OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.11.2015 - 3 U 122/15
Fundstelle
openJur 2019, 37050
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 28. Mai 2015 verkündete Urteil des Landgerichts Wiesbaden wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für die zweite Instanz wird auf 25.126,50 € festgesetzt.

Gründe

Das Rechtsmittel des Klägers ist gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen, weil der Senat einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch ist aus Gründen der Rechtsfortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil erforderlich.

Zur Begründung wird Bezug genommen auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 21.09.2015.

Die mit Schriftsatz vom 30.10.2015 vorgebrachten Argumente stehen der angekündigten Beschlussentscheidung nicht entgegen. Die im Hinweisbeschluss angesprochenen Fragen sind aus Sicht des Senats entscheidungserheblich, eine Verpflichtung zur Übernahme der Parteibezeichnung von Anlagen existiert nicht. Die Entscheidung beruht nicht auf einer Würdigung nicht erhobener Beweise, sondern auf einer Würdigung des Parteivortrags.

Von der ihm eingeräumten Befugnis zur Stellungnahme hierzu hat der Kläger innerhalb der ihm gesetzten und auf seinen Antrag verlängerten Frist keinen Gebrauch gemacht.

Eine weitere Fristverlängerung, wie mit Schriftsatz vom 30.10.2015 beantragt, kam nicht in Betracht. Die ursprünglich gesetzte Frist von zwei Wochen erfüllt die gesetzliche Vorgabe (§ 277 Abs. 3 ZPO), ist grundsätzlich verfassungsgemäß (BVerfG NJW 2011, 3357 [BVerfG 18.07.2011 - 1 BvR 1618/10]) und entspricht im Hinblick auf den mit § 522 Abs. 2 ZPO verbundenen Gedanken der Verfahrensbeschleunigung der herrschenden Meinung (OLG Rostock OLGR 2009, 268; Prütting/Gehrlein/Lemke, ZPO, § 522 Rn. 38; Zöller/Heßler, ZPO, § 522 Rn. 34; Münchner Kommentar zur ZPO/Rimmelspacher § 522 Rn. 24; vgl. auch von Hommerich/Prütting/Ebers/Lang/Traut, Rechtstatsächliche Untersuchung zu den Auswirkungen der Reform des Zivilprozessrechts auf die gerichtliche Praxis, Köln 2006, S. 206). Der Rechtsstreit weist weder besondere rechtliche noch tatsächliche Probleme auf noch hat er einen ungewöhnlich großen Umfang. Alle zur Zurückweisung der Berufung führenden Umstände waren bereits erstinstanzlich Gegenstand der Verhandlung erster Instanz, tauchen in einer Vielzahl von durch die gleichen Prozessbevollmächtigten betreuten Parallelverfahren auf und sind also weder neu noch überraschend. Dass dem Kläger die Berufungserwiderung erst nach dem Hinweisbeschluss zuging zeigt, dass der Senat bemüht ist, dem Beschleunigungsgebot des § 522 Abs. 2 ZPO zu genügen, hat auf den Lauf der dem Kläger gesetzten Frist aber keinen Einfluss, weil dieser zu den Hinweisen des Senats, nicht zur Erwiderung rechtliches Gehör erhält. Bereits mit Beschluss vom 20. Oktober 2015 hat der Senat deswegen eine weitere Fristverlängerung ausdrücklich abgelehnt. Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 225 Abs. 3 ZPO) und steht auch einem neuerlichen Antrag grundsätzlich entgegen. Ob etwas anders zu gelten hätte, wenn die Zustimmung des Beklagten zur weiteren Fristverlängerung vorgelegen hätte, bedarf hier keiner Entscheidung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in § 708 Nr. 10 S. 2 ZPO.

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Vorausgegangen ist unter dem 21.9.2015 folgender Hinweis (die Red.)

In dem Rechtsstreit

...

weist der Senat darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung des Klägers durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel in der Sache keine Aussicht auf Erfolg hat. Es hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 522 Abs. 2 ZPO).

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte als Vermögensschadenhaftpflichtversicherer aus einer Verletzung von Hinweispflichten bei einer Kapitalanlage durch die mittlerweile insolvente A ...gesellschaft mbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: A GmbH genannt) in Anspruch.

Der Kläger schloss am 15.12.2002 mit der A GmbH einen Treuhandvertrag ab, in dem diese sich verpflichtete, für ihn einen Kommanditanteil in Höhe von 25.000,-- € an der B Gesellschaft ... mbH & Co. Fünfte ... KG (im Folgenden: B V genannt) zu verwalten. Dabei lag ihm ein Prospekt vor, der von der Komplementärin der B V, der B GmbH, herausgegeben worden war. Ausweislich des Prospekts (S. 82) war die Komplementärin verpflichtet, Kommanditkapital zu vermitteln. Dafür sollte sie eine Vergütung in Höhe von 7% des Kapitals sowie das Agio (5%) erhalten. Sie war berechtigt, Untervermittlungsaufträge zu vergeben.

Zwischen der B GmbH, die zwischen 1997 und 2003 insgesamt fünf Filmfonds in Form einer GmbH & Co KG initiierte, und der C ...gesellschaft mbH (im Folgenden: C-GmbH) besteht seit 04.06.1997 für ein dort aufgeführtes B...-Programm XI ein "Vertrag über die Vermittlung von Kommanditkapital" (Anlage B 3) gegen eine Provision in Höhe von 20%. Gemäß einem "Vertrag über die Gewährung eines Zuschusses für die B ...-Programme I und II" " vom 10.06.1997 (Anlage K 20/BI. 267 ff. d.A.) soll die C-GmbH zusätzlich zu einer Eigenkapitalvermittlungsgebühr in Höhe von 12% einen Zuschuss in Höhe von 8% des vermittelten Kommanditkapitals für die Produktionsüberwachung, Produktionsauswahl, Konzeption, Werbung und Prospektlegung erhalten. Ein Großteil des Kommanditkapitals für die B V wurde von der C-GmbH eingeworben, die 20% dieses Kapitals erhielt.

Mehrheitsgesellschafter sowohl der C-GmbH als auch der B GmbH ist Herr D.

Im Rahmen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen wurden Unterlagen der A GmbH und deren Geschäftsführer beschlagnahmt, darunter ein Fax an die B GmbH vom 13.01.1999 mit einer "Aktennotiz Betriebsvereinbarung C" vom 12.1.1999 (Anlage B 5), das unter Verwendung des Briefkopfes von E & Partner gesellschaftsrechtliche Würdigungen enthält. Bei E & Partner handelt es sich um einen überregionalen Zusammenschluss von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern, zu deren Sozien die Geschäftsführer der A GmbH gehören.

Die A GmbH unterhielt bei der Beklagten für den Zeitraum 30.6.2002 bis 30.6.2003 eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung (Anlage B 1), der die Versicherungsbedingungen und Risikobeschreibung zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Angehörige der Wirtschaftsprüfenden sowie wirtschafts- und steuerberatenden Berufe und der besonderen Bedingungen für Steuerberater und Steuerbevollmächtigte einerseits und Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer andererseits (AVB-W/St 02, Anlage B 2) zugrunde lag. Danach bot die Beklagte der A GmbH Versicherungsschutz (Deckung) für den Fall, dass diese wegen eines bei der Ausübung beruflicher Tätigkeit - von ihm selbst oder einer Person, für die sie einzutreten hat - begangenen Verstoßes von einem anderen auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts für einen Vermögensschaden verantwortlich gemacht wird (§ 1 I AVB). Gemäß § 4 Ziff. 5 AVB bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf Haftpflichtansprüche wegen Schadenverursachung durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Auftraggebers oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung. Der Versicherungsnehmer behält den Anspruch auf Versicherungsschutz, wenn dieser Ausschlussgrund nicht in seiner Person und auch nicht in der Person seines Sozius vorliegt.

Über das Vermögen der A GmbH wurde am 10.12.2010 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger meldete Schadensersatzansprüche aus Prospektfehlern und der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten zur Insolvenztabelle an und stützte diese darauf, die A GmbH habe ihn pflichtwidrig nicht auf die an die C-GmbH gezahlten Beträge und die personelle Verflechtung dieser Gesellschaft mit der B GmbH durch den gemeinsamen Mehrheitsgesellschafter D hingewiesen. Der Insolvenzverwalter erkannte die Forderung an.

Der Kläger war der Ansicht, die Beklagte sei für den von der A GmbH verursachten Schaden einstandspflichtig und er könne sie hierauf unmittelbar in Anspruch nehmen.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass die Beklagten zu 1) bis 4) verpflichtet sind, der A ...gesellschaft mbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit Sitz in Stadt1, aus dem zwischen ihr und der X ... mbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geschlossenen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungsvertrag (Versicherungsscheinnummer ...) anteilig - die Beklagte zu 1) in Höhe von 39%, die Beklagte zu 2) in Höhe von 32%, die Beklagte zu 3) in Höhe von 22% und die Beklagte in Höhe von 7% - Versicherungsschutz zu gewähren für Schäden der Klagepartei in Zusammenhang mit der Beteiligung an der B Gesellschaft ... mbH & Co. Fünfte ... KG beruhend auf der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten durch die B wegen unrichtiger bzw. unvollständiger Prospektangaben über die wesentliche Einbindung der personell und kapitalmäßig in Person des Herrn D mit der B Gesellschaft ... mbH verflochtenen C ...gesellschaft mbH in das Vorhaben der ... KG.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansprüche des Klägers der A GmbH gegenüber für verjährt gehalten und sich auf einen Leistungsausschluss wegen wissentlicher Verletzung elementarer Berufspflichten berufen.

Mit Urteil vom 28.05.2015, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Feststellungsantrag sei zwar zulässig, insbesondere sei ein Feststellungsinteresse gegeben (§ 256 ZPO). Die Klage sei jedoch unbegründet. Ein Haftungsfall liege schon nicht vor. Verwirklicht hätten sich unternehmerische Risiken, die vom Versicherungsschutz nicht umfasst seien. Mögliche Pflichtverletzungen aus einer Wirtschaftsprüfertätigkeit der A GmbH wären verjährt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen erstinstanzlichen Feststellungsantrag weiter verfolgt.

Der Kläger behauptet, von den der C-GmbH zugeflossenen 20% sei lediglich ein Teil in Höhe von 12% für die Vermittlung des Kommanditkapitals gezahlt worden. Weitere 8% habe sie für Marketing und Werbung erhalten. Der Vertriebsvertrag vom 04.06.1997 habe hierfür nicht gegolten, dass die C-GmbH als werbendes Unternehmen aufgetreten sei, stehe dem nicht entgegen. Zumindest hilfsweise habe der Kläger sich aus dem Vortrag der Beklagten zu eigen gemacht, dass eine Provision in Höhe von 20% gezahlt worden sei.

Die Aktennotiz vom 12.01.1999 habe sich nicht auf den Fonds B V bezogen, sondern auf fiktives, nie umgesetztes Szenario.

Der Kläger ist der Ansicht, die Tätigkeit der A GmbH sei von dem durch die Beklagten gewährten Versicherungsschutz umfasst. Der Risikoausschluss für unternehmerische Tätigkeit greife nicht ein. Die Forderung des Klägers sei auch nicht verjährt.

Die Beklagte hat sich zu der Berufung bislang nicht geäußert.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache jedoch kann sie keinen Erfolg haben. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Weder die vorgebrachten Berufungsgründe noch die gemäß § 529 Abs. 2 Satz 2 ZPO von Amts wegen durchzuführende Prüfung lassen erkennen, dass diese Klageabweisung auf einer Rechtsverletzung beruht oder dem Berufungsverfahren zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 ZPO).

Die Klage ist unbegründet.

1. Dahinstehen kann, inwieweit die vom Landgericht herangezogenen Gründe eine Klageabweisung rechtfertigen. In ständiger Rechtsprechung geht der Senat davon aus, dass Ansprüche aus vergleichbaren Sachverhalten jedenfalls aus den nachstehenden Gründen nicht gegeben sind.

2. Die begehrte Feststellung kann nicht ausgesprochen werden, weil die Beklagte zur Gewährung von Deckungsschutz nicht verpflichtet ist.

a) Die Beklagte ist aus dem zwischen ihr und der A GmbH bestehenden Vertrag über eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung grundsätzlich verpflichtet, Versicherungsschutz (Deckung) für den Fall zu gewähren, dass diese wegen eines bei der Ausübung beruflicher Tätigkeit begangenen Verstoßes von einem anderen auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts für einen Vermögensschaden verantwortlich gemacht wird (§ 1 I AVB).

b) Ein solcher Versicherungsfall liegt vor, weil die A GmbH hat durch ihre beiden Geschäftsführer, Herrn F und Frau G, ihnen obliegende vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt haben, indem sie den Kläger nicht über die tatsächliche Höhe der von der Fondsgesellschaft an die C-GmbH gezahlten Anteile des eingeworbenen Kapitals (20%) und die in der Person des Herrn D bestehende Verflechtung zwischen der Fondskomplementärin und der C-GmbH aufgeklärt haben. Dies hat der Bundesgerichtshof in mehreren, die Filmfonds B I - IV betreffenden Entscheidungen festgestellt (BGH Urt. v. 29.5.2008 - III ZR 59/07; Urt. v. 6.11.2008 - III ZR 290/07; Urt.v. 12.2.2009 - III ZR 90/08; Urt. v. 23.7.2009 - III ZR 323/07). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung auch für den vorliegenden Fall an.

Einer Treuhandkommanditistin, als die die A GmbH vorliegend tätig geworden ist, obliegt die Pflicht, die Interessen der Treugeber wahrzunehmen und sie dabei bereits vor ihrer Beteiligung an der Gesellschaft über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung sind. Dies gilt insbesondere für solche Punkte, mit denen ein Anleger nicht rechnen musste und die für ihn ein besonderes Risiko begründen. Hierzu gehörte vorliegend der Umstand, dass die C-GmbH auf Veranlassung der B GmbH von dem eingeworbenen Kommanditkapital 20% erhielt und dass Herr D an beiden Gesellschaften mehrheitlich beteiligt war. Damit bestand die Gefahr, dass Provisionszahlungen über das im Investitionsplan vorgesehene Höhe hinaus gezahlt werden, dass einer fremden Gesellschaft Sondervorteile gewährt werden, dass Herr D über die Fondskomplementärin sich durch eine Verschiebung von Fondsvermögen an eine andere eigene Gesellschaft bereicherte und dass sich der Wert der Beteilung so minderte. Auch wenn die A GmbH nach Prüfung davon ausgegangen sein sollte, dass der die prospektierte Höhe der Provision übersteigende Teil des an die C-GmbH 20%-Anteils nicht auf der bloßen Kapitalvermittlung, sondern auf anderen Leistungen beruhte, ändert dies an der Pflicht zur Aufklärung der Treugeber nicht, da sich eine solche "Verschiebung" von Weichkosten auf eine personell mit der Komplementärin verflochtene Drittgesellschaft nicht mit den Vorstellungen eines durchschnittlichen Anlegers vereinbaren lässt und deshalb aufklärungspflichtig bleibt.

c) Zu diesem Versicherungsfall ist es auch während der Versicherungsdauer vom 01.07.2002 bis zum 01.07.2003 gekommen, weil beim Unterlassen einer pflichtgemäßen Handlung von einem Verstoß an dem Tag auszugehen ist, an dem die Handlung spätestens hätte vorgenommen werden müssen, um den Eintritt des Schadens abzuwenden (§ 2 III AVB). Bei der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten ist dies spätestens der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, hier der 17.03.2003.

d) Eine Einstandspflicht der Beklagten hierfür besteht indes nicht, weil insoweit der Ausschlusstatbestand § 4 Nr. 5 AVB eingreift. Nach dieser Klausel erstreckt sich der Versicherungsschutz nicht auf Schäden, die durch eine wissentliche Pflichtverletzung verursacht wurden.

Erforderlich dazu ist das bewusste Abweichen einer versicherten Person von einer gesetzlichen oder vereinbarten Pflicht, was sowohl positive Kenntnis von der Pflicht (Pflichtbewusstsein) als auch positive Kenntnis des Abweichens von dieser Pflicht (Pflichtverletzungsbewusstsein) verlangt. Darüber hinaus muss der Pflichtverstoß für den angeblichen Schaden ursächlich sein, ohne dass sich jedoch das Wissen, also der Vorsatz auch auf diesen erstrecken muss. Darlegungs- und beweisbelastet für die Verwirklichung auch der subjektiven Merkmale des Risikoausschlusses ist der beklagte Versicherer.

Die Geschäftsführer der A GmbH, der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. F und die Rechtsanwältin und Wirtschaftsprüferin G, haben wissentlich gegen ihre Pflichten aus dem Treuhandvertrag vom 13.11.2002 verstoßen.

(1) Bedenken an der Wirksamkeit des vertraglich vereinbarten Ausschlusstatbestands § 4 Nr. 5 AVB bestehen nicht. Indem die Haftung des Versicherers nicht erst bei vorsätzlichem, sondern bereits bei wissentlich pflichtwidrigem Verhalten entfällt, wird die gesetzliche Leistungsbefreiung aus § 152 VVG a.F. zwar erweitert, eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers i.S.d. (auf den vorliegenden Fall noch anzuwendenden) § 9 AGBG liegt darin indes nicht.

Auch § 158c VVG a.F. steht der Klausel nicht entgegen. Soweit es dort dem Versicherer verwehrt wird, sich gegenüber einem geschädigten Dritten auf seine Leistungsfreiheit zu berufen, betrifft dies nur die Leistungsfreiheit aufgrund von Obliegenheitsverletzungen. § 4 Nr. 5 AVB stellt indes keine solche Obliegenheit (auch nicht in verhüllter Form) dar, sondern einen echten Risikoausschluss. Die Klausel erfordert keine bestimmte Verhaltensweise des Versicherungsnehmers und knüpft die Leistungsfreiheit an deren willkürliche und schuldhafte Verletzung. Vielmehr bestimmt § 4 Nr. 5 AVB objektiv den Umfang des Versicherungsschutzes, nimmt von Anfang an bestimmte Gefahrumstände vom Versicherungsschutz aus, ohne dass es dabei auf ein schuldhaftes, pflichtwidriges Verhalten des Versicherungsnehmers ankommt.

(2) Eine bindende Feststellung des (Nicht-)Vorliegens der Voraussetzungen des Leistungsausschlusses aus § 4 Nr. 5 AVB in einem vorangegangenen Haftpflichtprozess ist bislang nicht erfolgt. Ein mögliches Anerkenntnis des Insolvenzverwalters bindet den Versicherer insoweit nicht (§ 154 Abs. 1 VVG a.F.).

(3) Die Geschäftsführer der A GmbH, Herr F und Frau G, wussten zum Zeitpunkt des Beitritts des Klägers zur B V, dass die C GmbH auf Veranlassung der B GmbH einen Anteil am beschafften Kommanditkapital in Höhe von 20% und damit deutlich mehr als sie im Prospekt ausgewiesene Kapitalvermittlungsprovision in Höhe von 12% erhielt und dass Herr D an beiden Gesellschaften mehrheitlich beteiligt war.

Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Aktennotiz vom 12.01.1999. In dieser Aktennotiz wird eine rechtliche Beurteilung in tatsächlicher Hinsicht ausdrücklich darauf gestützt, dass Herr D am Kapital der B GmbH zu 60%, am Kapital der der C-GmbH zu 100% beteiligt sei und die C-GmbH für die Einwerbung von Kommanditkapital eine Provision von 20% erhalte, obwohl nach dem Finanzplan hierfür nur eine Provision in Höhe von 7% zuzüglich des Agio (5%) vorgesehen war. Ob diese Zahlung aufgrund des Vertriebsvertrags zwischen der B GmbH und der C-GmbH vom 04.06.1997 erfolgte oder ob Rechtsgrund für die Zahlung des 12% übersteigenden Anteils ein Zuschuss zu den Kosten für Marketing und Werbung waren, spielt insoweit - entgegen der mit der Berufung vertretenen Auffassung - keine Rolle, da - wie oben dargelegt - auch über eine solche Verschiebung von Weichkosten hätte aufgeklärt werden müssen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Prospekt eine solche Verschiebung zuließ, weil zumindest die personelle Verflechtung zwischen Komplementär- und Vertriebsgesellschaft hieraus nicht ersichtlich war.

Der Vermerk wurde als Anlage zum Schreiben vom 13.01.1999 versandt, das von bzw. für beide Geschäftsführer der A GmbH gezeichnet wurde und ihnen deswegen bekannt war.

Zutreffend ist die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung davon ausgegangen, dass der Kläger die Echtheit der Aktennotiz genauso wenig schlicht bestreiten kann, wie den Umstand, dass diese dem unterzeichneten Schreiben vom 13.01.1999 beigefügt war. Denn der Kläger, der als geschädigte Dritter einen Anspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherungsgeber aus dem Versicherungsvertrag geltend macht, nimmt insoweit die Rolle des Versicherungsnehmers ein, mit der Folge, dass er für alle Umstände darlegungs- und beweispflichtig ist, für die der Versicherungsnehmer darlegungs- und beweisbelastet wäre. Dementsprechend muss der Kläger auch bezüglich der Urheberschaft und Echtheit der Aktennotiz substantiiert vortragen, welche andere Aktennotiz mit welchem Inhalt dem Schreiben vom 13.01.1999 beigefügt war. Denn ausweislich des vorgelegten Schreibens vom 13.01.1999 war diesem Schreiben irgendeine Aktennotiz beigefügt. Auch haben die Geschäftsführer der A GmbH vorgerichtlich nicht bestritten, Urheber der Aktennotiz zu. sein, sondern diesbezüglich lediglich inhaltliche Ausführungen gemacht. Von der Urheberschaft ist im Übrigen aufgrund der per Telefax gewechselten handschriftlichen Anmerkungen, deren Änderungen in der Aktennotiz vom 12.01.1999 umgesetzt wurden, auszugehen.

Offen bleiben kann insofern, welchen Fonds die Aktennotiz betraf, weil bei dem hier streitgegenständlichen Fonds ebenso verfahren wurde, wie bei den anderen B-Fonds auch. Unbeachtlich ist auch der Einwand des Klägers, die Aktennotiz beziehe sich auf ein fiktives, praktisch nie umgesetztes hypothetisches Szenario. Dass beide tatsächliche Voraussetzungen, d.h. sowohl die tatsächliche Zahlung in Höhe von 20% als auch die Mehrheitsbeteiligung des Herrn D an der Komplementär- und der Vertriebsgesellschaft, auch bezüglich der Fondsgesellschaft B V real vorlagen, stellt auch der Kläger nicht in Abrede.

(4) Die Geschäftsführer der A GmbH wussten auch, dass sie zum Hinweis verpflichtet waren. Bereits mit Urteil vom 24.05.1982 - II ZR 124/81 - hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es zu den Pflichten eines Treuhandkommanditisten gehört, die Interessen der Treugeber (Anleger) sachverständig wahrzunehmen und alles Erforderliche zu tun, um deren Beteiligung und ihren wirtschaftlichen Wert zu erhalten und zu mehren, und demgemäß alles zu unterlassen, was sie gefährden konnte. Der Treuhänder ist deshalb gehalten, sich die Kenntnis über die rechtlichen und wirtschaftlichen, insbesondere finanziellen, Grundlagen der Gesellschaft zu verschaffen; denn nur dann war er in der Lage, seine Treuhänderpflichten zu erfüllen, vor allem die für die Anlagegesellschafter besonders wichtigen Mitwirkungs-, Kontroll- und Überwachungsrechte auszuüben. Dementsprechend müssen bei einer - mittelbaren - Beteiligung an einer Publikums-Kommanditgesellschaft auch vorvertragliche Aufklärungspflichten der Treuhandkommanditistin gegenüber den (künftigen) Treugebern dahin angenommen werden, diese über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung sind. Die Beitrittsinteressenten, die auf dem freien Kapitalmarkt geworben werden, können erwarten, vor Abschluss des Treuhandvertrages über Tatsachen, die für die Beurteilung des von Anfang an in der Hand der Treuhänderin entstehenden Treugutes wesentlich sind, unterrichtet zu werden. Sieht sich die Treuhandkommanditistin dazu nicht in der Lage oder sieht sie dies als unzumutbar an, so muss sie die Übernahme der Treuhänderstellung ablehnen oder aber die Beitrittsinteressenten dahin unterrichten, dass die an sich gebotene Prüfung des Treugutes nicht erfolgt ist.

Dem steht die vom Kläger herangezogene Entscheidung des BGH vom 08.04.2013 nicht entgegen. Soweit darin die Rede davon ist, der BGH habe bislang noch nicht entschieden, ob sich eine Prospektverantwortlichkeit allein aus der Stellung als Gründungs- und Treuhandkommanditistin ergebe, betrifft dies nicht die längst entschiedene Frage nach der Aufklärungspflicht.

Auch die Verpflichtung zur vorvertraglichen Aufklärung über anlagerelevante personelle Verflechtungen war zum Zeitpunkt des Beitritts des Klägers durch die Urteile des BGH vom 14.01.1985 - II ZR 41/84 -, vom 04.03.1987 - IVa ZR 122/85 - und vom 10.10.1994 - II ZR 95/93 - längst höchstrichterlich gefestigt.

Dass die Geschäftsführer diese zu den elementaren Berufspflichten eines Wirtschaftsprüfers gehörende Rechtsprechung kannte, muss unterstellt werden.

(5) Herr F und Frau G haben diese Pflicht wissentlich verletzt. Auch dies folgt aus der Aktennotiz vom 12.01.1999. Dort heißt es ausdrücklich, dass es sich um eine nicht prospektmäßige Provision handele. Den Geschäftsführern war damit klar, dass die Kosten nicht entsprechend des Prospekts verteilt wurden. Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die Zahlung eines Anteils von 20% an die C-GmbH die Gefahr birgt, dass Zweifel hinsichtlich der Werthaltigkeit der prospektierten Leistung der B GmbH betreffend die Absicherung der Produktionskosten, Konzeption und Marketing aufkommen könnten, die nicht nur aus steuerlichen Gründen vermieden werden sollten. Gerade die Werthaltigkeit der Leistungen der Projektbeteiligung ist jedoch für die zu werbenden Anleger maßgebliches Kriterium für ihre Anlageentscheidung. Die Geschäftsführer der A GmbH wollte damit ersichtlich vermeiden, dass Anlageinteressenten der tatsächliche Kapitalfluss nach Möglichkeit nicht offen gelegt werden sollte, um mögliche Bedenken gegen die Fondsbeteiligung erst gar nicht aufkommen zu lassen. Es liegt daher auf der Hand, dass die A GmbH das Bewusstsein hatte, gegenüber den Anlegern pflichtwidrig zu handeln, wenn sie diese nicht über die Verschiebung der Zuwendungen aufklären würde. Stattdessen zeigten die Geschäftsführer der A GmbH in der Aktennotiz vom 12.01.1999 einen Weg auf, die zusätzliche Provision zu verschleiern. Zudem ergibt sich aus der Aktennotiz auch die Kenntnis hinsichtlich der personellen Verflechtung in der Person des Herrn D, wenn dort ausgeführt wird: "Herr D ist zu 60 % am Kapital der B GmbH und zu 10 % am Kapital der C1 GmbH beteiligt."

Die Geschäftsführer haben damit die ihnen bekannte Aufklärungspflicht mit Wissen und Wollen des daraus resultierenden Informationsdefizits der Anleger nicht erfüllt.

Soweit der Kläger dies mit den Argumenten aus dem Urteil des Landgerichts Stadt1 vom 08.11.2012 - .../11 und der Beschlüsse des Oberlandesgerichts Stadt1 vom 27.2. und 26.8.2013 - .../12 in Abrede stellt, greifen diese nicht durch. Die genannten Entscheidungen beschäftigen sich ausschließlich mit der Frage, ob ein deliktischer Vorsatz, ggf. zudem sogar in Form des sittenwidrigen Verhaltens, vorliegt. Der Vorsatz i.S.d. §§ 823 ff. BGB mag in vielen Teilaspekten mit der Wissentlichkeit i.S.d. § 4 Nr. 5 AVB sein, identisch mit ihr ist er nicht.

(6) Die Pflichtverletzung der Geschäftsführer war kausal für den dem Kläger entstandenen Schaden. Dass dieser die Fondsbeteiligung nicht erworben hätte, wenn ihm die tatsächlichen Zahlungen an die C-GmbH und deren personelle Verflechtung mit der Komplementär GmbH bekannt gewesen wäre, wird tatsächlich vermutet. Anhaltspunkte, die diese Vermutung vorliegend widerlegen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

III.

Der beabsichtigten Zurückweisung der Berufung steht § 522 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 ZPO nicht entgegen. Die vorstehend dargelegte Rechtsauffassung verstößt nicht gegen diejenige, die das Oberlandesgericht Stadt1 in seinen Beschlüssen vom 27.02. und 26.08.2013 - .../12 vertreten hat. Soweit das OLG Stadt1 das Verhalten der Verantwortlichen der A GmbH als nicht vorsätzlich und sittenwidrig angesehen hat, handelt es sich um eine reine Tat- und nicht um eine Rechtsfrage, so dass schon keine die Revision rechtfertigende Divergenz vorliegt. Hinzu kommt, dass es vorliegend nicht um die Beurteilung der Voraussetzungen eines deliktischen Schadensersatzanspruchs, sondern um die einer vertraglichen Versicherungsbedingung handelt. "Vorsatz" i.S.d. § 276 BGB und "Wissentlichkeit" i.S.d. § 4 Nr. 5 der AVB haben gemeinsame Elemente, sind aber nicht identisch.

IV.

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen. Er wird darauf hingewiesen, dass durch eine Rücknahme des Rechtsmittels vor Erlass des angekündigten Zurückweisungsbeschlusses zwei Gerichtsgebühren erspart werden können (Nr. 1220, 1222 KV).