FG Düsseldorf, Urteil vom 10.03.2017 - 1 K 3509/14 KV
Fundstelle
openJur 2019, 30994
  • Rkr:
Tenor

Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 12.08.2014 in Gestalt der

Einspruchsentscheidung vom 02.10.2014 wird - soweit noch streitbefangen - aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Beklagten mit der sie als Drittschuldnerin in Anspruch genommen wurde.

Die Klägerin ist die Registrierungsstelle für Domains unterhalb der Top Level Domain ".de", d. h. sie verwaltet und betreibt alle Domains mit der Endung ".de" und nimmt alle damit zusammenhängenden Aufgaben war. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Statut (vgl. Blatt 109 ff der GA), die Domainrichtlinien (Blatt 120 ff der Gerichtsakte) und die Domainbedingungen der Klägerin (Blatt 124 ff der Gerichtsakte) verwiesen.

Aufgrund rückständiger Steuern und steuerlicher Nebenleistungen des Vollstreckungsschuldners ...V in Höhe von insgesamt ... EUR, die nach Angaben des Beklagten auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht erloschen waren, erließ der Beklagte am 12.08.2014 eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung gegenüber der Klägerin als Drittschuldnerin. Wegen dieses Anspruchs wurden gemäß § 309 ff AO gepfändet:

"Der Anspruch auf Aufrechterhaltung der Registrierung als Hauptanspruch aus dem Registrierungsvertrages mit [der Klägerin] und alle weiteren sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenen Nebenansprüche. Die dem Vollstreckungsschuldner gegenwärtig und zukünftig gegen Sie (Anm.: Klägerin) zustehenden Ansprüche, Forderungen und Rechte aus folgenden Domains:

.de

.de

.com

.net

.net

.net

.com

.de

.de

.de

com

.de

.com

.de"

In der Verfügung heißt es weiter:

"Sie dürfen, soweit die Ansprüche, Forderungen und Rechte gepfändet sind, nicht mehr an den Vollstreckungsschuldner leisten.

Der Vollstreckungsschuldner hat sich jeder Verfügung über die Ansprüche, Forderungen und Rechte, soweit sie gepfändet sind, insbesondere ihrer Einziehung zu enthalten."

Des Weiteren wurde die Einziehung der gepfändeten Ansprüche, Forderungen und Rechte in Höhe des von dem Vollstreckungsschuldner geschuldeten Betrages angeordnet (Einziehungsverfügung § 314 AO).

Die Klägerin wurde zudem gebeten, binnen zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung dem Finanzamt eine Drittschuldnererklärung im Sinne von § 316 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AO abzugeben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Pfändungsverfügung vom 12.08.2014 (Erhebungsakte) und auf Blatt 4-6 der GA verwiesen.

Die Verfügung wurde der Klägerin am 15.08.2014 zugestellt (vgl. Zustellungsurkunde in Erhebungsakte). Der Vollstreckungsschuldner erhielt mit Schreiben vom 18.08.2014 eine Abschrift der Verfügung.

Gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 12.08.2014 legte die Klägerin Einspruch ein. Sie war der Ansicht, dass die Verfügung bereits unwirksam sei, weil diese nicht dem Schuldner zugestellt worden sei. Die Verfügung sei rechtswidrig, weil sie die tragenden Rechtsvorschriften nicht hinreichend genau bezeichne. Weiterhin betreffe die Verfügung eine Reihe von Domains, die bei der Klägerin weder registriert seien noch registriert seien könnten (Endung: ".com" und ".net"). Im Hinblick auf jene Domains, die bei der Klägerin registriert seien könnten (Endung: ".de"), sei die Verfügung rechtswidrig, denn bei der Zwangsvollstreckung in solche Domains sei die Klägerin tatsächlich nicht Drittschuldnerin und könne daher auch nicht Adressatin einer Pfändungsverfügung sein.

Mit Einspruchsentscheidung vom 02.10.2014 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zwar könne der Argumentation der Klägerin insoweit gefolgt werden, dass sie hinsichtlich der .com- und .net-Domains nicht als Drittschuldnerin in Betracht komme. Insoweit müsse die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 12.08.2014 dahingehend ausgelegt werden, als dass sie Ansprüche, Forderungen und Rechte aus den bereits registrierten Domains: ".de", ".de" und .de" erfasse, die dem Vollstreckungsschuldner aus der Registrierung gegen die Klägerin zustünden. Die schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Inhaber einer Internet-Domain gegenüber der Klägerin zustünden, seien ein Vermögensrecht im Sinne von § 857 Abs. 1 ZPO. Insoweit erfolge eine Pfändung grundsätzlich nach § 321 Abs. 1 AO. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung seien vorliegend erfüllt. Die Klägerin sei auch Drittschuldnerin. Damit der Vollstreckungsschuldner seine Rechte aus dem Registrierungsvertrag ausüben könne, sei zumindest die Aufrechterhaltung der Domainregistrierung durch die Klägerin erforderlich.

Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren.

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 12.08.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.10.2014 insoweit aufgehoben, als Ansprüche auf Aufrechterhaltung der Registrierung als Hauptanspruch aus dem Registrierungsvertrag mit [der Klägerin] und alle weiteren sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenden Nebenansprüche hinsichtlich folgender Domains gepfändet worden sind:

.com

.net

.net

.net

com

com

.com

Das Verfahren wegen Pfändungs- und Einziehungsverfügung hinsichtlich der vorgenannten Domains ist abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 1 K 664/17 KV fortgeführt worden. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit 1 K 664/17 KV übereinstimmend für erledigt erklärt. Zu der nach Abtrennung verbleiben Pfändungs- und Einziehungsverfügung hinsichtlich der schuldrechtlichen Ansprüche bezüglich der dort genannten Domains mit der Endung ".de" trägt die Klägerin vor:

Die Verfügung sei in mehrfacher Hinsicht sowohl formell als auch materiell rechtswidrig.

In formeller Hinsicht verstoße die Verfügung vom 12.08.2014 gegen das Bestimmtheitsgebot nach §109 Abs. 1 i.V.m. §§ 309 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. 321 Abs. 1 Satz 1 AO. Das Leistungsverbot sei gegenüber der Klägerin nicht hinreichend bestimmt. So werde beispielsweise angeordnet, die Klägerin dürfe auf die gepfändeten Ansprüche nicht mehr leisten, wobei der Hauptanspruch auf Aufrechterhaltung der Registrierung gerichtet sein solle. Das Leistungsverbot bedeute demnach, dass die Klägerin die Aufrechterhaltung der Registrierung nicht fortführen dürfe, umgekehrt also die Registrierung beseitigen müsse. Eine Domain, die nicht mehr registriert sei, könne jederzeit für eine andere Person registriert werden, was die Vernichtung des gepfändeten Anspruchs zur Folge habe. Diese unsinnige Anordnung, nicht an den Vollstreckungsschuldner leisten zu dürfen, könne vom Beklagten nicht uminterpretiert werden. Die "Lebensfremdheit" der eindeutigen Anordnung ziehe ihre Rechtswidrigkeit nach sich. Bei der angefochtenen Erklärung handle es sich um eine Erklärung der Steuerverwaltung gegenüber einem dem staatlichen Zugriff unterworfenen Bürger in einem formalisierten Verfahren. Bereits wegen der Förmlichkeit des Verfahrens, aber auch wegen des Gesetzesvorbehaltes bei entsprechend schweren Grundrechtseingriffen verbleibe für den Beklagten keinen Raum, die Verfügung gegen ihren Wortlaut zu Lasten des Bürgers auszulegen. Dies gelte umso mehr, weil auf einen Dritten zugegriffen werde, der im Übrigen am Verfahren unbeteiligt sei. Die Zweckwidrigkeit des ausgesprochenen Leistungsverbots lasse sich auch nicht mit der Überlegung des Beklagten in der Klageerwiderung retten, es sei der Klägerin nicht verboten zu leisten, sondern es sei ihr nur verboten, an den Vollstreckungsschuldner zu leisten. Hierfür biete das Gesetz keinerlei Ansatzpunkte. Offenbar habe der Beklagte die Zweckwidrigkeit und Sinnwidrigkeit des von ihm ausgesprochenen Leistungsverbots erkannt, da er den - im Übrigen unzulässigen und untauglichen - Versuch unternehme, es "geltungserhaltend" auf ein Verfügungs- und Übertragungsverbot zu "reduzieren". Der Beklagte ordne in verfassungswidriger Weise an, die Registrierung selbstverständlich aufrecht zu erhalten bzw. dass die Klägerin nicht über die gepfändeten Ansprüche verfügen können solle. Hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit werde auf die Ausführungen des BVerfG in dem Beschluss vom 11.07.2014 2 BvR 2116/11 Rz. 29 ff verwiesen. Ebenso sei rechtswidrig zu gebieten, dass die Klägerin keine Verfügungen des Schuldners über die gepfändeten Forderungen insbesondere im Hinblick auf deren Löschung oder Übertragung befolgen dürfe. Es bestehe kein vertraglicher Anspruch des Domaininhabers auf "Übertragung oder Löschung der Domain"

Die Verfügung sei zudem rechtsmissbräuchlich, weil der Beklagte kein fiskalisches Vollstreckungsinteresse verfolge. Der Verfügung sei nicht zu entnehmen, dass es dem Beklagten bei der Pfändung um Befriedigung seiner Ansprüche gehe bzw. wie eine solche im Nachgang der Pfändung erreicht werden könne. Der Beklagte bezwecke mit der angegriffenen Verfügung offensichtlich nicht die Verwertung der gepfändeten Rechte. Das angeordnete Leistungsverbot führe vielmehr zur Vernichtung des gepfändeten Rechts. Eine Pfändung habe zu unterbleiben, wenn nicht zu erwarten sei, dass die Verwertung der pfändbaren Gegenstände einen Überschuss über die Kosten der Vollstreckung bringe. Durch das Ende der Domain bestehe jedoch im Hinblick auf eine Verwertung seines Pfandrechts durch den Beklagten keinerlei Wert mehr, die einer Verwertung zugeführt werden könne. Die Pfändungsverfügung zerstöre jeglichen wirtschaftlichen Wert des gepfändeten Rechtes. Es stelle jedoch keinen zulässigen Zweck der Zwangsvollstreckung dar, dem Schuldner Unbequemlichkeiten zuzufügen - hier in Gestalt der Unterbindung der Domainnutzung.

Die Verfügung sei auch materiell rechtswidrig.

Die Rechtmäßigkeit einer Pfändung nach § 309 AO und die Aufforderung zur Abgabe einer Drittschuldnererklärung setzte die Drittschuldnereigenschaft der Klägerin voraus. Die Klägerin sei aber nicht Drittschuldnerin, daher sei die Pfändungsverfügung ihr gegenüber aufzuheben. Das vom Beklagten zitierte Urteil des LG Frankfurt vom 09.05.2011 sei vom BVerfG mit Beschluss vom 11.07.2014 (Az. 2 BvR 2116/11) als willkürlich aufgehoben worden, weil das Landgericht die Grundzüge des Vollstreckungsrechtes gänzlich missachtet habe. Bereits im Jahr 2009 habe das AG Frankfurt (32 C 1317/08-22) rechtskräftig entschieden, dass die Klägerin bei der Zwangsvollstreckung in domainvertragliche Ansprüche nicht Drittschuldnerin sei. Ebenso habe das erstinstanzliche Gericht (AG Frankfurt Urteil vom 22.10.2010 (Az. 32 C 682/10-18) zu dem vom Beklagten herangezogenen Urteil entschieden. Der Beklagte interpretiere die Ausführungen in der Entscheidung des BVerfG nicht richtig. Auch der Beschluss des BGH vom 05.07.2005 (Az. VII ZB 5/05) stelle gerade keinen Beleg für die Annahme einer Drittschuldnerschaft der Klägerin dar. Vielmehr habe der BGH in dieser Entscheidung die Frage der Drittschuldnerschaft offen gelassen. Soweit die Klägerin im Rubrum als Drittschuldnerin bezeichnet werde, beruhe dies nicht auf einer Entscheidung des BGH, vielmehr habe der Rechtspfleger beim Amtsgericht das Rubrum bereits bei Ausfertigung des Pfändungsbeschlusses (falsch) angelegt, und es habe sich vom Amtsgericht durch die Instanzen perpetuiert. Auch in dem Beschluss des LG Zwickau vom 12.08.2009 (Az. 8 T 228/09), welches ebenfalls gerne herangezogen werde, werde der Beschluss des BGH vom 05.07.2005 missverstanden. Im Übrigen habe zumindest der Oberste Gerichthof (Österreich) mit Beschluss vom 25.09.2009 (3 Ob 287/08i) im Verfahren einer österreichischen Domainregistrierungsstelle entschieden, dass diese nicht als Drittschuldnerin in die Domainpfändung einzubeziehen sei (vgl. Blatt 129 ff).

Zudem sei die Anordnung der Einziehung materiell rechtswidrig, weil die Einziehung im Rahmen der Zwangsvollstreckung in Internet-Domains keine taugliche Verwertungsart darstelle.

Die von der Klägerin vertretene Rechtsauffassung gefährde auch nicht die Effektivität der Vollstreckung. Wäre die Auffassung des Beklagte korrekt, könne er praktisch nur noch in die domainvertraglichen Ansprüche hinsichtlich eines Bruchteils der Top Level Domains vollstrecken, weil die Zustellung an Registrierungsstellen außerhalb Europas auf zum Teil unüberwindliche Schwierigkeiten stoße. Gehe man aber richtigerweise davon aus, dass Registrierungsstellen von Top-Level Domains nicht Drittschuldner seien, sei die Vollstreckung unproblematisch, sogar leichter nach § 321 Abs. 2 AO (Vollstreckung eines drittschuldnerloses Recht) möglich.

Schließlich sei die Pfändungsverfügung materiell rechtwidrig, weil der Beklagte das ihm nach § 5 AO eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe, da er es nicht entsprechend dem Zweck der Ermächtigungsgrundlage ausgeübt habe und somit sein Ermessen auf sachfremde Erwägungen gestützt habe.

Im Übrigen werde klargestellt, dass die vom Beklagten als "herrschende" Lehre im Schrifttum angegebene Literatur keine Begründung für ihre Ansicht angebe und sich mit den hier von der Klägerin angeführten Argumenten in keiner Weise auseinandersetze. Keine der Quellen berücksichtige zudem die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (Beschluss vom 11.07.2014 2 BvR 2116/11). Insbesondere die Annahme, das ausgesprochene Arrestatorium diene dem Einfrieren des status quo oder begründe ein Verfügungsverbot, verkenne die Grundzüge des Vollstreckungsrechtes und sei deshalb verfassungsrechtlich nicht haltbar. Schließlich verkenne der Beklagte, dass der Vollstreckungsschuldner den Domainvertrag zwingend kündigen müsse, bevor die Domain auf einen neuen Inhaber registriert werden könne. Damit würden alle gepfändeten Rechte und damit auch die Wirkung der Pfändung erlöschen. Die Klägerin könne einen neuen Inhaber nur registrieren, wenn dieser einen neuen Domainregistrierungsvertrag geschlossen habe, dessen Ansprüche aber nicht Pfändungsgegenstand seien.

Die Klägerin beantragt,

die Verfügung des Beklagten vom 12.08.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 02.10.2014 - soweit noch streitbefangen -aufzuheben;

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er trägt vor:

Die Verfügung sei formell rechtmäßig. Ein etwaiger Verstoß gegen das Begründungserfordernis sei spätestens mit dem Erlass der Einspruchsentscheidung geheilt worden.

Der Pfändungsverfügung könne - entgegen der Annahme der Klägerin - nicht entnommen werden, dass die Registrierung beseitigt werden müsse. Jedenfalls im Zusammenhang mit dem Ziel der Pfändungsmaßnahme, Vermögensrechte für eine spätere Verwertung zu sichern, sei klar, dass die betreffenden Ansprüche lediglich dem Zugriff des Vollstreckungsschuldners entzogen werden sollten mit der Folge, dass dieser nicht mehr über sie verfügen können solle. Die Verfügung sei daher dahingehend zu verstehen, dass die Klägerin die Registrierung selbstverständlich aufrechtzuerhalten habe, jedoch keine Verfügungen des Schuldners über die gepfändeten Rechte, insbesondere im Hinblick auf deren Löschung oder Übertragung befolgen dürfe.

Die Pfändungsmaßnahme sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Eine Pfändungsmaßnahme könne auch isoliert erfolgen. Die weitere Verwertung, insbesondere im Falle einer, wie vorliegend, naheliegenden Versteigerung der gepfändeten Ansprüche, sei in diesem Fall auf Grundlage einer bestandskräftigen Pfändungsverfügung und nach Durchführung der gemäß § 317 Satz 2 AO erforderlichen Anhörung des Vollstreckungsschuldners gesondert anzuordnen. Die Zwangsvollstreckung sei ein legitimes Mittel, offene Forderung beizutreiben. Gegen die pauschalen Hinweise der Klägerin, die Zwangsvollstreckung erfolge, um dem Schuldner Unbequemlichkeiten zu bereiten, verwehre sich der Beklagte.

Die Verfügung sei auch materiell rechtmäßig.

Die schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Domaininhaber gegen über der Domainvergabestelle zustünden (Dauerschuldverhältnis), seien ein anderes Vermögensrecht im Sinne § 321 AO und als solches auch pfändbar. Dies werde von der Klägerin auch nicht in Abrede gestellt. Die Klägerin sei auch zu Recht als Drittschuldnerin in Anspruch genommen worden. Denn ihre Leistung sei zur Ausübung der gepfändeten Rechte unverzichtbar. So wirke sie gemäß § 6 Abs. 2 ihrer Domainbedingungen insbesondere bei der Übertragung einer Domain mit, vorliegend bei einer späteren Verwertung der gepfändeten Rechte durch freihändigen Verkauf oder Versteigerung. Zudem bedürfe es einer Mitwirkung der Klägerin, um die hinterlegten persönlichen sowie notwendigen technischen Daten des Domaininhabers nach erfolgter Verwertung anzupassen. Dabei sei es unerheblich, dass die Domainverträge der Klägerin nach ihrem Vortrag zu mehr als 99,5% der Fälle über Provider vermittelt würden, denn der Domainvertrag komme stets zwischen der Klägerin und dem Domaininhaber unmittelbar zustande. Das ausgebrachte Arrestatorium sei auch deshalb erforderlich, um eine etwaige Übertragung der gepfändeten Rechte durch den Vollstreckungsschuldner selbst zu verhindern. Denn das ausgebrachte Inhibitorium entfalte keine absolute dingliche Wirkung gegenüber jedem Dritten, sondern ausschließlich relative Wirkung gegenüber dem Vollstreckungsschuldner.

Eine Drittschuldnerstellung ergebe sich neben der allgemeinen Drittschuldnerdefinition auch aus dem Sinn und Zweck des § 316 AO. Die Einbeziehung eines Drittschuldners diene ausschließlich dem Gläubigerschutz. Die nach § 316 AO zu beantwortenden Fragen seien für den Beklagten relevant. Insbesondere die Frage, ob andere Personen, die Registrierung des Vollstreckungsschuldners bestreiten, oder die Frage nach bereits anderweitig bestehenden Pfändungen der Rechte aus den Registrierungsverträgen seien für den Beklagten von Interesse. Darüber hinaus bestehe ein Interesse des Beklagten als Vollstreckungsgläubiger, dass die Domain den Zustand, den sie im Zeitpunkt der Pfändung hatte, behalte. Insoweit bedeute das Leistungsverbot - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht, dass eine Dekonnektierung zu erfolgen hätte. Die Klägerin solle nur die Leistung nicht mehr an den Vollstreckungsschuldner erbringen. Dessen Verfügungen, insbesondere eine etwaige Übertragung und Zuordnung an einen Dritten, dürfe seitens der Klägerin nicht mehr entsprochen werden. Die seitens der Klägerin in Bezug genommene Whois-Abfrage stelle sich insoweit als ungenügend dar. Sie ermögliche nicht die Abfrage, bei der ein Klarname eingegeben und anschließend sämtliche Domains der betreffenden Person angezeigt würden. Auch etwaige Registrierungsstreitigkeiten oder anderweitige Pfändungen könnten nicht über die Whois-Abfrage ermittelt werden. Die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung stehe einer Annahme einer Drittschuldnerstellung ebenfalls nicht entgegen. Die einschlägige Fachliteratur neige zunehmend zur Annahme der Drittschuldnerstellung der Klägerin. Schließlich habe der Beklagte auch sein Ermessen bei Erlass der Pfändungsverfügung in rechtmäßiger Weise ausgeübt.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere die ausführliche Darstellung zum Streitstand in der Rechtsprechung und der Literatur, wird auf die umfangreichen Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Gründe

I. Die Anfechtungsklage ist zulässig.

1. Bei der streitgegenständlichen Pfändungs- und Einziehungsverfügung handelt es sich um zwei selbständige Verwaltungsakte, zum einen um die die Beschlagnahme bewirkende Pfändungsverfügung gemäß §§ 309 Abs. 1, 321 Abs. 1 AO sowie zum anderen die der unmittelbaren Beitreibung dienende Einziehungsverfügung gemäß § 314 Abs. 1 AO. Auch wenn beide Verwaltungsakte miteinander verbunden worden sind, was gemäß § 314 Abs. 2 AO zulässig ist, ist die Rechtmäßigkeit der Verwaltungsakte getrennt voneinander zu beurteilen (vgl. Loose in Tipke/Kruse AO, FGO, § 314 AO, Rz. 6 f).

2. Die Klägerin ist auch klagebefugt.

Zwar ist Vollstreckungsschuldner und damit unmittelbar Betroffener der Vollstreckungsmaßnahme Herr Marcel Kragt. Jedoch ist der von der Vollstreckungsbehörde (§ 249 AO) als (angeblicher) Drittschuldner Einbezogene (hier: die Klägerin) befugt, Einwendungen gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung, bei der Vollstreckung nach der ZPO mit der Erinnerung (§ 766 ZPO), bei der Verwaltungszwangsvollstreckung durch die Finanzbehörde nach der AO im Verwaltungsverfahren mit dem Einspruch (§ 347 AO) und gerichtlich beim Finanzgericht mit der Anfechtungsklage (§ 40 Abs. 1 FGO) geltend zu machen (vgl. BFH, Urteil vom 07.07.1987 VII R 97/84, BFH/NV 1988, 14 m. w. N. und BFH, Beschluss vom 30.09.1997 VII B 67/97, BFH/NV 1998, 421, vgl. FG Münster, Beschluss vom 18.04.2007 7 V 1288/07 AO, EFG 2007, 1136, Kögel in: Beermann/Gosch, AO/FGO, § 309 AO Rn. 144). Zu diesen Einwendungen, die die Klägerin vorliegend erheben kann, gehören auch die Berufung auf die Unzulässigkeit oder Mangelhaftigkeit der Pfändungsverfügung, d. h. die Klägerin kann u.a. die mangelnde Bestimmtheit der Pfändungsverfügung einwenden.

II. Die Klage ist auch begründet.

Die Pfändungsverfügung vom 12.08.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.10.2014 ist - soweit sie nicht bereits durch den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 10.03.2017 aufgehoben wurde - auch im Übrigen jedenfalls rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Sie ist deshalb aufzuheben (vgl. II 1.). Wegen der Aufhebung der Pfändungsverfügung ist auch die Einziehungsverfügung aufzuheben (II. 2).

1. Die streitgegenständliche Pfändungsverfügung ist jedenfalls (anfechtbar) rechtswidrig. Das in der Pfändungsverfügung der Klägerin auferlegte Arrestatorium (Leistungsverbot): "Sie dürfen, soweit die Ansprüche, Forderungen und Rechte gepfändet sind, nicht mehr an den Vollstreckungsschuldner leisten." ist auch unter Einbeziehung der Ausführungen des Beklagten in der Einspruchsentscheidung vom 02.10.2014 inhaltlich nicht hinreichend klar und eindeutig bestimmt. Die Pfändungsverfügung ist bereits allein aus diesem Grund aufzuheben.

a) Die Frage, ob dieser Mangel hinsichtlich des Leistungsverbotes die Pfändungsverfügung unwirksam und nichtig macht, weil der Fehler auch offenkundig im Sinne des § 125 Abs. 1 AO ist, d. h. jeder verständige Dritte bei Unterstellung der Kenntnis aller in Betracht kommenden Umstände in der Lage ist, den Fehler der Verwaltungsmaßnahme in seiner besonderen Schwere zu erkennen (ständige Rechtsprechung vgl. BFH, Urteil vom 22.10.2002 VII R 56/00, BStBl II 2003, 109 m.w.N.), kann im Streitfall dahinstehen, nachdem die Klägerin die Pfändungsverfügung rechtzeitig angefochten und (nur) die Aufhebung der Verfügung beantragt hat.

b) Der Pfändungsausspruch in der streitgegenständlichen Verfügung ("Der Anspruch auf Aufrechterhaltung der Registrierung als Hauptanspruch aus dem Registrierungsvertrages mit [der Klägerin] und alle weiteren sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenen Nebenansprüche. Die dem Vollstreckungsschuldner gegenwärtig und zukünftig gegen Sie...") ist - nachdem der Beklagte die Verfügung in Bezug auf die Domains, die offensichtlich nicht bei der Klägerin registriert sein können (Endungen ".net" und ".com") aufgehoben hat - nicht zu beanstanden.

Denn der Beklagte hat unter Berücksichtigung der Entscheidung des BGH (BGH, Beschluss vom 05.07.2005 VII ZB 5/05, NJW 2005, 3353) den Anspruch auf Aufrechterhaltung der Registrierung als Hauptanspruch aus dem Registrierungsvertrages mit [der Klägerin] und alle weiteren sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenen Nebenansprüche im Zusammenhang mit den in der Verfügung näher bezeichneten Domains (mit der Endung ".de") zum Gegenstand der Pfändung erklärt. Nach der o.g. Entscheidung des BGH ist die Internet-Domain als solche kein "anderes Vermögensrecht" i. S. v. § 857 Abs. 1 ZPO (bzw. hier § 321 Abs. 1 AO). Eine "Verdinglichung" der Domain wurde durch den BGH in der o.g. Entscheidung ausdrücklich abgelehnt, da dieser keine etwa mit einem Patent-, Marken- oder Urheberrecht vergleichbare ausschließliche Stellung zukommt. Die Domain gibt es als solche gar nicht (vgl. Müller, Obermüller, Weiß, ZInsO 2012, 780). Sie ist lediglich eine technische Adresse im Internet. Die ausschließliche Stellung, die darauf beruht, dass von [der Klägerin] eine Internet-Domain nur einmal vergeben wird, ist allein technisch bedingt. Eine derartige, rein faktische Ausschließlichkeit begründet kein absolutes Recht (vgl. BGH, Beschluss vom 05.07.2005 VII ZB 5/05, NJW 2005, 3353). Hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

Der BGH hat in der o.g. Entscheidung weiterhin ausgeführt (vgl. Rz. 13): "Aus diesem Dauerschuldverhältnis schuldet [die Klägerin] dem Anmelder nach der erfolgten Konnektierung insbesondere die Aufrechterhaltung der Eintragung im Primary Nameserver als Voraussetzung für den Fortbestand der Konnektierung. Daneben bestehen weitere Ansprüche des Domaininhabers wie die auf Anpassung des Registers an seine veränderten persönlichen Daten oder ihre Zuordnung zu einem anderen Rechner durch Änderung der IP-Nummer." Hieraus leitet der Beklagte ab, dass hinsichtlich der pfändbaren Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Inhaber der Domain gegenüber der Vergabestelle aus dem Registrierungsvertrag zustehen, die Klägerin als Vergabestelle Drittschuldnerin (§ 316 AO) sei. Denn Drittschuldner i.S.d. § 321 Abs. 1 AO i. V. m. § 316 AO sei jeder Dritte, dessen Leistung zur Ausübung des gepfändeten Rechts erforderlich ist oder dessen Rechtsstellung von der Pfändung sonst wie berührt wird.

Die Klägerin ist hingegen der Ansicht, dass vorliegend kein Drittschuldner vorhanden sei, so dass die Pfändung nicht ihr gegenüber bewirkt werden könne, sondern nur gemäß § 321 Abs. 2 AO gegenüber dem Vollstreckungsschuldner.

c) Die Frage, ob die Klägerin als Registrierungsstelle für Domains unterhalb der Top Level Domain ".de" als Drittschuldnerin im Sinne des § 321 Abs. 1 AO i. V. m. § 316 AO anzusehen ist, ist höchstrichterlich nicht geklärt (Drittschuldnereigenschaft offen gelassen durch BGH, Beschluss vom 05.07.2005 VII ZB 5/05, NJW 2005, 3353; bejahend FG Münster, Urteil vom 16.09.2015 7 K 781/14 AO, EFG 2015, 2028 Revision anhängig Az. VII R 27/14; VG Dresden, Urteil vom 12.04.2016 2 K 5/15, juris, Berufung anhängig). Selbst wenn man mit dem Beklagten annehmen wollte, dass auf die Vollstreckung in die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche eines Vollstreckungsschuldners gegen die Klägerin aus einem Domainvertrag § 321 Abs. 2 AO keine Anwendung findet, sondern über § 321 Abs. 1 AO auch § 309 Abs. 1 Satz 1 1. HS AO (Pfändung einer Geldforderung) "entsprechend" anzuwenden und die Klägerin insoweit als Drittschuldnerin im Sinne des § 316 AO anzusehen ist, ist die streitgegenständliche Pfändungsverfügung aber aufzuheben, weil das der Klägerin auferlegte Leistungsverbot (Arrestatorium) nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Denn ist ein Drittschuldner vorhanden, ist ein rechtmäßiges Leistungsverbot (Arrestatorium) für die Rechtmäßigkeit bzw. Wirksamkeit der ausgesprochenen Pfändung wesentlich.

Eine Pfändungsverfügung gegenüber einem Drittschuldner gemäß § 321 Abs. 1 AO i V. m. §§ 309, 260 AO kann grundsätzlich nur dann formell wirksam ergehen, wenn die schriftliche Verfügung, die dem Drittschuldner zuzustellen ist, - neben der Benennung der beizutreibenden Forderung, der Bezeichnung der gepfändeten Forderung bzw. hier Ansprüche (Pfändungsausspruch) und einem Verfügungsverbot an den Vollstreckungsschuldner (Inhibitorium) - ein Zahlungs- bzw. (hier) Leistungsverbot (Arrestatorium) an den Drittschuldner beinhaltet. Zwar wird im Streitfall gegenüber der Klägerin ein Verbot ("Sie dürfen, soweit die Ansprüche, Forderungen und Rechte gepfändet sind, nicht mehr an den Vollstreckungsschuldner leisten") ausgesprochen, d. h. ein Leistungsverbot ist insoweit in der streitgegenständlichen Verfügung vorhanden. Als hoheitliche Maßnahme muss eine rechtmäßige Pfändungsverfügung jedoch nicht nur (irgend)ein Leistungsverbot enthalten, sondern das gegenüber dem Drittschuldner ausgesprochene Leistungsverbot muss auch klar und eindeutig sein, d. h. es muss für Beteiligte und Dritte hinreichend bestimmt sein, welche konkreten Leistungen die Vollstreckungsbehörde dem Drittschuldner verbietet, an den Vollstreckungsschuldner zu erbringen. Hieran fehlt es im Streitfall.

Gemäß § 309 Abs. 1 Satz 1 1. HS AO hat die Vollstreckungsbehörde (§ 249 AO) im Fall der direkten Anwendung der Vorschrift - Pfändung von Geldforderungen des Vollstreckungsschuldners gegen den Drittschuldner - "dem Drittschuldner zu verbieten, an den Vollstreckungsschuldner zu zahlen". Dem Drittschuldner wird hierdurch unmissverständlich klar, was er zu unterlassen hat. Ohne das Verbot an den Drittschuldner, auf die gepfändeten Geldforderungen zu zahlen, wäre der Vollstreckungsgläubiger nicht vor einem Erlöschen der gepfändeten Forderung infolge Erfüllung und dem daher einhergehenden "Entzug" des Pfändungsgegenstandes geschützt.

Eine "entsprechende" Anwendung des § 309 Abs. 1 Satz 1 1. HS AO i. V. m. § 321 Abs. 1 AO - wie vom Beklagten beabsichtigt - auf Ansprüche aus Domainverträgen muss diese gesetzlichen Vorgaben konsequent umsetzen, soweit nicht Eigengesetzlichkeiten des konkreten Sachgebiets Änderungen notwendig machen. Das Leistungsverbot muss den Besonderheiten der vorliegenden Konstellation gerecht werden.

Das pauschale Verbot in der streitgegenständlichen Pfändungsverfügung "Sie dürfen, soweit die Ansprüche, Forderungen und Rechte gepfändet sind, nicht mehr an den Vollstreckungsschuldner leisten" in Verbindung mit dem Pfändungsausspruch "Anspruch auf Aufrechterhaltung der Registrierung als Hauptanspruch aus dem Registrierungsvertrages mit [der Klägerin] und alle weiteren sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenen Nebenansprüche" entspricht diesen Anforderung nicht. Denn ein Verbot, den gepfändeten Anspruch auf Aufrechterhaltung der Registrierung, nicht mehr an den Vollstreckungsschuldner zu leisten, kann - wie die Klägerin zu Recht einwendet (vgl. insoweit auch AG Frankfurt, Urteil vom 08.08.2012 31 C 2224/11, juris, zu § 857 ZPO) - als eine Anordnung verstanden werden, die von der Klägerin geschuldete (Haupt)Leistung auf Aufrechterhaltung der Eintragung im Primary Nameserver als Voraussetzung für den Fortbestand der Konnektierung, nicht mehr an den Vollstreckungsschuldner zu erbringen, welches die Dekonnektierung und Vernichtung des Pfändungsgegenstandes zur Folge hätte. In der Einspruchsentscheidung führt der Beklagte (und dies auch nur im Zusammenhang mit der vom Beklagten angenommenen Drittschuldnerschaft der Klägerin) aus, dass zumindest die Aufrechterhaltung der Domainregistrierung durch die Klägerin erforderlich sei, damit der Vollstreckungsschuldner seine Rechte aus dem Registrierungsvertrag ausüben könne. Unter der Berücksichtigung des Umstandes, dass dem Beklagten, wie dieser im Klageverfahren ausführt, selbstverständlich nicht daran gelegen sei, mit dem Ausspruch des Leistungsverbotes gleichzeitig den Pfändungsgegenstand zu vernichten, könnte das in der Pfändungsverfügung vom 12.08.2014 pauschal ausgesprochene umfängliche Leistungsverbot zwar dahingehend einschränkend verstanden werden, dass es sich jedenfalls nicht auf den Hauptanspruch (Anspruch auf Fortbestand der Konnektierung) bezieht. Wenn sich das Leistungsverbot aber nicht auf den Hauptanspruch beziehen sollte, wird auch aus den ergänzenden Ausführungen in der Einspruchsentscheidung jedoch nicht hinreichend deutlich, was genau der Beklagte stattdessen der Klägerin verboten hat zu tun bzw. zu unterlassen. Denn das Leistungsverbot in der Pfändungsverfügung könnte sich dann beispielsweise auf die ebenfalls im Pfändungsausspruch genannten (sämtlichen) Nebenansprüche des Domaininhabers (z.B. die auf Anpassung des Registers an seine veränderten persönlichen Daten oder ihre Zuordnung zu einem anderen Rechner durch Änderung der IP-Nummer) beziehen, es könnte aber auch nur als ein Verbot an den Drittschuldner gemeint sein, die notwendige Mitwirkung an einer dem Verbot des § 309 Abs. 1 S. 1 2. HS AO zuwiderlaufenden Verfügung des Schuldners zu unterlassen. Diese verbleibende Unklarheit verstößt gegen das auch vom Beklagten als Vollstreckungsbehörde zu beachtende Gebot der Titelbestimmtheit und das Prinzip der Formalisierung in der Zwangsvollstreckung.

Im Übrigen ermächtigt § 309 Abs. 1 Satz 1 1. HS die Vollstreckungsbehörde nur, dem Drittschuldner zu verbieten, an den Vollstreckungsschuldner zu zahlen bzw. - im Anwendungsbereich von § 321 Abs. 1 AO - in anderer Weise Leistungen an den Schuldner zu erbringen. Sollte der Vortrag des Beklagten im Klageverfahren dahingehend zu verstehen sein, dass der Klägerin mit der Pfändungsverfügung auch auferlegt werden sollte, die Registrierung nicht mehr gegenüber dem Vollstreckungsschuldner, sondern nunmehr gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger aufrecht zu erhalten, wäre ein solches "Gebot" im Rahmen einer Pfändungsverfügung von der Ermächtigungsgrundlage (§ 309 Abs. 1 Satz 1.1. HS. AO i. V. m. § 321 Abs. 1 AO) nicht umfasst. Nach dem Gesetzeswortlaut ist die Vollstreckungsbehörde nur befugt, ein "Verbot" aufzuerlegen.

Soweit der Beklagte im Laufe des Klageverfahrens den Inhalt des streitgegenständlichen Leistungsverbotes dahingehend näher erläutert hat, dass die betreffenden Ansprüche lediglich dem Zugriff des Vollstreckungsschuldners entzogen werden sollten mit der Folge, dass dieser nicht mehr über sie verfügen können solle, und dass die Verfügung deshalb dahingehend zu verstehen sei, dass die Klägerin die Registrierung selbstverständlich aufrechtzuerhalten habe, jedoch keine Verfügungen des Schuldners über die gepfändeten Rechte, insbesondere im Hinblick auf deren Löschung oder Übertragung befolgen dürfe, ist eine solche dezidierte Anordnung des Beklagten weder aus dem Wortlaut der Einspruchsentscheidung noch auch den mit der Einspruchsentscheidung im Zusammenhang stehenden übrigen Umständen, die sich aus dem Akteninhalt ergeben, erkennbar. Maßgebender Zeitpunkt, welchen das Gericht der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts zugrunde zu legen hat, ist der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (hier Einspruchsentscheidung vom 02.10.2014). Schriftsätzliche Konkretisierungen des Leistungsverbotes im anschließenden Klageverfahren sind daher nicht möglich.

d) Soweit vorliegend das Leistungsverbot inhaltlich nicht hinreichend klar und eindeutig bestimmt ist, unterscheidet sich der hier zu beurteilende Streitfall in streiterheblicher Weise von den Sachverhalten, die den Entscheidungen des FG Münster (Urteil vom 16.09.2015 7 K 781/14 AO, EFG 2015, 2028 Revision anhängig Az. VII R 27/15) und dem VG Dresden (Urteil vom 12.04.2016 2 K 5/15, juris, Berufung anhängig) zugrunde lagen. In dem Fall des FG Münster wurde der Inhalt des Leistungsverbotes, welches zunächst in der ursprünglichen Pfändungsverfügung mit dem Leistungsverbot im Streitfall wortgleich war, in der Einspruchsentscheidung genau erläutert und präzisiert. In dem Fall des VG Dresden wurde das ursprüngliche Verbot "an den Vollstreckungsschuldner zu leisten" aufgehoben und dadurch ersetzt, dass [die Klägerin] eine Übertragung oder Löschung der auf die Vollstreckungsschuldnerin registrierten Domains zu unterlassen habe.

2. Wegen der Aufhebung der Pfändungsverfügung ist auch die streitgegenständliche Einziehungsverfügung in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben (§ 314 AO).

Denn die Anordnung der Einziehung setzt eine wirksame Pfändung voraus, weil sie kein Recht schafft, sondern nur dessen Durchsetzung ermöglicht (vgl. Kögel in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 314 AO Rz. 5, Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 16.03.2005 4 K 937/03 , Rn. 32, juris).

Daher kann vorliegend die Frage auch offen bleiben, ob die Anordnung der Einziehung der "gepfändeten Ansprüche, Forderungen und Rechte in Höhe des von dem Vollstreckungsschuldner geschuldeten Betrages (§ 314 AO)" im Streitfall überhaupt eine gangbare Verwertungsart darstellt oder ob eine Verwertung "entsprechend" § 317 AO" zu erfolgen hat. Denn bei der Verwertung durch Einziehung stellt sich insoweit das Problem, dass die Ansprüche eines Domaininhabers gegen [die Klägerin] zum einen nicht auf Geld gerichtet sind und sich zum anderen im Wesentlichen dadurch auszeichnen, dass sie sich auf die Herstellung und Aufrechterhaltung eines tatsächlichen Zustandes, nämlich der Eintragung der Second Level Domains in die Nameserver, richten, denen kein bezifferbarer Gegenwert gegenübergestellt werden kann (vgl. hierzu auch Boecker, ".de-Domains” - Praktische Probleme bei der Zwangsvollstreckung, MDR 2007, 1234 (1236)).

3. Mit der Aufhebung der streitgegenständlichen Pfändungs- und Einziehungsverfügung ist auch der Rechtsgrund für die Aufforderung zur Abgabe der Drittschuldnererklärung (§ 316 AO) entfallen, ohne dass es eines diesbezüglichen Ausspruchs im Tenor bedürfte.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

III. Die Revision wird insbesondere im Hinblick auf das bereits beim VII. Senat des BFH anhängige Verfahren (Az. VII R 27/15) zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).