LG Dortmund, Urteil vom 28.08.2019 - 10 O 11/19
Fundstelle
openJur 2019, 31084
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist ein Verein zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs.

Die Beklagte, welche den Einzelhandel mit Möbeln und Einrichtungsgegenständen, hierunter auch Küchengerät, betreibt, bewarb mit ihrer vom 9.03. bis zum 13.03.2019 gültigen Werbepost (Anl. 4 zur Klageschrift, Bl. 38 der Akten) unter anderem ein Topfset aus Aluguss zum herabgesetzten Preis von 49,99 € (siehe die Anlage zu diesem Urteil). Die zu dem Topfset gehörende abgebildete Bratpfanne hat einen Durchmesser (gemessen am Pfannenrand) von 24 cm. Angaben zu dem Durchmesser oder dem Fassungsvermögen der Pfanne und der Töpfe finden sich in der Werbeanzeige nicht.

Der Kläger, der die Werbung für wettbewerbswidrig hält, weil sie dem Verbraucher nötige wesentliche Informationen vorenthalte und damit gegen § 5a Abs. 2 und 3 UWG verstoße, mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 13.03.2019 ab. Die Beklagte wies die Abmahnung mit Schreiben vom 19.03.2019 zurück.

Der Kläger wendet sich dagegen, dass sich in der Werbung der Beklagten keine näheren Angaben zur Größe der beworbenen Töpfe und Pfannen befinden. Damit fehle jedoch eine wesentliche Information für den angesprochenen Verbraucher. Die Größe der Töpfe und Pfannen sei wesentlich für ihren Einsatzbereich, insbesondere für die Frage, für welchen Haushalt mit wie vielen Personen die Töpfe und Pfannen geeignet sein. Angesprochen durch die Werbung würden auch Familien mit 3, 4 oder 5 Personen.

Bei Töpfen und Pfannen würde üblicherweise von Konkurrenzanbietern der Topfbzw. Pfannendurchmesser angegeben. Denn von der Größe der beworbenen Töpfe und Pfannen hänge deren Einsetzbarkeit maßgeblich ab.

Hinzu komme, dass die in dem Topfset enthaltene Pfanne lediglich einen Durchmesser von nur 24 cm habe, wohingegen die Standardpfannengröße 28 cm betrage.

Da die Beklagte tatsächlich nur eine kleinere Pfanne anbiete, könne man angesichts der Produktabbildung in der streitgegenständlichen Werbung sogar zur Annahme einer aktiven Irreführung im Sinne des §§ 5 UWG gelangen, zumal der Verbraucher bei seiner Bewertung des Angebotes auch die übrigen abgebildeten Töpfe in Relation zu dieser zwanglos als Pfanne in der Standardgröße 28 cm verstehen würde und damit auch bezüglich dieser übrigen Töpfe damit eine höhere Größe annehmen werde, als sie tatsächlich gegeben sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen,

gegenüber Verbrauchern wie aus der Anlage zu diesem Urteil wiedergegeben für ein Topfset zu werben ohne nähere Angaben zur Größe der angebotenen Pfannen und/oder Töpfe zu machen.

Der Kläger beantragt ferner,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 208,25 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, ein Wettbewerbsverstoß liege nicht vor.

Es handele sich bei dem Topfset ersichtlich um eine Grundausstattung, geeignet, die unterschiedlichsten Anforderungen an die Zubereitung gängiger Speisen und Mengen zu erfüllen. Die wesentlichen Produkteigenschaften seien angegeben worden, wobei die Größen und Größenverhältnisse aus der Abbildung erkennbar gewesen seien.

Im Bereich von Töpfen und Pfannen existierten keine Normgrößen, demgemäß auch keine "Standardgrößen".

Es existiere auch keine gängige Praxis der Angabe zur Größe von Töpfen und Pfannen, aus der sich eine bestimmte Erwartungshaltung der Verbraucher herleiten ließe.

Da der Pfannendurchmesser bei kreisrunden Pfannen immer von einer Oberkante der Pfanne zur anderen Oberkante der Pfanne gemessen werde, entspreche dies nicht dem Durchmesser des Pfannenspiegels (Pfannenboden). Von dem Durchmesser des Pfannenspiegels sei aber abhängig, wie viel Bratgut die Pfanne aufnehmen könne und für welche Kochfeldgröße sie passe. Die Einsetzbarkeit von Töpfen und Pfannen sei daher insbesondere auch von der Größe des Pfannenbodens und dem Volumen abhängig. Angaben zum Durchmesser des Pfannenbodens oder Angaben zum Fassungsvermögen in Literangaben oder Kubikzentimetern erfolgten jedoch von keinem Anbieter.

Angebote von Grundausstattungen bzw. Einsteiger-Sets richteten sich insbesondere an junge Haushalte, mithin in aller Regel Single- oder 2- Personen- Haushalte, wobei der Anteil an Single- Haushalten in der Gesamtbevölkerung im Schnitt bei 40 % liege. Hieraus ergebe sich, dass es sich bei den Größen der abgebildeten und beworbenen Töpfe und Pfannen um für diese Verbraucherbedürfnisse zugeschnittene gängige und für einen Querschnitt von Einsatzzwecken geeignete Topfund Pfannengrößen handele. Dies sei ohne weiteres aus der Abbildung und Produktbeschreibung erkennbar, auch ohne die Angabe der Durchmesser.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu, so dass die Klage insgesamt, auch hinsichtlich des Zahlungsantrages, abzuweisen ist.

I.

Die Beklagte hat bei der Bewerbung des Topfsets nicht gegen § 5a Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 1 UWG verstoßen, indem sie keine Angaben zu der Größe der Töpfe/Pfannen machte.

1.

Der Kläger hat auf Nachfrage klargestellt, dass für ihn offen sei, in welcher Form die Angaben zur "Größe" zu erfolgen hätten, die Angaben könnten z.B. auch durch eine Literangabe bezüglich des Fassungsvermögen oder durch die Angabe des Durchmessers in Zentimetern erfolgen.

2.

Eine Größenangabe in dem vorgenannten Sinne stellt kein wesentliches Merkmal des in der Werbepost angebotenen Topfsets dar.

Die Frage, ob es sich um ein wesentliches Merkmal handelt, ist vorliegend nach den Vorgaben des § 5a Abs. 2 UWG, mit dem die in Art. 7 Abs. 1 und 3 UGP-RL enthaltenen Regelungen in deutsches Recht umgesetzt worden sind, anhand der Umstände des Angebots, der Beschaffenheit und der Merkmale des Produkts sowie des verwendeten Kommunikationsmediums zu beurteilen. Unter Berücksichtigung der Umstände der Aufforderung zum Kauf, des verwendeten Kommunikationsmediums sowie der Beschaffenheit und der Merkmale des Produkts ist zu beurteilen, ob der Verbraucher in die Lage versetzt wird, eine informationsgeleitete geschäftliche Entscheidung zu treffen, wenn nur bestimmte das Produkt kennzeichnende Merkmale genannt werden (BGH GRUR 2014, 584; OLG Karlsruhe GRUR-RR 2019,166). Wesentliche Merkmale der Ware im Sinne von § 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG sind Eigenschaften des Produkts, hinsichtlich derer ein Durchschnittsverbraucher eine Information billigerweise erwarten darf, um eine informierte Entscheidung treffen zu können. Damit wird der Grundsatz konkretisiert, wonach eine Information wesentlich ist, wenn ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und ihr für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers ein erhebliches Gewicht zukommt (BGH GRUR 2017,295; OLG Karlsruhe a.a.O.). Bei der Beurteilung spielen die Komplexität, der Verwendungszweck, die Erklärungsbedürftigkeit und auch der Preis eines Produkts eine wichtige Rolle. So kann bei Alltagsprodukten die Bezeichnung oder die Abbildung des Produktes ausreichen, nicht aber bei komplexen Waren wie Kraftfahrzeugen oder Einbauküchen (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 5a, Rn. 4.23).

Dabei ist auf den Erwartungs- und Verständnishorizont des Durchschnittsverbrauchers abzustellen (BGH GRUR 2016, 1076; OLG Karlsruhe a.a.O.).

An Vorstehendem gemessen erweist sich die Forderung nach der Größenangabe für die vorliegende Konstellation als zu weitgehend. Nach dem maßgeblichen (BGH GRUR 2016, 1076; OLG Karlsruhe a.a.O.) Erwartungs- und Verständnishorizont eines Durchschnittsverbrauchers kommt der Angabe der Größe der einzelnen Töpfe und Pfannen, in welcher Dimensionierung auch immer, kein erhebliches Gewicht im vorgenannten Sinne zu.

Im Vordergrund steht für den Verbraucher, dass er ein umfängliches Kochgeschirr zu einem ersichtlich günstigen Preis erwerben kann. Dementsprechend relativiert sich schon das Interesse an den Angaben zu den einzelnen Töpfen und Pfannen.

Der Verbraucher kann zudem bereits anhand der Abbildung erkennen, dass er eine Bratpfanne in einer gebräuchlichen Größe und Töpfe verschiedener gebräuchlicher Größen erwirbt. Es ist nicht zu erwarten, dass einer darüber hinausgehenden Angabe der jeweiligen Größen für die Entscheidung des Verbrauchers noch erhebliches Gewicht zukommt.

Das Gericht verkennt dabei nicht, dass ein Durchmesser von 28 cm teilweise in Artikeln im Internet als "Standardgröße" für Bratpfannen angesehen wird. Dabei kann allerdings offenbleiben, was ein Verbraucher regelmäßig als "Standardgröße" ansieht und welche Bedeutung dem Begriff "Standard" in diesem Zusammenhang überhaupt zukommt. Denn maßgeblich ist nach Auffassung des Gerichts, ob aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise eine gebräuchliche, mithin allgemein übliche und gängige Pfannengröße gegeben ist. Dass auch eine Bratpfanne mit einem Durchmesser von 24 cm noch eine solche gebräuchliche Größe aufweist, vermag die Kammer, deren Vorsitzender zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählt, aus eigener Anschauung (vgl. OLG Hamm MMR 2015,811) zu beurteilen.

Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn es sich um eine "Mini-Pfanne" handeln würde, wie in der von dem Kläger mit der Anl. 9 zum Schriftsatz vom 26.06.2019 überreichten Werbung. Eine solche ersichtlich nicht allgemein übliche Größe bedarf näherer Angaben.

Bei alledem ist zu berücksichtigen, dass ohnehin in einer Print-Werbepost nicht alle Informationen erwartet werden können, die für die Einordnung eines Topfsets von Bedeutung sein könnten. Denkbar wären insofern die Marke der Töpfe und Pfannen, die Stärke der Böden, das Material (auch der Griffe), die Kompatibilität mit den Herdarten (insbesondere Induktionsgeeignetheit), die Eignung für die Zubereitung bestimmter Speisen, Möglichkeiten zur Reinigung (Geschirrspülergeeignetheit). Diese Vielzahl von Angaben wird ein Verbraucher nicht bereits in einem Werbeprospekt erwarten, mit dem ein niederpreisiges Topfset beworben wird.

Anderes könnte sich dann ergeben, wenn sich bereits eine bestimmte Übung herausgebildet hätte, bei der Bewerbung von Topfsets in Werbeprospekten stets die Größen der jeweiligen Töpfe und Pfannen anzugeben. Denn dann könnte ein Verbraucher berechtigterweise erwarten, dass diese Angaben erfolgen. Eine solche Übung kann indes nicht festgestellt werden. Sowohl der Kläger (Anlage 9 zum Schriftsatz vom 26.06.2019, Bl. 102 der Akten, und Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.08.2019, Bl. 116 der Akten) als auch die Beklagte (Anl. B1 zur Klageerwiderung vom 22.05.2019, Bl. 60 ff.) haben im Hinblick auf diese Fragestellung Prospekte vorgelegt. Danach sind in den Printwerbungen teilweise Angaben zu den Durchmessern der Töpfe und Pfannen gemacht worden, teilweise aber auch nicht.

II.

Soweit der Kläger noch die Möglichkeit der Annahme einer aktiven Täuschung aufgezeigt hat, wonach der Verbraucher die Pfanne als eine solche der Standardgröße 28 cm verstehen und damit auch bezüglich der übrigen Töpfe damit eine höhere Größe annehmen werde, als sie tatsächlich gegeben sei, kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Es kann schon nicht festgestellt werden, dass ein Verbraucher die Abbildung der Pfanne dahin interpretieren wird, dass diese einen Durchmesser von 28 cm habe und er deshalb auch die Größe der Töpfe falsch einschätzen würde.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.