LG Düsseldorf, Urteil vom 05.10.2016 - 2a O 34/15
Fundstelle
openJur 2019, 30439
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union Spritzen für Gartenschläuche in der nachstehend wiedergegebenen Ausführungsform selbst oder durch Dritte anzubieten, zu bewerben, zu vertreiben und/oder in Verkehr zu bringen:

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle Schäden zu erstatten, die dieser aus Handlungen gemäß Ziffer I. entstanden sind und/oder künftig noch entstehen werden.

III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.071,31 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.02.2015 zu bezahlen.

IV. Die Widerklage wird abgewiesen.

V. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich Ziff. I gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,- €, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein schwedisches Unternehmen, das Motorgeräte für die Forstwirtschaft sowie die Garten- und Landschaftspflege herstellt. Ende des Jahres 2006 erwarb die Klägerin die Gardena Deutschland GmbH, ein deutsches Traditionsunternehmen, das seit Anfang der 1960er Jahre als eines der marktführenden Unternehmen Gartengeräte in Europa produziert und vertreibt.

Im Jahr 1968 brachte die Gardena Deutschland GmbH das "Original GARDENA System" auf den Markt, ein Gartenschlauchsystem, zu dessen Steck-Set eine Schnellkupplung zur Verbindung der Bewässerungsspritze mit dem Gartenschlauch und die streitgegenständliche Bewässerungsspritze gehören. Diese Bewässerungsspritze besteht aus drei Teilen, nämlich einem Verbindungsstück, einem Handlauf und einer Spitze, wobei

das Verbindungsstück drei Rillen und einen Dichtungsring aufweist,

der Handlauf grau und kegelförmig ist und über eine feine geriffelte Oberfläche verfügt und

die Spitze, die schmaler und länger als der Handlauf ist, ebenfalls kegelförmig und nach vorn hin verjüngend ausgestaltet ist, über leichte, ellipsenförmige Vertiefungen verfügt und in einer dunkelorangen Farbe gehalten ist,

wie aus den Anlagen K 2, 3, 36, 37 ersichtlich.

Die Klägerin ist Inhaberin der am 31.01.1997 angemeldeten und am 26.01.2000 eingetragenen dreidimensionalen Unionsmarke Nr. 456244

in den Farben orangerotgrauhellgrau, die für die Ware "Bewässerungsspritze" (Klasse 21) geschützt ist.

Die Gartenschlauchspritzen werden von der Gardena Deutschland GmbH, der deutschen Tochtergesellschaft der Klägerin, mit deren Zustimmung in Deutschland und Europa vertrieben. Die in den Anlagen K 2, 3 und 37 wiedergegebenen Bewässerungsspritzen sind im Einzelhandel, beispielsweise in Baumärkten, sowie über Amazon und eBay erhältlich. Bei den als Anlage K 3 vorgelegten Internetangeboten handelt es sich um Angebote von Abnehmern der Gardena Deutschland GmbH, die die Bewässerungsspritzen zuvor von dieser erworben haben. Die Gardena Deutschland GmbH bietet die Gartenschlauchspritze auch auf ihrer Internetseite "gardena.com" zum Kauf an. Wegen der Einzelheiten des Angebots wird auf Anlage K 36 verwiesen.

Auf dem Markt ist eine Vielzahl verschiedener Gartenschlauchaufsätze bzw. Bewässerungsspritzen vorhanden. Die Gestaltung der angebotenen Bewässerungsspritzen reicht von pistolenförmigen Spritzen mit Hebeln und Brause-Aufsätzen bis hin zu länglich geformten Bewässerungsspritzen, zu denen beispielsweise die der Gardena Deutschland GmbH gehört. Hinsichtlich der Einzelheiten der verfügbaren Modelle wird auf die Anlagen K 13, 14 und B 1, 3 verwiesen.

Die Beklagte ist eine Gesellschaft des Lidl-Konzerns, die für das Online-Angebot der Discounter-Kette zuständig ist. Sie betreibt die Webseite mit der URL www.lidl.de und den auf der Webseite verfügbaren Online-Shop.

Seit Anfang Juli des Jahres 2014 bis zumindest Januar 2015 bot die Beklagte auf der Internetseite www.lidl.de ein Spiralschlauch-Set an, das aus einem Spiralschlauch, einer Bewässerungsspritze und einer Kupplungshülse für eine Schlauch-Schnellkupplung bestand. Die Bewässerungsspritze wies dabei geringfügig andere Abmessungen und Proportionen als die Bewässerungsspritze der Gardena GmbH auf und war in der Farbkombination rot (Spitze) - schwarz (Verbindungsstück/Handlauf) gehalten, wie nachfolgend ersichtlich:

Hinsichtlich der konkreten Gestaltung des Spiralschlauch-Sets mit der streitgegenständlichen Bewässerungsspritze wird auf die Anlagen K 10 und K 12 Bezug genommen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 24.07.2014 mahnte die Klägerin die Beklagte ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung bis zum 04.08.2014 auf. Die Beklagte wies die Abgabe der Erklärung unter Hinweis auf die Verwendung einer abweichenden Farbkombination zurück.

Die Klägerin stützt ihre Ansprüche in erster Linie auf die dreidimensionale Unionsmarke Nr. 456244 (im Folgenden: Klagemarke), hilfsweise auf ihre bekannte Marke, weiter hilfsweise auf § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 9 UWG.

Die Klägerin behauptet, seit Markteinführung seien bis Anfang des Jahres 2015 über 3 Millionen der Bewässerungsspritzen in Deutschland verkauft worden, weltweit seit dem Jahr 1997 ca. 5 Millionen Stück. Von den in den Anlagen K 2, 3, 36 und 37 abgebildeten Gartenschlauchspritzen (Artikel-Nr. 2818) habe sie bzw. ihre Tochtergesellschaft im Zeitraum Mai 2010 bis Ende April 2015 deutlich über 120.000 Stück in der EU abgesetzt. Im Jahr 2010 (Mai bis Dezember) habe sie bzw. ihre Tochtergesellschaft mehr als 15.000 Stück, in den Jahren 2011 - 2014 jeweils deutlich mehr als 20.000 Stück jährlich und im Jahr 2015 (im Zeitraum Januar bis zum 07.12.2015) über 30.000 Stück in der EU verkauft. In Deutschland habe sie bzw. ihre Tochtergesellschaft im Zeitraum Mai 2010 bis Dezember 2014 mehr als 65.000 Stück, jährlich zwischen 10.000 - 15.000 Stück, verkauft. In Österreich seien in diesem Zeitraum mehr als 20.000 Stück (jährlich jeweils mehr als 4.000 Stück) verkauft worden.

Bis in das Jahr 2012 habe die Gardena Deutschland GmbH mit ihrer Zustimmung eine im Vergleich zu den in den Anlagen K 2, 3, 36 und 37 abgebildeten Gartenschlauchspritzen schmalere Version, wie aus der Abbildung auf Seite 9 oben der Klageschrift vom 02.02.2015 ersichtlich (Artikelnr. 941), angeboten. Von dieser schmaleren Version seien im Zeitraum Mai 2010 bis Dezember 2012 insgesamt mehr als 15.000 Stück in der EU abgesetzt worden, wobei in diesem Zeitraum in Deutschland insgesamt 5.700 Stück (jährlich ca. 2.000 Stück) und beispielsweise in den Niederlanden ca. 3.000 Stück verkauft worden seien.

Die Klägerin hat die Beklagte auch wegen Auskunftserteilung in Anspruch genommen. Nachdem die Beklagte die geforderte Auskunft zwischenzeitlich im Rahmen des patentrechtlichen Rechtsstreits erteilt hat, haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit in der mündlichen Verhandlung vom 07.09.2016 übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

I. es der Beklagten bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union Spritzen für Gartenschläuche in der nachstehend wiedergegebenen Ausführungsform selbst oder durch Dritte anzubieten, zu bewerben, zu vertreiben und/oder in Verkehr zu bringen:

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr alle Schäden zu erstatten, die ihr aus Handlungen gemäß Ziffer I. entstanden sind und/oder künftig noch entstehen werden;

III. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 2.071,31 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.02.2015 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

I. den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt in dem Nichtigkeitsverfahren über die Unionsmarke der Klägerin Nr. 456244 nach Art. 104 Abs. 1 UMV, hilfsweise nach Art. 104 Abs. 2 UMV, auszusetzen;

II. die Klage abzuweisen.

Für den Fall, dass das erkennende Gericht den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt in dem Nichtigkeitsverfahren über die Unionsmarke der Klägerin Nr. 456244 nicht aussetzt, beantragt sie widerklagend,

die Unionsmarke der Klägerin Nr. 456244 für verfallen zu erklären.

Für den Fall, dass das erkennende Gericht den Rechtsstreit aussetzt, beantragt sie hilfswiderklagend,

die Unionsmarke der Klägerin Nr. 456244 für verfallen zu erklären.

Die Klägerin beantragt,

I. den auf Aussetzung des Rechtsstreits gerichteten Antrag der Beklagten zurückzuweisen;

II. die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte rügt Verspätung des klägerischen Schriftsatzes vom 07.12.2015. Sie erhebt die Einrede der Nichtbenutzung. Sie ist der Ansicht, die Klägerin bzw. ihr Tochterunternehmen verwende die Klagemarke nicht in den geschützten Farben, sondern vielmehr nur in den Farben rot und schwarz.

Zur Widerklage behauptet die Beklagte, es sei eine Vielzahl von zur Klagemarke hochgradig ähnlichen Bewässerungsspritzen auf dem Markt, u.a. auch im stationären Handel, erhältlich. Sie meint, die Gestaltung bzw. Form der klägerischen Bewässerungsspritze habe sich zu einer gebräuchlichen Form derartiger Produkte entwickelt. Zudem sei die Klagemarke auch wegen Nichtbenutzung für verfallen zu erklären.

Zur Widerklage ist die Klägerin der Ansicht, dass Art. 51 Abs. 1 lit. b) UMV auf dreidimensionale Marken nicht anwendbar sei, da dieser nur Wortzeichen erfasse. Ferner ist sie der Ansicht, aufgrund der aus den Anlagen K 14 und B 1, B 3 ersichtlichen Produkte der Wettbewerber der Klägerin könne nicht der Rückschluss auf einen Verfall der Klagemarke wegen einer Entwicklung zu einer gebräuchlichen Beschreibung/Gestaltung gezogen werden, da diese Produkte der Klagemarke zwar in ihrer Form, nicht jedoch in ihrer Farbkombination ähneln würden. Die Klagemarke schütze nicht nur die Form der Bewässerungsspritze, sondern die Kombination aus Form- und Farbgebung. Zudem behauptet sie, in der Vergangenheit konsequent gegen Nachahmungen der Bewässerungsspritze vorgegangen zu sein, insbesondere habe sie, was unstreitig ist, nach Kenntniserlangung durch die Klageerwiderung und den Schriftsatz vom 01.12.2015, gegenüber den Herstellern und Verkäufern der in den Anlagen B 1 und B 3 durch die Beklagte vorgelegten Bewässerungsspritzen in der Farbkombination rotschwarz Abmahnungen ausgesprochen.

Mit Beschluss vom 23.02.2015 hat die Kammer die ursprünglich angekündigten Anträge zu Ziffer II. sowie die darauf entfallenden Folgeansprüche in den Ziffern III. - VII. abgetrennt und an die für Patentsachen zuständige 4c. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgegeben.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 17.02.2016 durch Vernehmung der Zeugin B. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 27.04.2016 verwiesen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Das Verfahren ist vorliegend nicht nach Art. 100 Abs. 4 i.V. m. 104 Abs. 1 UMV bis zur Entscheidung des EUIPO auszusetzen. Die Widerklage ist zulässig, aber unbegründet. Die Klage ist begründet.

A.

Das Verfahren ist vorliegend nicht nach Art. 100 Abs. 4 i.V.m. 104 Abs. 1 UMV auszusetzen.

Nach Art. 100 Abs. 4 UMV setzt das Unionsmarkengericht das Verfahren nach Maßgabe des Art. 104 Abs. 1 UMV bis zur abschließenden Entscheidung über den Antrag aus, wenn beim Amt ein Antrag auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit der Unionsmarke bereits eingereicht worden war, bevor die Widerklage auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit der Unionsmarke erhoben wurde. Dabei wird die Aussetzung in Art. 100 Abs. 4 UMV nicht zwingend angeordnet, sondern das Gericht hat über die Aussetzung nach Maßgabe des Art. 104 Abs. 1 UMV zu entscheiden.

Nach Art. 104 Abs. 1 UMV erfolgt die Aussetzung nicht automatisch, sondern das Gericht hat zu prüfen, ob besondere Gründe für die Fortsetzung des Verfahrens bestehen. Besondere Gründe sind dann gegeben, wenn die in dem vor dem Amt eingeleiteten Verfahren erhobenen Angriffe auf die Gültigkeit der Klagemarke keine Aussicht auf Erfolg haben (vgl. Eisenführ/Schennen, Gemeinschaftsmarkenverordnung, 3. Auflage 2010, Art. 104, Rn. 13).

So liegt der Fall hier. Es ist nicht wahrscheinlich, dass die Beklagte mit ihrem Antrag auf Erklärung des Verfalls Erfolg haben wird (vgl. hierzu Ziffer B II. 1 und 2). Dafür spricht auch die - nicht abschließende - Entscheidung der Löschungsabteilung der EUIPO. Im Rahmen der Interessenabwägung ist daher vorliegend das Interesse der Klägerin an der Fortführung des Verfahrens als vorrangig gegenüber dem Aussetzungsinteresse der Beklagten anzusehen.

B.

Die Widerklage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Die Widerklage ist zulässig, insbesondere konnte ihre bedingte oder unbedingte Erhebung von der innerprozessualen Bedingung der Aussetzung des Verfahrens durch das Gericht abhängig gemacht werden.

II.

Die Widerklage ist unbegründet. Die Klagemarke ist nicht für verfallen zu erklären.

1.

Die Klagemarke war nicht nach Art. 51 Abs. 1 lit. b UMV für verfallen zu erklären, da sie nicht infolge des Verhaltens oder der Untätigkeit der Klägerin zu einer für Bewässerungsspritzen gebräuchlichen Gestaltung geworden ist.

Verfall nach Art. 51 Abs. 1 lit. b) UMV tritt ein, wenn die Unionsmarke infolge des Verhaltens oder der Untätigkeit ihres Inhabers im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung einer Ware oder einer Dienstleistung, für die sie eingetragen ist, geworden ist.

Vorliegend kann dahinstehen, ob Art. 51 Abs. 1 lit. b) UMV auf dreidimensionale Unionsmarken anwendbar ist, da nicht festgestellt werden kann, dass die Klagemarke zu einer für Bewässerungsspritzen üblichen Form verfallen ist. Dies ergibt sich aus der von der Klägerin vorgelegten Vielzahl unterschiedlicher Gestaltungen und verfügbarer Modelle von Bewässerungsspritzen wie aus den Anlagen K 13 und 14 ersichtlich. Die Beklagte ist dem Vortrag der Klägerin, dass nicht nur der Klagemarke in der Formgestaltung ähnliche Bewässerungsspritzen auf dem Markt erhältlich sind, sondern beispielsweise auch pistolenförmige Bewässerungsspritzen mit Hebeln, nicht entgegengetreten.

Hinsichtlich der auf dem Markt verfügbaren, in der Formgebung der Klagemarke ähnlichen Bewässerungsspritzen (Anlagen B 1, 3 und K 14) ist festzustellen, dass diese überwiegend eine erheblich abweichende Farbkombination (grüngelb, blauschwarz, grünschwarz, grüngrau, grünblau, gelbschwarz, orangegrün, dunkelgrauhellgrau etc.) aufweisen. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist zu berücksichtigen, dass der Schutzumfang der Klagemarke sich nicht ausschließlich auf die konkrete Formgestaltung der geschützten Bewässerungsspritze bezieht, sondern die konkrete Kombination aus der Formgestaltung in Verbindung mit der konkret geschützten Farbkombination orangerotgrauhellgrau. Dies wird aus den im Register enthaltenen Angaben zur Klagemarke ersichtlich (vgl. Anlage K 5). Die Klagemarke ist eben nicht in schwarzweiß eingetragen und damit für alle Farben geschützt (vgl. Eisenführ/Schennen, aaO, Art. 15, Rn. 21), sondern genießt Schutz für die konkrete Farbgestaltung orangerotgrauhellgrau. Ein Verfall der Klagemarke kann aufgrund der auf dem Markt verfügbaren, in der Formgebung zwar identischen bzw. hochgradig ähnlichen, in der Farbgebung jedoch abweichenden Bewässerungsspritzen aus diesen Gründen nicht angenommen werden. Soweit demnach in der Formgebung identische bzw. hochgradig ähnliche Bewässerungsspritze auf dem Markt verfügbar sind, die jedoch eine anderweitige Farbgebung aufweisen, z.B. in der Farbgebung schwarze Spitze, roter Handlauf, sowie schwarzes Verbindungsstück - also eine zur angegriffenen streitgegenständlichen Bewässerungsspritze der Beklagten umgekehrte Farbgebung wie aus Anlage K 14 (Seite 1) ersichtlich - kann aus der Existenz dieser nicht auf einen Verfall der Klagemarke geschlossen werden.

Aber auch aufgrund der übrigen in den Anlagen B 1, 3 und K 14 wiedergegebenen im Vergleich zur Klagemarke in Form- und Farbgebung ähnlichen Bewässerungsspritzen kann nicht auf einen Verfall der Klagemarke geschlossen werden. Zwar braucht die Beklagte entgegen der Ansicht der Klägerin nichts zum Umfang des Vertriebs dieser ähnlichen Bewässerungsspritzen durch Dritte vorzutragen. Es genügt für einen Verfall zur gebräuchlichen Bezeichnung/Form nämlich, dass diese Bewässerungsspritzen jedenfalls auf dem Markt verfügbar sind und dem Verbraucher gegenübertreten.

Die vorgelegten Anlagen B 1 und K 14 enthalten jedoch insgesamt nur sechs der Klagemarke in Form und Farbgestaltung ähnliche Spritzen. In Anlage B 3 sind drei weitere, noch nicht in Anlage B 1 enthaltene, in der Form- und Farbgebung ähnliche Spritzen enthalten. Das Vorhandensein von insgesamt neun in der Form- und Farbgebung ähnlichen Spritzen genügt für einen Verfall zu einer gebräuchlichen Bezeichnung/Form nicht. Auch aus den vorgelegten Anlagen B 12 und 13 können keine Rückschlüsse auf den Verfall der Klagemarke gezogen werden. Unerheblich ist, dass sowohl die Online-Ausgabe des Dudens als auch die Fotodatenbank www.fotolia.de unter dem Suchbegriff "Schlauch" eine mit der Klagemarke hochgradig ähnliche Abbildung einer Bewässerungsspritze zeigen, da diese Einträge eben gerade den Suchbegriff "Schlauch" betreffen und nicht "Bewässerungsspritze".

Auf ein Verhalten der Klägerin gegenüber den Vertreibern/Herstellern dieser übrigen in den Anlagen B 1, 3 und K 14 vorgelegten Bewässerungsspritzen in abweichender Farbkombination kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten aus den oben genannten Gründen nicht an, da diese zwar möglicherweise der Klagemarke in der Formgestaltung ähnlich sind, jedoch nicht die von der Klagemarke geschützte Farbkombination orangerotgrauhellgrau aufweisen. Insofern kann es der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen, dass die Gestaltungsform von Dritten nachgeahmt wird, da ihr ein Vorgehen gegen diese Dritte im Hinblick auf den Schutzumfang ihrer Klagemarke bei der von den Dritten verwendeten abweichenden Farbkombinationen nicht möglich ist, soweit es sich nicht um verwechslungsfähige Farbkombinationen handelt.

Schließlich vermochte die Beklagte nicht substantiiert darzulegen, dass die etwaige Entwicklung der Klagemarke zu einer gebräuchlichen Bezeichnung/Gestaltung auf das Verhalten der Klägerin als Markeninhaberin, nämlich auf ihre Untätigkeit bei der Benutzung und Verteidigung ihrer Marke, zurückzuführen gewesen wäre. Die Klägerin hat nach Kenntniserlangung von Wettbewerbsmodellen durch Vorlage der Anlage B 1 im Zusammenhang mit der Klageerwiderung Abmahnungen gegenüber den Anbietern und Herstellern dieser Wettbewerbsmodelle ausgesprochen und dies durch Vorlage der Reaktionen der Hersteller und Verkäufer (Anlagen K 23 - 30) dargelegt. Ihr kann nicht Untätigkeit vorgeworfen werden. Auch die nunmehr erhobene Klage ist ein Zeichen dafür, dass die Klägerin ihre Rechte verteidigt.

2.

Die Klagemarke war auch nicht nach Art. 51 Abs. 1 lit. a UMV für verfallen zu erklären.

Nach Art. 51 Abs. 1 lit. a) UMV tritt Verfall ein, wenn der Markeninhaber die Unionsmarke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Gemeinschaft für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen. Entscheidender Zeitpunkt für die Berechnung des Fünfjahreszeitraums ist der Tag der Stellung des Verfallsantrags bzw. der Erhebung der Widerklage (vgl. auch Eisenführ/Schennen, GMV, aaO, Art. 51 Rn. 4).

Eine Marke wird dann ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion benutzt wird, nämlich die Ursprungsidentität der eingetragenen Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen (vgl. EuGH GRUR 2013, 182 - ONEL/OMEL, Rn. 55 f.; Eisenführ/Schennen, aaO, Art. 15, Rn. 47 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung des EuGH). Mit der Benutzung muss im Wesentlichen das Ziel verfolgt werden, Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder zu gewinnen (vgl. OLG Frankfurt a.M., GRUR-RR 2007, 277, Rn. 44). Hierbei kommt es darauf an, ob der angesprochene Verkehr die Benutzung als zeichenmäßigen Hinweis auf die Herkunft der so bezeichneten Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen ansieht (vgl. Ingerl/Rohnke, aaO, § 26, Rn. 224). Dafür ist es ausreichend aber auch erforderlich, dass die Marke in üblicher und (wirtschaftlich) sinnvoller Weise für die Ware oder Dienstleistung verwendet wird, für die sie eingetragen ist (BGH GRUR 2010, 270 - Atoz III; Ingerl/Rohnke, aaO, § 26, Rn. 28). Die Dauer der Benutzungshandlungen stehen in Wechselwirkung mit dem mengenmäßigen Umfang der Benutzung (vgl. EuGH GRUR Int 2013, 137 - ONEL/OMEL; BGH GRUR 2008, 616 - Akzenta; Ingerl/Rohnke, aaO, § 26, Rn. 243 m.w.N.).

Eine gemeinschaftsweite Benutzung der Marke ist nicht erforderlich. Die Größe des Gebiets, in dem die Marke benutzt wird, ist nur einer der Faktoren, der neben anderen bei der Entscheidung, ob die Benutzung ernsthaft ist, zu berücksichtigen ist. Mitunter kann die Benutzung in lediglich einem Mitgliedsstaat die Voraussetzungen für eine ernsthafte Benutzung erfüllen (vgl. EuGH GRUR Int. 2013, 137 - ONEL/OMEL, Rn. 30, 50, 54; vgl. Eisenführ/Schennen, aaO, Art. 15, Rn. 59).

Die Klägerin hat eine rechtserhaltende Benutzung der Klagemarke innerhalb des maßgeblichen Benutzungszeitraums dargelegt und auch nachgewiesen.

a)

Zunächst ist festzustellen, dass der Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 07.12.2015, entgegen der Ansicht der Beklagten, nicht verspätet im Sinne des § 296 Abs. 2 ZPO ist. Der auf den Hinweis des Gerichts vom 02.12.2015 verfasste Schriftsatz der Klägerin vom 07.12.2015 lag dem Gericht bei Schluss der mündlichen Verhandlung zwar nur als Fax nebst Anlagen in schwarzweiß vor und war im Original nebst Anlagen in Farbe noch auf dem Q2 unterwegs. Dies ist jedoch unschädlich, da das Fax mit den darin enthaltenen Behauptungen zur Nutzung der Klagemarke in einer bestimmten Form- und Farbgebung jedenfalls zum Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht vorlag.

Im Übrigen konnte ein zügigerer Vortrag auf den Hinweis des Gerichts insbesondere unter Berücksichtigung, dass gerade zur Benutzung einer Marke vorgetragen werden musste, nicht erwartet werden. Das Gericht ist wegen des Anspruchs auf rechtliches Gehör verpflichtet, Gelegenheit zur Reaktion auf einen Hinweis zu geben. Wurde keine Frist gesetzt, kann eine Reaktion innerhalb einer nach Prozesslage und Inhalt des Hinweises angemessenen Zeit erwartet werden (vgl. Zöller/Greger, aaO, § 139, Rn. 14). Dem ist die Klägerin durch ihren raschen Vortrag jedenfalls nachgekommen. Ebenfalls unschädlich ist, dass der Beklagten der Schriftsatz der Klägerin vom 07.12.2015 bei Schluss der mündlichen Verhandlung noch nicht im Original vorlag. Denn der Beklagten wurde deswegen ein Schriftsatznachlass mit Frist bis zum 25.01.2016 eingeräumt. Soweit es hierdurch zu einer Verzögerung des Rechtsstreits kommt, ist dies jedoch ebenfalls unschädlich, da der Beklagten rechtliches Gehör hinsichtlich des Schriftsatzes der Klägerin vom 07.12.2015 zu gewähren war.

Der Vortrag der Klägerin ist auch nicht nach § 296 Abs. 1 ZPO verspätet. Zwar hat das Gericht der Klägerin gemäß § 273 Abs. 2 Nr. 1 ZPO mit Verfügung vom 15.09.2015 eine 6-wöchige Frist zur Stellungnahme auf den Schriftsatz der Beklagten vom 11.09.2015 gesetzt, in dem die Beklagte ihre Einrede der Nichtbenutzung im Hinblick darauf, dass die Klägerin die Bewässerungsspritzen nicht mehr in den Farben der Klagemarke sondern lediglich in den Farben mittelrot sowie schwarz vertreibe, aufrechterhalten hat. Innerhalb dieser Frist hat die Klägerin nichts Neues zu der seitens der Beklagten bestrittenen rechtserhaltenden Benutzung der Klagemarke vorgetragen. Zwar können Hinweise des Prozessgegners die gerichtliche Hinweispflicht entfallen lassen. Allerdings ist dies nur dann der Fall, wenn die Partei durch eingehenden und von ihr erfassten Vortrag der Gegenpartei zutreffend über die Sach- und Rechtslage unterrichtet wurde (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 31. Auflage 2016, § 139, Rn. 6a). Dies war vorliegend nicht der Fall, da die Beklagte den klägerischen Vortrag nicht als unsubstantiiert gerügt hatte. Die Klägerin hatte erst nach Erhalt des Schreibens des Gerichts vom 02.12.2015 Kenntnis davon, dass ihr bis dahin erfolgter Vortrag zur rechtserhaltenden Benutzung der Klagemarke seitens des Gerichts als zu unsubstantiiert angesehen wird. Durch das Schreiben ist die Kammer ihrer Hinweispflicht nach § 139 ZPO nachgekommen.

b)

Die von der Klägerin als Benutzungsnachweis vorgelegte Anlage K 2 bezieht sich auf eine am 15.11.2014 (insoweit ist von einem Schreibfehler "2004" statt "2014" in der Klageschrift vom 02.02.2015 auszugehen) in einem Baumarkt in München erworbene Bewässerungsspritze. Zudem trägt die Klägerin vor, dass die von ihr bzw. ihrem Tochterunternehmen, der Gardena Deutschland GmbH, vertriebene Bewässerungsspritze in der Vergangenheit wie auch heute noch über zahlreiche Verkaufsstellen, beispielsweise Baumärkte, in Deutschland und der EU angeboten wurde bzw. wird. Ferner bietet die Gardena Deutschland GmbH auf ihrer Internetseite "gardena.com" die Gartenschlauchspritze ebenfalls zum Kauf an.

Dem in Anlage K 3 vorgelegten Angebot ist zu entnehmen, dass die Bewässerungsspritze seit dem 27.01.2004 von der Gardena Deutschland GmbH über Amazon angeboten wird (siehe Seite 2 der Anlage K 3). Die Beklagte ist diesem Vortrag nur insoweit entgegengetreten, als dass die angebotenen Bewässerungsspritzen der Anlagen K 2 und 3 die Farbkombination rotschwarz aufweisen würden. Bei den als Anlage K 3 vorgelegten Internetangeboten (Gartenforum.de und eBay) handelt es sich um Angebote von Abnehmern der Gardena Deutschland GmbH, die die Bewässerungsspritzen zuvor von dieser erworben haben.

Gemäß Art. 15 Abs. 2 UMV wird die Benutzung der Unionsmarke durch einen Dritten, die mit Zustimmung des Inhabers geschieht, dem Inhaber zugerechnet. Die Zustimmung des Inhabers muss allerdings vor der Benutzungsaufnahme durch den Dritten vorliegen, weil die Benutzung "mit Zustimmung des Inhabers" Voraussetzung für die Zurechnung ist (Eisenführ/Schennen, aaO, Art. 15, Rn. 57). Dies ist nach dem Vortrag der Klägerin der Fall. Die Beklagte hat dies nicht hinreichend bestritten.

Grundsätzlich ist die Marke in ihrer eingetragenen Form zu benutzen. Art. 15 S. 2 lit. a) UMV lässt jedoch auch eine abweichende Benutzungsform der Marke als rechtserhaltend genügen, sofern sich die benutzte von der eingetragenen Form nur soweit unterscheidet, dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke nicht beeinflusst wird und sowohl die eingetragene als auch die benutzte Marke als insgesamt gleichwertig betrachtet werden können (EuGH GRUR Int. 2011, 60 - ATLAS TRANSPORT, Rn. 30; Eisenführ/Schennen, aaO, Art. 15, Rn. 11). Maßgeblich für die Beurteilung ist im Fall einer abgewandelten Markenbenutzung jeweils der Gesamteindruck einerseits der eingetragenen, andererseits der benutzten Marke (Eisenführ/Schennen, aaO, Art. 15, Rn. 12). Auf dem in dem Amazon-Angebot (Anlage K 3) enthaltenen Bild ist zu erkennen, dass eine Bewässerungsspritze in der Farbkombination orangedunkelgrau oder schwarz angeboten wird. Die in der Anlage K 2 enthaltene Bewässerungsspritze weist die Farbkombination orange - dunkelgrau bis schwarz auf. Selbst wenn die von der Klägerin angebotenen Bewässerungsspritzen in der Farbkombination dunkelorange - dunkelgrau/schwarz gestaltet wären, ist von einer rechtserhaltenden Benutzung der Klagemarke auszugehen. Der Unterschied zwischen der Farbkombination dunkelorangedunkelgrau/schwarz und der durch die Klagemarke geschützten Farbkombination orangerotgrauhellgrau ist nicht so erheblich, dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird. Die eingetragene und die benutzte Marke können als insgesamt gleichwertig betrachtet werden. Dies ergibt sich daraus, dass die angebotenen Bewässerungsspritzen in der geschützten Formgestaltung der Klagemarke identisch sind und lediglich in der Farbkombination in unerheblichem Umfang abweichen.

Entscheidend für die Ernsthaftigkeit der rechtserhaltenden Benutzung ist zudem der Umfang der Benutzungshandlungen. Insofern hat die Kammer Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin B. Diese hat überzeugend dargelegt, dass die Klägerin in den Jahren 2010 bis 2015 ihre Marke durch den Vertrieb ihrer Gartenspritze seitens der Gardena GmbH in einem die Ernsthaftigkeit der Benutzung begründenden Umfang benutzt hat. Denn die Zeugin hat glaubhaft bekundet, dass die Gardena GmbH die Bewässerungsspritze Artikelnr. 2818 seit 1981 durchgehend und aktiv vertrieben hat. Allein in dem Zeitraum von April 2010 bis April 2015 seien in Europa, vornehmlich in Deutschland, Frankreich, Österreich und den Niederlanden mehr als 120.000 Gartenspritzen der Artikelnummer 2818 vertrieben worden. Dabei seien von Mai 2010 bis Dezember 2010 18.712, im Jahr 2011: 26.534, im Jahr 2012: 23.693, im Jahr 2013: 23.596, im Jahr: 2014: 23.886 und in der Zeit von Januar bis April 2015: 9.686 Gardena Gartenspritzen vertrieben worden. Ungefähr die Hälfte der Bewässerungsspritzen sei in Deutschland vertrieben worden, in dem entsprechenden Zeitfenster daher ungefähr 65.000. Sie hat ferner ausgeführt, dass in den Jahren 2010 bis 2012 zudem die Gardena Gartenspritze Artikelnr. 941 vertrieben worden sei. Dabei seien in dem Zeitraum von Mai 2010 bis Dezember 2010 insgesamt 5.851 Bewässerungsspritzen, im Jahr 2011: 7.461 und im Jahr 2012: 3.230 Bewässerungsspritzen vertrieben worden. Ferner würde mit der "klassischen Bewässerungsspritze" Artikelnr. 941 weiterhin Werbung betrieben, so beispielsweise auf einer Geschenkbox für Kunden, die in dem Termin zur Beweisaufnahme in Augenschein genommen wurde.

Die Zeugin konnte diese Zahlenangaben aufgrund ihrer Sachkunde auch nachvollziehbar darlegen. Sie ist Produktmanagerin bei der Gardena GmbH und seit 2013 in dem Segment Bewässerung tätig. Sie hat die Vertriebszahlen selber dem SAP-System der Gardena GmbH entnommen und diese sodann nochmals mit den alten Zahlen aus den Jahren 2010 bis 2013 abgeglichen. Dass die Zeugin sich im Rahmen ihrer Aussage auf ihre Unterlagen stützte kann den Aussagewert nicht schmälern, denn es ist absolut nachvollziehbar, dass sie diese Zahlen nicht alle im Kopf haben kann.

Nach alledem hat die Klägerin die ernsthafte Benutzung ihrer Klagemarke zur Überzeugung des Gerichts dargelegt und nachgewiesen. Auch soweit die Bewässerungsspritze 2818 von dem "klassischen Modell" Artikelnr. 941 farblich etwas abweicht, liegt eine Nutzung der Klagemarke nach § 51 Art. 15 S. 2 lit. a) UMV vor, da auch eine abweichende Benutzungsform der Marke zur Rechtserhaltung genügt, sofern sich die benutzte von der eingetragenen Form nur insoweit unterscheidet, dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke nicht beeinflusst wird und sowohl die eingetragene als auch die benutzte Marke als insgesamt gleichwertig betrachtet werden können (vgl. hierzu oben). Dies ist hier der Fall, da es sich lediglich um eine leichte Farbabweichung handelt.

C.

Die Klage ist begründet.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch wegen der Verwendung der in den Anlagen K 10 - 12 ersichtlichen Gestaltung der Bewässerungsspritze. Die Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 1 lit. b), Abs. 2 UMV sind vorliegend erfüllt.

Gemäß Art. 9 Abs. 1 S. 2 lit. b) UMV gewährt die Unionsmarke ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es ihm, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Unionsmarke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Unionsmarke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

1.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der verwendeten Kennzeichen, der Ähnlichkeit der mit ihnen bezeichneten Waren und Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke. Ein geringer Grad an Ähnlichkeit der Waren kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Kennzeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Verfügungsmarke ausgeglichen werden und umgekehrt (vgl. EuGH, GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/PUMA; EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon). Abzustellen ist dabei auf den durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart (vgl. EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 - Lloyd).

Vorliegend ist Verwechslungsgefahr gegeben. Die Beklagte hat ein hochgradig ähnliches Zeichen für eine identische Ware benutzt.

a)

Die angegriffene Gestaltung wurde von der Beklagten für eine Bewässerungsspritze verwendet, mithin für eine identische Ware, für die auch die dreidimensionale Klagemarke geschützt ist.

b)

Zwischen der Klagemarke und der streitgegenständlichen Bewässerungsspritze besteht hochgradige Zeichenähnlichkeit. In der Formgestaltung sind die beiden streitgegenständlichen Zeichen identisch bzw. zumindest hochgradig ähnlich. Die Bewässerungsspritze der Beklagten besteht, wie die Klagemarke, aus drei Teilen, nämlich einem Verbindungsstück, einem Handlauf und einer Spitze, wobei

das Verbindungsstück drei Rillen und einen Dichtungsring aufweist,

der Handlauf kegelförmig ist und über eine feine geriffelte Oberfläche verfügt und

die Spitze, die schmaler und länger als der Handlauf ist, ebenfalls kegelförmig und nach vorn hin verjüngend ausgestaltet ist und über leichte, ellipsenförmige Vertiefungen verfügt,

wie aus den Anlagen K 5 und 10 - 12 ersichtlich. Unterschiedlich ist lediglich, dass der Handlauf der Bewässerungsspritze der Beklagten in der Farbe schwarz gestaltet ist, die Spitze in rot. Dieser geringe Unterschied in der Farbgestaltung schließt die hochgradige Zeichenähnlichkeit jedoch nicht aus. Dem Durchschnittsverbraucher bleibt bei dem ihm verbleibenden undeutlichen Erinnerungseindruck nicht maßgeblich im Gedächtnis, ob die Spitze der in der Formgestaltung identischen Bewässerungsspritze dunkelorange, orangerot oder rot war bzw. das Handstück grau/dunkelgrau oder schwarz. Vielmehr ist davon auszugehen, dass ihm nur die grundsätzliche Farbkombination orange bis rot für die Spitze und für den Handlauf grau/dunkelgrau bis schwarz in Erinnerung bleibt.

c)

Dahingestellt bleiben kann vorliegend, ob der dreidimensionalen Unionsmarke gesteigerte Kennzeichnungskraft zukommt, da jedenfalls aufgrund der hochgradigen Zeichenähnlichkeit und der Warenidentität auch bei nur normaler Kennzeichnungskraft Verwechslungsgefahr anzunehmen ist.

d)

Die Verwechslungsgefahr wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die streitgegenständliche Bewässerungsspritze der Beklagten unter der Marke "florabest" vertrieben wurde, da nicht ausgeschlossen ist, dass der Verbraucher in der streitgegenständlichen Bewässerungsspritze einen Hinweis auf das Unternehmen der Klägerin sieht und damit von einer dreidimensionalen Zweitmarke ausgeht.

2.

Die Einrede der Nichtbenutzung gemäß Art. 99 Abs. 3, 51 Abs. 1 lit. a), 15 UMV greift vorliegend ebenfalls nicht durch, da die Klagemarke rechtserhaltend i.S.v. Art. 51 Abs. 1 lit. a), 15 UMV benutzt wurde.

Gemäß Art. 51 Abs. 1 lit. a), 15 UMV hat die Klägerin auf Einrede der Beklagten nachzuweisen, dass die Marke innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren ab Eintragung benutzt wurde oder deren Benutzung nicht für einen ununterbrochenen Fünfjahreszeitraum ausgesetzt wurde. Maßgeblicher Benutzungszeitraum ist vorliegend der Zeitraum zwischen dem 29.04.2010 und dem 29.04.2015. Die Beklagte hat die Einrede der Nichtbenutzung mit Schriftsatz vom 28.04.2015, bei Gericht eingegangen am 29.04.2015, erhoben.

Die Klägerin hat eine rechtserhaltende Benutzung der Klagemarke innerhalb des maßgeblichen Benutzungszeitraums wie unter Ziffer II.2. ausgeführt nachgewiesen.

II.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß Art. 102 Abs. 2 UMV i.V.m. § 14 Abs. 6 MarkenG. Denn die Beklagte handelte spätestens ab Inverkehrbringen der streitgegenständlichen Produkte fahrlässig. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, vor dem Inverkehrbringen eine Markenrechtsrecherche nach verwechslungsgefährdeten Zeichen/Formen durchgeführt zu haben.

III.

Nachdem die Parteien das Verfahren hinsichtlich des mit der Klageschrift geltend gemachten Auskunftsanspruchs nach Auskunftserteilung seitens der Beklagten übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war insoweit gem. § 91 a Abs. 1 ZPO nur noch über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand wäre die Beklagte ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses zur Auskunftserteilung zu verurteilen gewesen, denn die Klägerin hat vorliegend gegen die Beklagte einen Anspruch auf Auskunft und Belegvorlage aus Art. 102 Abs. 2 UMV i.V.m. § 19 Abs. 1, 3 MarkenG i.V.m. §§ 242, 259, 260 BGB. Das hinsichtlich des erweiterten Auskunftsanspruchs nach § 242 BGB erforderliche Verschulden ist gegeben. Zur Begründung kann auf die obigen Ausführungen (unter Ziffer C.II.) verwiesen werden. Demnach waren die Kosten auch insoweit der Beklagten entsprechend § 91 ZPO aufzuerlegen. Gründe, die aufgrund billigen Ermessens eine anderweitige Kostenverteilung nahe legen, sind nicht ersichtlich.

IV.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Abmahnkosten in Höhe von 2.071,31 Euro aus Art. 102 Abs. 2 UMV i.V.m. §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB.

Die Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag liegen vor. Im Kennzeichenrecht sind Abmahnkosten nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag nur dann erstattungsfähig, wenn die Abmahnung begründet und berechtigt ist. Begründet ist ein Abmahnung, wenn die geltend gemachten Ansprüche bestehen (Ingerl/Rohnke, aaO, Vor §§ 14-19d, Rn. 296 ff. m.w.N.). Berechtigt ist sie, wenn die Abmahnung erforderlich war, um dem Verletzer einen Weg zu weisen, den Verletzen ohne Gerichtsverfahren klaglos zu stellen (BGH GRUR 2009 502, 503 - pcb).

1.

Die Abmahnung war begründet, da der Klägerin gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch wegen der Verwendung der streitgegenständlichen Zeichen aus Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b), Abs. 2 UMV zusteht.

2.

Die Abmahnung war auch berechtigt. Davon ist mangels entgegenstehender Angaben auszugehen. Die Beklagte war sich vor der Abmahnung keiner Markenrechtsverletzung bewusst.

3.

Die Höhe der geltend gemachten Abmahnkosten in Höhe von 2.071,31 Euro ist angemessen. Insbesondere ist der der Abmahnung zugrundegelegte Gegenstandswert in seiner Höhe nicht zu beanstanden. Die in Ansatz gebrachte Geschäftsgebühr nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses in der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG in Höhe von 1,3 ist für die Abmahnung in einer Kennzeichenstreitsache nicht als überhöht anzusehen (z.B. OLG Hamburg GRUR-RR 2008, 370, 371 - Pizza Flitzer; Ingerl/Rohnke, aaO, Vor §§ 14 - 19, Rn. 307). Eine Erhöhung der Geschäftsgebühr in Höhe von 0,3 folgt aus § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 1008 des Vergütungsverzeichnisses in der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG, da die Abmahnung im Namen der Klägerin und der Gardena GmbH ausgesprochen wurde. Ebenso ist die angesetzte Post- und Telekommunikationspauschale von 20,00 Euro gemäß Nr. 7002 VV RVG erstattungsfähig.

Auf die marken- und wettbewerbsrechtlichen Ansprüche entfallen nach Abtrennung des patentrechtlichen Teils des Verfahrens die beantragten Anwaltskosten in Höhe von 2.071,31 Euro. Denn die Klägerin hat auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 19.02.2015 mitgeteilt, dass der Streitwert ihrer Ansicht nach dahingehend aufzuteilen sei, dass ein Betrag in Höhe von 200.000 Euro für die marken- und wettbewerbsrechtlichen Ansprüche sowie ein Betrag in Höhe von 150.000 Euro für die patentrechtlichen Ansprüche anzusetzen sei. Dem ist nicht entgegen zu treten.

4.

Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB. Die Klage ist der Beklagten am 25.02.2015 zugestellt worden.

D.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 91 a, 709 ZPO.

E.

Der Streitwert wird auf 300.000.- Euro festgesetzt; dabei entfallen auf die Klage 250.000,00 Euro (wobei auf den Klageantrag zu Ziffer I. 200.000 Euro, auf den Klageantrag zu Ziffer II. (ursprünglicher Auskunftsanspruch) 10.000 Euro, sowie auf den Klageantrag zu Ziffer III. 40.000 Euro entfallen) und auf die Widerklage 50.000 Euro.