VG Köln, Beschluss vom 24.08.2018 - 20 L 1874/18
Fundstelle
openJur 2019, 31307
  • Rkr:
Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

2. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag,

die aufschiebende Wirkung der - noch zu erhebenden - Klage gegen die Untersagungsverfügung des Antragsgegners vom 22.08.2018 wiederherzustellen,

ist unbegründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht nach Anordnung der sofortigen Vollziehung belastender Verwaltungsakte die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise wiederherstellen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist geboten, wenn das Interesse des Antragstellers am Aufschub der Durchsetzung der angegriffenen Verfügung das öffentliche Interesse an ihrer sofortigen Vollziehung überwiegt. Vorliegend fällt bei Überprüfung der angegriffenen, auf § 15 Abs. 1 VersG gestützten Maßnahme die anzustellende Interessenabwägung auch unter Berücksichtigung der hohen Anforderungen, die an einen Eingriff in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu stellen sind, zu Lasten der Antragstellerin aus.

Bei ihrer Entscheidung orientiert sich die Kammer an den Grundsätzen, die das Bundesverfassungsgericht zur Inanspruchnahme des Grundrechts der Versammlungsfreiheit und zur Auslegung des § 15 VersG im Einzelnen ausgeführt hat, und zwar

insbesondere zu Versammlungsauflagen,

vgl. Beschluss vom 21.04.1998 - 1 BvR 2311/94 -, NVwZ 1998, 834; Beschluss vom 02.12.2005 - 1 BvQ 35/05 -, juris.

Dabei stellt die Kammer die vom Antragsgegner in der Antragserwiderung vom 24.08.2018 erhobenen Bedenken, ob es sich bei der von der Antragstellerin angemeldeten - und vom Antragsgegner als Versammlung bestätigten - Veranstaltung mit dem Thema "E. in NRW" angesichts ihrer konkret geplanten Ausgestaltung überhaupt um eine Versammlung im Sinne des Art. 8 GG bzw. § 1 Abs. 1 VersG handelt, oder eher um eine Partei-Informationsveranstaltung, zurück.

Die in Art. 8 GG gewährleistete Versammlungsfreiheit schließt das Recht ein, - u.a. - über den Ablauf sowie die für die Veranstaltung vorgesehenen Hilfsmittel selbst zu bestimmen.

Vorliegend hat der Antragsgegner die in der Versammlungsanmeldung aufgeführten 13 Hilfsmittel in der Versammlungsbestätigung vom 06.07.2018 nicht beanstandet, auf die mit Schreiben vom 20.08.2018 ergänzend angemeldeten 12 weiteren Hilfsmittel hin hat er mit dem angegriffenen Bescheid vom 22.08.2018 die Verwendung der gewünschten Hilfsmittel "3 Sofas, Tensatoren, Kühlschränke/-wagen, Teppich, Theke" untersagt.

Nach § 15 Abs. 1 VersG kann die zuständige Behörde Versammlungen und Aufzüge von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Dabei sind versammlungsrechtliche Auflagen ein Mittel, gefährdeten Rechtsgütern Dritter Rechnung zu tragen und praktische Konkordanz zwischen dem verfassungsrechtlich geschützten Gut der Versammlungsfreiheit sowie anderen, ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten und schutzbedürftigen Rechtsgütern herzustellen.

Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 03.11.2017 - 15 B 1371/17 -, juris.

Von Bedeutung ist dabei, ob durch die Auflage die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit beseitigt werden kann, ohne den durch das Zusammenspiel von Motto und geplantem Veranstaltungsort geprägten Charakter der Versammlung - ein Anliegen auch ggf. mit Blick auf Bezüge zu bestimmten Orten oder Einrichtungen am Wirksamsten zur Geltung zu bringen - erheblich zu verändern,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 09.05.2018 - 15 B 623/18 -,m.w.N.

Diesen Grundsätzen wird durch die hier ergangene Auflage, die das Verwenden der bezeichneten Gegenstände untersagt, nach der sich bietenden Aktenlage hinreichend Rechnung getragen.

Es ist nicht erkennbar, inwiefern die zusätzlich gewünschten Hilfsmittel "3 Sofas, Tensatoren, Kühlschränke/-wagen, Teppich, Theke" wesentlicher oder gar unabdingbarer Bestandteil der konkreten Veranstaltung am 25.08.2018 sein sollten. Die Antragstellerin ist nach Lage der Dinge nicht auf die Verwendung dieser Hilfsmittel angewiesen, um den kommunikativen Zweck ihrer Veranstaltung unter dem Motto "E. in NRW" möglichst öffentlichkeitswirksam zu verfolgen.

Ein Teppich, Sofas und Kühlschränke haben als zum Wohnen zu nutzende Gegenstände keinen unmittelbar oder untrennbar mit der Meinungsbildung und -äußerung verknüpften Symbolgehalt und sind daher keine notwendigen Hilfsmittel zur Durchführung der Versammlung.

Vgl. VG Frankfurt, Beschluss vom 06.08.2012 - 5 L 2558/12.F -; juris.

Soweit die Kühlschränke und der Kühlwagen dazu dienen sollen, die vorgesehenen Dosen mit Energydrinks, die von der anzusprechenden Klientel gerne konsumiert würden, zu kühlen, unterfällt das Bereitstellen von Verpflegung nicht dem Schutzbereich des Art. 8 GG. Das Bereithalten von gekühlten Energydrinks ist auch ersichtlich nicht - ausnahmsweise - zur Verwirklichung des Versammlungszwecks funktional oder symbolisch für die vorgesehene Meinungskundgabe wesensnotwendig.

Vgl. hierzu: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.08.2012 - OVG 1 S 108.12-; Bayerischer VGH, Beschluss vom 22.04.2012 - 10 CS 12.767 -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -; VG Würzburg, Urteil vom 14.03.2013 - W 5 K 12.555 -; VG Berlin, Beschluss vom 25..2011 - 1 L 282.11 -; sämtlich: juris.

Was die angemeldeten Tensatoren angeht, sollen diese dazu dienen, mit den Sofas zusammen eine möglichst abgeschlossene Räumlichkeit für Interviews zu bilden. Dies steht mit den Merkmalen und Grundsätzen einer öffentlichen, frei zugänglichen Versammlung unter freiem Himmel ersichtlich nicht in Einklang.

Schließlich ist auch die Untersagung der Verwendung einer - zusätzlichen - "Theke" nicht zu beanstanden, denn für das auszulegende Informationsmaterial steht der Antragstellerin der bereits am 26.04.2018 angemeldete Informationsstand zur Verfügung. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser für die Bereitstellung des vorgesehenen Informationsmaterials nicht ausreichend wäre. Hinzu kommt, dass unter dem von der Antragstellerin verwendeten Begriff "Theke" nach dem gängigen Sprachgebrauch ein Gegenstand zur Bereitstellung von Speisen und Getränken verstanden wird, was - wie ausgeführt - gerade nicht dem Schutzbereich des Art. 8 GG unterfällt.

Auf die ausführliche Begründung in dem angegriffenen Bescheid sowie auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Antragserwiderung vom 24.08.2018, denen die Kammer im Wesentlichen folgt, wird ergänzend Bezug genommen.

Nach alledem ist bei der vorzunehmenden Interessenabwägung vorliegend - auch unter Berücksichtigung der Kürze der dem Gericht für die Entscheidung verbleibenden Zeit - nicht festzustellen, dass der Antragsgegner beim Erlass des Bescheides vom 22.08.2018 keine hinreichende Rechtsgüterabwägung getroffen hätte und dadurch der Antragstellerin im Lichte des Art. 8 GG nicht hinnehmbare Nachteile erwachsen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 2 GKG und trägt der Tatsache Rechnung, dass die Entscheidung in der Hauptsache vorweggenommen wird.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.

Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) erfolgen.

Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, eingeht.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.

Die Beteiligten müssen sich bei der Einlegung und der Begründung der Beschwerde durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.

Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde eingelegt werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Die Beschwerde ist schriftlich, zur Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen.

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.

Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.

Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte