LG Münster, Urteil vom 08.12.2017 - 22 O 132/13
Fundstelle
openJur 2019, 30348
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird als derzeit unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für die

Beklagte vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt ein Bauunternehmen. Sie wurde von der Beklagten mit der Erweiterung eines als Bürogebäude genutzten Fachwerkhauses um eine Wohneinheit beauftragt. Der von den Parteien am 09.07.2010 abgeschlossene VOB-Bauvertrag (Anlage K 1; Bl. 12 ff. d. A.), dessen Bestandteile u.a. die "Funktionalbeschreibung - erweiterter Rohbau" (Bl. 20 ff.) und die "Besonderen Vertragsbedingungen" (Bl. 29 ff.) waren, enthielt für die von der Klägerin zu erbringenden Leistungen einen Pauschalpreis von 315.126,05 € ohne Mehrwertsteuer. Unter § 9 Ziffer 1. des VOB-Bauvertrages vereinbarten die Parteien in Bezug auf die Abnahme, dass sich diese nach § 12 VOB/B richtet und eine förmliche Abnahme erfordert, über die ein von beiden Seiten zu unterzeichnendes Protokoll zu errichten ist.

Mit Schreiben vom 21.01.2012 (Anlage B 1; Bl. 111 d. A.) lehnte die Beklagte eine von der Klägerin verlangte Abnahme der Bauarbeiten unter Bezugnahme auf erhebliche Restarbeiten und zahlreiche Mängel ab.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.05.2012 forderte die Beklagte die Klägerin unter Bezugnahme auf ein unter dem 05.05.2012 erstelltes Mängelprotokoll des von ihr beauftragten Sachverständigen Dipl.-Ing. L1 zur Mängelbeseitigung auf. Am 21.06.2012 kam es unter Beteiligung der Prozessbevollmächtigten der Parteien zu einem Ortstermin, bei dem die im Mängelprotokoll vom 05.05.2012 aufgelisteten Mängel teilweise mit farblichen Anmerkungen in Bezug auf die weitere Vorgehensweise markiert wurden (Anlage K 2; Bl. 31 ff. d. A.).

Die Klägerin teilte den Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 10.10.2012 (Anlage K 3; Bl. 52 ff. d. A.) im Einzelnen mit, welche Mängel inzwischen beseitigt worden seien. Gleichzeitig kündigte sie unter Hinweis darauf, dass nach ihrer Einschätzung fast alle Mängel beseitigt worden seien, die Erstellung der Schlussrechnung an.

Diese Schlussrechnung erstellte die Klägerin unter dem 30.04.2013 (Anlage K 4; Bl. 56 ff. d. A.). Sie lautete auf Basis des vereinbarten Pauschalpreises von 315.126,05 € (Summe 2) unter Berücksichtigung von Minderungen in Höhe von 12.898,37 € (Summe 3) für entfallene Leistungen sowie Mehrungen aufgrund von Nachtragsforderungen in Höhe von insgesamt 36.510,58 € (nachträgliche Metallbauarbeiten: 8.329,72 € (Summe 4); sonstige Arbeiten: 7.204,06 € (Summe 5); Sonstiges: 20.976,80 € (Summe 6)) auf 338.738,26 € (403.098,53 € inkl. Mehrwertsteuer). Nach Abzug der geleisteten Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt 285.850,00 € verlangte die Klägerin einen Restwerklohn in Höhe von noch 117.248,53 € inkl. Mehrwertsteuer.

Übersandt wurde die Schlussrechnung unter dem 23.05.2013 an die Beklagte, nachdem deren Prozessbevollmächtigte am 10.05.2013 gegenüber den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mitgeteilt hatten, dass der Sachverständige L1 ein neues Gutachten erstellt habe. An die Übersendung dieses Gutachtens erinnerten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 26.06.2013 (Anlage K 8; Bl. 257 d. A.).

Die von der Klägerin beauftragte Architektin nahm unter dem 07.08.2013 eine Prüfung der Schlussrechnung - insbesondere der für die Nachträge in Ansatz gebrachten Mengen und Preise - vor mit dem Ergebnis einer Kürzung der Schlussrechnungssumme auf 379.904,98 € inkl. Mehrwertsteuer.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 19.08.2013 (Anlage B 2; Bl. 112 ff. d. A.) übersandte die Beklagte der Klägerin die Schlussrechnungsprüfung (Bl. 115 ff. d. A.) und das Mängelprotokoll des Sachverständigen Dipl.-Ing. L1 vom 28.04.2013 (Bl. 124 ff. d. A.). In diesem wurden die mängelbedingten Kosten "überschlägig" mit 176.500,00 € ermittelt. Gleichzeitig machte die Beklagte Schadenersatzansprüche für von ihr durchgeführte Ersatzvornahmen in Höhe von 26.623,69 € und weitere Schadenersatzansprüche, insbesondere aus verspäteter Fertigstellung, in Höhe von 57.916,26 € geltend. Auf dieser Grundlage errechnete die Beklagte, indem sie von der geprüften Schlussrechnungssumme in Höhe von 379.904,98 € einen Skontoabzug in Höhe von 3 % vornahm und Abschlagszahlungen in Höhe von 277.274,52 € (ohne Skonto) berücksichtigte, nach Saldierung der wechselseitigen Forderungen einen ihr zustehenden Rückzahlungsanspruch in Höhe 169.806,64 € (vgl. "Übersicht Zahlungen/Forderungen"; Bl. 123 d. A.), wobei sie klarstellte, dass in Bezug auf die vom Sachverständigen L1 festgestellten Mängel kein Abzug für Umsatzsteuer gerechtfertigt sei, weil ein Kostenvorschuss geltend gemacht werde. Hierbei vertrat die Beklagte die Ansicht, die Klägerin sei mangels Abnahme für eine ordnungsgemäße Leistungserbringung darlegungs- und beweisbelastet.

Unter dem 16.02.2014 erstellte der von der Beklagten beauftragte Sachverständige L1 ein aktualisiertes "Kurzgutachten" zur "überschlägigen Ermittlung der Mängelbeseitigungskosten" (Anlage B 3; Bl. 145 ff. d. A.), die nunmehr mit 223.500,00 € angegeben wurden.

Im Laufe des Rechtsstreits haben die Parteien in Bezug auf die ursprünglich streitigen Nachtragspositionen eine Verständigung erzielt mit Ausnahme der Schlussrechnungspositionen 6.17 bis 6.28 für den Entwässerungsanschluss. Die Parteien sind sich darüber einig, dass für "Nachträge Metallbauarbeiten" (Summe 4) nur noch ein Betrag von 6.171,60 € in Ansatz gebracht wird und für "Nachträge Sonstige Arbeiten" (Summe 5) nur noch ein Betrag von 2.738,98 €. In Bezug auf "Sonstiges" (Summe 6) haben sich die Parteien zur Erledigung der streitigen Positionen 6.01, 6.03, 6.04, 6.07, 6.08, 6.09, 6.10 und 6.16 darauf verständigt, dass der ursprünglich geltend gemachte Betrag von 20.976,80 € um 3.300,05 € auf 17.676,75 € gekürzt wird. Darüber, ob eine weitergehende Kürzung der "Summe 6" in Ansehung der streitigen Schlussrechnungspositionen 6.17 bis 6.28 für den Entwässerungsanschluss gerechtfertigt ist, haben sich die Parteien nicht verständigt.

Die Klägerin trägt in Bezug auf den Entwässerungsanschluss trägt vor, dieser habe angesichts der Zeichnungen, in denen die Abwasserleitungen in Höhe der Gebäudeecke des Bestandsgebäudes enden, nicht zum Leistungsumfang des Pauschpreises gehört.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe die Werkleistung konkludent abgenommen. Denn sie habe nach dem gemeinsamen Ortstermin am 21.06.2012 Mängel beseitigt und mit Anwaltsschreiben vom 10.10.2012 die Mängel frei gemeldet. Unter dem 30.04.2013 habe sie die Schlussrechnung gestellt, ohne eine förmliche Abnahme zu fordern. Die Beklagte habe ebenfalls keine förmliche Abnahme verlangt. Die am 07.08.2013 erfolgte Prüfung der Schlussrechnung durch die von der Beklagten beauftragte Architektin und die rund zwei Wochen später erfolgende Übersendung der Schlussrechnungsprüfung habe sie dahin verstehen dürfen, dass auf eine förmliche Abnahme verzichtet wird und die Werkleistung nach Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeiten durch Ingebrauchnahme abgenommen worden ist.

Vorsorglich behauptet die Klägerin die Abnahmereife ihrer Werkleistung.

Zudem beruft sich die Klägerin auf die Einrede der Verjährung.

Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 117.248,53 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.05.2013 zu zahlen. Nach Klagezustellung hat die Klägerin ihren operativen Geschäftsbetrieb und alle Forderungen aus Lieferungen und Leistungen im Wege der Ausgliederung nach Maßgabe des § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf die B1 GmbH & Co. KG, vertreten durch die B2 Verwaltungsgesellschaft, diese vertreten durch die Geschäftsführer B3 und B4, übertragen. Wegen des Verlustes ihrer Aktivlegitimation beantragt die Klägerin nunmehr,

die Beklagte zu verurteilen, an die B1 GmbH & Co. KG, vertreten durch die B2 Verwaltungsgesellschaft, diese vertreten durch die Geschäftsführer B3 und B4, 117.248,53 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.05.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt in Bezug auf die mit einem Nachtrag geltend gemachten Kosten für den Entwässerungsanschluss vor, ein Anschluss des Neubaus an die noch in Ausführung befindliche öffentliche Kanalisation gehöre zum Leistungsumfang des vereinbarten Pauschalpreises. Da bei Vertragsabschluss noch nicht festgestanden habe, wo genau der Anschluss zu erfolgen hat, habe die Architektin in die Ausführungspläne einen Pfeil eingetragen als Markierung dafür, in welche Richtung schlussendlich angeschlossen werden soll. Für den von der Beklagten ausgeführten Anschluss an das "alte" Drei-Kammer-System des Bestandsgebäudes werde folglich, abgesehen davon, dass dieser Anschluss nicht den Vorgaben entsprochen habe, keine Vergütung geschuldet. Stattdessen schulde die Klägerin Schadenersatz für den nachträglich von den Stadtwerken Münster hergestellten Anschluss an die öffentliche Kanalisation.

Der nach Abzug der Kosten für den Entwässerungsaufwand verbleibende Schlussrechnungsbetrag ist nach Ansicht der Beklagten mangels Abnahme der Werkleistung nicht fällig. Auch nach Zugang ihres anwaltlichen Schreibens vom 10.10.2012 habe für die Klägerin kein Grund für die Annahme bestanden, dass sie - die Beklagte - auf eine förmliche Abnahme habe verzichten wollen. Eine solche Annahme sei schon deshalb nicht in Betracht gekommen, weil eine Vielzahl der im gemeinsamen Ortstermin vom 21.06.2012 gerügten Mängel streitig geblieben und nicht Gegenstand von Nachbesserungsarbeiten gewesen sei. Zudem habe sie - die Beklagte - nach Eingang des anwaltlichen Schreibens vom 10.10.2012 durch ihren Privatsachverständigen L1 zunächst einmal prüfen lassen, ob und in welchem Umfang Mängel tatsächlich fachgerecht beseitigt worden sind. Nach der am 23.05.2013 erfolgten Übersendung der Schlussrechnung sei mit anwaltlichem Schreiben vom 19.08.2013 ausdrücklich auf die fehlende Abnahme hingewiesen und einer Abnahmereife widersprochen worden.

Die Beklagte bestreitet unter Bezugnahme auf die im Kurzgutachten des Sachverständigen L1 vom 16.02.2014 aufgelisteten Mängel und Mängelbeseitigungskosten, dass das von der Klägerin erstellte Werk frei von wesentlichen Mängeln und damit abnahmereif ist.

Vorsorglich beruft sich die Beklagte auf ein Zurückbehaltungsrecht, das sich nach ihrer Behauptung unter Berücksichtigung eines zweifachen Druckzuschlages angesichts der Feststellungen des von ihr beauftragten Sachverständigen L1 auf (2 x 223.500,00 €) 447.000,00 € belaufe.

Höchst vorsorglich erklärt die Beklagte die Aufrechnung mit von ihr in der Anlage B 4 (Bl. 166 d. A.) aufgelisteten Gegenforderungen in Höhe von insgesamt 69.769,84 € in der dort vorgegebenen Reihenfolge und weiter hilfsweise - da sie vorrangig noch ein Nachbesserungsrecht und das sich daraus ergebende Zurückbehaltungsrecht geltend macht - mit Kostenvorschussansprüchen zur Beseitigung der im Kurzgutachten des Sachverständigen L1 vom 16.02.2014 festgestellten Mängel in der Reihenfolge, die in der Aufstellung auf den Seiten 19 bis 21 des Kurzgutachtens vorgegeben wird.

Das Gericht hat zu den Kürzungen aus der Schlussrechnungsprüfung und zu Beschaffenheitsvereinbarungen der Parteien in Bezug auf gerügte Mängel Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung der Zeugen C1, C2, N1 und M1. Anschließend ist durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. C3 Beweis erhoben worden über die sich aus dem Kurzgutachten des Sachverständigen L1 ergebenden Mängel, soweit ihrer Einstufung als Mangel nicht die festgestellten Beschaffenheitsvereinbarungen entgegenstehen. Der Sachverständige C3 hat sein bei den Akten sich befindendes Gutachten vom 21.11.2016 im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 08.12.2017 ergänzt und erläutert hat. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten und auf die Sitzungsprotokolle vom 27.11.2015 und 08.12.2017 verwiesen.

Gründe

I.

Die Klage ist derzeit unbegründet, da die geltend gemachte Werklohnforderung nicht fällig ist.

1) Die Klageforderung ist nicht fällig, da die Beklagte das Werk der Klägerin nicht abgenommen hat und eine Abnahme im Streitfall zur Herbeiführung der Fälligkeit der Werklohnforderung auch nicht entbehrlich ist.

a) Die Abnahme der Bauleistung nach § 641 Abs. 1 BGB ist auch beim VOB-Bauvertrag Fälligkeitsvoraussetzung für die Schlusszahlung (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., 5. Teil, Rn. 202).

Die Parteien haben ausweislich § 9 Abs. 1 des VOB-Bauvertrages eine förmliche Abnahme, über die ein von beiden Seiten zu unterzeichnendes Protokoll zu fertigen ist, vereinbart.

Eine solche förmliche Abnahme hat unstreitig nicht stattgefunden. Vielmehr hat die Beklagte das Verlangen der Klägerin auf Abnahme ihrer Bauleistung mit Schreiben vom 21.01.2012 unter Hinweis auf erhebliche Restarbeiten und zahlreiche Mängel zurückgewiesen.

b) Eine Abnahme war als Fälligkeitsvoraussetzung auch nicht ausnahmsweise entbehrlich.

aa) Es kann entgegen der Ansicht der Klägerin nicht angenommen werden, dass die Parteien konkludent auf die Durchführung einer förmlichen Abnahme verzichtet haben (vgl. zu den Voraussetzungen eines Verzichts: Werner in Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Aufl., Rn. 1857 f.).

Zwar mag die Klägerin durch Übersendung ihres anwaltlichen Schriftsatzes vom 10.10.2012 und die nachfolgende Übersendung der Schlussrechnung vom 30.04.2013 schlüssig ihre Bereitschaft bekundet haben, auf eine förmliche Abnahme zu verzichten. Es kann aber eine entsprechende Verzichtserklärung der Beklagten nicht festgestellt werden. Die Beklagte hat von vornherein Mängel gerügt und ist von ihrem Standpunkt, dass die Werkleistung der Klägerin mit wesentlichen Mängeln behaftet ist, auch nachfolgend nicht abgerückt.

Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Beklagte auf das anwaltliche Schreiben der Klägerin vom 10.10.2012 nicht reagiert hat. Die Beklagte weist in ihrem Schriftsatz vom 24.02.2014 anhand der dortigen Aufstellung auf den Seiten 3 bis 5 zutreffend darauf hin, dass eine Vielzahl der im Protokoll des Sachverständigen L1 vom 05.05.2012 gerügten Mängel gar nicht erst Gegenstand der im Anschluss an den Ortstermin vom 21.06.2012 von der Klägerin begonnenen Mangelbeseitigung gewesen ist, weil man sich im Ortstermin nicht über die Mangeleigenschaft einigen konnte. Vor diesem Hintergrund beinhaltet das Schreiben der Klägerin vom 10.10.2012 in Wahrheit nur die Mitteilung, dass die von ihr anerkannten Mängel fast vollständig beseitigt worden seien. Die Beklagte hatte aber zu keinem Zeitpunkt zum Ausdruck gebracht hat, dass sie die nicht anerkannten Mängelrügen fallenlässt, weshalb für die Klägerin in Ansehung ihrer Mitteilung vom 10.10.2012 kein Grund zu der Annahme bestand, die Beklagte wolle nunmehr auf die vereinbarte förmliche Abnahme verzichten.

Auch die Umstände im Zusammenhang mit der Übersendung der Schlussrechnung lassen nicht darauf schließen, dass die Beklagte auf eine förmliche Abnahme verzichten wollte. Der Klägerin war vielmehr aufgrund der Mitteilung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 10.05.2013 und somit bereits vor der am 23.05.2013 erfolgten Übersendung ihrer Schlussrechnung vom 30.04.2013 bekannt, dass der Sachverständige L1 mit der Erstellung eines neuen Gutachtens beauftragt worden war. Auch für die Klägerin musste auf der Hand liegen, dass die Beklagte den Inhalt des Gutachtens abwartet bevor sie eine Entscheidung in Bezug auf eine etwaige Abnahme trifft, zumal zu erwarten war, dass sich das Gutachten auch über die durchgeführten Mängelbeseitigungsarbeiten verhalten wird. Dass sich die Klägerin der Bedeutung dieses Gutachtens auch tatsächlich bewusst war, wird dadurch belegt, dass ihre Prozessbevollmächtigten unter dem 26.06.2013 an die Übersendung des Gutachtens erinnert haben. Die nachfolgend mit anwaltlichem Schreiben vom 19.08.2013 erfolgte Übersendung des Gutachtens des Sachverständigen L1 vom 28.04.2013 stellt vor diesem Hintergrund lediglich die Bestärkung des von vornherein vertretenen Standpunktes der Beklagten dar, wonach die Bauleistungen der Beklagten weder abgenommen noch abnahmereif sind.

bb) Eine Fälligkeit besteht ferner nicht unter dem Gesichtspunkt eines Abrechnungsverhältnisses (vgl. hierzu Kniffka/Koeble, a.a.O., Rn 213 f.).

Die Abnahme ist als Fälligkeitsvoraussetzung entbehrlich, wenn keine Nacherfüllung mehr verlangt wird. Die Beklagte macht aber vorsorglich ein Zurückbehaltungsrecht geltend, welches sie auf Nacherfüllungsansprüche stützt, so dass kein Abrechnungsverhältnis vorliegt.

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte im anwaltlichen Schreiben vom 19.08.2013 nach Saldierung der wechselseitigen Forderungen unter Einschluss ihrer Ansprüche auf Kostenvorschuss einen ihr zustehenden Rückzahlungsanspruch in Höhe 169.806,64 € geltend gemacht hat. Denn anders als in den Fällen, in denen ein Gestaltungsrecht ausgeübt worden und damit der Nacherfüllungsanspruch untergegangen ist, kann der Auftraggeber von dem Zahlungsverlangen abgehen und wieder Nacherfüllung fordern (vgl. Kniffka/Koeble, a.a.O., Rn. 214).

cc) Schließlich ist vorliegend eine Abnahme auch nicht gemäß § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB entbehrlich.

(1) Dabei kann dahinstehen, ob auf das Tatbestandsmerkmal der Fristsetzung wegen endgültiger Abnahmeverweigerung verzichtet werden kann (vgl. hierzu Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl., § 640 Rn. 10) und ob § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB für den VOB-Bauvertrag überhaupt gilt oder durch die Regelung des § 12 VOB/B verdrängt wird (vgl. hierzu Kappelmman/Messerschmidt, VOB Teile A und B, 5. Aufl., § 12 VOB/B, Rn. 6).

Denn jedenfalls setzt eine Abnahmefiktion nach § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB die Abnahmereife des Werkes voraus. Dies gilt im Übrigen auch für eine fiktive Abnahme gemäß § 12 Abs. 5 VOB/B, die hier allerdings schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil die Parteien zum einen ausdrücklich eine förmliche Abnahme vereinbart haben (vgl. hierzu Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 1856) und weil zum anderen die Abnahme von der Klägerin verlangt worden ist, weshalb die Abnahmefiktion gerade nicht eintreten kann (vgl. (Kniffka/Koeble, a.a.O., 4. Teil, Rn. 202).

(2) Eine Abnahmereife im Sinne des § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB ist im hier gegebenen Streitfall infolge wesentlicher Mängel des Werkes der Klägerin nicht gegeben.

Unwesentlich ist ein Mangel, wenn er an Bedeutung so weit zurücktritt, dass es unter Abwägung der beiderseitigen Interessen für den Auftraggeber zumutbar ist, eine zügige Abwicklung des gesamten Vertragsverhältnisses nicht länger aufzuhalten und deshalb nicht mehr auf den Vorteilen zu bestehen, die sich ihm vor vollzogener Abnahme bieten. Bei der danach vorzunehmenden Bewertung sind die gesamten Umstände zu berücksichtigen, insbesondere Art, Umfang und Auswirkungen des Mangels; auch ein spezielles Interesse des Auftraggebers an der vertragsgerechten Leistung. Es verbietet sich deshalb, feste Beträge von Mängelbeseitigungskosten für eine Grenze festzumachen, mit der die Wesentlichkeit überschritten ist. Ist die Funktionalität bzw. Gebrauchsfähigkeit eines Bauwerks fühlbar beeinträchtigt, so dürfte ein Mangel in aller Regel wesentlich sein (Kniffka/Koeble, a.a.O. 4. Teil, Rn. 3 - 5).

Gemessen an diesen Grundsätzen sind schon die nachfolgend aufgeführten Mängel, die nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme feststehen und mit einem nicht unverhältnismäßigen Kostenaufwand im Sinne des § 635 Abs. 3 BGB beseitigt werden können, nicht als unwesentlich anzusehen.

(aa) Unzureichende Befestigung der Gipskartondecken in den Schlafräumen des Obergeschosses

((1)) Ein bereits für sich gesehen wesentlicher Mangel liegt darin, dass die Gipskartondecken in den Schlafräumen des Obergeschosses unzureichend befestigt worden sind, so dass sie sich bei Luftzug, der zum Beispiel beim Türöffnen entsteht, hörbar heben und senken, wodurch es zu Abrissen und Rissen kommen kann. Für das festgestellte Schwingen der Gipskartondecken kommen nach den nachvollziehbaren Erläuterungen des vom Gericht bestellten Sachverständigen Dipl.-Ing C3 nur zwei Ursachen in Frage, und zwar die, dass entweder die Trägerprofile nicht ordnungsgemäß an der Rohdecke befestigt worden sind oder aber dass das Raster der Trägerkonstruktion viel zu groß gewählt worden ist. Da beide infrage kommenden Ursachen in den Verantwortungsbereich der Klägerin fallen, ist es unschädlich, dass der Sachverständige, um das Obergeschoss infolge der Deckenöffnung nicht unbewohnbar zu machen, nicht geklärt hat, auf welcher der beiden Ursachen der Mangel beruht. Die Kosten für die Beseitigung dieser Funktionsbeeinträchtigung belaufen sich nach den Angaben des Sachverständigen C3 auf insgesamt 15.900,00 € netto, wobei der Sachverständige im Rahmen der mündlichen Verhandlung erläutert hat, dass sich der im Obergeschoss vorhandene Teppichboden zwar vor den im Zusammenhang mit den Reparaturarbeiten anfallenden Stäuben schützen lässt, dass die hierfür erforderliche Aufbringung einer Hartfaserplatte mit anschließender luftdichter Versiegelung der Randbereiche durch eine Folie aber nicht billiger wäre als die von ihm mit 3.240,00 € kalkulierte Neuverlegung eines Teppichbodens.

((2)) Die mangelhafte Befestigung der Gipskartondecken kann nicht wegen des Einwandes der Klägerin, die Beklagte müsse sich im Wege der Vorteilsausgleichung einen Abzug "Neu für Alt" wegen der im Rahmen der Mängelbeseitigungsarbeiten anfallenden Malerarbeiten gefallen lassen, als unwesentlich eingestuft werden.

((aa)) Es kann bereits nicht angenommen werden, dass der von der Klägerin geltend gemachte Abzug "Neu für Alt" überhaupt gerechtfertigt ist. Denn ein Abzug "Neu für Alt" kommt nicht in Betracht, wenn die erlangten Vorteile ausschließlich auf einer Verzögerung der Mängelbeseitigung beruhen und sich der Auftraggeber - wie das regelmäßig der Fall sein wird - jahrelang mit einem funktional fehlerhaften Werk begnügen musste. Denn der Unternehmer soll dadurch, dass der Vertragszweck nicht sogleich, sondern erst später im Rahmen der Gewährleistung erreicht wird, keine Besserstellung erfahren (Kniffka/Koeble, a.a.O., 6. Teil, Rn. 57).

Vorliegend ist die Beklagte jedenfalls durch die Geräusche, die die Gipskartondecke infolge des Luftzuges zum Beispiel beim Türöffnen macht, bereits jetzt einer fühlbaren Beeinträchtigung ausgesetzt. Da sie sich bis heute mit dem jedenfalls insoweit funktional fehlerhaften Werk begnügen musste, kommt eine Vorteilsausgleichung wegen ersparter Renovierungsaufwendungen nicht in Betracht.

Darüber hinaus liegen auch keine zureichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte infolge der Mängelbeseitigungsarbeiten Renovierungsaufwendungen erspart. Allein der Umstand, dass die Räumlichkeiten inzwischen seit über fünf Jahren bewohnt werden, lässt nicht darauf schließen, dass sich die Gipskartondecken - abgesehen von ihrer Mangelhaftigkeit - in einem renovierungsbedürftigen Zustand befinden. Etwas anders ergibt sich nicht daraus, dass im Rahmen von Mietverhältnissen sog. "flexible Fristenpläne" formularmäßig vereinbart werden können, nach denen bei Wohn- und Schlafräumen die Durchführung von Schönheitsreparaturen "in der Regel" nach Ablauf von fünf Jahren fällig werden. Denn auch bei "flexiblen Fristenplänen" gilt, dass Schönheitsreparaturen erst fällig sind, wenn objektiv ein Reparaturbedarf besteht. Dies ist aber wegen der Änderung der Materialien und der Wohnverhältnisse oftmals nicht innerhalb der im Fristenplan angegeben Intervalle der Fall, weshalb diese auch als zu kurz und nicht mehr zeitgemäß angesehen werden (vgl. hierzu Palandt/Weidenkaff, 76. Aufl., § 535 Rn. 47).

((bb)) Abgesehen von den vorstehenden Erwägungen ist der sich darin erschöpfende Einwand, die Beklagte müsse sich einen Abzug "Neu für Alt" wegen der im Rahmen der Mängelbeseitigung anfallenden Malerarbeiten gefallen lassen, aber ohnehin nicht ausreichend, um die Bedeutung des darin liegenden Mangels, dass die Gipskartondecken in den Schlafräumen des Obergeschosses nicht ordnungsgemäß befestigt sind, so weit zurücktreten zu lassen, dass es für die Beklagte im Interesse einer zügigen Abwicklung des gesamten Vertragsverhältnisses zumutbar ist, nicht mehr auf den Vorteilen zu bestehen, die sich ihr vor vollzogener Abnahme bieten.

(bb) Keine fachgerechte Befestigung der abgehangenen GK-Decken im Wohnzimmer und Flur

((1)) Ausweislich der Feststellungen des Sachverständigen C3 sind die Gipskartondecken im Wohnzimmer und Flur in den Randbereichen zur Fensterfront im Sinne eines Sachmangels mit zu großem Abstand auf den Tragprofilen befestigt worden, so dass sie bei geringem Luftzug oder Luftdruck mit der Gefahr von Absetzrissen in Bewegung geraten. Zur Beseitigung dieser funktionalen Fehlerhaftigkeit ist nach der nachvollziehbaren Darstellung des Sachverständigen die Demontage der Deckenverkleidung an den betreffenden Wandseiten, die Montage eines weiteren Tragprofils und anschließend die Wiederherstellung der Decke in Ton und Struktur der vorhandenen Farbbeschichtung in Q3-Qualität erforderlich, wobei sich die Mängelbeseitigungskosten nach Darstellung des Sachverständigen auf 3.400,00 € netto belaufen.

((2)) Es braucht an dieser Stelle nicht entschieden werden, ob es sich bei der nachträglichen Anbringung eines weiteren Tragprofils im Wandbereich entsprechend dem Sachvortrag der Klägerin um sog. "Sowieso-Kosten" handelt, weil die Gipskartondecken ursprünglich wegen eines zunächst geplanten Raffstore-Kastens nicht bis zum Rand geführt werden sollten. Nach der Planänderung hätte die Klägerin zur Erbringung einer mangelfreien Leistung ein weiteres Tragprofil im Wandbereich anbringen müssen, was ihr zu diesem Zeitpunkt auch ohne größeren Aufwand möglich gewesen wäre, weil die Gipskartondecke nach den unwidersprochenen Angaben des Geschäftsführers der Beklagten noch nicht aufgeschraubt worden waren. Der mit der bloßen Anbringung eines weiteren Trageprofils einhergehende Aufwand steht aber in keinem Verhältnis zu dem nunmehr erforderlichen Mängelbeseitigungsaufwand, so dass die Mängelbeseitigungskosten in jedem Falle weit überwiegend von der Klägerin zu vertreten sind.

Eine etwaige Zuschusspflicht der Beklagten unter dem Gesichtspunkt sog. "Sowieso-Kosten" würde auch nicht die Geltendmachung eines Mängelbeseitigungsanspruchs hindern. Denn klagt der Unternehmer seinen Werklohn ein und macht der Auftraggeber ein Zurückbehaltungsrecht wegen zu beseitigender Mängel geltend, führt dies zu einer doppelten Zug um Zug Verurteilung (vgl. Kniffka/Koeble, a.a.O., 6. Teil, Rn. 84).

(cc) Lokal begrenzte Unebenheit in der Gipskartondecke des Gästezimmers

Der Sachverständige C3 hat eine lokal begrenzte Unebenheit (Beule) in der Gipskartondecke des Gästezimmers festgestellt. Hierzu hat er ausgeführt, dass sich die festgestellte Unebenheit mit rund 5 mm zwar innerhalb der Ebenheitsabweichung nach DIN 18202 bewegt, dass aber gleichwohl von einem Sachmangel auszugehen ist, weil die Toleranzen der DIN 18202, speziell für Gipskartondecken, nicht mehr dem technischen Fortschritt entsprechen und mit Hilfe heute üblicher Messinstrumente, wie z. B. einem Laser, eine sehr viel höhere Genauigkeit erreichbar ist. Mit seinen nachvollziehbaren und auch überzeugenden Ausführungen, welche Bauweise sich in der heutigen Zeit als theoretisch richtig erwiesen und in der Praxis bewährt hat, hat der Sachverständige die Vermutung widerlegt, dass die Ebenheitsmaße für Gipskartondecken der DIN 18202 dem Stand der Technik entspricht und die heute anerkannten Regeln der Technik wiedergibt. Somit ist mit den Feststellungen des Sachverständigen von einem Sachmangel und einem Sachmangelbeseitigungsaufwand von 2.050,00 € auszugehen.

(dd) Sichtbarkeit des Betonsockels des Küchenblocks

Ein Mangel liegt auch darin, dass der Betonsockel des Küchenblocks aus dem Fertigfußboden herausragt, dadurch sichtbar bleibt und nach Aufstellung des Küchenblocks eine Fuge entstehen lässt.

Aus der als Anlage K 10 (Bl. 446 d. A.) zu den Akten Ausführungsplanung ergibt sich, dass der Sockel für den Küchenblock unterhalb der Oberkante des Fertigfußbodens liegen sollte. Diese Vorgabe hat die Klägerin fehlerhaft nicht umgesetzt mit der Folge, dass das von der Beklagten als Bauherrin in optischer Hinsicht gewünschte "Herauswachsen" des Küchenblocks aus dem Fertigfußboden nicht realisiert worden ist. Stattdessen ist eine Fuge zwischen Küchenblock und Sockel entstanden, die zwischenzeitlich von der Beklagten zur Raumseite mit einer Sockelplatte verkleidet worden ist.

Der Sachverständige C3 hat die Mängelbeseitigungskosten, die neben Schutzmaßnahmen für Mobiliar und Boden im Wesentlichen eine Demontage des Küchenblocks, ein Abfräsen des Fundaments im Nassverfahren um ca. 2 cm und eine Wiederaufstellung des Küchenblocks vorsehen, auf rund 8.000,00 € netto geschätzt. Da der Küchenblock, der für sich gesehen nach den Angaben im Kurzgutachten des Sachverständigen L1 vom 16.02.2014 einen Neuwert von 4.000,00 € hat, besonderen ästhetischen Anforderungen genügen sollte, was sich auch daraus ergibt, dass schon der zuerst angefertigte Küchenblock wegen optischer Mängel reklamiert wurde, kann nicht angenommen werden, dass es sich hierbei um einen unverhältnismäßigen Mängelbeseitigungsaufwand im Sinne des § 635 Abs. 3 BGB handelt.

Es liegen entgegen der Ansicht der Klägerin auch keine zureichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte nicht den Willen hat, den optischen Mangel tatsächlich beseitigen zu lassen. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Beklagte die Fuge zwischen Küchenblock und Sockel inzwischen mit einer Sockelplatte verkleidet hat. Denn bei dieser Verkleidung handelt es sich nach ihrem unwiderlegten Sachvortrag lediglich um ein Provisorium.

(ee) Türständerprofil der Trockenbauwand aus Aluminium im Bereich der FH-Zugangstür

Eine mangelhafte Werkleistung der Klägerin liegt nach den Feststellungen des Sachverständigen C3 auch darin, dass das Türständerprofil der Trockenbauwand aus einem Aluminiumprofil besteht, obwohl Aluminiumprofile wegen ihres niedrigen Schmelzpunktes bei FH-Wänden unzulässig sind. Die hiergegen von der Klägerin erhobene Einwendung, ihr Nachunternehmer habe keinen Bedenkenhinweis erteilt, ist schon deshalb unerheblich, weil sich die Beklagte etwaige Versäumnisse eines Nachunternehmers in ihrem Verhältnis zur Klägerin nicht zurechnen lassen muss. Der vom Sachverständigen ermittelte Mängelbeseitigungsaufwand beläuft sich auf 580,00 € netto.

(ff) Füllpanel zwischen Fensterfront und Innenwand zwischen Kinderzimmer I und Kinderzimmer II schließt nicht dicht ab

Nach den Feststellungen des Sachverständigen C3 liegt aufgrund der angrenzenden Stahlhohlkörper im Bereich zwischen den beiden Schlafräumen eine derart massive Schallbrücke vor, dass von einer Fehlkonstruktion gesprochen werden muss. Die Klägerin kann sich von ihrer Haftung für die fehlerhafte Ausführung nicht dadurch befreien, dass sie auf Planungsfehler der von der Beklagten beauftragten Architektin verweist. Denn aus dem am 26.06.2012 angefertigten Protokoll des Sachverständigen L1 ergibt sich, dass es für diesen Anschluss eine Detailplanung der Architektin überhaupt nicht gegeben hat. Wenn aber die Klägerin den Anschluss ausführt, ohne auf das Fehlen einer Detailplanung hinzuweisen, hat sie den aus der Fehlkonstruktion sich ergebenden Sachmangel selbst zu vertreten. Die Kosten für eine Beseitigung dieses Mangels belaufen sich nach den Darlegungen des Sachverständigen auf 480,00 € netto.

(gg) Verunreinigung der Fachwerkwand

Für die unstreitige Verunreinigung der Fachwerkwand hat der Sachverständige C3 einen Mängelbeseitigungsaufwand von 100,00 € netto in Ansatz gebracht.

(hh) Macken und Unebenheiten in der Putzoberfläche im Treppenaufgang

Für eine Überarbeitung der Macken und Unebenheiten in der Putzoberfläche im Treppenaufgang, die nicht der geschuldeten Q3-Qualität entsprechen, ist vom Sachverständigen C3 ein unstreitiger Aufwand von 790,00 € netto in Ansatz gebracht worden.

(ii) Fehlende Deckleiste an der Ostfassade im Obergeschoss zwischen Neubau und Altbestand

Der Sachverständige C3 hat festgestellt, dass die senkrechte Fuge im Obergeschoss zwischen Neubau und Altbestand mit einer Leiste hätte überdeckt werden müssen, weil beim Aufeinandertreffen von starrem Putz und der durch Witterungseinflüsse veränderlichen Brettverkleidung des Giebels stets eine Abbruchkante entsteht. Die Mängelbeseitigungskosten belaufen sich nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen auf 200,00 €.

(jj) Fehlende Abdichtung des Fassadensockels der Metallfassaden

Nach den Feststellungen des Sachverständigen C3 liegt ein Sachmangel in der Werkleistung der Beklagten auch darin, dass die senkrechte Bauwerksabdichtung auf dem Fundamentsockel endet und entgegen den Vorschriften der DIN-Norm 18195 nicht mindestens 15 cm um den Fundamentvorsprung herabgeführt worden ist. Die mündliche Anhörung des Sachverständigen hat allerdings ergeben, dass er bei der Ermittlung der mit (55,00 lfdm. x 22,00 €/lfdm.) 1.210,00 € netto in Ansatz gebrachten Mängelbeseitigungskosten nicht berücksichtigt hat, dass Sanierungsbedarf nicht für die insgesamt 55 laufende Meter umfassende Fassade besteht, sondern nur für die Metallfassaden.

(kk) Zugangstür zum Technikraum lässt sich nach außen hin nur ca. 80 Grad weit öffnen

Für die Beseitigung der unstreitigen Mangelhaftigkeit der Zugangstür zum Technikraum, die sich, weil sie an der Unterkante des Fassadenvorsprungs anschlägt, nicht vollständig öffnen lässt, hat der Sachverständige C3 Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 2.500,00 € ermittelt. Die Differenz zu den im Kurzgutachten des Sachverständigen L1 vom 16.02.2014 zugrunde gelegten 1.600,00 € hat der Sachverständige C3 im Rahmen der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar damit erklärt, dass der Sachverständige L1 insoweit lediglich die Kosten für ein neues Türblatt kalkuliert hat, nicht aber die Aus- und Einbaukosten und die Kosten für eine ebenfalls erforderliche neue Türzarge.

Wenn die Klägerin geltend macht, die Beklagte habe in Ansehung dieses Mangels dadurch in rechtlich bindender Weise von ihrem Minderungsrecht Gebrauch gemacht, dass sie sich in ihrem anwaltlichen Schreiben vom 19.08.2013 unter Berufung auf das Mängelprotokoll des Sachverständigen L1 vom 28.04.2013 eines Rückzahlungsanspruches in Höhe von 169.806,64 € berühmt habe, kann dem nicht gefolgt werden. Zutreffend ist zwar, dass der Sachverständige L1 im Mängelprotokoll vom 28.04.2013 in Bezug auf die Mangelhaftigkeit der Zugangstür eine Minderung von 150,00 € vorgeschlagen und diesen Betrag auch in die "Zusammenfassung der Kosten" eingestellt hat, und zutreffend ist auch, dass die Beklagte diese Kostenzusammenstellung bei der Ermittlung des von ihr nach Saldierung der wechselseitigen Forderungen geltend gemachten Rückzahlungsanspruches zugrunde gelegt hat. Die Klägerin durfte aber gleichwohl nicht annehmen, dass sich die Beklagte in rechtlich bindender Weise für das vom Sachverständigen L1 "vorgeschlagene" Minderungsrecht entscheiden wollte. Dies folgt daraus, dass im anwaltlichem Schreiben vom 19.08.2013 in Bezug auf die vom Sachverständigen L1 festgestellten Mängel von der Geltendmachung eines Kostenvorschusses die Rede ist, ohne dass hiervon bestimmte Mängel ausgenommen werden. Vor diesem Hintergrund ist der Umstand, dass die "Zusammenfassung der Kosten", die aus einer Vielzahl von nicht ohne weiteres zuzuordnenden Einzelpositionen besteht, für die mangelhafte Zugangstür einen Minderungs- und keinen Mängelbeseitigungskostenbetrag ausweist, nicht ausreichend, um darauf schließen zu können, dass die Klägerin in Ansehung dieses Mangels auf einen Kostenvorschuss für die Nachbesserung verzichten will.

(ll) 3 x 3 Löcher in Schiebetürfront zum Wohnzimmer innerhalb des Aluminiumprofils im Sockel

Der Sachverständige C3 hat unstreitig festgestellt, dass sich an drei verschiedenen Stellen des Fassadensockels Öffnungen befinden, die nicht mit einem Deckprofil geschützt sind. Die für die Anschaffung und Anbringung der Deckprofile anfallenden Kosten belaufen sich nach Angaben des Sachverständigen auf 100,00 € netto.

(mm) Zapfstelle zu nahe am Fallrohr

Eine mangelhafte Werkleistung liegt nach den unstreitigen Feststellungen des Sachverständigen auch darin, dass die Wasserzapfstelle an der südwestlichen Gebäudeecke so dicht neben dem Regenfallrohr angebracht worden ist, dass sie nur noch erschwert bedienbar ist. Die vom Sachverständigen ermittelten Mängelbeseitigungskosten belaufen sich auf 400,00 € netto.

(nn) Große Dachterrasse

In Bezug auf die große Dachterrasse hat der Sachverständige C3 mehrere Ausführungsfehler der Klägerin festgestellt (Konsolen zur Befestigung des umlaufenden Brüstungsgitters unzureichend eingedichtet, Dachbahnen liegen mit Längsstößen gegen die Fließrichtung, unzulässige Flickstellen auf der besplitteten Bitumenbahn und nicht fachgerechte Eindichtung der durch die Dachhaut geführten Entlüfterhauben), für die er allerdings keine Mängelbeseitigungskosten ermittelt hat, weil diese Ausführungsfehler automatisch im Zuge der von ihm für notwendig erachteten Verlegung einer zusätzlichen Dachabdichtungsbahn beseitigt werden.

Die Verlegung einer zusätzlichen Dachabdichtungsbahn ist nach den Darlegungen des Sachverständigen C3 erforderlich, weil die Dachterrasse in ihren Höhenvorgaben nicht entsprechend den Anforderungen der Flachdachrichtlinie so geplant worden ist, dass das erforderliche Gefälle von 2 % ausgebildet werden kann. In diesem Zusammenhang hat der Sachverständige dargelegt, dass die von der Architektin der Beklagten erstellte Planzeichnung nebst Systemschnitt (Anlage K 14; Bl. 459 f. d. A.) einen mangelhaften Versuch dargestellt hat, die Planungsdefizite zu beheben. Der Sachverständige hat aber auch dargelegt, dass die Klägerin die Planung der Architektin überhaupt nicht umgesetzt hat und die stattdessen von ihr gewählte Art und Weise der Ausführung ebenfalls mangelhaft ist. In diesem Zusammenhang hat der Sachverständige festgestellt, dass die von der Klägerin anstelle der Entwässerungsrinne ausgeführte Entwässerungswanne ebenfalls kein Gefälle aufweist, dass anstelle von zwei erforderlichen Abläufen nur ein Ablauf hergestellt und dieser Ablauf falsch eingebaut worden ist, weil der Kragen des Wasserablaufes ca. 1 cm aus der Oberkante des Fußbodens herausragt, so dass es zum Anstauen von Wasser kommen kann.

Der Sachverständige C3 hat im Hinblick darauf, dass man auf der Dachterrasse das für eine Entwässerung erforderliche Gefälle nicht ausbilden kann, für erforderlich gehalten, dass man die Dachterrasse im Sinne einer ausnahmsweise zulässigen 0-Gefälle-Abdichtung behandelt, die weitere Maßnahmen im Hinblick auf die Gefahr von Dachundichtigkeiten und das sich daraus ergebende Risiko für Gebäude und Inventar erfordert. Als weitere Maßnahmen hat der Sachverständige das Aufschweißen einer weiteren Dachabdichtungsbahn als erforderlich angesehen und die hierfür anfallenden Kosten mit rund 12.500,00 € netto ermittelt.

Es kann nicht angenommen werden, dass die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin (vgl. zur Beweislast Kniffka/Koeble, a.a.O., 6. Teil, Rn. 53) von ihrer Haftung für die mangelhafte Ausführung befreit ist, weil die von der Beklagten zu vertretene Planung ebenfalls mangelhaft war. Für eine Haftung der Klägerin spricht vielmehr, dass sie sich, möglicherweise weil sie deren Defizite erkannt hat, überhaupt nicht an die Planung der Architektin gehalten hat. Jedenfalls hätte die Klägerin mit Blick auf den auch für sie offensichtlichen Umstand, dass auf der Dachterrasse nicht das notwendige Gefälle ausgebildet werden kann, Bedenken anmelden und die weitere Vorgehensweise erfragen müssen, bevor sie eine untaugliche Leistung erbringt.

(oo) Gipskartonwände des Abstellraums

Ein weiterer unstreitiger Sachmangel besteht darin, dass auf die Gipskartonwände des Abstellraums nur eine Grundverspachtelung aufgetragen worden ist. Für die Herstellung der geschuldeten Q3-Qualität fallen nach den Darlegungen des Sachverständigen C3 Kosten in Höhe von 215,00 € netto an.

(3) Bereits die vorstehenden - zum Teil gravierenden - Mängel, die mit Mängelbeseitigungskosten einhergehen, die auf jeden Fall Kosten in Höhe von mehr als 10 % der von der Klägerin beanspruchten Schlussrechnungssumme verursachen, können zumindest in ihrer Gesamtschau nicht als unwesentlich eingestuft werden.

(4) Ob sich die Beklagte wegen der sehr starken optischen Beeinträchtigung durch die in den Stoßtritten der Sichtbetontreppe sichtbaren Transporthülsen wegen unverhältnismäßiger Kosten der Mängelbeseitigung auf ein Minderungsrecht verweisen lassen muss und ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Mängelbeseitigungsansprüche bestehen wegen der vom Sachverständigen C3 festgestellten Rutschgefahr auf der Freitreppe zur Dachterrasse und wegen der von ihm trotz Einhaltung der Grenzwerte des Blower-Door-Testes festgestellten Undichtigkeiten der Gebäudehülle des Neubaus, braucht nicht mehr entschieden werden.

2) Auf die von der Klägerin erhobene Einrede der Verjährung kommt es schon deshalb nicht an, weil die Beklagte bereits mit ihrer Hauptverteidigung, der fehlenden Fälligkeit der Klageforderung, durchdringt. Abgesehen davon sind Nacherfüllungsansprüche der Beklagten, auf die sie vorsorglich ein Zurückbehaltungsrecht stützt, nicht verjährt. Denn die Verjährung von Nacherfüllungsansprüchen gemäß § 634 Nr. 1 BGB beginnt gemäß § 634 a Abs. 2 BGB mit der Abnahme zu laufen, an der es hier fehlt.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.

Streitwert: 117.248,53 €