ArbG Köln, Urteil vom 14.06.2019 - 18 Ca 8579/18
Fundstelle
openJur 2019, 34347
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 10 Sa 385/19

Der nach § 6 Abs. 5 ArbZG geschuldete Nachtzuschlag für Zeitungszusteller ist nicht deshalb zu reduzieren, weil die Zustellung zwingend nachts zu erfolgen hat.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerschaft 2.123,12 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus einem Betrag in Höhe von 41,31 € brutto seit dem 05.02.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 48,82 € brutto seit dem 05.03.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 13,72 € brutto seit dem 05.04.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 31,72 € brutto seit dem 05.05.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 39,00 € brutto seit dem 05.06.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 39,75 € brutto seit dem 05.07.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 48,68 € brutto seit dem 05.08.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 41,98 € brutto seit dem 05.10.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 62,03 € brutto seit dem 05.11.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 39,23 € brutto seit dem 05.12.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 39,37 € brutto seit dem 05.01.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 55,42 € brutto seit dem 05.02.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 26,07 € brutto seit dem 05.03.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 55,58 € brutto seit dem 05.04.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 70,63 € brutto seit dem 05.05.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 49,48 € brutto seit dem 05.06.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 119,97 € brutto seit dem 05.07.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 93,80 € brutto seit dem 05.08.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 101,06 € brutto seit dem 05.09.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 10,65 € brutto seit dem 05.10.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 14,11 € brutto seit dem 05.11.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 77,76 € brutto seit dem 05.12.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 101,30 € brutto seit dem 05.01.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 90,00 € brutto seit dem 05.02.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 44,20 € brutto seit dem 05.03.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 74,58 € brutto seit dem 05.04.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 63,53 € brutto seit dem 05.05.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 58,01 € brutto seit dem 05.06.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 55,25 € brutto seit dem 05.07.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 69,06 € brutto seit dem 05.08.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 74,58 € brutto seit dem 05.09.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 22,10 € brutto seit dem 05.10.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 8,29 € brutto seit dem 05.11.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 66,30 € brutto seit dem 05.12.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 22,93 € brutto seit dem 05.06.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 55,57 € brutto seit dem 05.07.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 68,80 € brutto seit dem 05.08.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 78,51 € brutto seit dem 05.09.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 18,52 € brutto seit dem 05.10.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 55,57 € brutto seit dem 05.11.2018,

zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerschaft 922,96 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus einem Betrag in Höhe von 10,10 € brutto seit dem 05.02.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 5,58 € brutto seit dem 05.03.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 36,17 € brutto seit dem 05.04.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 14,69 € brutto seit dem 05.05.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 10,22 € brutto seit dem 05.06.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 13,31 € brutto seit dem 05.07.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 8,90 € brutto seit dem 05.08.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 44,29 € brutto seit dem 05.09.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 9,89 € brutto seit dem 05.10.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 24,48 € brutto seit dem 05.01.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 13,63 € brutto seit dem 05.03.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 11,92 € brutto seit dem 05.04.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 10,45 € brutto seit dem 05.05.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 11,54 € brutto seit dem 05.06.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 6,44 € brutto seit dem 05.07.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 28,61 € brutto seit dem 05.10.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 30,74 € brutto seit dem 05.11.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 7,13 € brutto seit dem 05.12.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 2,26 € brutto seit dem 05.01.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 10,79 € brutto seit dem 05.03.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 5,31 € brutto seit dem 05.05.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 15,26 € brutto seit dem 05.06.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 13,87 € brutto seit dem 05.07.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 2,73 € brutto seit dem 05.08.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 49,21 € brutto seit dem 05.10.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 64,93 € brutto seit dem 05.11.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 65,88 € brutto seit dem 05.12.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 5,12 € brutto seit dem 05.01.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 68,94 € brutto seit dem 05.04.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 63,28 € brutto seit dem 05.03.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 68,84 € brutto seit dem 05.04.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 61,86 € brutto seit dem 05.05.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 45,95 € brutto seit dem 05.06.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 12,76 € brutto seit dem 05.07.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 49,29 € brutto seit dem 05.10.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 16,95 € brutto seit dem 05.11.2018,

zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 90 % und die Klägerin zu 10 %.

4. Der Streitwert beträgt 3.046,08 Euro.

5. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe des von der Klägerin zu beanspruchenden Nachtzuschlags für Nachtarbeit im Zeitraum Januar 2015 bis Oktober 2018.

Die Beklagte ist ein Zeitungszustellbetrieb und beschäftigt rund 1050 Zusteller, darunter die Klägerin. Deren tägliche Arbeitszeit umfasst den Zeitraum von drei bis fünf Uhr morgens (vgl. § 5 des Arbeitsvertrags). Nach § 19 des Arbeitsvertrags müssen Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis innerhalb eines Monats nach Zugang der letzten Lohnabrechnung geltend gemacht werden; anderenfalls sind sie verwirkt. Im Zeitraum Januar 2015 bis Oktober 2018 zahlte die Beklagte der Klägerin die auf Seiten 5 bis 7 der Klageschrift aufgeführten Vergütungen und 20 %-tigen Nachtzuschläge. Freistellungen aufgrund der Nachtarbeit wurden nicht gewährt.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin weitere Nachtzuschläge geltend in Höhe der Differenz der gezahlten Nachtzuschläge einem jeweils 30-prozentigen Nachtzuschlag und beruft sich hierfür auf § 6 Abs. 5 ArbZG und das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19.12.2015 (Az. 10 AZR 423/14). Die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist sei wegen Verstoßes gegen §§ 307 ff. BGB unwirksam. Ferner habe die Beklagte in einer Betriebsvereinbarung vom 29.03.2016 auf die Einhaltung der Ausschlussfristen verzichtet.

Die Klägerin beantragt - nach teilweiser Klagerücknahme - zuletzt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerschaft 2.123,12 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus einem Betrag in Höhe von 41,31 € brutto seit dem 05.02.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 48,82 € brutto seit dem 05.03.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 13,72 € brutto seit dem 05.04.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 31,72 € brutto seit dem 05.05.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 39,00 € brutto seit dem 05.06.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 39,75 € brutto seit dem 05.07.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 48,68 € brutto seit dem 05.08.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 41,98 € brutto seit dem 05.10.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 62,03 € brutto seit dem 05.11.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 39,23 € brutto seit dem 05.12.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 39,37 € brutto seit dem 05.01.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 55,42 € brutto seit dem 05.02.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 26,07 € brutto seit dem 05.03.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 55,58 € brutto seit dem 05.04.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 70,63 € brutto seit dem 05.05.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 49,48 € brutto seit dem 05.06.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 119,97 € brutto seit dem 05.07.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 93,80 € brutto seit dem 05.08.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 101,06 € brutto seit dem 05.09.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 10,65 € brutto seit dem 05.10.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 14,11 € brutto seit dem 05.11.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 77,76 € brutto seit dem 05.12.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 101,30 € brutto seit dem 05.01.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 90,00 € brutto seit dem 05.02.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 44,20 € brutto seit dem 05.03.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 74,58 € brutto seit dem 05.04.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 63,53 € brutto seit dem 05.05.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 58,01 € brutto seit dem 05.06.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 55,25 € brutto seit dem 05.07.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 69,06 € brutto seit dem 05.08.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 74,58 € brutto seit dem 05.09.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 22,10 € brutto seit dem 05.10.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 8,29 € brutto seit dem 05.11.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 66,30 € brutto seit dem 05.12.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 22,93 € brutto seit dem 05.06.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 55,57 € brutto seit dem 05.07.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 68,80 € brutto seit dem 05.08.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 78,51 € brutto seit dem 05.09.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 18,52 € brutto seit dem 05.10.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 55,57 € brutto seit dem 05.11.2018,

zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerschaft 922,96 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus einem Betrag in Höhe von 10,10 € brutto seit dem 05.02.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 5,58 € brutto seit dem 05.03.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 36,17 € brutto seit dem 05.04.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 14,69 € brutto seit dem 05.05.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 10,22 € brutto seit dem 05.06.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 13,31 € brutto seit dem 05.07.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 8,90 € brutto seit dem 05.08.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 44,29 € brutto seit dem 05.09.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 9,89 € brutto seit dem 05.10.2015,

aus einem Betrag in Höhe von 24,48 € brutto seit dem 05.01.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 13,63 € brutto seit dem 05.03.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 11,92 € brutto seit dem 05.04.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 10,45 € brutto seit dem 05.05.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 11,54 € brutto seit dem 05.06.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 6,44 € brutto seit dem 05.07.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 28,61 € brutto seit dem 05.10.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 30,74 € brutto seit dem 05.11.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 7,13 € brutto seit dem 05.12.2016,

aus einem Betrag in Höhe von 2,26 € brutto seit dem 05.01.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 10,79 € brutto seit dem 05.03.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 5,31 € brutto seit dem 05.05.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 15,26 € brutto seit dem 05.06.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 13,87 € brutto seit dem 05.07.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 2,73 € brutto seit dem 05.08.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 49,21 € brutto seit dem 05.10.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 64,93 € brutto seit dem 05.11.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 65,88 € brutto seit dem 05.12.2017,

aus einem Betrag in Höhe von 5,12 € brutto seit dem 05.01.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 68,94 € brutto seit dem 05.04.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 63,28 € brutto seit dem 05.03.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 68,84 € brutto seit dem 05.04.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 61,86 € brutto seit dem 05.05.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 45,95 € brutto seit dem 05.06.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 12,76 € brutto seit dem 05.07.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 49,29 € brutto seit dem 05.10.2018,

aus einem Betrag in Höhe von 16,95 € brutto seit dem 05.11.2018,

zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Klägerin keine weiteren Nachtzuschläge beanspruchen könne. Die ihr gezahlten Zuschläge in Höhe von 20 % seien angemessen im Sinne von § 6 Abs. 5 ArbZG. Der von der Klägerin angeführten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sei nicht zu folgen. Bei der Beurteilung der Angemessenheit des Nachtzuschlags verbiete sich eine schematische Betrachtung. Vielmehr seien die Umstände des konkreten Einzelfalls zu berücksichtigen sowie die vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke. Diese lägen insbesondere darin, die mit der Nachtarbeit verbundenen Erschwernisse auszugleichen sowie im Interesse der Gesundheit der Arbeitnehmer die Nachtarbeit zu verteuern und damit im Ergebnis einzuschränken. Letztgenannter Zweck sei aber dann bei der Bemessung des Nachtzuschlags nicht zu berücksichtigen und der Zuschlag geringer anzusetzen, wenn die Nachtarbeit aus zwingenden technischen oder zwingend mit der Art der Tätigkeit verbunden Gründen bei wertender Betrachtung unvermeidbar sei. Bei der Zustellung von Tageszeitungen sei dies der Fall, weil die Inhalte der zuzustellenden Tageszeitungen bei späterer Zustellung bereits veraltet und damit für Abonnenten nicht mehr von Interesse wären. Die Zustellung müsse daher zwingend bis spätestens 6:30 Uhr erfolgen. Der Entscheidung des 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts vom 25.04.2018 (Az. 5 AZR 25/17), wonach ein "Abweichen nach unten" von der regelmäßig als angemessenen anzusehenden Höhe des Nachtzuschlags nur dann in Betracht komme, wenn - wie etwa im Rettungswesen - überragende Gründe des Gemeinwohls die Nachtarbeit zwingend erforderten (BAG, Urteil vom 25. April 2018 - 5 AZR 25/17 -, BAGE 162, 340-353, Rn. 56), sei nicht zu folgen. Die dort als angemessen angesehene Höhe des Nachtzuschlags bei Dauernachtarbeit in der Zeitungszustellung von 30 % lasse zudem die Auswirkungen auf die wirtschaftlich schwierige Situation der Zustellbranche und damit auf die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Pressefreiheit unberücksichtigt. Bereits aufgrund der Erhöhung der Zustellkosten durch das Mindestlohngesetz bei gleichzeitig rückläufiger Anzeigenerlöse lasse sich die Zeitungszustellung etwa in Regionen mit geringer Abonnentendichte wirtschaftlich nicht mehr darstellen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die für die Zusteller mit der Nachtarbeit verbundenen Erschwernisse unter qualitativen wie unter quantitativen Gesichtspunkten eher als gering einzustufen seien und die Teilhabe am sozialen Leben nicht wesentlich erschwert werde. Denn die Arbeitszeit dauere nur wenige Stunden an und liege im frühmorgendlichen Randbereich der Nachtarbeit. Durch die Nähe der Zustellbezirke zu den Wohnadressen der Zusteller ergäben sich in der Regel kurze Arbeitswege. Es handele sich um eine leichte Tätigkeit, die auch von Kindern ausgeübt werden könne. Auch seien die Zusteller frei darin, Pausen nach eigenem Belieben einzulegen.

Wegen des weiteren Sachvortrags wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie der Terminsprotokolle Bezug genommen.

Gründe

I. Die Klage ist begründet.

1. Die Klägerin kann gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG von der Beklagten Zahlung der mit dem Klageantrag zu 1) geltend gemachten Entgeltdifferenzen verlangen.

a) Nach § 6 Abs. 5 ArbZG hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer - soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen - für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

b) Die Klägerin ist im streitgegenständlichen Zeitraum von Januar 2015 bis Oktober 2018 Nachtarbeitnehmerin der Beklagten im Sinne von § 6 Abs. 5 ArbZG gewesen. Denn sie hat jeweils im Zeitraum zwischen drei und sechs Uhr morgens (vgl. § 2 Nr. 3 Halbs. 1 ArbZG) und nach ihrem unwidersprochenen Vortrag jeweils mehr als zwei Stunden (vgl. § 2 Abs. 4 ArbZG) an mehr als 48 Tagen pro Kalenderjahr gearbeitet.

c) Die Beklagte hat das ihr nach § 6 Abs. 5 ArbZG zustehende Wahlrecht hinsichtlich der Art der Ausgleichsleistung durch Zahlung der Nachtzuschläge ausgeübt und hat damit für diesen Zeitraum die Ausgleichsleistung auf einen Zahlungsanspruch der Klägerin konkretisiert. An ihre Wahl ist sie nach § 263 Abs. 2 BGB gebunden (vgl. BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 -, BAGE 153, 378-396, Rn. 52 ff.).

d) Tarifvertragliche Ausgleichsregelungen sind auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anwendbar.

e) Die Ansprüche bestehen (mindestens) in der geltend gemachten Höhe.

aa) Zum Ausgleich der von der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum Januar 2015 bis Oktober 2018 für die Beklagte geleisteten Nachtarbeit ist ein Aufschlag in Höhe von 30 % auf das jeweils geschuldete Arbeitsentgelt angemessen.

(1) Die Höhe des angemessenen Nachtarbeitszuschlags richtet sich nach der Gegenleistung, für die sie bestimmt ist (BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 -, BAGE 153, 378-396, Rn. 27). Nachtarbeit ist nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen grundsätzlich für jeden Menschen schädlich und hat negative gesundheitliche Auswirkungen (BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 -, BAGE 153, 378-396, Rn. 17; BVerfG, Urteil vom 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82 -, BVerfGE 85, 191-214, juris-Rn. 56). Ausweislich der Gesetzesbegründung dient der nach § 6 Abs. 5 ArbZG zu zahlende Zuschlag (bzw. der zu gewährende Freizeitausgleich) dem Ausgleich der mit der Nachtarbeit verbundenen Beeinträchtigungen (vgl. BT-Drs. 12/5888 S. 26). Mit Blick auf die (abschließende) Zwecksetzung des Arbeitszeitgesetzes (vgl. § 1 ArbZG) bedeutet dies, dass die Höhe des Zuschlags angemessen sein muss, um die durch die Nachtarbeit bedingten nachteiligen gesundheitlichen Folgen zu kompensieren. Die Kompensation erfolgt durch einen Zuschlag auf das dem Arbeitnehmer zu zahlende Arbeitsentgelt. Die arbeitsrechtliche Vorschrift des § 6 Abs. 5 ArbZG gestaltet mithin das Austauschverhältnis von Arbeit und Arbeitsentgelt; die Angemessenheit in diesem Sinne bezieht sich auf den Wert der Nachtarbeit, nicht auf die Geeignetheit zur Verwirklichung des vom Gesetzgeber verfolgten Gesundheitsschutzes oder die Verhältnismäßigkeit des mit der Vergütungspflicht verbundenen Grundrechtseingriffs (aA Raab, ZfA 2014, 237, 274 f.).

Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass ein Zuschlag iHv. 25 % auf den jeweiligen Brutto(stunden)lohn einen angemessenen Ausgleich darstellt. Dies ist auch in der Literatur überwiegend ohne Beanstandung geblieben (vgl. BAG, Urteil vom 25. April 2018 - 5 AZR 25/17 -, BAGE 162, 340-353, Rn. 43 f. und Urteil vom 09. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 -, BAGE 153, 378-396, Rn. 16 mit Nachweisen zur Literatur; aA aufgrund abweichendem Gesetzesverständnis etwa Raab, ZfA 2014, 237, 269 ff.). Von dieser Zuschlagshöhe kann abzuweichen sein, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen oder quantitativen Aspekten vom Regelfall abweicht (BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 -, BAGE 153, 378-396, Rn. 27 ff.). Bei der Erbringung der regulären Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der damit einhergehenden erhöhten gesundheitlichen Belastung regelmäßig ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % als angemessen anzusehen (BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 -, BAGE 153, 378-396, Rn. 28). Für Faktoren, welche eine Unterschreitung dieses Wertes rechtfertigen, ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweisbelastet (BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 -, BAGE 153, 378-396, Rn. 34).

(2) Die Klägerin hat ihre reguläre Arbeitsleistung im streitgegenständlichen Zeitraum stets im Zeitfenster von 03:00 bis 06:00 Uhr und damit in "Dauernachtarbeit" im Sinne der angeführten Rechtsprechung erbracht. Umstände, welche eine Minderung der hierfür regelmäßig als angemessen anzusehenden Zuschlagshöhe rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar geworden.

(a) Solche ergeben sich nicht aus der Art der Tätigkeit selbst. Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt dies weder daraus, dass die Zeitungszustellung auch von Kindern bzw. Jugendlichen vorgenommen werden kann (vgl. insoweit: BAG, Urteil vom 25. April 2018 - 5 AZR 25/17 -, BAGE 162, 340-353, Rn. 54), noch daraus, dass die Klägerin die Lage etwaiger Pausen selbst bestimmen konnte. Beide Aspekte rechtfertigen deshalb keine Absenkung des regelmäßig für die Nachtarbeit geschuldeten Ausgleichs, weil sie keine Minderung der gesundheitlichen Beanspruchung gerade durch die Nachtarbeit bedeuten, sondern die Belastung durch die geschuldete Tätigkeit allgemein beschreiben. Diese vor Augen hat der Gesetzgeber den jeweiligen für Zusteller geltenden Mindestlohn (vgl. § 1 MiLoG sowie § 24 Abs. 2 MiLoG in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung) als angemessene Gegenleistung für die Zusteller angesehen. Die zusätzliche Erschwernis durch nächtliche Leistungserbringung wird nicht durch die der Tätigkeit generell innewohnenden Aspekte gemindert (vgl. zum notwendigen Bezug des Zuschlags gerade zur Nachtarbeit: BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 -, BAGE 153, 378-396, Rn. 37).

Auch die von der Beklagten angeführte - typischerweise gegebene - Wohnortnähe des Einsatzortes der Zusteller war nicht zuschlagsmindernd zu berücksichtigen. Abgesehen davon, dass die darlegungsbelastete Beklagte konkret zu der Pendeldistanz der Klägerin nicht vorgetragen hat, handelt es sich wiederum um einen ganz generell mit der Tätigkeit der Klägerin verbundenen Umstand, der für das Verhältnis von Vergütungshöhe und Anfahrtskosten relevant ist, aber die mit der Nachtarbeit verbundene zusätzliche Erschwernis nicht relativiert.

Schließlich ergibt sich ein die Minderung des Regelzuschlagsatzes für Dauernachtarbeit rechtfertigender Aspekt nach Auffassung der Kammer auch nicht daraus, dass der Einsatz der Klägerin nur in den morgendlichen Randstunden des Nachtarbeitszeitraums nach § 2 Abs. 3 ArbZG erfolgte und nur wenige Stunden andauerte (vgl. BAG, Urteil vom 25. April 2018 - 5 AZR 25/17 -, BAGE 162, 340-353, Rn. 55). Denn Nachtarbeit ist gemäß § 2 Abs. 4 ArbZG jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit im Sinne von § 2 Abs. 3 ArbZG umfasst. Diese Vorgabe ist bei der Klägerin erfüllt.

Soweit ein Nachtarbeitnehmer in einem besonders hohen stundenmäßigen Umfang Nachtarbeit leistet, mag das ein zur Erhöhung des Zuschlags führender Aspekt sein. Soweit eine solche Maximalbelastung nicht gegeben ist, rechtfertigt das aber nicht an sich schon eine Absenkung der Regelzuschlagshöhe. Es ist nicht ersichtlich, dass und in welchem Ausmaß die aufgrund ihrer Inanspruchnahme zu erwartenden gesundheitlichen Belastungen der Klägerin hinter den bei regelmäßiger Nachtarbeit zu erwartenden gesundheitlichen Nachteile zurück geblieben sind. Hinsichtlich der - aus Sicht der Beklagten nur in geringem Maße beeinträchtigte - Teilhabe am sozialen Leben gilt sinngemäß das Gleiche, so dass dahingestellt bleiben kann, ob dies - als mittelbar für die Gesundheit relevanter Aspekt - berücksichtigungsfähig wäre (vgl. insoweit BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 -, BAGE 153, 378-396, Rn. 18).

Der Wertung des § 3 Buchst. b Abs. 3 Nr. 1 EStG folgend, ist ein Tätigwerden im Zeitraum zwischen 0 und 4 Uhr morgens als besonders belastend anzusehen und daher in Höhe von 40 % des Grundlohns einkommensteuerbefreit. Die Bemessung mit 30 % des Grundentgelts der - zwischen 3 und 6 Uhr morgens tätigen - Klägerin erscheint auch insoweit angemessen (vgl. die Bezugnahmen auf die steuergesetzliche Wertung bei BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 -, BAGE 153, 378-396, Rn. 25; Urteil vom 05. September 2002 - 9 AZR 202/01 -, BAGE 102, 309-320, Rn. 57).

(b) Einer Festsetzung des Nachtzuschlags auf 30 % des Grundentgelts der Klägerin stehen auf Seiten der Beklagten die verfassungsrechtlichen Garantien der Pressefreiheit nicht entgegen. Dabei kann die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zugunsten der Beklagten unterstellt werden. Es ist jedoch nicht erkennbar geworden, dass in der Zuerkennung eines Nachtzuschlags in dieser Höhe ein unzulässiger Eingriff in die Pressefreiheit der Beklagten läge. Ihr Vortrag, dass sie in einem wirtschaftlich extrem schwierigen Umfeld operiere, die Anzeigenerlöse dramatisch zurückgingen, während die Zustellkosten stiegen, und bei einer Erhöhung der zu zahlenden Nachtzuschläge ein hohes Risiko bestehe, dass die Zustellung von Tageszeitungen insbesondere in ländlichen Regionen mit geringer Abonnentendichte wirtschaftlich nicht mehr darstellbar sei, ist zu pauschal, um eine Überprüfung der tatsächlichen Auswirkungen der erfolgten gerichtlichen Festsetzung des Zuschlags auf die Ausübung der Pressefreiheit zu ermöglichen. Bei dem Zuschlagssatz von 30 % für Dauernachtarbeit handelt es sich um einen für alle Arbeitgeber branchenübergreifend geltenden Regelsatz. Es ist nicht ersichtlich, dass durch diese allgemein geltenden Arbeitsbedingungen und die damit einhergehenden Personalkosten die Ausübung der Pressefreiheit durch die Beklagte beeinträchtigt wäre. Ohnehin ist das Ausmaß der Verteuerung der Nachtarbeit abhängig von der Höhe der durch die Vertragsparteien selbst bzw. ihre jeweiligen Tarifvertragsparteien ausgehandelten - oder vom Gesetzgeber als Mindestlohn festgesetzten - Grundvergütung.

Dahinstehen kann, ob der Gesetzgeber durch die Ausnahme-Regelungen für Zeitungszusteller im ursprünglichen Mindestlohngesetz (vgl. § 24 Abs. 2 MiLoG aF) in verfassungsgemäßer Weise geregelt oder zumindest seine Einschätzung dahingehend zum Ausdruck gebracht hat, dass die in der Rechtsprechung anerkannten Regelsätze für die Zuschläge nach § 6 Abs. 5 ArbZG bei Dauernachtarbeit keiner Ausnahme für die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Arbeitgeber bedürfen und auch Zeitungszusteller in dieser Höhe Nachtarbeitszuschläge zu beanspruchen haben (vgl. insoweit BAG, Urteil vom 25. April 2018 - 5 AZR 25/17 -, BAGE 162, 340-353, Rn. 48).

(c) Dahinstehen kann auch, ob die Zustellung der von der Klägerin ausgetragenen Zeitschriften in Nachtarbeit aus zwingenden technischen bzw. mit der Art der Tätigkeit verbundenen Gründen oder aus überragenden Gründen des Gemeinwohls zwingend erforderlich war, was jedenfalls hinsichtlich einiger Titel ("...", "...") und die von der Beklagten angeführte Fristgebundenheit (Zustellung bis spätestens 6:30 Uhr erforderlich) zweifelhaft erscheint. Nach Auffassung der Kammer rechtfertigte weder das eine noch das andere eine Reduzierung des regelmäßig als angemessen anzusehenden Zuschlags bei dauerhafter Nachtarbeit.

(aa) Das Bundesarbeitsgericht nimmt an, dass die in § 6 Abs. 5 ArbZG angeordnete Zahlung eines Nachtarbeitszuschlags mittelbar dem Gesetzeszweck des Gesundheitsschutzes der Nachtarbeit leistenden Arbeitnehmer dienen solle, indem die damit einhergehende Verteuerung der Nachtarbeit verhaltenssteuernd wirke und die Arbeitgeber von der Inanspruchnahme von Nachtarbeit abhalte. Zudem sollten die Nachtarbeitnehmer in einem gewissen Umfang für die erschwerte Teilhabe am sozialen Leben entschädigt werden (vgl. BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 -, BAGE 153, 378-396, Rn. 18). Soweit der erstgenannte Gesetzeszweck nicht erreicht werden könne, komme eine Minderung des zu zahlenden Nachtzuschlags in Betracht (BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 -, BAGE 153, 378-396, Rn. 25; Urteil vom 25. April 2018 - 5 AZR 25/17 -, BAGE 162, 340-353, Rn. 56; Urteil vom 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 -, BAGE 115, 372-386, Rn. 16 f.).

(bb) Hierauf beruft sich die Beklagte, wenn sie argumentiert, dass in ihrem Falle eine Reduzierung des Regelsatzes für Dauernachtarbeit deshalb geboten sei, weil aufgrund der besonderen Marktbedingungen bei dem Verkauf von Tageszeitungen die Zustellung während der Nachtzeit zwingend geboten sei.

(cc) Nach Auffassung der Kammer ist indes eine verhaltenssteuernde Wirkung der Zuschlagshöhe bei ihrer Bemessung nicht zu berücksichtigen.

Der gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG zu zahlende Nachtarbeitszuschlag soll nach dem in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers einen "Ausgleich der mit der Nachtarbeit verbundenen Beeinträchtigungen" gewähren (vgl. BT-Drs. 12/5888 S. 26). Seine Höhe richtet sich nach der Gegenleistung, für die er zu zahlen ist (vgl. BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 -, BAGE 153, 378-396, Rn. 27; Baeck/Deutsch, 3. Aufl., § 6 ArbZG Rn. 85).

Es bestehen dagegen keine belastbaren Anhaltspunkte für die Annahme, dass mit § 6 Abs. 5 ArbZG ein Instrument zur Verhaltenssteuerung von Arbeitgebern allgemein bei der Inanspruchnahme von Nachtarbeit geschaffen werden sollte. Weder der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 12/5888 S. 26) noch der zugrunde liegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82 -, BVerfGE 85, 191-214, unter C III 3. der Gründe) lassen sich Hinweise darauf entnehmen, dass der Gesetzgeber für die Bemessung der Zuschlagshöhe darauf abstellen wollte, inwieweit mit dem Zuschlag eine generalpräventive Abschreckungswirkung erzielt werden kann. Vielmehr sprechen der Gesetzgebungsauftrag des Verfassungsgerichts wie auch der Regelungszusammenhang zu den individualrechtlichen Ansprüchen gemäß § 6 Abs. 3 und 4 ArbZG und die Gesetzesbegründung dafür, dass es alleine um den im einzelnen Arbeitsverhältnis vorzunehmenden Ausgleich einer aufgetretenen Belastung gehen soll (vgl. Ulber, Anm. zu BAG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 AZR 423/14, AP Nr. 14 zu § 6 ArbZG). Alleine dies ist ein tauglicher Aspekt für die Bemessung einer als Gegenleistung zur - nächtlichen - Arbeitsleistung geschuldeten Zahlung. Dass es sich bei dem Zuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG um einen Teil des Arbeitsentgelts handelt und nicht um eine mit anderweitigen Zwecken verbundene Zahlung, liegt schon angesichts des üblichen Begriffsgebrauchs nahe. Um eine öffentliche Abgabe oder Strafzahlung handelt es sich schon aufgrund der Gläubigerstellung des Arbeitnehmers jedenfalls nicht. Ob der Gesetzgeber daneben die verhaltenssteuernden Konsequenzen der Zuschlagspflicht gesehen und gewollt hat oder nicht, ist für die Bestimmung der Angemessenheit des zu leistenden Ausgleichs ohne Belang. Es handelt sich nicht um einen bei der Bestimmung der Angemessenheit der Gegenleistung zu berücksichtigenden Gesetzeszweck, sondern allenfalls um einen für die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs nicht heranzuziehenden, gewollten Nebeneffekt (vgl. zu Zielen, Absichten und Zwecken des Gesetzgebers bzw. von Gesetzen Frieling, Gesetzesmaterialien und Wille des Gesetzgebers, Diss. 2017, S. 108 ff.). Entsprechend wirkt sich die von den Parteien diskutierte Frage, ob die Zustellungen im Unternehmen der Beklagten notwendig während der Nachtzeit zu erfolgen haben, nicht auf die Bemessung des der Klägerin geschuldeten Nachtzuschlags aus (vgl. ebenso LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 17. Oktober 2017 - 2 Sa 59/17 -, Rn. 92, juris). Dass die Zahlung eines Zuschlags allenfalls die Finanzierung gesundheitsfördernder Maßnahmen des Arbeitnehmers ermöglicht, nicht aber die mit der Nachtarbeit verbundenen Gesundheitsgefahren verhindert, ist ohne Belang. Zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung dieser Belastung des Arbeitgebers ist die Funktion des Ausgleichs erlittener Beeinträchtigungen ausreichend (vgl. Ulber aaO).

bb) Der rechnerischen Ermittlung der Entgeltdifferenzen ist die Beklagte ebenso wenig entgegen getreten wie den zugrunde gelegten Arbeitstagen und Zahlungsbeträgen, so dass die Kammer ihre Entscheidung insoweit auf die Angaben der Klägerin stützen konnte.

Auch für die Zeiten der Vergütung der Klägerin im Stücklohn konnte der Zuschlag im Verhältnis zum gezahlten Arbeitsentgelts bemessen werden - ohne Berücksichtigung der geleisteten Arbeitsstunden (insoweit abweichend von BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 -, BAGE 153, 378-396, Rn. 22). Bei der Bestimmung einer angemessen Zuschlagshöhe ist von der vertraglich vereinbarten Entgeltbemessungsmethode auszugehen (vgl. § 6 Abs. 5 ArbZG: "auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt"). Die Vorgaben des Mindestlohngesetzes und die Konzeption des gesetzlichen Mindestlohns als Zeitmindestlohn führen zu keinem anderen Ergebnis. Denn der Mindestlohnanspruch tritt eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch (BAG, Urteil vom 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 -, BAGE 155, 202-214, Rn. 22).

Es kann dahinstehen, ob die Berechnung des Nachtzuschlags als prozentualer Aufschlag auf den jeweils geltenden gesetzlichen Mindestlohns (vgl. § 1 Absatz 2 Satz 1, § 24 Abs. 2 MiLoG in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung) zu höheren Beträgen geführt hätte (vgl. insoweit: BAG, Urteil vom 25. April 2018 - 5 AZR 25/17 -, BAGE 162, 340-353, Rn. 41; zum Verhältnis von Nachtzuschlag und Mindestlohn: BAG, Urteil vom 18. November 2015 - 5 AZR 761/13 -, BAGE 153, 248-255, Rn. 23). An die Höhe der klageweise geltend gemachten Ansprüche war die Kammer nach § 46 Abs. 2 ArbGG iVm. § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO gebunden.

f) Die Ansprüche sind nicht verfallen. Die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung in § 9 des Arbeitsvertrags ist jedenfalls wegen Unterschreitung einer angemessenen Frist zur Geltendmachung rechtsunwirksam. Eine Frist für die schriftliche Geltendmachung von weniger als drei Monaten im Rahmen einer einzelvertraglichen Ausschlussfrist benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Sie ist mit wesentlichen Grundgedanken des gesetzlichen Verjährungsrechts nicht zu vereinbaren (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und schränkt wesentliche Rechte, die sich aus der Natur des Arbeitsvertrags ergeben, so ein, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB - vgl. BAG, Urteil vom 18. Mai 2017 - 8 AZR 74/16 -, BAGE 159, 159-191, Rn. 60; Urteil vom 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 -, BAGE 116, 66-77, juris-Rn. 34). Eine geltungserhaltene Reduktion kommt nicht in Betracht (BAG, Urteil vom 28. November 2007 - 5 AZR 992/06 -, Rn. 25 ff., juris).

g) Der Zinsanspruch ergibt sich - bei Fälligkeit des Nachtzuschlags jeweils nach Ablauf eines Kalendermonats (§ 614 BGB) - aus §§ 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

2. Weiter kann die Klägerin von der Beklagten gemäß §§ 2, 3 EFZG, § 1 BUrlG Zahlung der mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachten - ebenfalls rechnerisch unstreitigen -Entgeltfortzahlungsdifferenzen nebst Zinsen verlangen.

a) Für Arbeitsausfallzeiten aufgrund von krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit bzw. an Feier- und Urlaubstagen ergibt sich der mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachte jeweilige Anspruch der Klägerin aus § 3 EFZG bzw. § 2 Abs. 1 EFZG und § 1 BUrlG. Nach dem für die Bemessung des Entgeltfortzahlungsanspruchs im Krankheitsfall und an Feiertagen gemäß § 4 Abs. 1 bzw. 2 Abs. 1 EFZG geltenden Entgeltausfallprinzip erhält der Arbeitnehmer die volle Vergütung für die ausgefallene Arbeit einschließlich etwaiger Zuschläge (vgl. zur steuerlichen Behandlung: BFH, Beschluss vom 27. Mai 2009 - VI B 69/08 -, Rn. 3, juris). Lediglich Leistungen, die nicht an die Erbringung der Arbeitsleistung in einem bestimmten Zeitabschnitt gekoppelt sind, sondern hiervon unabhängig aus besonderem Anlass gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt (BAG, Urteil vom 14. Januar 2009 - 5 AZR 89/08 -, Rn. 11, juris). Damit sind auch die Nachtzuschläge fortzuzahlen. Gleiches ergibt sich bei der Bemessung des Urlaubsentgelts aufgrund der Berechnung nach dem Referenzprinzip des § 11 Abs. 1 BUrlG. Andere Ursachen für den Arbeitsausfall als Urlaub, Feiertage und Arbeitsunfähigkeit sind nicht vorgetragen.

b) Der Zinsanspruch ergibt sich - bei Fälligkeit jeweils nach Ablauf eines Kalendermonats (§ 614 BGB) - aus den §§ 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

II. Die Klägerin hat gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG iVm. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO den auf die zurückgenommenen Klageanträge (aus dem SS v. 20.05.2019, Bl. 324 f. d.A. in einer Gesamthöhe von 3543,69 Euro) entfallenden Kostenanteil zu tragen. Im Übrigen trägt aufgrund ihres Unterliegens die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits in analoger Anwendung des § 92 Abs. 1 ZPO).

III. Der Streitwert war gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen und ist nach dem Wert der zur Entscheidung gestellten Klageanträge bemessen.

IV. Die Berufung war nicht gesondert zuzulassen. Zulassungsgründe im Sinne von § 64 Abs. 3 ArbGG sind nicht ersichtlich.