AG Bonn, Urteil vom 17.01.2019 - 27 C 111/18
Fundstelle
openJur 2019, 30474
  • Rkr:
Tenor

In

pp

hat das Amtsgericht Bonn auf die mündliche Verhandlung vom 29.11.2018

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der klagenden Partei auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft G-str. ...-... I-straße # in C.

Nach der Teilungserklärung (§ 6 Abs. 4) wird für das Gebäude eine Gemeinschaftsantennenanlage errichtet, die Sondereigentümer sind danach nicht berechtigt, eigene Antennen anzubringen. In der Eigentümerversammlung vom 10.01.2003 gestattete die Wohnungseigentümergemeinschaft unter TOP 5 dem Kläger auf seine Kosten als vorübergehende Lösung bis zur Empfangsmöglichkeit über die Kabelanlage die Errichtung einer Sat-Empfangsanlage zum Empfang von Türksat. Wegen der Einzelheiten wird auf Anl. K4 (Bl. 18) verwiesen. In der Eigentümerversammlung vom 29.08.2018 fassten die Eigentümer unter TOP 7 folgenden Beschluss:

"Die Eigentümerversammlung beschließt, den Verwalter, unter Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes, mit der gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs auf Rückbau der nicht mehr genehmigten Satellitenempfangsanlage der WE 8 zu ermächtigen. Vorab wird eine letzte Frist zur Demontage der Schüssel bis zum 30.09.2018 gesetzt."

In dem Beschlussvortext wird ausgeführt, dass für die Satellitenanlage nur eine vorübergehende Genehmigung erteilt worden sei, wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 3 (Bl. 28 ff.) verwiesen.

Mit Schreiben vom 30.08.2018 forderte die Verwalterin die Kläger auf, die Satellitenschüssel zu entfernen.

Die Kläger sind der Meinung, der Beschluss unter TOP 7 verstoße gegen das Recht auf Informationsfreiheit der Kläger und ihr Eigentumsrecht. Eine Auslegung des Beschlusses ergebe, dass auf seiner Grundlage eine bestimmte Nutzung des Gemeinschaftseigentums untersagt werde. Sie behaupten, über Kabel sei ein solch breitgefächerter Empfang wie über Satellit nicht möglich, da türkische Radiosender nicht im gleichen Umfang zu empfangen seien, zudem nicht die Sender, die sie bevorzugt empfangen wollten.

Die Kläger beantragen,

den in der Versammlung der Eigentümer vom 29.08.2018 unter TOP 7 gefassten Beschluss für ungültig zu erklären.

Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Auffassung, es fehle das Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschlussanfechtung, da es sich bei dem Beschluss lediglich um eine Abmahnung/Aufforderung handele. Im Übrigen behaupten sie, es könnten elf türkische Sender über Kabel empfangen werden, weitere gegen Zahlung zusätzlicher Gebühren. Zudem seien über das Internet zahlreiche weitere Sender zu empfangen. Sie sind deshalb der Ansicht, die vorübergehend erteilte Genehmigung sei nun erloschen und der Wohnungseigentümergemeinschaft stehe ein Anspruch auf Rückbau zu.

Gründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere fristgerecht innerhalb der Monatsfrist nach § 46 Abs. 1 S. 2 WEG erhoben. Dies ergibt sich aus dem Stempel vom 28.09.2018 auf dem Exemplar der Klageschrift der Kläger, die diese als Anlage zum Schriftsatz vom 30.10.2018 eingereicht haben (Bl. 27).

Die Klage ist aber nicht begründet. Es fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung des Beschlusses unter TOP 7. Es handelt sich lediglich um einen sogenannten Abmahn- und Vorbereitungsbeschluss. Für die Anfechtung von Aufforderungsbeschlüssen fehlt es am Rechtsschutzinteresse des Anfechtenden, da diese Beschlüsse keine Regelung treffen und lediglich eine Meinungskundgebung der Miteigentümer darstellen. Ein solcher Beschluss schafft keinen unmittelbaren Anspruchsgrund gegenüber dem betroffenen Eigentümer. Die bloße Aufforderung zu einem Tun oder Unterlassen ändert nicht die Rechte und Pflichten des Betroffenen und begründet auch keinen Anspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft. Gleiches gilt für einen Beschluss, mit dem die Wohnungseigentümer sich entschließen, gegen ein Mitglied der Gemeinschaft ein Gerichtsverfahren einzuleiten. Auch mit einem solchen Beschluss wird nicht ein Anspruch oder ein Recht begründet, sondern lediglich die Durchsetzung eines Rechts oder eines Anspruchs vorbereitet. Die Durchsetzbarkeit und damit die materielle Berechtigung des behaupteten Beseitigungsanspruchs wird erst im gerichtlichen Verfahren geprüft. Ausnahmsweise kommt die Anfechtung eines Aufforderungsbeschlusses in Betracht, wenn ein Anspruch der Gemeinschaft unter jedem tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkt ausgeschlossen erscheint. Zudem muss der Beschluss die Vorwürfe hinreichend genau bezeichnen. Generell entspricht es ordnungsgemäßer Verwaltung, Ansprüche geltend machen, sofern diese nicht offensichtlich nicht bestehen (vergleiche Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 3 Rn. 67; BGH v. 15.01.2010, V ZR 72/09 Rn. 7 sowie v. 30.11.2012, V ZR 234/11 Rn. 15 - beide nach juris).

Hier haben die Eigentümer "den Verwalter, unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts, mit der gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs auf Rückbau der nicht mehr genehmigten Satellitenempfangsanlage" ermächtigt, zudem eine Frist zur Demontage gesetzt. Eine Auslegung des Beschlusses nach dem Wortlaut ergibt entgegen der Auffassung der Kläger eindeutig, dass hier nicht ein neuer Anspruch begründet werden soll. Die Wohnungseigentümer haben hier lediglich zum Ausdruck gebracht, dass ihres Erachtens ihnen ein Anspruch auf Rückbau zusteht und sie diesen Anspruch gerichtlich verfolgen wollen. Damit bereiten sie lediglich die Durchsetzung eines behaupteten Rechts oder Anspruchs vor. Da der Beschluss die Vorwürfe hinreichend genau bezeichnen muss, ist allein aus dem Umstand, dass der behauptete Anspruch auf Rückbau im Beschluss überhaupt genannt ist, nicht zu schließen, dass hiermit ein eigener Anspruch begründet werden soll. Daran ändert sich auch nichts, wenn den Klägern zuvor nicht die Beseitigung der Satellitenschüssel aufgegeben worden ist. Hier bezieht sich der Streit ja gerade auf die Frage, inwiefern die Genehmigung nur vorübergehend erteilt war und nunmehr abgelaufen ist. Das wird auch aus dem Beschlussvortext zu TOP 7 deutlich, in dem auf einen solchen Vorbehalt der Genehmigung abgestellt wird. Vor diesem Hintergrund ist ein Anspruch auf Rückbau auch nicht offensichtlich ausgeschlossen.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird weiterhin auf 1.500 EUR festgesetzt. Dabei hat sich das Gericht an Entscheidungen des OLG Köln v. 31.08.04, Az. 16 Wx 166/04 sowie v. 26.07.04, 16 Wx 134/04 ; LG Frankfurt v. 28.05.10, Az. 2-09 S 47/08 und AG Bonn v. 16.01.17, 27 C 49/16 - jeweils nach juris orientiert, die den Streitwert jeweils auf 1.500 EUR festgesetzt haben und der auch im hier betroffenen Fall als zutreffend erscheint. Ein Streitwert von 2.000 EUR erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der Empfangsmöglichkeiten aus dem Internat als überhöht.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Straße 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:

Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.

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