LAG Hamm, Urteil vom 07.08.2019 - 3 Sa 404/19
Fundstelle
openJur 2019, 33744
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 26.02.2019 - 3 Ca 756/18 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Gewährung eines Branchenzuschlages im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung.

Der Kläger ist seit dem 18.09.2014 als Leiharbeitnehmer bei der Beklagten beschäftigt. Grundlage der Beschäftigung ist ein Arbeitsvertrag vom 17.09.2014. Dieser sieht in Z. 1.1 vor, dass auf das Arbeitsverhältnis im Sinne einer dynamischen Verweisung die Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung finden, die vormals der Bundesverband Zeitarbeit e. V., Rechtsnachfolger ist der Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e. V., mit den nachfolgend aufgeführten DGB-Gewerkschaften geschlossen hat. Als zur Anwendung kommender Tarifvertrag über Branchenzuschläge aufgeführt ist der TV BZ HK für Arbeitnehmerüberlassung in der Holz- und Kunststoffverarbeitenden Industrie mit der IGM.

Dessen § 2 sieht unter anderem folgende Regelungen vor:

"...

(3) Der Branchenzuschlag beträgt nach der Einsatzdauer in einem Kundenbetrieb folgende Prozentwerte:

nach der sechsten vollendeten Woche 7%

nach dem dritten vollendeten Monat 10%

nach dem fünften vollendeten Monat 15%

nach dem siebten vollendeten Monat 22%

nach dem neunten vollendeten Monat 31%

nach dem fünfzehnten vollendeten Monat 44%

des Stundentabellenentgelts des Entgelttarifvertrages Zeitarbeit...

(4) Mit der letzten Stufe der Branchenzuschläge nach dem fünfzehnten vollendeten Monat wird ein gleichwertiges Arbeitsentgelt gemäß § 8 Abs. 4 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der ab dem 1. April 2017 gültigen Fassung erreicht.

(5) Der Branchenzuschlag ist bis zur Einsatzdauer von 15 vollendeten Monaten auf die Differenz zu 90 Prozent des laufenden regelmäßigen Stundenentgelts eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebs beschränkt, wobei die Beschränkung nicht dazu führen darf, dass nach einer Einsatzdauer von sechs Wochen kein Zuschlag gezahlt wird."

Der Stundenlohn des Klägers betrug 9,49 Euro brutto bei Eingruppierung in die Entgeltgruppe 1 des maßgeblichen Entgelttarifvertrages.

In der Zeit vom 17.01.2018 bis zum 11.05.2018 war der Kläger bei der Firma L GmbH & Co. KG eingesetzt. Bei diesem Unternehmen handelt es sich um ein solches der Kunststoffverarbeitung. Der Stundenlohn eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers beträgt dort 10,50 Euro brutto. Für die in den Monaten April und Mai 2018 dort geleisteten Stunden zahlte die Beklagte an den Kläger einen Branchenzuschlag i.H.v. 0,14 Euro je Stunde.

Mit Schreiben vom 03.07.2018 machte der Kläger erfolglos gegenüber der Beklagten für diese Monate einen moralischen Zuschlag i.H.v. 0,66 Euro pro Stunde geltend.

Diese Zahlung verfolgt er mit der unter dem 13.08.2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage weiter.

Er hat die Auffassung vertreten, er habe für die insgesamt geleisteten 192,5 Stunden einen Anspruch auf Zahlung eines Branchenzuschlags i.H.v. 7 Prozent. Ein solcher Anspruch Folge seiner Meinung nach aus § 2 (5) TV BZ HK. Der im zweiten Halbsatz dieser Vorschrift genannte "Zuschlag" sei dahingehend zu verstehen, dass mindestens die erste Stufe des ansonsten geregelten Zuschlags i.H.v. 7 Prozent zu zahlen sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 100,10 Euro brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie weitere 40,00 Euro netto zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, § 2 (5) TV BZ HK lege nicht fest, in welcher Höhe ein Zuschlag zu zahlen sei. Ihre Entscheidung, einen Zuschlag i.H.v. 1,5 Prozent pro Stunde zu zahlen, sei danach nicht zu beanstanden.

Mit Urteil vom 26.02.2019 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung des von ihm begehrten Zuschlags i.H.v. 7%, ein solcher Anspruch Folge insbesondere nicht aus § 2 Abs. 5 Satz 1 Hs. 2 TV BZ HK. Die Voraussetzungen des § 2 (5) Halbsatz 1 TV BZ HK lägen vor, auch sei der Geltungsbereich des TV BZ HK eröffnet. § 2 Abs.5 Halbsatz 2 TV BZ HK lege jedoch die Höhe des zu zahlenden Zuschlags nicht fest. Dies ergebe die Auslegung der Tarifvorschrift. Dafür spreche schon der Umstand, dass dort von "Zuschlag" und nicht von "Branchenzuschlag" die Rede sei. Auch systematische Erwägungen sprächen für ein solches Verständnis. Die Tarifvertragsparteien hätten gerade nicht angeordnet, dass sich die Höhe des Zuschlags an der ersten regulären Zuschlagstufe orientieren solle, was durch einen Verweis ohne weiteres möglich gewesen wäre. Ein entsprechendes Verständnis stehe auch mit Sinn und Zweck der Regelungen im Einklang. Zweck der Branchenzuschläge sei es, die Vergütung der Leiharbeitnehmer schrittweise mit zunehmender Einsatzdauer an eine etwaige höhere Vergütung vergleichbarer Stammarbeitnehmer im Kundenbetrieb anzugleichen. Die tarifliche Deckelungsregelung wiederum solle es vermeiden, dass Zeitarbeitnehmer infolge der Branchenzuschläge sogar ein höheres Arbeitsentgelt bezögen als vergleichbare Stammarbeitnehmer im Einsatzbetrieb. Das Zusammenspiel von Zuschlagspflicht und Deckelungsmöglichkeit zeige, dass von den Branchenzuschlagstarifverträgen zwar eine Verbesserung der Rechtsstellung der Zeitarbeitnehmer, nicht aber deren Besserstellung gegenüber der Stammbelegschaft bezweckt sei. Diesen Zielen werde durch das vertretene Verständnis Rechnung getragen. Sähe man in § 2 Abs. 5 einen Verweis auf die Zuschläge nach § 2 Abs.3, müsste konsequenterweise nach dem fünften Monat ein Zuschlag von 15 Prozent gezahlt werden, was aber dem Sinn und Zweck der Regelung widerspräche, da Leiharbeitnehmer dann ein höheres Stundenentgelt erhielten als vergleichbare Stammarbeitnehmer.

Gegen das unter dem 28.02.2019 zugestellte Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe im übrigen Bezug genommen wird, hat der Kläger unter dem 28.03.2019 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese unter dem 29.04.2019 begründet.

Er ist der Auffassung, die tarifvertragliche Regelung über die Deckelung von Branchenzuschlägen sei bereits rechtswidrig. Vom gesetzlichen Gleichstellungsgrundsatz könne durch Tarifvertrag nur im Rahmen der Vorgaben des § 8 Abs. 4 AÜG abgewichen werden. Voraussetzung hierfür sei, dass nach spätestens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an das Arbeitsentgelt eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers erfolge. Durch die pauschale Deckelung des Arbeitsentgelts auf 90 Prozent eines Stammarbeitnehmers entfalle schon die gesetzlich geforderte stufenweise Heranführung. Auch wenn durch die Tarifvertragsparteien formuliert werde, dass es keinen Entfall des Zuschlags geben dürfe, seien keine klaren Stufen in der Regelung mehr erkennbar. Ebenso wenig sehe § 8 Abs. 4 AÜG vor, dass die Art der stufenweisen Heranführung einer Vertragspartei alleine überlassen bleiben solle. Eine dahingehende tarifliche Öffnungsklausel finde sich im Tarifvertrag nicht.

Die Regelung bezüglich der Deckelung sei auch einer gerichtlichen Auslegung, wie das Arbeitsgericht sie vornehme, nicht zugänglich. Eine ergänzende Auslegung eines Tarifvertrages scheide aus, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt ließen. Eine ergänzende Auslegung sei nur möglich, wenn entweder eine unbewusste Regelungslücke vorliege oder eine Regelung nachträglich lückenhaft geworden sei. Beides sei jedoch nicht der Fall. Die Tarifvertragsparteien hätten durch ausdrückliche Nennung einer eigenständigen Bezugsgröße eine Regelung treffen können. Es sei nicht vorstellbar, dass Ihnen dies entgangen sein solle.

Selbst wenn das System der Deckelung einer Auslegung zugänglich sei, sei diese durch das Arbeitsgericht nicht zutreffend erfolgt. Wenn das Arbeitsgericht meine, im Tarifvertrag sei lediglich gefordert, dass der Zuschlag nicht gänzlich entfallen dürfe, finde dieser Wortlaut sich so im Tarifvertrag nicht wieder. Das Arbeitsgericht vermeide auch Aussagen dazu, ab welcher Höhe des Zuschlags denn keine Nichtzahlung mehr vorliege. Allein der Hinweis, dass irgendein Zuschlag, gleich in welcher Höhe, die Anforderungen des § 8 Abs. 4 AÜG erfülle, dürfte seiner Meinung nach nicht den Vorgaben des Gesetzes entsprechen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgericht Herford vom 26.02.2019 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 100,10 Euro brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil. Die vom Arbeitsgericht zutreffend vorgenommene Auslegung des Tarifvertrages ergebe, dass die getroffene Regelung lediglich verbiete, gar keinen Zuschlag zu zahlen, aber eben keine Festlegung auf eine bestimmte Höhe beinhalte. Zutreffend erkenne das Arbeitsgericht auch nach Sinn und Zweck der tariflichen Vorschrift keine Anhaltspunkte für die Sichtweise des Klägers.

Soweit der Kläger rüge, eine Deckelung sei rechtswidrig, sei hierfür eine Begründung nicht erkennbar.

Soweit der Kläger beanstande, dass die arbeitsgerichtliche Interpretation der tariflichen Vorschrift auch einen lediglich geringfügigen Zuschlag genügen lassen würde, spreche nicht gegen die Richtigkeit des Urteils. Denn genau dies sei von den Tarifvertragsparteien gewollt gewesen.

Unzutreffend sei auch die Annahme des Klägers, die Tarifvertragsparteien hätten es lediglich offen gelassen, welcher konkrete Zuschlag in vorliegenden Fallkonstellationen zu zahlen sei. Es sei eine Untergrenze festgelegt worden, ohne aber nach oben Vorgaben zu machen. Die Tarifvertragsparteien hätten den Verleihern daher gerade Handlungsspielraum einräumen und nur eine Untergrenze definieren wollen.

Schließlich könne der Kläger nicht vom Arbeitsgericht verlangen, im Urteil Aussagen dazu zu treffen, ab welcher Höhe des Zuschlags eine Nichtzahlung vorliege.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.

A. Durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen nicht.

Die Berufung ist statthaft gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 b) ArbGG.

Die Berufung ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs.1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 517 ff. ZPO.

B. Die Berufung des Klägers ist aber nicht begründet.

Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die in Rede stehende tarifliche Regelung einen Anspruch des Klägers auf Gewährung eines Branchenzuschlags i.H.v. 7 % nicht hergibt (I.), der Kläger einen anderen Anspruch als den auf Gewährung eines Branchenzuschlags nicht geltend macht (II.).

I. Aus § 2 Abs.5 2.HS TV BZ HK lässt ein Anspruch auf Gewährung eines Branchenzuschlags in Höhe von 7% für die vorliegende Fallkonstellation nicht herleiten.

Dies ergibt die Auslegung der tariflichen Bestimmung nach den Grundsätzen der Auslegung von Tarifverträgen.

1. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG 26.04.2016, 10 AZR 589/15; BAG 02.11.2016, 10 AZR 615/15).

2. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien eine Regelung zur Höhe des Zuschlags für den Fall nicht getroffen haben, dass die Deckelung des Bankenzuschlags auf die Differenz zu 90 Prozent des laufenden regelmäßigen Stundenentgelts eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebes Branchenzuschläge nach der Staffelung in § 2 Abs. 3 TV BZ HK rechnerisch entfallen lässt.

a) Dabei geht die Kammer davon aus, dass für eine Nichtregelung des Branchenzuschlags durch die Deckelung nicht bereits der Umstand spricht, dass die Tarifvertragsparteien in § 2 Abs. 5 Satz 1 2. HS von "Zuschlag" sprechen, wohingegen sie im ersten Halbsatz den Begriff "Branchenzuschlag" gewählt haben.

Wird ein bestimmter Begriff mehrfach in einem Tarifvertrag verwendet, ist zwar im Zweifel davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien dem Begriff im Geltungsbereich dieses Tarifvertrags stets die gleiche Bedeutung beimessen wollen (BAG 26.04.2016 und BAG 02.11.2016, aaO); die Wahl eines unterschiedliche Begriffes führt aber im Umkehrschluss nicht zwingend dazu, dass die Tarifvertragsparteien dann von einer anderen Bedeutung ausgegangen sind. § 2 Abs. 5 trifft in seiner Gesamtheit eine Regelung zum Branchenzuschlag und zur Fallgestaltung, dass eine Deckelung zum Entfall einer solchen führen würde. Wenn dann im gleichen Satz eine Regelung für diesen Konfliktfall getroffen wird, ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien mit der Begrifflichkeit des "Zuschlags" nichts anderes als den angesprochenen Branchenzuschlag gemeint haben, da ein anderer Zuschlag im Tarifvertrag keine Regelung oder Erwähnung gefunden hat.

Aus dem Wortlaut ist darüber hinaus zunächst nicht zu entnehmen, in welcher Höhe ein solcher Zuschlag dann geleistet werden soll. Die Tarifvertragsparteien haben lediglich geregelt, dass eine Beschränkung durch die Deckelungsregelung im Ergebnis nicht zu keinem Zuschlag führen darf. Hätten die Tarifvertragsparteien auch für diese Fallgestaltung die Zahlung des Branchenzuschlags nach der in § 2 Abs. 3 vorgesehenen Staffelung vorsehen wollen, hätte nichts näher gelegen als eine Regelung mit dem Inhalt, dass diesfalls gleichwohl der prozentuale Zuschlag in voller Höhe nach der jeweiligen Staffelung zu zahlen ist.

Andererseits gibt der Tarifwortlaut keinen Anhaltspunkt dafür her, dass in dem genannten Konfliktfall dem Verleiher die Möglichkeit einer Regelung dazu überlassen werden soll, eigenständig die Höhe des dann zu gewähren Zuschlags zu bestimmen. Die Übertragung eines solchen Bestimmungsrechts bedarf eines deutlichen Anhaltspunktes für den Willen der Tarifvertragsparteien zu einer solchen Regelung. Haben aber die Tarifvertragsparteien ein in sich stimmiges Schema zur Zahlung der Branchenzuschläge aufgemacht, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie dann bei einer bestimmten Fallgestaltung die Festlegung der Höhe dem Verleiher überlassen wollten.

b) Für eine fehlende Regelung, dass der in § 2 Abs. 3 TV BZ HK geregelte Branchenzuschlag jeweils gezahlt werden soll, soweit die Deckelung eingreift, spricht darüber hinaus der tarifliche Gesamtzusammenhang, der auf einen entsprechenden Willen der Tarifvertragsparteien schließen lässt.

Die Tarifvertragsparteien haben, wie sich aus § 2 Abs. 5 S. 1 TV BZ HK entnehmen lässt, durchaus das Problem gesehen, dass die Beschränkung durch Deckelung des Branchenzuschlags auf die Differenz zu 90 Prozent des laufenden regelmäßigen Stundenentgelts eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebs dazu führen kann, dass Branchenzuschläge in der prozentualen Höhe, wie sie zuvor in § 2 Abs. 3 TV BZ HK festgelegt worden ist, rechnerisch nicht anfielen. Gleichwohl haben sie keine Regelung dazu getroffen, in welcher Höhe solche dann anfallen sollen, sondern sich darauf beschränkt, eine Regelung zu treffen, dass nach der Einsatzdauer in der untersten Stufe ein Zuschlag nicht entfallen darf. Simon/Koschker, NZA 2018,755 ff. weisen insoweit zurecht darauf hin, dass in anderen Tarifbereichen der Konflikt durch Regelung eines Mindestbranchenzuschlags gelöst worden ist.

Die Tarifvertragsparteien haben diese Regelung auch nicht nur auf den Fall beschränkt, der sich für die erste Stufe, der Einsatzdauer nach der sechsten vollendeten Woche gibt. Denn die Deckelungsregelung betrifft alle Stufen bis zu Einsatzdauer von 15 vollendeten Monaten.

Hätten die Tarifvertragsparteien den Willen gehabt, dass im Falle einer Deckelung und des hierdurch verursachten Entfalls eines Branchenzuschlags gleichwohl jeweils der in § 2 Abs. 3 TV BZ HK festgelegte prozentuale Branchenzuschlag gezahlt werden soll, würde dies die Regelung zur Deckelung als solche konterkarieren. Denn diesfalls würde der Branchenzuschlag in der in den Stufen festgelegten Höhe immer zur Anwendung kommen, wenn die Deckelung den Zuschlag aus diesem Grunde entfallen ließe.

Daher kann es dahingestellt bleiben, ob ein solches Verständnis auch daraus hergeleitet werden kann, dass der Tarifvertrag eine stufenweise Gleichstellung mit vergleichbaren Arbeitnehmern des Entleiherbetriebes, nicht aber eine Besserstellung des Leiharbeitnehmers gegenüber diesen verfolgt und eine solche Besserstellung dann gegeben wäre, wenn jeweils die Zuschläge aus § 2 Abs. 3 TV BZ HK zu zahlen wären, da die Tarifvertragsparteien nach § 2 Abs. 5 S. 2 und § 2 Abs. 4 TV BZ HK davon ausgegangen sind, erst mit der letzten Stufe der Branchenzuschläge nach dem fünfzehnten vollendeten Monat ein gleichwertiges Arbeitsentgelt im Sinne des § 8 Abs. 4 AÜG geschaffen zu haben.

3. Haben danach die Tarifvertragsparteien in Kenntnis des Problems, dass eine Deckelung des Branchenzuschlags zu einem Entfall des prozentualen Aufschlags führen kann und haben Sie keine Regelung dazu getroffen, in welcher Höhe dann ein Branchenzuschlag verbleiben soll, handelt es sich um eine bewusste Lücke, die nicht im Wege einer ergänzenden Auslegung geschlossen werden kann.

Tarifvertragliche Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung grundsätzlich nur dann zugänglich, wenn damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine ergänzende Auslegung eines Tarifvertrages scheidet daher aus, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht (BAG 23.04.2013, 3 AZR 23/11). Eine ergänzende Tarifauslegung kommt nur in Betracht, wenn zum Einen eine unbewusste Regelungslücke besteht und sich zum Anderen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien ergeben (BAG 15.11.2005, 3 AZR 520/04).

Weder liegt danach eine unbewusste Regelungslücke vor, noch bestehen ausreichende Anhaltspunkte dafür, welche Regelung die Tarifvertragsparteien zum Verbleib eines Branchenzuschlages in bestimmter Höhe dann mutmaßlich getroffen hätten, wenn es sich um eine unbewusste Reglungslücke handelt. Die Gerichte haben nur dann die Möglichkeit und die Pflicht, eine unbewusste Regelungslücke zu schließen, wenn sich unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien ergeben (BAG 15.11.2005, aaO). Eine Lückenschließung im Wege der ergänzenden Tarifauslegung hat zu unterbleiben, wenn unter Berücksichtigung von Treu und Glauben den Tarifvertragsparteien ein Spielraum zur Lückenschließung verbleibt und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen bleiben muss, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden (BAG 23.04.2013, aaO; BAG 12.12.2013, 8 AZR 942/12).

II. Für die Entscheidung des Rechtsstreits konnte es dahingestellt bleiben, ob eine bewusste fehlende Regelung zur Höhe des Branchenzuschlags dazu führen kann, dass der in Rede stehende Tarifvertrag nicht mehr als ein solcher im Sinne des § 8 Abs. 2 AÜG anzusehen ist, weil er nicht in ausreichender Weise regelt, in welcher Höhe für Fallgestaltung der vorliegenden Art eine stufenweise Heranführung entsprechend § 8 Abs. 4 S. 2 Nr. 2 AÜG erfolgt; Konsequenz daraus wäre, dass eine Abweichung vom Gleichstellungsgrundsatz durch tarifliche Regelung ausscheiden würde. Gewährung einer Vergütung nach dem Gleichstellungsgrundsatz aus § 8 Abs. 1 AÜG macht der Kläger im vorliegenden Verfahren jedoch nicht geltend.

C. Der Kläger hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels nach § 97 Abs.1 ZPO zu tragen.

Für ihn war die Revision nach § 72 Abs.2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage zuzulassen.

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