LG Wiesbaden, vom 03.11.2016 - 9 O 5/16
Fundstelle
openJur 2019, 32975
  • Rkr:

Zur Abgrenzung von Meinungsäußerungen und unwahrer Tatsachenbehauptungen im Rahmen von Boykott-Aufrufen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt gegenüber dem Beklagten, dass dieser es unterlässt, bestimmte Erklärungen im Zusammenhang mit der geschäftlichen Tätigkeit der Klägerin abzugeben und bereits abgegebene Erklärungen widerruft.

Die Klägerin betreibt eine Metzgerei und dazugehörig einen Catering-Betrieb. Der Beklagte war Teilnehmer einer am 26.06.2015 abgehaltenen Abiturfeier der xxxx in xxxxx.

Bei der Klägerin wurde durch die Veranstalter bzw. Organisatoren der Abitur-Veranstaltung ein schriftliches Angebot für Catering-Leistungen abgefragt. Wörtlich heißt es darin:"Tag: Freitag, 26.6.15Beginn Veranstaltung mit Sektempfang: 18:30 UhrBeginn Abendessen Fingerfood: 19.30 UhrEnde Abendessen: ca. 21.30 UhrErwartet Personen: 500Auswahl: Fingerfoodbuffet, hier gerne eine kalte Suppe im Glas zum Trinken, ohne Löffel. (Gläschen, Platten, Körbchen...) und Schokobrunnen (anstatt Dessert)Kosten: 20,00 Euro brutto pro Person.Nur Aufbau, den Service übernehmen Schüler des unteren Jahrgangs.Location: xxxxx,

Telefon: xxx.Die Halle kann von Freitag, 26.6.15, ab 09.00 Uhr bis Samstag, 27.6.15, 09.00 Uhr genutzt werden.

Die Klägerin unterbreitete sodann unter dem 25.05.2015 den Organisatoren der Abiturfeier mit einer Mail ein Angebot für einen "Abi-Büffet 2015" bei Annahme einer zu verköstigenden Personenzahl von 500 Personen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 21/22 d. A. verwiesen. Am Ende dieses Angebotes heißt es unter anderem wörtlich:"Wie bereits mit Frau xxxx vereinbart, veranschlagen wir 20,00 Euro pro Person inklusive Anlieferung/ Aufbau/ Abholung des Büffets. Zahlbar bis 8 Tage nach Veranstaltung, in einem unserer Geschäfte. Personenzahl muss bis 20.06.2015 bei Frau xxx gemeldet werden".

Es erfolgte sodann eine Beauftragung der Klägerin entsprechend ihrem Angebot. Zwischen den Parteien war nicht vereinbart, dass die Klägerin neben der Anlieferung, dem Aufbau und der Abholung des Büffets noch weitere Service-Leistungen erbringt. Absprachegemäß wurde der Personenkreis bezüglich der zu liefernden Büffet-Menge telefonisch am 20.06.2015 auf 405 Personen konkretisiert. Bei der eigentlichen Abiturveranstaltung waren letztlich dann nur 402 Personen anwesend. Die gelieferten Speisen waren nicht schmackhaft. Die gelieferten Mini-Frikadellen schmeckten wie Fertigware aus dem Supermarkt mit einem großen Brötchenanteil. Die Mayonnaise des Salates war sogleich angetrocknet mit entsprechend schalem Geschmack. Auch die Mini-Frühlingsrollen schmeckten fade und pampig. Die Menge des Büffets war derart bemessen, dass es nach 10 Minuten vollständig aufgegessen war. Es wurden keine kleinen Brötchen (Brötchenkonfekt) oder sonstige Speisen nachgefüllt und es waren auch keine weiteren Speisen oder Zutaten vorhanden. Es war auch niemand von der Klägerin nach dem Aufstellen des Büffets vor Ort, der entsprechende Speisen hätte nachliefern können. Nach dem Aufbau des Büffets verließen alle Mitarbeiter der Klägerin die Örtlichkeiten und waren vor Ort nicht mehr anwesend. Für die 402 Gäste wurden lediglich zwei nicht einmal große Körbe mit kleinen Brötchen geliefert. In den Körben befanden sich schätzungsweise 200 bis höchstens 300 kleine Brötchen in Form von Brotkonfekt. Die Anzahl der Salate, Mini-Frikadellen und kleinen Frühlingsrollen war derart gering bemessen, dass sich alle Gäste von Anfang an nur sehr zurückhaltend bedienten. Dies änderte jedoch nichts daran, dass nach allenfalls 10 Minuten sämtliche Speisen und das Brotkonfekt aufgebraucht waren. Ein Großteil der Gäste bekam nichts von dem Büffet zu essen. Viele Gäste mussten sich daher bei einer Pizzeria bzw. der Firma xxxxx und/oder xxxx in der Nachbarschaft selbst versorgen, um an diesem Abend überhaupt etwas essen zu können. Die Klägerin rechnete für das Büffet 8.040,00 Euro ab.

Auf Facebook existierte zumindest am 28.06.2015 eine geschlossene Gruppe unter der Bezeichnung"Wer wird denn gleich in die Luft gehen - Ärgernisse im Rheingau".

Der Beklagte bloggte am 28.06.2015 gegen 12.35 Uhr im Zusammenhang mit der Schilderung der Ereignisse der Abitur-Feier bezüglich der Leistungen der Klägerin unter anderem folgendes:"Liebe Leute,

Ein absolutes Ärgernis ist dieser Caterer. Wir hatten ihn für unseren Abi-Ball engagiert und das war eine absolute Katastrophe. Es hat nicht geschmeckt und nach 10 Minuten war es komplett leer. Viele haben gar nichts gekriegt. Damit nicht alle zu xxxxx abhauen, musste Pizza bestellt werden. Man hat den ganzen Abend keinen Verantwortlichen gesehen. 10.000,00 Euro verlangt der Caterer für diese Voll-Katastrophe.

Finger weg von diesem Caterer! Wählt einen anderen Caterer!

Liebe Grüße

xxxxx-Catering&Partyservice im Raum Mainz, Wiesbaden, Frankfurt

Catering&Partyservice im Raum Mainz, Wiesbaden, Frankfurt

Wp.xxxxx.de".

Nach weiteren Einträgen anderer Teilnehmer dieses Bloggs führte der Beklagte dort wörtlich zudem aus:"Rufmord wäre, wenn ich hier Lügen verbreiten würde. Dem ist leider nicht so.

"grin"-Emoticon Jedes Wort ist die Wahrheit. Das können viele hier in der Gruppe leider bezeugen "grin"-Emoticon".

Nach wiederum weiteren Einträgen anderer Teilnehmer führte der Beklagte sodann wörtlich dort aus:"Wir sind dabei. Aber schon während des Abends haben die sich versteckt, weil sie wahrscheinlich Angst hatten vor Kritik. "grin"-Emoticon. Die gesamte anwesende Gesellschaft hätte sich nämlich gerne beschwert "smile"-Emoticon".

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Ausdruck der entsprechenden Kommentare (Anlage M1/Bl. 8 ff. d.A.) verwiesen.

Mit awaltlichem Schreiben vom 01.07.2015 wurde der Beklagte von der Klägerin unter Fristsetzung aufgefordert, die vorgenannten Äußerungen auf der Internet-Plattform Facebook zu widerrufen. Ferner wurde der Beklagte aufgefordert, bis zum 20.07.2015 eine dem anwaltlichem Schreiben beigefügte strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Mit anwaltlichem Schreiben vom 16.07.2015 lehnte der Beklagte dieses Ansinnen ab. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Kopie des anwaltlichen Schreibens des Klägervertreters vom 01.07.2015 (Anlage M5/Bl. 23 ff. d.A.) sowie die Kopie des anwaltlichen Schreibens des Beklagtenvertreters vom 16.07.2015 (Bl. 34 f. d.A.) verwiesen.Unter dem 30.09.2015 hatte der Kläger seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, gerichtet auf Widerruf und Unterlassung der benannten Äußerungen, beim Landgericht Wiesbaden anhängig gemacht. Nach mündlicher Verhandlung vom 15.10.2015 nahm der Kläger den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung aufgrund eines Hinweises des Gerichts auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 25.04.2013 zum Az.: 16 W 21/13 zurück. Der Beklagte hatte bereits vor der entsprechenden Antragsrücknahme die von der Klägerin beanstandeten Erklärungen in dem Internet-Blogg am 15.10.2015 um 15.44 Uhr vollständig gelöscht.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass der Beklagte mit den beanstandeten Äußerungen unter unmittelbarer Namensnennung der Klägerin die Tatbestände der üblen Nachrede (§ 186 StGB) und Verleumdung (§ 187 StGB) erfüllt habe. Bereits die Äußerungen der weiteren Teilnehmer in dem Forum machten deutlich, dass Dritte die Äußerungen des Beklagten gleichfalls als "Rufmord" empfunden hätten. Die Tatsache, dass es sich bei der Gruppe, in der der Beklagte die Äußerungen abgegeben habe, um eine geschlossene Gruppe handele, lasse den Anspruch der Klägerin auf Unterlassung und Widerruf der getätigten Äußerungen des Beklagten nicht entfallen. Die Klägerin behauptet hierzu, dass sie durch mehrere Teilnehmer dieser Gruppe auf die Äußerungen des Beklagten angesprochen worden sei. Dies zeige, dass die Erklärungen des Beklagten weite Kreise gezogen hätten und nicht auf die Gruppe beschränkt seien. Die Äußerungen unter Namensnennung zielten darauf ab, die Klägerin in ihrem Ansehen so schwer zu beschädigen, dass dauerhaft ein schlechter Ruf etabliert bleibe. Das Verhalten des Beklagten sei rechtswidrig. Die Äußerungen insbesondere der Boykott-Aufruf seien auch nicht mehr von der Meinungsfreiheit gemäß Artikel 5 Grundgesetz geschützt. Der Persönlichkeitsschutz der Klägerin umfasse auch Ansprüche, die auf die Beseitigung und Unterlassung der rechtswidrigen Rufschädigungen gerichtet seien. Die Äußerungen des Beklagten stellten nicht nur eine überzogene und ausfällige Kritik dar, sondern diffamierten die Klägerin. Die beanstandeten Äußerungen seien jenseits polemischer oder überspitzter Kritik und stellten eine persönliche Herabsetzung der Klägerin dar. Die Aussage des Beklagten, dass es nicht geschmeckt habe, könne nicht "nachvollzogen" werden. Auch könne der Klägerin nicht angelastet werden, dass das Büffet nach 10 Minuten leer gewesen sei. Die schärfste Form des Protestes in Form eines Boykott-Aufrufes sei vorliegend völlig unverhältnismäßig.

Die Klägerin beantragt,

Der Beklagte wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von 10.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen auf der Internetplattform Facebook, insbesondere in der Gruppe "Wer wird den gleich in die Luft gehen - Ärgernisse im Rheingau", im Zusammenhang mit der Abiturfeier am 27.06.2015 des xxxxx wörtlich oder sinngemäß zu äußern und / oder äußern zu lassen und / oder solche Äußerungen zu verbreiten:(a)

"......Liebe Leute,

Ein absolutes Ärgernis ist dieser Caterer. Wir hatten ihn für unseren Abi-Ball engagiert und das war eine absolute Katastrophe. Es hat nicht geschmeckt und nach 10 Minuten war es komplett leer. Viele haben gar nichts gekriegt. Damit nicht alle zu xxxx abhauen, musste Pizza bestellt werden. Man hat den ganzen Abend keinen Verantwortlichen gesehen. 10.000,00 Euro verlangt der Caterer für diese Voll-Katastrophe.

Finger weg von diesem Caterer! Wählt einen anderen Caterer!

Liebe Grüßexxxx- Catering & Partyservice im Raum Mainz, Wiesbaden, Frankfurt

Catering & Partyservice im Raum Mainz, Wiesbaden, Frankfurt

wp.xxxx.de".

(b)

"Wir sind dabei. Aber schon während des Abends haben die sich versteckt, weil sie wahrscheinlich Angst hatten vor Kritik. "grin"-Emoticon. Die gesamte anwesende Gesellschaft hätte sich nämlich gerne beschwert "smile"-Emoticon".

Der Beklagte wird verpflichtet, die in Ziffer 1.) genannten Behauptungen zu widerrufen und den Widerruf mit sofortiger Wirkung auf der Internetplattform Facebook, insbesondere in der Gruppe "Wer wird den gleich in die Luft gehen - Ärgernisse im Rheingau", zu veröffentlichen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte vertritt die Ansicht, dass es sich bei den von ihm abgegebenen und von der Klägerin beanstandeten Erklärungen in dem Blogg nicht um Schmäh-Kritik oder Formal-Beleidigungen handele. Soweit er dort Tatsachenbehauptungen aufgestellt habe, seien diese zutreffend. Es könne auch nicht die Rede davon sein, dass seine Äußerungen weite Kreise gezogen hätten. Auch sei der Vortrag der Klägerin zum Teil unschlüssig, da nicht erkennbar sei, wer konkret von ihm verleumdet worden sein solle. Eine Beleidigung einer Firmenbezeichnung sei nicht möglich. Auch müsse berücksichtigt werden, dass die Äußerung, es habe nicht geschmeckt, eine subjektive und persönliche Wertung darstelle. Die angebotene Leistung hätte bei weitem nicht dem vereinbarten Preis von 20,00 Euro pro Person entsprochen. Der Umfang der Leistungen der Klägerin ergebe sich aus den auf den im Termin überreichten Lichtbildern sichtbaren Speisen, wobei lediglich ein weiterer Tisch, der ebenfalls mit Speisen versehen gewesen sei, sich auf den Lichtbildern nicht befinde.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Unterlassung und Widerruf der beanstandeten Erklärungen gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, 823 Abs. 2 BGB zu. Die beanstandeten Erklärungen des Beklagten in dem Internet-Blogg begründen weder jede einzelne für sich genommen noch im Zusammenhang Ansprüche wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, einer Kreditgefährdung oder einer sittenwidrige vorsätzliche Schädigung gemäß § 823 Abs. 1, §§ 824, 826 BGB. Auch liegt kein Fall eines entsprechenden Unterlassungs- und Beseitigungsanspruches gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB (üble Nachrede) und § 187 StGB (Verleumdung) vor. Die Erklärungen des Beklagten stellen zulässige Meinungsäußerungen im Sinne von Artikel 5 Abs. 1 GG und keinen rechtswidrigen Eingriff in das Recht der Klägerin bzw. des Inhabers der Klägerin am eingerichteten ausgeübten Gewerbebetrieb dar (§§ 823 Abs. 1, 1004 BGB). Das Recht am Gewerbebetrieb ist ein offener Tatbestand, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit den konkret kollidierenden Interessen anderer ergeben. Die Behinderung der Erwerbstätigkeit ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGHZ 193, 227). Bei der erforderlichen Abwägung der Interessenlagen sind insbesondere die betroffenen Grundrechte zu berücksichtigen. Daher hat die Rechtsprechung differenzierte Maßstäbe für die Zulässigkeit von Boykott-Aufrufen aufgestellt, wenn also zum Zwecke der Meinungsbildung dazu aufgerufen wird, bestimmte Waren nicht zu kaufen oder bestimmte Dienstleistungen nicht in Anspruch zu nehmen. Entscheidend sind danach Ziel und Zweck des Aufrufs sowie die hierfür eingesetzten Mittel (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 05.05.2015 zum Az.: 4 U 1676/14, zitiert nach Juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 29.01.1987 zum Az.: 16 U 132/85, zitiert nach Juris). Insbesondere sind Boykott-Aufrufe grundsätzlich unbedenklich, soweit sie von zutreffenden Tatsachenbehauptungen motiviert werden. Unter dieser Voraussetzung handelt es sich nämlich schlicht um einen Beitrag zur Information der Öffentlichkeit, der von Seiten der betroffenen Unternehmen nicht unterbunden werden kann. Hier verhält es sich nicht anders als in der Fallgruppe der geschäftsschädigenden Kritik. Der Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb hängt dabei ausschließlich von der objektiven Wahrheit oder Unwahrheit der behaupteten Tatsache ab, während die Rechtswidrigkeit des Verhaltens wie auch sonst die Verletzung einer Sorgfaltspflicht voraussetzt (Münchner Kommentar, BGB, 6. Auflage § 823 Rn. 281 m.w.N.). Die Motive des Verrufers sind für die Tatbestandsmäßigkeit des Eingriffs nur relevant, wenn der Boykott auf Werturteile gestützt wird (Münchner Kommentar, BGB, § 823 Rn. 282).

Vorliegend war zunächst zu berücksichtigen, dass zwischen der Klägerin als Caterer und dem Beklagten ein auf eigenen wirtschaftlichen Interessen beruhendes Wettbewerbsverhältnis offensichtlich nicht bestand und besteht. Hintergrund der Äußerungen des Beklagten waren vielmehr seine Erfahrungen als Gast der Abitur-Feier seines Jahrgangs an der xxxx in xxxx. Der Beklagte begründete seine Empfehlung in der geschlossenen Gruppe auf der Facebook-Seite, von der Klägerin die Finger zu lassen, offensichtlich mit den von ihm gemachten schlechten Erfahrungen im Zusammenhang mit der Abitur-Feier seines Jahrgangs. Ziel seiner Erklärungen war daher kein allgemeiner Boykott-Aufruf bezüglich der Klägerin, sondern vielmehr eine Warnung anderer Kunden der Klägerin bezüglich etwaiger Schlechtleistungen. Zu berücksichtigen war bezüglich der Erklärung, von der Klägerin die Finger zu lassen, dass die Wirkung der Äußerung des Beklagten von vornherein beschränkt gewesen ist, da seine Erklärung in einem geschlossenen Internet-Blogg abgegeben wurde und sich auf eine konkrete Veranstaltung bezog. Zwar muss bei entsprechenden Äußerungen im Internet regelmäßig damit gerechnet werden, dass diese weiterverbreitet werden und der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass es sich ausschließlich um eine geschlossene Gruppe gehandelt hat. Allerdings steht dem gegenüber, dass die potentielle Aufmerksamkeit von Internet-Nutzern für die bei Facebook in einer geschlossenen Gruppe veröffentlichten Mitteilungen des Beklagten aufgrund einer fehlenden Zuordnung zu bestimmten im Internet zu suchenden Catering-Leistungen und den dort ständig wechselnden Themen nebst Reaktionen darauf schon aufgrund des Zeitablaufes ohnehin beschränkt sein dürfte. Es mag zwar sein, dass die Äußerungen des Beklagten auf die geschäftliche Tätigkeit der Klägerin Auswirkungen haben kann, dass diese jedoch über die Erfahrungen der 402 Teilnehmer im Rahmen der Abitur-Feier hinausgehen, ist nicht schlüssig dargelegt worden. Der Beklagte hat auch nicht im Eigeninteresse gehandelt. Er hat vielmehr andere vor möglichen schlechten Leistungen der Klägerin im Catering-Betrieb warnen wollen. Zudem scheitern ein Unterlassungsanspruch und ein Widerrufsanspruch der Klägerin bezüglich der Erklärungen des Beklagten, daran, dass das Urteil des Beklagten und der in diesem Zusammenhang getätigte Aufruf des Beklagten nicht im Zusammenhang mit unwahren Behauptungen aufgestellt wurde. Ob eine Aufforderung zu einem Boykott, also eine Erklärung, die geeignet ist, den Willen des Adressaten in seinem Verhalten gegenüber dem Verrufenen zu beeinflussen, vorliegt, richtet sich danach, wie sich die Erklärung bei objektiver Betrachtung für den Adressaten darstellt. Für die Abgrenzung ist von Bedeutung, ob es sich um eine Meinungsäußerung informierender Art handelt oder in ihr ein Aufruf zum Abbruch oder zur Nichtaufnahme von Geschäftsverbindungen enthalten ist. Vorliegend ist bereits fraglich, ob es ich bei der Erklärung des Beklagten tatsächlich um einen solchen Boykott-Aufruf handelte. Dies konnte jedoch offenbleiben, da sich die Aufforderung des Beklagten als rechtmäßig darstellt. Dies folgt daraus, dass der Beklagte zur Verfolgung seiner Ziele das Maß der nach den Umständen notwendigen und angemessenen Beeinträchtigung des Betroffenen in der Person der Klägerin nicht überschritt. Dies wäre nur dann anzunehmen, wenn der Beklagte falsche Tatsachenbehauptungen zum Zwecke des Boykotts eingesetzt hätte. Dies folgt daraus, dass unwahre Angaben in keinem vertretbaren Verhältnis zu einem sachlichen Anliegen oder den belastenden Auswirkungen für die Klägerin stehen können. Der Beklagte könnte die Gewährleistung des Artikel 5 Abs. 1 GG bei der Abgabe unwahrer Tatsachenbehauptungen für sich nicht in Anspruch nehmen. Hiervon kann jedoch vorliegend nicht ausgegangen werden. Die Erklärung des Beklagten hinsichtlich des "Boykott-Aufrufs" steht im eindeutigen Zusammenhang mit seinen vorher getätigten Werturteilen und den dargestellten Tatsachen. Aufgrund des unstreitigen Sachverhaltes kann bereits nicht davon ausgegangen werden, dass im wesentlichen Umfang vom Beklagten unwahre Tatsachen aufgestellt wurden. Bei der Erklärung, dass es sich bei der Klägerin um ein absolutes Ärgernis handele und die Catering-Leistung eine absolute Katastrophe gewesen sei, handelt es sich im Wesentlichen um Werturteile mit einem Tatsachenkern. Zwischen den Parteien ist allerdings unstreitig, dass von den 402 Gästen der Abitur-Feier überhaupt allenfalls nur 201 Gäste etwas von den Speisen der Klägerin zu sich nehmen konnten. Insoweit ist das Werturteil, dass es sich um eine absolute Katastrophe handelte, nicht zu beanstanden. Weiter sind die Ausführungen des Beklagten, dass es nicht geschmeckt habe und nach 10 Minuten alles komplett leergewesen sei, ebenfalls nicht geeignet, einen Unterlassungs- oder Widerrufsanspruch der Klägerin zu begründen. Bei der Frage, ob etwas schmeckt, handelt es sich um eine Bewertung. Zudem ist es unstreitig, dass wesentliche Teile des Büffets nicht geschmeckt haben. Der Vortrag der Klägerin ist hierzu nicht erheblich und nicht substantiiert. Erheblich hat die Klägerin das Vorbringen des Beklagten zu diesem Punkten nicht bestritten. Auch ist unstreitig, dass das Essen nach 10 Minuten komplett leer gegessen war. Insoweit kommt es nicht darauf an, wer die Verantwortung dafür trägt. Nach Auffassung des Gerichtes kann nicht von einer hinreichenden Leistungserbringung der Klägerin gesprochen werden, wenn bei einer Kalkulation mit 20.00 Euro pro Person und nach dem Inhalt der eidesstattlichen Versicherung des Inhabers der Klägerin 15 Teile pro Person hätten geliefert werden sollen, wenn dann tatsächlich nach 10 Minuten das Büffet komplett leer war und lediglich 201 von den beauftragten 405 Personen etwas zu essen bekommen haben. Auch ist unstreitig, dass viele Gäste sich anderweitig Essen besorgen mussten. Für den Unterlassungs- und Widerrufsanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB, § 1004 BGB bedeutet dies aber, dass die Äußerung des Beklagten insoweit von der grundrechtlichen Meinungsfreiheit gedeckt war und daher gerechtfertigt ist. Der Beklagte durfte seine Meinung möglichst wirkungsvoll vertreten und seinem sicherlich schutzwürdigen Anliegen auch in der gewählten Form Aufmerksamkeit verschaffen. Auch das Anraten des Beklagten, von der Klägerin als Caterer Abstand zu nehmen, verpflichtete den Beklagten nicht zu einer größeren Rücksichtnahme. Die Spannweite der in unserer Gesellschaft vertretbaren Meinungen lässt es ausgeschlossen erscheinen, den Gewerbetreibenden von jeder Beeinträchtigung seines Umsatzes abzuschirmen. Insoweit müssen die Betroffenen darauf verwiesen werden, ihrerseits die öffentliche Meinung in ihrem Sinne zu beeinflussen. Dass Aufforderungen in der hier vorliegenden Art von dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gerechtfertigt sein können, ist von der Rechtsprechung anerkannt. Eine die Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit sprengende diffamierende oder diskriminierende Kritik oder gar eine "Schmäh-Kritik" liegen vorliegend nicht vor. Damit scheidet auch das Eingreifen von Schutztatbeständen nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 186, 187 StGB aus (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 29.01.1987 zum Az.: 16 U 132/85, zitiert nach Juris). Die Verbreitung wahrer Tatsachen muss ein Gewerbetreibender nach der auch im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB beachtlichen Wertung des § 824 BGB grundsätzlich hinnehmen, auch wenn sie mit Kritik an seinen Leistungen verbunden ist und folglich seine Geschäftstätigkeit beeinträchtigt. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage nach bürgerlichem Recht von den unter §§ 3, 4 Nr. 7 UWG geltenden Grundsätzen, nach denen grob schädigende Kritik eines Wettbewerbers selbst dann sittenwidrig sein kann, wenn sie auf zutreffende Tatsachen gestützt ist. Außerhalb von Wettbewerbsverhältnissen wiegt das Informationsinteresse der Öffentlichkeit jedoch ungleich schwerer, so dass bei der Inkriminierung wahrer Tatsachenbehauptungen größte Zurückhaltung geboten ist (Münchner Kommentar, BGB, 6. Auflage, § 823 Rn. 274 m.w.N.). Bei geschäftsschädigenden Werturteilen (§ 824 BGB) ist wegen Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 GG ein großzügiger Maßstab anzulegen. Zwar fällt zugunsten des geschädigten Unternehmens in der Regel Artikel 12 GG ins Gewicht, doch schützt dieses Grundrecht nicht vor Nachteilen infolge fairen Leistungswettbewerbes. Fairer Leistungswettbewerb setzt wiederum voraus, dass den Marktteilnehmern die relevanten Informationen über Produkt, Preis und Marktfaktor möglichst vollständig zugänglich sind. Ein Unternehmen muss sich deshalb kritische Meinungsäußerungen über seine Produkte oder sein Geschäftsgebaren bis an die Grenze der sogenannten Schmäh-Kritik gefallen lassen (Münchner Kommentar, BGB, 6. Auflage, § 823, Rn. 272 m.v.w.N.). Ein Werturteil ist als Schmähkritik rechtswidrig, wenn es nicht mehr der Auseinandersetzung in der Sache dient, sondern auf die Herabsetzung einer Person oder eines Unternehmens zielt, indem das Objekt der Kritik an den Pranger gestellt wird. An die Qualifizierung einer Äußerung als Schmähkritik sind strenge Maßstäbe anzulegen, weil andernfalls die Meinungsfreiheit übermäßig zurückgedrängt würde. Deshalb sind selbst überzogene herabsetzende oder grobe Äußerungen hinzunehmen, solange die Auseinandersetzung in der Sache im Vordergrund steht. Dabei fällt zugunsten der Meinungsäußerungsfreiheit ins Gewicht, dass an dem Gegenstand der Kritik ein besonderes öffentliches Informationsinteresse besteht, etwa weil es sich um das Gebaren eines von der öffentlichen Hand kontrollierten Unternehmens handelt. Umgekehrt sind erwiesen falsche Tatsachenbehauptungen kein nützlicher Beitrag zum Prozess öffentlicher Meinungsbildung, sondern behindern diesen und stellen folglich stets einen Eingriff in den Schutzbereich des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes dar. War dem Äußernden die Unrichtigkeit der Tatsache im Zeitpunkt ihrer Behauptung oder Verbreitung bekannt, ist die Haftung ohne Weiteres begründet. Andernfalls kommt es darauf an, ob der Kritiker sich redlich um die Aufklärung des Sachverhaltes bemüht, insbesondere alle ihm nach den Umständen zugänglichen Informationsquellen genutzt hat (Münchner Kommentar, BGB, 6. Auflage, § 823 Rn. 273 m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben fehlt es vorliegend an den Voraussetzungen eines Unterlassungs- und Widerrufsanspruches der Klägerin bezüglich den beanstandeten Äußerungen des Beklagten, da dieser erkennbar in dem Zusammenhang mit den schlechten Erfahrungen des Abiturjahrgangs hinsichtlich der Leistungen der Klägerin bei der Bewirtung der Gäste stand. Insoweit sind die Äußerungen des Beklagten umfassend von der Meinungsfreiheit gedeckt. Dass diese Äußerungen inhaltlich bezüglich des beanstandeten Erklärungsinhaltes unwahr sind, ist nicht erkennbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.