AG Dortmund, Urteil vom 02.04.2019 - 729 OWi-254 Js 281/19 -63/19
Fundstelle
openJur 2019, 30261
  • Rkr:
Tenor

Der Betroffene wird wegen fahrlässiger Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit Unfallverursachung zu einer Geldbuße von 35,00 EURO verurteilt.

Die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen trägt der Betroffene mit Ausnahme der Kosten der Blutprobe und des Sachverständigengutachtens, die die Staatskasse trägt.

Angewendete Vorschriften: §§ 1 Abs. II, 49 StVO, 24 StVG.

Gründe

Der Betroffene ist verheiratet und Vater von fünf Kindern. Das jüngste Kind (15 Jahre) lebt noch im elterlichen Haushalt. Der Betroffene ist derzeit arbeitslos.

Der Betroffene hatte das von ihm genutzte Fahrzeug, einen PKW der Marke Mercedes-Benz mit dem amtlichen Kennzeichen ...-... ... am Tattage in einem Garagenhof des Hauses M-Straße in E stehen. Er kam am Tattage gegen 15:00 Uhr dorthin, um sein Auto zu waschen.

Ob das Fahrzeug am Tattage zuvor von dem Betroffenen bewegt worden war, konnte das Gericht nicht feststellen.

Die Tatörtlichkeit M-Straße ist derart beschaffen, dass es sich um eine private Stichstraße mit anschließendem Garagenhof handelt. Ab 17:00 Uhr wird die private Stichstraße durch ein starkes Metalltor gegen das Befahren durch den öffentlichen Straßenverkehr verschlossen. In der Stichstraße befindet sich der besagte Garagenhof am Ende der Stichstraße. Im vorderen Bereich befindet sich eine ehemalige Tankstelle, die nunmehr nur noch als KFZ-Reparaturbetrieb benutzt wird.

Im Anschluss an die Tankstelle stehen beidseitig des Stichstraßenbereiches bis zum Garagenhof hin Gebrauchtwagen, die dort zum Verkauf angeboten werden. Für den Gebrauchtwagenverkauf und den Betrieb der Werkstatt ist das Befahren der Örtlichkeit nach morgendlichem Öffnen der Eisentore gewünscht und möglich.

So war das Tor auch zu der Zeit geöffnet, als der Betroffene dort am Tattage sein Auto waschen wollte. Der Betroffene musste dann jedoch sein Fahrzeug umparken und drehte dieses auch auf dem Garagenhof. Dabei geriet er mit seiner vorderen rechten Fahrzeugecke gegen einen blauen VW-Golf des Zeugen B, der in der fraglichen privaten Straße im hinteren Bereich abgestellt war. Der Betroffene blieb vor Ort in dem Garagenhof nahe seines Autos. Etwa 2 bis 3 Stunden später stellte der geschädigte Autobesitzer einen Schaden an seinem Fahrzeug fest und auch einen korrespondierenden Schaden des Fahrzeuges des Betroffenen. Er rief die Polizei. Gegenüber der Polizei erklärte der sich immer noch vor Ort aufhaltende Betroffene, er sei der Fahrzeugführer zur Tatzeit gewesen. Die Polizei fragte den Betroffenen routinemäßig nach möglichem Drogenkonsum. Der Betroffene bejaht dies für den Vorabend, so dass die Polizei Schnelltests nahm, die Hinweise auf Cannabiskonsum und Kokainkonsum ergaben. Der Betroffene hatte am Vorabend einen "Joint" geraucht. Die Polizei ordnete daraufhin eine Blutprobeentnahme an, die ergab, dass der Betroffene eine THC-Konzentration von 0,9 µg/l aufwies.

Im Rahmen der ärztlichen Blutprobeentnahme konnte eine fehlende Pupillenlichtreaktion bei dem Betroffenen festgestellt werden.

Der Betroffene hat den Unfall eingestanden.

Ob er bereits zum Tatort mit seinem Fahrzeug hingefahren ist, sagte der Betroffene nicht. Der Betroffene bestätigte, am Vorabend der Tat einen "Joint" mit Cannabis geraucht zu haben. Er habe an sich jedoch keine Verhaltensbesonderheiten festgestellt. Er habe sein Fahrzeug umparken müssen und dies dann auch getan. Er sei wohl beim Umparken mit dem anderen Fahrzeug zusammengestoßen, aufgrund der Enge der örtlichen Verhältnisse.

Die Höhe der THC-Konzentration im Blut des Betroffenen konnte das Gericht feststellen durch - mit Zustimmung des Betroffenen und des Verteidigers - erfolgte Verlesung des Sachverständigengutachtens des Labors L, dort als Sachverständiger tätig: Dr. M. Das Gutachten datiert vom 02.11.2018 und ergab den genannten Drogenbefund. Festzustellen war, dass der Betroffene unter Cannabiseinfluss ein Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr geführt hat. Die Nachweisgrenze von 1,0 µg/l Blut war jedoch noch nicht erreicht.

Das Gericht hat daher im Weiteren entsprechend der Entscheidung des OLG Bamberg vom 11.12.2018, 3 Ss OWi 1526/18 geprüft, ob drogentypische Verhaltensauffälligkeiten oder Ausfallerscheinungen festzustellen waren, die trotz Unterschreitung der Nachweisgrenze eine für eine Verurteilung ausreichende Drogenwirkung nahelegten.

Hierzu hat das Gericht den ärztlichen Bericht, der begleitend zur Blutprobeentnahme gestellt wurde, urkundsbeweislich verlesen und zudem den Polizeibeamten X, der den Betroffenen angetroffen hat und der auch den Drogentest genommen hat, als Zeugen vernommen.

Während in dem ärztlichen Bericht das Verhalten des Betroffenen als redselig eingestuft wurde, ergab sich aus der polizeilichen Aussage distanzloser Kontakt.

Der Zeuge X erklärte insoweit, dass der Betroffene laut gewesen sein und viel geredet habe. Dies könne sich auch seiner Ansicht nach aus der Situation vor Ort ergeben haben und sei wohlmöglich nicht drogenbedingt. Zum Gedankenablauf stellte der Zeuge X fest, dass dieser nach seinen Aufzeichnungen schwerfällig und langsam gewesen sei, wobei sich aus dem ärztlichen Bericht ein sprunghafter Gedankenablauf ergab.

Diese Feststellungen sind nach Ansicht des Gerichtes eher als widersprüchlich anzusehen.

Zur Sprache des Betroffenen konnten sowohl die Polizei, als auch der Arzt feststellen, dass diese deutlich war.

Lediglich zur Pupillenlichtreaktion konnte deren Fehlen in dem ärztlichen Bericht festgestellt werden.

Da der Zeuge X als tatnächster Zeuge jedoch ausgesagt hat, dass der Betroffene für ihn in keinster Weise dahin auffällig gewesen sei, das er Drogen konsumiert habe, sondern lediglich auf routinemäßige Nachfrage einen Drogenkonsum eingeräumt habe, reichen nach Ansicht des Gerichtes weder die Feststellungen in dem ärztlichen Bericht zur Blutprobeentnahme noch die übrigen Feststellungen der Polizei nicht aus, um bei Unterschreitung der Nachweisgrenze des § 24 a StVG gleichwohl eine Verurteilung im Sinne dieser Norm vornehmen zu können.

Dementsprechend war der Betroffene lediglich wegen des Unfallgeschehens gemäß §§ 1 Abs. II, 49 StVO, 24 StVG zu verurteilen. Hierfür war die Regelgeldbuße von 35,00 EURO festzusetzen.

Im Hinblick auf die vorgeworfene Drogenfahrt konnte das Gericht jedoch keine Verurteilung vornehmen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StPO i.V.m. § 46 OWiG.

Die Kosten der Blutprobe und der Begutachtung der Blutprobe waren aufgrund des nötigen unechten Teilfreispruchs hinsichtlich des schwereren Deliktes des § 24a StVG der Staatskasse aufzuerlegen.

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