Niedersächsisches OVG, Urteil vom 28.02.2019 - 11 LB 497/18
Fundstelle
openJur 2019, 38861
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 10 A 5143/15

1. Der Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV und das Internetverbot aus § 4 Abs. 4 GlüStV sind mit Verfassungs- und Unionsrecht weiterhin vereinbar.

2. Der Untersagung der Veranstaltung und Vermittlung von Online-Pokerspielen steht ein strukturelles Vollzugsdefizit weiterhin nicht entgegen (Fortführung der Rspr. des Nds. OVG, Beschl.v.17.8.2016 - 11 ME 61/16 -, juris, und Beschl. v. 12.4.2018 - 11 LA 501/17 -, juris, im Anschluss an BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 - 8 C 18/16 -, juris).

Tenor

Die Berufung der Klägerin zu 1. gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 10. Kammer - vom 1. Juni 2017 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin zu 1. trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin zu 1. kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin zu 1. wendet sich gegen eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung.

Die Klägerin zu 1. ist ein in O. ansässiges Unternehmen, das über eine Lizenz der dortigen Glücksspielaufsichtsbehörde verfügt. Sie betrieb in der Vergangenheit unter der Domain „P.“ Internetseiten, auf denen verschiedene entgeltliche Glücksspielangebote vorgehalten wurden, die auch von Niedersachsen aus aufrufbar waren. Die auf der Q. ansässige Klägerin zu 2. betreibt nicht die Domain und veranstaltet und vermittelt keine Online-Spiele. Mit Bescheid vom 25. Juni 2015 untersagte der Beklagte einem unter einer Anschrift der Klägerin zu 1. in O. als „R.“ bezeichneten Adressaten, selbst oder durch Dritte - insbesondere durch Tochterunternehmen oder deren Tochterunternehmen - im Internet öffentliches Glücksspiel i.S.d. § 3 GlüStV, insbesondere mit den unter der Domain P. aufrufbaren Angeboten in Niedersachsen zu veranstalten, zu vermitteln oder zu bewerben.Gleichzeitig untersagte der Beklagte der „R.“, unter Verstoß gegen Ziffer 1 der Verfügung abgeschlossene Verträge zu erfüllen, insbesondere an die Spielinteressenten bzw. Spieler Gewinne auszuzahlen, setzte zur Erfüllung der Anordnung zu Ziffer 1 eine Frist von zwei Wochen nach Bekanntgabe dieses Bescheides und gab auf, die Umsetzung der Anordnung zeitgleich schriftlich mitzuteilen. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Anordnung zu Ziffer 1 drohte er ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000 EUR an. Kenntnis von dieser Verfügung erhielten die Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen nach ihren Angaben durch Akteneinsicht in einem anderen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht (10 B 4255/15). Ein Zustellungsnachweis der per Einschreiben international mit Rückschein versandten Verfügung befindet sich nicht bei dem Aktenvorgang des Beklagten.

Die Klägerinnen haben am 9. Oktober 2015 Klage gegen den Bescheid vom 25. Juni 2015 erhoben und am 20. November 2015 die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt (10 B 5835/15).

Zur Begründung haben die Klägerinnen auf ihre Ausführungen im Eilverfahren verwiesen und vorgetragen, dass die streitgegenständliche Untersagungsverfügung nicht auf eine wirksame Ermächtigungsgrundlage gestützt werden könne. Insbesondere seien der Erlaubnisvorbehalt, das Staatsmonopol sowie die Werbeverbote für Glücksspiele europarechtswidrig und damit unanwendbar. Diese Regelungen stellten eine inkohärente Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit im Hinblick auf den Glücksspielmarkt dar. Die Untersagungsverfügung sei auch formell rechtswidrig, da sie nicht hinreichend bestimmt sei. Neben der fehlenden Konkretisierung von „Casino-Spielen“ oder „Automatenspielen“ treffe dies insbesondere auf die unzureichende Konkretisierung hinsichtlich der Mittel zu, mit denen die Untersagungsverfügung befolgt werden solle. Weiter sei die angefochtene Verfügung materiell rechtswidrig. Poker sei kein Glücksspiel. Der Beklagte verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, indem er weiterhin nicht gegen rechtswidrige Werbemaßnahmen der staatlichen Monopolanbieter einschreite. Die von dem Beklagten angeordneten Maßnahmen seien unverhältnismäßig. Die vorgeschlagene Methode der Geolokalisation sei nicht möglich. Auch die Störerauswahl durch den Beklagten sei fehlerhaft. Er habe diese nicht auf Erkenntnisse des Alexa-Rankings bzw. der Webseite „S.“ oder der Google-Suche stützen dürfen und zudem die dort aufgestellten Bewertungskriterien nicht stringent angewandt. Darüber hinaus habe er sein Auswahlermessen in fehlerhafter Weise betätigt. Weiter sei das von dem Beklagten angedrohte Zwangsgeld unverhältnismäßig hoch.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat die Klägerin zu 1. erklärt, dass die beanstandete Internetseite nicht mehr von ihr, sondern nunmehr von der Rational Gaming Europe betrieben werde.

Die Klägerinnen haben beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 25. Juni 2015 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat zur Begründung auf seine Antragserwiderung im Eilverfahren Bezug genommen.

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 16. Februar 2016 den Antrag der Klägerinnen auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt (10 B 5835/15), die dagegen eingelegte Beschwerde der Klägerinnen hat der Senat mit Beschluss vom 17. August 2016 zurückgewiesen (11 ME 56/16).

Mit Urteil vom 1. Juni 2017 hat das Verwaltungsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Klägerin zu 1. im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung kein Rechtsschutzbedürfnis mehr zustehe, da sie nach Angaben ihres Prozessbevollmächtigten die streitgegenständlichen Internetseiten „T.“ und „U.“ nicht mehr betreibe. Ihre Klage gegen die Untersagung des Beklagten, Glücksspielangebote auf den genannten Internetseiten zu veranstalten bzw. zu vermitteln, gehe daher ins Leere. Einer Inanspruchnahme der Hilfe des Gerichts bedürfe es nicht (mehr). Die Klage der Klägerin zu 2. sei wegen fehlender Klagebefugnis ebenfalls unzulässig. Eine Betroffenheit der Klägerin zu 2. scheide offenkundig aus, da der angefochtene Bescheid nicht ihr gegenüber ergangen sei.

Auf die von beiden Klägerinnen gestellten Anträge auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Senat mit Beschluss vom 3. September 2018 den Zulassungsantrag der Klägerin zu 2. abgelehnt und die Berufung der Klägerin zu 1. wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der das Urteil des Verwaltungsgerichts tragenden Gründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen.

Die Klägerin zu 1. trägt zur Begründung der Berufung vor, dass die streitgegenständliche Verfügung formell rechtswidrig sei, da es an einer hinreichenden Bestimmtheit fehle. Sie könne nicht erkennen, welche Art von Glücksspiel ihr untersagt werde. Zudem werde ohne nähere Begründung auch das Vermitteln von Glücksspielen untersagt. Der Beklagte lasse offen, mit welchen Mitteln die lokale Begrenzung gewährleistet werden solle. Weiter sei die Untersagungsverfügung materiell rechtswidrig. Der Erlaubnisvorbehalt verstoße gegen die unionsrechtlich garantierte Dienstleistungsfreiheit, da er nicht getrennt von dem unionsrechtswidrigen Staatsmonopol betrachtet werden könne. Für eine Vielzahl von Glücksspielarten könne eine Erlaubnis nur an staatliche bzw. teilstaatliche Veranstalter vergeben werden. Eine Erlaubnismöglichkeit für Online-Pokerspiele und Online-Casinospiele gebe es nicht. Das Internetverbot aus § 4 Abs. 4 GlüStV könne ihr nicht entgegengehalten werden. Der Glücksspielstaatsvertrag lasse vielfältige Ausnahmen von dem Internetverbot zu. Folglich könne nicht mehr von einem kohärenten Internetverbot, dass auch sektorübergreifend gelte, gesprochen werden. Vielmehr sei in einzelnen Sektoren das Veranstalten, Vertreiben und/oder Vermitteln von Glücksspielen im Internet gestattet. Damit finde die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung zum Internetverbot keine Grundlage mehr. Aktuelle Studien belegten, dass das Online-Casinospiel gerade keine erhöhte Gefährlichkeit im Vergleich zum stationären Glücksspiel aufweise. Der Europäische Gerichtshof betone im Bereich der Glücksspielregulierung immer wieder, dass das Bestehen einer tatsächlichen Gefahr im Zusammenhang mit Art. 56 ff. AEUV auf der Grundlage von relevanten (aktuellen) wissenschaftlichen Untersuchungen zu beurteilen und daraufhin laufend zu überprüfen sei. Nach der aktuellen Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) aus dem Jahr 2017 müsse allein angesichts der vergleichsweise geringen Teilnehmerzahl bei Online-Spielen die besondere Gefährlichkeit dieses Vertriebswegs hinterfragt werden. Insbesondere mit Blick auf Jugendliche im Alter zwischen 16 und 17 Jahren belegten die Forschungsergebnisse der BZgA, dass diese weit häufiger an Automatenspielen teilnähmen als an Internet-Casinoangeboten. Nach der aktuellen Meta-Studie von Lischer, in der 122 wissenschaftliche nationale und internationale einschlägige Publikationen ausgewertet worden seien, seien die Risiken von Online-Casinospielen nicht stärker ausgeprägt als jene vergleichbarer Spiele im stationären Vertrieb. Entgegen der zum Zeitpunkt des Erlasses des Glücksspielstaatsvertrages 2012 vorliegenden Bewertungen zeigten heutige Erkenntnisse, dass sich aus der einfachen und allseitigen Verfügbarkeit des Online-Glücksspielangebots oder aus der fehlenden sozialen Kontrolle kein besonders hohes Suchtpotenzial ergebe. Zudem begründe das Online-Angebot kein erhöhtes Risiko krimineller Verhaltensweisen wie betrügerischer Manipulation und Geldwäsche. Der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts in seinen Entscheidungen vom 26. Oktober 2017 zur Unionsrechtskonformität des Internetverbots könne nicht gefolgt werden. Das Bundesverwaltungsgericht hätte die Sache an die Vorinstanz zur weiteren Aufklärung zurückverweisen müssen. Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht seine Pflicht zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof verletzt. Darüber hinaus sei die streitgegenständliche Verfügung in Bezug auf die geographische Beschränkung auf das Bundesland Niedersachsen nicht umsetzbar. Eine Umsetzung mittels Geolokalisierung sei tatsächlich und rechtlich unmöglich. Eine vollständige Abschaltung des Internetangebots sei unverhältnismäßig. In dem Vorgehen des Beklagten sei auch kein systematisches und planvolles Vorgehen gegen Glücksspielanbieter zu erkennen. Die vorgenommene Störerauswahl verstoße gegen das Willkürverbot. Weiter dulde der Beklagte die Verstöße von Lotto Niedersachsen gegen die Werberichtlinie.

Die Klägerin zu 1. beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 10. Kammer - vom 1. Juni 2017 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 25. Juni 2015 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zu 1. zurückzuweisen.

Er erwidert, dass die Untersagungsverfügung hinreichend bestimmt sei. In der Begründung werde näher konkretisiert, um welche Online-Pokerspiele es sich handele. Hinsichtlich der ebenfalls untersagten Vermittlung komme es nicht darauf an, ob die Klägerin zu 1. bereits selbst Glücksspiele vermittelt habe. Der Erlaubnisvorbehalt entfalte unabhängig von der Wirksamkeit des Lotteriemonopols vollen Geltungsanspruch. Das Glücksspielangebot der Klägerin zu 1. sei materiell unzulässig und damit nicht erlaubnisfähig, da das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten sei. Die teilweise Zulassung der Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet widerspreche nicht der konsequenten Eindämmung der den Glücksspielen immanenten Sucht- und Manipulationsgefahren. Sie beziehe sich lediglich auf die nach Einschätzung des Gesetzgebers unter suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefährlichen Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten. Die Klägerin zu 1. verkenne, dass eine abschließende Bewertung der tatsächlichen Auswirkungen des teilweise gelockerten Internetverbots aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Experimentierphase hinsichtlich der Sportwetten bisher nicht habe erfolgen können. Darüber hinaus fehlten jegliche Anhaltspunkte dafür, dass eine Liberalisierung von Online-Casinospielen und Online-Pokerspielen eine bessere Eignung aufweise, um die Spielsucht einzudämmen. Das Vorgehen gegen die Klägerin zu 1. verstoße weder gegen Art. 3 GG noch gegen das Willkürverbot und stelle sich insgesamt als kohärent dar. Die Länder hätten sich zur Gewährleistung eines koordinierten und im Wesentlichen gleich gelagerten Handelns der für den Bereich des Glücksspiels zuständigen Aufsichtsbehörden auf ein gemeinsames Vorgehen gegen unerlaubtes Glücksspiel im Internet geeinigt und im Januar 2014 gemeinsame Leitlinien festgelegt. Hiernach werde konsequent gegen jede Art des unerlaubten Glücksspiels im Internet vorgegangen. Mit Blick auf die personellen Kapazitäten und den unübersichtlichen Markt im Glücksspielbereich werde differenziert, ob eine Legalisierung rechtlich möglich sei und wie gefährlich das jeweilige Glücksspiel sei. Weiter werde auf die Größe des Anbieters und die Vielfalt des Angebots abgestellt. Der Klägerin bleibe weiter selbst überlassen, wie sie dem Verbot nachkomme. Bei der Geolokalisation handele es sich um eine taugliche und technisch umsetzbare Methode zur Ermittlung des Aufenthalts der Besucher einer Internetseite innerhalb oder außerhalb eines Bundeslandes.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Die Berufung der Klägerin zu 1. gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Die von der Klägerin zu 1. erhobene Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 25. Juni 2015 ist zulässig. Insbesondere ist das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen.

Soweit das Verwaltungsgericht das seiner Auffassung nach fehlende Rechtschutzbedürfnis der Klägerin zu 1. damit begründet hat, dass diese nach Angaben ihres Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung die streitgegenständlichen Internetseiten „T.“ und „U.“ nicht mehr betreibe, handelt es sich offensichtlich um eine Verwechselung. Denn die Klägerin zu 1. hat, wie sich aus den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten und insbesondere aus dem angefochtenen Bescheid des Beklagten ergibt, die Webseite „P.“ und nicht die Webseiten „T.“ und „U.“ betrieben. Dass die Klägerin zu 1. die Internetseite „P.“ nicht (mehr) betreibt, führt nicht zur Unzulässigkeit der von ihr erhobenen Anfechtungsklage. Eine in die Zukunft gerichtete glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung erledigt sich erst dann, wenn das untersagte Verhalten endgültig aufgegeben wurde oder nicht mehr aufgenommen werden kann (BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 - 8 C 18/16 -, juris, Rn. 11). Dies ist hier nicht der Fall. Der angefochtene Bescheid beschränkt das Verbot der Veranstaltung, Vermittlung oder Bewerbung von öffentlichem Glücksspiel im Internet nicht auf die Webseite „P.“, sondern der Klägerin zu 1. wird allgemein untersagt, selbst oder durch Dritte - insbesondere durch Tochterunternehmen oder deren Tochterunternehmen - im Internet öffentliches Glücksspiel zu veranstalten, zu vermitteln oder zu bewerben. Der Hinweis auf die von der Klägerin zu 1. (früher) betriebene Internetseite stellt, wie die Einleitung „insbesondere“ deutlich macht, lediglich ein Beispiel für die untersagte Tätigkeit dar. Da der Klägerin zu 1. mit dem angefochtenen Bescheid auch eine Wiederaufnahme ihres Glücksspielangebots verboten wird, begründet die Untersagung weiterhin eine Beschwer. Die Klägerin zu 1. schließt nicht aus, künftig selbst oder durch mit ihr verbundene Konzernunternehmen oder Dritte im Glücksspielsektor tätig zu sein und die untersagten Tätigkeiten durchzuführen. Dass ihr eine Wiederaufnahme dieser Tätigkeiten nicht möglich wäre, ist auch sonst nicht ersichtlich.

2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 25. Juni 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin zu 1. nicht in ihren Rechten.

Rechtsgrundlage für die angefochtene Untersagungsverfügung ist § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 des Glücksspielstaatsvertrages vom 15. Dezember 2011 (Nds. GVBl. 2012, 190, 196, in Kraft getreten am 1.7.2012) - GlüStV - i.V.m. § 22 Abs. 4 Satz 2 des Niedersächsischen Glücksspielgesetzes - NGlüSpG -. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Die zuständige Behörde des jeweiligen Landes kann die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen (§ 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV). Insbesondere kann sie nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Während § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV der Glücksspielaufsicht ein Ermessen einräumt, eine unerlaubte Veranstaltung oder Vermittlung unerlaubten Glücksspiels zu untersagen, normiert § 22 Abs. 4 Satz 2 NGlüSpG eine Verpflichtung zum Einschreiten.

a. Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist er hinreichend bestimmt (§ 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG).

Ein Verwaltungsakt muss, um hinreichend bestimmt zu sein, zum einen den Adressaten in die Lage versetzen zu erkennen, was von ihm gefordert wird, und zum anderen eine geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung darstellen. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts. Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist durch Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes und der speziellen Sachkunde des adressierten Fachkreises in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 - 8 C 18/16 -, NVwZ 2018, 895, juris, Rn. 14, m.w.N.). Hinreichende Bestimmtheit liegt vor, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 - 8 C 18/16 -, a.a.O., juris, Rn. 14, m.w.N.).

Der Adressat der Verfügung ist hinreichend bestimmt worden. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, ergibt sich aus dem Anschriftenfeld der Verfügung, dass diese an eine Firma „R.“ unter der Anschrift der Klägerin zu 1. in O. gerichtet ist. Dass unter dieser Bezeichnung die Klägerin zu 2. mit Sitz auf der Q. firmiert, führt nicht zu einer Verwechslungsgefahr. Aus dem Zusatz O. beim Firmennamen der Klägerin zu 1. im Anschriftenfeld der Verfügung ergibt sich eindeutig, dass die Verfügung nicht an die Klägerin zu 2. mit Sitz auf der Q., sondern an die Klägerin zu 1. gerichtet ist.

Die in der Verfügung des Beklagten getroffenen Regelungen genügen ebenfalls den Bestimmtheitsanforderungen. Der Klägerin zu 1. wird im Tenor der Verfügung die Veranstaltung, Vermittlung und Bewerbung von öffentlichem Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV im Internet insbesondere mit den unter der Domain P. aufrufbaren Angeboten untersagt. In der Begründung ist der Gegenstand der Verfügung durch die Benennung der Glücksspielart (Online-Poker) bezeichnet und durch die Angabe der Internetseite mit entsprechenden damaligen Spielangeboten der Klägerin zu 1. konkretisiert worden. Dadurch wird die sachkundige Klägerin zu 1. in die Lage versetzt, eindeutig zu erkennen, welche Glücksspiele von dem Beklagten als unerlaubtes Glücksspiel angesehen werden und von ihr künftig zu unterlassen sind. Die Bezeichnung der Glücksspielart knüpft an den Zugang per Internet sowie an die Spielhandlung (Online-Poker) an. Etwaige Unsicherheiten bei der Zuordnung eines künftigen Spielangebots zu den von der angefochtenen Verfügung erfassten Pokerformen werden durch die Benennung konkreter Beispiele aus dem damaligen Spielangebot der Klägerin zu 1. auf der von ihr betriebenen Internetseite („Texas Hold’em“, „6-Card Omaha“ und „Omaha Hi“) ausgeräumt. Entsprechend kann davon ausgegangen werden, dass auch die mit dem Vollzug der Untersagungsverfügung befassten Mitarbeiter des Beklagten über die erforderliche Sachkunde verfügen, um auf der Grundlage des Verfügungsausspruchs und der bei Erlass des Bescheides festgestellten Spielangebote der Klägerin zu 1. erkennen zu können, ob es sich bei den von der Klägerin zu 1. möglicherweise zukünftig angebotenen Online-Pokerspielen um unerlaubtes Glücksspiel handelt. Einer detaillierten textlichen Beschreibung der von der Verfügung im Einzelnen erfassten Glücksspiele bedarf es nicht (BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 - 8 C 18/16 -, a.a.O., juris, Rn. 16; Senatsbeschl. v. 8.5.2017 - 11 LA 24/16 -, GewArch 2017, 385, juris, Rn. 31; Bayerischer VGH, Beschl. v. 1.8.2016 - 10 CS 16.893 -, ZfWG 2016, 443, juris, Rn. 26).

Weiter ist davon auszugehen, dass es für die Frage der Bestimmtheit des Verwaltungsaktes nicht auf dessen Verständlichkeit für eine mit dem Glücksspielsektor nicht vertraute Person ankommt, sondern entscheidend ist, ob der Adressat und die mit dem Vollzug befassten Behörden den Entscheidungsinhalt aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalls zutreffend erfassen und ihr zukünftiges Verhalten danach ausrichten können. Gegenüber Dritten muss der Inhalt des Verwaltungsaktes dann hinreichend bestimmt sein, wenn diese durch den Verwaltungsakt rechtserheblich betroffen sind. Im Hinblick auf eine mögliche Strafbarkeit von Veranstaltern und Spielern ist zu berücksichtigen, dass diese mit dem Glücksspielsektor vertraut sind, so dass schon deshalb keine höheren Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen sind. Eine andere Beurteilung ist auch nicht im Hinblick auf die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV bestehende Möglichkeit zur Auferlegung von Zahlungseinschränkungen geboten. Danach kann die zuständige Behörde den am Zahlungsverkehr Beteiligten, insbesondere den Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten, nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote die Mitwirkung an Zahlungen für unerlaubtes Glücksspiel und an Auszahlungen aus unerlaubtem Glücksspiel untersagen. Voraussetzung für eine Unterbindung der Zahlungsströme ist somit der Erlass weiterer Verfügungen gegenüber den Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten, die ihrerseits unter Berücksichtigung des objektiven Empfängerhorizonts hinreichend bestimmt sein müssen. Besondere Anforderungen an die Bestimmtheit einer Verfügung der vorliegenden Art ergeben sich daraus nicht (BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 - 8 C 18/16 -, a.a.O., juris, Rn. 17).

Die angefochtene Verfügung ist auch nicht bezüglich der Tathandlung unbestimmt. Dem Tenor der Verfügung kann eindeutig entnommen werden, dass der Klägerin zu 1. selbst oder durch Dritte, insbesondere durch Tochterunternehmen oder deren Tochterunternehmen, sowohl das Veranstalten als auch das Vermitteln von öffentlichem Glücksspiel untersagt wird. Dies sind keine generalisierenden Begriffe, deren Wertung der Klägerin zu 1. überlassen bleibt. Die Klägerin zu 1. kann der Verfügung vielmehr unzweifelhaft entnehmen, welche Handlungen untersagt werden. Dass die Klägerin zu 1. die Regelung als zu weitgehend empfindet, weil sie bisher nie als Vermittlerin aufgetreten ist, stellt die Bestimmtheit der Verfügung nicht in Frage.

Soweit die Klägerin zu 1. die hinreichende Bestimmtheit in Bezug auf die Mittel zur Umsetzung der Verfügung beanstandet, kann dem schon deshalb nicht gefolgt werden, weil es der Klägerin zu 1. nach der Begründung des angefochtenen Bescheides selbst überlassen bleibt, welches Mittel sie wählt. In dem Bescheid werden lediglich technisch durchführbare Möglichkeiten zur Umsetzung der Untersagungsverfügung genannt. Besondere Anforderungen an die Bestimmtheit ergeben sich daraus nicht.

b. Der Bescheid ist materiell rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die angefochtene Verfügung ist § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV i.V.m. § 22 Abs. 4 Satz 2 NGlüSpG (aa.).Die danach erforderlichen tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten des Beklagten sind gegeben. Die Klägerin zu 1. bedarf für die Veranstaltung und Vermittlung von Online-Pokerspielen einer Erlaubnis (§ 4 Abs. 1 GlüStV, § 3 Abs. 1 GlüStV), die sie nicht hat (bb.) und die ihr wegen des Internetverbots nach § 4 Abs. 4 GlüStV auch nicht erteilt werden kann (cc.). Die Untersagungsverfügung des Beklagten ist auch nicht aus anderen Gründen rechtswidrig (dd.).

aa. Der Beklagte hat die angefochtene Verfügung zu Recht auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV i.V.m. § 22 Abs. 4 Satz 2 NGlüSpG gestützt. Die im Schrifttum vertretene Auffassung, dass bei einem Verstoß gegen das Internetverbot nur auf die Generalklausel des § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV und nicht auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV zurückgegriffen werden könne (so offenbar - allerdings ohne Begründung -: Hilf/Umbach, in: Becker/Hilf/Nolte/Uwer, Glücksspielregulierung, § 9 GlüStV Rn. 41), und deshalb die Verfügung, da es für § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV an einer § 22 Abs. 4 Satz 2 NGlüSpG entsprechenden Konkretisierung fehle, im Ermessen des Beklagten stehe, überzeugt nicht.

§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV knüpft tatbestandlich an die formellen Verbote der Veranstaltung und Vermittlung unerlaubten (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 GlüStV) bzw. unkonzessionierten (§ 4 a Abs. 1 Satz 2 GlüStV) Glücksspiels und der Werbung hierfür (§ 5 Abs. 5 GlüStV) an. Auf die Generalklausel des § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV kann für Anordnungen zurückgegriffen werden, die nicht an den formellen Tatbestand des unerlaubten Glücksspiels i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV anknüpfen, sondern an unabhängig davon bestehende materielle Pflichten (vgl. zur Untersagung der Internetwerbung für lizensierte Sportwettanbieter: Bayerischer VGH, Beschl. v. 20.11.2008 - 10 CS 08.2399 -, juris, Rn. 33 ff.; Oldag, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl., § 9 Rn. 11, 32). Ein solcher Sachverhalt ist hier nicht gegeben. Im vorliegenden Fall geht es um die Untersagung unerlaubten Glücksspiels aufgrund fehlender Erlaubnis. Dass der Klägerin zu 1. eine solche Erlaubnis wegen des Internetverbots nicht erteilt werden kann, ändert nichts daran, dass für die Untersagung unerlaubten Glücksspiels § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV einschlägig ist.

bb. Die Veranstaltung und Vermittlung von Online-Pokerspielen stellt öffentliches Glücksspiel dar und unterliegt dem Erlaubnisvorbehalt (§ 4 Abs. 1 GlüStV, § 3 Abs. 1 GlüStV).

Bei den von der Klägerin zu 1. auf der in dem angefochtenen Bescheid bezeichneten Internetseite früher angebotenen Online-Pokerspielen handelt es sich um öffentliches Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist (§ 3 Abs. 1 Satz 2 GlüStV). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Der Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt, dass der Geschicklichkeitsanteil beim Poker hinter dem Glücksspielcharakter zurücksteht, weil die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Dies entspricht hinsichtlich der Pokervariante „Texas Hold’em“ der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 10.8.2009 - 11 ME 67/09 -, NVwZ-RR 2010, 104, juris, Rn. 9; ebenso: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.4.2009 - 1 S 203.08 -, juris, Rn. 7; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 9.3.2011 - 6 S 2255/10 -, juris, Rn. 7). Die Feststellung, dass bei durchschnittlichen Spielern beim Pokern in der Spielvariante „Texas Hold'em" der Spielausgang und damit die Gewinnchance überwiegend vom Zufall und nur zu einem kleineren Teil von der Geschicklichkeit des Spielers abhängt, hat das Bundesverwaltungsgericht mangels durchgreifender Verfahrensrügen revisionsrechtlich nicht beanstandet (Urt. v. 22.1.2014 - 8 C 26/12 -, NJW 2014, 2299, juris, Rn. 15). Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (Urt. v. 16.9.2015 - X R 43/12 -, juris) führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Wie sich aus den Urteilsgründen ergibt, kam es dort auf die nach einkommensteuerrechtlichen Maßstäben zu beurteilende Frage an, ob sich die vom Steuerpflichtigen ausgeübte Tätigkeit als reines Glücksspiel darstellte und deshalb keine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vorlag. Eine Einordnung als reines Glücksspiel war in dem vom Bundesfinanzhof zu entscheidenden Fall aufgrund der bindenden Feststellungen des Finanzgerichts für die vom Kläger gespielten Pokervarianten auszuschließen. Eine gewerbliche Betätigung im Sinne des Einkommensteuerrechts durch Teilnahme an Pokerspielen schließt es allerdings nicht aus, dass diese Betätigung glücksspielrechtlichen Regelungen unterworfen ist. Das Glücksspielrecht erfasst auch Betätigungen, die sich als Mischung aus Glücks- und Geschicklichkeitsspiel darstellen (BFH, Urt. v. 16.9.2015 - X R 43/12 -, juris, Rn. 61).

Das Angebot an Online-Pokerspielen stellt unerlaubtes Glücksspiel im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV dar, weil die Klägerin zu 1. nicht über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis verfügt.

In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass eine solche Erlaubnis nicht entbehrlich ist und diese nationale Gesetzeslage sowohl mit nationalem Verfassungsrecht als auch mit Unionsrecht vereinbar ist. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung unterliegt der Erlaubnisvorbehalt keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil er unabhängig von einem etwaigen unionsrechtswidrigen Glücksspielmonopol den verfassungs- und unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung im Wege einer präventiven Prüfung der Erlaubnisvoraussetzungen dient (BVerwG, Urt. v. 16.5.2013 - 8 C 14/12 -, NVwZ 2013, 1481, juris, Rn. 53; Senatsbeschl. v. 12.4.2018 - 11 LA 501/17 -, juris, Rn. 19, Beschl. v. 14.3.2017 - 11 ME 236/16 -, juris, Rn. 28, Beschl. v. 12.12.2016 - 11 ME 157/16 -, juris, Rn. 5, und v. 17.8.2016 - 11 ME 61/16 -, juris, Rn. 25; vgl. auch: Bayerischer VGH, Beschl. v. 1.8.2016 - 10 CS 16.893 -, juris, Rn. 20). Das Unionsrecht verlangt selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Marktes für alle Anbieter ohne präventive Kontrolle. Vielmehr steht es dem Mitgliedstaat frei, das Monopol zu reformieren oder sich für eine Liberalisierung des Marktzugangs zu entscheiden. In der Zwischenzeit ist er lediglich verpflichtet, Erlaubnisanträge privater Anbieter nach unionsrechtskonformen Maßstäben zu prüfen und zu bescheiden (EuGH, Urt. v. 24.1.2013 - C-186/11 u.a. -, NVwZ 2013, 785, juris, Rn. 39, 44, 46 ff.). Die Entscheidung darüber, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Tätigkeit im Bereich des Glücksspielmarkts durch eine Genehmigung legalisiert werden kann, obliegt den Mitgliedstaaten (BVerwG, Beschl. v. 7.11.2018 - 8 B 29/18 -, juris, Rn. 13). Einen Anspruch auf Duldung einer unerlaubten Tätigkeit vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht (BVerwG, Urt. v. 16.5.2013 - 8 C 14/12 -, a.a.O., juris, Rn. 56).

Der Erlaubnisvorbehalt kann der Klägerin zu 1. auch unter Berücksichtigung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Februar 2016 - C-336/14 (Ince) - (NVwZ 2016, 369, juris) entgegengehalten werden. Der Europäische Gerichtshof hat in der genannten Entscheidung festgestellt, dass die Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 AEUV einen Mitgliedstaat daran hindert, die ohne Erlaubnis erfolgte Vermittlung von Sportwetten in seinem Hoheitsgebiet an einen Wirtschaftsteilnehmer, der in einem anderen Mitgliedstaat eine Lizenz für die Veranstaltung von Sportwetten innehat, zu ahnden, wenn die Erteilung einer Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten daran geknüpft ist, dass der genannte Wirtschaftsteilnehmer eine Konzession nach einem Konzessionserteilungsverfahren wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden erhält und das vorlegende Gericht feststellt, dass dieses Verfahren den Gleichbehandlungsgrundsatz, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und das daraus folgende Transparenzgebot nicht beachtet, und soweit trotz des Inkrafttretens einer nationalen Bestimmung, nach der privaten Wirtschaftsteilnehmern eine Konzession erteilt werden kann, die von den nationalen Gerichten für unionsrechtswidrig befundenen Bestimmungen, mit denen ein staatliches Monopol auf die Veranstaltung und die Vermittlung von Sportwetten eingeführt wurde, faktisch weiter angewendet werden (EuGH, Urt. v. 4.2.2016 - C-336/14 -, a.a.O., juris, Rn. 85). Die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs zum Bereich der Sportwetten können nicht gleichermaßen auf den Bereich des hier streitigen Glücksspielangebots (Online-Pokerspiele) übertragen werden.

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs befasst sich mit der strafrechtlichen Ahndung einer ohne behördliche Erlaubnis aufgenommenen Vermittlung von Sportwetten beim Bestehen eines (faktischen) staatlichen Sportwettenmonopols und trifft keine allgemeinen Aussagen zur Vereinbarkeit von Bestimmungen zur präventiven Gefahrenabwehr hinsichtlich anderer Glücksspielbereiche mit Unionsrecht. Zudem setzt die Entscheidung in der Sache voraus, dass das (vorlegende) nationale Gericht feststellt, dass das Erlaubnisverfahren den Gleichbehandlungsgrundsatz, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und das daraus folgende Transparenzgebot nicht beachtet, und die Bestimmungen zur Einführung des staatlichen Monopols von den nationalen Gerichten für unionsrechtswidrig erachtet werden (OVG Saarland, Beschl. v. 12.5.2016 - 1 B 199/15 -, juris, Rn. 43). Dass diese einschränkenden Voraussetzungen erfüllt sind, ist nicht ersichtlich.

Darüber hinaus führt der Umstand, dass ein Mitgliedstaat keine strafrechtlichen Sanktionen wegen einer nicht erfüllten Verwaltungsformalität verhängen darf, wenn er die Erfüllung dieser Formalität unter Verstoß gegen das Unionsrecht abgelehnt oder vereitelt hat, nicht dazu, dass er bei einer derartigen Verletzung des Unionsrechts - über den Verzicht auf Sanktionen hinaus - verpflichtet wäre, die in Rede stehende Tätigkeit im Bereich des Glücksspielmarkts zu genehmigen. Das bloße Absehen von einem repressiven Einschreiten gegen ein - möglicherweise - rechtswidriges Verhalten lässt sich mit einer behördlichen Genehmigung, die eine Legalisierungswirkung für die von ihr erlaubte Tätigkeit entfaltet, nicht gleichsetzen. Das Unionsrecht fordert nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine derartige Gleichsetzung nicht (BVerwG, Beschl. v. 7.11.2018 - 8 B 29/18 -, juris, Rn. 14).

cc. Eine Erlaubnis kann der Klägerin zu 1. wegen des Internetverbots nicht erteilt werden. Nach § 4 Abs. 4 GlüStV ist das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. Eine Erlaubnis für den Internetvertrieb sieht § 4 Abs. 5 GlüStV nur für Sportwetten, Lotterien und Pferdewetten, nicht aber für die von der Klägerin zu 1. angebotenen Pokerspiele vor.

Die Untersagungsverfügung ist sowohl darauf gestützt worden, dass die Klägerin zu 1. nicht über die erforderliche Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV verfügt, als auch darauf, dass eine Erlaubnis wegen des Internetverbots nicht erteilt werden kann. Insofern ist nicht nur auf die formelle, sondern auch auf die materielle Rechtswidrigkeit der untersagten Tätigkeit abgestellt worden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 26. Oktober 2017 (- 8 C 18/16 -, BVerwGE 160, 193, juris, Rn. 30 ff.) ausdrücklich bestätigt, dass das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV mit Verfassungsrecht und Unionsrecht weiterhin vereinbar ist und auch nach Zulassung der Ausnahmen für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten gemäß § 4 Abs. 5 GlüStV eine andere rechtliche Bewertung nicht geboten ist. Dabei hat das Bundesverwaltungsgericht darauf abgestellt, dass mit dem Internetverbot in nicht diskriminierender Weise verfassungs- und unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele, insbesondere des Jugendschutzes sowie der Bekämpfung der Spielsucht und Begleitkriminalität, verfolgt werden, und auf die spezifischen Gefahren hingewiesen, die das Anbieten von Spielen im Internet mit sich bringt.

Zur Begründung hat das Bundesverwaltungsgericht Folgendes dargelegt (Urt. v. 26.10.2017 - 8 C 18/16 -, a.a.O., juris, Rn. 30 ff.):

„… Wie der Senat (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1), das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338) und der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteile vom 8. September 2009 - C-42/07 [ECLI:EU:C:2009:519], Liga Portuguesa -, vom 8. September 2010 - C-316/07 [ECLI:EU:C:2010:504], Markus Stoß - und - C-46/08 [ECLI:EU:C:2010:505], Carmen Media - und vom 30. Juni 2011 - C-212/08 [ECLI:EU:C:2011:437], Zeturf -) zum damaligen § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 bereits entschieden haben, ist ein generelles Internetverbot für öffentliches Glücksspiel mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit und dem allgemeinen Gleichheitssatz sowie mit Unionsrecht vereinbar. Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 des geänderten Glücksspielstaatsvertrages der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sport- bzw. Pferdewetten (vgl. § 27 Abs. 2 GlüStV 2012) im Internet erlaubt werden können, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.

Mit dem Internetverbot werden in nicht diskriminierender Weise verfassungs- und unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele, insbesondere des Jugendschutzes sowie der Bekämpfung der Spielsucht und Begleitkriminalität, verfolgt. In der eben zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs ist anerkannt, dass Glücksspiele im Internet die genannten Ziele in besonderem Maße gefährden, weil das Anbieten von Spielen über das Internet spezifische Gefahren mit sich bringt. Schon wegen des fehlenden unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter bergen Online-Glücksspiele anders geartete und größere Gefahren des Auftretens krimineller Verhaltensweisen wie der betrügerischen Manipulation und der Geldwäsche. Zudem begründen die Eigenheiten des Internets, verglichen mit herkömmlichen Vertriebsformen, anders geartete und größere Gefahren, insbesondere für Jugendliche und für Personen, die eine besonders ausgeprägte Spielneigung besitzen oder entwickeln könnten. Auch der besonders leichte und ständige Zugang zu den im Internet angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Frequenz von Spielangeboten in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, stellen Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <12>, unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08, a.a.O., Carmen Media - Rn. 102 f., 105).

50Dass sich an diesem Befund zwischenzeitlich etwas geändert hätte, ist weder berufungsgerichtlich festgestellt noch vorgetragen oder im Hinblick auf die weiterhin bestehenden Besonderheiten des Internets sonst ersichtlich. Gerade in Anbetracht der spezifischen Gefahren, die mit dem Anbieten von Glücksspielen über das Internet verbunden sind, haben die Länder das Internetverbot grundsätzlich beibehalten (so die amtl. Erläuterungen zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag, S. 18 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 65, unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH und des BVerwG). Den spezifischen Sucht-, Betrugs-, Manipulations- und Kriminalitätspotenzialen der einzelnen Glücksspielformen soll nunmehr lediglich mit differenzierten Maßnahmen begegnet werden (§ 1 Satz 2 GlüStV 2012). So soll die in § 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV 2012 hervorgehobene Schwarzmarktbekämpfung unter anderem durch die teilweise Öffnung des Internets für erlaubte Lotterie- sowie Sport- und Pferdewettangebote verwirklicht werden. Damit wird bezweckt, die Nachfrage spielaffiner Personen in Richtung der legalen Angebote und bei diesen wiederum in Richtung der, insbesondere aus suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefahrenträchtigen Spielformen zu lenken (amtl. Erl. S. 6 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 53). Das Online-Verbot von Casinospielen und Poker hat der Gesetzgeber hingegen beibehalten, da bei diesen Spielen ein herausragendes Suchtpotenzial, eine hohe Manipulationsanfälligkeit und eine Anfälligkeit zur Nutzung für Geldwäsche bestünden (amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 59).“

Ausgehend von den dargestellten Gemeinwohlzielen hat das Bundesverwaltungsgericht das Internetverbot in seiner Ausgestaltung durch § 4 Abs. 4 und Abs. 5 GlüStV als mit Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar angesehen und dazu Folgendes ausgeführt (Urt. v. 26.10.2017 - 8 C 18/16 -, a.a.O., juris, Rn. 34 ff.):

„Das Internetverbot verstößt weiterhin nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Verfassungsrechtlich ist dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten bei der Bestimmung der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme ein Einschätzungs- und Prognosespielraum eingeräumt, der erst dann überschritten wird, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (vgl. nur BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 133; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - BVerwGE 157, 126 <143>). Gemessen daran stellt seine begrenzte und regulierte Öffnung des Vertriebswegs Internet für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten die Geeignetheit des Internetverbots nicht in Frage. Das von den Ländern gewählte Prinzip des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann eine Kanalisierung herbeiführen, die das Angebot an Glücksspielen beschränkt und die Transparenz des Spielbetriebs fördert. Die zuständigen Landesbehörden werden durch das Erlaubniserteilungsverfahren in die Lage versetzt, unmittelbar Einfluss auf die Zahl und die Personen der auf dem Glücksspielmarkt tätigen Veranstalter und Vermittler zu nehmen (vgl. dazu bereits BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Im Übrigen ist das modifizierte Internetverbot weiterhin geeignet, die Zwecke des Glücksspielstaatsvertrages zu erreichen, indem es den Spieler zwingt, die ihm unterfallenden Glücksspielangebote real aufzusuchen und so die spielsuchtfördernde häusliche Online-Spielvariante zu vermeiden.

Das Verbot ist auch erforderlich, die damit verfolgten legitimen Zwecke zu erreichen. Gleich geeignete mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Dass die Länder von der Möglichkeit, den gesamten Glücksspielmarkt im Internet zu legalisieren, unter Verweis auf die hohe Manipulationsanfälligkeit von Casinospielen und Poker, deren herausragendes Suchtpotenzial sowie ihre Anfälligkeit für eine Nutzung zu Zwecken der Geldwäsche abgesehen haben, erscheint nicht als offensichtlich fehlsam.

Die Regelung ist auch weiterhin verhältnismäßig im engeren Sinne. Wenn schon das generelle Internetverbot angemessen war (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <8>), gilt dies erst recht für ein Internetverbot, von dem für bestimmte Fallgruppen im Erlaubniswege Ausnahmen gemacht werden können.

Das Internetverbot in seiner Ausgestaltung durch § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ausnahmen vom Internetverbot für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten nach Maßgabe des § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 werden durch die vom Gesetzgeber angestrebte Kanalisierung des Glücksspiels im oben dargestellten Sinne und die geringere Suchtgefahr bei den ausnahmsweise zulässigen Spielformen sachlich gerechtfertigt.“

Weiter hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass das Internetverbot auch mit Unionsrecht vereinbar ist. Die dadurch bedingte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 f. AEUV ist gerechtfertigt, weil sie auch im unionsrechtlichen Sinne verhältnismäßig und insbesondere geeignet ist, zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beizutragen (Urt. v. 26.10.2017 - 8 C 18/16 -, a.a.O., juris, Rn. 38 ff.). Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu im Einzelnen ausgeführt:

„Es ist grundsätzlich Sache des Mitgliedstaates, das nationale Schutzniveau in Bezug auf Glücksspiele selbst zu bestimmen und die Erforderlichkeit einzelner Maßnahmen zu beurteilen (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - und - C-46/08, a.a.O., Carmen Media -). Die staatlichen Stellen verfügen im besonderen Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen über ein ausreichendes Ermessen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben (vgl. EuGH, Urteil vom 30. April 2014 - C-390/12 [ECLI:EU:C:2014:281], Pfleger -). Gleichwohl obliegt es dem Mitgliedstaat, der sich auf ein Ziel berufen möchte, mit dem sich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen lässt, dem Gericht, das über diese Frage zu entscheiden hat, alle Umstände darzulegen, anhand derer dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - Rn. 71, vom 15. September 2011 - C-347/09 [ECLI:EU:C:2011:582], Dickinger/Ömer - Rn. 54 und vom 30. April 2014 - C-390/12, a.a.O., Pfleger -). Das nationale Gericht muss eine Gesamtwürdigung der Umstände vornehmen, unter denen die streitigen restriktiven Rechtsvorschriften erlassen und durchgeführt worden sind (vgl. EuGH, Urteile vom 30. April 2014 - C-390/12, a.a.O., Pfleger -, vom 11. Juni 2015 - C-98/14 [ECLI:EU:C:2015:386], Berlington Hungary - und vom 14. Juni 2017 - C-685/15 [ECLI:EU:C:2017:452], Online Games -).

Ausgehend von diesen Maßstäben steht die Eignung des Internetverbots zur Verfolgung der legitimen Gemeinwohlziele des Glücksspielstaatsvertrages nicht in Zweifel. Mit der kontrollierten Zulassung des Vertriebswegs Internet für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten soll den unerlaubten Angeboten im Internet zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV 2012 eine legale, sichere und den Spielerschutz gewährleistende Alternative gegenübergestellt werden. Eine begrenzte Erlaubnis von Glücksspielen im Rahmen von Sonder- oder Ausschließlichkeitsrechten kann der Verwirklichung der im Allgemeininteresse liegenden Ziele des Verbraucherschutzes und des Schutzes der Sozialordnung dienen, da sie die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen lenkt (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-98/14, a.a.O., Berlington Hungary -). Etwaige praktische Probleme des Staates, Verbote im Glücksspielwesen wirksam durchzusetzen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Internet als einem schwer zu kontrollierenden transnationalen Medium, vermögen die grundsätzliche Eignung der Maßnahme nicht in Frage zu stellen (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - Rn. 86 f.).

Das Internetverbot trägt auch nach Zulassung der Ausnahmen für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten in systematischer und kohärenter Weise zur Erreichung der dargelegten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages bei. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass eine die Dienstleistungsfreiheit einschränkende Regelung nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden darf, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 31 ff., 51 ff. m.w.N. und vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - BVerwGE 157, 126 <165>). Hingegen verpflichten die unionsrechtlichen Grundfreiheiten den Mitgliedstaat nicht zu einer sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifenden Gesamtkohärenz glücksspielrechtlicher Maßnahmen (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 53 und 55).

Die teilweise Zulassung der Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet widerspricht keiner konsequenten Eindämmung der den Glücksspielen immanenten Gefahren. Sie bezieht sich lediglich auf die nach Einschätzung des Gesetzgebers unter suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefährlichen Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten. Das demgegenüber höhere Suchtpotenzial von Online-Casinospielen und Online-Poker haben die Länder in ihren amtlichen Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag unter Bezugnahme auf eingeholte Studien und Berichte hinreichend dargestellt. Diese Glücksspiele weisen nach der entsprechenden Einschätzung der Länder außerdem eine gegenüber anderen Glücksspielangeboten höhere Anfälligkeit für Manipulationen und die Nutzung für Geldwäsche auf (vgl. amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 59). Darüber hinaus ist die ausnahmsweise Erlaubniserteilung für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet nach § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 an strenge Voraussetzungen geknüpft, die dem spezifischen Gefährdungspotenzial des Online-Glücksspiels Rechnung tragen (vgl. zur Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV 2008: BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Insbesondere ist gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV 2012 eine Erlaubnis für solche Online-Glücksspiele ausgeschlossen, bei denen besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung bestehen. Lotterien mit hoher Ziehungsfrequenz, die dadurch zum Weiterspielen animieren, sind im Internet daher nicht erlaubnisfähig. Entsprechendes gilt für Sportwetten, bei denen nach § 21 Abs. 4 Satz 4 GlüStV 2012 ein generelles Verbot von Live-Ereigniswetten besteht. Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit die begrenzte und regulierte Zulassung von Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet die Erreichung des Ziels der Suchtbekämpfung bei im Internet weiterhin verbotenen Glücksspielen konterkarieren würde.

Dass es bei der Prüfung der unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeit einer restriktiven nationalen Regelung im Bereich der Glücksspiele nicht nur auf die Zielsetzung dieser Regelung im Moment ihres Erlasses ankommt, sondern auch auf die nach ihrem Erlass zu bewertenden Auswirkungen (vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2016 - C-464/15 [ECLI:EU:C:2016:500], Admiral - und vom 14. Juni 2017 - C-685/15, a.a.O., Online Games -), führt zu keiner anderen Beurteilung. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die partielle und streng regulierte Öffnung des Internetvertriebswegs hinsichtlich der Sportwetten ausdrücklich Experimentiercharakter hat (vgl. § 10 a GlüStV 2012). Im Rahmen der Experimentierklausel soll erprobt werden, ob sich durch ein kontrolliertes Angebot privater Konzessionäre die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages, insbesondere das Ziel, den Schwarzmarkt zurückzuführen bzw. in ein legales Feld zu überführen (vgl. amtl. Erl. S. 8 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 55), besser verwirklichen lassen. Die Experimentierklausel ist gerade darauf angelegt, Erfahrungen zu sammeln und die Ergebnisse der probeweisen Öffnung systematisch zu beobachten und auszuwerten (vgl. amtl. Erl. S. 10 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 57). Da dieses Experiment noch nicht abgeschlossen ist, sondern die Erteilung der zahlenmäßig limitierten Sportwettenkonzessionen angesichts noch hierzu anhängiger gerichtlicher Verfahren weiterhin aussteht, kann die probeweise Öffnung des Vertriebswegs Internet, insbesondere hinsichtlich seiner Eignung, noch nicht abschließend bewertet werden. Die beschränkte Öffnung für Online-Lotterien und -Pferdewetten steht zwar nicht unter diesem Experimentiervorbehalt. Es fehlen aber jegliche Anhaltspunkte dafür, dass die regulierte Öffnung dieser Glücksspielarten eine allgemeine Spielleidenschaft über diesen begrenzten Markt hinaus entfacht hätte.“

Der Senat folgt diesen Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Senatsbeschl. v. 17.8.2016 - 11 ME 61/16 -, juris, Rn. 30). Die Berufungsbegründung der Klägerin zu 1. führt zu keiner anderen Entscheidung.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil ausdrücklich berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urt. v. 30.6.2016 - C-64/15 -, juris, und Urt. v. 14.6.2017 - C-685/15 -, juris) bei der Prüfung der unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeit einer restriktiven nationalen Regelung im Bereich der Glücksspiele nicht nur auf die Zielsetzung dieser Regelung zum Zeitpunkt ihres Erlasses, sondern auch auf die nach ihrem Erlass zu bewertenden Auswirkungen abzustellen ist. Im Hinblick auf die teilweise Öffnung des Internetvertriebswegs für Sportwetten hat das Bundesverwaltungsgericht weiter darauf hingewiesen, dass diese Experimentiercharakter hat und das Experiment noch nicht abgeschlossen ist, so dass die Eignung der probeweisen Öffnung noch nicht abschließend beurteilt werden kann (Urt. v. 26.10.2017 - 8 C 18/16 -, juris, Rn. 43). Dass die vom Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die einheitliche obergerichtliche Rechtsprechung und die Gesetzesbegründung angeführten spezifischen Gefahren, die mit dem Anbieten von Glücksspielen über das Internet verbunden sind, nicht mehr vorliegen, ist nicht ersichtlich und lässt sich, wie noch ausgeführt wird, auch den aktuellen Studien und Forschungsberichten nicht entnehmen. Die Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts, dass vom Online-Glücksspiel besondere Gefahren ausgehen, steht im Übrigen mit der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Einklang (Urt. v. 28.2.2018 - C-3/17 -, juris, Rn. 41 m.w.N.).

In dem aktuellen Forschungsbericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) „Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland - Ergebnisse des Surveys 2017 und Trends -“ vom 15. Februar 2018 wird unter Bezugnahme auf zwei Gutachten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich Online-Casinospiele (darunter fallen auch Online-Pokerspiele) im Allgemeinen durch eine hohe Spielgeschwindigkeit, oftmals höhere Auszahlungsquoten als terrestrische Angebote und eine ständige Verfügbarkeit auszeichnen (S. 205). Weiter (S. 205 f.) wird in dem Forschungsbericht ausgeführt, dass Online-Casinospiele erst in jüngerer Zeit eine größere Verbreitung erfahren hätten und es vermutlich noch einige Zeit dauern werde, bis sich im Zusammenhang mit diesen Spielen auftretende Glücksspielprobleme epidemiologisch niederschlügen. Gegenwärtig sei das exakte Ausmaß der Sucht bei Online-Glücksspielen noch unklar, da die Prävalenzen des mindestens problematischen Glücksspiels unter den Teilnehmern von Online-Glücksspielen schwankten. Unter Berücksichtigung der Daten aus den beiden aktuellsten BZgA-Glücksspielsurveys aus dem Zeitraum 2015 bis 2017 seien Personen mit mindestens problematischem Glücksspielverhalten am häufigsten unter den Personen zu finden, die in den letzten 12 Monaten das „kleine Spiel“ in der Spielhalle (21,1%), Internet-Casinospiele (18,4%), Bingo (12,3%), Geldspielautomaten (10,5%), Oddset-Spielangebote (9,8%) oder Keno (9,6%) gespielt haben (S. 15 u. Tabelle 45, S. 249 f.). Der Anteil von Problemspielern bei Online-Sportwetten betrage 4,1% und bei Live-Wetten 5,8%. Eine multivariate Auswertung der zusammengefassten Erhebungen von 2015 und 2017 weise weiterhin signifikant auf das stark erhöhte Risiko von Online-Casinospielen hin. So sei das Risiko eines Online-Casinospielers fast um das 9-Fache höher mindestens problematisch zu spielen als bei einer Person, die nicht Online-Casinospiele spiele (S. 206).

Angesichts der sich aus dem aktuellen Bericht der BZgA ergebenden hohen Werte und schwankenden Ergebnisse bezüglich des Anteils von Spielern mit problematischem und pathologischem Spielverhalten bei Online-Casinospielen ist das Internetverbot für diese Glücksspiele weiterhin als verhältnismäßig anzusehen. Internet-Casinospiele stehen im Hinblick auf den Problemspieleranteil von allen in den BZgA-Surveys untersuchten Glücksspielen nach dem Automatenspiel in der Spielbank an zweiter Stelle in der Rangfolge. Gegen diese Einschätzung spricht nicht der nach der BZgA-Studie relativ geringe Anteil der Befragten am illegalen Online-Glücksspiel. Danach haben in den zurückliegenden 12 Monaten lediglich 0,6% der Befragten illegale Online-Casinospiele und 1,8% der Befragten Online-Sportwetten in der „Grauzone“ gespielt. Diese Werte stehen im Kontrast zu den Prognosen der Glücksspielmarktforschung und sind nach der BZgA-Studie möglicherweise auf Vorbehalte der Befragten zurückzuführen, über ihre Spielaktivitäten im illegalen Markt bzw. in der „Grauzone“ Auskunft zu geben. Zudem sei der Online-Glücksspielmarkt sehr unübersichtlich und die Angebote im Internet erweckten oft den Schein der Legalität, so dass den Konsumenten möglicherweise auch nicht immer bewusst sei, an einem illegalen Glücksspiel oder einem Glücksspiel in der gesetzlichen „Grauzone“ teilzunehmen.

Eine andere Beurteilung ist auch nicht aufgrund des Endberichts des Landes Hessen zur Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrages vom 10. April 2017 geboten. In dem Endbericht wird zunächst in Abbildung 16 auf Seite 37 das Gefährdungspotenzial von verschiedenen Glücksspielen dargestellt, welches sich aus bestimmten technischen Eigenschaften und Merkmalen der Glücksspielformen ableiten lässt (angegebene Quelle: Meyer et al. (2010), S. 409, 411). Danach weisen Glücksspielautomaten in Spielbanken, Geldspielautomaten (Geldspielgeräte), gefolgt von Poker im Internet, Sportwetten (Live-Wetten im Internet) sowie Roulette in Spielbanken das höchste Risikopotenzial auf. Weiter wird anhand einer Umfrage von stationär behandelten Patienten mit pathologischem Spielverhalten aus dem Jahr 2014 überprüft, ob das unterschiedlich hohe Gefährdungspotenzial der Glücksspielformen auch empirisch belegt werden kann. Danach hat der größte Teil der befragten Patienten an Geldspielgeräten gespielt. Von 414 Patienten spielten 313 (75,6%) an Geldspielautomaten in Spielhallen, 137 (33,1%) an Geldspielgeräten in Gaststätten und 70 (16,9%) an Glücksspielautomaten in Spielbanken. Im Bereich der Online-Glücksspiele hat die Befragung ergeben, dass von den stationär behandelten Patienten 21 (5,1%) Online-Sportwetten, 48 (11,6%) Online-Kartenspiele und 31 (7,5%) Online-Casinospiele gespielt haben. Auch dem Endbericht des Landes Hessen zur Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrages lässt sich nicht entnehmen, dass das Suchtpotenzial von Online-Casinospielen das Internetverbot nicht mehr rechtfertigt. Da Online-Casinospiele erst in jüngerer Zeit eine größere Verbreitung gefunden haben, können aus einer Befragung von glücksspielsüchtigen Spielern aus dem Jahr 2014 keine hinreichenden Rückschlüsse auf die Suchtgefahr dieser Spiele gezogen werden. Das Ergebnis der Umfrage ist auch angesichts der geringen Anzahl der Befragten (414) nicht aussagekräftig. Zum Vergleich wurden bei der BZgA-Studie 2017 insgesamt 11.503 Personen telefonisch befragt. Zudem ist bei der Beurteilung des Suchtpotenzials verschiedener Glücksspielarten nicht nur pathologisches Spielverhalten, sondern auch schon problematisches Spielverhalten zu berücksichtigen, so dass die ausschließliche Befragung von aufgrund ihrer Glücksspielsucht stationär behandelten Patienten nicht ausreicht.

Der Evaluierungsbericht des Landes Hessen kommt weiter zu dem Ergebnis, dass die aktuelle Lage und die Entwicklung des deutschen Glücksspielmarktes seit Inkrafttreten des GlüStV 2012 den Schluss zulassen, dass die Ziele des GlüStV bei der Glücksspielregulierung verfehlt worden seien. Im Hinblick auf Casino- und Pokerspiele im Internet schlägt der Bericht angesichts des weiter gewachsenen Marktes (von 2013 bis 2015 um 46%) und der bisher nicht wirksamen Unterbindung des illegalen Spiels zur Bekämpfung des inzwischen größten Schwarzmarkts in Deutschland aus Gründen des Spieler- und Jugendschutzes eine Regulierung dieses Marktsegments vor. Als Regelung zum Spielerschutz wird ein monatliches Verlustlimit von 1.000 EUR mit Anbindung an die Spielersperrdatei OASIS vorgeschlagen. Mit solch einer strikten Spielerschutzregelung sei die Regulierung eines Glücksspiels mit einem höheren Suchtpotenzial vertretbar (S. 40 f.). Auch danach wird das höhere Suchtpotenzial von Online-Casinospielen nicht in Zweifel gezogen.

Dass mit einer Änderung des mit Ablauf des 30. Juni 2021 außer Kraft tretenden Glücksspielstaatsvertrags das Internetverbot weiter gelockert und für Online-Casinospiele und Online-Pokerspiele ähnlich wie bei Online-Sportwetten ein Erlaubnismodell eingeführt werden könnte, steht der Vereinbarkeit des Internetverbots mit Art. 56 AEUV zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht entgegen. Wie sich aus dem Ergebnisprotokoll der Jahreskonferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 24. bis 26. Oktober 2018 (Top 8 Glücksspiel) ergibt, läuft derzeit eine von mehreren Bundesländern finanzierte Studie der Universität Hamburg, bei der die verschiedenen Regulierungsansätze in Europa bezüglich des Online-Glücksspiels miteinander verglichen werden sollen. Im Rahmen des Vergleichs soll eine sozio-ökonomische Analyse der Glücksspielmärkte einschließlich etwaiger Wanderungsbewegungen erfolgen sowie aufgezeigt werden, welche Folgen und Herausforderungen die jeweilige Regulierung für Aufsicht, Vollzug, Spielerschutz und Suchtprävention hat. Mit dieser Studie sollen diejenigen Fragen beantwortet werden, die im Evaluationsbericht offengeblieben sind. Die Endfassung des Berichts soll zum Projektende im Dezember 2019 vorgelegt werden.

Die von der Klägerin zu 1. angeführte Studie von Suzanne Lischer (Das Gefährdungspotenzial von Internet-Glücksspielen und Möglichkeiten des Spielerschutzes, ZfWG Sonderbeilage 4/18) gibt keinen Anlass zu einer anderen Einschätzung. Soweit die Studie zu dem Ergebnis kommt, dass Online-Glücksspiele nicht mit höheren Risiken verbunden seien als vergleichbare Spiele im stationären Vertrieb, erscheint dies spekulativ und überzeugt nicht. Dieses Ergebnis lässt sich insbesondere nicht aus der in Bezug genommenen BZgA-Studie 2017 herleiten, nach der das exakte Ausmaß der Sucht bei Online-Spielen noch unklar ist, die vorliegenden Zahlen allerdings bei Online-Casinospielen nach den Automatenspielen den zweithöchsten Anteil von Problemspielern ausweisen.

dd. Die weiteren gegen die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung angeführten Einwände der Klägerin zu 1. greifen ebenfalls nicht durch.

Die Klägerin zu 1. ist zu Recht als Verantwortliche für die Veranstaltung von Glücksspiel im Internet herangezogen worden. Veranstalter von Glücksspiel ist, wer verantwortlich und organisatorisch den äußeren Rahmen für die Abhaltung des Glücksspiels schafft und der Bevölkerung dadurch den Abschluss von Glücksspielverträgen ermöglicht (Bayerischer VGH, Beschl. v. 24.1.2012 - 10 CS 11.1670 -, juris, Rn. 18; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.4.2010 -, juris, Rn. 4; Dietlein/Hecker/ Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl., § 2 Rn. 4). Dass die Klägerin zu 1. das in der Verfügung im Einzelnen bezeichnete Online-Glücksspiel veranstaltet hat, unterliegt keinen Zweifeln und ist von ihr auch nicht bestritten worden.

Rechtliche Bedenken sind auch nicht in Bezug auf die Umsetzbarkeit der Verfügung ersichtlich. Der Einwand der Klägerin zu 1., das Geolokalisationsverfahren sei nicht geeignet, die Untersagungsverfügung umzusetzen, greift schon deshalb nicht durch, weil es der Klägerin zu 1. nach dem angefochtenen Bescheid selbst überlassen bleibt, auf welche Weise sie dem Verbot nachkommt. Der Beklagte zeigt der Klägerin zu 1. in der Begründung des Bescheides verschiedene technisch umsetzbare Möglichkeiten auf, mit denen sie das mit der Verfügung verfolgte Ziel erreichen kann. Danach können die Internetseiten vollständig vom Netz genommen werden oder über Geolokalisation oder Festnetz- oder Handyortung nur Spielern zugänglich gemacht werden, die sich außerhalb von Niedersachsen aufhalten. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich aufgrund der seit dem 3. Dezember 2018 geltenden Verordnung (EU) 2018/302 keine rechtlichen Bedenken gegen die Geolokalisation ergeben. Das Geoblocking-Verbot aus Art. 3 Abs. 1 der Verordnung gilt nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 nicht, wenn die Sperrung erforderlich ist, um die Erfüllung rechtlicher Anforderungen im Unionsrecht oder im mit dem Unionsrecht übereinstimmenden Recht eines Mitgliedstaats, dem die Tätigkeit des Anbieters unterliegt, zu gewährleisten.

Die Klägerin zu 1. kann sich weiter nicht auf Ermessensfehler des Beklagten berufen. Wie der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei der Untersagung unerlaubten Glücksspiels in Niedersachsen auf der Grundlage von § 22 Abs. 4 Satz 2 NGlüSpG nicht um eine Ermessensentscheidung, sondern um eine gebundene Entscheidung. Liegen die Voraussetzungen des § 22 Abs. 4 Satz 2 NGlüSpG vor, ist der Beklagte zum Einschreiten verpflichtet.

Es besteht auch nicht ein Vollzugsdefizit. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs müssen die Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten den Anforderungen an ihre Verhältnismäßigkeit genügen, d.h., sie müssen geeignet sein, die Erreichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des Ziels erforderlich ist. Eine nationale Regelung ist nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (EuGH, Urt. v. 11.6.2015 - C-98/14 -, juris, Rn. 64). Die vertikale Kohärenzbetrachtung bezieht sich nicht nur auf die Schlüssigkeit des normativen Rahmens der Regulierung, sondern schließt zugleich die staatliche Vollzugspolitik in die Betrachtung mit ein. Durch die Einbeziehung der Anwendungsmodalitäten in die Kohärenzbetrachtung soll vermieden werden, dass ein Mitgliedstaat zwar einen abgestimmten und damit kohärenten Regelungsrahmen schafft, die vorgegebenen Ziele jedoch durch Untätigkeit der zuständigen Verwaltungsbehörden unterläuft. Es bedarf aber nicht der Prüfung der Kohärenz jeder Durchführungsmaßnahme im Einzelfall (EuGH, Urt. v. 3.6.2010 - C-258/08 -, NVwZ 2010, 1081, juris, Rn. 50). Maßgeblich ist vielmehr, ob strukturelle Vollzugsdefizite vorliegen (Dietlein, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, Einf. Rn. 46).

Das Bundesverwaltungsgericht hat für den Fall, dass die Behörde aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null zum Einschreiten verpflichtet ist, entschieden, dass die Behörde keine Handlungsalternativen mehr hat, zwischen denen sie nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten auswählen kann. Sie muss vielmehr in allen Fällen, in denen eine Reduzierung des Entschließungsermessens eingetreten ist, einschreiten. Daher muss sie für ihr Einschreiten gegen einen Ordnungspflichtigen regelmäßig keinen - weiteren - Sachgrund anführen. Begründungsbedürftig ist vielmehr allenfalls ein vorübergehendes Absehen von einem Einschreiten. Sachgründe, die geeignet sind, ein vorübergehendes Absehen von einem an sich sofort gebotenen Einschreiten zu rechtfertigen, können mangelnde personelle Ressourcen, aber auch der Wunsch der Behörde sein, zunächst ein Musterverfahren durchzuführen, um ihre Rechtsansicht gerichtlich überprüfen zu lassen (Urt. v. 26.10.2017 - 8 C 18/16 -, juris, Rn. 22). Hat die Behörde kein spezielles Handlungskonzept für die zeitliche Reihenfolge des Einschreitens gegen mehrere Störungen entwickelt, genügt es, dass sich ein Einschreiten nicht als willkürlich darstellt. Dafür reicht es beispielsweise aus, wenn die Behörde Anhaltspunkten für Gesetzesverstöße nachgeht und einschreitet, sobald sie im regulären Gang der Verwaltung die Überzeugung gewonnen hat, dass die Voraussetzungen für ein Einschreiten gegeben sind (BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 - 8 C 18/16 -, juris, Rn. 23).

Diese Maßstäbe sind im vorliegenden Verfahren, in dem aufgrund von § 22 Abs. 4 Satz 2 NGlüSpG eine Handlungspflicht des Beklagten besteht, entsprechend anzuwenden. Danach war der Beklagte nicht verpflichtet, einen konkreten Plan mit sachlichen Kriterien für sein ordnungsbehördliches Vorgehen gegen Anbieter von Internetglücksspielen aufzustellen und die Anwendung und Gewichtung solcher Kriterien in Bezug auf die Klägerin zu 1. darzulegen. Vielmehr reicht es nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus, dass, wie nachfolgend ausgeführt wird, keine Anhaltspunkte für ein willkürliches Einschreiten des Beklagten ersichtlich sind.

In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass ein strukturelles Vollzugsdefizit im Bereich der Online-Casinospiele und Online-Pokerspiele (Beschl. v. 31.7.2017 - 11 ME 220/16 - und v. 17.8.2016 - 11 ME 61/16 -, a.a.O., juris, Rn. 40) nicht besteht. Die Ausführungen der Klägerin zu 1. geben keinen Anlass zu einer anderen Einschätzung. Angesichts der Vielzahl von Glücksspielangeboten im Internet ist ein zeitgleiches Vorgehen gegen alle Anbieter selbst bei Einsatz erheblicher Ressourcen nicht möglich, so dass es auf ein systematisches Vorgehen der zuständigen Behörde ankommt. Hier ist davon auszugehen, dass der Beklagte gegen illegales Glücksspiel im Internet systematisch im Vollzugsverbund mit den anderen Bundesländern einschreitet und sein Handeln auch im vorliegenden Fall an den gemeinsam festgelegten Kriterien ausgerichtet hat. Entscheidend ist, dass sich der Beklagte entsprechend den gemeinsam festgelegten Kriterien der Länder an Umfang und Verbreitung des Angebotes der Klägerin zu 1. auf dem deutschen Markt orientiert hat. Dass es sachlich gerechtfertigt ist, nach der Größe der Anbieter zu differenzieren, liegt auf der Hand. Insofern begegnet es keinen Bedenken, zur Sachverhaltsermittlung auf Rankinglisten und Suchanfragen im Internet zurückzugreifen. Im Übrigen stellt die Klägerin zu 1. nicht in Abrede, dass sie mit der von ihr früher betriebenen Webseite zu den größeren und bekannteren Anbietern von Pokerspielen im Internet gehört hat, deren Angebote von einer hohen Anzahl von Nutzern aus Deutschland aufgerufen werden. Hohe Besucherzahlen lassen wiederum den Schluss darauf zu, dass diese Seiten von einer hohen Anzahl von Spielern aufgesucht werden.

Die weiterhin anreizende und ermunternde Werbepraxis der im deutschen Lotto- und Totoblock sowie der über den Glücksspielstaatsvertrag zusammengefassten staatlichen Lotterieunternehmen insbesondere für die monopolisierten Lotterien führt zu keiner anderen Beurteilung. Zwar entspricht dem unionsrechtlich legitimen Ziel der Suchtbekämpfung und des Jugend- und Spielerschutzes nur eine Werbung, die maßvoll und strikt auf das begrenzt bleibt, was erforderlich ist, um die Verbraucher zum legalen Glücksspielangebot hinzulenken. Sie darf nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme am Spiel angeregt werden, etwa indem das Spiel verharmlost oder ihm ein positives Image verliehen wird, das daran anknüpft, dass die Einnahmen für Aktivitäten im Allgemeininteresse verwendet werden. Unzulässig ist es auch, die Anziehungskraft des Spiels durch zugkräftige Werbebotschaften zu erhöhen, die bedeutende Gewinne verführerisch in Aussicht stellen (vgl. EuGH, Urt. v. 8.9.2010 - C-316/07 u.a. -, juris, Rn. 103 f.).

Die genannte Werbung für staatliche Lotterien lässt jedoch nicht darauf schließen, dass der Erlaubnisvorbehalt und das Internetverbot lediglich scheinheilig zur Suchtbekämpfung eingeführt worden sind, tatsächlich aber anderen, insbesondere fiskalischen, Zwecken dienen. Diese Werbung betrifft gerade nicht in erster Linie den hier in Rede stehenden Bereich der Online-Pokerspiele. Insoweit verlangt das Kohärenzgebot nur, dass die jeweilige Regelung nicht durch die mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen konterkariert werden darf. Es verlangt weder eine Uniformität der Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung. Dass die mit dem Erlaubnisvorbehalt und dem Internetverbot bezweckten Regelungen durch die Werbepraxis vor allem für staatliche Lotterien konterkariert werden könnten, ist nicht ersichtlich.

Die Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 20.000 EUR für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Anordnung nach Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides beruht auf § 64 Abs. 1, § 65 Abs. 2, § 67 Abs. 1, §§ 69, 70, 74 Nds. SOG und ist ebenfalls rechtmäßig. Angesichts eines nach den - nicht bestrittenen - Angaben des Beklagten erzielten Gewinns der Klägerin zu 1. von 218,4 Millionen Dollar im ersten Halbjahr 2014 ist eine Zwangsgeldfestsetzung in Höhe von 20.000 EUR jedenfalls nicht als unangemessen hoch anzusehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.