Thüringer OVG, Beschluss vom 24.06.2013 - 4 EO 233/10
Fundstelle
openJur 2019, 41868
  • Rkr:

1. Auf ein Grundstück, das nur als Seniorenwohnheim baulich nutzbar ist, muss ein Herauffahren möglich sein. Die Möglichkeit, an das Grundstück heranzufahren und es betreten zu können, vermittelt diese Nutzbarkeit nicht.

2. Grenzt ein als Seniorenwohnheim genutztes Grundstück, das durch eine mit Kraftfahrzeugen befahrbare Straße erschlossen ist, an eine weitere Straße an, die nur fußläufig erreichbar ist, vermittelt diese zusätzliche tatsächliche Gebrauchsmöglichkeit keinen beitragsrelevanten Vorteil.

3. Demgegenüber wird der unbebaubaren Parkanlagenfläche des Grundstücks durch eine solche weitere fußläufig erreichbare Straße ein beitragsrelevanter Vorteil vermittelt.

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 22. Dezember 2009 geändert und die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 22. Februar 2010 angeordnet.

2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

3. Der Streitwert wird unter gleichzeitiger Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Rechtszüge auf jeweils 5.416,62 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich mit seiner Beschwerde gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Meiningen, mit dem es seinen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen einen Straßenausbaubeitragsbescheid für den Ausbau der F... abgelehnt hat.

Er ist Eigentümer der in Eisenach gelegenen Grundstücke mit den Flurstücks-Nrn. a... (288 m²), b... (5.525 m²), c... (23.089 m²) und d... (69 m²). Auf diesen Grundstücken betreibt der Antragsteller das Seniorenwohnheim "E...". Dieses bereits seit 1940 existierende Seniorenwohnheim hatte der Antragsteller Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts von der Gemeinschaft der Borromäerinnen übernommen, die das Seniorenwohnheim 1953 ihrerseits von den Ursulinen erhalten hatten. Nach Sanierung des 1870 als Hotel errichteten und ab 1940 als Seniorenwohnheim genutzten Hauptgebäudes M... (auf dem Grundstück mit der Flurstücks-Nr. c...) und Abriss des Nebengebäudes M... errichtete der Antragsteller auf dem Grundstück mit der Flurstücks-Nr. b... und teilweise auf dem Grundstück mit der Flurstücks-Nr. c... einen Neubau, der 2003 fertig gestellt wurde.

Dafür hatte die Antragsgegnerin zuvor einen vom 11. Februar 1998 datierenden Vorbescheid erlassen, mit dem sie die in Aussicht gestellte Baugenehmigung insbesondere an folgende Bedingungen knüpfte:

"1. Die Grundstücke Gemarkung Eisenach, Flur 70, Flurstück-Nr. a..., c..., b... und d... sind durch Baulasteintragung öffentlich rechtlich zu vereinigen....3. Für die Erschließung des Grundstücks (Wasser, Abwasser, Zuwegung etc.) ist der Abschluss eines Erschließungsvertrages mit der Stadt Eisenach notwendig......5. Die Anbindung an die B 19 muss über die vorhandene Zufahrt erfolgen. Änderungen der Anbindung im Bereich der B 19 bedürfen der Zustimmung des Straßenbauamtes Meiningen ......"

Die Beteiligten schlossen am 19. bzw. 25. November 1999 einen Erschließungsvertrag, in dem die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Erschließung nach § 124 BauGB übertrug und der Antragsteller sich zur Herstellung der Erschließungsanlagen verpflichtete. Die Antragsgegnerin verpflichtete sich, die von dem Antragsteller zu errichtenden Erschließungsanlagen "in ihre Unterhaltung und Verkehrssicherungspflicht" zu nehmen. Die Antragsgegnerin versah die den ersten Bauabschnitt betreffende Teilbaugenehmigung vom 7. Dezember 1999 mit der Bedingung, dass der am 25. November 1999 unterzeichnete Erschließungsvertrag erfüllt werde (vgl. Nr. 5 der Teilbaugenehmigung vom 7. Dezember 1999, GA Blatt 144). Der Antragsteller errichtete nachfolgend eine Straße, durch die ihre Grundstücke nunmehr über die Straße M... erschlossen werden. Diese Erschließungsstraße verläuft teilweise auf einem Grundstück, das im Eigentum der Antragsgegnerin steht und teilweise auf dem Grundstück mit der Flurstücks-Nummer b... (vgl. Liegenschaftskarte mit Skizze, die der Antragsteller als Anlage 7 zu seinem Schriftsatz vom 1. März 2010 übersandt hat).

Das Grundstück mit der Flurstücks-Nr. c... grenzt in einem Teilbereich in nördlicher Richtung unmittelbar an die F... an. Die F... hat beginnend von den abzweigenden Straßen K... und M... bis etwa zur Höhe des dem Antragsteller gehörenden Grundstücks mit der Flurstücks-Nr. a... eine Stützmauer und steigt aus Richtung J... kommend in Richtung M.../K... an. Die südlich angrenzenden Grundstücke liegen unterhalb dieser Stützmauer (vgl. die Flurkarte Blatt 208, BA 1). Die geschichtliche Entwicklung dieser Stützmauer stellte die Antragsgegnerin gegenüber dem Thüringer Landesverwaltungsamt in einem vom 1. April 2009 datierenden Erläuterungsbericht wie folgt dar:

"In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Villenkolonie 'M...' als ein Ausdruck einer hohen, gepflegten Wohnkultur des Besitz- und Bildungsbürgertums. Möglich wurde dies durch die E..., die zu Beginn der 80er und der 90er Jahre des 19. Jh. das Gebiet zwischen M...- und J... bis zum B... umfassend erschlossen hat. Sie sicherte die Ver- und Entsorgung, legte Wege und Straßen an und ermöglichte so zunächst den Bau von etwa 30 Villen. Diese Erschließung beinhaltete auch den Bau der Stützmauer im Bereich des P..., beginnend im Bereich der K... und sich hinziehend bis zur südwestlichen Ecke der 'Villa F...'. Die Stützmauer wurde mit Aussichtspunkten versehen sowie einer Treppenanlage mit Zugangsmöglichkeit zum P... Im Nachgang zu vorgenannter Entwicklung im östlichen Teil des M... bildete sich die Villenkolonie 'M...' auf der westlichen Seite der M... heraus. In beiden Gebieten entwickelte sich die architektonische Vielfalt und Qualität, die auch heute noch einzigartig ist. Aus diesem Grund erfolgte bereits 1995 für die Villenkolonie 'M...' die Ausweisung als Denkmalensemble durch das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege mit gleichzeitiger Eintragung in das Denkmalbuch. Die Ausweisung als Denkmalensemble der Villenkolonie 'M...' erfolgte im Frühjahr 1999. Ausdrücklich wird in beiden Ausweisungen darauf hingewiesen, dass historische Einfriedungen und Stützmauern, Wegeanlagen etc. Bestandteil der ausgewiesenen Gesamtanlagen sind."

Als die Stützmauer an der F... im Winter 2000/2001 in zwei Teilbereichen eingebrochen war und sich weitere Einbrüche abzeichneten, wurde die Stützmauer durch die Antragsgegnerin erneuert. Eine Erneuerung der Fahrbahn und der Bürgersteige erfolgte nicht.

Am 10. Januar 2002 erließ die Antragsgegnerin eine Klarstellungssatzung, mit der sie für den Bereich der Villenkolonie "M..." die Grenzen für die im Zusammenhang bebauten Ortsteile festlegte. Das Grundstück des Antragstellers befindet sich außerhalb des Geltungsbereichs dieser Klarstellungssatzung.

Die Antragsgegnerin setzte gegenüber dem Antragsteller durch Bescheid vom 15. September 2008 für das Grundstück mit der Flurstücks-Nr. c... einen Straßenausbaubeitrag in Höhe von 27.255,57 € fest und forderte ihn unter Anrechnung einer Vorauszahlung von 5.589,10 € zur Zahlung eines Betrages von 21.666,47 € auf. Dieses Grundstück, das zu einem späteren, nicht näher bekannten Zeitpunkt in zwei Grundstücke mit den Flurstücks-Nrn. e... und f... aufgeteilt worden ist, hatte eine Größe von 23.089,00 m². Das Grundstück wurde von der Antragsgegnerin als im Außenbereich liegend eingeordnet. Bei der Beitragsbemessung nach dem (kombinierten) Grundstücksflächen- Vollgeschossmaßstab wurde eine Teilfläche von 510,00 m² als bebaut und die übrige Fläche von 22.579 m² als unbebaut behandelt. Des Weiteren wurde ein Zuschlag für gewerbliche Nutzung in Ansatz gebracht.

Durch einen weiteren Bescheid vom 15. September 2008 erhob die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller für das Grundstück mit der Flurstück-Nr. b... einen Straßenausbaubeitrag in Höhe von 41.912,96 €. Dieser Bescheid ist Gegenstand des Parallelverfahrens 4 EO 234/10.

Am 16. Oktober 2008 legte der Antragsteller Widerspruch gegen den das Grundstück mit der Flurstücks-Nr. c betreffenden Bescheid vom 15. September 2008 ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Die Antragsgegnerin lehnte den Aussetzungsantrag mit Schreiben vom 5. November 2008 ab.

Am 21. Juni 2009 hat der Antragsteller bei dem Verwaltungsgericht Meiningen einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches gegen den Bescheid vom 15. September 2008 gestellt. Diesen hat er im Wesentlichen damit begründet, dass das Grundstück mit der Flurstücks-Nr. c... über die neu erstellte Verkehrsanlage M... angebunden und erschlossen sei. Die F... führe in engen Kurven den Hang hinauf und grenze an das Grundstück mit der Flurstücks- Nr. c... im Hangbereich an. Die extrem steile Hanglage habe eine Absicherung durch eine Stützmauer notwendig gemacht. Es bestehe deshalb ein Zugangshindernis auf dem Straßengrundstück. Eine straßentechnische Zugangsmöglichkeit sei nicht vorhanden. Die Böschung sei nicht zum Betreten geeignet. Auch bestehe keine Zufahrtsmöglichkeit. Dem Grundstück mit der Flurstücks-Nr. c... werde deshalb keine vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit geboten. Des Weiteren sei der Vollgeschossfaktor unzutreffend ermittelt worden.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers durch Beschluss vom 22. Dezember 2009 - 1 E 266/09 Me - abgelehnt. Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides. Für das Eilverfahren sei nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die von der Antragsgegnerin getroffenen Feststellungen zu Verlauf und Ausdehnung der beitragsfähigen Anlage zutreffend seien. Insoweit bestünden zwar Bedenken, weil es möglich sei, dass die beitragsfähige Anlage in dem Bereich, in den sie in die J... einmünde, auch ende. Des Weiteren sei es nicht offenkundig ausgeschlossen, dass die beitragsfähige Anlage in dem Mündungsbereich "J..."/"J..." nicht nach rechts abknicke, sondern bei natürlicher Betrachtungsweise mit der J... fortgeführt werde. Die Klärung dieser Fragen sei aber dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Bei der Erneuerung der Stützmauer handele es sich nicht nur um eine Unterhaltungs-, sondern um eine beitragsfähige Ausbaumaßnahme, die zu einer Verbesserung der F... geführt habe. Dem Beitragsbescheid liege eine wirksame Beitragssatzung zugrunde. Der beitragsfähige Aufwand von 986.112,05 € sei nach summarischer Prüfung korrekt ermittelt worden. Es sei unter Einordnung der F... als Haupterschließungsanlage ein Gemeindeanteil von 50 % in Abzug gebracht worden. Auch die Ermittlung der beitragspflichtigen Grundstücke sei nicht zu beanstanden und der Beitragssatz korrekt ermittelt worden. Die sachliche Beitragspflicht sei nach Eingang der letzten Schlussrechnung vom 8. September 2008 entstanden.

Das Grundstück des Antragstellers werde durch die Ausbaumaßnahme bevorteilt. Der besondere wirtschaftliche Vorteil werde dadurch vermittelt, dass der Antragsteller die Möglichkeit habe, über die durch die Stützmauer verbesserte Straße besser und gefahrloser sein Grundstück zu erreichen. Es sei ausreichend, dass auf der Fahrbahn bis zur Höhe des Grundstücks herangefahren und dieses betreten werden könne. Ein Befahrenkönnen sei nicht erforderlich. Das Grundstück mit der Flurstücks-Nr. c... grenze mit mehreren Metern an die Anlage an. Nach summarischer Prüfung stehe einem Zugang kein nicht ausräumbares Hindernis entgegen. Die Einrichtung einer fußläufigen Zuwegung sei ohne größeren Aufwand - etwa durch Bau einer Treppenanlage - realisierbar. Auch die Berechnung des Beitrags mit einem Nutzungsfaktor von 1,8 begegne keinen Bedenken.

Gegen diesen am 28. Januar 2010 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 11. Februar 2010 Beschwerde erhoben, die er am 1. März 2010 im Wesentlichen damit begründet hat, dass sein Grundstück durch die Ausbaumaßnahme nicht beitragsrelevant bevorteilt sei. Das Grundstück mit der Flurstücks-Nr. c... sei im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides über die Straße M... (B 19), erschlossen gewesen. Er, der Antragsteller, habe in Erfüllung des Erschließungsvertrages vom 25. November 1999 selbst die erforderliche Zufahrt errichtet und auch finanziert. Die Erteilung der Teilbaugenehmigung vom 7. Dezember 1999 sei von der Erfüllung dieses Erschließungsvertrages abhängig gemacht worden. Es sei vor Abschluss des Erschließungsvertrages gemeinsam mit der Antragsgegnerin geprüft und festgestellt worden, dass eine Erschließung seiner Grundstücke über die F... wegen des steilen Abhangs nicht möglich sei. Die F... grenze in einer Breite von ca. drei Metern an sein Grundstück und verlaufe in diesem Bereich in einer 90°-Kurve. In diesem Kurvenbereich führe zwar ein schmaler, unausgebauter Weg hoch, der an der F... in einem Höhenunterschied von über zwei Metern entlang führe. Das Grundstück sei hier jedoch durch einen am Straßenrand befindlichen Zaun von der Straße abgetrennt. Bei diesem Weg handele es sich nicht um eine fußläufige Zuwegung. Das Betreten des Grundstücks sei nicht möglich, weil die F... zwei Meter höher liege. Das Grundstück sei auch nicht erschlossen, weil ein Auffahren erst recht nicht möglich sei. Zumindest müsste eine Vergünstigung wegen Mehrfacherschließung gewährt werden. Das Grundstück werde nicht gewerblich genutzt, weil es sich bei dem Antragsteller um einen nicht gewerblich tätigen Verein handele. Das Seniorenwohnheim werde karitativ und nicht gewerblich genutzt. Das Grundstück sei zudem nur zweigeschossig bebaut.

Der Antragsteller beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 22. Dezember 2009 die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen den Bescheid vom 15. September 2008 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Beschluss. Sie weist ergänzend darauf hin, dass der Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag für die F... nicht die Erschließung über die Straße M... entgegenstehe. Dem Straßenausbaubeitragsrecht sei eine "Exklusiverschließung durch nur eine Anlage mit ausschließender Wirkung" fremd. Ausreichend sei die Möglichkeit der Inanspruchnahme, die hier bestehe. Zumindest sei aber ein fußläufiges Betreten des Grundstücks möglich. Das Grundstück mit der Flurstücks-Nr. c... liege im Bereich einer 90°-Kurve, etwa zwei Meter unterhalb des Straßenniveaus. Der in dieser Höhe vorhandene Bürgersteig grenze unmittelbar an das Grundstück an. Das Grundstück weise - vom Neubau ausgehend - eine gewisse wegemäßige Eigenerschließung zur F... hin auf. Dieser Weg grenze über eine "Brücke" an das Gebäude an, sei mit Split befestigt, mit einem Handlauf versehen und winde sich die Böschung hoch, bis er an der Grundstücksgrenze ende. Der dort vorhandene Höhenunterschied von zwei Metern sei ohne Weiteres überwindbar.

Eine Vergünstigung wegen Mehrfacherschließung entfalle, weil das Grundstück des Antragstellers gewerblich genutzt werde. Auf eine Gewinnerzielungsabsicht komme es im Straßenausbaubeitragsrecht nicht an. Zudem sei die von dem Antragsteller errichtete und von ihr, der Antragsgegnerin, in ihre Baulast übernommene Straße bisher nicht gewidmet. Das Grundstück sei dreigeschossig bebaut.

Nach Zurückweisung seines Widerspruchs durch Widerspruchsbescheid des Thüringer Landesverwaltungsamts vom 22. Februar 2010 hat der Antragsteller am 22. März 2010 Klage vor dem Verwaltungsgericht Meiningen erhoben (1 K 143/10 Me). Dieses Verfahren ruht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens (ein Band), des Parallelverfahrens 4 EO 234/10 (ein Band), die von der Antragsgegnerin vorgelegten Beiakten (vier Ordner) und den das Widerspruchsverfahren betreffenden, vom Thüringer Landesverwaltungsamt vorgelegten Verwaltungsvorgang (eine Heftung). Diese waren Gegenstand der Beratung.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg, da sie zulässig und auch begründet ist. Mit seinem Beschwerdevorbringen - dies ist Gegenstand der Prüfung im Rechtsmittelverfahren (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) - zeigt der Antragsteller solche Gründe auf, aus denen die Entscheidung abzuändern ist.

Bei der Entscheidung über einen einstweiligen Rechtsschutzantrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine Abwägung zwischen dem privaten Interesse an der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs einerseits und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits vorzunehmen. Für die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts ist dabei ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt, unabhängig davon, ob die sofortige Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts einer gesetzlichen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 VwGO) oder einer behördlichen Anordnung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) entspringt (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 18. Juli 1973 - 1 BvR 23, 155/73 -, BVerfGE 35, 382 [402]; Beschluss des Zweiten Senats vom 21. März 1985 - 2 BvR 1642/83 -, BVerfGE 69, 220 [228, 229]). Im Falle der Erhebung öffentlicher Abgaben und Kosten im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage allerdings regelmäßig nur in Betracht, wenn gemäß § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung für den Abgaben- und Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen vor, wenn auf Grund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg. Dabei ist Gegenstand der Rechtmäßigkeitsprüfung durch das Gericht in erster Linie der Abgabenbescheid selbst und die ihm bei summarischer Prüfung offensichtlich anhaftenden Fehler.

Gemessen daran bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides, soweit ein Straßenausbaubeitrag in Höhe von mehr als 1.882,17 € festgesetzt wird. Hinsichtlich des diesen Betrag übersteigenden Straßenausbaubeitrags von 25.373,40 € ist ein Erfolg im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher als ein Misserfolg (1.). Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers ist jedoch vollumfänglich anzuordnen. Auch im Hinblick auf den Teilbetrag von 1.882,17 € kann die Antragsgegnerin den Bescheid nicht vollstrecken, da das Leistungsgebot in dem Bescheid infolge der Anrechnung der von dem Antragsteller in Höhe von 5.589,10 € gezahlten Vorausleistung nur in Höhe von 21.666,47 € festgesetzt wurde (2.).

1. Soweit die Antragsgegnerin in dem streitgegenständlichen Bescheid einen Straßenausbaubeitrag von mehr als 1.882,17 € festgesetzt hat, sprechen nach summarischer Prüfung gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Bescheid in Höhe dieses Betrages von 25.373,40 € (= 27.255,57 € abzüglich 1.882,17 €) rechtwidrig ist.

a. Ernstliche Zweifel, die die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage rechtfertigen könnten, ergeben sich nicht bereits daraus, dass die Antragsgegnerin einen Straßenausbaubeitrag für eine Anlage erhebt, die ihrer Auffassung nach in der J... auf der Höhe des Grundstücks mit der Flurstücks-Nr. g... beginnt und in dem Einmündungsbereich M.../K... endet. Der Senat hält es ebenso wie das Verwaltungsgericht für zweifelhaft, ob die Antragsgegnerin die beitragsfähige Anlage zutreffend bestimmt hat. Der Anlagenbegriff stellt nach ständiger Rechtsprechung des Senats auf eine selbstständige Verkehrsanlage in ihrer gesamten Ausdehnung unter Zugrundelegung einer "natürlichen Betrachtungsweise" ab; maßgebend ist das durch die tatsächlichen Gegebenheiten geprägte Erscheinungsbild, nicht eine etwa nur "auf dem Papier stehende" planerische Festsetzung. Die natürliche Betrachtungsweise ist auch geboten, wenn zu entscheiden ist, wie weit die (Straßen-)Fläche einer bestimmten Anbaustraße reicht (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - 4 KO 45/09 - juris Rn. 24 m. w. N.). Eine abschließende Beurteilung ließe sich insoweit nur auf Grund einer Besichtigung der Örtlichkeiten im Rahmen einer Beweisaufnahme treffen, die in einem Eilverfahren untunlich ist. Es wird im Hauptsacheverfahren zu klären sein, wo die Anlage, an der die Stützmauer erneuert wurde, beginnt, endet und wie sie verläuft. Da die Bestimmung der Anlage durch die Antragsgegnerin jedoch nicht offenkundig fehlerhaft ist (vgl. dazu auch den Vermerk über die "Begehung der F...", BA 1 Blatt 8-10) und der Antragsteller dies in seiner Beschwerdebegründung nicht angreift, legt der Senat der Beschwerdeentscheidung ebenso wie das Verwaltungsgericht nach summarischer Prüfung zugrunde, dass die beitragsfähige Anlage zutreffend bestimmt ist.

b. Es bestehen keine Zweifel daran, dass es sich bei der Erneuerung der Stützmauer nicht um eine Maßnahme der laufenden Unterhaltung und Instandsetzung, sondern um eine beitragsfähige Maßnahme handelt, die die beitragsfähige Anlage insgesamt verbessert hat (vgl. auch OVG Münster, Urteil vom 13. November 1978 - II A1998/76 - UA S. 6/7 und Beschluss vom 9. Januar 1991 - 2 B 438/91 - sowie Driehaus in: Driehaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2013, Rn. 289d zu § 8). Eine Stützmauer dient der Herstellung und/oder Aufrechterhaltung der Benutzbarkeit einer Straße insgesamt (vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht: BVerwG, Urteil vom 7. Juli 1989 - 8 C 86/87 - BVerwGE 82, 215-224).

c. Es spricht viel dafür, dass das Grundstück mit der Flurstücks-Nr. c... durch die beitragsfähige Anlage, die durch die Erneuerung der Stützmauer verbessert wurde, nicht mit seiner gesamten Fläche von 23.089 m² beitragsrelevant bevorteilt ist. Allein der Umstand, dass das Grundstück mit der Flurstücks-Nr. c... an die F... angrenzt, vermittelt ihm keinen Vorteil, der eine Beitragserhebung für seine Gesamtfläche rechtfertigt. Vielmehr ist gegenwärtig davon auszugehen, dass dem Grundstück des Antragstellers durch die F... nur insoweit ein beitragsrelevanter Vorteil vermittelt wird, als es sich um eine unbebaubare (und auch baulich nicht ausgenutzte) Wald- bzw. Parkfläche handelt. In dem Umfang, in dem das Grundstück mit der Flurstücks-Nr. c... durch die vorhandene Bebauung in Anspruch genommen wird, wird ihm ein beitragsrelevanter Vorteil durch die F... jedoch nicht vermittelt, weil es insoweit durch die von dem Antragsteller in Erfüllung des Erschließungsvertrages errichtete Straße über die Anlage M... erschlossen ist. Das ergibt sich aus Folgendem:

aa. Zunächst ist festzuhalten, dass keine grundsätzlichen Bedenken dagegen bestehen, dass die Antragsgegnerin das Grundstück des Antragstellers bei der Beitragsbemessung insoweit unterschiedlich behandelt, als es zum einen eine baulich ausgenutzte und zum anderen eine unbebaubare Fläche aufweist.

bb. Zweifelhaft ist aber nach Aktenlage, ob das gesamte Grundstück, obwohl es außerhalb des Geltungsbereichs der Klarstellungssatzung für den Bereich "M..." liegt, als Außenbereichsgrundstück einzuordnen und der Beitrag daran anknüpfend nach § 7 Abs. 8 Nr. 2 der Straßenausbaubeitragssatzung (SAB) zu bemessen ist. Dem Bescheid vom 15. September 2008 ist zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin den Beitrag unter Anwendung der für Außenbereichsgrundstücke geltenden Maßstabsregelung des § 7 Abs. 8 Nr. 2 SAB berechnet hat und dabei davon ausging, dass das Grundstück mit der Flurstücks-Nr. c... mit einer Fläche von 510 m² durch das - flurstücksübergreifend auch unter Inanspruchnahme des Grundstückes mit der Flurstücks-Nr. b... - errichtete Wohnheim überbaut ist. Es erscheint nach Auffassung des Senats jedoch ebenso denkbar, dass nicht nur die überbaute Fläche, sondern darüber hinaus gehend auch die nicht überbaute, durch die Bebauung beanspruchte Fläche ebenfalls dem Innenbereich zuzuordnen ist und nur die übrige unbebaubare Teilfläche zum Außenbereich gehört. Dafür spricht insbesondere, dass die gesamte baulich beanspruchte Teilfläche auf der Höhe der F... auch an das bebaute Grundstück mit der Flurstücks-Nr. h... und im Süden an die ebenfalls bebauten Grundstücke mit den Flurstücks-Nummern i... und j... angrenzt. Es ist deshalb möglich, dass der unbeplante Innenbereich in dem Bereich, in dem das Grundstück mit der Flurstücks-Nr. c... an die F... angrenzt, zumindest noch die durch das Seniorenwohnheim baulich ausgenutzte Teilfläche erfasst. Eine Klärung dieser Frage bleibt jedoch einer Beweisaufnahme im Hauptsacheverfahren vorbehalten. Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass das Grundstück mit der Flurstücks-Nr. c... zumindest in dem Bereich, in dem es mit dem sanierten Hauptgebäude M... und dem Neubau M... bebaut ist, dem Innenbereich zuzuordnen ist, wäre - eventuell unter Anwendung der Tiefenbegrenzungsregelung des § 7 Abs. 3 d) bb) SAB - zu klären, wo die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich verläuft. Insofern hält es der Senat für denkbar, dass der Innenbereich in etwa an der Grundstücksgrenze zwischen den - nach Entstehung der sachlichen Beitragspflicht gebildeten - Grundstücken mit den Flurstücks-Nrn. e... und f... in den Außenbereich übergeht. Ob dies der Fall ist, bleibt jedoch auch der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten. Der Entscheidung und rechtlichen Bewertung in diesem Eilverfahren legt der Senat - ausgehend von den Angaben in dem Bescheid aufgrund summarischer Prüfung nach Aktenlage - zugrunde, dass die unter Anwendung des § 7 Abs. 8 Nr. 2 e) SAB errechnete Umgriffsfläche von 2.550 m² bebaubar und baulich ausgenutzt und die übrige Teilfläche von 20.539,00 m² (= 23.089,00 m² abzüglich 2.550,00 m²) unbebaubar ist. Daraus ergibt sich rechnerisch ein auf die baulich ausgenutzte Fläche entfallender Beitragsanteil von 25.186,95 € (= 2.550,00 m² x 1,8 [Nutzungsfaktor] x 5,48725299 €/m² [Beitragssatz]). Auf die unbebaubare Teilfläche entfällt ein Beitragsanteil von 1.882,17 € (= 20.539,00 m² x 0,0167 [Nutzungsfaktor] x 5,48725299 €/m² [Beitragssatz]).

cc. Die durch die vorhandene Bebauung beanspruchte Teilfläche von 2.550 m² wird durch die F... nicht beitragsrelevant bevorteilt. Dies ergibt sich jedoch nicht bereits daraus, dass zwischen der F... und dem Grundstück ein Höhenunterschied besteht und dass die erneuerte Stützmauer nach Aktenlage auf der Höhe des auch des Antragstellers gehörenden Grundstücks mit der Flurstücks-Nr. a... endet. Die Existenz eines Niveauunterschiedes zwischen einer Straße und einem angrenzenden Grundstück schließt die Möglichkeit der vorteilsrelevanten Inanspruchnahme der Straße nicht von Vornherein aus. Vielmehr ist entscheidend, ob das infolge eines Höhenunterschiedes bestehende Zugangshindernis beseitigt werden kann und ob sich dieses auf dem beitragspflichtigen Grundstück oder auf dem Straßengrundstück befindet. Befindet sich ein Zugangshindernis auf einem beitragspflichtigen Grundstück und kann dessen Beseitigung dem Grundstückseigentümer zugemutet werden, so hindert dies eine Inanspruchnahmemöglichkeit und demzufolge eine Beitragserhebung nicht (vgl. Driehaus in Driehaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2013, Rn. 402 zu § 8 und in Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2013, Rn. 25 zu § 35). Demgegenüber steht ein auf dem Straßengrund vorhandenes Zugangshindernis der Erhebung eines Straßenausbaubeitrags grundsätzlich entgegen. Erst dann, wenn ein auf dem Straßengrundstück vorhandenes Hindernis in einer Weise überwunden ist, dass dadurch eine vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit rechtlich und tatsächlich gesichert ist, kann die sachliche Beitragspflicht überhaupt entstehen (vgl. dazu auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 9. November 2012 - 9 LA 157/11 - NVwZ-RR 2013, 157-159). Die bloße Möglichkeit, ein solches Hindernis auf der Straße zu beseitigen, reicht nicht aus.

Im vorliegenden Fall steht nach Aktenlage schon nicht fest, ob gegenwärtig infolge des Höhenunterschiedes zwischen Grundstück und Straße überhaupt ein Zugangshindernis besteht oder nicht. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass das Grundstück des Antragstellers von der F... trotz des Höhenunterschiedes fußläufig erreichbar ist. So hat die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren vorgetragen, dass auf dem Grundstück des Antragstellers ein mit einem Geländer versehener Fußweg in Richtung F... existiert, und dies auch durch Vorlage eines Photos belegt (vgl. Anlage B 1, Bild 3). Die Existenz einer fußläufigen Anbindung wird auch in der als Anlage B 2 in Auszügen vorgelegten Baubeschreibung bestätigt. In Widerspruch dazu stehen jedoch die Angaben der Antragsgegnerin, die in ihrem Schriftsatz vom 12. April 2010 im Beschwerdeverfahren vorgetragen hat, dass der Weg sich bis ans Ende der Grundstücksgrenze die Böschung hochwinde und dort einen Höhenunterschied von ca. zwei Metern zum Niveau der Straße habe. Ungeachtet der erst im Hauptsacheverfahren zu klärenden Frage, ob der Weg an der Grundstücksgrenze unterhalb oder an der Straße endet, lässt sich jedoch schon jetzt feststellen, dass zumindest eine Beitragserhebung für die baulich in Anspruch genommene Teilfläche des Grundstücks einer rechtlichen Prüfung im Hauptsacheverfahren voraussichtlich nicht standhalten wird. Insoweit ist die Frage, ob eine fußläufige Inanspruchnahmemöglichkeit vorhanden ist, nicht erheblich, da eine Beitragserhebung für diese Teilfläche sogar dann ausscheidet, wenn sich im Hauptsacheverfahren herausstellen sollte, dass eine fußläufige Erreichbarkeit rechtlich und tatsächlich gesichert ist.

Sollte es zutreffen, dass der auf dem Grundstück verlaufende Fußweg an der Grundstücksgrenze endet und von dort aus gesehen noch ein Höhenunterschied von zwei Metern und die Stützmauer bis zur F... zu überwinden sind, spricht viel dafür, dass diese Zugangshindernisse der ausgebauten Verkehrsanlage zuzuordnen sind, so dass die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstehen könnte. Dies würde sogar einer Beitragserhebung für das gesamte Grundstück, also auch für die unbebaubare Teilfläche, vorerst entgegenstehen.

Selbst wenn sich jedoch im Hauptsacheverfahren herausstellen sollte, dass ein Fußweg existiert, der bis auf die Höhe F... heranreicht, stünde ungeachtet dessen fest, dass dieser Zugang zumindest der durch die Bebauung in Anspruch genommenen Teilfläche keinen im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 ThürKAG besonderen Vorteil vermittelt. Der Gesetzgeber knüpft mit dieser Formulierung erkennbar an den herkömmlichen Beitragsbegriff an, wie ihn das Bundesverfassungsgericht schon in seinem Urteil vom 20. Mai 1959 - 1 BvL 1/58, 1 BvL 7/58 - BVerfGE 9, 291 zur Abgrenzung von der Steuer inhaltlich konkretisiert hat:

"Als Beitrag wird nach der üblichen, auch in § 1 Abs. 1 AO verwendeten Begriffsbestimmung die Beteiligung der Interessenten an den Kosten einer öffentlichen Einrichtung ('Veranstaltung') bezeichnet (BVerfGE 7, 244 (254 f.)). Maßgebend ist der Gesichtspunkt der Gegenleistung: das Gemeinwesen stellt eine besondere Einrichtung zur Verfügung; wer davon besonderen wirtschaftlichen Nutzen hat, soll zu den Kosten ihrer Errichtung und Unterhaltung beitragen. In der Literatur wird oft auf die 'klassische' Definition des preußischen Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 (§ 9) hingewiesen:Die Gemeinden können behufs Deckung der Kosten für Herstellung und Unterhaltung von Veranstaltungen, welche durch das öffentliche Interesse erfordert werden, von denjenigen Grundeigentümern und Gewerbetreibenden, denen hierdurch besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen, Beiträge zu den Kosten der Veranstaltungen erheben. Die Beiträge sind nach den Vorteilen zu bemessen...Der Gedanke der Gegenleistung, des Ausgleichs von Vorteilen und Lasten ist also der den Beitrag im abgabenrechtlichen Sinn legitimierende Gesichtspunkt; er muss deshalb auch die rechtliche Gestaltung, vor allem die Abgrenzung des Kreises der Beitragspflichtigen und den Veranlagungsmaßstab bestimmen. Beitragspflichtig können nur diejenigen sein, die besondere Vorteile von der gemeindlichen Einrichtung haben ..."

Ausgehend davon ist ein Vorteil nur dann ein "besonderer", wenn sich die gebotene Inanspruchnahmemöglichkeit der öffentlichen Einrichtung wirtschaftlich vorteilhaft auf das betreffende Grundstück auswirkt (so auch Nds. LT-Drs. 7/975 zu § 6 NKAG 1973). Die den wirtschaftlichen Sondervorteil ausmachende abstrakte Besserstellung ist demnach grundstücksorientiert, d. h. sie muss sich aus der in einer räumlich engen Beziehung des Grundstücks zur ausgebauten Anlage qualifizierten Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Anlage ergeben und muss sich darüber hinaus im Rahmen der zulässigen Grundstücksnutzung vorteilhaft auswirken können (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, Rn. 14 zu § 29 m. w. N.).

Eine räumlich enge Beziehung zur ausgebauten Anlage haben in erster Linie Anliegergrundstücke und ggfs. Hinterliegergrundstücke (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, Rn. 10 zu § 35 m. w. N.). Erfahrungsgemäß kann davon ausgegangen werden, dass die ausgebaute Anlage von ihnen weitaus stärker in Anspruch genommen werden wird als von anderen Grundstücken und deshalb zu einer quantitativen Verbesserung der Erschließungssituation und zu einer Steigerung ihres Gebrauchswerts führen wird, die für die anderen Grundstücke nicht in vergleichbarer Weise zu erwarten ist. Dabei beschränkt sich im Straßenausbaubeitragsrecht der Kreis der bei der Verteilung zu berücksichtigenden Grundstücke - im Gegensatz zum Erschließungsbeitragsrecht - nicht auf baulich oder gewerblich nutzbare Grundstücke; vielmehr kommen alle Grundstücke in Betracht, denen eine vorteilsrelevante Inanspruchnahme möglich ist (Senatsbeschlüsse vom 30. Juni 2003 - 4 EO 206/96 - LKV 2004, 39-46 juris Rn. 38 und vom 9. Mai 2000 - 4 ZEO 946/98 - ThürVBl. 2000, 254-256 juris Rn. 5). Aus diesem Grund sind auch nur landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich nutzbare Außenbereichsflächen - anders als im Erschließungsbeitragsrecht - an der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes zu beteiligen (Senatsbeschluss vom 30. Juni 2003 - 4 EO 206/95 - juris Rn. 38).

Das Grundstück des Antragstellers steht als Anliegergrundstück in einer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Anlage. Der (möglicherweise vorhandene) fußläufige Zugang wirkt sich jedoch, soweit es um die baulich in Anspruch genommene Teilfläche geht, nicht in einer Weise aus, dass die Erreichbarkeit und damit die Erschließungssituation quantitativ verbessert und der Gebrauchswert gesteigert wird. Die an die Erreichbarkeit eines Grundstücks zu stellenden Anforderungen können nicht losgelöst von der zulässigen baulichen Ausnutzbarkeit eines Grundstückes gesehen werden (vgl. Driehaus in: Driehaus [Hrsg.], Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2013, Rn. 386a zu § 8 und OVG Lüneburg, Urteil vom 13. Juni 2001 - 9 L 1587/00 - KStZ 2001, 211-213). Für baulich nicht nutzbare Grundstücke (im Außenbereich) sind andere Erreichbarkeitsanforderungen zu stellen als für Grundstücke im Innenbereich, denen die ausgebaute Anlage die Bebaubarkeit vermittelt. Bei einem Wohngrundstück setzt die bestimmungsgemäße Nutzbarkeit voraus, dass auf der Fahrbahn der ausgebauten Straße bis in Höhe des Grundstücks herangefahren und es von dort betreten werden kann (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. März 2009 - 4 EO 269/07 - juris Rn. 6, vom 10. Februar 2003 - 4 ZEO 1139/98 - juris Rn. 6 und vom 10. März 2003 - 4 ZEO 817/00 - sowie Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2013, Rn. 396a m. w. N.). Demgegenüber sind bei Grundstücken in planerisch festgesetzten Gewerbe- oder Industriegebieten gesteigerte Anforderungen an die Erreichbarkeit zu stellen. Aufgrund der von der Baunutzungsverordnung vorgegebenen Nutzungsmöglichkeiten ist dort für die Annahme einer vorteilsrelevanten Inanspruchnahmemöglichkeit erforderlich, dass mit (Nutz-)Fahrzeugen auf das Grundstück heraufgefahren werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 17. März 2009 - 4 EO 269/07 - juris Rn. 7; OVG Lüneburg, Urteile vom 11. Juni 2010 - 9 LB 182/08 - juris Rn. 22 und vom 24. September 1986 - 9 A 153/83 - KStZ 1987, 115 f.; zum Erschließungsbeitragsrecht vgl. auch: BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1994 - 8 C 24/92 - juris Rn. 14; VGH Baden- Württemberg, Urteil vom 4. Dezember 1989 - 2 S 1119/89 - juris Rn. 29).

Gemessen daran steht es bezogen auf die baulich in Anspruch genommene Fläche des Grundstücks fest, dass es nur in einer Weise baulich nutzbar ist, die ein Herauffahren auf das Grundstück erfordert. Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass die tatsächliche Nutzung als Seniorenwohnheim unzweifelhaft ein Herauffahren auf das Grundstück erforderlich macht. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Nutzung der baulich in Anspruch genommenen Grundstücksfläche aus der Perspektive der Bewohner des Seniorenwohnheims als Wohnnutzung darstellt und dass eine solche soziale Einrichtung in einem Gewerbe- oder einem Industriegebiet bauplanungsrechtlich unzulässig sein dürfte (vgl. HK-BauGB/Aschke, 2. Auflage 2008, Rn. 16 zu § 8 BauNVO und Rn. 8 zu § 9 BauNVO). Der Betreiber eines Seniorenwohnheims muss das Grundstück, auf dem sich das Seniorenwohnheim befindet, ungeachtet der bauplanungsrechtlichen Einordnung einer solchen Einrichtung mit Kraftfahrzeugen befahren können, um die vertragsgerechte Versorgung der Bewohner des Seniorenwohnheimes sicherzustellen. Den Bewohnern eines Seniorenwohnheims wird nicht nur der erforderliche Wohnraum zur Verfügung gestellt, in dem sie wie in einer Miet- oder Eigentumswohnung leben können. Die ihnen zu erbringenden Leistungen gehen über die bloße Bereitstellung von Wohnraum hinaus. So sollen die Bewohner eines Seniorenwohnheims so lange wie möglich bei der Aufrechterhaltung einer eigenständigen Lebensführung unterstützt bzw. in dem Umfang versorgt und betreut werden, in dem sie alters- und eventuell auch krankheitsbedingt selbst nicht mehr dazu in der Lage sind. Um dies zu gewährleisten, muss der Betreiber eines Seniorenwohnheimes zur Versorgung der Bewohner beispielweise größere Mengen an Lebensmitteln anliefern oder anliefern lassen. Angesichts der Altersstruktur der Bewohner eines Seniorenwohnheims ist im Vergleich zu einem nur dem reinen Wohnen dienenden Grundstück bzw. Gebiet damit zu rechnen, dass das Grundstück häufiger durch Notärzte und Krankenwagen angefahren werden muss. Des Weiteren muss auch der Transport von Rollstuhlfahrern und Gehbehinderten gewährleistet sein. Diesen Erreichbarkeitsanforderungen wird eine bloße fußläufige Erreichbarkeit nicht gerecht. Ohne die Erschließung über die Straße M... wäre das Grundstück nicht hinreichend erschlossen, da dazu allein der Fußweg zur F... - bei Hinwegdenken der Erschließungsstraße - nicht ausreicht. Zumindest ist es nach Aktenlage ausgeschlossen, über den Fußweg den gesamten An- und Ablieferverkehr eines Seniorenwohnheimes abzuwickeln. Auch die Antragsgegnerin hat im Baugenehmigungsverfahren verdeutlicht, dass die Nutzung des Grundstücks als Seniorenwohnheim das Befahren des Grundstücks erfordert, in dem sie schon bei Erlass des Vorbescheides vom 11. Februar 1998 den Abschluss des Erschließungsvertrages gefordert und bei Erteilung der Teilbaugenehmigung vom 7. Dezember 1999 die Erfüllung des Erschließungsvertrages vom 19./25. November 1999 zur Bedingung gemacht hat.

Es ist nach summarischer Prüfung auch nicht davon auszugehen, dass die baulich beanspruchte Grundstücksfläche im Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht bauplanungsrechtlich zulässigerweise zu reinen Wohnzwecken hätte genutzt werden können. Insofern ist es aufgrund der besonderen grundstücksbezogenen Umstände unerheblich, dass das Grundstück des Antragstellers an die Villenkolonien "M..." und "M..." angrenzt, die von Wohnnutzung geprägt sind. Es spricht nach Auffassung des Senats viel dafür, dass die Grundstücke des Antragstellers sogar dann, wenn die baulich genutzte Fläche zum Innenbereich gehören sollte, zumindest hinsichtlich der zulässigen Art der baulichen Nutzung losgelöst von der angrenzenden Wohnbebauung zu bewerten ist. Dafür spricht insbesondere die Baugeschichte des Gebäudes M... sowie der Villenkolonien "M..." und "M...". Das zwischenzeitlich sanierte Gebäude M... ist weder Teil der Ende der 80er und 90er Jahre des 19. Jahrhunderts errichteten Villenkolonie "M...", die seit 1995 als Denkmalensemble ausgewiesen ist, noch der seit 1999 als Denkmalensemble eingetragenen Villenkolonie "M..." (vgl. die "Allgemeine Baubeschreibung" - Anlage B 2 zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 12. April 2010 - und das Schreiben der Antragsgegnerin vom 1. April 2009 - BA 1 Blatt 56 -). Dieses Gebäude M... existierte schon, bevor die beiden Villenkolonien entstanden. Es war bereits im Jahre 1870 in der Parkanlage errichtet worden und wurde zunächst bis 1940 als Hotel und dann durchgehend als Seniorenwohnheim genutzt. Da die F... auch im Zusammenhang mit der Errichtung der Villenkolonie "M..." angelegt wurde, spricht viel dafür, dass diese Straße im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes M... noch nicht existierte. Insoweit unterscheidet sich das Grundstück des Antragstellers hinsichtlich des Alters der Gebäude und auch nach Art der baulichen Nutzung von der Bebauung der Wohnzwecken dienenden Villenkolonien "M..." und "M...", die erst später an die schon vorhandene Bebauung heranrückte. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die zulässige Art der baulichen Nutzung des Grundstücks des Antragstellers in erster Linie davon abhing und abhängt, was die Antragsgegnerin tatsächlich im Wege der Erteilung einer Baugenehmigung zugelassen hat, bevor die sachliche Beitragspflicht entstand. Ob auch die theoretische Möglichkeit bestanden hätte, dass der Antragsteller das seit 1940 existierende und von ihm seit den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts betriebene Seniorenwohnheim E... nicht erweitert, sondern aufgibt, bedarf keiner weiteren Vertiefung. Insoweit muss sich die Antragsgegnerin daran festhalten lassen, dass sie die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Nutzung als Seniorenwohnheim durch Erteilung der Baugenehmigung für den Erweiterungsbau manifestiert und darüber hinausgehend die Erschließung über die in Erfüllung des Erschließungsvertrages vom 19./25. November 1999 errichtete Straße gefordert hat. Bezogen auf diese in die Straße M... einmündende Erschließungsanlage stellt sich das hier in Rede stehende Grundstück mit der Flurstücks-Nr. c... als "Hinterliegergrundstück" dar, dessen Bebauung erkennbar auf eine Erschließung durch jene Straße ausgerichtet ist. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass das Grundstück schon vor der Errichtung der genannten Straße über einen steilen unbefestigten Waldweg an die Straße M... angebunden war (vgl. die "Allgemeine Baubeschreibung - Anlage B 2 zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 12. April 2010 -). Da die bestimmungsgemäße Nutzbarkeit des Grundstücks ein Herauffahren erfordert, das die von dem Antragsteller in Erfüllung des Erschließungsvertrages errichtete Erschließungsanlage ermöglicht, ist der durch die F... (möglicherweise) vermittelte weitere fußläufige Zugang zum Straßenverkehrsnetz nicht geeignet, die Gebrauchsfähigkeit der baulich in Anspruch genommenen Grundstücksfläche zu steigern. Der insoweit vermittelte tatsächliche zusätzliche Gebrauchsvorteil fällt bei der Bemessung des Beitrages, dem eine gewerbliche Nutzung aufgrund einer Bebauung mit drei Vollgeschossen zugrunde liegt, nicht ins Gewicht. Die fußläufige Erreichbarkeit ermöglicht diese Nutzung, nach der der Beitrag für die baulich beanspruchte Fläche bemessen wurde, jedenfalls nicht.

dd. Anders verhält es sich bei der übrigen Teilfläche von 20.539,00 m², die nach summarischer Prüfung nicht bebaubar ist und zu einer denkmalgeschützten Parkanlage gehört. Für seine bestimmungsgemäße Nutzbarkeit dürfte ein fußläufiger Zugang ausreichen. Insoweit ist es nach summarischer Prüfung auch nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin diese Teilfläche mit einem Nutzungsfaktor von 0.0167 gewichtet hat. Ob der Zugangsmöglichkeit ein Hindernis auf dem Straßengrund entgegensteht, ist - wie bereits ausgeführt - im Hauptsacheverfahren zu klären. Insofern erweist sich die Beitragsfestsetzung in Höhe des auf die unbebaubare Teilfläche entfallenden Anteiles von 1.882,17 € (= 20.539,00 m² x 0,0167 [Nutzungsfaktor] x 5,48725299 €/m² [Beitragssatz]) nicht als offenkundig rechtswidrig.

d. Es lässt sich jedoch aufgrund summarischer Prüfung feststellen, dass der Beitragsbescheid hinsichtlich eines weiteren Teilbetrages von 186,45 € offenkundig rechtswidrig ist. Die Antragsgegnerin hat 2.040 m² des Grundstücks bei der Beitragsbemessung doppelt berücksichtigt. Dem Bescheid vom 15. September 2008 ist zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin den Beitrag unter Anwendung der für Außenbereichsgrundstücke geltenden Maßstabsregelung des § 7 Abs. 8 Nr. 2 der Straßenausbaubeitragssatzung (SAB) berechnet hat. Ihm liegt zugrunde, dass eine Fläche von 510,00 m² tatsächlich bebaut, also von baulichen Anlagen überdeckt ist. Ausgehend von dieser bebauten Grundfläche hat die Antragsgegnerin unter Anwendung des § 7 Abs. 8 Nr. 2 e) SAB durch Multiplikation mit der Grundflächenzahl 0,2 pauschalierend ermittelt, dass durch die vorhandenen Baulichkeiten eine Teilfläche von 2.550,00 m² baulich ausgenutzt wird (sog. Umgriffsfläche). Die Ermittlung einer solchen Umgriffsfläche für bebaute Außenbereichsgrundstücke zur Beitragsbemessung entspricht der üblichen Praxis und ist im Ansatz auch nicht zu beanstanden (vgl. Driehaus in Driehaus [Hrsg.], a. a. O., Rn. 448a zu § 8 und zum Anschlussbeitragsrecht in Bayern Friedl in: Driehaus [Hrsg.], a. a. O., Rn. 740 f. zu § 8). Diese Teilfläche von 2.550 m² hat die Antragsgegnerin als mit drei Vollgeschossen bebaut behandelt und unter Anwendung des § 7 Abs. 8 Nr. 2 e) SAB mit einem Nutzungsfaktor von 1,8 gewichtet.

Konsequenterweise hätte die Antragsgegnerin diese Umgriffsfläche von 2.550,00 m² zur Ermittlung der bei der Beitragsbemessung als unbebaubar einzuordnenden Teilfläche von den 23.089 m² Gesamtfläche in Abzug bringen und den auf die unbebaubare Teilfläche entfallenden Beitragsanteil ausgehend von den als Differenz verbleibenden 20.539 m² (= 23.089,00 m² abzüglich 2.550,00 m²) errechnen müssen. Stattdessen hat die Antragsgegnerin von den 23.089 m² Gesamtfläche nur die tatsächlich mit Gebäuden überbaute Fläche von 510,00 m² in Abzug gebracht und den auf die unbebaubare Teilfläche entfallenden Beitragsanteil aus 22.579,00 m² (23.089,00 m² abzüglich 510,00 m²) errechnet. Daraus ergibt sich, dass 2.040 m² des Grundstücks (= 2.550,00 m² abzüglich 510,00 m²) nicht nur als baulich in Anspruch genommene Fläche, sondern darüber hinaus auch als unbebaubare Fläche bei der Beitragsbemessung berücksichtigt wurden. Der auf diese rechnerische Teilfläche entfallende Beitragsanteil von 186,94 € (2.040 m² x 0,0167 [Nutzungsfaktor] x 5,48725299 €/m² [Beitragssatz]) ist offenkundig rechtswidrig.

2. Obwohl die Beitragsfestsetzung in dem Umfang, in dem der Bemessung die unbebaubare Teilfläche zugrunde liegt, nicht offenkundig rechtswidrig ist, ist die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vollumfänglich anzuordnen. Da die Antragsgegnerin schon bei Festsetzung des Leistungsgebotes in Höhe von 21.666,47 € die diesen Betrag übersteigende Vorausleistung von 5.589,10 € auf den festgesetzten Beitrag von 27.255,57 € angerechnet hat, ist auch für eine Vollziehbarkeit im Hinblick auf den Teilbetrag von 1.882,17 € kein Raum mehr. Das festgesetzte Leistungsgebot (21.666,47 €) unterschreitet den Betrag, der nach summarischer Prüfung voraussichtlich rechtmäßig ist (25.373,40 €).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des für die Kostenberechnung maßgebenden Streitwertes beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG - (vgl. auch die Empfehlungen in Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8. Juli 2004, abgedruckt in: Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, Anh. § 164 Rn. 14). Danach beträgt der Streitwert in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO ein Viertel des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts in Höhe des streitgegenständlichen Geldbetrages. Bei der Bemessung des Streitwerts ist zu berücksichtigen, dass Gegenstand des auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gerichteten Verfahrens nicht der festgesetzte Beitrag in Höhe von 27.255,57 €, sondern nur der geforderte Beitrag von 21.666,47 € ist. Aus dem Beitragsbescheid droht dem Antragsteller nur die Vollstreckung dieses Betrages, der für die Bemessung des Streitwerts auf ein Viertel (= 5.416,62 €) zu reduzieren ist. Der Senat macht von der ihm durch § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG eingeräumten Befugnis Gebrauch, den Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren zu ändern.

Hinweis:Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).