AG Essen, Urteil vom 25.09.2001 - 132 C 169/01
Fundstelle
openJur 2019, 30209
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 700,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Der Zeuge T befuhr am 22.12.2000 mit dem Fahrzeug des Klägers, Mitsubishi, amtliches Kennzeichen ****, die G-Straße in Fahrtrichtung Essen-G auf der linken der beiden Richtungsfahrbahnen. In Höhe des Einmündungsbereichs I-straße fuhr der Beklagte zu 1.) mit dem Fahrzeug der Beklagten zu 2.), amtliches Kennzeichen ..., das bei der Beklagten zu 3.) haftpflichtversichert war, von einem Parkplatz auf der rechten Seite kurz vor dem Kreuzungsbereich über die rechte Spur, um nach links auf die G- Straße in Fahrtrichtung Stadtmitte abzubiegen. Dabei beachtete er das Fahrzeug des Klägers nicht und beide Fahrzeuge kollidierten miteinander, wobei das klägerische Fahrzeug beschädigt wurde.

Der Kläger beauftragte unmittelbar nach dem Unfall das Sachverständigenbüro H mit der Schadensbegutachtung. Das Fahrzeug wurde am 27.12.2000 besichtigt. In dem Gutachten vom 05.01.2001 wurde eine Schadenshöhe von 4.919,36 DM ausgewiesen, die sich aus Reparaturkosten ohne Mehrwertsteuer von 4.619,33 DM abzüglich 378,50 DM Wertverbesserung und zuzüglich 678,53 DM Mehrwertsteuer zusammensetzte. Der Wiederbeschaffungswert wurde mit 6.200,00 DM angegeben.

Der Kläger behauptet, während der anschließenden Reparatur habe sich ein weiterer unfallbedingter Schaden, nämlich eine Beschädigung des Lenkgetriebes und der Spurstangen, herausgestellt. Er verlangt daher zum einen vom Sachverständigen H festgestellten Reparaturaufwand in Höhe von 4.919,36 DM und zum anderen die Kosten für die Reparatur an dem Lenkgetriebe und den Spurstangen. Diese hat der Kläger durch eine Rechnung des Meisterbetriebes J vom 02.03.2001 belegt, wonach die Erneuerung des Lenkgetriebes 3.095,81 DM kostete. Darüber hinaus hat der Kläger ebenfalls vom Meisterbetrieb J eine Bestätigung vom 17.02.2001 vorgelegt, nach der das verunfallte Fahrzeug des Klägers fachgerecht instandgesetzt worden sei. Die Beklagte zu 3.) zahlte vorprozessual bereits einen Betrag von 5.644,66 DM auf Totalschadensbasis. Der Kläger berechnet seinen weitergehenden Schaden wie folgt:

Reparaturkosten: 8.015,17 DM

Gutachterkosten: 644,66 DM

Nutzungsausfall: 384,00 DM

Kostenpauschale: 50,00 DM

gesamt: 9.093,83 DM

Zahlung: 5.644,66 DM

Klageforderung: 3.449,17 DM

Der Kläger beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 3.449,17 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes seit dem 03.04.2001 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten bestreiten, dass das klägerische Fahrzeug an dem Lenkgetriebe und den Spurstangen unfallbedingt beschädigt wurde, und dass diese Teile gegen Neuteile ausgetauscht werden mussten. Des weiteren habe der tatsächliche Reparaturaufwand über 130 % des Wiederbeschaffungswertes gelegen. Die Reparaturkosten für das Lenkgetriebe und den Spurstangen hätten ursprünglich nach einem Kostenvoranschlag der Fa. Autohaus X GmbH vom 06.02.2001 3.170,95 DM betragen. Damit würde die 130 %-Grenze überschritten, weshalb auf Totalschadensbasis abzurechnen sei. Die Beklagten bestreiten mit Nichtwissen, dass sich der erhöhte Reparaturaufwand erst nach Erteilung des Reparaturauftrages herausstellte. Somit würde auch ein etwaiges Prognoserisiko den Beklagten nicht zur Last fallen. Außerdem sei die von dem Sachverständigenbüro H ermittelte Wertverbesserung bei einer durchgeführten Reparatur von den Kosten nicht abzusetzen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung weiterer 3.449,17 DM aus §§ 7, 18 StVG, 3 PflVG.

Zwar kann der Geschädigte, wenn er sein beschädigtes Kraftfahrzeug weiter benutzen will, auch dann noch reparieren lassen, wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert um nicht mehr als 30 % übersteigen (OLG Hamm r+s 1998, 64; OLG Hamm 1998, 284). Dies setzt aber voraus, dass der Aufwand zur Schadensbeseitigung tatsächlich innerhalb dieser Toleranzgrenze von 130 % des Wiederbeschaffungswertes liegt und der Schaden fachgerecht und vollständig beseitigt wird. Dies gilt nicht, wenn der Geschädigte eine Teil- oder Billigreparatur durchführt (OLG Hamm r+s 1998, 64).

Zwar liegen die geltend gemachten Reparaturkosten von 8.015,17 DM lediglich 129,28 % über dem Wiederbeschaffungswert von 6.200,00 DM und damit unterhalb der Toleranzgrenze von 130 %. Es ist grundsätzlich auch unschädlich, dass ein weiterer Kostenvoranschlag existierte, nach dem die Gesamtkosten oberhalb von 130 % gelegen hätten. Denn es kommt auf die tatsächlich durchgeführte Reparatur an. Aus diesem Grund stellt sich auch nicht die Frage nach dem Prognoserisiko. Eine Wertverbesserung, die durch eine durchgeführte Reparatur entsteht, ist auch von den tatsächlichen Kosten abzuziehen. Dies hat allein schon deshalb konsequenterweise zu erfolgen, da im umgekehrten Fall ein etwaig verbleibender Minderwert den Kosten zuzuschlagen ist.

Der Kläger hätte jedoch darlegen müssen, in welchem Umfang und zu welchen Kosten sein Fahrzeug tatsächlich repariert wurde. Er belegt weder die im einzelnen durchgeführten Reparaturmaßnahmen noch kann er deren Aufwand beziffern, wonach die Kosten für die tatsächlich durchgeführte Reparatur unterhalb 130 % des Wiederbeschaffungswertes lagen. Es kann seinem Vortrag nicht einmal entnommen werden, wer die Beseitigung der vom Sachverständigenbüro H festgestellten Mängel vorgenommen hat. Nach dem Vortrag des Klägers ist der Schaden an dem Lenkgetriebe erst bei der Durchführung der übrigen Reparatur aufgefallen. Nach dem Kostenvoranschlag der Fa. Autohaus X GmbH vom 06.02.2001 für die Reparatur des Lenkgetriebes hätte demnach die übrige Reparatur auch dort durchgeführt worden sein müssen. Stattdessen belegt der Kläger diese aber mit einer undetaillierten Bestätigung des Meisterbetriebes J vom 17.02.2001, aus der weder die Reparaturmaßnahmen noch derjenige, der sie durchgeführt haben soll, hervorgehen. Der Kläger hat trotz gerichtlichen Hinweises diesen Widerspruch nicht ausräumen und die einzelnen, tatsächlich durchgeführten Reparaturmaßnahmen belegen können. Dem Beweisantritt in dem klägerischen Schriftsatz vom 23.08.2001, bezüglich der Frage nach der ordnungsgemäßen Reparatur ein Sachverständigengutachten einzuholen, war nicht nachzugehen, da es hierzu an einem schlüssigen Vortag mangelt.

Nach alledem hat der Kläger keinen weiteren Schadensersatzanspruch. Er hat nicht dargelegt, dass eine tatsächlich durchgeführte, fachmännische Reparatur innerhalb der Toleranzgrenze von 130 % des Wiederbeschaffungswertes lag. Demnach haben die Beklagten die Schadensregulierung völlig zu Recht auf Totalschadensbasis vorgenommen, deren Berechnung nicht zu beanstanden ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.