LG Bielefeld, Urteil vom 14.06.2019 - 10 O 66/18
Fundstelle
openJur 2019, 30858
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin - solange diese Inhaberin eines mittelbar über die Beklagten zu 2) gehaltenen Kommanditanteils an der Beklagten zu 1) ist - die ladungsfähigen Anschriften (Wohnort, Postleitzahl und Straße mit Hausnummer) in der im Handelsregister des Amtsgerichts Bad Oeynhausen zu HRA xxxx aufgeführten Kommanditisten zu Ziffer 5c) mit Ausnahme der Kommanditistin D. K. I. sowie der Dr. E. Unternehmensverwaltung GmbH & Co. KG in M.(Beklagte zu 2)) zu benennen. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, der Klägerin - solange diese als Treugeberin an der Innengesellschaft der Beklagten zu 2) beteiligt ist - die durch sie als Treuhänderin vertretenen Treugeber, und zwar mit Vornamen, Nachnamen, ladungsfähige Anschrift und Beteiligungshöhe, ausgenommen die Klägerin, zu benennen.

Die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.019,83 Euro nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.02.2018 zu zahlen. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,00 Euro vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte zu 1) betreibt auf einem gemieteten Grundstück die C. Klinik in M.. Der Mietvertrag über die Klinikgebäude wurde zum 31.05.2019 vertragsgemäß gekündigt, inzwischen indes langfristig verlängert.Die Beklagte zu 2) ist an der Beklagten zu 1) als Darlehensgeberin und Kommanditistin mit einer derzeitigen Kommanditeinlange in Höhe von390.115,72 Euro beteiligt, die sie für zahlreiche Drittanleger (Treugeber) treuhänderisch hält.Die Klägerin kündigte eine von ihr zuvor unmittelbar gehaltene Beteiligung (Erwerb vom ehemaligen Treugeber Vogelsberg) zum Ende des Geschäftsjahres 2018. Sie erwarb durch Vertrag vom 18./20.01.2018 von Herrn S. S. einen von der Beklagten zu 2) treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteil an der Beklagten zu 1), bestehend aus der Kommanditbeteiligung und dem Gesellschafterdarlehen zum 01.01.2019 zum Kaufpreis von 8.691,96 Euro. Die erforderliche Zustimmung der Komplementärin der Beklagten zu 1) zu dem Anteilserwerb wurde erteilt, nachdem Herrn S. auf der Erteilung der Zustimmung bestand, obgleich er durch den damaligen Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten zu 1), Herrn E. T., auf deren Bedenken hinsichtlich eines lediglich bei 85 % liegenden Werts des Beteiligungswertes nach einem L.-Gutachten und weiter entstehende Nachteile durch die vereinbarten Liquiditätsausschüttungen an die Klägerin hingewiesen worden war.

In dem Kommanditgesellschaftsvertrag der Beklagten zu 1) in der Fassung vom 10.11.2008 ist in § 4 Abs. 2d i.V.m. § 11 geregelt, dass sich die Beklagte zu 2) als Treuhandkommanditistin nach Maßgabe des Kommanditgesellschaftsvertrages und dem besonderen Treuhand- und Verwaltungsvertrag, der als Bestandteil des Kommanditvertrages gilt, im eigenen Namen beteiligt, jedoch für Rechnung einer Vielzahl von Treugebern, die untereinander in Bezug auf die gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsrechte eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bilden. Der besondere Treuhand- und Verwaltungsvertrag regelt nach § 11 Abs. 2 die Rechtsverhältnisse zwischen der Treuhandkommanditistin und den Treuhandgebern sowie das Rechtsverhältnis der Treugeber untereinander. Die Rechtsverhältnisse werden begründet mit Unterzeichnung der Beitrittserklärung seitens der Treugeber und Annahme derselben durch die Treuhandkommanditistin.Der Treuhand- und Verwaltungsvertrag vom 15.07.1980 (Anlage B 4) bestimmt in§ 1 Abs. 2, dass durch Annahme und Bestätigung der Beitrittserklärung durch die Treuhänderin gleichzeitig die mittelbare Aufnahme des Treugebers in die Beteiligungsgesellschaft über das vorgeschaltete Treuhandverhältnis erfolgt. Dabei regelt sich das Rechtsverhältnis nach § 1 Abs. 3 zwischen den Treugebern untereinander nach den Vorschriften des Vertrages sowie durch entsprechende Anwendung der Vorschriften des Gesellschaftsvertrages der Kommanditgesellschaft, und zwar auch insoweit, als ein besonderer Verweis auf die Rechte und Pflichten der Treugeber im Gesellschaftsvertrag nicht ausdrücklich erfolgt.§ 9 des Treuhand- und Verwaltungsvertrages bestimmt:

(1)Mit Abschluss dieses Treuhand- und Verwaltungsvertrages werden die Treugeber Mitglied einer von ihnen gebildeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die über kein eigenes Gesellschaftsvermögen verfügt und nicht am Rechtsverkehr teilnimmt, mit der Treuhänderin als Mitgesellschafterin, der im Innenverhältnis die Geschäftsführung obliegt.(2)Einziger Zweck der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Innengesellschaft) ist die Ausübung der gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsrechte über die Treuhänderin in der Kommanditgesellschaft, in Form der Ausübung der Weisungsrechte gegenüber der Treuhänderin sowie der Beschlussfassung gemäß §§ 10 und 11.(3)Im Interesse einer einheitlichen Treuhandverwaltung können Weisungen jeder Art nur aufgrund eines Beschlusses dieser bürgerlichrechtlichen Innengesellschaft erteilt werden. Auf die Bestimmungen des § 14 wird verwiesen.(4)Auch bezüglich der bürgerlichrechtlichen Innengesellschaft regeln sich die Rechtsbeziehungen der Treugeber untereinander und zur Treuhänderin nach diesem Treuhand- und Verwaltungsvertrag und ergänzend in entsprechender Anwendung des Gesellschaftsvertrages der Kommanditgesellschaft.

Der Vater der Klägerin, Herr I. N., war über Jahre hinweg bis zum 31.12.2018 Beiratsmitglied der Beklagten zu 1). Als unmittelbare Kommanditistin ist die Schwester der Klägerin, Frau D. K. I., mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 15.338,46 Euro beteiligt. Neben ihr und der Beklagten zu 2) sind zahlreiche weitere natürliche Personen und die F. GmbH in F. als unmittelbare Kommanditisten an der Beklagten zu 1) beteiligt.

Mit Schreiben vom 07.01.2018 (Anlage K 2) bat die Klägerin die Beklagte zu 1) unter Fristsetzung bis zum 20.01.2018 um Übersendung einer aktuellen Gesellschafterliste und mahnte mit weiterem nicht datiertem Schreiben (Anlage K 3) erfolglos die Überlassung auch der Anleger-Adressen der Treugeber der Beklagten zu 2) an.Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.01.2018 (Anlage K 4) mahnte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagte zu 1) erneut, die Kommanditisten des Unternehmens einschließlich der über die Beklagte zu 2) weiter beteiligten Kommanditisten zu benennen, und zwar jeweils mit Vorname, Nachname und vollständiger Anschrift. Auch die Beklagte zu 2), die aufgefordert worden war, reagierte nicht.Mit der Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten zu 1) die Benennung der ladungsfähigen Anschriften der im Handelsregister des Amtsgerichts Bad Oeynhausen, HRA xxxx, aufgeführten Kommanditisten zu Ziffer 5c, mit Ausnahme der Beklagten zu 2) und ihrer Schwester D. K. I.. Von der Beklagten zu 2) begehrt sie die Benennung der durch sie als Treuhänder vertretenen Treugeber mit Vornamen, Nachnamen und ladungsfähiger Anschrift und Beteiligungshöhe. Ferner verlangt sie von den Beklagten die Erstattung der ihr entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.019,83 Euro nebst Zinsen.

Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe Anspruch darauf, sowohl die Mitgesellschafter in der Beklagten zu 1) als auch Namen und Anschriften der über die Beklagten zu 2) als Treuhänderin beteiligten weiteren Kommanditisten zu erfahren. Dabei wolle sie zum einen die Möglichkeit haben, mit den Mitkommanditisten Kontakt aufzunehmen, um mit ihnen über die Geschicke der Gesellschaft zu sprechen, sich zu beraten und gegebenenfalls zu klären, ob Interessenkollisionen oder Tätigkeitsverbote gegeben seien. Ferner wolle sie feststellen können, wie sich der Gesellschafter- und Treugeberkreis zusammensetze, ob und welche Interessen bei einzelnen Kommanditisten gegeben seien. Das sei erforderlich, um die Machtverhältnisse auf einer Gesellschafterversammlung feststellen zu können. Dabei verweist die Klägerin darauf, dass für die Gesellschaft der Beklagten zu 1) ein erhebliches Risiko im Hinblick auf das fehlende Eigentum am Klinikgebäude und einer starken Abhängigkeit von der Deutschen Rentenversicherung und deren Belegung der Klinik bestehe, das sich gegebenenfalls auch im Kaufpreis einer Kommanditbeteiligung ausdrücken könne.Sie macht geltend, sie sei eine Kapitalanlegerin, die Interesse an der Wirtschaft habe, Interesse an Beteiligung habe und sie halte, in denen sie ihr Vermögen anlege. Mit dem Anspruch auf Herausgabe der Namen und Anschriften der unmittelbar und mittelbar beteiligten Kommanditisten nehme sie lediglich die ihr zustehenden ureigenen Rechte eines Kommanditisten wahr. Eine Weitergabe der Daten sei nicht beabsichtigt . Ein - den Beklagten nachteiliges - Zusammenwirken der Familie N. im Sinne eines kollusiven Zusammenwirkens sei durch nichts belegt. Es handele sich um unberechtigte Behauptungen und Vermutungen ins "Blaue hinein". Auch der Vorwurf, der Beklagte zu 2) wolle die Mitkommanditisten lediglich kennen, um weitere Beteiligungen günstig erwerben zu wollen, sei unzutreffend.

Die Klägerin beantragt,

1.)die Beklagte zu verurteilen, die ladungsfähigen Anschriften - Wohnort, Postleitzahl und Straße mit Hausnummer der im Handelsregister des Amtsgerichts Bad Oeynhausen, HRA xxxx, aufgeführten Kommanditisten zu Ziffer 5 c mit Ausnahme der Frau D. K. I. und der Beklagten zu 2) zu benennen;2.)die Beklagte zu 2) zu verurteilen, die durch sie als Treuhänderin vertretenen Treugeber, und zwar mit Vornamen, Nachnamen, ladungsfähige Anschrift und Beteiligungshöhe, ausgenommen sie selbst zu benennen;3.)die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.019,83 Euro nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.02.2018 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1) macht geltend, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Auskunft über Namen, Vornamen und ladungsfähigen Anschriften der jeweiligen Kommanditisten nicht zu, da an ihrer Erteilung kein vernünftiges Interesse bestehe, sondern der Fall einer konkreten Missbrauchsgefahr bestehe. Die Weitergabe der die Mitgesellschafter betreffenden Daten an Familienmitglieder der Klägerin stelle einen Verstoß gegen die bestehende Treuepflicht gegenüber den Mitgesellschaftern dar. Insoweit bestehe aufgrund eines in der Vergangenheit gezeigten kollusiven Zusammenwirkens der Familie N. die Gefahr, dass gezielt die übrigen Gesellschafter angeschrieben werden sollten, um unter Verwendung spekulativer Gerüchte Gesellschaftsanteile unter Wert zu erwerben.Die Beklagte zu 1) verweist darauf, dass im Vorfeld des Vertragsschlusses zum Erwerb des Anteils S. Gespräche nicht nur zwischen dem Verkäufer und der Klägerin, sondern auch zwischen dem Verkäufer und dem Vater der Klägerin, Herrn I. N., stattgefunden hätten. Dieser habe nicht nur mit diesem Verkäufer, sondern auch mit weiteren, ihm bekannten Kommanditisten und Treugebern Kontakt aufgenommen, um ihnen deutlich zu machen, dass die Beteiligungen "nichts mehr wert" seien, so dass die Angesprochenen gut daran täten, ihre Beteiligungen kurzfristig zu veräußern. Die dabei geschilderten - teilweise falsch oder verzerrt dargestellten - Sachverhalte hätten dem Vater der Klägerin nur aufgrund seiner Tätigkeit als Beiratsmitglied bei der Beklagten zu 1) bekannt gewesen sein können. Aus den vorgelegten Mails der Schwester der Klägerin, Frau D. I., an ihre Mitgesellschafterin Frau Wiese vom 06.09.2017 (Anlage A 1) und des Herrn N. vom 06.01.2018 an Frau Wiese sowie des von Frau I. Anfang 2018 verfassten Rundschreibens an die Gesellschafter der Beklagten zu 1) (Anlage A 3) ergäbe sich der begründete Verdacht des auf längere Zeit geplanten Geschäftsmodells. Dabei würden über die Position als Beiratsmitglied Informationen über eine Gesellschaft gesammelt und anschließend gezielt Gerüchte gestreut, um die Verkaufsbereitschaft der Gesellschafter zu fördern. Danach nehme die Familie Kontakt zu den übrigen Gesellschaftern auf, um diesen Angebote zum Kauf ihrer Anteile zu einem weit unter dem Verkehrswert liegenden Kaufpreis zu machen. Dabei wirkten die Mitglieder der Familie N. bewusst und planmäßig zum Nachteil der Gesellschafter zusammen, wobei naheliege, dass Frau I. die in ihrer Mail und dem Rundschreiben gezeigten Informationen von ihrem Vater erhalten habe. Da Herr N. nach dem Verlust seiner Beiratsposition keinen ungehinderten Zugang mehr zu den benötigten Informationsquellen habe, liege der Verdacht nahe, dass die Klägerin ihren Auskunftsanspruch geltend mache, um günstige Anteilskäufe zu ermöglichen.Letztendlich hätten die Kommanditisten im vorliegenden Fall im Hinblick auf den Schutzzweck des Artikel 1 Abs. 2 DSGVO ein berechtigtes Interesse der Geheimhaltung ihrer Daten. Das bestehende Recht auf Anonymität gelte umso mehr, da der konkrete Verdacht der missbräuchlichen Verwendung ihrer Daten bestehe.Insoweit sei der Auskunftsanspruch des Gesellschafters durch das Verbot der unzulässigen Rechtausübung (§ 242 BGB) und das Schikaneverbot gemäß § 226 BGB begrenzt. Dabei könne ein Kommanditist seine Gesellschafterinteressen selbstverständlich wahrnehmen. Es sei ihm auch völlig unbenommen, seine eigenen wirtschaftlichen Ziele durchzusetzen. Dabei dürfe er auch wirtschaftliche Missstände in der Gesellschaft anprangern und auf wirtschaftliche Risiken der Gesellschaftsbeteiligung hinweisen. Die Grenze einer zulässigen Rechtsausübung sei allerdings dann überschritten, wenn eine Kommanditist versuche, mit einem Konvolut von Unwahrheiten, Halbwahrheiten und gezielten Fehlinformationen versuche, Kommanditanteile seiner Gesellschafter zu Dumpingpreisen anzukaufen. Die von der Beklagten zu 2) überreichten Unterlagen (Anlagen B 5 bis B 11) belegten die Tatsache, dass die Klägerin, Frau I. und Herr N., in diesem Sinne zusammenwirkten.

Die Beklagte zu 2) folgert aus den dargelegten Umständen des Erwerbs des Gesellschaftsanteils des Treugebers S. (Anlage B 1) des Anschreibens der Frau I. an die Mitgesellschafterin Wiese (Anlage B 2) und das Rundschreiben der Frau I. aus Anfang 2018 (Anlage B 3) erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die von ihr begehrten Informationen nicht deswegen erhalten wolle, um schützenswerte Interessen als Treugeber wahrzunehmen, sondern vielmehr, um das an den Tag gelegte Verhalten, Gesellschaftern ihre Beteiligung unter Wert abzukaufen, fortzuführen. Der Verdacht verstärke sich dadurch, dass der Vater der Klägerin nach seinem Ausscheiden aus dem Beirat der Beklagten zu 1) selbst keine Informationen mehr erhalten könne. Sie verweist darauf, dass sich aus dem abgeschlossenen Treuhand- und Verwaltungsvertrag ausdrücklich kein Auskunftsrecht der Treugeber gegenüber der Treuhänderin im Hinblick auf die weiteren von ihr vertretenen Treuhänder ergebe. Daran ändere auch die Regelung nichts, dass sie gemäß § 20 des Treuhand- und Verwaltungsvertrages ein sogenannten Treugeber-Verzeichnis führe. Sämtliche Treugeber, die über die Beklagte zu 2) an der Beklagten zu 1) beteiligt seien, seien zudem im sogenannten Transparenzregister gemäß §§ 18 f. GwG registriert.Die Beklagte zu 2) meint, sie sei aus dem Anonymitätsinteresse der beteiligten Treugeber zur Verweigerung der Auskunft berechtigt. Die Klägerin habe den Kaufvertrag und damit ihren Beitritt als Treugeberin unterzeichnet, ohne über die Personen und die Anzahl der weiteren Treugeber Bescheid zu wissen, so dass sie nunmehr nicht die übrigen Treugeber über die Beklagte zu 2) dazu zwingen könne, ihre Anonymität aufzugeben. Zudem bekräftige Artikel 1 Abs. 2 DSGVO das Recht der weiteren Treugeber auf den Schutz ihrer personenbezogenen Daten.Ihr Recht, die Auskunft zu verweigern, ergebe sich ferner aus der Begrenzung des Auskunftsanspruchs eines Gesellschafters durch das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und des Schikaneverbots (§ 226 BGB).Ihrer Ansicht nach bestehe die erhebliche, begründete Gefahr, dass die Klägerin mit den ihr zur Verfügung gestellten Informationen nicht gesellschaftliche Rechte ausüben möchte, sondern diese dafür nutzen möchte, die weiteren Treugeber davon zu überzeugen, ihre Beteiligungen deutlich unter Wert zu übertragen. Diese Gefahr ergebe sich nicht nur aus dem vorgetragenen Verhalten des Vaters der Klägerin und der Schwester der Klägerin, sondern insbesondere auch aus den Umständen des Erwerbs der Beteiligung durch die Klägerin. Zudem weise der Kaufvertrag, mit dem die Klägerin ihre Beteiligung erhalten habe, deutlich auf eine Sittenwidrigkeit gemä? 138 Abs. 1 hin, da der gezahlte Kaufpreis erheblich unter dem tatsächlichen Wert der Beteiligung läge, und es so scheine, dass der ehemalige Treugeber möglicherweise aufgrund falscher oder nicht vollständiger Informationen dazu bewegt worden sei, seine Beteiligung zu diesem Preis zu veräußern. Außerdem bestehe die begründete, erhebliche Gefahr, dass die Klägerin die erlangten Informationen an ihre Familienmitglieder, insbesondere ihre weiterhin beteiligte Schwester weitergebe. Eine Weitergabe von Informationen sei schließlich ausschließlich bei einer umfassenden Darlegung der Zwecke, für die die Daten benötigt würden, und einer Selbstverpflichtung der Klägerin, die Informationen nicht zu eigennützigen und vertragswidrigen Zwecken zu nutzen, möglich.Die Beklagte zu 2) verweist, ebenso wie die Beklagte zu 1), auf das nicht vorgelegte Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft L. aus Mitte 2017, das hiernach folgende Wertverhältnis von 290 % zu 85 %, sowie durch die in § 1 des Vertrages vereinbarte Gewinnausschüttung für alle vorangegangenen Geschäftsjahre an die Klägerin resultierenden weiteren Nachteile für den Veräußerer S.. Zudem verweist die Beklagte zu 2) auf einen Telefonvermerk der Frau V. vom 24.08.2018, wonach eine Frau W. sich darüber beschwerte, dass sie mehrmals Post und Anrufe von Herrn N. erhalten habe, da dieser ihre Beteiligung für seine Kinder kaufen wolle. Zudem habe die Schwester der Klägerin, Frau D. I., unmittelbar nach Herausgabe von Adressen an diese am 06.06.2017 eine Mitgesellschafterin unter dem 13.08.2017 unter offensichtlich unzutreffenden Angaben angeschrieben, um diese zu einer Kontaktaufnahme zu bewegen, ihre Beteiligung zu veräußern (Anlage B 7). Den unzutreffenden Angaben sei ihre Geschäftsführung mit Anschreiben an die Treugeber vom 22.08.2017 entgegengetreten (Anlage B 8).Zu den behaupteten Verflechtungen der Klägerin mit ihrer Familie verweist die Beklagte zu 2) auf deren Nutzung einer einheitlichen Adresse in der Barlachstraße in Münster unter Benutzung derselben Telefonnummer und derselben Emailadresse. Darüber hinaus sei ihren Mitarbeiterinnen mitgeteilt worden, dass die Abwicklung der früheren Beteiligung ausschließlich über den Vater erfolgen solle.Die Beklagte zu 2) verweist darauf, dass sie sich hinsichtlich eines möglichen Missbrauchs der Adressen nur auf die vorgelegten Indizien und sich das daraus ergebende Gesamtbild stützen könne, ein missbräuchliches Verhalten indes im Vorfeld verhindert werden müsse, bevor "das Kind in den Brunnen gefallen sei"".

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Einer Klageabweisung im Übrigen bedurfte es nicht, da die zu den Anträgen 1) und 2) vorgenommenen Zusätze lediglich der Klarstellung dienen.

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Auskunftsansprüche gegen die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) zu.

Die Klägerin ist durch den vorgelegten Treuhand- und Verwaltungsvertrag nicht nur im Sinne einer Innengesellschaft (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) mit den weiteren Treugebern und der Beklagten zu 2) als Treuhänderin, der im Innenverhältnis die Geschäftsführung obliegt, verbunden; vielmehr erfolgt nach § 1 Abs. 2 des Treuhand- und Verwaltungsvertrages durch die Annahme und Bestätigung der Beitrittserklärung durch die Treuhänderin gleichzeitig die mittelbare Aufnahme des Treugebers in die Beteiligungsgesellschaft über das vorgeschaltete Treuhandverhältnis. Zudem sind nach § 1 Abs. 3 des Treuhand- und Verwaltungsvertrages die Vorschriften des Gesellschaftsvertrages der Kommanditgesellschaft und zwar auch insoweit, als ein besonderer Verweis auf die Rechte und Pflichten der Treugeber im Gesellschaftsvertrag nicht ausdrücklich erfolgt, entsprechend anzuwenden. Der den Treugebern bei Beitritt bekannte Kommandit-Gesellschaftsvertrag ist nach § 1 Abs. 4 zugleich Bestandteil des geschlossenen Treuhand- und Verwaltungsvertrages. Ebenso hat sich nach§ 1 Abs. 5 jeder Treugeber damit einverstanden erklärt, dass die Treuhänderin auch andere Geschäftsanteile der Beklagten zu 1) treuhänderisch übernimmt bzw. übernommen hat. Insoweit liegt zwar eine qualifizierte Treuhand- wie sie den Entscheidungen des BGH vom 05.02.2013 (NZG 2013, 379 f.) und vom 16.12.2014 (NZG 2015, 269 f.) zugrunde lag - nicht vor, da die Ausübung der gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsrechte der Treugeber in der Kommanditgesellschaft lediglich über die Treuhänderin über die Beschlussfassungen gemäß §§ 10 und 11 des Treuhand- und Verwaltungsvertrages erfolgt. Die vorgenannten Regelungen bewirken indes eine ausreichende Verzahnung von Gesellschaft und Treuhand, die auch im Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 1) (§ 4 Abs. 2d und § 11) bereits vorgesehen ist.

Als Gesellschafterin der nach § 9 des Treuhand- und Verwaltungsvertrages bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Innengesellschaft), deren einziger Zweck die Ausübung der gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsrechte über die Treuhänderin in der Kommanditgesellschaft in Form der Ausübung der Weisungsrechte gegenüber der Treuhänderin sowie der Beschlussfassung gemäß §§ 10 und 11 ist, kann die Klägerin nach § 716 BGB uneingeschränkte Auskunft über Namen und Anschriften ihrer Mitgesellschafter verlangen. Das Recht, seine Mitgesellschafter zu kennen, gehört zum unverzichtbaren Kernbereich der Gesellschafterrechte in der Personengesellschaft und kann nicht ausgeschlossen werden, s. BGH NZG 2011, 276. Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 2) ist es nicht erforderlich, dass für die begehrte Auskunft ein besonderer Anlass besteht oder ein bestimmter Zweck verfolgt wird. Die Auskunftspflicht aus § 716 Abs. 1 BGB ist einer solchen Einschränkung nicht unterworfen. Der Auskunftsanspruch ist lediglich durch das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und das Schikaneverbot gemäß § 226 BGB begrenzt, sh. BGH a.a.O.. Die Auskunft darf danach nur verweigert werden, wenn an ihrer Erteilung kein vernünftiges Interesse besteht oder das Interesse so unbedeutend ist, dass es in keinem Verhältnis zu dem die Erteilung erforderlichen Aufwand steht. Letzteres ist bereits aufgrund des der Beklagten zu 2) geführten Treugeberverzeichnisses nicht der Fall.

Die Beklagte zu 2) vermag sich auch nicht darauf zu berufen, dass die Klägerin das sogenannte Transparenzregister gemäß § 18 f. GwG einsehen könne. Dies erfordert im Hinblick auf den Schutzzweck des GwG ein spezielles Interesse an der Auskunft, dessen besonderen Voraussetzungen von der Beklagten zu 2) weder dargetan noch ersichtlich sind.

Ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse der Treugeber zur Wahrung ihrer Anonymität, besteht auch aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten nicht. So wie nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG das Übermitteln personengezogener Daten im Rahmen eines rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisses zulässig war, wenn es für dessen Durchführung erforderlich ist, ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nunmehr nach Artikel 6 Abs. 1b DSGVO zur Erfüllung eines Vertrages ebenso zulässig.

Die Kenntnis der Mitgesellschafter ist zur Ausübung der gesellschaftsrechtlichen Rechte in der Innengesellschaft wie auch über die Treuhänderin in der KG zwingend erforderlich. Der einzelne Gesellschafter ist darauf angewiesen, die persönlichen Daten seiner Mitgesellschafter zu kennen, um sich über die Gesellschaftsgeschicke auszutauschen, Interessenlagen zu erkennen oder Interessenkollisionen zu prüfen. Dieses Recht ist, wie zuvor dargelegt, nicht an einen bestimmten Anlass gebunden.

Diese Erwägungen gelten ebenso für den Auskunftsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1), an der sie mittelbar über die Beklagte zu 1) als Treuhänder beteiligt ist.

Die Beklagten können sich nicht auf das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung(§ 242 BGB) und das Schikaneverbot gemäß § 226 BGB berufen.Eine abstrakte Missbrauchsgefahr allein rechtfertigt es nicht, einem Vertragspartner das Recht zuzugestehen, gegenüber einem anderen seinen Namen und seine Anschrift zu verheimlichen, s. BGH, NZG 2013, 379 f., NZG 2015, 269 f.. Erforderlich ist daher die Darlegung und der Nachweis einer konkreten Gefahr des Missbrauchs der begehrten Daten.Die Darlegungen der Beklagten zu 1) und 2) rechtfertigen es - weder einzeln noch in der Gesamtschau - nicht, die Gefahr eines konkreten Missbrauchs durch die Klägerin anzunehmen. Eine solche konkrete Gefahr eines Missbrauchs kann allein aus den dargelegten Umständen des Erwerbs des Kommanditanteils des früheren Treugebers S. S. nicht gefolgert werden. Soweit sich die Beklagten darauf berufen, dass dem Vertragsschluss Gespräche zwischen dem Verkäufer nicht nur mit der Klägerin, sondern auch deren Vater, Herrn I. N., vorausgegangen seine, ist nicht dargelegt, inwieweit der Vater der Klägerin überhaupt auf die Entschließung des Herrn S. Einfluss genommen hat. Zum Inhalt der Gespräche ist nichts vorgetragen. Allein der Umstand, dass die Klägerin für die erworbene Beteiligung einen Preis zahlte, der nach Angaben der Beklagten lediglich 85 % des Beteiligungswertes entsprach, während im Zeitpunkt der Veräußerung der Wert der Beteiligung bei ca. 290 % gelegen habe und sich aufgrund der vertraglichen Vereinbarung, dass die Ausschüttungen für die Geschäftsjahre 2016, 2017 und 2018, ab Zahlung des Kaufpreises erfolgen, der Klägerin zustehen, weitere Nachteile für den Veräußerer ergeben konnten, vermag ein unredliches Handeln der Klägerin nicht zu belegen. Über diese Umstände ist der Veräußerer S. durch das Schreiben des damaligen Geschäftsführers der Komplementärin der Beklagten zu 1) vom 19.02.2018 ausdrücklich hingewiesen worden. Dieser hat unter dem 02.03.2018 bestätigt, dass er in Kenntnis dieser Angaben es ausdrücklich wünscht, dass der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin, Herr T. dem Sonderrechtsnachfolgevertrag zustimmen solle, damit dieser endgültig rechtswirksam wird. Über den Erwerb dieses konkreten Geschäftsanteils hinaus, der im Übrigen mit einem Geldwert in Höhe von 10.225,84 Euro nicht geeignet erscheint, einen erheblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaften auszuüben, haben die Beklagten keinen weiteren Versuch des Erwerbs einer Beteiligung dargelegt, an die Klägerin unmittelbar beteiligt war oder gemeinsam mit ihrem Vater oder ihrer Schwester mitgewirkt hätte.Das Gericht verkennt nicht, dass in der Weitergabe erlangter Daten an Familienangehörige zum Zwecke eines gezielten Erwerbs zu "Dumpingpreisen" ein Missbrauch der erlangten Daten liegen kann. Auch mag die Gefahr der Weitergabe innerhalb eines bestehenden Familienkreises naheliegender sein, als die Weitergabe an außenstehende Dritte. Allein dadurch wird indes nicht die konkrete Gefahr eines Datenmissbrauchs begründet. Nicht dargelegt und nicht ersichtlich ist, dass sich die Klägerin an einer etwaigen missbräuchlichen Zielsetzung durch ihren Vater I. N. oder ihre Schwester D. K. I., beteiligt oder daran mitgewirkt hätte, was diese bestreitet.

Die Beklagten sind gemäß §§ 286, 288 BGB zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verpflichtet, da die geltend gemachten Ansprüche gegenüber beiden Beklagten begründet waren und diese erfolglos zur Bekanntgabe der verlangten Daten aufgefordert wurden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 709 ZPO.

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