AG Langenfeld, Beschluss vom 25.07.2017 - 42 F 74/16
Fundstelle
openJur 2019, 33558
  • Rkr:

Zu den Voraussetzungen einer Ehegatteninnengesellschaft und einer Bruchteilsgemeinschaft an ehelichem Vermögen

Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die Beteiligten streiten im Wege der Stufenklage über von der Antragstellerin geltend gemachte Ansprüche, die diese auf eine Ehegatteninnengesellschaft bzw. Bruchteilsgemeinschaft stützt.

Die Beteiligten haben am xx.xx.1994 geheiratet. Aus der Ehe ist der am xx.xx 1997 geborene Sohn M hervorgegangen. Die Beteiligten haben am xx. xx 1994 einen notariellen Ehevertrag geschlossen, in dem vereinbart worden ist:

"Wird der Güterstand auf andere Weise als durch Tod eines von uns beendet, wird insbesondere unsere Ehe geschieden, so findet zwischen uns ein Zugewinnausgleich nicht statt. Dies gilt auch für den vorzeitigen Zugewinnausgleich bei Getrenntleben."

Die Beteiligten leben seit dem xx. xx 2015 voneinander getrennt. Ein Scheidungsverfahren ist bisher nicht anhängig.

Die Beteiligten haben am xx. xx 1996 zu hälftigen Miteigentumsanteilen eine Eigentumswohnung erworben, die inzwischen schuldenfrei ist. Zwischen ihnen besteht Einvernehmen, dass die Antragstellerin an dem Wert der Eigentumswohnung hälftig beteiligt ist. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Antragsgegners zahlte dieser von den Kosten für die Wohnung 88%, die Antragstellerin 12% (Bl. 135, 138 GA).

Die Einkommensverhältnisse der Beteiligten haben sich während der Ehe stark verändert. Zum Zeitpunkt der Eheschließung war der Antragsgegner seit langen Jahren berufstätig mit guten Einkünften. Er hatte ein sehr hohes Anfangsvermögen. Die Antragstellerin hat zeitnah zur Eheschließung ihre Berufsausbildung abgeschlossen. Sie war zunächst teilzeitbeschäftigt mit einem monatlichen Nettoeinkommen von durchschnittlich 1.100,00 EUR. Der Antragsgegner hat ab Oktober 2005 seine berufliche Stellung bei der Firma T verloren und eine Abfindung erhalten. Er ist anschließend freiberuflich tätig geworden mit - nach seinem unbestrittenen Vortrag- nur symbolischen Einkünften. Er hat im Jahr 2014 gemeinsam mit seinen Geschwistern eine Erbschaft erhalten. Die Antragstellerin hat seit 2008 ein berufliches Einkommen aus einer Vollzeittätigkeit in Höhe von durchschnittlich 3.000 EUR netto.

Nach ihren Angaben hat die Antragstellerin in der Zeit ihres geringen Verdienstes (vor 2008) durchschnittlich 450,00 EUR monatlich auf das Gemeinschaftskonto der Beteiligten und sodann monatlich 1.900,00 EUR (bis Mai 2015) überwiesen. Die Antragstellerin erhielt vom Antragsgegner bis etwa 2007 monatlich etwa 300,00 EUR als Ausgleich für die Wahl der Steuerklassen. Sie zahlte monatlich 100,00 EUR in eine Lebensversicherung ein, aus der sie im Dezember 2016 eine Versicherungsleistung in Höhe von 35.000,00 EUR erhielt.

Beide Beteiligte hatten während des ehelichen Zusammenlebens mehrere Bankkonten, die dem anderen z.T. nicht bekannt waren. Wegen der Einzelheiten, auch zur Höhe und Verwendung der Konten, wird auf den Akteninhalt, insbesondere auf den Schriftsatz der Antragstellerin vom 27.03.2017 (Bl. 149 ff. GA) und den Schriftsatz des Antragsgegners vom 20.04.2017 (Bl. 195 ff. GA) verwiesen.

Die Antragstellerin fordert im Stufenverfahren Auskünfte über das Vermögen des Antragsgegners sowie Beteiligung daran. Sie stützt ihr Begehren primär auf eine von ihr angenommene Ehegatteninnengesellschaft, sekundär auf Ansprüche aus einer Bruchteilsgemeinschaft zwischen den Beteiligten. Sie behauptet dazu im Wesentlichen, die Beteiligten hätten während der gesamten Ehe extrem sparsam gelebt. Die Antragstellerin hätte sich dem Eheplan des Antragsgegners gefügt, möglichst viel Kapital zu bilden, auch dessen Erträge zu separieren, um altersgesichert zu sein. Der Antragsgegner habe die überschießenden Einkünfte für sich separiert und die Antragstellerin über den wachsenden Bestand seiner Bankguthaben nicht informiert. Sie habe es ihm freigestellt, mit den separierten, nicht verwirtschafteten Einkünften bankmäßig zu verfahren, wie er wolle.

Sie beantragt,

1.

den Antragsgegner zu verpflichten, der Antragstellerin ein belegtes Bestandsverzeichnis auf den 7. November 2015, hilfsweise auf den 16.01.2017 (Tag der Zustellung des Antrags des 9. Januar 2017) zu erteilen, das zu enthalten hat:

a.)

alle auf den Namen des Antragsgegners und auf den Namen beider Beteiligten unterhaltenen Bankkonten nach Namen und Adresse des Bankinstitutes sowie nach der Art des/der Konten und nach den Valutenbeständen unter Vorlage von Bankbestätigungen mit Ausnahme der Konten bei der Stadtsparkasse E, Nrn. xxxxxxxxx1, xxxxxxxxx2, xxxxxxxxx3

b.)

etwaiges Bargeldvermögen des Antragsgegners,

2.

Gegebenenfalls: Der Antragsgegner wird verpflichtet, eine Richtigkeits- und Vollständigkeitsversicherung auf die vorgenannten Auskünfte bezogen, an Eides statt zu erteilen, sowie

3.

der Antragsgegner wird verpflichtet, den aus dieser Auskunft - gegebenenfalls nach der Richtigkeits- und Vollständigkeitsversicherung - sich ergebenden Betrag, der Gegenstand der Ehegatteninnengesellschaft oder - im Fall dass das Gericht nicht vom Vorliegen einer solchen ausgeht - der Bruchteilsgemeinschaft der Beteiligten ist, hälftig an die Antragstellerin auszuzahlen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Er verneint das Vorliegen sowohl einer Ehegatteninnengesellschaft wie auch einer Bruchteilsgemeinschaft hinsichtlich seiner Konten und seines Bargeldes. Er bestreitet den von der Antragstellerin behaupteten Eheplan. Er verweist auf eheliche Zahlungen sowie Geschenke an die Antragstellerin bis Dezember 2006. Er bestreitet das Vorbringen der Antragstellerin über extremes Sparverhalten und besonders bescheidene Urlaubsgestaltungen während der Ehe.

Der Antragsgegner trägt - auch zur Begründung des vereinbarten Ausschlusses des Zugewinnausgleichs - vor, über ein erhebliches Anfangsvermögen verfügt und zudem weiteres Vermögen aus einer Erbschaft erhalten zu haben. Zu den nur auf seinen Namen bestehenden Konten trägt er vor, diese bestünden in den Monaten Juli bzw. August 2015

mit 183.242,00 EUR bei der J-Bank,

mit 66.840,00 EUR bei der S-Band,

mit rd. 40.000,00 EUR bei der R-Bank.

Auf den weiteren Vortrag der Beteiligten geht das Gericht, soweit entscheidungserheblich, im Folgenden ein.

Der Antrag der Antragstellerin ist nicht begründet.

Der Antrag ist auf Anteile an Bankkonten sowie an Bargeldvermögen des Antragsgegners beschränkt. Es geht demnach nicht um die der Antragstellerin bekannten zwei Bausparverträge. Auch die der Antragstellerin bekannten Konten, über die beide Beteiligte verfügen konnten, sind nicht Streitgegenstand

Soweit die Antragstellerin im Stufenverfahren Ansprüche nach §§ 713, 666, 259, 722, 734 BGB geltend machen will, ist das Vorbringen nicht schlüssig. Denn die genannten Anspruchsgrundlagen setzen das Bestehen einer Gesellschaft nach §§ 705 ff. BGB voraus. Das tatsächliche Vorbringen der Antragstellerin ist nicht geeignet, das Zustandekommen einer sog. "Ehegatten-Innengesellschaft" zu begründen. Wesentliche Voraussetzung für die Annahme einer - ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten zustande gekommenen - solchen Gesellschaft ist nach der Rechtsprechung des BGH ein "über die Verwirklichung der Ehegemeinschaft hinausgehender Zweck" (BGH, Urt. v. 28.09.2005, XII ZR 189/02, BGHZ 165, 1 ff.) Ein über die von Eheleuten im Regelfall für das Alter getroffenen Vorsorgeanstrengungen hinausgehender Zweck ist hier nicht erkennbar. Das hier behauptete extreme Sparverhalten in der Ehe zur Ermöglichung eines großzügigen Rentnerlebens ist kein Gesellschaftszweck im Sinne der Rechtsprechung, vielmehr nur eine Variante der Altersvorsorge.

Zum Vorbringen der Antragstellerin, die - sekundär - für die Begründung ihrer Ansprüche auch das Vorliegen einer Bruchteilsgemeinschaft hinsichtlich gemeinsamer und nur für den Antragsgegner bestehender Konten sowie dessen Bargeld behauptet, weist das Gericht zunächst auf die Rechtslage und die dazu ergangene Rechtsprechung hin. Eine Bruchteilsgemeinschaft an einer Forderung aus einem Konto, das nur auf den Namen eines Ehegatten abgeschlossen ist, kann nach den Umständen des Einzelfalles in Betracht kommen. Der Ehegatte, der die Aufhebung einer Gemeinschaft verlangt, trägt die Beweislast für deren Bestand (Juris PK BGB (Gregor), 8. Aufl. 2017, § 749 Rn. 22; Staudiger/von Proff, BGB, 2015, § 741 Rn. 38 m.w.N.).

Ein Aufhebungsanspruch wird mit einem Leistungsantrag geltend gemacht, der auf Zahlung gerichtet sein kann (vgl. Palandt-Sprau, § 749 Rn. 2, Juris PK-Gregor aaO). Im vorliegenden Fall ist der Leistungsanspruch mit der Zustellung des Stufenantrages vom 27. März 2017 am 30. März 2017 anhängig geworden.

Der Antrag der Antragstellerin ist auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Bruchteilsgemeinschaft nicht begründet. Von einer Einigung der Beteiligten im Sinne des von der Antragstellerin behaupteten Eheplans des Antragsgegners, dem sie sich gefügt habe, kann nicht ausgegangen werden. Die Antragstellerin hat eine entsprechende Absprache (Zeit, Ort, Umstände) nicht konkret vorgetragen. Die Vernehmung der im Schriftsatz vom 27.03.2017, S. 11 (Bl. 159 GA) benannten Zeugen liefe auf eine Ausforschung hinaus. Auf den entsprechenden Hinweis des Antragsgegners und dessen Vortrag, er habe mit den Zeugen nie über eine gemeinsame Finanzplanung der Eheleute gesprochen (Bl. 203 GA) hat die Antragstellerin nicht mehr reagiert. Die von ihr für eine extrem sparsame Lebensweise der Beteiligten benannten Zeugen (Schriftsatz vom 15.11.2016, dort s. 11 ff. (Bl. 74 ff. GA) waren nicht zu vernehmen, da aus einer solchen Lebensweise nicht eine Bruchteilsgemeinschaft folgt.

Für eine - grundsätzlich mögliche - stillschweigend geschlossene Vereinbarung über eine Bruchteilsgemeinschaft müssen besondere Umstände vorliegen, die den Schluss darauf zulassen, dass die Ehegatten sich über eine gemeinsame Berechtigung am Guthaben einig waren (z.B. gemeinsame Verwendung oder Absprachen über gemeinsame Verwendung). Das Verhalten der Beteiligten während der Ehe spricht eher für eine gewollte Trennung der Vermögen und Verwendung des eigenen Vermögens durch jeden Ehegatten allein als für das Sparen jeden Überschusses für gemeinsame Zwecke. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin als Ausgleich für die gewählten Steuerklassen monatlich 300,00 EUR gezahlt. Die Antragstellerin hat sich ihre Lebensversicherung auszahlen lassen, ging also offenbar davon aus, dass das angesparte Geld ihr zur alleinigen Verfügung zusteht. Die Antragstellerin hat sich über Tätigkeiten des Antragsgegners zur Vermögensmehrung und die entsprechenden Konten / Kontenstände nicht informiert oder zu informieren versucht. Beide Beteiligte haben sich entsprechend ihren Einkünften an den Lebenshaltungskosten der Familie beteiligt.

Die in den Schriftsätzen genannten Entscheidungen des BGH stützen den behaupteten Anspruch der Antragstellerin nicht. Darin geht es um Konten, die von beiden Ehegatten bzw. vom Nicht-Kontoinhaber gefördert wurden. Ansprüche auf Teilhabe an Kontenforderungen des Partners setzen danach eigene Leistungen zur Förderung der Kontenbestände voraus. In dem der Entscheidung des BGH vom 7.4.1966 (FamRZ 66, 442) zugrunde liegenden Fall hatten beide Ehegatten auf ein Sparkonto der Ehefrau Gelder eingezahlt. In der Entscheidung des BGH vom 19.04.2000 (FamRZ 2000, 148) ging es um Teilhabe der Ehefrau an zwei Sparkonten des Mannes, auf die von beiden berufstätigen Eheleuten Ersparnisse geflossen waren. Der Entscheidung des BGH vom 11.09.2002 (FamRZ 2002, 1696) lag ein Fall zugrunde, in dem der Ehemann währen der gesamten Ehe seine Erwerbs- und Renteneinkünfte in vollem Umfang auf ein Girokonto der Ehefrau überwiesen hatte, die davon den Lebensunterhalt bestritt und den verbliebenen erheblichen Rest auf ein nur auf ihren Namen abgeschlossenes Sparkonto überwies.

Der der Entscheidung des OLG Bremen vom 23.09.2008 (FamRZ 09, 779) zugrundeliegende Sachverhalt unterscheidet sich von dem im vorliegenden Fall dadurch, dass die Versicherungsbeiträge in beiderseitigem Einverständnis aus Familieneinkommen (möglicherweise Alleinverdiener Ehemann) zu einem gemeinsamen Zweck gezahlt worden sind. Der gemeinsame Zweck (Ablösung der Immobilienkredite) war zwischen den Eheleuten von vornherein vereinbart.

Der der Entscheidung des OLG Brandenburg vom 7.9.2010 zugrunde liegende Sachverhalt ist ebenfalls mit dem hier vorliegenden nicht vergleichbar. Die Entscheidung geht davon aus, dass die Eheleute von vornherein darüber einig waren, dass die aus ihren gemeinsamen Arbeitseinkünften angesparten Vermögensbeträge nicht alleiniges Vermögen des Ehemannes werden sollten. Hier sind zwar Einkünfte aus den Arbeitseinkommen auf das gemeinsame Haushaltskonto geflossen. Dieses Konto ist jedoch nicht Verfahrensgegenstand.

Zum Schrifttum wird beispielsweise auf Staudinger/von Proff, 2015, §§ 741 BGB Rn. 38 hingewiesen.

Eine vergleichbare Fallgestaltung ist hier nicht vorgetragen. Die Antragstellerin behauptet nicht, Zahlungen auf die ihr bekannten Konten des Antragsgegners geleistet zu haben. Auf etwa vorhandene ihr nicht bekannte Konten kann sie Zahlungen nicht erbracht haben.

Soweit sie geltend macht, ab 2008 die wesentlichen Zahlungen für das gemeinsame Haushaltskonto erbracht und daneben noch Haushalts- und Betreuungsleistungen für die Familie erbracht zu haben, sind dadurch keine Erhöhungen der bekannten oder auch etwaiger unbekannter Konten des Antragsgegners eingetreten. Der Antragsgegner hatte in diesem Zeitraum bereits seine Arbeitsstelle verloren, konnte daher auch keinen durch (Mehr-)leistungen der Antragstellerin ihm verbleibenden Erwerbsverdienst auf seine Konten einzahlen. Dass auch der Antragsgegner sich an den Haushaltsarbeiten beteiligt hat, ist im Übrigen nicht streitig. Die Beteiligten haben insoweit ihre Verpflichtung zum angemessenen Familienunterhalt gem. § 1360 BGB erfüllt.

Bis zum Verlust seines Arbeitsplatzes im Herbst 2005 hat der Antragsgegner im Verhältnis zur Antragstellerin unstreitig wesentlich höhere Beiträge als diese für die Darlehensraten und zum Haushaltskonto geleistet (die Antragstellerin hat nach ihrem eigenen Vortrag nur monatlich 450,00 EUR beigetragen). Das gemeinsame Haushaltskonto bei der Stadtsparkasse E mit den Endziffern xxxx ist im Übrigen aus dem Antrag der Antragstellerin ausgenommen.

Soweit der Antragsgegner aus seinem Anfangsvermögen oder seinem ererbten Vermögen Kapitaleinkünfte erzielt und diese möglicherweise auf Konten, die der Antragstellerin nicht bekannt sind, angelegt haben sollte, hat die Antragstellerin keine Beiträge dazu geleistet. Solche Einkünfte fielen zwar in einen Zugewinnausgleich, der hier jedoch ausgeschlossen ist. Eine Bruchteilsgemeinschaft kann für solche Konten nicht zustande gekommen sein.

Insoweit liegen bereits die Voraussetzungen einer Bruchteilsgemeinschaft, ebenso wie die einer Ehegatten-Innengesellschaft, nicht vor. Da im vorliegenden Fall bereits die Prüfung des Auskunftsanspruchs ergibt, dass dem Hauptanspruch die materiellrechtliche Grundlage fehlt, können die in der Stufenklage verbundenen Anträge in einer einheitlichen Entscheidung zurückgewiesen werden (vgl. BGH, Entscheidung vom 28.11.2011, VIII ZR 37/01).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 FamFG, 91 ZPO.

Verfahrenswert: 238.000,00 EUR