OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.07.2019 - 4 A 1990/17
Fundstelle
openJur 2019, 29912
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 20 K 5942/16
Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 7.7.2017 geändert.

Der Bescheid des Beklagten vom 22.4.2016 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Beendigung ihrer Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Architektenkammer NRW.

Die Klägerin wurde nach dem Abschluss ihres Architekturstudiums im Juni 1994 auf ihren Antrag mit Wirkung zum 1.8.1994 im beklagten Versorgungswerk aufgenommen. Sie war vom 15.7.1994 bis zum 30.6.1997 für den T. Rundfung tätig. Zum 1.4.1998 nahm sie eine unbefristete Stelle im öffentlichen Dienst beim Bauamt des Stadtverbandes T1. in der "Abteilung Bauunterhaltung" auf. Sie zeigte dies gegenüber dem Beklagten an und gab an, angestellt und berufsspezifisch als Anwärterin beschäftigt zu sein. Die Klägerin wurde wegen dieses Beschäftigungsverhältnisses und ihrer schon länger bestehenden Mitgliedschaft beim Beklagten von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung befreit. Grundlage der Befreiung war unter anderem eine Bestätigung des Beklagten, die Klägerin sei seit dem 1.8.1994 kraft Gesetzes Mitglied seines Versorgungswerks. In dem Befreiungsbescheid hieß es: "Die Befreiung gilt für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der Pflichtmitgliedschaft in der jeweiligen Berufskammer, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu zahlen wären. Sie ist grundsätzlich auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt."

Anfang August 1998 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass gem. § 6 Abs. 1 der Satzung des Beklagten (im Folgenden: Satzung) in der Regel nur Mitglieder der Architektenkammer NRW und angeschlossener Kammern anderer Bundesländer dem Versorgungswerk angehörten. Zugleich bat er die Klägerin, die Kammermitgliedschaft zu betragen, weil andernfalls ihre Mitgliedschaft im Versorgungswerk aufgehoben werden müsse. Die Klägerin antwortete hierauf, dass es ihr wegen der Ausgestaltung ihrer Tätigkeit im Bauamt bis zum Eintritt ins Rentenalter nicht möglich sein werde, in die Architektenkammer aufgenommen zu werden. Sie wolle jedoch weiterhin unbefristet und lebenslänglich zu den gleichen Konditionen wie ein Kammermitglied beim Beklagten pflichtversichert sein und bat um schriftliche Bestätigung des dauerhaften Fortbestehens ihrer Mitgliedschaft. Der Beklagte antwortete hierauf wörtlich: "Da Sie z.Z. noch nicht die erforderliche Berufspraxis zur Aufnahme der Mitgliedschaft in der Architektenkammer T2. erfüllen, können Sie die Mitgliedschaft im Versorgungswerk der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen zu den gleichen Rechten und Pflichten fortsetzen. Die Höhe der im Versorgungswerk erworbenen Rentenansprüche richtet sich im Wesentlichen nach der Höhe der entrichteten Versorgungsabgaben und nicht danach, ob eine Kammermitgliedschaft besteht."

Im Oktober 2015 teilte der Beklagte der Klägerin mit, die Deutsche Rentenversicherung Bund habe in letzter Zeit verstärkt Überprüfungen vorgenommen, ob bei Anwärtern die Voraussetzungen für die Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk weiterhin gegeben seien. Er empfahl der Klägerin die Prüfung, ob sie die Voraussetzungen für eine Kammermitgliedschaft erfülle und bat um Mitteilung hinsichtlich ihrer Kammermitgliedschaft. Die Klägerin verwies in ihrer Antwort auf ihr Schreiben aus dem Jahr 1998.

Mit Bescheid vom 22.4.2016 stellte der Beklagte fest, dass die versicherungspflichtige Mitgliedschaft der Klägerin im Versorgungswerk nach § 6a Abs. 1 lit. d) der Satzung mit dem 31.5.2016 ende, weil die Klägerin kein Mitglied in der für sie zuständigen Berufskammer geworden sei. Die Mitgliedschaft im Versorgungswerk könne freiwillig fortgesetzt werden.

Die Klägerin hat hiergegen Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe in den 1990er Jahren an der damaligen Fachhochschule des T3. im Fachbereich Architektur künftige Mitglieder "akquiriert". Dabei sei nie darauf hingewiesen worden, dass nur Personen, die einer selbständigen oder unselbständigen Tätigkeit als Architekten nachgingen, Mitglieder des Versorgungswerkes sein könnten. Der Beklagte habe wegen der von ihr stets wahrheitsgemäß gemachten Angaben gewusst, dass sie nicht selbständig tätig (gewesen) sei. Sie sei durch den Beklagten im August 1998 falsch informiert worden und dieser habe es versäumt, rechtzeitig nach Ablauf von vier Kalenderjahren zu überprüfen, ob sie die Voraussetzungen einer Pflichtmitgliedschaft erfülle. Bei einer freiwilligen Mitgliedschaft im Versorgungswerk bestehe für sie eine Versicherungspflicht bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, was für sie aus mehreren Gründen nachteilig sei. Sie habe ein schutzwürdiges Vertrauen in die unveränderte Fortgeltung des alten Satzungsrechts, weil sie keine Möglichkeit gehabt habe, eine weitere Altersvorsorge aufzubauen, um eine Schlechterstellung im Rentenalter zu vermeiden. Der Wechsel in die Deutsche Rentenversicherung nähme ihr im Übrigen die Wahl ihres Renteneintrittsalters. Ihr würde zudem der Schutz der Berufsunfähigkeitsrente des Versorgungswerks verloren gehen.

Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 22.4.2016 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt: Die Pflichtmitgliedschaft der Klägerin sei gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Baukammerngesetz NRW (BauKaG NRW) i. V. m. § 6 Abs. 1 seiner Satzung grundsätzlich den in die Architektenlisten eingetragenen Pflichtmitgliedern der Architektenkammer NRW sowie der angeschlossenen Kammern der Länder Hessen, T2. und Bremen vorbehalten. Hierauf sei die Klägerin bereits im Jahr 1998 hingewiesen worden. Neben den Kammermitgliedern könnten nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauKG NRW i. V. m. § 6 Abs. 2 der Satzung auch Anwärter auf eine Kammermitgliedschaft versicherungspflichtige Mitglieder werden, die die Voraussetzungen zur Eintragung in die Architektenliste mit Ausnahme der zweijährigen praktischen Tätigkeit erfüllten. Nach der bis zum 30.4.2011 geltenden Satzung habe die Pflichtmitgliedschaft für Anwärter nur dann geendet, wenn diese die Voraussetzungen zur Eintragung in die Architektenliste erfüllten, aber ungeachtet dessen keinen Antrag auf Eintragung gestellt hätten. Seit der Satzungsänderung mit Wirkung ab dem 1.5.2011 ende die Pflichtmitgliedschaft der Anwärter spätestens mit Ablauf von vier Jahren nach Beginn der praktischen Tätigkeit. Im Fall der Klägerin sei dementsprechend keine weitere Pflichtmitgliedschaft mehr möglich, weil sie nach Ablauf von vier Kalenderjahren nach Beginn der praktischen Tätigkeit kein Pflichtmitglied in der zuständigen Berufskammer geworden sei. Der Klägerin sei die Fortsetzung der Mitgliedschaft zu den gleichen Rechten und Pflichten auf freiwilliger Basis möglich. Welche Rechte und Pflichten gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Bund bestünden, liege außerhalb seiner Entscheidungskompetenz.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Beklage habe zu Recht das Ende der versicherungspflichtigen Mitgliedschaft der Klägerin festgestellt. Die Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen für eine Fortsetzung ihrer Pflichtmitgliedschaft bei dem Beklagten. Die Pflichtmitgliedschaft der Klägerin sei gem. § 6a Abs. 1 lit. d) der Satzung jedenfalls zum 31.5.2016 beendet. Die Klägerin sei im Jahre 1994 als Anwärterin im Sinne des § 6 Abs. 2 der Satzung des Beklagten Mitglied des Versorgungswerks geworden. Aus den Akten sei nicht ersichtlich, dass sie in der Zeit danach in die Liste der Architekten im T2. eingetragen worden sei. Ob die Mitgliedschaft erst zum 31.5.2016 oder zu einem früheren Zeitpunkt geendet habe, könne offen bleiben, weil die Klägerin durch die Feststellung zum 31.5.2016 nicht belastet werde. Das Erlöschen der Pflichtmitgliedschaft eines Anwärters nach dem Ablauf von vier Kalenderjahren nach Beginn seiner praktischen Tätigkeit beruhe auf der zum 1.5.2011 in Kraft getretenen Änderung der Satzung. Mit Änderung der Satzung sei das Erlöschen der Pflichtmitgliedschaft von Anwärtern, die auch nach Ablauf einer vierjährigen Übergangszeit nicht Kammermitglied geworden seien, satzungsrechtlich geregelt worden. Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin davon ausgehe, dass die Vierjahresfrist für sie erst mit dem Inkrafttreten der Satzungsänderung ab dem 1.5.2011 begonnen habe, sei diese Frist am 1.5.2015 verstrichen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Gebot des Vertrauensschutzes.

Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen. Der Beklagte habe seine Mitglieder außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen nicht in der gebotenen Weise betreut. Er hätte regelmäßig nachfragen müssen, ob sie inzwischen eine Tätigkeit als Architekt ausübten. Solche Nachfragen habe es nicht gegeben. Die Klägerin habe nicht wissen können, dass die Pflichtmitgliedschaft von Anwärtern, die ? wie sie ? auf Dauer nicht als selbständige Architekten arbeiten wollten, dem Satzungszweck widerspreche. Dass die Pflichtmitgliedschaft eines Anwärters nach der zum 1.5.2011 in Kraft getretenen Satzungsänderung nach dem Ablauf von vier Kalenderjahren nach Beginn der praktischen Tätigkeit erlösche, sei nicht sinnvoll für Personen, die zu diesem Zeitpunkt über 20 Jahre Pflichtmitglied gewesen seien, ohne als selbständige Architekten zu arbeiten. Bei Ablauf der Übergangsfrist im Jahre 2015 sei die Klägerin ca. 50 Jahre alt gewesen. Es sei unrealistisch, dass ein Versicherungsnehmer in diesem Alter seine Stellung im Öffentlichen Dienst aufgebe und eine selbständige Tätigkeit aufnehme. Die Satzungsänderung hätte deshalb allenfalls auf solche Mitglieder angewendet werden dürfen, bei denen die Begründung einer selbständigen Tätigkeit noch zumutbar und aus Sicht dieser Mitglieder auch vernünftig sei. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts liege ein besonderer Vertrauenstatbestand vor. Die Klägerin sei für den größeren Teil ihrer Lebensarbeitszeit als Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Beklagten versichert gewesen, ohne in die Kammerliste eingetragen zu sein. Eine Änderung der Satzung sei nur zulässig für den Personenkreis, der anders als sie noch eine anderweitige (vernünftige) Altersversorgung aufbauen könne. Auch der Verweis des Beklagten auf § 15 BauKaG NRW greife nicht durch. Die Vorschrift regele nicht, was mit Mitgliedern geschehe, die bereits nach Abschluss des Studiums geworben worden seien. Das Baukammerngesetz NRW sei zum 16.12.2003 in Kraft getreten, so dass der Beklagte auch auf Basis seiner Rechtsauffassung früher hätte tätig werden müssen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 7.7.2017 den Bescheid des Beklagten vom 22.4.2016 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ergänzt sein Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Das Versorgungswerk habe zu keinem Zeitpunkt Mitglieder akquiriert, sondern lediglich über die Voraussetzungen einer Mitgliedschaft und seine Leistungen informiert. Die Reichweite der Satzungsgewalt des Beklagten ergebe sich aus § 15 BauKaG NRW. Danach sei die Regelungsbefugnis grundsätzlich auf Mitglieder der Architektenkammer beschränkt. Sie werde durch eine Ausnahmeregelung erweitert auf Personen, die die Voraussetzungen zur Eintragung in die Architektenliste mit Ausnahme der zweijährigen praktischen Tätigkeit erfüllten. Auch im Zeitpunkt der Aufnahme der Klägerin in das Versorgungswerk habe § 9 Abs. 2 Satz 2 BauKaG a. F. die gleiche Ausnahmeregelung enthalten. Schon zum Zeitpunkt des Eintritts in das Versorgungswerk sei der Klägerin deshalb bekannt gewesen, dass grundsätzlich nur Mitglieder der Architektenkammer Mitglied des Versorgungswerks werden konnten. Die Regelung solle die Mitgliedschaft im Versorgungswerk für Personen öffnen, deren Eintragung nur noch von dem formellen Erfordernis der praktischen Berufstätigkeit abhänge. Als Ausnahmeregelung sei sie restriktiv auszulegen. Dies sei Grund für die Satzungsänderung im Jahr 2011 gewesen, die nur eine Präzisierung der in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauKaG NRW bereits seinem Sinngehalt nach angelegten Begrenzung darstelle. Der Satzungsgeber habe die Vorstellung gehabt, den "Kandidaten" sei über den Zeitablauf von zwei Jahren für die Absolvierung der praktischen Tätigkeit hinaus allenfalls noch eine ebenso lange Karenzzeit einzuräumen, bis angenommen werden müsse, dass der betreffende "Kandidat" die Mitgliedschaft in der Architektenkammer tatsächlich erworben haben müsste. Das Versorgungswerk könne nicht mehr Rechte einräumen, als ihm nach § 15 BauKaG NRW i. V. m. der Satzung zustehe. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass die Entziehung der Pflichtmitgliedschaft die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung gefährden würde. Denn Voraussetzung der Befreiung sei, dass die Klägerin als Architektin tätig sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte (zwei Bände) und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten (ein Hefter) Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin hat Erfolg. Die zulässige Klage ist begründet.

Der Bescheid des Beklagten vom 22.4.2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

I. Der Bescheid ist formell rechtswidrig.

Der Beklagte hat die Klägerin vor Erlass des streitigen Rücknahmebescheides nicht gemäß § 28 VwVfG NRW angehört (dazu unten 1.). Die fehlende Anhörung ist auch nicht gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG NRW nachgeholt worden (dazu unten 2.) oder nach § 46 VwVfG NRW unschädlich (dazu unten 3.).

1. Die Klägerin ist entgegen § 28 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG NRW nicht vor Erlass des Bescheids angehört worden. Nach dieser Vorschrift ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies erfordert auch, dass die Behörde den Betroffenen darüber in Kenntnis setzt, dass sie beabsichtigt, ihm gegenüber einen bestimmten Verwaltungsakt zu erlassen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.2.2019 ? 4 B 1269/18 ?, juris, Rn. 4 f., m. w. N.

Eine Anhörung der Klägerin ist nicht erfolgt. Sie liegt insbesondere nicht in dem Schreiben des Beklagten vom 22.10.2015, in dem er darauf hingewiesen hatte, dass die Deutsche Rentenversicherung Befreiungsanträge für neu aufgenommene Beschäftigungen abgelehnt habe, weil nach Ablauf der Übergangszeit von vier Kalenderjahren nach Beginn der Mitgliedschaft im Versorgungswerk noch keine Kammermitgliedschaft vorgelegen habe. Die Klägerin wurde gebeten zu prüfen, ob sie die Voraussetzungen zur Eintragung in die Liste ihrer Fachrichtung erfülle. Diesen Äußerungen ist die Absicht, die Beendigung der Mitgliedschaft der Klägerin festzustellen, nicht zu entnehmen. Der Klägerin war noch nicht einmal mitgeteilt worden, dass der Beklagte erwäge, einen mittlerweile neu geschaffenen Beendigungstatbestand für Anwärter, die keine Mitglieder der Architektenkammer geworden sind, auf die Klägerin anzuwenden.

2. Die unterlassene Anhörung ist auch nicht nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG NRW geheilt worden. Hiernach ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird.

Eine solche Heilung setzt voraus, dass die Behörde nachträglich die Anhörung ordnungsgemäß durchführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.6.2010 ? 3 C 14.09 ?, BVerwGE 137, 199 = juris, Rn. 37.

Diese Funktion besteht nicht allein darin, dass der Betroffene seine Einwendungen vorbringen kann und diese von der Behörde zur Kenntnis genommen werden, sondern schließt vielmehr ein, dass die Behörde ein etwaiges Vorbringen bei ihrer Entscheidung in Erwägung zieht. Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren reichen als solche zur Heilung einer zunächst unterbliebenen Anhörung nicht aus. Eine funktionsgerecht nachgeholte Anhörung setzt vielmehr voraus, dass sich die Behörde nicht darauf beschränkt, die einmal getroffene Sachentscheidung zu verteidigen, sondern das Vorbringen des Betroffenen erkennbar zum Anlass nimmt, die Entscheidung kritisch zu überdenken.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2015 ? 7 C 5.14 ?, BVerwGE 153, 367 = juris, Rn. 17 f.; siehe auch Beschluss vom 18.4.2017 ? 9 B 54.16 ?, AUR 2017, 304 = juris, Rn. 4, und Urteil vom 14.6.2010 ? 3 C 14.09 ?, BVerwGE 137, 199 = juris, Rn. 37; ferner OVG NRW, Beschluss vom 18.2.2019 ? 4 B 1269/18 ?, juris, Rn. 11 f.

Dementsprechend können die Stellungnahmen des Beklagten im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, ungeachtet der Tatsache, dass der Anhörungsmangel nicht thematisiert wurde, nicht dessen Heilung dienen.

Die Anhörung ist zwischenzeitlich nicht mehr nachholbar, weil dies nach § 45 Abs. 2 VwVfG NRW nur bis zum zeitlich hier zurückliegenden Abschluss der ersten Instanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens möglich war.

3. Die fehlende Anhörung war auch nicht nach § 46 VwVfG NRW unschädlich. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 VwVfG NRW nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

Es ist nicht offensichtlich, dass die fehlende Anhörung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Es handelt sich nämlich nicht um eine Entscheidung des Beklagten, zu der er verpflichtet war. Die Feststellung war vielmehr auch materiell rechtswidrig, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergibt.

II. Der Bescheid ist materiell rechtswidrig. Die versicherungspflichtige Mitgliedschaft der Klägerin im Versorgungswerk (dazu unten 1.) ist nicht beendet (dazu unten 2.).

1. Nach der Satzung des Beklagten ist die Klägerin Pflichtmitglied im beklagten Versorgungswerk [dazu unten a)]. Die Satzungsregelung entspricht den gesetzlichen Vorgaben des Baukammerngesetzes NRW [dazu unten b)].

a) Die bisher zwischen den Beteiligten unstreitig bestehende Pflichtmitgliedschaft der Klägerin im beklagten Versorgungswerk richtet sich nach § 6 Abs. 2 Satz 1 der Satzung des Versorgungswerks der Architektenkammer NRW (im Folgenden: Satzung). Danach sind versicherungspflichtige Mitglieder auch Personen, die die Voraussetzungen zur Eintragung in die Liste ihrer Fachrichtung nach § 4 Abs. 1 BauKaG NRW mit Ausnahme der zweijährigen praktischen Tätigkeit erfüllen (Anwärter) und berufsfähig sind. Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 der Satzung gilt dies entsprechend für die Anwärter, die nach den Vorschriften für die angeschlossenen Kammern die Voraussetzungen zur Eintragung mit Ausnahme der vorgeschriebenen praktischen Tätigkeit erfüllen.

b) Die durch § 6 Abs. 2 Satz 1 der Satzung vorgesehene Pflichtmitgliedschaft für Anwärter ist von der Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauKaG NRW gedeckt. Nach dieser Vorschrift gehören dem Versorgungswerk auch Personen an, die die Voraussetzungen zur Eintragung (in die Architektenliste) mit Ausnahme der zweijährigen praktischen Tätigkeit erfüllen. Schon ihrem Wortlaut nach sieht die landesgesetzliche Vorschrift in Übereinstimmung mit der Satzung eine Pflichtmitgliedschaft von Anwärtern im Versorgungswerk vor. Dieses Verständnis wird durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift und die daran orientierte in der Satzung dokumentierte langjährige Verwaltungspraxis bestätigt.

Die Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauKaG NRW soll ausweislich der Gesetzesbegründung zwar durch eine (im Vergleich zur Vorgängervorschrift) neue Formulierung klarstellen, dass für Hochschulabsolventen keine Pflicht zur Mitgliedschaft besteht (LT-Drs.13/3532, S. 91). Dieser gesetzgeberische Wille, Anwärtern nur eine freiwillige Mitgliedschaft zu eröffnen, hat aber im Wortlaut der Vorschrift wegen der Formulierung "gehören ... an" schon keinen Niederschlag gefunden. Der Wortlaut der Vorschrift hat sich - anders als es die Gesetzesbegründung vermuten lässt - hinsichtlich der durch die Regelung vorgesehenen Pflichtmitgliedschaft gegenüber der Vorgängervorschrift, § 9 Abs. 2 Satz 2 BauKaG NRW in der Fassung vom 19.3.1996 (GV. NRW. S. 136), gerade nicht verändert. Bereits diese Vorgängerbestimmung sah vor, dass der Versorgungseinrichtung auch Personen angehören, die die Voraussetzungen zur Eintragung [...] mit Ausnahme der zweijährigen praktischen Tätigkeit erfüllen. Dies stellte eine Änderung gegenüber § 9 Abs. 2 Satz 2 BauKaG NRW in der Fassung vom 15.12.1992 (GV. NRW. S. 534, 537) dar, wonach der Versorgungseinrichtung auch Personen angehören "können", die die Voraussetzungen zur Eintragung [...] erfüllen. Die Gesetzesfassung von 1992 sollte der Architektenkammer (nur) die Möglichkeit eröffnen, Personen in das Versorgungswerk aufzunehmen, die zwar die berufliche Ausbildung abgeschlossen haben, aber noch nicht zwei Jahre in der Praxis tätig waren (LT-Drs. 11/3784, S. 96). Eine Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk war für diesen Personenkreis zunächst gerade nicht vorgesehen.

Zu dieser Formulierung ist der Gesetzgeber in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauKaG NRW nicht zurückgekehrt, sondern er hat die auf der Gesetzesänderung im Jahr 1996 beruhende Formulierung im Wesentlichen beibehalten. Durch die im Jahr 1996 gewählte Formulierung wollte der Landesgesetzgeber gezielt die Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk für Personen einführen, die die berufliche Ausbildung abgeschlossen haben, aber noch nicht zwei Jahre in der Praxis tätig waren. Die damalige Neuregelung stand im Zusammenhang mit der grundlegenden Änderung des § 6 SGB VI hinsichtlich der Befreiung von Mitgliedern berufsständischer Versorgungseinrichtungen von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 1995. Sie hatte die Festlegung einer Friedensgrenze zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischer Versorgung zum Gegenstand (BT-Drs. 13/2590, S. 1, 18, 21 f., sowie BT-Drs. 13/3150, S. 17 f., 40 ff.). Der Landesgesetzgeber ging bei Erstreckung der Pflichtmitgliedschaft auf Personen, die die berufliche Ausbildung abgeschlossen haben, aber noch nicht zwei Jahre in der Praxis tätig waren, durch die Änderung des § 9 Abs. 2 Satz 2 BauKaG NRW a. F. im Jahr 1996 davon aus, hierdurch für den betroffenen Personenkreis die im Rahmen der grundlegenden Änderung des Sozialgesetzbuchs VI durch § 231 Abs. 3 und 4 SGB VI eröffnete Möglichkeit zur Befreiung von Anwärtern von der gesetzlichen Rentenversicherung zu nutzen (LT-Drs. 12/580, S. 1, 5).

Diese Regelungsintention schließt es aus, die Gesetzesfassung aus dem Jahr 1996 und die gleichlautende Formulierung in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauKaG NRW als freiwillige Mitgliedschaft zu verstehen. Dabei ist unerheblich, dass der Landesgesetzgeber tatsächlich allein mit der Begründung der Pflichtmitgliedschaft für Anwärter gerade noch nicht die Voraussetzungen für ihre Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht geschaffen hat. Denn eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht nach § 231 Abs. 3 SGB VI setzt u. a. voraus, dass die betroffene Person auf Grund eines vor dem 1.7.1996 verkündeten Gesetzes Pflichtmitglied ihrer berufsständischen Kammer (hier also der Architektenkammer) sein musste, was bei Anwärtern weder in Nordrhein-Westfalen (vgl. § 4 BauKaG NRW in der Fassung vom 15.12.1992) noch im T2. (vgl. § 4 des T. Architektengesetzes vom 19.1.1990, Amtsblatt, S. 177) der Fall war. Auch § 231 Abs. 4 SGB VI erlaubt keine Befreiung von Anwärtern, wenn diese keinen "Anwärterdienst" ableisten. Die Regelung des § 231 Abs. 4 SGB VI erfordert u. a., dass ein gesetzlich vorgeschriebener Vorbereitungs- oder Anwärterdienst abgeleistet wird. Die Vorschrift begründet (nur) einen Befreiungstatbestand für den Zeitraum der Ableistung des Anwärterdienstes, um das sozialpolitisch unerwünschte Ergebnis zu vermeiden, für eine sehr kurze Zeit (ein bis drei Jahre) Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückzulegen (BT-Drs. 13/3150, S. 43). Der Landesgesetzgeber hat diese zusätzlichen Voraussetzungen für eine zeitlich nur begrenzt mögliche Befreiung von Anwärtern von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung offenbar irrtümlich unberücksichtigt gelassen. Denn die Pflichtmitgliedschaft in § 9 Abs. 2 Satz 2 BauKaG NRW in der Fassung vom 19.3.1996 und auch in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauKaG NRW ist nicht nur für den Zeitraum der Ableistung des Anwärterdienstes vorgesehen, sondern stets, wenn die Voraussetzungen zur Eintragung [...] mit Ausnahme der zweijährigen praktischen Tätigkeit erfüllt werden. Erfasst werden damit von der landesrechtlichen Regelung auch Fälle, in denen - so wie hier - kein Anwärterdienst abgeleistet wird. Für die Ableistung des Anwärterdiensts wäre erforderlich, dass eine praktische Tätigkeit aufgenommen wird, die Voraussetzung für die Eintragung in die Architektenliste ist [dazu unten 2. a), b) aa)].

Auch die in § 6 der Satzung dokumentierte Verwaltungspraxis des Beklagten hat sich ersichtlich viele Jahre daran ausgerichtet, Anwärter entsprechend der Regelungsintention des Gesetzgebers als Pflichtmitglied aufzunehmen. Die Architektenkammer NRW schlug im Jahr 2003 sogar vor, dass die Hochschulen und Fachhochschulen dem Beklagten nach Abschluss der Prüfung Namen, Vornamen und Anschrift der Absolventen bekanntgeben sollten. In der Begründung verwies die Architektenkammer darauf, dass diese Pflichtmitglieder des Versorgungswerks seien (LT-Zuschrift, 13/2873, S. 4).

Das geltende Landesrecht und die auf ihm beruhende Satzung bergen für Anwärter die Gefahr einer verfassungswidrigen Übersicherung in Form der gleichzeitigen Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk und in der gesetzlichen Rentenversicherung, weil eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht auch nicht nach anderen Vorschriften in Betracht kommt. So ermöglicht auch § 6 Abs. 1 Satz 5 SGB VI nur die Befreiung von Personen, für die eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht, wenn sie nach bereits am 1.1.1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein. Am 1.1.1995 sah § 9 Abs. 2 Satz 2 BauKaG in der Fassung vom 15.12.1992, wie ausgeführt, aber noch nicht die Pflichtmitgliedschaft von Anwärtern im Versorgungswerk vor.

Die Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk allein begründet nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte keinen Anspruch auf Befreiung, wenn die Voraussetzungen nach dem Sozialgesetzbuch VI hierfür nicht vorliegen.

Vgl. BSG, Urteil vom 3.4.2014 - 5 B RE 13/14 R -, BSGE 115, 267 = juris, Rn. 26 ff.

Andererseits sehen auch weder das Baukammerngesetz NRW noch die Satzung des Beklagten eine Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk bei bestehender Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung vor.

Hier ist nicht entscheidungserheblich, ob die die Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk begründenden Regelungen, ohne eine Befreiungsmöglichkeit bei bestehender Übersicherung verfassungswidrig und nichtig sind. Denn zumindest die Klägerin ist bislang tatsächlich von einer Übersicherung nicht betroffen, weil sie von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist.

2. Die versicherungspflichtige Mitgliedschaft der Klägerin im beklagten Versorgungswerk ist nicht beendet.

a) Als Grundlage des angegriffenen Bescheids kommt nur § 6a Abs. 2 der Satzung in der im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids geltenden Fassung vom 1.1.2015 in Betracht. Danach erlässt das Versorgungswerk über die Beendigung der versicherungspflichtigen Mitgliedschaft im Versorgungswerk einen Feststellungsbescheid. Gemäß § 6a Abs. 1 lit. d) der Satzung endet die versicherungspflichtige Mitgliedschaft im Versorgungswerk für Personen nach § 6 Abs. 2 der Satzung, von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen, spätestens nach dem Ablauf von vier Kalenderjahren nach Beginn ihrer praktischen Tätigkeit.

Mit einer "praktischen Tätigkeit" im Sinne des § 6a Abs. 1 lit. d) der Satzung ist die in § 6 Abs. 2 der Satzung genannte zweijährige praktische Tätigkeit gemeint, die grundsätzlich nach § 4 Abs. 1 Satz 1 lit. a) BauKaG NRW Voraussetzung für die Eintragung in die Architektenliste ist. Dies ergibt sich systematisch aus dem Verweis von § 6a Abs. 1 lit. d) auf § 6 Abs. 2 der Satzung ("für Personen nach § 6 Abs. 2"). Bestätigt wird dieses Verständnis durch § 6a Abs. 1 lit. d), letzter Halbsatz, der Satzung, der bezogen auf hier nicht relevante Ausnahmefallgestaltungen ausdrücklich auf die "zur Eintragung in die Architektenliste erforderliche praktische Tätigkeit" abstellt. Auch die Entstehungsgeschichte von § 6a Abs. 1 lit. d) der Satzung belegt, dass der Begriff der "praktischen Tätigkeit" in § 6a Abs. 1 lit. d) nicht anders als in § 6 Abs. 2 der Satzung verstanden werden kann. Die erstgenannte Vorschrift wurde mit Wirkung zum 1.1.2015 in die Satzung eingefügt. Die Formulierung "praktische Tätigkeit" war ausweislich einer die Änderung vorbereitenden Synopse, die der die Satzung beschließenden Vertreterversammlung vorlag, in Anpassung an den Wortlaut von § 4 Abs. 1 Satz 1 lit. a) BauKaG NRW gewählt worden und kann deshalb nicht anders als im Sinne der dort bezeichneten zweijährigen praktischen Tätigkeit gemäß § 4 Abs. 6 BauKaG NRW gemeint sein. Es muss sich mithin um eine praktische Tätigkeit im Sinne dieser Vorschrift handeln, die für die Eintragung in die Architektenliste grundsätzlich erforderlich ist. Bezogen auf Anwärter angeschlossener Kammern in einem anderen Bundesland (hier: die Architektenkammer des T3. , vgl. den Verweis in § 10 der Hauptsatzung der Architektenkammer des T3. vom 15.6.2018 auf die Anschlusssatzung vom 22.11.1985) kommt es auf die für sie nach dem jeweiligen Landesrecht vorgeschriebenen praktischen Tätigkeiten an, § 6 Abs. 2 Satz 2 der Satzung.

b) Gemessen hieran liegen die Voraussetzungen für die durch den Beklagten getroffene Feststellung nicht vor. Die Pflichtmitgliedschaft der Klägerin im Versorgungswerk ist nicht beendet, weil sie weder seit Geltung von § 6a Abs. 1 lit. d) der Satzung noch vorher eine praktische Tätigkeit begonnen hat [dazu aa)]. Für die Beendigung der Mitgliedschaft zu einem vier Jahre nach Einfügung des Beendigungstatbestands in die Satzung liegenden Zeitpunkt fehlt es an einer Rechtsgrundlage [dazu bb)].

aa) Unter die Regelung in § 6a Abs. 1 lit. d), die mit Wirkung zum 1.1.2015 erstmalig in die Satzung aufgenommen worden ist, fällt die Klägerin schon deshalb nicht, weil sie bereits viele Jahre zuvor unverändert im Bauamt des Stadtverbandes T1. in der "Abteilung Bauunterhaltung" tätig war und darin keine praktische Tätigkeit liegt, die im T2. Voraussetzung für die Eintragung in die Architektenliste ist. Eine solche hat sie nie begonnen.

Eine praktische Tätigkeit, die die Eintragung in die Architektenliste für die hier maßgebliche Architektenkammer des Saarlands erlaubt, erfordert nach dem T. Landesrecht, dass ein nennenswerter, nicht unerheblicher Zeitanteil der Tätigkeit auf die Bauwerksplanung entfällt. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 SAIG in der im maßgeblichen Zeitpunkt des Feststellungsbescheids noch geltenden Fassung vom 15.7.2015 (SAIG a. F.) setzte die Eintragung in die Architektenliste im Land T2. unter anderem voraus, dass die antragstellende Person nach ihrer erfolgreichen Abschlussprüfung eine mindestens zweijährige praktische Tätigkeit in ihrer Fachrichtung ausgeübt hat. Das Gesetz enthielt keine inhaltlichen Anforderungen an die auszuübende Tätigkeit. Dass ein nennenswerter, nicht unerheblicher Zeitanteil der Tätigkeit auf die Bauwerksplanung entfallen musste, war aber aus der Beschreibung der Berufsaufgabe der Architekten abzuleiten. Diese ist gem. § 1 Abs. 1 SAIG a. F. insbesondere die gestaltende, technische, wirtschaftliche, umweltgerechte und soziale Planung von Bauwerken unter besonderer Beachtung der die Sicherheit der Nutzerinnen und Nutzer sowie der Öffentlichkeit betreffenden Gesichtspunkte.

Vgl. für eine frühere Gesetzesfassung OVG T2. , Urteil vom 30.11.1989 - 1 R 152/87 -, juris, Rn. 34.

Gemessen daran übt die Klägerin im Bauamt des Stadtverbandes T1. in der Abteilung Bauunterhaltung schon deshalb keine praktische Tätigkeit aus, weil zu ihrer Tätigkeit nach ihren von dem Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Angaben nicht die Planung von Bauwerken gehört.

bb) Ein Verständnis des § 6a Abs. 1 lit. d) der Satzung in dem Sinne, dass die Mitgliedschaft spätestens vier Jahre nach der Satzungsänderung erlischt, wenn bis dahin eine Eintragung in die Architektenliste nicht erfolgt ist, wie es der Sache nach der Beklagte und das Verwaltungsgericht angenommen haben, ist mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht vereinbar. Dabei ist unerheblich, ob der Beklagte möglicherweise eine Regelung schaffen wollte, nach der die Mitgliedschaft von Anwärtern im Versorgungswerk, die für längere Zeit nicht Mitglied der Architektenkammer geworden sind, beendet wird. Hierauf deutet die Begründung der Änderung des § 6 Abs. 4 Satz 2 zum 1.5.2011 hin, wonach derjenige, der die Voraussetzungen für die Eintragung in die Architektenliste auch nach langer Zeit nicht erfüllt, von begründeten Ausnahmefällen abgesehen keine Architektentätigkeit leiste und somit auch nicht der Solidargemeinschaft der Architektinnen und Architekten angehöre. Diese Absicht hat im Wortlaut der Satzung jedenfalls keinen ausreichenden Niederschlag gefunden, weil der Beendigungstatbestand den Anfang der vierjährigen Ausschlussfrist ausdrücklich an den Beginn der praktischen Tätigkeit anknüpft. Nach der Vorschrift müssen also Anwärter, die im Versorgungswerk verbleiben möchten, nach Beginn einer praktischen Tätigkeit innerhalb von vier Jahren (ggf. zuzüglich der in der Vorschrift genannten Verlängerungsmöglichkeiten) die Voraussetzungen für die Eintragung in die Architektenliste erfüllen. Sie sieht hingegen nicht vor, dass ein Absolvent des entsprechenden Studiums nach dessen Beendigung höchstens vier Jahre Zeit hat, um in die Architektenliste eingetragen zu werden. Erst recht gilt dies für Studienabsolventen, die wie die Klägerin bereits den Großteil ihres Berufslebens als "Anwärter" Pflichtmitglieder im beklagten Versorgungswerk gewesen sind, ohne dass ihre Mitgliedschaft nach bisherigem Satzungsrecht geendet hat.

Mithin kann auf sich beruhen, ob und unter welchen Voraussetzungen von einem neu geschaffenen Beendigungstatbestand auch Personen erfasst sein dürfen, deren Berufsbiographie bereits viele Jahre vor der Satzungsänderung begonnen hat. Diese Personen sind in der Regel anders betroffen als Personen, die ihre Berufstätigkeit erst nach einer Satzungsänderung begonnen haben und sich zu Beginn ihrer Tätigkeit darauf bei der Planung ihrer Versorgungsbiographie einstellen konnten. Grenzen hierfür können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ergeben. Diese Grenzen sind überschritten, wenn eine vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.1991 - 1 C 11.89 -, BVerwGE 87, 324 = juris, Rn. 22 ff., 25; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 13.7.2004 - 1 BvR 1298/94 u. a. -, BVerfGE 111, 191 = juris, Rn. 174.

Da die Beendigung einer (jahrelangen) Pflichtmitgliedschaft erhebliche Auswirkungen auf eine Versorgungsbiographie haben kann, wie sie auch die Klägerin geltend macht, erfordert sie eine besonders sorgsame Erfassung der Auswirkungen auf die betroffenen Mitglieder und eine Abwägung mit den durch die Beendigung der Mitgliedschaft verfolgten Zielen des Satzungsgebers. Dies kann Übergangsvorschriften für Personen erfordern, die bereits seit vielen Jahren Pflichtmitglieder sind.

Etwas Anderes kann gelten, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft von Pflichtmitgliedern mit einer langen Versorgungsbiographie oder eine entsprechende Befreiungsmöglichkeit zur Vermeidung einer Übersicherung, wie sie wegen der fehlenden Befreiungsmöglichkeit von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für die hier in Rede stehenden Architektenanwärter entstehen kann [dazu oben II. 1. b)], durch Satzungsrecht davon abhängig gemacht wird, dass eine früher ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgehoben wird oder aus anderen Gründen endet.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30.5.2018 - 4 A 1071/16 -, DVBl. 2018, 1513 = juris, Rn. 35 ff., zu Regelungen, die unzumutbare Überversicherungen anderweitig versicherter Mitglieder vermeiden sollen.

Abgesehen davon, dass die Satzung des Beklagten einen derartigen Beendigungs- oder Befreiungstatbestand, dem die Klägerin unterfällt, nicht kennt, gilt die Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen ihrer fortdauernden Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk derzeit weiterhin, solange sie nicht aufgehoben wird.

Vgl. BSG, Beschluss vom 7.3.2018 ? B 5 RE 3/17 R ?, juris, Rn. 13, 27 f.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.