OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.07.2019 - 6 B 708/19
Fundstelle
openJur 2019, 29725
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 1 L 217/19

Erfolglose Beschwerde eines Polizeikommissars in einem Konkurrentenstreitverfahren.

In einem Regelbeurteilungssystem, in dem dienstlichen Beurteilungen eine Gültigkeitsdauer von drei Jahren beigemessen wird, sind die Beurteilungen von Konkurrenten um eine Beförderungsstelle regelmäßig im Verhältnis zueinander noch hinreichend aktuell, wenn die Enddaten der Beurteilungszeiträume nicht mehr als ein Jahr auseinanderfallen.

Ist eine Auswahlentscheidung rechtlich fehlerhaft, kommt die begehrte Untersagung der Stellenbesetzung nur dann in Betracht, wenn ein Erfolg der Bewerbung des Antragstellers bei rechtsfehlerfreiem Verlauf des Auswahlverfahrens zumindest ernsthaft möglich erscheint.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Streitwert wird unter Änderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Instanzen auf die Wertstufe bis 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Aus den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen, die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht dem erstinstanzlich gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte stattgegeben müssen.

Das Verwaltungsgericht hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung, dem Antragsgegner zu untersagen, die mit Erlass des Ministeriums des Innern NRW vom 9. Januar 2019 zur Verfügung stehende Beförderungsplanstelle der Besoldungsgruppe A 10 mit einer Mitkonkurrentin zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist, mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO) abgelehnt. Die Auswahlentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen sei nicht zu beanstanden. Die Beurteilung des Antragstellers gemäß Nr. 4.2 BRL Pol und die Regelbeurteilung der Beigeladenen seien trotz der unterschiedlichen Beurteilungszeiträume (Antragsteller: 1. September 2017 bis 31. Mai 2018; Beigeladene: 1. Juni 2014 bis 31. Mai 2017) hinreichend vergleichbar, da die Divergenz der Endzeitpunkte von einem Jahr lediglich ein Drittel des Regelbeurteilungszeitraums ausmache und einzig dem Umstand geschuldet sei, dass der Antragsteller erst seit dem 1. September 2017 Beamter auf Lebenszeit sei. Die Beurteilung des Antragstellers sei nicht rechtswidrig, weil bei der Bildung der Gesamtnote sämtliche Einzelmerkmale gleich gewichtet worden seien und keine landesweiten Gewichtungsvorgaben existierten. Keines der sieben bzw. (einschließlich "Führungsverantwortung") acht Merkmale sei so herausgehoben, dass dies dem Bedeutungsgehalt von "Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung" nicht mehr gerecht werde. Auch das "Arithmetisierungsverbot" hindere den Dienstherrn lediglich, überhaupt eine Gewichtung unter Hinweis auf mathematische Berechnungsmethoden zu unterlassen; mit einer gleichen Gewichtung von aus seiner Sicht gleich bedeutsamen Merkmalen bewege sich der Dienstherr hingegen innerhalb seines Organisationsermessens. Ferner führe es nicht zur Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung, dass die Beurteilung des Antragstellers keine Begründung des Gesamturteils enthalte. Diese sei entbehrlich, weil angesichts des Übergewichts in den Einzelmerkmalen von fünfmal 3 Punkten gegenüber zweimal 4 Punkten im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null kein höheres Gesamturteil vorstellbar sei. Die Beurteilung des Antragstellers sei zwar mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig, weil der Endbeurteiler die Herabstufung des Merkmals "Arbeitsorganisation" gegenüber dem Erstbeurteilervorschlag von 4 auf 3 Punkte mit dem Hinweis auf den Quervergleich unzureichend begründet und plausibilisiert habe. Dies sei aber nicht kausal für die Auswahlentscheidung, weil sich auch bei einer Bewertung in drei Einzelmerkmalen mit 4 Punkten durch den Rückgriff auf die Vorbeurteilungen ein Leistungsvorsprung für die Beigeladene ergebe. Sollte dies nicht zulässig sein, weil es sich nicht um Regelbeurteilungen handele, sei gleichwohl der Beigeladenen auf der Grundlage der Frauenförderung nach § 19 Abs. 6 Satz 2 LBG NRW der Vorzug zu geben. Denn der Frauenanteil liege im Beförderungsamt bei 38,7 %; in der Person des Antragstellers liegende überwiegende Gründe - die Beigeladene sei dienst- und lebensälter - seien nicht gegeben.

Die mit der Beschwerde gegen diese näher begründeten Feststellungen des Verwaltungsgerichts erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Der erstinstanzliche Beschluss hat zu Recht eine hinreichende (zeitliche) Vergleichbarkeit der Beurteilungen angenommen (1.). Mögliche Fehler der Beurteilung in Bezug auf die Absenkung des Leistungsmerkmals "Arbeitsorganisation" sowie hinsichtlich der Gewichtung der Einzelmerkmale bzw. fehlender Gewichtungsvorgaben und der Begründung des Gesamturteils sind jedenfalls nicht kausal für die Auswahlentscheidung des Antragsgegners (2.).

1. Ohne Erfolg rügt die Beschwerde die erstinstanzliche Annahme, die dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers vom 20. Dezember 2018 und der Beigeladenen vom 30. August 2017 seien (in zeitlicher Hinsicht) hinreichend miteinander vergleichbar.

Die Eignung aktueller dienstlicher Beurteilungen als Instrument zur "Klärung einer Wettbewerbssituation" erfordert die Gewährleistung ihrer Vergleichbarkeit auch in zeitlicher Hinsicht und setzt aus Gründen der Chancengleichheit voraus, dass keinem der Bewerber ein nennenswerter Aktualitätsvorsprung erwächst. Dabei ist es für die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen grundsätzlich von weitaus größerer Bedeutung, dass der von ihnen abgedeckte Zeitraum zum gleichen Zeitpunkt oder zumindest nicht zu erheblich auseinander fallenden Zeitpunkten endet, als dass der jeweils erfasste Beurteilungszeitraum zum gleichen Datum beginnt.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 6. Juni 2017 - 6 B 33/17 -, juris Rn. 12, vom 7. November 2016 - 6 B 1091/16 -, juris Rn. 5, vom 30. September 2015 - 6 B 1012/15 -, juris Rn. 10 ff., vom 5. Juni 2014 - 6 B 360/14 - , juris Rn. 6 ff., und vom 11. Oktober 2013 - 6 B 915/13 -, juris Rn. 4, mit weiteren Nachweisen; auch BVerwG, Beschluss vom 12. April 2013 - 1 WDS-VR 1.13 -, juris Rn. 39 f.

Danach ist das Verwaltungsgericht zu Recht von einer hinreichenden Vergleichbarkeit der vom Antragsgegner zugrunde gelegten Beurteilungen ausgegangen. Die Beurteilung des Antragstellers nach Nr. 4.2 BRL Pol umfasst den Zeitraum vom 1. September 2017 bis zum 31. Mai 2018, die Regelbeurteilung der Beigeladenen den Zeitraum vom 1. Juni 2014 bis zum 31. Mai 2017. Die Endzeitpunkte der Beurteilungen differieren danach um zwölf Monate und damit nur um ein Drittel des Regelbeurteilungszeitraums von insgesamt drei Jahren (vgl. Nr. 3.1 Satz 1 BRL Pol). Der Senat hält diese Aktualitätsdifferenz für noch hinnehmbar. Er hat bereits entschieden, dass in einem Regelbeurteilungssystem, in dem den Beurteilungen eine Gültigkeitsdauer von drei Jahren beigemessen wird, die Beurteilungen von Konkurrenten um eine Beförderungsstelle regelmäßig jedenfalls dann im Verhältnis zueinander noch hinreichend aktuell sind, wenn die Enddaten der Beurteilungszeiträume um weniger als ein Jahr auseinanderfallen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juni 2017 - 6 B 206/17 -, juris Rn. 5; zur Zeitspanne von einem Drittel des regelmäßigen Beurteilungsintervalls als Anhaltspunkt auch BVerwG, Beschluss vom 12. April 2013 - 1 WDS-VR 1.13 -, juris Rn. 40.

Der Antragsteller verweist zwar zutreffend darauf, der zitierte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. April 2013 stelle keinen allgemeinen Grundsatz auf, dass eine solche zeitliche Differenz der Endzeitpunkte der dienstlichen Beurteilungen bei einem dreijährigen Regelbeurteilungszeitraum (stets) ordnungsgemäß sei. Die hinreichende Vergleichbarkeit der streitbefangenen Beurteilungen wird damit aber gleichwohl nicht durchgreifend in Zweifel gezogen. Ob die genannten Voraussetzungen für eine Vergleichbarkeit der Beurteilungen vorliegen, ist nämlich eine Frage, die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden ist.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. November 2018 - 6 B 1135/18 -, juris Rn. 12, mit weiteren Nachweisen.

Diese hat das Verwaltungsgericht zutreffend wie dargestellt beantwortet. Neben den nicht erheblich auseinanderfallenden Endzeitpunkten tritt hier hinzu, dass die Beurteilungen im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung im Januar 2019 erst ein gutes halbes Jahr (Beurteilung des Antragstellers) bzw. etwa eineinhalb Jahre (Beurteilung der Beigeladenen) zurücklagen. Damit war auch in Bezug auf die Beurteilung der Beigeladenen im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung gerade erst die Hälfte des Regelbeurteilungszeitraums verstrichen. Grundsätzlich ist eine hinreichende Aktualität einer zu einem bestimmten Stichtag erstellten Regelbeurteilung dann anzunehmen, wenn dieser im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung nicht mehr als drei Jahre bzw. als die Dauer des Regelbeurteilungszeitraums zurückliegt.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2017 - 6 A 2335/14 -, juris Rn. 70, mit weiteren Nachweisen; dazu auch BVerwG, Urteile vom 9. Mai 2019 - 2 C 1.18 und 2.18 -, wonach der bisher nur vorliegenden Pressemitteilung zufolge Regelbeurteilungen für die Dauer des Regelbeurteilungszeitraums grundsätzlich aktuell bleiben.

Denn mit der Schaffung eines Regelbeurteilungssystems - wie hier - wird gerade die Erstellung einer anlassunabhängigen, tragfähigen Grundlage für im (gesamten) Beurteilungszeitraum anstehende Personalentscheidungen bezweckt. Ausnahmen kommen daher - wie oben dargestellt - (nur) in Betracht, wenn einem Bewerber anderenfalls ein nennenswerter Aktualitätsvorsprung entstünde.

Aus dem Umstand, dass für den Antragsteller noch keine Regelbeurteilung vorliegt, sondern nur die gemäß Nr. 4.2 Satz 1 BRL Pol neun Monate nach Ablauf der Probezeit zu erstellende Beurteilung im Eingangsamt, folgt nichts Abweichendes. Insbesondere verlangt dies entgegen der Beschwerde nicht, dass der Dienstherr zur Überwindung von Aktualitätsdifferenzen für die Konkurrenten Anlassbeurteilungen erstellen müsste. Dass in Nr. 4.3 BRL Pol grundsätzlich auch "Beurteilungen aus besonderem Anlass" vorgesehen sind, reicht insoweit nicht aus. Vielmehr zeigt Nr. 4.3, 2. Spiegelstrich BRL Pol, dass bei anstehenden Beförderungsentscheidungen regelmäßig - insbesondere auch bei Vorliegen einer aktuellen Beurteilung nach Nr. 4.2 BRL Pol - gerade keine Anlassbeurteilung in Betracht kommt.

2. Keiner abschließenden Entscheidung bedarf es im vorliegenden Eilverfahren, ob die Beurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen rechtswidrig sind, weil - wie die Beschwerde weiter geltend macht - bei der Bildung der Gesamtnote sämtliche Einzelmerkmale gleich gewichtet worden und keine landesweiten Maßstäbe für die Gewichtung der Einzelmerkmale vorgegeben sind. Denn selbst das Vorliegen der gerügten Rechtsfehler unterstellt, wären diese jedenfalls nicht kausal für die getroffene Auswahlentscheidung; die Beförderung des Antragstellers käme auch bei Vermeidung dieser (unterstellten) Fehler nicht in Betracht. Dasselbe gilt in Bezug auf die vom Verwaltungsgericht festgestellte Rechtswidrigkeit der Beurteilung des Antragstellers wegen einer unzureichenden Begründung der Herabstufung des vom Erstbeurteiler mit 4 Punkten bewerteten Einzelmerkmals "Arbeitsorganisation" durch den Endbeurteiler auf 3 Punkte (vgl. Nr. 9.2 Abs. 3 BRL Pol). Auch insoweit fehlt es, ebenso wie in der Zusammenschau der Fehler, an deren Kausalität für die Auswahlentscheidung.

Lediglich ergänzend weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Annahme des Verwaltungsgerichts, eine Begründung des Gesamturteils sei entbehrlich, weil sich bei der Bewertung von fünf Einzelmerkmalen mit 3 Punkten und zwei Einzelmerkmalen mit 4 Punkten ein Gesamtergebnis von 4 Punkten im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null geradezu aufdränge, hinsichtlich ihres tatsächlichen Ausgangspunktes nicht überzeugt. Es trifft angesichts der weiteren Annahme des Verwaltungsgerichts, die Begründung für die Herabsetzung des Einzelmerkmals "Arbeitsorganisation" von 4 Punkten auf 3 Punkte sei unzureichend, auf Bedenken, die Prüfung, ob eine andere Gesamtnote in Betracht kommt, gleichwohl auf der Grundlage der (rechtswidrig) abgesenkten Einzelnote vorzunehmen. Im Hinblick auf die fehlende Kausalität bleibt dies indessen - wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen - ohne Auswirkung.

Ist eine Auswahlentscheidung - etwa, wie hier, aufgrund von Mängeln der dieser Entscheidung zugrunde liegenden dienstlichen Beurteilungen - rechtlich fehlerhaft, kommt - wie gesicherter Rechtsprechung entspricht - die begehrte Untersagung der Stellenbesetzung nur dann in Betracht, wenn sich der Rechtsverstoß auf die Erfolgsaussichten der eigenen Bewerbung auswirken kann. Ein Erfolg der Bewerbung des Antragstellers muss bei rechtsfehlerfreiem Verlauf zumindest ernsthaft möglich erscheinen.

Vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 -, BVerfGE 141, 56 = juris Rn. 57; OVG NRW, Beschlüsse vom 17. April 2018 - 1 B 189/18 -, juris 15 ff., und vom 10. Oktober 2017 - 6 B 905/17 -, juris Rn. 31; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. Februar 2016 - 4 S 2578/15 -, NVwZ-RR 2017, 49 = juris Rn. 30 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen.

Das ist hier nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zutreffend darauf abgestellt, dass der Beigeladenen bei einem (unterstellten) Leistungsgleichstand jedenfalls gemäß § 19 Abs. 6 Satz 2 LBG NRW unter dem Gesichtspunkt der "Frauenförderung" der Vorzug zu geben wäre.

Der Antragsteller ist - wenn man für ihn die vor der Absenkung bessere Beurteilung des Einzelmerkmals "Arbeitsorganisation" zugrunde legt - mit der Beigeladenen in allen Einzelmerkmalen (nur) gleich beurteilt. Auf diesen "Qualifikationsgleichstand" hat die (unterstellt fehlerhaft) unterbliebene Begründung des Gesamturteils keinen Einfluss. Ebenfalls keine Änderung am Qualifikationsgleichstand könnte dadurch eintreten, dass einzelne Leistungsmerkmale gegenüber anderen stärker gewichtet würden; denn eine abweichende Gewichtung würde sich gleichermaßen für Antragsteller und Beigeladene auswirken, weil diese (ohne die Absenkung der Beurteilung des Antragstellers) in allen Einzelmerkmalen identisch bewertet sind. Im Hinblick auf die im Falle eines Qualifikationsgleichstandes regelmäßig heranzuziehenden Vorbeurteilungen stimmt die Beschwerde ausdrücklich mit dem Verwaltungsgericht darin überein, dass die Möglichkeit eines Rückgriffs darauf offen bleiben kann. Insbesondere macht die Beschwerde nicht geltend, dass sich unter diesem Gesichtspunkt ein Leistungsvorsprung für den Antragsteller ergeben könnte. Dass das nicht der Fall ist, hat im Übrigen bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt. In der Beurteilung im Eingangsamt vom 10. November 2016, die mit dem Gesamturteil "entsprechen voll den Anforderungen" (3 Punkte) abschloss, waren der Beigeladenen in den Einzelmerkmalen fünfmal 3 Punkte und zweimal 4 Punkte erteilt worden; der Antragsteller hatte in seiner Beurteilung vor Ablauf der Probezeit vom 24. September 2017, in der seine Bewährung festgestellt wurde, hingegen (nur) sechsmal 3 Punkte und einmal 4 Punkte erreicht.

Auf der Grundlage dieses (zu Gunsten des Antragstellers unterstellten) Qualifikationsgleichstandes ist die weitere Annahme des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden, dass der Beigeladenen jedenfalls gemäß § 19 Abs. 6 Satz 2 LBG NRW der Vorzug zu geben wäre. Nach dieser Regelung sind Frauen bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt zu befördern, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen, soweit im Bereich der für die Beförderung zuständigen Behörde im jeweiligen Beförderungsamt der Ämtergruppe eines Einstiegsamtes in einer Laufbahn weniger Frauen als Männer sind. Der Frauenanteil im fraglichen Beförderungsamt A 10 LBesO liegt ausweislich des Verwaltungsvorgangs bei 38,7 %. Letzteres stellt auch die Beschwerde nicht in Frage.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers trifft es auf keine durchgreifenden Bedenken, dass das Verwaltungsgericht im Rahmen der Kausalitätsprüfung maßgeblich auf die Anwendung des Hilfskriteriums der "Frauenförderung" abgestellt hat. Insbesondere setzt sich das Verwaltungsgericht damit nicht - wie die Beschwerde geltend macht - in unzulässiger Weise an die Stelle des Dienstherrn. Im Ausgangspunkt zutreffend ist es zwar, dass es grundsätzlich Sache des Dienstherrn selbst ist, im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens sachgerecht über das Vorgehen im Hinblick auf die zu treffende Auswahlentscheidung und dabei auch über die Reihenfolge der Heranziehung der Hilfskriterien zu entscheiden, und diese Entscheidung nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung zugänglich ist. Der Dienstherr kann - nach sachgerechten Gesichtspunkten und in den Grenzen des Willkürverbots - grundsätzlich frei darüber befinden, welche zusätzlichen Gesichtspunkte bei im Wesentlichen gleicher Qualifikation der Konkurrenten für die Auswahlentscheidung den Ausschlag geben sollen. Eine starre Reihenfolge möglicher Hilfskriterien besteht dabei nicht; das Willkürverbot erfordert es aber, dass der Dienstherr eine einmal eingeschlagene und noch fortbestehende Praxis bei der Anwendung von Hilfskriterien durchgängig befolgt.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. Februar 2017 - 6 B 1131/16 -, ZTR 2017, 153 = juris Rn. 44, vom 2. Oktober 2015 - 6 B 794/15 -, juris Rn. 20, und vom 24. Juli 2006 - 6 B 807/06 - NWVBl 2007, 57= juris Rn. 15

Die Beschwerde übersieht jedoch, dass hier die Vorgehensweise bei der zu treffenden Auswahlentscheidung und insbesondere die Reihenfolge der Heranziehung der Hilfskriterien gerade durch den Dienstherrn so vorgegeben ist, wie sie auch das Verwaltungsgericht seiner Kausalitätsprüfung zugrunde gelegt hat. Im Hinblick auf die Heranziehung des § 19 Abs. 6 Satz 2 LBG NRW entspricht sie überdies dem Gesetz. Der Antragsgegner selbst hat ausweislich des Vermerks vom 30. Januar 2019 sein ihm insoweit eröffnetes Ermessen bereits ausgeübt und namentlich bestimmt, dass bei einem Qualifikationsgleichstand (zunächst) das Kriterium der Frauenförderung im Sinne des § 19 Abs. 6 Satz 2 LBG NRW zum Tragen kommen soll. Dies ist durch § 19 Abs. 6 Satz 2 LBG NRW auch so vorgegeben: Danach ist - sofern die weiteren Voraussetzungen der Regelung gegeben sind - bei Qualifikationsgleichstand das Hilfskriterium der Frauenförderung vorrangig.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 1. Februar 2017 - 6 B 1109/16 -, NWVBl 2017, 296 = juris Rn. 43, 45, und vom 24. Juli 2006 - 6 B 807/06 -, a. a. O. Rn. 19.

In dem Vermerk vom 30. Januar 2019 ist weiter festgehalten, dass ein "deutliches Überwiegen" von in der Person des Mitbewerbers liegenden Gründen erst dann anzunehmen sein soll, wenn der männliche Bewerber mindestens drei Jahre früher in den Polizeidienst eingetreten ist oder ein um mindestens fünf Jahre höheres Lebensalter aufweist. Vor diesem Hintergrund trifft es auf keine durchgreifenden Bedenken, die gerichtliche Kausalitätsprüfung an diesen Kriterien auszurichten.

Die sich anschließende Rechtsfrage, ob in der Person des Mitbewerbers liegende Gründe im Sinne des § 19 Abs. 6 Satz 2 LBG NRW den Gesichtspunkt der Frauenförderung überwiegen, unterliegt im Grundsatz uneingeschränkter Kontrolle der Verwaltungsgerichte.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 11. September 2014 - 6 B 880/14 -, juris Rn. 23, vom 7. November 2007 - 6 B 1493/07 -, juris Rn. 6, und vom 22. Februar 1999 - 6 B 439/98 -, NVwZ-RR 2000, 176 = juris Rn. 14.

Dass der Antragsteller - insbesondere in diesem Umfang - dienstälter oder lebensälter ist oder auch sonstige, in seiner Person liegende, überwiegende Gründe gegeben sein könnten und er daher - entgegen der erstinstanzlichen Kausalitätsprüfung - möglicherweise der Beigeladenen vorgezogen werden könnte, macht die Beschwerde schon nicht geltend. Dafür besteht auch kein Anhalt. Die Beigeladene ist vielmehr - wie bereits vom Verwaltungsgericht ausgeführt - um zwei Jahre dienstälter und sogar um über dreieinhalb Jahre lebensälter als der Antragsteller.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 63 Abs. 3 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).