FG Düsseldorf, Urteil vom 01.02.2019 - 3 K 2466/18 F
Fundstelle
openJur 2019, 31012
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Streitig ist, ob im Jahr 2012 (Streitjahr) ein Betrag in Höhe von 4.246,00 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen ist.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), an der A mit 24 % und B mit 76 % beteiligt sind. Die Klägerin erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Der Überschuss wird durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt.

Im Jahr 2008 schaffte die Klägerin für ihr Vermietungsobjekt Geräte für 42.455,35 € netto an. Diese wurden im Dezember 2008 in die Immobilie eingebaut und der Gesellschaft am 29.12.2008 in Rechnung gestellt. Die Rechnung wurde am 13.01.2009 bezahlt.

In der Feststellungserklärung für den Veranlagungszeitraum 2009 behandelte die Klägerin die Netto-Anschaffungskosten als sofort abzugsfähigen Aufwand und machte hierfür Werbungskosten in Höhe von 42.455,35 € geltend. Daneben wurden die eingebauten Geräte in ein Verzeichnis aufgenommen und im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA) zusätzlich über einen Zeitraum von zehn Jahren abgeschrieben. Im Jahr 2008 machte die Klägerin diesbezüglich 354,00 € und in den Folgejahren jeweils 4.245,00 € geltend. Die letzte Abschreibungsrate im Jahr 2018 beträgt nach dieser Berechnung 3.887,00 €.

Die Feststellung der Einkünfte im Jahr 2009 erfolgte erklärungsgemäß. Neben dem Werbungskostenabzug in Höhe von 42.455,35 € wurde ein Betrag in Höhe von 4.246,00 € als Werbungskosten im Wege der AfA berücksichtigt. Im Rahmen einer diesen Veranlagungszeitraum betreffenden Betriebsprüfung bestand zwischen den Beteiligten Einigkeit, dass der Abzug der streitgegenständlichen Anschaffungskosten im Wege der Abschreibung über einen Zeitraum von zehn Jahren vorzunehmen sei. Der erfolgte Sofortabzug sollte insoweit rückgängig gemacht werden. Eine Änderung dieses Bescheides unterblieb in der Folgezeit jedoch. Aufgrund zwischenzeitlich eingetretener Festsetzungsverjährung kann der Bescheid für das Jahr 2009 mittlerweile unstreitig nicht mehr geändert werden.

Für das Streitjahr wurden - wie von der Klägerin in der Feststellungserklärung beantragt - zunächst 4.246,00 € als Werbungskosten (AfA) für die im Jahr 2008 angeschafften Geräte berücksichtigt. Der entsprechende Bescheid vom 06.11.2013 erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Mit Bescheid vom 02.02.2017 änderte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen und erhöhte diese um 42.455,00 €. Diese Änderung stützte er auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) und hob zugleich den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Einspruch vom 09.02.2017. Diesen wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 08.08.2018 unter Änderung des Bescheides vom 02.02.2017 als unbegründet zurück und stellte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von nunmehr 58.527,00 € fest. Der Beklagte machte hierbei die zuvor vorgenommene Gewinnerhöhung um 42.455,00 € rückgängig und kürzte im Gegenzug die Werbungskosten um die bisher in den Einkünften enthaltene AfA in Höhe von 4.246,00 €.

Hiergegen richtet sich die Klägerin mit ihrer am 31.08.2018 erhobenen Klage.

Sie ist der Auffassung, dass die fehlerhafte Berücksichtigung der Anschaffungskosten für die Geräte nur im Feststellungsbescheid 2009 korrigiert werden könne. Da dieser wegen der eingetreten Feststellungsverjährung nicht mehr geändert werden könne, käme eine Korrektur der irrtümlich erfolgten Sofortabschreibung nicht in Betracht. Durch die nicht mehr mögliche Änderung könne letztlich auch der fehlerhafte Ansatz der Geräte nicht mehr berichtigt werden. Da die Abschreibungen auf die Geräte ordnungsgemäß verrechnet wären, seien diese nicht zu berichtigen. Die fehlerhaft nicht erfolgte Korrektur des Feststellungsbescheides für 2009 könne nicht dazu führen, dass die ihr zustehende AfA nicht gewährt würde. Es gebe keine rechtliche Möglichkeit, einen Fehler, der erkannt war und hätte beseitigt werden können, nachträglich durch die Kürzung der Abschreibungsbemessungsgrundlage bzw. der Anschaffungskosten zu beseitigen. Anschaffungskosten, AfA-Bemessungsgrundlage, Abschreibungsverlauf und die Höhe der AfA seien nicht zu beanstanden; mithin gäbe es auch keine überhöhten Abschreibungen und damit auch keinen Änderungsgrund. Die vom Beklagten angeführten Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) seien zudem nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. In diesen sei der Abschreibungsverlauf nicht ordnungsgemäß gewesen, was aber auf den vorliegenden Fall nicht zuträfe.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2012 vom 02.02.2017, nunmehr in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.08.2018, aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, dass im Hinblick auf den im Jahr 2009 vorgenommenen Sofortabzug der Aufwendungen für die Geräte keine weitere Abschreibung mehr gewährt werden könne. Durch den Sofortabzug der Anschaffungskosten sei bereits seit dem Jahr 2009 kein Abschreibungsvolumen mehr vorhanden. Im Falle der vollständigen Abschreibung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes in der Vergangenheit und dem Verbrauch des zur Verfügung stehenden Abschreibungsvolumens käme eine weitergehende Inanspruchnahme von AfA - unabhängig von der gewählten Methode und der Tatsache, ob die Abschreibung fehlerhaft oder zutreffend gewesen sei - nicht in Betracht. Dieser Grundsatz ergebe sich aus den Formulierungen und der Systematik der steuerlichen Vorschriften über die Absetzung für Abnutzung und Substanzverringerung. Ein Steuerpflichtiger könne in keinem Fall höhere Beträge abschreiben, als er selbst an Anschaffungs- oder Herstellungskosten geleistet habe. Dies folge auch aus dem Sinn und Zweck der steuerlichen Vorschriften über die Absetzung für Abnutzung und Substanzverringerung. Insofern solle bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern der mit einer Einkunftsart zusammenhängende Aufwand, der sich grundsätzlich schon im Zeitpunkt der Verausgabung überschussmindernd auswirkt, über den voraussichtlichen Nutzungszeitraum verteilt werden. Verteilt werden könne aber nur derjenige Aufwand, der auch tatsächlich angefallen sei und der den Steuerpflichtigen tatsächlich wirtschaftlich belastet habe. In gleichem Maße seien auch sofort abziehbare Aufwendungen nur einmal steuermindernd geltend zu machen. Die Anwendung der lediglich auf Aufwandsverteilung angelegten AfA-Vorschriften dürfe im Ergebnis nicht zu einer Aufwandsmehrung führen. Dies ergebe sich nicht zuletzt auch aus dem Prinzip einer Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und dem daraus abzuleitenden objektiven Nettoprinzip sowie aus dem Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid ist formell und materiell rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Zu Recht wurde die AfA in Höhe von 4.246,00 € nicht als Werbungkosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.

Die Berücksichtigung der von den Klägern geltend gemachten AfA scheitert am Vorliegen eines Restbuchwertes. Denn ein Restbuchwert der im Jahr 2008 angeschafften Geräte war nicht mehr vorhanden, nachdem die Anschaffungskosten der Geräte im Jahr 2009 unstreitig bereits in voller Höhe steuermindernd berücksichtigt wurden. Ohne verbliebenes Abschreibungsvolumen kann AfA jedoch nicht geltend gemacht werden.

Wie sich aus § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG ergibt, wird das Abschreibungsvolumen durch die Anschaffungskosten bestimmt. Der BFH hat dementsprechend entschieden, dass eine Berücksichtigung von AfA-Beträgen nicht erfolgen kann, wenn die geltend gemachten Beträge insgesamt über die angefallenen Herstellungskosten hinausgehen. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn bei von Beginn an zutreffendem Ansatz der AfA-Beträge im Streitjahr noch ein grds. abzuschreibender Restwert geblieben wäre. Denn zu Unrecht überhöht vorgenommene AfA, die verfahrensrechtlich nicht mehr berichtigt werden kann, führt nicht dazu, dass sich im Ergebnis das AfA-Volumen erhöht (BFH, Urteil vom 21.11.2013 IX R 12/13, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 2014, 563 mit Verweis auf BFH, Urteile vom 04.05.1981 VIII R 14/90, BStBl. II 1993, 661 und vom 11.12.1987 III R 266/83, BStBl. II 1988, 335).

Auch wenn den vom BFH entschiedenen Fälle die Frage der Korrektur einer überhöhten AfA zugrunde lag, müssen die vom BFH aufgestellten Grundsätze erst recht für den Fall gelten, dass die Anschaffungskosten bereits in vollem Umfang als Werbungskosten berücksichtigt worden sind. Denn der sofortige Abzug von Aufwendungen stellt insofern eine maximal erhöhte Abschreibung dar.

Der Beklagte war unstreitig auch verfahrensrechtlich befugt, den angefochtenen Änderungsbescheid zu erlassen. Dies folgt aus § 164 Abs. 2 Satz 1 AO. Denn der Feststellungsbescheid vom 06.11.2013 wurde unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Satz 1 AO erlassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.