Hessischer VGH, vom 26.01.2017 - 4 A 2586/16
Fundstelle
openJur 2019, 31974
  • Rkr:

Das Tatbestandsmerkmal des "In-Betracht-Ziehens" im Sinne des § 25 Abs. 1 Nr. 2 BauGB ist weit auszulegen. Es reicht aus, wenn ernsthafte Anhaltspunkte für die Absicht der Gemeinde vorhanden sind, dass sie bestimmte städtebauliche Maßnahmen ergreifen wird. Es ist aber erforderlich, dass die Gemeinde zumindest eine ungefähre Vorstellung entwickelt hat, in welchem Umfang sie voraussichtlich Flächen für die gewünschte städtebauliche Maßnahme benötigen wird. Dies gilt auch dann, wenn die Unwägbarkeit des voraussichtlichen Flächenbedarfs darauf beruht, dass die Entwicklung des Konzepts zum Umfang der Nutzungen, die im Satzungsgebiet untergebracht werden sollen, nicht in der Sphäre der Gemeinde liegt.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 11. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines von der Beklagten ausgeübten Vorkaufsrechts.

Die Klägerin zu 1) ist Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung Erbenheim, Flur ..., Flurstück .... Die Fläche ist an den Kläger zu 2) verpachtet, der es landwirtschaftlich nutzt. Bei dem Kläger zu 2) handelt es sich um den Großneffen des verstorbenen Ehemannes der Klägerin zu 1). Das Grundstück ist 7.500 qm groß. Es ist knapp 300 m vom Flugplatz Erbenheim entfernt.

Bei dem Flugplatz Wiesenbaden-Erbenheim handelt es sich um einen Militärflugplatz der US-Armee (Wiesbaden Army Airfield).

Im Gebiet der beklagten Stadt Wiesbaden befanden sich bis vor einigen Jahren 10 Einrichtungen der US-Armee. Die Liegenschaften nahmen Flächen von insgesamt 514,57 ha in Anspruch. Zu diesen Einrichtungen der US-Armee gehören unter anderem im Stadtteil Kastel die Kaserne "Storage-Station" auf dem sog. AFEX-Gelände mit einer Fläche von ca. 24 ha und an der Wiesbadener Straße die "Housing-Area" mit 11,5 ha. Des Weiteren besitzt die US-Armee in Erbenheim den Militärflugplatz Wiesbaden Army Airfield mit einer Fläche von ca. 277 ha.

Im Jahr 2006 entschied die USA, das Hauptquartier ihrer europäischen Heeresstreitkräfte von Heidelberg nach Wiesbaden zu verlegen. Ziel war eine Konzentration auf einige wenige Standorte. Im Zuge dieser Umstrukturierung war beabsichtigt, die Nutzungen am Militärflugplatz Erbenheim nach Süden hin zu erweitern. Deshalb zeigte die Führung der US-Streitkräfte mit der Liegenschaftsanforderung Nr. 3873A (Erbenheim-Süd) einen Flächenbedarf von 14,8 ha südöstlich des Flugplatzes an. Dort sollten ca. 200 Wohneinheiten für Militärangehörige errichtet werden.

Nach Einleitung des Verfahrens nach dem Landesbeschaffungsgesetz bat das Hessische Ministerium des Inneren die Beklagte um Stellungnahme zu der Liegenschaftsanforderung.

Die Stadtverordnetenversammlung der Beklagten begrüßte in ihrer Sitzung vom 15. März 2007 das Vorhaben der US-Heeresstreitkräfte und beauftragte den Magistrat, eine Vereinbarung mit den US-Streitkräften vorzubereiten, die die Verlegung des Standortes der "Storage-Station" auf dem AFEX-Gelände in Kastel an den Militärflugplatz Erbenheim ermöglicht. Ferner sollte der Magistrat prüfen, ob Alternativflächen zur Verfügung stehen, auf denen die Liegenschaften der US-Streitkräfte im Stadtgebiet konzentriert werden können.

Mit Schreiben vom 23. März 2007 beantragte die Beklagte bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die Verlagerung des Standortes Kastel "Storage-Station" in einen Bereich um den Flugplatz Erbenheim zu ermöglichen. Sie brachte dabei den Wunsch zum Ausdruck, den dann frei werdenden Standort mitten im Bezirk Kastel für die Entwicklung neuer Wohnquartiere und großer Grünflächen nutzten zu können. Dem Antrag fügte die Beklagte eine Planzeichnung bei, in der vier Bereiche dargestellt waren, die für eine mögliche Verlagerung zur Verfügung stehen könnten.

Im September 2007 erstellte das Stadtplanungsamt der Beklagten einen Entwurf für eine "Vorkaufssatzung Flugplatz Erbenheim". Der Entwurf sah zunächst eine Vorkaufssatzung mit drei Teilbereichen vor, die im Norden, im Südwesten und im Südosten unmittelbar an den Flugplatz angrenzten. Als Ziel der Satzung wurde formuliert, Ersatzflächen für das AFEX-Gelände zu sichern und den Bereich des Flugplatzes zu arrondieren.

Im Hinblick auf eventuell in Zukunft anstehende weitere Liegenschaftsanforderungen der US-Streitkräfte wurde in einem weiteren Entwurf der Geltungsbereich der Fläche "Östlich des Flugplatzes" vergrößert.

In der Folgezeit wurde die weitere Liegenschaftsanforderung Nr. 3944 (Erbenheim Süd-Süd) formuliert. Darin wünschten die US-Streitkräfte im südlichen Bereich einen Geländezuwachs von 24,5 ha, um dort 250 Wohneinheiten für Armee-Angehörige zu errichten.

Diese Anforderung übersandte des Regierungspräsidium Darmstadt der Beklagten mit Schreiben vom 13. November 2007 zur Stellungnahme.

Am 13. Dezember 2007 stimmte die Stadtverordnetenversammlung der Liegenschaftsanforderung Nr. 3944 (Erbenheim Süd-Süd) im Grundsatz zu.

Die Beklagte teilte dem Regierungspräsidium Darmstadt ihre Zustimmung mit Schreiben vom 17. Dezember 2007 mit. In der beigefügten Stellungnahme vom 21. November 2007 wird weiter ausgeführt, es solle in Bezug auf die US-Einrichtungen in ihrem Stadtgebiet und insbesondere für den Bereich des Flugplatzes Erbenheim einschließlich der vorliegenden Liegenschaftsanforderung eine städtebauliche Rahmenplanung vorgenommen werden. Diese solle zum Ziel haben, die Arrondierungs- und Verdichtungsmöglichkeiten am Flugplatz aufzuzeigen und die sich durch die Konzentration an einem Standort ergebenden Synergieeffekte darzustellen. Dies könne die Basis für die Optimierung der Nutzungsverteilungen und der Erschließung der militärisch genutzten Flächen sowie für weitere Entwicklungsszenarien bilden.

Zwischenzeitlich hatte das Stadtplanungsamt Mitte November 2007 den Entwurf der Vorkaufssatzung Flugplatz Erbenheim dahingehend geändert, dass nicht mehr eine Satzung mit drei Teilgebieten, sondern drei selbständige Vorkaufssatzungen beschlossen werden sollten.

Zur Erläuterung der Entwürfe wurde in der Sitzungsvorlage vom 1. Januar 2008 ausgeführt, Gegenstand des Vorhabens der Stadt sei es, bei der gewünschten Verlegung der "Storage Station" im Stadtteil Kastel und zur Bündelung der im Stadtgebiet verteilten amerikanischen Liegenschaften eine geordnete städtebauliche Entwicklung im Bereich des Flugplatzes Erbenheim durch Vorkaufssatzungen zu sichern. Eine Erweiterung der bestehenden Flugplatzsiedlung nach Süden hin sei durch die Liegenschaftsanforderungen Nr. 3873A und Nr. 3944 konkretisiert. Dies unterstütze ihre - der Beklagten - Argumente für eine Konzentration von US-Einrichtungen um den Flugplatz Erbenheim Ziel der geplanten Vorkaufssatzung sei es, Arrondierungs- und Verdichtungsmöglichkeiten am Flugplatz darzustellen, um die notwendigen Voraussetzungen für eine Bündelung der im Stadtgebiet verstreut liegenden US-Einrichtungen zu schaffen. Da der Bereich Erbenheim Süd für Wohnzwecke der US-Armee vorgesehen sei, würden sich die Flächen im Norden, Osten und Westen des Flugplatzes für beabsichtigte Maßnahmen zur Verlagerung und Konzentration anderer US-Nutzungen an diese Stelle eignen. Mit der Vorkaufssatzung "Nördlich des Flugplatzes Erbenheim" könne der Flugplatz nach Norden um 51 ha erweitert werden. Mit der in der Vorkaufssatzung "Westlich des Flugplatzes Erbenheim" vorgesehenen Fläche von 11,5 ha werde das Gelände in südwestlicher Richtung bis zur anschließenden Flugplatzsiedlung arrondiert. Die Vorkaufssatzung "Östlich des Flugplatzes Erbenheim" erfasse eine Fläche von ca. 44 ha und biete in diesem Bereich Erweiterungsoptionen für den US-Standort. Für die Umsetzung der städtebaulichen Maßnahme sei es von strategischem Vorteil, genügend Grundstücke einbringen oder als Ersatzland zum Tausch anbieten zu können.

Der Ortsbeirat des Bezirks Wiesbaden Erbenheim versagte in seiner Sitzung am 19. August 2008 seine Zustimmung zu dem vorgelegten Entwurf der Vorverkaufssatzungen. Er vertrat u. a. die Ansicht, dass der Geltungsbereich der Satzungen mit insgesamt 106 ha in Anbetracht des Flächenbedarfs der US-Streitkräfte erheblich überdimensioniert sei.

In der Sitzung vom 28. August 2008 beschloss die Stadtverordnetenversammlung drei Satzungen über das besondere Vorkaufsrecht an bebauten und unbebauten Grundstücken, und zwar die " Vorkaufssatzung nördlich des Flugplatzes Erbenheim", die "Vorkaufssatzung östlich des Flugplatzes Erbenheim" und die "Vorkaufssatzung westlich des Flugplatzes Erbenheim".

Die Satzungen wurden am 25. September 2008 bekannt gemacht.

Das Gebiet der "Vorkaufssatzung nördlich des Flugplatzes Erbenheim" umfasst nach der in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen Liste 148 Flurstücke mit einer Fläche von insgesamt 51,54 ha. Das Gebiet der "Vorkaufssatzung östlich des Flugplatzes Erbenheim" erfasst nach der beigefügten Liste 77 Flurstücke mit einer Fläche von 43,69 ha. Das Gebiet der "Vorkaufssatzung westlich des Flugplatzes Erbenheim" ist 11,51 ha groß. Es erstreckt sich über 7 Flurstücke.

Zusammengerechnet beträgt die Fläche aller drei Satzungsgebiete nach den Unterlagen in den Verwaltungsakten 106,73 ha. Im Zeitpunkt der Beschlussfassung standen 62 Flurstücke mit einer Gesamtfläche von 21,24 ha im Eigentum der Beklagten.

In einer Stellungnahme vom 17. August 2010 teilte die Führung der US-Armee mit, dass beabsichtigt sei, die beiden Kasernen in Wiesbaden Kastel "Storage Station" und "Housing Area" aufzulösen und die dortigen Flächen an die Bundesrepublik Deutschland zurückzugeben. Die Einrichtungen sollen an das Wiesbaden Airfield Erbenheim und an die Mc Cully Barracks in Wackernheim verlagert werden. Für den Umzug nach Erbenheim werde eine Fläche von 26,69 ha benötigt, die an das Airfield des Flugplatzes angrenzt.

In einer Pressemitteilung Anfang September 2012 teilte die US-Armee mit, dass die bisher auf dem AFEX-Gelände und in der "Housing-Area" untergebrachten Soldaten teilweise in die Siedlungen Hainerberg und teilweise in der Clay Kaserne an der Airbase Erbenheim stationiert werden sollen.

Am 18. Oktober 2012 fand eine Besprechung der Beklagten mit dem Bundesamt für Immobilienaufgaben über mögliche Konversionsflächen bei der Verlagerung der "Storage Station" und der "Housing Area" statt. Dabei wurden im Bereich der "Vorkaufssatzung Nördlich des Flugplatzes Erbenheim" die Grundstücke von 22 Eigentümern mit einer Fläche von insgesamt 11,4 ha als mögliche Ersatzfläche vorgeschlagen. Als weitere Fläche wurde der gesamte Geltungsbereich der "Vorkaufssatzung Westlich des Flugplatzes Erbenheim" vorgesehen. Für die Beschaffung der Grundstücke wurde eine zusätzliche Liegenschaftsanforderung der US-Streitkräfte für erforderlich gehalten.

Im Dezember 2012 einigten sich die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und die US-Streitkräfte auf ein Phasenmodell. In Phase 1 sollten Teilflächen in den beiden oben genannten Kasernen geräumt werden. Insoweit würden für die Verlagerung der Nutzungen keine Ersatzflächen benötigt. In Phase 2 würden die restlichen Nutzungen in den Liegenschaften Storage Station und Housing Area nach Erbenheim verlagert. Hierfür müssten von der Beklagten die erforderlichen Flächen zur Verfügung gestellt werden.

Am 12. Februar 2015 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Beklagten, eine Machbarkeitsstudie für die Nachnutzung der beiden frei werdenden Standorte durchzuführen. Eine Beauftragung soll erst erfolgen, wenn die schriftliche Zusage der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zum Verkauf der Liegenschaften an die Stadt vorliegt.

Zwischenzeitlich hatte die Klägerin zu 1) ihr Grundstück mit notariellem Grundstückskaufvertrag vom 12. Dezember 2012 an den Kläger zu 2) zu einem Preis von 35.000,-- € veräußert. Mit Schreiben vom 25. Februar 2013 bat der Notar, der den Grundstückskaufvertrag beurkundet hatte, die Beklagte um die Erklärung des Verzichts auf ihr Vorkaufsrecht.

Mit Bescheid vom 25. April 2013 übte die Beklagte nach vorheriger Anhörung der Kläger gegenüber der Klägerin zu 1) ihr Vorkaufsrecht gemäß §§ 28 Abs. 2 Satz 2, 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB aus. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass im Bereich des Flugplatzes Erbenheim städtebauliche Maßnahmen beabsichtigt seien. Zur Umsetzung dieser Maßnahmen sei der Erwerb von Flächen für Tausch- oder Ersatzzwecke im Satzungsgebiet erforderlich. Die Stadt verfüge im Planungsbereich nicht über ausreichendes Grundeigentum.

Mit Bescheid vom selben Tag wurde der Kläger zu 2) über die Ausübung des Vorkaufsrechts in Kenntnis gesetzt.

Unter dem Datum des 3. Mai 2013 wurden den beiden Klägern nochmals inhaltsgleiche Bescheide übersandt, da kurz vor Ablauf der Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts die Zustellungsurkunden für die Bescheide vom 25. April 2013 noch nicht eingetroffen waren.

Mit Schreiben vom 23. Mai 2013 erhoben beide Kläger Widerspruch gegen die an die Klägerin zu 1) übersandten Bescheide. Diese Widersprüche wies die Beklagte nach Anhörung der Kläger vor dem Widerspruchsausschuss mit jeweils einem Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2014 gegenüber der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 2) zurück. Die Beklagte vertrat die Meinung, sie habe ihr Vorkaufsrecht ordnungsgemäß ausgeübt. Das Grundstück der Klägerin zu 1) liege im Geltungsbereich der "Vorkaufssatzung nördlich des Flugplatzes Erbenheim". Für diesen Bereich würden städtebauliche Maßnahmen in Betracht gezogen. Die im Stadtgebiet verteilten US-amerikanischen Liegenschaften sollten im Bereich des Flugplatzes Erbenheim gebündelt bzw. das Army-Airfield erweitert werden. Das Grundstück der Klägerin sei als potentielle Arrondierungsfläche, Tauschfläche bzw. als Fläche im Zusammenhang mit der geplanten Maßnahme geeignet. Der Erwerb sei auch erforderlich, weil im betroffenen Gebiet noch nicht in ausreichendem Maße Flächen hätten erworben werden können. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei vom Wohl der Allgemeinheit gedeckt. Die Gemeinden sollten durch die gesetzliche Regelung in die Lage versetzt werden, sich in vertretbarem Ausmaß Land für Tausch- und Ersatzzwecke im Satzungsgebiet zu verschaffen. Eine Obergrenze für solche Maßnahmen liege bei 30%. Die Stadt verfüge im Satzungsgebiet nur über einen Eigentumsanteil von 20,6%. Schließlich stehe auch die persönliche Beziehung zwischen den Parteien des Grundstückskaufvertrages der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht entgegen.

Die Kläger haben am 20. Juni 2014 beim Verwaltungsgericht Wiesbaden Klage erhoben.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, der Beklagten stehe kein Vorkaufsrecht an dem Grundstück der Klägerin zu 1) zu. Die Einordnung ihres Grundstückes als potentielle Arrondierungs- oder Tauschfläche im Zusammenhang mit der geplanten Bündelung der US-amerikanischen Liegenschaften am Flugplatz Erbenheim sei zu vage und zu wenig konkret gewesen. Aus den angegriffenen Entscheidungen der Beklagten gehe auch nicht hervor, dass der Erwerb des Grundstücks unbedingt erforderlich sei. Es sei nicht erkennbar, dass die Beklagte für eine konkret beabsichtigte städtebauliche Maßnahme noch keine ausreichenden Flächen besitze. Ferner sei die Begründung eines Vorkaufsrechts auch nicht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Schließlich sei das persönliche Verhältnis zwischen den beiden Klägern von der Beklagten nicht ausreichend berücksichtigt worden. Es sei nämlich geboten, den in § 26 Nr. 1 BauGB normierten Ausschluss der Ausübung des Vorkaufsrechts nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers dahingehend auszulegen, dass es auch bei einem Kaufvertrag zwischen in kindsähnlicher Weise sozialverwandten Personen nicht ausgeübt werden dürfe. Eine andere Handhabung der Vorschrift verstoße gegen das Fairnessgebot des § 242 BGB.

Die Kläger haben beantragt,

die Bescheide der Beklagten über die Ausübung des Vorkaufsrechts gegenüber der Klägerin zu 1) vom 25. April 2013 und 3. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2014 sowie den entsprechenden Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2014 gegenüber dem Kläger zu 2) aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie habe sowohl das Vorkaufsrecht ordnungsgemäß begründet als es auch rechtsfehlerfrei ausgeübt. Aus den Aufstellungsunterlagen gehe hervor, dass die Verlagerung des Standortes der US-Streitkräfte sowie sonstige Erweiterungen und Konzentrationen von Einrichtungen der US-Streitkräften an den Flugplatz Erbenheim beabsichtigt gewesen seien. Es hätten Überlegungen zur Umsiedlung/Konzentration und zum Ausbau bestanden. Die Überlegungen seien auch weiter aktuell. Es werde u. a. ein neuer Zugang (ACP) Nordwest geplant, der eine Anbindung benötige. Die Erweiterung der Clay-Kaserne zur Unterbringung der Einrichtungen, die sich derzeit auf dem AFEX-Gelände befänden, sei möglich. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei auch zum Wohle der Allgemeinheit erfolgt. Denn ein Vorkauf sei auch dann gerechtfertigt, wenn er dazu diene, in vertretbarem Ausmaß Tausch- und Ersatzland zu erwerben, um eine zügige Verwirklichung der Maßnahme zu ermöglichen. Es entspreche nämlich der Erfahrung, dass Grundstückseigentümer eher zur Herausgabe eines Grundstückes bereit seien, wenn ihnen dafür ein Ersatzgrundstück in der näheren Umgebung angeboten werde. Bei erstmals zu erschließenden Gebieten werde daher das vertretbare Ausmaß beachtet, wenn in analoger Anwendung von § 58 Abs. 1 Satz 2 BauGB Grundstücke zu Tauschzwecken erworben würden in solchen Gebieten, in denen die Gemeinde maximal 30% der vorhandenen Fläche besitze. Eine Ausweitung des Ausschlusstatbestandes in § 26 Abs. 1 Nr. 1 BauGB auf sogenannte soziale Verwandte sei nicht zulässig.

Das Verwaltungsgericht hat in seiner mündlichen Verhandlung am 11. Dezember 2014 zu den in Betracht gezogenen städtebaulichen Maßnahmen Beweis erhoben durch Vernehmung eines Bediensteten des Liegenschaftsamts der Beklagten als Zeugen.

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat mit Urteil vom 11. Dezember 2014 der Anfechtungsklage der beiden Kläger stattgegeben und den Bescheid an die Klägerin zu 1) vom 25. April 2013 sowie die beiden Widerspruchsbescheide an die Kläger zu 1) und den Kläger zu 2) vom 20. Mai 2014 aufgehoben.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass im Zeitpunkt ihrer Satzungsbeschlüsse gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB eine konkrete städtebauliche Maßnahme in Betracht gezogen worden sei. Nach Aussage des vernommenen Zeugen habe die Verwaltung erst ein Jahr zuvor - also gegen Ende des Jahres 2013 - von den Überlegungen einer Verlagerung von Standorten der US-Streitkräfte Kenntnis erlangt und dann eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Die mit den US-Streitkräften geführten Gespräche, die in den Verwaltungsvorgängen dokumentiert seien, könnten nicht als Nachweis für eine ernsthafte Planungsabsicht angesehen werden. Denn die Vorstellungen der Beklagten seien wegen der entgegenstehenden Vorgaben im Regionalplan Südhessen 2000 nicht umsetzbar gewesen. Ferner wäre es rechtlich unzulässig gewesen, die Flächen innerhalb der Vorkaufssatzungen als Austauschfläche für die Nutzungen im Stadtteil Kastel zur Verfügung zu stellen, weil Tauschflächen innerhalb des Maßnahmegebiets liegen müssten.

Die Beklagte hat am 29. Januar 2015 die Zulassung der Berufung gegen das ihr am 2. Januar 2015 zugestellte Urteil beantragt. Mit Beschluss vom 10. Oktober 2016 hat der erkennende Senat die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung gemäß § 124 Abs. 2 Nr.1 VwGO zugelassen.

Die Beklagte vertritt auch im Berufungsverfahren die Auffassung, dass die Ausübung ihres Vorkaufsrechts am Grundstück der Klägerin zu 1) rechtlich nicht zu beanstanden sei. Sie wiederholt im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen. Durch die schon im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen sei hinreichend dokumentiert, dass sie bereits im Jahr 2007 ernsthaft beabsichtigt habe, die Verlagerung von Einrichtungen und Anlagen der US-Armee um das Gebiet des US-Airfield in Wiesbaden-Erbenheim zu ermöglichen. Insbesondere in der Erläuterung, die der Stadtverordnetenversammlung bei ihrer Beschlussfassung am 28. August 2008 vorgelegen habe, seien die maßgeblichen Erwägungen niedergelegt worden. Die Verlagerung der Einrichtungen aus der Innenstadt von Wiesbaden nach Erbenheim sei auch in der Folgezeit weiter verfolgt worden. Somit habe sie zu jedem Zeitpunkt vom Satzungsbeschluss bis zur Ausübung des Vorkaufsrechts eine städtebauliche Maßnahme in Betracht gezogen worden.

Bei dem Vorhaben handele es sich entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts um eine städtebauliche Maßnahme, die den Anforderungen des § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB genüge. Die Ermöglichung der Verlagerung sei eine bodenrechtlich relevante Zielvorstellung, die durch die Änderung des bestehenden Flächennutzungsplans und die Aufstellung eines Bebauungsplans begleitet werden müsse. Die beabsichtigte Maßnahme sei auch hinreichend konkret. Dies gelte erst recht, wenn in die rechtliche Bewertung einbezogen werde, dass sie auf den frei werdenden Flächen im Stadtteil Kastel die städtebauliche Entwicklung voranzutreiben wolle.

Rechtsfehlerhaft sei des Weiteren die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die gegenläufigen Festlegungen des Regionalplans und die Tatsache, dass bisher Schritte zu dessen Abänderung unterblieben seien, stünden der Feststellung einer ernsthaft beabsichtigten städtebaulichen Maßnahme entgegen. Das Hindernis könne in absehbarer Zeit ausgeräumt werden. Wenn der konkrete Flächenbedarf der US-Armee feststehe, könne jederzeit durch ein Zielabweichungsverfahren eine Änderung des Regionalplans erreicht werden.

Das Verwaltungsgericht habe sein Urteil ferner zu Unrecht darauf gestützt, dass die Flurstücke im Satzungsgebiet nicht als Tauschfläche für das Gelände in Kastel zur Verfügung gestellt werden dürfen. Der mögliche Tausch von Flächen, auf die der Widerspruchsbescheid sich stütze, beziehe sich eindeutig auf Grundstücke, die ebenfalls im Satzungsgebiet lägen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 11. Dezember 2014 die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kläger vertreten die Auffassung, die Vorkaufssatzung "Nördlich des Flugplatzes Erbenheim" sei entsprechend den Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht wirksam erlassen worden. Im Übrigen hätte die Beklagte, selbst wenn die Satzung wirksam sein sollte, das Vorkaufsrecht nicht wirksam ausgeübt. Denn die Ausübung des Vorkaufsrechts habe nicht dem Wohl der Allgemeinheit gedient. Auch im Zeitpunkt der Erklärung der Beklagten vom 25. April 2013 habe es nur vage Überlegungen zu einem Ausbau des Flugplatzes Erbenheim und der Verwendung des Grundstücks der Klägerin als Tauschobjekt gegeben.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstands auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (1 Leitzordner und 1 Hefter) Bezug genommen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Gründe

Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.

Der Antrag der Kläger auf Aufhebung des gegenüber der Klägerin zu 1) ergangenen Bescheids vom 3. Mai 2013 ist vom Verwaltungsgericht versehentlich nicht beschieden worden. Dieser Bescheid ist daher nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.

A. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden ist zulässig, jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Bescheid der Beklagten gegenüber der Klägerin zu 1) vom 25. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2014 rechtswidrig ist und die Klägerin zu 1) sowie der Kläger zu 2) dadurch in eigenen Rechten verletzt werden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht ist nämlich in seiner stattgebenden Entscheidung ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beklagten kein Vorkaufsrecht gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB an dem Grundstück der Klägerin zu 1) zusteht. Das erstinstanzliche Urteil ist somit nicht abzuändern.

Die von beiden Klägern gegen den Bescheid an die Klägerin zu 1) vom 25. April 2013 und gegen beide Widerspruchsbescheide vom 20. Mai 2014 erhobene Anfechtungsklage ist gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässig und begründet.

I. In Bezug auf die Zulässigkeit der Klage der beiden Kläger bestehen keine rechtlichen Bedenken.

Die für eine Anfechtungsklage erforderliche Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO ergibt sich daraus, dass die Beklagte durch die Erklärung der Ausübung eines Vorkaufsrecht in die Rechtssphäre der Parteien des privatrechtlich geschlossenen Kaufvertrages vom 12. Dezember 2012 am Grundstück der Klägerin zu 1) Gemarkung Erbenheim, Flur 19, Flurstück 31, eingegriffen hat. Durch den Bescheid der Beklagten und den Widerspruchsbescheid ist der Klägerin zu 1) ein selbstständiger Kaufvertrag mit der Beklagten aufgezwungen worden. Dies begründet die Möglichkeit einer Rechtsverletzung, auch wenn ihr als Verkäuferin die mit dem Kläger zu 2) vereinbarten Vertragsbedingungen erhalten geblieben sind (vgl.: BVerwG, Beschluss vom 14. April 1994 - 4 B 20.94 -, juris, Rdnr. 3; BGH, Urteil vom 10. Juli 1986 - III ZR 44/85 -, juris, Rdnr. 14). Für den Kläger zu 2) hat die privatrechtsgestaltende Wirkung des Bescheids der Beklagten zur Folge, dass sein Anspruch auf Übereignung des Grundstücks von der Klägerin zu 1) nicht mehr erfüllt werden kann (vgl.: BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 2000 - 4 B 10.00 -, juris, Rdnr. 5).

II. Die Anfechtungsklage der Kläger ist nach der zutreffenden Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auch begründet, weil der Beklagten das von ihr in Anspruch genommene Vorkaufsrecht gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB nicht zusteht.

Die Beklagte hat mit ihrem Beschluss vom 28. August 2008 über die "Vorkaufssatzung nördlich des Flugplatzes Erbenheim", in dem das Grundstück der Klägerin zu 1) liegt, keine wirksame Satzung erlassen. Denn die gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB erforderlichen tatbestandlichen Voraussetzungen lagen nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann eine Gemeinde in Gebieten, in denen sie städtebauliche Maßnahmen in Betracht zieht, zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung durch Satzung Flächen bezeichnen, in denen ihr ein Vorkaufsrecht an den Grundstücken zusteht. Diese Voraussetzungen lagen im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht vor.

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass von der Beklagten im maßgeblichen Zeitpunkt des Beschlusses über die drei Satzungen eine hinreichend konkrete städtebauliche Maßnahme in Betracht gezogen worden ist, deren voraussichtlicher Flächenbedarf in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Fläche von 106,73 ha stand.

1. Die Absicht der Beklagten, die in ihrem Stadtgebiet von den US-Streitkräften genutzten Liegenschaften für den Wohnungsmarkt nutzbar zu machen, indem die dort vorhandenen Standorte ganz oder teilweise an den Militärflugplatz Wiesbaden Army Airfield in Erbenheim verlagert werden, stellt allerdings eine städtebauliche Maßnahme im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB dar.

Die Regelung des § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB stellt an den Erlass einer Vorkaufssatzung nur geringe Anforderungen (BVerwG, Beschluss vom 14. April 1994 - 4 B 70.94 -, juris Rdnr. 5; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: August 2016, § 25 Rdnr. 12). Ein nach dieser Norm begründetes besonderes Vorkaufsrecht ist ein Instrument des vorsorgenden Grunderwerbs. Die Gemeinde soll bereits im Frühstadium der Vorbereitung einer städtebaulichen Maßnahme Grundstücke, die zum Verkauf stehen, auch gegen den Willen der jeweiligen Kaufvertragsparteien erwerben können. Dies dient dem Ziel, die beabsichtigte Maßnahme später leichter durchführen zu können.

Der Begriff der städtebaulichen Maßnahme ist deshalb vom Gesetzgeber weit gefasst worden. Den Gemeinden sollte gegenüber der bis zum 30. Juni 1987 bestehenden Rechtslage die Bodenbevorratung für eine beabsichtigte städtebauliche Maßnahme erleichtert werden (BVerwG, Beschluss vom 26. Januar 2010 - 4 B 43.09 - , juris Rdnr. 9). Als städtebauliche Maßnahme sind daher alle Schritte eines Vorhabens anzuerkennen, die einen städtebaulichen Bezug aufweisen und der Gemeinde dazu dienen, ihre Planungsvorstellungen zu verwirklichen (BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 2000 - 4 B 10.00 -, juris Rdnr. 7; Paetow in: Berliner Kommentar, BauGB, Stand: Mai 2016, § 25 Rdnr. 4; anderer Ansicht: Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 25 Rdnr. 15b).

2. Jedoch hat die Beklagte hier nicht die Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal des "In-Betracht-Ziehens" erfüllt.

Zwar ist auch das Tatbestandsmerkmal des "In-Betracht-Ziehens" weit auszulegen. Es reicht aus, wenn ernsthafte Anhaltspunkte für die Absicht der Gemeinde vorhanden sind, dass sie bestimmte städtebauliche Maßnahmen ergreifen wird (Paetow in: Berliner Kommentar, a.a.O., § 25 Rdnr. 5). Ein "In-Betracht-Ziehen" ist zu bejahen, sobald ein Stadium erreicht wird, in dem die Maßnahme nachweislich ernsthaft beabsichtigt ist. Die Überlegungen der Gemeinde müssen allerdings so weit gereift sein, dass sie die städtebauliche Maßnahme tatsächlich auch in Angriff nehmen und verwirklichen will. Dagegen ist das Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt, solange die Gemeinde städtebauliche Maßnahmen unverbindlich erwägt (Roos in: Brügelmann, BauGB, Stand: April 2016, § 25 'Rdnr. 18). Die Absicht der Gemeinde zur Durchführung einer städtebaulichen Maßnahme muss sich also im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses soweit verdichtet haben, dass bei vernünftiger Betrachtung der Grunderwerb zur Sicherung der für die Entwicklung benötigten Flächen sinnvollerweise eingeleitet werden darf (Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 25 Rdnr. 6). Hierzu ist es erforderlich, dass die Gemeinde zumindest eine ungefähre Vorstellung entwickelt hat, in welchem Umfang sie voraussichtlich Flächen für die gewünschte städtebauliche Maßnahme benötigen wird.

Die Vorverlegung der Zugriffsmöglichkeit mit dem Sicherungsmittel des Vorkaufsrechts lässt sich nur in den Fällen rechtfertigen, in denen schon in einem frühen Stadium die Sicherung eines Flächenerwerbs notwendig erscheint. Daran fehlt es etwa, wenn bei Erlass der Vorkaufssatzung absehbar ist, dass sich die Planungsabsicht der Gemeinde über einen längeren Zeitraum aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht umsetzen lässt, und wenn diese bestehende Unsicherheit über die Verwirklichung der städtebaulichen Maßnahme von dem betroffenen Grundstückseigentümer im Satzungsgebiet nicht hinzunehmen ist. Daher kann für die rechtliche Bewertung, ob die in Betracht gezogenen städtebaulichen Maßnahmen sich in diesem Sinne hinreichend verdichtet haben, auch der voraussichtliche zeitliche Ablauf berücksichtigt werden. Hierbei können die im Fachplanungsrecht geltenden Fristen von etwa 10 Jahren einen brauchbaren Anhaltspunkt bieten (vgl.: BVerwG, Beschluss vom 26. Januar 2010 - 4 B 43.09 -, juris Rdnr. 10; Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 25 Rdnr. 6).

Die dargestellten subjektiven Anforderungen für das Tatbestandsmerkmal "in Betracht ziehen" im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB hat die Beklagte hier nicht erfüllt. Weder den Verwaltungsunterlagen noch dem Vorbringen der Beklagten im Verwaltungsstreitverfahren ist zu entnehmen, dass diese auch nur ansatzweise eine eigene Vorstellung entwickelt hatte, in welchem Umfang sie die städtebauliche Maßnahme der Konzentration von im Stadtgebiet stationierten US-Streitkräfte unter anderem am Flugplatz Erbenheim auf Flächen anstrebt, die außerhalb des vorhanden Militärflugplatzes, des Geländes der Clay-Kaserne und der von den Liegenschaftsanforderungen erfassten Flächen liegen.

Nachvollziehbar ist für den Zeitpunkt der Beschlüsse über die Vorkaufssatzungen allein das damalige Bestreben der Beklagten, die US-Kaserne Kastel "Storage-Station" mit einem Flächenbedarf von ca. 25 ha in den Bereich der Satzungsgebiete am Flugplatz Erbenheim zu verlagern. Zweifelhaft ist, ob die Beklagte damals auch schon eine mögliche Einbeziehung der Kastel "Housing-Area" mit einem Flächenbedarf von ca. 11 ha geprüft hatte. Die Sitzungsvorlage vom 1. Januar 2008 an die Stadtverordnetenversammlung enthält hierzu keinen hinreichenden Anhaltspunkt. Auch der im Vorfeld ab dem Jahre 2007 ergangene Schriftverkehr der Beklagten mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und dem Regierungspräsidium Darmstadt lässt Überlegungen in Bezug auf eine solche mögliche Nutzung nicht erkennen. Allein in der Stellungnahme des Ortsbeirats vom 2008 wird die Option der Verlagerung der Kastel "Housing-Area" an den Flugplatz Erbenheim erwähnt. Diese Frage bedarf indes keiner weiteren Klärung. Denn auch bei Einbeziehung dieser Nutzung erschließt sich nicht, welchen Flächenbedarf die Beklagte für ihre städtebauliche Maßnahme insgesamt in Betracht gezogen hatte.

Hinsichtlich des in der Satzungsvorlage vom 1. Januar 2008 zum Ausdruck gekommenen Wunsches der Beklagten, angesichts der vollzogenen Erweiterung der Flugplatzsiedlung im Süden mit zusätzliche Wohnflächen nunmehr "andere US-Nutzungen" in den Satzungsgebieten zu konzentrieren, fehlt eine nachvollziehbare Darlegung der Beklagten, welche der insgesamt auf weitere 8 Liegenschaften verteilten US-Nutzungen ihr für eine Verlagerung nach Erbenheim als möglicherweise geeignet erschienen und welchen ungefähren Flächenbedarf sie sich für eine solche optionale Verlagerung vorgestellt hatte. Auch die Aufklärungsbemühungen im Berufungsverfahren haben zu keinen weiteren Erkenntnissen geführt.

Ob möglicherweise schon die Wunschvorstellung, möglichst viele Nutzungen möglichst zeitnah aus dem Stadtgebiet heraus an den Flugplatz Erbenheim zu verlagern, für ein "In-Betracht-Ziehen" ausgereicht hätte, kann dahin gestellt bleiben. Für eine solche Vorstellung findet sich weder in dem seit März 2007 dokumentierten Schriftwechsel zwischen den Fachämtern der Beklagten noch in den Schreiben an das Hessische Ministerium des Innern, an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben oder an das Regierungspräsidium Darmstadt ein entsprechender Hinweis. Auch auf Befragen in der mündlichen Verhandlung konnten die Vertreter der Beklagten keine Angaben zu den damaligen Überlegungen ihres Planungsamtes und der Stadtverordnetenversammlung machen. Der Umstand, dass über die Wunschvorstellungen oder Ziele bei der Beschlussfassung im August 2008 keinerlei Erkenntnisse vorliegen, spricht eher gegen die Annahme, dass die Beklagte sich ernsthaft nähere Gedanken hinsichtlich der Größe der für die städtebauliche Maßnahme insgesamt benötigten Fläche gemacht hat.

Die gewählte Größe des Satzungsgebiets erlaubt ebenfalls keinen Rückschluss darauf, welche Vorstellungen die Beklagte im Zeitpunkt der Satzungsbeschlüsse im August 2008 zum voraussichtlichen Flächenbedarf ihrer städtebaulichen Maßnahme am Militärflugplatz Erbenheim entwickelt hatte. Ohne weiteres erkennbar ist allein, dass nicht alle 10 Standorte der US-Streitkräfte, die sich im Stadtgebiet der Beklagten auf insgesamt 514 ha befanden, innerhalb der drei Satzungsgebiete untergebracht werden konnten. Daher ist nachvollziehbar, dass spätestens ab dem Sommer 2010 in den Blick genommen wurde, einen Teil der innerstädtischen Nutzungen der US-Streitkräfte an andere Standorte wie die Mc Cully Baracks in Wackernheim und auf den Hainerberg in Wiesbaden zu verlagern. Von welchen Größenordnungen indes bei den Überlegungen zur Aufteilung an solche andere Standort ausgegangen wurde und wie groß die Beklagte den zusätzlichen Flächenbedarf am Militärflugplatz in Erbenheim eingeschätzt hat, erschließt sich dem Senat nicht aus den Verwaltungsvorgängen und den Schriftsätzen im vorliegenden Verwaltungsstreitverfahren. Auf die Frage des Senats in der mündlichen Verhandlung, welche Gesichtspunkte für die Festlegung der gewählten Flächengröße der drei Satzungsgebiete maßgeblich gewesen sind, konnten die Vertreter der Beklagten keine Angaben machen.

Ein verwertbarer Hinweis auf die damaligen Vorstellungen der Beklagten ergibt sich auch nicht aus der Dokumentation der Besprechung der Beklagten mit dem Bundesamt für Immobilienaufgaben vom 18. Oktober 2012. Die dort festgehaltenen Erwägungen sind durch den zeitlichen Abstand von gut vier Jahre zu den Satzungsbeschlüssen schon nicht hinreichend geeignet, einen verlässlichen Rückschluss auf die Vorstellung zum Flächenbedarf der beabsichtigten städtebaulichen Maßnahmen im Zeitpunkt der Satzungsbeschlüsse zuzulassen. Die Überlegungen vom 18. Oktober 2012 wurden später auch nicht weiter verfolgt. Damals wurde für die Verlagerung der beiden Kasernen Kastel "Storage Station" und "Housing Area" der Flächenbedarf auf ca. 35, 6 ha geschätzt. Als möglicher Ersatzstandort für einen Teil dieser Nutzungen wurde eine zusammenhängende Fläche von 11,4 ha in der Mitte des Gebiets der "Vorkaufssatzung nördlich des Flugplatzes Erbenheim" sowie die Fläche der "Vorkaufssatzung westlich des Flugplatzes Erbenheim" in den Blick genommen. Im Dezember 2012 einigte sich jedoch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben mit der Führung der US-Armee über ein 2-Phasenmodell für die Verlagerung der beiden Kasernen Kastel "Storage Station" und "Housing Area". Die dargestellten Überlegungen wurden dann in der Folgezeit nicht mehr weiter verfolgt.

Dieser Sachverhalt ist auch durch die Aussage des im erstinstanzlichen Verfahren vernommen Zeugen Vorndran bestätigt worden, der im Liegenschaftsamt der Beklagten tätig ist. Nach seinen Angaben war auch im Zeitpunkt seiner Vernehmung im Dezember 2014 nicht bekannt, ob und in welchem Umfang Flächen für die US-Armee für den Fall der Verlagerung weiterer Standorte an den Militärflugplatz in Erbenheim in Betracht gezogen worden sind.

Somit lässt sich schließlich auch knapp neun Jahre nach Erlass der drei Vorkaufssatzungen für den Senat nicht absehen, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Satzungsbeschlüsse auf der Grundlage einer ernsthaft in Betracht gezogenen städtebaulichen Maßnahme geprüft hatte, in welchem Umfang die Verlegung weiterer Kasernen auf Flächen in den drei Satzungsgebieten angestrebt werden kann und in welchem Maß dortige Flurstücke für die Errichtung von Einrichtungen der US-Armee selbst oder als Tauschflächen voraussichtlich benötigt werden.

Die für die Beklagte bestehende Unwägbarkeit, in welchem Umfang neben der Verlagerung der beiden Kasernen Kastel "Storage Station" und "Housing Area" möglicherweise andere Nutzungen im Gebiet der drei Vorkaufssatzungen untergebracht werden könnten, ist auf den Umstand zurückzuführen, dass im Zeitpunkt der Satzungsbeschlüsse noch keine verbindliche Abstimmung mit der Führung der US-amerikanischen Streitkräfte erzielt worden war. Es lag im August 2008 nicht in der Sphäre der Beklagten, einen bestimmten Flächenbedarf für die städtebauliche Maßnahme eigenständig in Betracht zu ziehen und eine Entwicklungsabsicht zu verfolgen. Die Beklagte war jedoch nicht gehindert, eigene Vorstellungen dazu zu entwickeln, für welche militärischen Nutzungen, die sich im Stadtgebiet befinden, sie der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und den US-Streitkräften eine Alternative am Militärflugplatz in Erbenheim anbieten möchte. Dies zeigt der Schriftverkehr deutlich, der in Bezug auf die beiden Kasernen Kastel "Storage Station" und "Housing Area" im Vorfeld der Satzungsbeschlüsse geführt wurde.

Die Beklagte ist somit nicht ihrer Obliegenheit nachgekommen, plausibel darzulegen, dass sich ihre Überlegungen zur Verlagerung von Nutzungen der US-Streitkräfte über die mögliche Ansiedlung der Kastel "Storage Station" hinaus am 8. August 2008 soweit verdichtet hatten, dass bei vernünftiger Betrachtung die Sicherung von Flächen im Bereich der drei Vorkaufssatzungen nördlich, östlich und westliche des Flugplatzes Erbenheim eingeleitet werden durfte. Da die Beklagte für die Voraussetzungen einer wirksamen Ausübung eines Vorkaufsrechts in den angegriffen Bescheiden nachweispflichtig ist, geht die unzureichende Darlegung zu ihren Lasten.

3. Der Senat vermag als Folge der unzureichenden Darlegung auch nicht zu erkennen, dass die Beklagte sich bei dem Erlass der drei Vorkaufssatzungen hinreichend an dem in § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB genannten Sicherungszweck orientiert hat.

Zieht eine Gemeinde eine städtebauliche Maßnahme in Betracht, so kann sie zur Sicherung der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung mit dem Instrument der Vorkaufssatzung die Grundstücke benennen, auf die sie zu einem späteren Zeitpunkt zugreifen möchte. Diese Sicherung ist zulässig, soweit die Flächen für die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung benötigt werden. Der Zweck des § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB verlangt damit eine ausgewogene Relation zwischen der beabsichtigten städtebaulichen Maßnahme und dem Umfang der Flächen, für die das Satzungsvorkaufsrecht vorgesehen ist (Paetow in: Berliner Kommentar, a.a.O., § 25 Rdnr. 6). Die Größe der Flächen, für die ein Zugriffsrecht gesichert wird, muss also in einem angemessenen Verhältnis zu dem voraussichtlichen Flächenbedarf der in Betracht gezogenen städtebaulichen Maßnahme stehen. Hierbei ist auch von Bedeutung, in welchem Umfang die Gemeinde im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bereits über eigene Flächen im Maßnahmegebiet verfügt (Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, 7. Aufl. 2013, § 25 Rdnr. 9).

Die Erforderlichkeit ist anhand objektiver Maßstäbe zu beurteilen. Dies schließt Gründe einer vorsorglichen Bodenbevorratung aus (Paetow in: Berliner Kommentar, a.a.O., § 25 Rdnr. 6).

Hier kann nicht festgestellt werden, dass der Erlass der drei Vorkaufssatzungen im Bereich des Flugplatzes Erbenheim und damit auch die Satzung, die das Grundstück der Klägerin zu 1) erfasst, vom Sicherungszweck des § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB gedeckt gewesen ist. Im Gebiet um den Flugplatz Erbenheim herum verfügte die Beklagte im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses über eigene Flächen von insgesamt ca. 21,24 ha. Mit den drei Satzungen hat die Beklagte am 28. August 2008 einen Zugriff auf 170 fremde Grundstücke mit einer Fläche von insgesamt ca. 85,5 ha eröffnet. Für die seinerzeit konkret geprüfte und gewünschte Verlagerung der "Storage Station" und evtl. auch der "Housing Area" bestand ein Flächenbedarf von maximal 35,6 ha. Hinsichtlich der gewünschten Verlagerung etwaiger weiterer Nutzungen der US-Streitkräfte lassen sich keine konkreten Vorstellungen der Beklagten ermitteln. Daher lässt sich nicht feststellen, dass die Fläche von gut 85 ha, für die ein Zugriffsrecht gesichert worden ist, in einem angemessenen Verhältnis zu dem nach den Vorstellungen der Beklagten notwendigen Flächenbedarf gestanden hat.

Der Senat verkennt nicht, dass die Beklagte für die konkret beabsichtigte Verlagerung der beiden Kasernen eine zusammenhängende Fläche bereit stellen wollte, die den Bedarf von ca. 36 h abdeckt. Daher wurden durchaus weitere Flurstücke benötigt, um sie als Tauschflächen für Grundstückseigentümer zur Verfügung zu stellen, auf deren Grundstücke die Kasernen errichten werden würden. Es erschließt sich dem Senat aber nicht, dass der Zugriff durch Vorkaufssatzungen auf weitere 85 ha hierfür erforderlich gewesen ist und in einem angemessenen Verhältnis zu den benötigten restlichen Flächen gestanden hat.

c) Der Mangel einer Rechtsgrundlage für die "Vorkaufssatzung nördlich des Flugplatzes Erbenheim" ist auch nicht gemäß § 214 BauGB unbeachtlich. Denn in dieser Planerhaltungsvorschrift ist ein Fehler bei der Anwendung des § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB nicht aufgeführt.

B. Über die von den Klägern erhobene Anfechtungsklage gegen den an die Klägerin zu 1) ergangenen Bescheid der Beklagten vom 3. Mai 2013 wird das Verwaltungsgericht noch zu entscheiden haben. Denn sein Urteil stellt ein unbeabsichtigtes Teilurteil dar.

I. Der Antrag auf Aufhebung des zweiten Ausgangsbescheids an die Klägerin zu 1) vom 3. Mai 2013 ist ausweislich der Sitzungsniederschrift und des im Tatbestand wiedergegebenen Klageantrags Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen.

Das Verwaltungsgericht hat allein die Klage gegen den ersten Ausgangsbescheid an die Klägerin zu 1) vom 25. April 2013 und gegen die beiden Widerspruchsbescheide an die Kläger vom 20. Mai 2014 für zulässig erachtet. Über den Antrag auf Aufhebung des zweiten Ausgangsbescheides an die Klägerin zu 1) vom 3. Mai 2013 hat das Verwaltungsgericht nicht entschieden. Denn es hat das Schreiben der Beklagten für eine wiederholende Verfügung erachtet, die keine Regelung enthält und damit keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 HVwVfG darstellt. Der Klageantrag ist allerdings nicht insoweit abgewiesen worden, etwa weil es an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis mangelt. Auch eine teilweise Einstellung aufgrund einer konkludenten teilweisen Klagerücknahme ist nicht erfolgt. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr durch den Blick allein auf den ersten Ausgangsbescheid an die Klägerin zu 1) und die beiden Widerspruchsbescheide übersehen, dass auch über den Antrag auf Aufhebung des Bescheids vom 3. Mai 2013 eine Entscheidung ergehen muss.

II. Der Senat weist für die insoweit noch ausstehende Entscheidung des Verwaltungsgerichts darauf hin, dass die von den Klägern beantragte Aufhebung auch des zweiten Ausgangsbescheides vom 3. Mai 2013 an die Klägerin zu 1) als Anfechtungsklage zulässig sein dürfte. Es handelt sich nach seiner Auffassung nämlich auch bei diesem Schreiben der Beklagten um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 HVwVfG.

In dem zweiten Schreiben der Beklagten ist nicht lediglich eine rechtlich zulässige Wiederholung des bereits im Bescheid vom 25. April 2013 ausgeübten Vorkaufsrechts zu sehen, die keinen eigenständigen Regelungsgehalt besitzt. Unter einer wiederholenden Verfügung ist allein eine Entscheidung oder ein Hinweis auf eine bereits ergangene Entscheidung zu verstehen, ohne dass mit der Äußerung eine erneute Entscheidung ergeht. Ob ein Schreiben einer Behörde als zweiter Verwaltungsakt oder lediglich als wiederholende Verfügung anzusehen ist, bestimmt sich danach, ob und inwieweit die Behörde durch ihre Verlautbarung eine neue Sachentscheidung getroffen hat. Dies ist durch Auslegung des Bescheids zu ermitteln (BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 1 WB 33.15 -, juris Rdnr. 35). Dabei ist insbesondere auch der Inhalt eines etwaigen nachfolgenden Widerspruchsbescheids zu berücksichtigen. Denn darin wird dem Ausgangsbescheid gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO die maßgebliche Gestalt gegeben (Bayerischer VGH, Urteil vom 13. Oktober 2009 - 14 B 09.251 -, juris Rdnr. 19).

Hier spricht gegen die Annahme einer wiederholenden Verfügung bereits der Umstand, dass das unter dem späteren Datum verfasste, aber im Übrigen textgleiche Schreiben an die Klägerin zu 1) vom 3. Mai 2013 eine Rechtsmittelbelehrung enthält. Durch den Hinweis auf die Möglichkeit eines Widerspruchs gegen das Schreiben entstand nach dem objektiven Empfängerhorizont der Eindruck einer rechtlich erheblichen eigenständigen Regelung. Die Auslegung des Schreibens vom 3. Mai 2013 als selbstständiger Bescheid wird durch die Ausführungen der Beklagten in ihren Widerspruchsbescheiden vom 20. Mai 2014 bestätigt. Die Beklagte hat darin bei der Darstellung des Sachverhalts ausgeführt, dass sie ihr Vorkaufsrecht in den Bescheiden vom 25. April und vom 3. Mai 2013 ausgeübt habe. Dementsprechend hat sie auch bei der Würdigung der Rechtslage in den Widerspruchsbescheiden angenommen, dass mit beiden Bescheiden das Vorkaufsrecht ordnungsgemäß ausgeübt worden ist.

Offen bleiben kann für die Prüfung der Zulässigkeit der Anfechtungsklage, ob der zweite Ausgangsbescheid der Beklagten vom 3. Mai 2013 möglicherweise gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG nichtig ist. Zwar wäre in diesem Fall die Möglichkeit einer Nichtigkeitsfeststellungsklage gemäß § 43 VwGO eröffnet. Es ist in der Rechtsprechung jedoch allgemein anerkannt, dass diese Möglichkeit die Erhebung einer Anfechtungsklage gegen einen nichtigen Verwaltungsakt nicht ausschließt. Denn die Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes ist nur ein qualifizierter Fall der Rechtswidrigkeit (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.02.1994, - 1 S 2882/93 -; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 43 VwGO, Rdnr. 20 m.w.N.). Zudem kann ein nichtiger Verwaltungsakt den Anschein der Gültigkeit erwecken. Daher ist es für den Betroffenen oft kaum zu beurteilen, ob die Fehlerhaftigkeit eines Verwaltungsakts nur zur Anfechtbarkeit oder sogar zur Nichtigkeit führt (Sodan/Ziekow, a.a.O. § 42 Rdnr. 23).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen. Die Voraussetzungen für ein Zulassung gemäß §132 Abs. 2 VwGO liegen hier nicht vor.

Streitwertbeschluss:Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,-- € festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2 GKG. Der Senat bemisst den Streitwert für das Berufungsverfahren nach dem Auffangstreitwert. Denn der Sach- und Streitstand bietet für die Bestimmung der Bedeutung des Antrags der Beklagten im Berufungsverfahren keine genügenden Anhaltspunkte.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).