LG Mönchengladbach, Teilurteil vom 16.02.2016 - 3 O 309/14
Fundstelle
openJur 2019, 31128
  • Rkr:
Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, die Richtigkeit und Vollständigkeit der von ihm durch Vorlage der Jahresabschlüsse für die Jahre 2009 und 2010 erteilten Auskünfte über die Umsätze, Erträge und Gewinne, die er aus dem Betrieb seiner unter der Anschrift ...ansässigen Steuerberaterpraxis in der Zeit vom 1.8.2009 bis 31.10.2010 erzielt hat, an Eides statt zu versichern.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt auf der zweiten Stufe einer Stufenklage von dem Beklagten die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung über die Vollständigkeit und Richtigkeit der von ihm erteilten Auskunft.

Der Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Steuerberaters ... (im Folgenden: Erblasser).

Im Februar 2009 schlossen der Erblasser als Verkäufer und der Beklagte als Käufer einen Praxisübertragungsvertrag bezüglich der Steuerberatungspraxis des Erblassers, welche dieser unter der Adresse ...betrieb. Der zwischen den Parteien vereinbarte Kaufpreis wurde von dem Beklagten in der Folgezeit nur teilweise bezahlt.

Auf der ersten Stufe hat die Klägerin von dem Beklagten Auskunft verlangt über die Umsätze, Erträge und Gewinne, die der Beklagte aus dem Betrieb der streitgegenständlichen Steuerberaterpraxis in der Zeit vom 1.8.2009 bis zum 1.8.2013 erzielt hat. Durch Teilurteil der Kammer vom 2.6.2015 ist der Beklagte verurteilt worden, der Klägerin Auskunft zu erteilen durch Vorlage der Jahresabschlüsse für die Jahre 2009 und 2010. Der Beklagte hat der Klägerin eine Gewinnermittlung für das Jahr 2009 vorgelegt, welche mit einem Verlust von 45.618,82 EUR schließt sowie eine Gewinnermittlung für das Jahr 2010, die einen Verlust von 11.967,98 EUR ausweist.

Die Klägerin ist der Ansicht, es bestehe Grund zu der Annahme, dass die in den Gewinnermittlungen erteilten Angaben von dem Beklagten nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden seien. So seien zunächst von dem Beklagten die Kontennachweise nicht beigefügt worden. Zudem blieben die Betriebseinnahmen des Beklagten in den Jahren 2009 und 2010 erheblich hinter den Betriebseinnahmen des Erblassers in den Vorjahren zurück. Auch seien die Angaben zu den Personalkosten und den Kfz-Kosten nicht glaubhaft, da die sich daraus ergebenden Kostenquoten zu hoch seien. Schließlich habe der Beklagte eine denknotwendige Steuer-Erstattung in Höhe von 11.004,79 EUR für das Jahr 2009 in der Gewinnermittlung für das Jahr 2010 nicht angegeben.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, die Richtigkeit und Vollständigkeit der von ihm durch Vorlage der Jahresabschlüsse für die Jahre 2009 und 2010 erteilten Auskünfte über die Umsätze, Erträge und Gewinne, die er aus dem Betrieb seiner unter der Anschrift ... ansässigen Steuerberaterpraxis in der Zeit vom 1.8.2009 bis 31.10.2010 erzielt hat, an Eides statt zu versichern.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass seine Jahresabschlüsse nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt worden seien. Die Auskunft sei vollständig und zutreffend erteilt worden. Kostennachweise seien nicht Bestandteil des Jahresabschlusses eines Steuerberaters. Nach Übernahme der Praxis von dem Erblasser seien die Einnahmen der Steuerberaterpraxis tatsächlich gesunken. Der Grund hierfür könne etwa in der massiven Abwerbung des Erblassers liegen, in der bei jedem Inhaberwechsel erfolgenden Abwanderung von Mandanten oder auch darin, dass der Beklagte den Standort Mönchengladbach weniger intensiv betreut habe als der Erblasser es seinerzeit getan habe.

Zudem behauptet der Beklagte, die Umsatzsteuererstattung für das Jahr 2009 in Höhe von 11.004,79 EUR sei erst im Jahre 2011 erfolgt.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Der Antrag der Klägerin ist als zweite Stufe der anhängigen Stufenklage zulässig und begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung aus §§ 242, 259 Abs. 2 BGB. Es besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Auskunft des Beklagten erteilten Angaben nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erfolgten. Dies folgt aus dem Gesamtverhalten des Beklagten, welches hier maßgeblich ist (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 74. Aufl. 2015, § 259, Rn. 13).

Vorliegend ergibt sich ein hinreichender Verdachtsgrund allerdings nicht schon aus der vom Beklagten erteilten Auskunft selbst.

Zwar hat die Klägerin vorliegend eine Vielzahl von Argumenten dafür vorgetragen, dass die Angaben des Beklagten unzutreffend oder zumindest unvollständig seien. Die Richtigkeit des klägerischen Vortrags unterstellt lässt dies allein jedoch noch nicht den Schluss auf eine mangelnde Sorgfalt des Beklagten zu.

Ein Verdachtsgrund kann aber auch - wie hier - auf anderen Umständen beruhen, wie z.B. auf einer früheren Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit von Informationen des Verpflichteten oder auf der vorangegangenen grundlosen Weigerung, überhaupt Rechnung zu legen oder dem Versuch, eine Rechnungslegung zu verhindern oder zu verzögern, ferner auf einer mehrfach berichtigten Rechnungslegung oder auf einem hartnäckigen Bestreiten jedweden Zahlungsanspruchs (MüKo-Krüger, BGB, 7. Auflage 2016, § 259, Rn. 39 - zitiert nach beckonline).

Vorliegend ergibt sich der erforderliche Verdacht aus dem fortwährenden Bemühen des Beklagten, die Ansprüche der Klägerin als nicht vorhanden hinzustellen, aus seiner unberechtigten Weigerung, Auskunft zu erteilen (vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 1993, 1483 - zitiert nach juris) sowie aus seiner nachdrücklichen Weigerung, die Richtigkeit und Vollständigkeit der von ihm erteilten Auskünfte an Eides statt zu versichern.

Hinzu kommt vorliegend der Umstand, dass nach Auskunft des Beklagten ein Zahlungsanspruch gegen ihn bereits deshalb keine Aussicht auf Erfolg hat, weil er in den Jahren 2009 und 2010 einen finanziellen Verlust erlitten hat und somit ein erlangtes Etwas im Sinne des § 812 BGB nicht vorliegt. Hierauf hat der Beklagte jedoch zu keinem Zeitpunkt während der seit dem Jahr 2010 zwischen den Parteien anhängigen Rechtsstreitigkeiten hingewiesen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.