m. der ersten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung vom 18.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 259), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 04.12.2002 (BGBl. I S. 4456) - im Folgenden DVO-HeilPrG. Hiernach bedarf der Erlaubnis, wer die Heilkunde ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will. Entgegen dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 HeilPrG, wonach "nur in besonders begründeten Ausnahmefällen" die Erlaubnis erteilt werden kann, hat das Bundesverwaltungsgericht bereits mit Urteil vom 25.01.1957 (I C 194.94 - BVerwGE 4, 250) im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG entschieden, dass ein Rechtsanspruch auf diese Erlaubnis besteht, wenn kein rechtstaatlich unbedenklicher Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1, insbesondere nach Lit. I des § 2 Abs. 1 DVO-HeilPrG gegeben ist. Nach § 2 Abs. 1 Lit. I DVO-HeilPrG darf die Heilpraktikererlaubnis nicht erteilt werden, wenn sich aus einer Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeit des Antragstellers durch das Gesundheitsamt ergibt, dass die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten würde.

Das erkennende Gericht folgt insofern zunächst nicht der auf die aktuelle Richtlinie des Hessischen Sozialministeriums vom 12.12.2012 gestützten Auffassung des Beklagten, wonach die Erteilung einer beschränkten Heilpraktikererlaubnis - mit Ausnahme auf dem Gebiet der Psychotherapie - grundsätzlich nicht möglich ist. Der Erlass des Hessischen Sozialministeriums vom 12.12.2012, wonach die Erteilung einer beschränkten Heilpraktikererlaubnis - mit Ausnahme auf dem Gebiet der Psychotherapie grundsätzlich nicht möglich ist, - schränkt die Berufsfreiheit der antragstellenden Chiropraktoren aus Art. 12 GG nach unverhältnismäßig ein und ist daher rechtswidrig. Denn es handelt sich ebenso wie bei den Psychotherapeuten um ein selbständig abgrenzbares Berufsbild, für welches nach den Grundsätzen des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.08.2009 (3 C 19/08) nach Art. 12 GG ein Zulassungsanspruch besteht, sofern nicht sachliche Gründe entgegenstehen. Diese sind nicht erkennbar.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 26.08.2009 (3 C 19/08) für das Gebiet der Psychotherapie ausgeführt:

"Die Heilpraktikererlaubnis ist anders als die einem Arzt mit der Approbation erteilte Heilbefugnis teilbar. Der Senat hat bereits entschieden, dass das Heilpraktikergesetz weder dem Sinne noch dem Wortlaut nach ein Verbot der Erteilung einer inhaltlich beschränkten Erlaubnis enthält. Bei Inkrafttreten des Gesetzes hat noch kein Bedürfnis für eine solche Beschränkung bestanden. Seit dem haben sich jedoch die Berufsbilder auf dem Sektor der Heilberufe in damals nicht vorhersehbarer Weise ausdifferenziert. Die Vorschriften des vorkonstitunellen Heilpraktikergesetzes müssen daher im Lichte der Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG durch Auslegung an die gegenwärtigen Gegebenheiten angepasst werden. Dies hat der Senat für den Bereich der Psychotherapie bereits ausgesprochen (Urt. v. 21.01.1993 a.a.O., S. 361 bzw. S. 11); die dortigen Erwägungen sind aber nicht darauf beschränkt, sondern gelten allgemein. Eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Volksgesundheit nicht erforderlich, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet oder nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausüben möchte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.1994 - 1 BvR 1016/89 -, n.v. Beschlussabdruck S. 7 ff.). In diesem Fall reicht es aus, eine auf dieses Gebiet beschränkte Erlaubnis zuzusprechen, solange sichergestellt ist, dass der Betreffende die Grenzen seines Können kennt und beachtet..."

Bezogen auf das Berufsbild des Chiropraktors hat das erkennende Gericht bereits mit Urteil vom 01.07.2009 (12 K 30/08) ausgeführt:

"Die von der Klägerin konkret beabsichtigte Heilkundetätigkeit ist die der Chiropraktorin. Dabei handelt es sich um einen eigenständigen Beruf, der den Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG genießt. Art. 12 Abs. 1 GG erfasst nicht nur die Berufe, die sich in rechtlich fixierten Berufsbildern darstellen, sondern darunter fallen auch neue Berufsbilder (BVerfG, Urt. v. 11.06.1958 - 1 BvR 596/56 - BVerfGE 7, 377, 397). Die Chiropraktik ist ein solches neues Berufsbild, das sich in Deutschland nach dem Inkrafttreten des Heilpraktikergesetzes entwickelt hat. Bereits in seinem Urteil vom 25. Juni 1970 (IC 53.66 - BVerwGE 35, 308) hat das Bundesverwaltungsgericht von dem Beruf des Chiropraktikers gesprochen. Auch die Weltgesundheitsorganisation geht von einem eigenständigen heilkundlichen Beruf aus; denn sie hat im Jahr 2006 Richtlinien zu Mindestanforderungen an das Studium und zur Sicherheit in der Chiropraktik herausgegeben. In anderen Ländern wird das Berufsbild des Chiropraktors ausdrücklich geregelt, so in den Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada, Dänemark, Finnland, Island, Liechtenstein, Malta, Norwegen, Zypern, Schweiz und in Groß-Britannien. Auch in Deutschland ist die Chiropraktik etabliert, was sich unter anderem daran zeigt, dass es einen eigenen Berufsverband, die Deutsche Chiropraktoren-Gesellschaft e.V., gibt."

Das erkennende Gericht sieht auch im Hinblick auf die Argumentation des Beklagten und auf die von ihm zitierten Entscheidungen keine Veranlassung, von seiner Rechtsauffassung der grundsätzlichen Teilbarkeit der Heilpraktikererlaubnis auch auf das Gebiet der Chiropraktik abzuweichen. Die Chiropraktik ist ein Heilberuf, der sich mit der Diagnose, Behandlung und Prävention funktioneller Störungen der Statik und Dynamik des menschlichen Bewegungsapparates beschäftigt. Dazu gehören die Wirbelsäule, das Nervensystem, die Muskeln, Sehnen und Gelenke. Die Behandlung erfolgt primär durch Manipulation der Wirbelsäule. Medikamentöse Behandlungen sowie Injektionen werden nicht angewandt. Der Chiropraktor verordnet keine Arzneimittel oder Betäubungsmittel. Die rechtlichen Grenzen der Berufsausübung als Heilpraktiker, der Allgemeinmedizin ausüben will, sind dadurch bestimmt, dass er nicht befugt ist, Geburtshilfe zu leisten, Untersuchungen auf Geschlechtskrankheiten und Krankheiten oder Leiden der Geschlechtsorgane sowie ihre Behandlung vorzunehmen, meldepflichtige übertragbare Krankheiten zu behandeln sowie verschreibungspflichtige Arzneimittel und Betäubungsmittel zu verordnen. Schon aus dem Berufsbild des Chiropraktors ergibt sich, dass er in diesen Bereichen nicht tätig wird. Die Weltgesundheitsorganisation hat im Jahr 2006 Richtlinien zu Mindestanforderungen an das Studium und zur Sicherheit in der Chiropraktik herausgegeben. In vielen Ländern ist die Ausbildung zum Chiropraktor und die Berufsausübung gesetzlich geregelt. Aufgrund dessen handelt es sich bei der Chiropraktik um ein so fest umrissenes Berufsbild, das dem Erlaubnisinhaber die Grenzen seiner Tätigkeit deutlich vor Augen führt und mithin allein aufgrund der erteilten, begrenzten Erlaubnis auf dieses Gebiet Gefahren für die Volksgesundheit nicht ersichtlich sind.

Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob der die beschränkte Heilpraktikererlaubnis Beantragende tatsächlich über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die erforderlich sind, damit durch die Ausübung der Heilkunde durch ihn Gefahren für die Volksgesundheit ausgeschlossen werden. Hierzu hat das erkennende Gericht in seinem Urteil vom 01.07.2009, a.a.O., ausgeführt:

"In welcher Form und in welchem Umfang die Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Heilpraktikeranwärters zu erfolgen hat, ist weder im Heilpraktikergesetz noch in der Durchführungsverordnung hierzu geregelt. Form und Umfang der Überprüfung ergeben sich aber nach ständiger Rechtsprechung (BVerwG, Urt. v. 10.02.1983 - 3 C 21.82 - BVerwGE 66, 367; Urt. v. 21.01.1993 - 3 C 34/90 - NJW 1993, 2395; BVerfG, Beschl. v. 10.05.1988 - 1 BvR 482/84 u.a. - BVerfGE 78, 179 [BVerfG 10.05.1988 - 1 BvR 482/84]) unter Heranziehung des Art. 12 .Abs. 1 GG und des rechtstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Ziel der nach § 2 Abs. 1 lit. I DVO-Heilpraktikergesetz vorgeschriebenen Überprüfung ist die Feststellung, ob durch die Ausübung der Heilkunde durch den Anwärter im konkreten Einzelfall Gesundheitsgefahren tatsächlich zu befürchten sind. Demgemäß soll nach dem Wortlaut der Vorschrift die Überprüfung ergeben, ob mit der Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden, das heißt durch die vom Antragsteller konkret beabsichtigte Heilkundetätigkeit, eine Gefahr für den Patienten ausgehen würde. ... Die Verordnungsbestimmung kann aufgrund ihrer weiten Fassung dahin ausgelegt werden, dass bei der Überprüfung die Ausbildung zu berücksichtigen ist oder dass deren Nachweis allein ausreicht (BVerfG, Beschl. v. 10.05.1988 - 1 BvR 482/84 u.a. - BVerfGE 78, 179 [BVerfG 10.05.1988 - 1 BvR 482/84]). Denn es handelt sich nicht um eine Prüfung im herkömmlichen Sinne, die eine zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erbringende Prüfungsleistung des Bewerbers zur Voraussetzung hat, sondern um die Umschreibung des Gegenstandes und des Ziels der der Behörde aufgegebenen Sachverhaltsermittlung (BVerwG, Urt. v. 21.01.1993 - 3 C 34/90 - NJW 1993, 2395)."

Auch insoweit sieht das erkennende Gericht keine Veranlassung, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. Die die Erlaubnis erteilende Behörde hat zu überprüfen, ob der Bewerber um die Erteilung einer beschränkten Heilpraktikererlaubnis über auf diesem Gebiet ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, dass die Ausübung der beschränkten Heilkunde durch ihn keine Gefahren für die Volksgesundheit bedeutet. Unter Wahrung des Grundrechtsschutzes aus Art. 12 Abs. 1 GG und des hierin begründeten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hat nicht zwingend eine mündliche und/oder schriftliche Prüfung zu erfolgen, sondern kann die Annahme, dass der Erlaubnisbewerber über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt bereits aus dem von ihm vorgelegten Unterlagen erfolgen. Dies insbesondere dann, wenn er über ein in einem anderen Land anerkanntes Studium auf diesem Gebiet verfügt und umfangreiche praktische Erfahrungen nachweisen kann.

So verhält es sich hier. Der Kläger hat von bis das D-College of Chiropraktik in E, F besucht und das Studium mit dem akademischen Grad des Doctor of Chiropraktik abgeschlossen. Das D-College of Chiropraktik ist die bekannteste Ausbildungsstätte für Chiropraktik. Sie ist von der Deutschen Chiropraktorengesellschaft e.V. anerkannt und erfüllt die Anforderungen an das Studium der Chiropraktik, die von der Weltgesundheitsorganisation verlangt werden. Bereits im Rahmen seiner Ausbildung hat der Kläger umfangreiche praktische Erfahrungen gesammelt und belegt. Nach seiner Ausbildung praktiziert der Kläger seit nunmehr über ## Jahren auf dem Gebiet der Chiropraktik überwiegend in anderen europäischen Ländern wie I, N und P, in denen das Berufsbild des Chiropraktors gesetzlich geregelt ist. Welche Tätigkeit der Kläger nach seinem Studium im Einzelnen ausgeübt hat, hat er chronologisch aufgeführt und überwiegend belegt. Die Annahme, dass er, der über Jahrzehnte unter anderem im europäischem Ausland als Chiropraktiker unter den dort festgelegten Regularien zur erforderlichen Ausbildung und Berufsausübung als Chiropraktor tätig war, nicht über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, so dass von ihm eine Gefahr für die Volksgesundheit ausgeht und ihm die Erteilung einer auf das Gebiet der Chiropraktik beschränkten Heilpraktikererlaubnis zu versagen ist, erscheint abwegig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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