ArbG Frankfurt am Main, Beschluss vom 23.09.2015 - 23 BVGa 656/15
Fundstelle
openJur 2019, 37046
  • Rkr:

1.Ein Betriebsrat kann zur Sicherung seines Verhandlungsanspruchs die vorläufige Unterlassung der Durchführung einer Betriebsänderung (hier: Verlegung des Betriebs) verlangen, solange das Unterrichtungs- und Beteiligungsverfahren gemäß den §§ 111, 112 BetrVG noch nicht vollständig abgeschlossen ist.

2.

Der Unterlassungsanspruch ist zeitlich zu beschränken, konkret auf den Zeitraum, in dem die Verhandlungen der Betriebsparteien üblicherweise und mit der gebotenen Eile abgeschossen werden können (hier: zwei Monte).

Tenor

Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, es zu unterlassen, bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich wegen der geplanten Betriebsverlegung von der xxxx1 in die xxxx2 in Frankfurt, der Verlegung von Arbeitsplätzen von Arbeitnehmern der Beteiligten zu 2) in die Niederlassung Frankfurt-A in der xxxx3 sowie der Einführung des sog. Open-Space-Konzepts, längstens jedoch bis zum 23. November 2015, Arbeitnehmer der Zentrale in den Büroräumen in der 3. und 4. Etage der xxxx2 in xxxx4 Frankfurt am Main sowie in der Niederlassung Frankfurt-A xxxx3 in xxxx4 Frankfurt am Main zu beschäftigen.Der Beteiligten zu 2) wird für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziff. 1) ein Ordnungsgeld von bis zu 10.000,00 EUR (in Worten: Zehntausend und 0/100 Euro) angedroht.Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über den Anspruch des antragstellenden Betriebsrats auf Unterlassung der Beschäftigung von Arbeitnehmern in zwei anderen Gebäuden vor dem Abschluss von Verhandlungen über einen Interessenausgleich.

Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin ist einer der führenden Gesundheitsdienstleister für Apotheken und pharmazeutische Hersteller. Sie hat allein in Deutschland 25 Niederlassungen. Die Zentralverwaltung ist in der xxxx1 in Frankfurt am Main. Dort werden derzeit circa 210 Arbeitnehmer beschäftigt. Der zu 1) beteiligte Betriebsrat besteht aus neun Mitgliedern. Zudem befindet sich in der xxxx3 in Frankfurt-A ein weiterer Betrieb. Dort sind circa 150 Arbeitnehmer beschäftigt, ein eigener Betriebsrat ist gewählt.

Die Arbeitgeberin war zunächst Eigentümerin der Liegenschaft xxxx1, welche sie jedoch im April 2015 verkaufte. Eine Übergabe des Gebäudes soll am 31. Januar 2016 erfolgen. Unter dem 22. Juni 2015 übersandte der Vorstand und Arbeitsdirektor der Arbeitgeberin, Herr A, den Entwurf eines Interessenausgleichs zur geplanten Standortverlegung (Anlage BR3 Bl. 32 - 43 d. A.). Unter dem 6. Juli 2015 schloss die Arbeitgeberin einen Mietvertrag für die 3. und 4. Etage des Bürokomplexes in der xxxx2 ab. Am 9. Juli 2015 forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin auf, alle auf eine Standortverlagerung gerichteten Maßnahmen zu unterlassen. Seitdem fanden zwischen den Betriebsparteien zahlreiche Gespräche zu verschiedenen mitbestimmten Themen wie beispielsweise Gesundheitsschutz, Zugangskontrolle, Kantinennutzung, auch unter Hinzuziehung externer Sachkundiger, statt. In einer Besprechung am 4. September 2015 überreichte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat die Raumplanung für die xxxx3, in die 21 Arbeitnehmer der Arbeitgeberin und fünf Arbeitnehmer von deren Tochtergesellschaft A umziehen sollen (Anlage BR15 Bl. 85 - 87 d. A.). Am 8. September 2015 überließ Herr A dem Betriebsrat den letzten Stand der Planung für die Büros in der xxxx2 (Anlage BR16 Bl. 88 - 89 d. A.). Dieser sah ein Open-Space-Konzept mit zwei Büros zu 25 Arbeitnehmern, zwei mit 23, eines mit 21 bzw. 13 Arbeitnehmern und drei mit je acht sowie eines mit sieben Arbeitnehmern vor. Beabsichtigt ist auch eine so genannte "Clean Desk Policy", nach der beispielsweise am Arbeitsplatz nicht gegessen oder keine Pflanzen mitgebracht werden dürfen. Bisher waren die Arbeitnehmer in einer-, zweier-, dreier- und maximal vierer-Büros in der xxxx1 beschäftigt worden. Seit dem Umzug innerhalb des Gebäudes in dessen Westflügel im August 2014 gab es auch zwei Gruppenbüros, welche mit je acht bis zwölf Arbeitnehmern belegt waren. Mit Schreiben vom 9. September 2015 forderte der Betriebsrat erneut Unterlassung des Umzugs, solange nicht ein Interessenausgleich abgeschlossen bzw. in der Einigungsstelle der Versuch hierzu unternommen worden sei (Anlage BR17 Bl. 90 - 92 d. A.). Hierauf ließ die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 10. September 2015 mitteilen, dass der Umzug nach derzeitigem Stand der Umbaumaßnahmen wohl Ende Oktober 2015 stattfinden werde (Anlage BR18 Bl. 93 - 95 d. A.).

Mit seinem am 18. September 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag begehrte der Betriebsrat letztlich die Unterlassung des Auszugs aus den bisherigen Räumlichkeiten in der xxxx1. Er meint, im Umzug liege eine Verlegung bzw. Spaltung des Betriebes, welche erhebliche Nachteile für die Belegschaft befürchten lasse. In der Einführung des Open-Space-Konzepts liege eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation und der Betriebsanlagen bzw. die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden. Allein die Reduzierung der genutzten Fläche im Januar 2014 von 6.389 m2 auf circa 3.100 m2 sei erheblich.

Der zu 1) beteiligte Betriebsrat hat zuletzt unter Antragsrücknahme im Übrigen beantragt,

der Beteiligten zu 2) aufzugeben, es zu unterlassen, bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich wegen der geplanten Betriebsverlegung von der xxxx1 in die xxxx2 in Frankfurt der Verlegung von Arbeitsplätzen von Arbeitnehmern der Arbeitgeberin in die Niederlassung Frankfurt-A in der xxxx3 sowie der Einführung des sogenannten Open-Space-KonzeptsArbeitnehmer der Zentrale der Arbeitgeberin in den Büroräumen in der 3. und 4. Etage der xxxx2 in xxxx4 Frankfurt am Main sowie in der Niederlassung Frankfurt-A xxxx3 in xxxx4 Frankfurt am Main zu beschäftigen undArbeitnehmer der Arbeitgeberin der Zentrale in den Büroräumen in der 3. und 4. Etagen der xxxx2 in xxxx4 Frankfurt am Main sowie in der Niederlassung Frankfurt-A xxxx3 in xxxx4 Frankfurt am Main in Gruppenräumen mit mehr als vier Arbeitsplätzen pro Büroraum zu beschäftigen;hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1) der Beteiligten zu 2) aufzugeben, es zu unterlassen, den Arbeitnehmern der Arbeitgeberin Arbeitsplätze in den Büroräumen der xxxx2 in xxxx4 Frankfurt am Main und der Niederlassung in der xxxx3 in xxxx4 Frankfurt am Main mit weniger Fläche als 12 m² pro Arbeitsplatz anzubieten, es sei denn, der Betriebsrat hat zuvor zugestimmt bzw. die fehlende Zustimmung des Betriebsrats wurde durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt;hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag 2) der Beteiligten zu 2) aufzugeben, es zu unterlassen, den Arbeitnehmern der Arbeitgeberin Verhaltensregeln zum Open-Space-Konzept mit Gruppenräumen bis zu 25 Arbeitnehmer anzuordnen oder zu dulden oder Arbeitsleistung von Arbeitnehmern anzunehmen, die aufgrund eines Open-Space-Konzepts erbracht werden, es sei denn, der Betriebsrat hat zuvor zugestimmt bzw. die fehlende Zustimmung des Betriebsrats wurde durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt;der Beteiligten zu 2) für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen aus den Ziffern 1) ggf. bis 3) ein Ordnungsgeld von bis zu € 10.000,00 anzudrohen.Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie meint, es liege keine Betriebsänderung vor. Der Umzug innerhalb der Stadt Frankfurt, erst recht aber nicht innerhalb derselben Straße stelle keine Betriebsänderung dar. Nachteile für die Belegschaft seien nicht ersichtlich. Der Arbeitsplatz für den einzelnen Arbeitnehmer verringere sich nur minimal, nämlich von 15,4 m2 im Westflügel der xxxx1 auf 14,9 m2 in der xxxx2. Abzustellen sei auf die Größe, die zuletzt im Westflügel genutzt worden sei, jedenfalls aber nur auf die den Arbeitnehmern zugewiesenen Räumlichkeiten. Bei den 21 Arbeitnehmern, die nach A umziehen sollen, handele es sich nicht um einen wesentlichen Betriebsteil und auch nicht um eine Einheit. Interessenausgleichsverhandlungen seien nicht in ausreichendem Maße versucht worden.Wegen des weiteren Vortrages der Beteiligten, ihrer Glaubhaftmachungen und Rechtsausführungen sei auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 23. September 2015 Bezug genommen, §§ 84 Satz 3, § 60 ArbGG, § 313 Abs. 2 S. 2 ZPO.

II.Der Antrag zu 1) ist hinsichtlich seines zweiten Teils unzulässig, im Übrigen jedoch in zeitlich beschränktem Umfang begründet. Die übrigen Anträge sind nicht rechtshängig geworden und bedurften daher keiner Entscheidung.A. Der im zweiten Spiegelstrich genannte Teil des Antrags zu 1) ist wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig, § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. Sein Gegenstand wird bereits von dem des ersten Spiegelstrichs des Antrags zu 1) vollständig erfasst (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation: Hessisches Landesarbeitsgericht 27. Juni 2007 - 4 TaBV 137/07 - Rn. 19, juris). Soweit zunächst überhaupt keine Beschäftigung in neuen Räumen zulässig ist, ist diese es erst recht nicht in Büros mit mehr als vier Arbeitnehmern.B. Der zulässige Teil des Antrags zu 1) ist auch überwiegend begründet. Der Betriebsrat kann von der Arbeitgeberin zur Sicherung seines Verhandlungsanspruchs Unterlassung der Beschäftigung der bei der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer in den beiden neuen Räumlichkeiten verlangen, längstens jedoch bis zum 23. November 2015. Der erforderliche Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund liegen insoweit vor, §§ 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG, §§ 935, 940 ZPO.I. Nach der ständigen Rechtsprechung des Hessischen Landesarbeitsgerichts, der sich die erkennende Kammer anschließt, kann ein Betriebsrat vom Arbeitgeber die Unterlassung der Durchführung einer Betriebsänderung verlangen, solange das Unterrichtungs- und Beteiligungsverfahren gemäß den §§ 111, 112 BetrVG nicht vollständig abgeschlossen ist. Dieser Anspruch dient der Sicherung des Verhandlungsanspruchs des Betriebsrats. Mit ihm soll verhindert werden, dass der Arbeitgeber diesen durch die Schaffung vollendeter Tatsachen zu Nichte machen kann (zuletzt Hessisches Landesarbeitsgericht 19. Januar 2010 - 4 TaBVGa 3/10 - Rn. 15, NZA-RR 2010, 187; 27 [ArbG Ulm 12.08.2009 - 4 BV 5/09]. Juni 2007 - 4 TaBV 137/07 - Rn. 31, AuR 2008, 267 [VG Berlin 07.03.2008 - VG 4 A 439.07] jeweils mit weiteren Nachweisen).II. Die von der Arbeitgeberin geplante Maßnahme ist mitbestimmungspflichtig nach § 111 BetrVG. Danach hat der Unternehmer mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und über die geplanten Betriebsänderungen zu beraten.1. Bereits das Regelbeispiel einer Betriebsänderung aus § 111 Satz 3 Nr. 2 BetrVG ist erfüllt. Damit kann offen bleiben, ob in der von der Arbeitgeberin geplanten Maßnahme gleichzeitig eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 Satz 3 Nr. 3, 4 und/oder 5 BetrVG liegt.a) Nach § 111 Satz 3 Nr. 2 BetrVG gilt als Betriebsänderung in diesem Sinne unter anderem auch die Verlegung des ganzen Betriebs. Die Rechtsprechung und die herrschende Literatur verstehen unter "Verlegung" iSv. § 111 Satz 3 Nr. 2 BetrVG jede nicht nur geringfügige Veränderung der örtlichen Lage des Betriebs oder Betriebsteils (BAG 17. August 1982 - 1 ABR 40/80 - Rn. 15, BAGE 40, 36; Fitting, BetrVG, 26. Aufl. 2014, § 111 Rn. 81; Richardi/Annuß, BetrVG, 13. Aufl. 2012, § 111 Rn. 92). Ausgenommen sein sollen nur geringfügige Veränderungen des Standorts, etwa der Wechsel der Straßenseite, der Umzug im Haus oder aber die Verlegung in ein in der Nähe gelegenes Haus (BAG 17. August 1982 - 1 ABR 40/80 - aaO).aa) Der 1. Senat hat für die Frage der Geringfügigkeit stets allein auf die räumliche Nähe abgestellt. Nicht entschieden ist allerdings der Fall, dass die (möglicherweise geringfügige) räumliche Veränderung zwingend auch zu sonstigen erheblichen Veränderungen für die Arbeitnehmer führt, etwa bezüglich des Arbeitsplatzes und des Arbeitsbereichs.bb) Die Auslegung des Regelbeispiels in § 111 Satz 3 Nr. 2 BetrVG nach Sinn und Zweck gebietet jedoch, dass auch dieser Fall als Betriebsänderung gilt. Zweck der Betriebsratsbeteiligung ist ein Ausgleich der Interessen des Unternehmens mit den Interessen der von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer (Richardi/Annuß, BetrVG, 14. Aufl. 2014, § 111 Rn. 15). Unterschiedliche Interessen sind dann zum Ausgleich zu bringen, wenn eine Betriebsänderung vorliegt, die überhaupt zu unterschiedlichen Auffassungen und Interessen bzw. im nächsten Schritt ggf. zu erheblichen Nachteilen für die Belegschaft führen kann. Entscheidend ist damit allein die Erheblichkeit der Änderung, die zwar in der räumlichen, in Kilometern messbaren Entfernung liegen kann, aber eben nicht muss. Vielmehr sind auch andere Kriterien denkbar, die eine Verlegung des Betriebes trotz räumlicher Nähe als Betriebsänderung im Sinne von § 111 Satz 3 Nr. 2 BetrVG gelten lassen müssen, etwa die Änderung des gesamten Arbeitsumfelds bzw. Arbeitsbereichs (vgl. insoweit BAG 27. Juni 2006 - 1 ABR 35/05 - Rn. 15, BAGE 118, 314).cc) Zu diesem Ergebnis kommt auch die systematische Auslegung. Alle anderen Regelbeispiele, die als Betriebsänderung gelten, sind so konzipiert, dass sie regelmäßig wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, so etwa auch die grundlegende Änderung der Betriebsorganisation in § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG oder die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden in Nr. 5. Dies ist auch bei einer erheblichen Änderung des Arbeitsumfeldes und des Arbeitsplatzes der Fall, die nicht allein in der räumlichen Veränderung liegt.b) Im vorliegenden Fall ist der Umzug der 21 Arbeitnehmer nach A bereits allein wegen der räumlichen Entfernung und der geänderten Verkehrsanbindung in einer Großstadt wie Frankfurt nicht geringfügig. Jedoch auch der Umzug der anderen Arbeitnehmer von der xxxx1 in das nur etwa 400m weiter entfernt gelegene Gebäude xxxx2 stellt eine Verlegung im Sinne von § 111 Satz 3 Nr. 2 BetrVG dar. Nach dem unstreitigen Vortrag der beiden Betriebsparteien ist mit dem Umzug zwingend - jedenfalls nach dem Planungsstatus von Anfang September 2015 - die Umstellung von kleineren Büros auf Großraumbüros mit Open-Space-Konzept verbunden. Selbst wenn die Tische, PC's und die Zuordnung der Mitarbeiter zu ihren Vorgesetzten hierdurch nicht verändert wird, ist dies dennoch eine nicht geringfügige Veränderung des Arbeitsplatzes und Arbeitsumfeldes für den einzelnen Mitarbeiter.c) Da der gesamte Betrieb aus der xxxx1 wegverlegt werden soll, kommt es auch nicht darauf an, ob die Anzahl der Arbeitnehmer, die in die Niederlassung nach A umziehen sollen, die Schwellenwerte des § 17 KSchG erreicht (vgl. abstrakt zur Anwendung der Staffelung des § 17 KSchG in diesem Zusammenhang: Richardi/Annuß, BetrVG, 13. Aufl. 2012, § 111 Rn. 93, 73 mwN).2. Ob der geplante Umzug in die beiden anderen Gebäude tatsächlich wesentliche Nachteile für die Belegschaft zur Folge haben kann, ist nicht mehr gesondert zu prüfen. Vielmehr wird dieser Umstand bei allen in § 111 Satz 3 BetrVG genannten Beispielen der Betriebsänderung fingiert (BAG 17. August 1982 - 1 ABR 40/80 - Rn. 17, BAGE 40, 36; Fitting, BetrVG, 26. Aufl. 2014, § 111 Rn. 42). Ein Anspruch besteht selbst dann, wenn die konkrete Betriebsänderung keine wesentlichen Nachteile für die Belegschaft erwarten lässt (Fitting, BetrVG, 26. Aufl. 2014, § 111 aaO). Ob dies der Fall ist, braucht hier nicht entschieden zu werden, sondern bleibt der Einschätzung der Betriebsparteien bei den Verhandlungen nach den §§ 111 ff. BetrVG überlassen.III. Auch der erforderliche Verfügungsgrund ist gegeben, da ohne den Erlass einer einstweiligen Verfügung die Ausübung eines Beteiligungsrechts des Betriebsrats vereitelt oder wesentlich erschwert könnte. Ein Eilgrund ergibt sich daraus, dass für den Betriebsrat Rechtsschutz im Erkenntnisverfahren bis Mitte/Ende Oktober 2015 nicht zu erlangen wäre. Dem Betriebsrat ist auch nicht vorzuwerfen, dass er verfrüht Rechtsschutz begehrt hätte, da die Arbeitgeberin bereits Umbaumaßnahmen betreibt, die auf die Durchführung ihres Raumkonzepts ausgerichtet sind. Der Unterlassungsanspruch ist allerdings auf einen Zeitraum von zwei Monaten, mithin bis zum 23. September 2015, zu beschränken.1. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nur soweit geboten, wie der Betriebsrat nicht durch eine konstruktive Beteiligung am Verfahren die Wahrung seiner Rechte nach den §§ 111 ff. BetrVG selbst gewährleisten kann. Durch die einstweilige Verfügung muss die Betriebsänderung daher nur so lange aufgeschoben werden, wie die Verhandlungen der Betriebsparteien nicht zügig abgeschlossen werden können. Maßgeblich für die Bemessung des Zeitraums ist der Stand und der bisherige Verlauf der Verhandlungen der Betriebsparteien, das bisherige Verhalten des Betriebsrats und die Dringlichkeit der Maßnahme für den Arbeitgeber (vgl. hierzu insgesamt ausführlich: Hessisches Landesarbeitsgericht 27. Juni 2007 - 4 TaBV 137/07 - Rn. 37, AuR 2008, 267 [VG Berlin 07.03.2008 - VG 4 A 439.07]).2. Bereits seit August 2015 fanden zahlreiche Gespräche zwischen den Betriebsparteien zu der geplanten Standortverlagerung statt. Der Stand der aktuellen Umzugs- und Raumplanung liegt dem Betriebsrat spätestens seit Anfang September 2015 vor. Da bereits Verhandlungen, wenngleich zu unterschiedlichen Aspekten der Mitbestimmung im Rahmen der Standortverlagerung, stattgefunden haben, erscheint ein Zeitraum von zwei Monaten angemessen. In diesem Zeitraum dürfte es bei konstruktiver Verhandlungsführung möglich sein, in der Einigungsstelle einen Interessenausgleich zur geplanten Standortverlagerung abzuschließen bzw. zu versuchen. Die Beteiligten haben am Rande zumindest auch über den Interessenausgleich verhandelt, welche nicht zu einem Ergebnis führten. Damit dürfte die Arbeitgeberin zur Anrufung der Einigungsstelle berechtigt sein. Für eine noch längere Frist ist kein Raum. Auf der anderen Seite sind nämlich die möglichen Kostenfolgen zu berücksichtigen, die der Arbeitgeberin im Falle einer noch längeren Verschiebung des Umzugszeitpunkts entstehen können.C. Die innerprozessuale Bedingung des Unterliegens mit dem Antrag zu 1) bzw. 2) ist nicht eingetreten. Denn trotz der Teilabweisung als unzulässig hat der Betriebsrat letztlich in vollem Umfang das erhalten, was die Absicht seines Antrags war. Daher sind die Anträge zu 2) und 3) nicht rechtshängig geworden.D. Da der Antrag zu 1) begründet ist, kann die Arbeitgeberin insoweit Androhung eines Ordnungsgeldes verlangen, § 890 ZPO. Angesichts der Anzahl der betroffenen Mitarbeiter erscheint die Summe des Ordnungsgeldes angemessen.E. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, § 2 Abs. 2 GKG.

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