OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.09.2019 - 4 B 255/18
Fundstelle
openJur 2019, 33235
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 3 L 5695/17
Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 21.2.2018 teilweise geändert.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Fortbetrieb der Spielhalle 1 am Standort I., N., bis zu einer erneuten Bescheidung des Erlaubnisantrags der Antragstellerin zu dulden. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen jeweils zur Hälfte.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Fortbetrieb der Spielhallen 1 und 2 am Standort I., N., bis zum rechtskräftigen Abschluss des Erlaubnisverfahrens zu dulden,

abgelehnt, weil die erstrebte Duldung eine mit dem Sinn und Zweck einer einstweiligen Anordnung nicht zu vereinbarende Vorwegnahme der Hauptsache beinhalte. Die Antragstellerin habe nicht dargelegt, welche schlechthin unzumutbaren Nachteile ihr ohne Erlass der einstweiligen Anordnung drohen würden. Die Antragsgegnerin habe vorgetragen, dass eine Härtefallentscheidung gemäß § 29 Abs. 4 GlüStV zu Gunsten der Antragstellerin wegen der Betriebsaufnahme erst im Jahr 2015 nicht in Betracht komme. Unabhängig davon habe die Antragsgegnerin nicht die Schließung der Spielhallen verfügt.

Diese Einschätzung des Verwaltungsgerichts wird von der Antragstellerin bezogen auf die Spielhalle 1 in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang durchgreifend in Frage gestellt. Im Übrigen erweist sich der Beschluss des Verwaltungsgerichts im Ergebnis als richtig (unten I.). Hinsichtlich der Spielhalle 2 erweist sich der Beschluss des Verwaltungsgerichts insgesamt im Ergebnis als richtig (unten II.).

I. Die Antragstellerin hat für ihren Antrag, die Spielhalle 1 fortbetreiben zu dürfen, in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang einen Anordnungsanspruch (unten 1.) und Anordnungsgrund (unten 2.) glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

Dieser Maßstab ist nicht im Hinblick auf die vom Verwaltungsgericht angenommene Vorwegnahme der Hauptsache zu modifizieren. Denn die von der Antragstellerin begehrte Duldung des Weiterbetriebs ihrer Spielhalle würde die Hauptsache nicht vorwegnehmen. In der Hauptsache begehrt die Antragstellerin die Feststellung, die Spielhalle ohne glücksspielrechtliche Erlaubnis betreiben zu dürfen bzw. hilfsweise die Erteilung einer solchen Erlaubnis. Ihr Begehren ist also darauf gerichtet, die Spielhalle formell legal zu betreiben. Die von der Antragstellerin mit dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz begehrte Duldung bleibt hinter diesem Begehren zurück, weil die bloße Duldung des Weiterbetriebs - anders als eine vorläufige glücksspielrechtliche Erlaubnis - nicht die formelle Legalisierung des Betriebs bewirkt.

Vgl. OVG S.-A., Beschluss vom 29.5.2019 - 1 M 59/19 -, juris, Rn. 4; OVG Saarl., Beschluss vom 13.12.2018 - 1 B 248/18 -, ZfWG 2019, 71 = juris, Rn. 14; Hess. VGH, Beschluss vom 27.9.2018 - 8 B 432/18 -, ZfWG 2018, 572 = juris, Rn. 20.

Mit Blick auf das Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG ist eine eingehende tatsächliche und rechtliche Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs erforderlich, wenn dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten droht, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12.9.2011 - 2 BvR 1206/11 -, NJW 2011, 3706 = juris, Rn. 15, und vom 12.5.2005 - 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237 = juris, Rn. 23 ff., m. w. N.

So liegt der Fall auch hier. Die Antragstellerin müsste bei Versagung des vorläufigen Rechtsschutzes ihren Betrieb aufgeben, was wegen der jedenfalls teilweise nicht rückgängig zu machenden wirtschaftlichen Folgen eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung ihrer durch Art. 19 Abs. 3 GG i. V. m. Art. 12 und 14 GG grundrechtlich geschützten Rechtspositionen zur Folge hätte, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnte (unten 2.).

1. Die Antragstellerin hat einen (Anordnungs-)Anspruch auf Duldung des Weiterbetriebs der Spielhalle 1 bis zu einer erneuten Bescheidung ihres Erlaubnisantragsglaubhaft gemacht.

Die Antragstellerin benötigt für den Weiterbetrieb der Spielhalle seit dem 1.7.2017 eine glücksspielrechtliche Erlaubnis (unten a). Die Ablehnung ihres Antrags auf Erteilung einer solchen Erlaubnis wird sich im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach als rechtswidrig erweisen. Die Antragsgegnerin hat keine rechtmäßige Auswahl unter denjenigen Spielhallen vorgenommen, die zueinander den Mindestabstand von 350 Metern Luftlinie des § 16 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 AG GlüStV NRW unterschreiten (unten b). Das Recht der Antragstellerin auf eine an sachgerechten Kriterien ausgerichtete Auswahlentscheidung kann mit einer einstweiligen Anordnung gesichert werden, die auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin gerichtet ist, den Weiterbetrieb der Spielhalle 1 bis zu einer neuen Entscheidung über ihren Erlaubnisantrag vorläufig zu dulden. Es besteht aber kein Anspruch auf Duldung der Spielhalle bis zum rechtskräftigen Abschluss des Erlaubnisverfahrens, sondern nur bis zur erneuten Bescheidung des Erlaubnisantrags (unten c).

a) Die Antragstellerin benötigt für den Weiterbetrieb ihrer Spielhalle seit dem 1.7.2017 eine glücksspielrechtliche Erlaubnis nach den §§ 24 Abs. 1 GlüStV, § 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW.

Nach den Übergangsregelungen in §§ 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV, 18 AG GlüStV NRW bedarf es in Nordrhein-Westfalen für Spielhallen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Glücksspielstaatsvertrags bestanden und für die bis zum 28.10.2011 eine Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden war, deren Geltungsdauer nicht innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten des Vertrags endete, nach Ablauf von fünf Jahren nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags einer Erlaubnis, die von der Einhaltung des Verbundverbots und der Abstandsgebote nach §§ 24, 25 GlüStV, 16 Abs. 3 Satz 1 AG GlüStV NRW abhängig ist.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8.6.2017 - 4 B 307/17 -, NWVBl. 2017, 431 = juris, Rn. 49.

Für Altspielhallen, deren Betrieb vor dem Stichtag des 28.10.2011 gewerberechtlich unbefristet erlaubt worden war, galt die fünfjährige Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV auch im Fall eines Betreiberwechsels nach diesem Stichtag fort.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 5.4.2017 - 8 C 16.16 -, ZfWG 2017, 394 = juris, Rn. 42 ff.

Gemessen hieran unterfiel die Spielhalle der Antragstellerin den Übergangsregelungen in §§ 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV, 18 AG GlüStV NRW und bedurfte ab dem 1.7.2017 einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis, auch wenn ihr die Erlaubnis nach § 33i GewO erst im Jahr 2015 erteilt worden war. Denn die Antragstellerin hatte die Spielhalle 1 von einer anderen Betreibergesellschaft änderungsfrei übernommen, der die Erlaubnis nach § 33i GewO bereits im Jahr 2008 erteilt worden war.

b) Die Ablehnung des Antrags der Antragstellerin auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis wird sich im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach als rechtswidrig erweisen.

Die Spielhalle der Antragstellen unterschreitet den Mindestabstand aus §§ 25 GlüStV, 16 Abs. 3 Satz 1 AG GlüStV NRW von 350 m Luftlinie zu mehreren anderen Spielhallen. In derartigen Konkurrenzsituationen bedarf es einer Auswahlentscheidung, deren wesentliche Parameter sich dem Gesetz auch in Nordrhein-Westfalen noch in hinreichendem Maße entnehmen lassen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8.6.2017 - 4 B 307/17 -, NWVBl. 2017, 431 = juris, Rn. 51, vom 18.7.2018 - 4 B 179/18 -, NWVBl. 2018, 529 = juris, Rn. 30, 42, vom 16.8.2019 - 4 B 659/18 -, juris, Rn. 55 ff., und vom 14.6.2019 - 4 B 1488/18 -, juris, Rn. 14 ff., 23; BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 - 1 BvR 1314/12 u. a. -, BVerfGE 145, 20 = juris, Rn. 184 ff.

Diese von der Behörde zu treffende Auswahlentscheidung ist eine Ermessensentscheidung, die nach Maßgabe des § 114 VwGO der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (nur) daraufhin unterliegt, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 40 VwVfG NRW).

Vgl. OVG Saarl., Beschluss vom 13.12.2018 -1 B 311/18 -, juris, Rn. 41 ff.

Die in die Auswahlentscheidung einzustellenden Kriterien (Auswahlparameter) lassen sich dem Gesetz entnehmen und wurden durch die die Behörde bindenden Erlasse des Ministeriums für Inneres (und Kommunales) näher konturiert (unten aa). Die danach in der Auswahlentscheidung auch zu berücksichtigenden Ziele des § 1 GlüStV erfordern einen Vergleich der konkurrierenden Bewerber daraufhin, wer besser geeignet ist, die Förderung der Ziele des Staatsvertrags zu gewährleisten. Unterschiede zwischen den Bewerbern können insbesondere bezogen darauf vorliegen, in welchem Maße von den Betreibern materielle Anforderungen an die Betriebsführung erfüllt werden (unten bb). Ergibt der Vergleich der konkurrierenden Bewerber, dass ein Spielhallenbetreiber besser Gewähr für die Förderung der Ziele des Staatsvertrags als die Konkurrenten bietet, ist die Auswahl eines dieser Konkurrenten allein wegen seiner Bestandsschutz- und Vertrauensschutzinteressen sachwidrig. Denn bei der Auswahlentscheidung sind nach dem Zweck der Ermächtigung die (dauerhaft anzustrebenden) Ziele des § 1 GlüStV gegenüber Bestandsschutz- und Vertrauensschutzinteressen, denen im Rahmen von Härtefallentscheidungen (nur vorübergehend) Rechnung getragen werden kann, jedenfalls nicht nachrangig (unten cc). Ausgehend hiervon erweist sich die Entscheidung der Antragsgegnerin bereits deshalb als fehlerhaft, weil sie die Antragstellerin wegen fehlenden Vertrauensschutzes in das Auswahlverfahren von vornherein nicht einbezogen hat. Hierdurch hat die Antragsgegnerin die Erfüllung der Ziele des § 1 GlüStV gegenüber Vertrauensschutzinteressen zumindest als nachrangig, wenn nicht sogar als unbeachtlich angesehen. Dies ist auch nicht im Ergebnis unschädlich, weil sich derzeit nicht absehen lässt, dass die Antragstellerin bei einer Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats mit Sicherheit unberücksichtigt bleiben würde (unten dd).

aa) Der Senat hat bereits entschieden, dass sich nach der Klärung durch das Bundesverfassungsgericht die wesentlichen Parameter der Auswahlentscheidung in Konkurrenzsituationen zwischen Spielhallen, auch in Nordrhein-Westfalen dem Gesetz noch in hinreichendem Maße entnehmen lassen und zudem durch die die Behörde bindenden Erlasse des Ministeriums für Inneres (und Kommunales) näher konturiert werden. Insbesondere kann im Rahmen der Auswahl zunächst auf die Regelung zur Härtefallbefreiung nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV zurückgegriffen werden. Die ohnehin geforderte Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Positionen der Spielhallenbetreiber gebietet auch ohne ausdrückliche gesetzliche Präzisierung, dass die zuständigen Behörden sich eines Verteilmechanismus bedienen, der die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität in dem relevanten Gebiet ermöglicht. Das gilt auch, sofern bei der erforderlichen Auswahlentscheidung zusätzlich Erlaubnisanträge neu in den Markt eintretender Bewerber einzubeziehen sind, wobei grundrechtsrelevante Positionen der Betreiber von Bestandsspielhallen zu berücksichtigen bleiben. Dazu zählt etwa die Amortisierbarkeit von Investitionen. Zudem ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung in § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV, dass bereits bei der Auswahlentscheidung die mit der Neuregelung verfolgten Ziele des § 1 GlüStV zu beachten sind und bei Bestandsspielhallen überdies der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis gemäß § 33i GewO zu berücksichtigen ist. Diese gesetzlichen Vorgaben sind ergänzend durch über das Internet allgemein zugängliche Ministerialerlasse vom 10.5.2016 und 6.11.2017 näher konturiert worden, die weitere Hinweise zu den heranzuziehenden Kriterien enthalten und der Ausübung des Ermessens durch die hieran gebundenen Behörden zusätzliche Grenzen setzen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16.8.2019 - 4 B 659/18 -, juris, Rn. 55 f., und vom 14.6.2019 ? 4 B 1488/18 ?, juris, Rn. 14 ff., jeweils m. w. N. und unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 ? 1 BvR 1314/12 u. a. ?, BVerfGE 145, 20 = juris, Rn. 179 ff., 182 ff.

bb) Die in der Auswahlentscheidung zu berücksichtigenden Ziele des § 1 GlüStV erfordern einen Vergleich der konkurrierenden Spielhallen daraufhin, welche besser geeignet ist, die Ziele des Staatsvertrags zu erreichen. Ausgangspunkt für diese Beurteilung muss sein, inwieweit sich Unterschiede zwischen den Spielhallen oder ihren Betreibern auf die Erreichung/Förderung der Ziele der Verhinderung und Bekämpfung von Glücksspielsucht (§ 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV), der Kanalisierung und Begrenzung des Glücksspielangebotes (§ 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV), des Jugend- und Spielerschutzes (§ 1 Satz 1 Nr. 3 GlüStV) sowie der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Spiels und des Schutzes vor Kriminalität (§ 1 Satz 1 Nr. 4 GlüStV) auswirken (können).

Solche Unterschiede können sich insbesondere aus Besonderheiten des Umfeldes des jeweiligen Standorts oder aus der Art der zu erwartenden Betriebsführung der einzelnen Betreiber ergeben. Hierbei ist etwa maßgeblich, inwieweit prognostisch von einem rechtstreuen Verhalten des Spielhallenbetreibers auszugehen ist, also von der Einhaltung von Vorschriften, die gerade die Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV sicherstellen sollen. Vorgaben für die Betriebsführung, durch die der Gesetzgeber die abstrakten Zielvorgaben des § 1 GlüStV konkretisiert hat, finden sich insbesondere in den Vorschriften, auf die der Landesgesetzgeber in § 16 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 AG GlüStV NRW Bezug genommen hat. Das sind die Jugendschutzanforderungen nach § 4 Abs. 3 GlüStV, das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV, die Werbebeschränkungen nach § 5 GlüStV, die Anforderungen an das Sozialkonzept nach § 6 GlüStV und die Anforderungen an die Aufklärung über Suchtrisiken nach § 7 GlüStV. Der Glücksspielstaatsvertrag selbst fordert in § 6 Satz 2 GlüStV zudem, dass die Vorgaben des Anhangs zum Glücksspielstaatsvertrag "Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht" von den Spielhallenbetreiber zu erfüllen sind. Auch in diesen Richtlinien finden sich qualitative Anforderungen an die Betriebsführung.

Weitere Kriterien für die Bewertung der Betriebsführung lassen sich zudem den die Behörden verbindlichen Erlassen vom 10.5.2016 und 6.11.2017 des Ministeriums für Inneres (und Kommunales) des Landes Nordrhein-Westfalen entnehmen. Im Erlass vom 10.5.2016 wird auf Seite 10 ausgeführt, die Ordnungsbehörden hätten in den Fällen konkurrierender Spielhallen zu prüfen, gegen welchen Betreiber ordnungsrechtlich vorzugehen sei. Diese Aussage ist zwar im rechtlichen Ausgangspunkt irreführend, weil in einer Konkurrenzsituation mehrerer Spielhallenbetreiber nach den gesetzlichen Vorgaben keine an dem Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr auszurichtende Störerauswahl, sondern eine an den dem Glücksspielstaatsvertrag zu entnehmenden Kriterien, wozu auch § 1 GlüStV gehört, zu orientierende Auswahlentscheidung zu treffen ist. Gleichwohl lassen sich dem Erlass in Gestalt der dort aufgeführten Zuverlässigkeitskriterien Gesichtspunkte entnehmen, die Einfluss auf die Erreichung der Ziele des Staatsvertrags haben können und deshalb ? auch nach den Vorstellungen des Erlassgebers ? bei der im Rahmen der erforderlichen Auswahl vorzunehmenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen sein können. Exemplarisch werden in dem Erlass insofern benannt: Die gesetzliche Einhaltung der Vorgaben zu äußerer und innerer Gestaltung der Spielhalle, die Einhaltung baurechtlicher Anforderungen, keine unerlaubten Glücksspiele, die Einhaltung und sichtbare Ausweisung gesetzlich vorgeschriebener Öffnungszeiten, gültige PTB-Prüfplakette sichtbar vorhanden, Übereinstimmung der tatsächlichen Flächen mit § 3 Abs. 2 Satz 1 SpielV, keine illegalen Unterhaltungsspielgeräte, keine Sportwettenterminals vorhanden, keine unerlaubten EC-Kartenautomaten und keine internetfähigen Computer im Betrieb vorhanden.

Die Absicht des Ministeriums, die in § 1 GlüStV niedergelegten Ziele in Form von Anforderungen an den Betrieb der Spielhalle zu konkretisieren, um sie als Auswahlparameter in einer Konkurrenzsituation anwendbar zu machen, geht noch deutlicher aus dem Erlass vom 6.11.2017 hervor. Das Ministerium weist in diesem Erlass darauf hin, es entspreche nicht der Intention des Gesetzgebers, dass Spielhallen, die sich von anderen Spielhallen in Bezug auf Rechtstreue qualitativ positiv abhöben, ihren Betrieb ohne weiteres einstellen müssten. Der Gesetzgeber habe in § 33i GewO und § 16 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 Nr. 1 und 2 lit. a) bis e) AG GlüStV NRW gewerbe- und glücksspielrechtliche Vorgaben - auch solche qualitativer Art - statuiert, die von dem Betreiber einer Spielhalle - losgelöst von den rein quantitativen Kriterien des Verbots der Mehrfachkonzession und des Mindestabstandsgebots und unabhängig von einem etwaigen Härtefall - erfüllt werden müssten, um eine Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle zu er- und behalten. Im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen für eine Erlaubniserteilung sei auf die Erfüllung und dauerhafte Einhaltung dieser gesetzlichen Mindestanforderungen auch im Verhältnis zu räumlich benachbarten Spielhallen zu achten. Der Erlass vom 10.5.2016 eröffne für den Fall nicht anders auflösbarer Konkurrenzsituationen die Möglichkeit, in die Ermessensentscheidung, welche der konkurrierenden Spielhallen eine Erlaubnis erhält, mit Blick auf die vom Gesetzgeber gewünschte Qualitätsorientierung auch qualitative Kriterien einfließen zu lassen. Damit fordert der Erlass im Einklang mit dem an den Zielen des Staatsvertrags ausgerichteten Zweck der gesetzlichen Regelung im Rahmen einer Auswahlentscheidung gerade einen Vergleich konkurrierender Spielhallenbetreiber zumindest auch anhand qualitativer Kriterien.

Der Bewertung, in welchem Maße von den konkurrierenden Spielhallen oder Betreibern materielle Anforderungen an die Betriebsführung erfüllt werden, und die Berücksichtigung von etwaigen Unterschieden in der Auswahlentscheidung steht nicht entgegen, dass die Erfüllung materieller Anforderungen ohnehin Voraussetzung für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis ist.

Allerdings ist nach §§ 24 Abs. 2 Satz 1 GlüStV, 16 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 AG GlüStV NRW eine glücksspielrechtliche Erlaubnis zu versagen, wenn die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderläuft bzw. die Einhaltung der in § 16 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 AG GlüStV NRW genannten Anforderungen nicht sichergestellt ist. Hierdurch wird gewährleistet, dass die Spielhallen, die den qualitativen Kriterien nicht genügen, aus der Auswahl ausscheiden. Die die Anforderungen erfüllenden Spielhallen stehen insoweit auf einer Stufe.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 - 8 C 6.15 -, BVerwGE 157, 126 = juris, Rn. 55.

Ausgehend hiervon mag es dem Landesgesetzgeber offen stehen, durch ausdrückliche gesetzliche Anordnung zu bestimmen, dass (etwa aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität) in der Auswahlentscheidung durch die Behörde nicht weiter zu bewerten ist, inwieweit zwischen den die Erlaubnisvoraussetzungen beachtenden, insoweit auf einer Stufe stehenden, Bewerbern, Unterschiede vorliegen, die sich auf die Erreichung bzw. Förderung der Ziele des § 1 GlüStV auswirken können.

Vgl. dies annehmend Hmb. OVG, Beschluss vom 9.7.2018 - 4 Bs 12/18 -, ZfWG 2018, 449 = juris, Rn. 104, juris, für das dortige Landesrecht; zum Losverfahren nach dem Berliner Landesrecht BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 - 8 C 6.15 -, BVerwGE 157, 126 = juris, Rn. 54 f.

Im nordrheinwestfälischen Landesrecht findet sich aber gerade keine derartige Regelung. Schon deshalb verbleibt es dabei, dass nach den gesetzlichen Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrags, wie sie durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts festgestellt wurden, nach dem Rechtsgedanken aus § 29 Abs. 4 Satz 4 Halbsatz 2 GlüStV auch die Ziele des § 1 GlüStV, die durch weitere Vorschriften und Ministerialerlasse konkretisiert werden können, bei der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen sind. Ein dem Vergaberecht vergleichbar gestuftes Verfahren, in dem auf der ersten Stufe Eignungskriterien zu erfüllen sind, die bei der Auswahl auf der zweiten Stufe dann nicht mehr zur Differenzierung herangezogen werden dürfen, hat der Gesetzgeber für konkurrierende Spielhallen gerade nicht vorgesehen.

Vgl. OVG Saarl., Beschluss vom 13.12.2018 - 1 B 311/18 -, juris, Rn. 23 ff.; a. A.: Hess. VGH, Beschluss vom 27.9.2018 - 8 B 432/18 -, ZfWG 2018, 572 = juris, Rn. 41 ff.; Rn. 18; Sächs. OVG, Beschluss vom 22.12.2017 - 3 B 320/17 -, ZfWG 2018, 272 = juris, Rn. 18.

Eine Differenzierung der Bewerber danach, in welchem Maße sie materielle Anforderungen erfüllen, ist auch tatsächlich möglich. So kommt beispielsweise in Betracht, dass ein Spielhallenbetreiber gegen bestimmte materiellen Anforderungen (zeitweise) verstoßen hat, ohne dass dies die Versagung der Erlaubnis rechtfertigen würde, obwohl auch künftig mit entsprechenden oder ähnlichen geringfügigen Verstößen zu rechnen ist. Dennoch kann sich hierdurch nachvollziehbar ergeben, dass er im Vergleich zu einem stets ohne Beanstandungen tätig gewordenen Spielhallenbetreiber weniger die Gewähr für ein rechtstreues an der Suchtprävention ausgerichtetes Verhalten bietet. Andererseits ist auch denkbar, dass zwar bei keinem der konkurrierenden Betreiber Beanstandungen festzustellen sind, ein Bewerber die gesetzlichen Anforderungen, insbesondere soweit sie unmittelbar auf die Suchtbekämpfung bezogen sind, im Vergleich zu den anderen Bewerbern deutlich übererfüllt und deshalb vorzuziehen ist. Diese Betrachtungsweise liegt wie ausgeführt auch den Vorgaben der erwähnten Ministerialerlasse zugrunde.

Gegen einen Vergleich der konkurrierenden Bewerber daraufhin, in welchem Maße materielle Anforderungen an den Betrieb der Spielhalle erfüllt werden, spricht auch nicht, dass durch sie die Gruppe der in räumlicher Konkurrenz zueinander stehenden, eine (Weiterbetriebs-) Erlaubnis begehrenden Bestandsspielhallen höhere Anforderungen erfüllen muss als die Gruppe anderer eine Erlaubnis begehrender Bestandsspielhallenbetreiber, die wegen ihrer Lage das Abstandsgebot (zufällig) einhält.

Vgl. so aber Hess. VGH, Beschluss vom 27.9.2018 - 8 B 432/18 -, ZfWG 2018, 572 = juris, Rn. 43; Hamb. OVG, Beschluss vom 9.7.2018 - 4 Bs 12/18 -, ZfWG 2018, 449 = juris, Rn. 105 f.

Denn zwischen den beiden Gruppen liegt schon keine vergleichbare Situation vor, die eine Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG erfordern würde. Der maßgebliche Unterschied besteht gerade darin, dass die eine Gruppe das Abstandsgebot nicht einhält, was eine Auswahlentscheidung notwendig macht.

Im Übrigen belegen auch andere Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags zu glücksspielrechtlichen Konzessionen, dass im Glücksspielrecht nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nach der Feststellung der persönlichen Zuverlässigkeit eine weitere Differenzierung im Hinblick auf die Geeignetheit zur Erfüllung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags möglich ist. Denn § 4a Abs. 4 Nr. 1 lit. b) GlüStV sieht vor, dass eine Konzession nur erteilt werden darf, wenn der Konzessionsnehmer und die von ihm beauftragten verantwortlichen Personen die für die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele erforderliche Zuverlässigkeit und Sachkunde besitzen und die Gewähr dafür bieten, dass die Veranstaltung ordnungsgemäß und für die Spieler sowie die Erlaubnisbehörde nachvollziehbar durchgeführt wird. Für die Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern fordert § 4b Abs. 5 GlüStV dann aber weiter die Beurteilung, welcher Bewerber nach Beurteilung der zuständigen Behörde am besten geeignet ist, bei der Veranstaltung von öffentlichen Glücksspielen die Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV, insbesondere den Schutz der Spieler und der Jugendlichen, zu gewährleisten (Nr. 1), weitgehende Informations-, Einwirkungs- und Kontrollbefugnisse der zuständigen Behörden sicherzustellen (Nr. 2), seine nachhaltige finanzielle Leistungsfähigkeit nachzuweisen (Nr. 3), einen wirtschaftlichen Betrieb zu gewährleisten (Nr. 4) und eine Erfüllung der Abgabenpflichten zu gewährleisten (Nr. 5). Im Auswahlverfahren für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Konzession sind also qualitative Kriterien im Auswahlverfahren zu prüfen, auch wenn diese bereits Gegenstand der Prüfung der Zuverlässigkeit sind. Gründe, warum dies bei der Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle anders sein sollte, obwohl auch hierdurch die Ziele des Staatsvertrags erfüllt werden sollen, sind nicht ersichtlich.

cc) Ergibt der Vergleich der konkurrierenden Anträge, dass eine Spielhalle oder ein Betreiber besser für die Förderung der Ziele des Staatsvertrags Gewähr bietet als die Konkurrenten, ist die Auswahl eines dieser Konkurrenten allein wegen seiner Bestandsschutz- und Vertrauensschutzinteressen sachwidrig. In die Auswahlentscheidung sind die Ziele des § 1 GlüStV gegenüber Bestandsschutz- und Vertrauensschutzinteressen jedenfalls nicht nachrangig einzustellen. Dies ergibt sich bereits aus den Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags selbst. Zudem ist diese relative Gewichtung mit Blick auf verfassungs- und unionsrechtlichen Vorgaben geboten und damit auch bei der Ermessensentscheidung notwendig zu beachten.

Für die relative Gewichtung von Bestandsschutz- und Vertrauensschutzgesichtspunkten gegenüber den Zielen des § 1 GlüStV ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bereits mit der fünfjährigen Übergangsfrist in § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV die regelmäßig eintretenden wirtschaftlichen Nachteile bei den Betreibern von Spielhallen erfassen und diesen innerhalb der großzügig bemessenen Übergangsfrist einen schonenden Übergang zu den strengeren Reglungen des Staatsvertrags und die Entwicklung alternativer Geschäftsmodelle ermöglichen wollte.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.1.2019 - 4 B 1333/18 -, ZfWG 2019, 181 = juris, Rn. 32.

Da durch den fünfjährigen Übergangszeitraum dem Bestands- und Vertrauensschutz im Grundsatz ausreichend Rechnung getragen wurde,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 ? 1 BvR 1314/12 u. a. ?, BVerfGE 145, 20 = juris, Rn. 179 ff., 188 ff.,

haben diese Interessen gegenüber den Zielen des § 1 GlüStV bereits im Ausgangspunkt ein geringeres Gewicht. Die Regelung des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV lässt zwar auch nach dem fünfjährigen Übergangszeitraum eine Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen des § 24 Abs. 2 sowie § 25 GlüStV zu, wenn dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist. Die Befreiung ist aber nur für einen angemessenen Zeitraum, also vorübergehend, zuzulassen und nur unter Berücksichtigung der Ziele des § 1 GlüStV. In der Begründung des Staatsvertrags wird hierzu ausgeführt, dass die Befreiung auf den Zeitraum zu beschränken sei, der erforderlich sei, um unzumutbaren Belastungen Rechnung zu tragen, ohne aber die mit §§ 24 und 25 GlüStV verfolgten Allgemeinwohlinteressen auf Dauer zurückzustellen.

Vgl. Begründung zu § 29 GlüStV, abgedruckt etwa in Bay. LT-Drs. 16/11995, S. 32, sowie in Nds. LT-Drs. 16/4795, S. 94.

Können Bestandsschutz- und Vertrauensschutzgesichtspunkte bei unzumutbaren Belastungen eine Erlaubniserteilung aber nur für einen angemessenen (begrenzten) Zeitraum rechtfertigen, wäre es sachwidrig, gestützt auf diese Kriterien einen im Hinblick auf die Erfüllung der Ziele des § 1 GlüStV vorzuziehenden Bewerber abzulehnen. Folge einer solchen Auswahlentscheidung wäre es nämlich, dass der sich auf Bestands- bzw. Vertrauensschutzgesichtspunkte berufene Betreiber aller Voraussicht nach den unterlegenen Konkurrenten nicht nur für einen angemessenen Zeitraum, sondern dauerhaft verdrängen würde. Denn der unterlegene Bewerber müsste sein Geschäft wegen des Mindestabstandsgebots aufgeben. Die Annahme, dass er zu einem späteren Zeitpunkt, nach Ablauf der vorübergehend erteilten Härtefallerlaubnis durch den Konkurrenten, dann erneut versuchen würde, an diesem Standort den Betrieb seiner Spielhalle wieder aufzunehmen, geht an der Lebenswirklichkeit schon deshalb vorbei, weil die Räumlichkeiten zwischenzeitlich regelmäßig einer anderen Nutzung zugeführt werden. Die durch den Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Allgemeininteressen würden demnach entgegen der erklärten Zielrichtung des Staatsvertrags nicht nur für einen angemessenen Zeitraum, sondern regelmäßig dauerhaft zurückgestellt.

Eine vorrangige Betrachtung von Bestandsschutzinteressen in der Auswahlentscheidung lässt sich auch nicht dadurch rechtfertigen, dass so insgesamt weniger Spielhallen eine Erlaubnis erhalten würden, also das ebenfalls in § 1 GlüStV zu verortende Ziel der Reduzierung der Spielhallendichte gefördert würde.

Vgl. so aber VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.4.2018 - 6 S 2250/17 -, ZfWG 2018, 319 = juris, Rn. 8 f.

Zwar ist es im Ausgangspunkt zutreffend, dass die nur nachrangige Betrachtung von Bestandsschutz- und Vertrauensschutzgesichtspunkten in der Auswahlentscheidung die Anzahl an Spielhallen vorläufig weniger stark reduzieren würde. Wenn hierdurch Spielhallenbetreiber, die Anspruch auf eine Härtefallerlaubnis haben, im Auswahlverfahren nicht schon deswegen dauerhaft ausgewählt würden, müssten sie anschließend trotz Verletzung des in § 16 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 AG GlüStV NRW festgelegten Mindestabstands aus Härtefallgründen unter Inanspruchnahme einer Befreiung nach §§ 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV (zusätzlich) zugelassen werden. Eine solche Folge träte aber nur zeitweilig ein, sie bestünde ausschließlich für den angemessenen Zeitraum, der zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist. Die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags werden aber langfristig besser gefördert, wenn nach Ablauf des Härtefallzeitraums der qualitativ bessere Spielhallenstandort bestehen bleibt.

Vgl. Kläner, ZfWG 2018, 378, 381 f.

Der zur Erreichung der Ziele des Staatsvertrags besser geeignete Standort oder Spielhallenbetreiber würde jedoch, wie ausgeführt, bei der vorrangigen Berücksichtigung von Härtefallinteressen voraussichtlich dauerhaft verdrängt werden. Die vorrangige Berücksichtigung der Ziele des § 1 GlüStV in der Auswahlentscheidung ist im Übrigen auch im Hinblick auf Neubewerber geboten, die einen Anspruch auf Einbeziehung in die Auswahlentscheidung haben. Dies gilt umso mehr für Betreiber von Bestandsspielhallen, die wie die Antragstellerin keine Härtegründe geltend machen können. Der Vorrang von Bestandsschutz- und Vertrauensschutzgesichtspunkten würde jedoch nicht nur Neubewerber, sondern auch Bestandsspielhallen, für die keine außergewöhnlichen Vertrauensschutzgesichtspunkte sprechen, in Konkurrenzlagen von der Auswahlentscheidung faktisch auf lange Sicht ausschließen.

Die jedenfalls nicht nachrangige Berücksichtigung der Ziele des § 1 GlüStV bei der Auswahlentscheidung ergibt sich mangels einer vertretbaren abweichenden landesgesetzlichen Gewichtung mit Blick auf den mit der Begrenzung des Spielhallenangebots verbundenen Grundrechtseingriff auch unmittelbar aus verfassungsrechtlichen Vorgaben.

Die Begrenzung des Spielhallenangebots durch das Mindestabstandsgebot und Mehrfachspielhallenverbot greift in die Grundrechte der Spielhallenbetreiber aus (Art. 19 Abs. 3 i. V. m.) Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 GG ein. Dieser Eingriff findet seine verfassungsrechtliche Rechtfertigung in dem besonders wichtigen gemeinwohlziel der Vermeidung und Abwehr der vom Glücksspiel in Spielhallen ausgehenden Suchtgefahren und dem Schutz von Kindern und Jugendlichen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, BVerfGE 145, 20 = juris, Rn. 131 ff., 169.

Damit sind die Ziele des § 1 GlüStV konkret angesprochen.

Europarechtlich genießen die Ziele des § 1 GlüStV schon deshalb Vorrang, weil nach der gefestigten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit in Form von Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten nur dann unionsrechtlich gerechtfertigt werden kann, wenn die restriktive Maßnahme einem zwingenden Grund des Allgemeininteresses wie dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung (einschließlich der Bekämpfung der Spielsucht), der Betrugsvorbeugung oder der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen entspricht und geeignet ist, die Verwirklichung dieses Ziels dadurch zu gewährleisten, dass sie dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten im Glücksspiel in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.

Vgl. EuGH, Urteile vom 21.10.1999, - C-67/98 -, EU:C:1999:514, Zenatti, Slg 1999, I-7289 = juris, Rn. 36, vom 6.11.2003 - C-243/01 -, EU:C:2003:597, Gambelli u. a., Slg 2003, I-13031 = juris, Rn. 67, vom 6.3.2007 - C-338/04 u.a. - EU:C:2007:133, Placanica u. a., Slg 2007, I-1891 = juris, Rn. 52 f., vom 8.9.2010 - C-46/08 -, EU:C:2010:505, Carmen Media, Slg 2010, I-8149 = juris, Rn. 55, 64 f., und vom 8.9.2010 - C-316/07 u. a. -, EU:C:2010:504, Markus Stoß u. a., Slg 2010, I-8069 = juris, Rn. 88.

Das Ziel, Wirtschaftsteilnehmern Kontinuität, finanzielle Stabilität und angemessene Renditen aus den getätigten Investitionen zu gewährleisten, also Bestands- und Vertrauensschutzgesichtspunkte, sind hingegen für sich genommen keine zwingenden Gründe des Allgemeininteresses, die eine Beschränkung der Grundfreiheiten rechtfertigen könnten.

Vgl. EuGH, Urteil vom 16.2.2012 - C-72/10 u. a. -, EU:C:2012:80, Marcello Costa u. a., EuZW 2012, 275 = juris, Rn. 50, 59 ff.

Auch wenn die legitimen unionsrechtlich anerkannten Gemeinwohlziele bereits durch die Reduzierung der Zahl der Spielhallen zulässigerweise verfolgt werden und deshalb mit der Regelung nicht lediglich das Ziel verfolgt wird, bestimmten Wirtschaftsteilnehmern (durch geringere Konkurrenz) angemessene Einnahmen und die Rentabilität ihrer Investitionen zu sichern, wäre es unionsrechtlich wegen der damit verbundenen sachwidrigen Verengung des Bewerberkreises nicht zu rechtfertigen, bei einer Auswahlentscheidung, die erst wegen der Einführung der nur durch das Ziel der Suchtbekämpfung gerechtfertigten Abstandsgebote erfolgen muss, und für die die Gewichtung der einzustellenden Kriterien durch den Gesetzgeber nicht anderweitig konkretisiert wurde, Bewerber nur im Hinblick auf Bestandsschutz- und Vertrauensschutzinteresse zu bevorzugen, wenn andere Bewerber besser geeignet sind, die Förderung des Ziels der Suchtbekämpfung zu gewährleisten.

dd) Ausgehend hiervon wird sich die Entscheidung der Antragsgegnerin bereits deshalb als aller Voraussicht nach fehlerhaft erweisen, weil sie die Antragstellerin wegen fehlenden Vertrauensschutzes in das Auswahlverfahren von vornherein nicht einbezogen hat. Hierdurch hat die Antragsgegnerin die Erfüllung der Ziele des § 1 GlüStV gegenüber Vertrauensschutzinteressen entgegen dem Regelungszweck als nachrangig erachtet. Dies ist auch nicht im Ergebnis unschädlich, weil sich derzeit nicht absehen lässt, dass die Antragstellerin bei einer erneuten Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats mit Sicherheit unberücksichtigt bleiben würde.

Die Antragsgegnerin hat im Gerichtsverfahren erläutert, dass zur Auflösung der Konkurrenzsituation zwischen den das Mindestabstandsgebot nicht einhaltenden Spielhallen zunächst geprüft worden sei, ob jedem Betreiber Vertrauensschutz zustehe. Dies sei maßgeblich dafür gewesen, die Antragstellerin nicht in das Auswahlverfahren einzubeziehen. In der Begründung des angegriffenen Bescheids wird insoweit ausgeführt, die Antragstellerin habe im Übergangszeitraum vom 1.12.2012 bis zum 30.11.2017 mit dem Wissen der Auswirkungen des Glücksspielstaatsvertrags Vermögensdispositionen getroffen, weshalb es ihr an dem erforderlichen Vertrauensschutz fehle. Im Gerichtsverfahren hat sie zusätzlich erläutert, bei den weiteren Betreibern, die sich auf Vertrauensschutz berufen könnten, habe anhand eines Vergleichs von möglichen Sachkriterien (Alter der Bestandsspielhallen, die örtliche Lage in Bezug auf von Kindern und Jugendlichen besuchten Einrichtungen, die Qualität des Sozialkonzeptes) nicht eine Auswahlentscheidung für einen Betreiber getroffen werden können. Deshalb habe sich die weitere Auswahlentscheidung an dem Kriterium der bestmöglichen Ausschöpfung der Standortkapazität orientiert. Diese Vorgehensweise ist ermessensfehlerhaft, weil hierdurch die Antragstellerin von dem notwendigen Vergleich der konkurrierenden Bewerber daraufhin, wer besser geeignet ist, die Förderung der Ziele des Staatsvertrags zu gewährleisten, von vornherein ausgeschlossen wurde.

Der Ausschluss der Antragstellerin aus dem Auswahlverfahren ist auch nicht im Ergebnis unschädlich. Es lässt sich nicht absehen, dass die Antragstellerin bei einer erneuten Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats mit Sicherheit unberücksichtigt bleiben würde. Dem Senat liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Antragstellerin auch nach einem Vergleich der Bewerber bezogen auf die Ziele des § 1 GlüStV mit Sicherheit das Nachsehen hätte. Die Feststellung und Bewertung der Unterschiede zwischen den Bewerben unterfällt zudem einem Ermessensspielraum der Behörde, der nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist. Deshalb darf der Senat die der Antragsgegnerin vorbehaltene Entscheidung nicht selbst treffen. Die Nichtberücksichtigung der Antragstellerin lässt sich auch nicht dadurch rechtfertigen, dass ihr Antrag im Hinblick auf das Kriterium der bestmöglichen Ausschöpfung der Standortkapazität ohnehin abgelehnt werden müsste. Denn dies trifft schon bei isolierter Betrachtung dieses Kriteriums nicht zu. Die Antragsgegnerin hat angegeben, dass nach Auflösung der Konkurrenzsituationen in der N. Innenstadt insgesamt für vier Spielhallenstandorte (I. Platz 15, M.straße 28; M1.straße 19, F. Str. 109) eine Erlaubnis habe erteilt werden können. Zu Recht hat die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 19.6.2019 aufgezeigt, dass aber auch bei der Auswahl ihres Standorts insgesamt für vier Spielhallenstandorte eine Erlaubnis möglich gewesen wäre. Unabhängig hiervon hat die Antragsgegnerin geschildert, dass sie bei ihrer Auswahlentscheidung zunächst mögliche Sachkriterien geprüft hat und erst danach auf die bestmögliche Ausschöpfung der Standortkapazität abgestellt hat. Eine Prüfung von Sachkriterien hat sie hinsichtlich der Antragstellerin aber noch nicht vorgenommen.

Dass die Antragstellerin weitere Spielhallen an dem Standort I. betreibt, die den Mindestabstand zu der hier streitgegenständlichen Spielhalle nicht einhalten, rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme, dass die Antragstellerin bei einer erneuten Auswahlentscheidung mit Sicherheit nicht berücksichtigt würde. Zwar kommt auf die Dauer wegen des Mindestabstandsgebots nur der Betrieb einer der beiden Spielhallenstandorte in Betracht. Da wegen der fehlerhaften Gewichtung der Auswahlkriterien aber eine vollständig neue Auswahlentscheidung erforderlich ist, in die nicht nur die beiden Spielhallenstandorte der Antragstellerin, sondern auch die den Mindestabstand unterschreitenden Spielhallen anderer Betreiber erneut einzubeziehen sind, kann derzeit nicht beurteilt werden, wie die Antragsgegnerin, insbesondere auch unter Berücksichtigung ihres Ermessensspielraums, die Konkurrenzsituation auflösen wird. Es lässt sich derzeit nicht beurteilen, ob einer der beiden Spielhallenstandorte (bzw. welcher Standort) bei einer neuen Auswahlentscheidung gegenüber den Konkurrenten vorzuziehen wäre. Vor diesem Hintergrund ist die Antragstellerin derzeit nicht gezwungen, einen Standort zu Gunsten des anderen aufzugeben.

c) Das Recht der Antragstellerin auf eine an sachgerechten Kriterien ausgerichtete Auswahlentscheidung für den Weiterbetrieb der unter die Regelung des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV fallenden Bestandsspielhalle, das durch die rechtswidrige Ablehnung ihres Antrags auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis verletzt wird, kann mit Blick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes mit einer einstweiligen Anordnung gesichert werden, die auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin gerichtet ist, den Weiterbetrieb der Spielhalle 1 bis zu einer neuen Entscheidung über ihren Erlaubnisantrag vorläufig zu dulden.

Ein Anspruch auf Duldung besteht nur bis zur einer erneuten Bescheidung des Erlaubnisantrags und nicht, wie ausdrücklich beantragt, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Erlaubnisverfahrens. Es ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass das Gebot des effektiven Rechtsschutzes keinen derart weitreichenden Rechtsschutz verlangt, der auf eine Aussetzung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens abzielt und eine zeitnahe Umsetzung der Vorgaben des Glücksspielstaatvertrages erheblich verzögert. Der Senat hält eine Duldungspflicht der Antragsgegnerin für die Zeit bis zu einer neuen Entscheidung über den Erlaubnisantrag der Klägerin für ausreichend. Inwieweit anschließend eine weitere Duldung geboten sein kann, ist zunächst im Rahmen behördlichen Ermessens zu beurteilen oder im Rahmen eines gegen eine etwaige neue Ablehnungsentscheidung gerichteten weiteren Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14.6.2019 - 4 B 1488/18 -, Rn. 7 ff., vom 18.7.2018 - 4 B 179/18 -, NWVBl. 2018, 529 = juris, Rn. 44 f., und vom 4.10.2018 - 4 B 1605/17 -, juris, Rn. 5.

2. Die Antragstellerin hat, soweit der Anordnungsanspruch besteht, auch den notwendigen Anordnungsgrund im Sinne von § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht.

Ob eine vorläufige Regelung "nötig erscheint", ist auf der Grundlage einer Interessenabwägung zu beantworten. Es ist zu prüfen, ob es dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen nicht zumutbar ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17.10.2017 - 4 B 786/17 -, ZUM-RD 2018, 190 = juris, Rn. 42 f., m. w. N.

Gemessen daran ist die einstweilige Anordnung mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG erforderlich, um wesentliche Nachteile für die Antragstellerin abzuwenden. Der weitere Betrieb der Spielhalle ohne Duldung würde die Antragstellerin der Gefahr von ordnungswidrigkeiten- und/oder strafrechtlichen Konsequenzen (§§ 23 Abs. 1 AG GlüStV NRW, 284 StGB) aussetzen. Es ist ihr nicht zuzumuten, die für die Ahndung im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren erforderliche Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen "auf der Anklagebank" zu erleben.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.4.2003 - 1 BvR 2129/02 -, BVerfGK 1, 107 = juris, Rn. 14; Hess. VGH, Beschluss vom 31.1.2019 - 8 B 225/18 -, ZfWG 2019, 267 = juris, Rn. 26.

Ohne den Ausspruch der vorläufigen Duldung des Weiterbetriebs der Spielhalle wäre die Antragstellerin, wenn sie sich jedenfalls rechtskonform verhalten möchte, gezwungen, ihren Betrieb aufzugeben. Eine Betriebsaufgabe würde wegen der jedenfalls teilweise nicht rückgängig zu machenden wirtschaftlichen Folgen eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung ihrer durch Art. 19 Abs. 3 GG i. V. m. Art. 12 und 14 GG grundrechtlich geschützter Rechtspositionen der Antragstellerin bedeuten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnte.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14.6.2019 - 4 B 1488/18 -, juris, Rn. 8 ff., m. w. N.

Darauf, dass die Antragsgegnerin die Schließung der Spielhalle bislang nicht angeordnet hat, kommt es demnach nicht an. Denn die Gefahr von ordnungswidrigkeiten- und/oder strafrechtlichen Konsequenzen besteht bereits wegen der fehlenden Erlaubnis. Da die Antragsgegnerin in dem Versagungsbescheid auch die beantragte vorläufige Duldung abgelehnt hatte, musste die Antragstellerin auch nicht erst abwarten, bis gegen sie ein Bußgeldverfahren anhängig gemacht oder der Vorwurf strafbaren Handelns erhoben wird.

II. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erweist sich bezogen auf die Spielhalle 2 im Ergebnis als richtig. Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Fortführung des Betriebes der Spielhalle 2 am I. nicht glaubhaft gemacht. Die Ablehnung des Erlaubnisantrags durch die Antragsgegnerin ist insofern offensichtlich rechtmäßig.

Der Erteilung einer Erlaubnis für die Spielhalle steht jedenfalls das Verbot der Mehrfachkonzessionen aus §§ 25 Abs. 2 GlüStV, 16 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 GlüStV NRW entgegen. Danach ist die Erteilung einer Erlaubnis für eine Spielhalle ausgeschlossen, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex. Dies ist hier der Fall, weil sich die Spielhalle 2 in demselben Gebäude befindet wie die Spielhalle 1. Der Weiterbetrieb der Spielhalle 1 wird von der Antragstellerin ausweislich des im Verwaltungsverfahren gestellten Antrags gegenüber dem Weiterbetrieb der Spielhalle 2 bevorzugt. Einer zusätzlichen Festlegung von konkreten, bei der behördlichen Entscheidung zugrunde zu legenden Auswahlkriterien bedurfte es dabei nicht.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16.8.2019 - 4 B 659/18 -, juris, Rn. 64 f., m. w. N.

Die Voraussetzungen für eine Befreiung von dem Verbot des Mehrfachkonzessionen nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV zur Vermeidung einer unbilligen Härte liegen nicht vor.

Mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der unbilligen Härte sollen (nur) atypische, vom Gesetzgeber nicht ausreichend berücksichtigte, besonders gelagerte Fallkonstellationen, in denen die Anwendung der gesetzlichen Vorgaben zu einer nicht intendierten Härte führen würde, einer die widerstreitenden Interessen abwägenden Einzelfallentscheidung zugeführt werden können. Härten, die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Tatbestands bewusst in Kauf genommen hat und die dem Gesetzeszweck entsprechen, können keinen Härtefall begründen, weil sonst die vom Gesetzgeber beabsichtigte Folge ? hier eine Verringerung von Anzahl und Dichte der Spielhallen ? in der Regel nicht eintreten würde. Deshalb sind an die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzung der "unbilligen Härte" hohe Anforderungen zu stellen. Diese sind regelmäßig nicht bereits dann erfüllt, wenn mit der Schließung von Spielhallen wirtschaftliche Einbußen und sonstige Belastungen verbunden sind. Insbesondere können die Spielhallenbetreiber nicht die verlustfreie Abwicklung ihrer zu schließenden Spielhallen verlangen. Der Gesetzgeber wollte mit der fünfjährigen Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV die regelmäßig eintretenden wirtschaftlichen Nachteile bei den Betreibern von Spielhallen erfassen und diesen innerhalb der großzügig bemessenen Übergangsfrist einen schonenden Übergang zu den strengeren Reglungen des Staatsvertrags und die Entwicklung alternativer Geschäftsmodelle ermöglichen. Die Annahme einer unbilligen Härte muss daher auf wenige Ausnahmen in besonders atypischen Einzelfällen beschränkt bleiben.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.1.2019 - 4 B 1333/18 -, ZfWG 2019, 181 = juris, Rn. 32 f., m. w. N.

Gemessen hieran ist ein atypischer Einzelfall nicht ansatzweise ersichtlich. Ein solcher ergibt sich jedenfalls nicht aus dem Bestehen eines langfristigen Mietverhältnisses. Abgesehen davon, dass die Antragstellerin den Mietvertrag erst im Jahr 2015 in Kenntnis des ausstehenden Endes der Übergangsfrist für Bestandsspielhallen abgeschlossen hat, steht ihr auf Grund der Regelung in Ziffer 6.5, Teil D des Mietvertrags im Hinblick auf die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags ein Sonderkündigungsrecht zu. Dass im Fall der Betriebsschließung Kosten entstehen, kann eine unbillige Härte ebenfalls nicht begründen. Denn Kosten, die Folge der Betriebsschließung sind, entsprechen gerade dem gesetzlichen Regelfall. Derartige wirtschaftliche Einbußen und das Nichterreichen einer Vollamortisation sind vom Gesetzgeber in Kauf genommen worden, zumal wenn Verpflichtungen erst in Kenntnis der glücksspielrechtlichen Neuregelungen eingegangen worden sind. Im Übrigen fehlt es an einer substantiierten Darstellung der Kosten bzw. der angeblichen Verluste und an jeglichem Vortrag, warum sich die bisherigen Ausgaben trotz des mehrjährigen Betriebes nicht durch entsprechende Betriebsgewinne ausgeglichen haben. Dass die Investitionen der Antragstellerin sich noch nicht amortisiert haben, wird von ihr nur behauptet, aber nicht ansatzweise belegt. Die weiteren von der Antragstellerin in ihrem Antrag genannten Umstände zeigen ebenfalls keine Besonderheiten auf und sind deshalb ebenfalls offensichtlich nicht geeignet, eine besondere Härte zu begründen.

Soweit die Antragstellerin im Gerichtsverfahren geltend macht, wegen des fehlerhaften Auswahlverfahrens bezüglich der Spielhalle 1 stehe ihr trotz des Verbundverbots ein Anspruch auf Duldung beider Spielhallen zu, dringt sie auch hiermit nicht durch. Anders als die Antragstellerin geltend macht, liegen keine Gründe für die Annahme vor, dass sich ihre Chancen im Erlaubnisverfahren verschlechtern würden, wenn sie nur mit einer Spielhalle an diesem teilnähme. Selbst wenn die Antragstellerin nicht in Konkurrenz stehen würde, käme eine Erlaubnis für die Spielhalle 2 wegen des Verbundverbots und Fehlens einer unbilligen Härte nicht in Betracht. Die Fortführung des Betriebs der Spielhalle 2 kann im Auswahlverfahren die Chancen der Antragstellerin auch deshalb nicht erhöhen, weil sich der Umstand, dass die Antragstellerin bereits eine Spielhalle geschlossen hat, sofern er sich bei der vergleichenden Auswahl mit anderen Betreibern als relevant erweisen sollte, unabhängig davon berücksichtigt werden kann, ob die Schließung sofort oder später erfolgt ist.

Ohne Erfolg macht die Antragstellerin schließlich geltend, der Weiterbetrieb der Spielhalle sei schon deshalb zu dulden, weil der Landesgesetzgeber für das Auswahlverfahren keine gesetzliche Grundlage geschaffen habe und die Ausgestaltung des Auswahlverfahrens gegen das unionsrechtliche Transparenzgebot verstoße. Abgesehen davon, dass die Spielhalle 2 wegen des Verbundverbots schon nicht in ein Auswahlverfahren einbezogen werden kann, ist es in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass die Regelungen zum Auswahlverfahren im nordrheinwestfälischen Landesrecht mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar sind.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16.8.2019 - 4 B 659/18 -, juris, Rn. 9 ff., und vom 8.6.2017 - 4 B 307/17 -, NWVBl. 2017, 431 = juris, Rn. 17 ff., jeweils m. w. N

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Soweit die Antragstellerin die Duldung ihrer Spielhallen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Erlaubnisverfahrens (und nicht nur bis zur erneuten Bescheidung ihres Erlaubnisantrags) begehrt hat und insoweit die Beschwerde auch bezogen auf die Spielhalle 1 keinen Erfolg hat, führt dies in der Gesamtwertung nicht zu einem so deutlichen Überwiegen des Unterliegensanteils der Antragstellerin, dass gegenüber einer hälftigen Kostenteilung eine Anhebung ihrer Kostenlast gerechtfertigt wäre. Es steht nicht einmal fest, ob die Antragsgegnerin vor einer Entscheidung in der Hauptsache neu über den Erlaubnisantrag der Antragstellerin entscheiden wird.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 und 52 Abs. 1 GKG. Dabei berücksichtigt der Senat, dass die Antragstellerin die Duldung von zwei Spielhallen begehrt und zieht in Orientierung an dem Vorschlag unter Nr. 54.1 bzw. 54.2.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 58 [68]) pro Spielhalle den dort genannten Mindestbetrag für den Jahresgewinn von 15.000,00 € (insgesamt: 30.000 €) als Grundlage der Wertfestsetzung heran. Dieser Betrag ist wegen der Vorläufigkeit des Eilverfahrens zu halbieren (Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013). Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Halbierung auch in Fällen angezeigt, in denen es - wie hier - der Antragstellerin um eine vorläufige Fortführung eines Spielhallenbetriebs geht.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27.6.2018 ? 4 B 537/18 ?, GewArch 2018, 425 = juris, Rn. 46 f., m. w. N.

Eine damit gegebenenfalls verbundene Vorwegnahme der Hauptsache hätte nur temporären Charakter. Eine Festsetzung des vollen Hauptsachestreitwerts wäre deshalb nicht sach- und interessengerecht.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.