Hessischer VGH, Beschluss vom 22.01.2019 - 5 A 1223/18.Z
Fundstelle
openJur 2019, 29631
  • Rkr:

Die verschuldensunabhängige Haftung des Beförderungsunternehmers gemäß §§ 66 Abs. 3 Satz 1, 67 Abs. 2 AufenthG ist nicht bereits deshalb durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eingeschränkt, weil das Unternehmen alles ihm rechtlich und tatsächlich Zumutbare an Sicherungen und Kontrollen getan hat, um eine fehlende Einreiseberechtigung des Passagiers zu erkennen. Die Widerspruchsgebühr nach § 69 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 AufenthG in Verbindung mit § 51 As. 1 Nr. 9 AufenthaltsV ist eine Festgebühr, so dass sie auch bei einem teilweisen Erfolg des Widerspruchs anfällt.

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 15. Dezember 2017 - 1 K 5848/15.F - wird abgelehnt.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 9.413,98 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin - einer Fluggesellschaft - auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 15. Dezember 2017 bleibt ohne Erfolg. Die von dem Bevollmächtigten der Klägerin gerügten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.

Wird der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils gerügt, so ist es erforderlich, einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des angefochtenen Urteils mit schlüssigen Gegenargumenten ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Dies ist dem Bevollmächtigten der Klägerin nicht gelungen.

Mit Leistungsbescheid vom 11. November 2014 in Gestalt des Teilabhife-/Widerspruchsbescheids vom 3. November 2015 zog die Beklagte die Klägerin zur Kostenerstattung aus Anlass der Zurückweisung eines kamerunischen Staatsangehörigen in Höhe von nunmehr noch 9.358,98 € zuzüglich einer Widerspruchsgebühr in Höhe von 55,- € heran. Die gegen die Festsetzung in dieser Höhe erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Festsetzung der Kosten in dieser Höhe gegenüber der Klägerin sei rechtmäßig und verletze sie nicht in ihren Rechten.

Die dagegen vorgebrachten Einwände des Bevollmächtigten der Klägerin rechtfertigen die Zulassung der Berufung unter dem Gesichtspunkt des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht. Rechtsgrundlage der festgesetzten Kosten sind die §§ 66 Abs. 3 Satz 1, 67 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz - AufenthG -. Danach haftet der Beförderungsunternehmer im Fall einer Zurückweisung eines Ausländers neben diesem für die Kosten der Rückbeförderung und für die Kosten, die von der Ankunft des Ausländers an der Grenzübergangsstelle bis zum Vollzug der Entscheidung über die Einreise entstehen. Davon erfasst sind die Dolmetscherkosten, Kosten der erforderlichen Begleitung des Ausländers einschließlich Personalkosten sowie Kosten der Unterbringung, Verpflegung und der sonstigen Versorgung des Ausländers (§ 67 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 AufenthG).

Die gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zur Begründung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils vorgebrachte Argumentation des Bevollmächtigten der Klägerin wecken beim Senat keine derartigen Zweifel. Dies gilt zunächst hinsichtlich des Vortrags des Bevollmächtigten der Klägerin hinsichtlich der Feststellung des Verwaltungsgerichts, der kamerunische Staatsangehörige, dessen Verhalten dem streitgegenständlichen Kostenbescheid zugrunde liegt, sei am 23. Dezember 2013 mit dem Flug AT 810 der Klägerin nach Frankfurt befördert worden. Das Verwaltungsgericht hat seine Feststellungen auf den Inhalt des Verwaltungsvorgangs gestützt, aus dem hervorgeht, dass bei der grenzpolizeilichen Dokumentensichtung der Passagiere des Fluges AT 810 aus Casablanca sich der kamerunische Staatsangehörige mit einer französischen ID ausgewiesen habe, wobei das Lichtbild nicht mit der vorstelligen Person identisch gewesen sei (Feststellung des PHM ... - Blatt 42 des Verwaltungsvorgangs sowie der zusammenfassenden Sachverhaltsdarstellung des PHK ... - Blatt 118 des Verwaltungsvorgangs). Aus dem Umstand, dass bei der Sachverhaltsdarstellung im Verwaltungsvorgang des Beklagten zum einen von der Dokumentensichtung direkt am Luftfahrzeug und zum anderen von der Dokumentensichtung des Fluges die Rede ist, lässt sich nicht folgern, dass die Dokumentensichtung erst zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, in dem eine Zuordnung eines Passagiers zu einem bestimmten Luftfahrzeug nicht mehr möglich ist. Im Übrigen folgt die Beförderung des kamerunischen Staatsangehörigen durch die Klägerin mit dem Flug AT 810 auch aus dessen Schilderungen im Rahmen seines Asylgesuchs, in denen er dezidiert die Route und die dabei benutzten Reisedokumente beschrieben hat. Aus den Darlegungen des Bevollmächtigten der Klägerin ergeben sich danach keine ernstlichen Zweifel an der Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass der kamerunische Staatsangehörige durch das Luftfahrzeug der Klägerin nach Frankfurt befördert worden ist.

Auch die Rüge des Bevollmächtigten der Klägerin, die Festsetzung der geforderten Kosten verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wecken beim Senat keine ernstlichen Zweifel im oben genannten Sinne.

Dies gilt zunächst für den Einwand hinsichtlich der Kosten, die zu einem Zeitpunkt entstanden seien, als man dem Ausländer bereits die Einreise habe gestatten müssen, die also durch unrichtige Sachbehandlung verursacht worden seien. Die unrichtige Sachbehandlung ergebe sich - so die Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin - bereits daraus, dass der Ausländer zu Unrecht im Transitbereich des Flughafens festgehalten worden sei. Gemäß § 18a Abs. 1 Satz 3 AsylG sei dem Ausländer unverzüglich Gelegenheit zur Stellung des Asylantrags bei der Außenstelle des Bundesamtes zu geben, die der Grenzkontrollstelle zugeordnet sei. Das Verfahren dürfe deshalb vom Asylgesuch bis zur Vorstellung des Flüchtlings beim Bundesamt zwecks Asylantragstellung höchstens zwei Tage dauern. Nach Angaben der Bundespolizei sei der Ausländer am 23. Dezember 2013 in Frankfurt am Main angekommen und habe im Rahmen der grenzpolizeilichen Einreisebefragung am selben Tag ein Schutzersuchen gestellt. Der Asylantrag beim Bundesamt sei aber erst am 30. Dezember 2013, also eine Woche nach Anbringung des Asylgesuchs gestellt worden.

Zutreffend weist der Bevollmächtigte der Klägerin darauf hin, dass gemäß § 18a Abs. 1 Satz 3 AsylG dem Ausländer unverzüglich Gelegenheit zur Stellung des Asylantrags bei der Außenstelle des Bundesamtes zu geben ist, die der Grenzkontrollstelle zugeordnet ist. Unverzüglich in diesem Zusammenhang bedeutet, ohne jede Verzögerung, die nicht aus sachlichen (tatsächlichen oder rechtlichen Gründen) gerechtfertigt ist (Fritz, in: GK- AsylG, § 18a Rn. 47.2). Als ein derartiger sachlicher Grund kommt insbesondere die Verpflichtung der Bundespolizei zur Prüfung in Betracht, ob die Voraussetzungen für das Sonderverfahren - Herkunft aus einem sicheren Herkunftsstaat oder Fehlen eines gültigen Passes sowie die Möglichkeit der Unterbringung auf dem Flughafengelände - vorliegen und keine Einreiseverweigerung nach § 18 Abs. 2 AsylG zu erfolgen hat (Fritz, in: GK-AsylG, a.a.O., Rn. 47). Die Regelung soll des Weiteren Raum geben, auf den körperlichen und seelischen Zustand eines Antragstellers angemessen Rücksicht zu nehmen, weshalb der Gesetzgeber nicht gehalten ist, eine Frist vorzugeben (BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1516/93 -, BVerfGE 94, 166 = NVwZ 1996, 678 [682]). Zu den maßgeblichen Umständen der Dauer zwischen Ankunft des kamerunischen Staatsangehörigen in Frankfurt am Main und seiner Vorstellung beim Bundesamt enthält weder der dem Senat vorliegende Verwaltungsvorgang des Beklagten noch dessen Vortrag im verwaltungsgerichtlichen Verfahren konkrete Aussagen. Dies führt entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin jedoch nicht zu einer Verpflichtung der Grenzbehörde, dem Ausländer die Einreise zu gestatten. Die Voraussetzungen, unter denen einem Ausländer im vorliegenden Zusammenhang die Einreise zu gestatten ist, hat der Gesetzgeber in § 18a Abs. 6 AsylG abschließend geregelt, ohne den Fall einer Verletzung des Unverzüglichkeitsgebots des Abs. 1 Satz 3 zu berücksichtigen (vgl. dazu Winkelmann, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 18a AsylG Rn. 18). Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Entbehrlichkeit einer Fristbestimmung und der Regelung in Art. 6 Abs. 2 RL 2013/32/EU vom 26. Juni 2013, wonach die Registrierung weitergeleiteter Anträge auf internationalen Schutz spätestens sechs Arbeitstage nach Antragstellung zu erfolgen hat, kommt hinsichtlich der im Raum stehenden Dauer, die hier drei Arbeitstage umfasst, auch eine weitergehende europarechtliche Auslegung des § 18a Abs. 6 AsylG nicht in Betracht.

Auch der Vortrag des Bevollmächtigten der Klägerin, eine unrichtige Sachbehandlung liege auch deshalb vor, weil das Bundesamt entgegen § 18a Abs. 6 Nr. 2 AsylG nicht innerhalb von zwei Tagen nach Stellung des Asylantrags über diesen entschieden habe, weckt beim Senat keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin, die Regelung in § 18a Abs. 6 Nr. 2 AsylG meine zwei Kalendertage, und § 31 Abs. 1 und 3 VwVfG finde bei der Berechnung der Fristen im Flughafenasylverfahren keine Anwendung, überzeugt den Senat nicht. Für die Fristenberechnung gelten die allgemeinen Bestimmungen des § 31 VwVfG in Verbindung mit §§ 187 bis 193 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -, für die Bestimmung des Fristendes also § 31 Abs. 3 VwVfG. Hätte der Gesetzgeber vor dem Hintergrund des Beschleunigungsgebots eine davon abweichende Regelung treffen wollen, hätte es dazu einer ausdrücklichen spezialgesetzlichen Regelung bedurft (VG Frankfurt a.M., Beschluss vom 13. Februar 2001 - 9 G 433/01.AF -, AuAS 2001, 118 = Juris; Fritz, in: GK-AsylG, a.a.O., Rn. 101.1). Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin ausführt, das Bundesverfassungsgericht habe in dem zuvor zitierten Urteil vom 14. Mai 1996 in Ausprägung des Beschleunigungsgrundsatzes dem Bundesamt, der Grenzschutzbehörde und den etwa tätigen anwaltlichen Beratern eines 7-Tage-Woche vorgegeben, entsprechen diese Ausführungen nicht dem tatsächlichen Inhalt der Entscheidung. Vielmehr hat das Bundesverfassungsgericht (lediglich) ausgeführt, es erscheine angesichts der Kürze der im Gesetz festgelegten Fristen für Antragstellung und gerichtliche Entscheidung im Flughafenverfahren erforderlich, dass die Beratung (des Asylsuchenden) bereits am Tage der Zustellung der behördlichen Entscheidungen einsetze und auch an Wochenenden angeboten werde. Die Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach einer "Rund-um-die-Uhr-Tätigkeit" des Bundesamtes an jedem Wochentag lässt sich der zitierten Entscheidung nicht entnehmen. Da der kamerunische Staatsangehörige dem Bundesamt am 30. Dezember 2013, einem Montag, zur Asylantragstellung vorgestellt wurde und das Bundesamt am Donnerstag, den 2. Januar 2014 über den Antrag entschieden hat, wurde - da der Neujahrstag gemäß § 193 BGB unberücksichtigt bleibt - die Zwei-Tages-Frist gemäß § 31 Abs. 3 VwVfG eingehalten.

Eine unrichtige Sachbehandlung liegt auch nicht deshalb vor, weil die Bundespolizei dem kamerunischen Staatsangehörigen nach Ansicht des Bevollmächtigten der Klägerin spätestens am 13. Januar 2014 die Einreise hätte gestatten müssen, weil nach Abschluss des Asylverfahrens keine rechtmäßige richterliche Anordnung der Unterbringung im Transitbereich des Flughafens vorgelegen habe. Soweit gerügt wird, der am 16. Januar 2014 gestellte Antrag an das Amtsgericht Frankfurt am Main sei verspätet, wecken die diesbezüglichen Ausführungen des Bevollmächtigten der Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung. Selbst wenn man mit dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Beschluss vom 3. März 2016 - 20 W 9/15 -, InfAuslR 2016,192 = Asylmagazin 2016, 189 = Juris) der Auffassung ist, dass nach bestandskräftigem Abschluss des Asylverfahrens nach § 18a AsylG die Unterbringung des Betroffenen im Transitbereich des Flughafens auch vor Ablauf der 30-Tage-Frist einer richterlichen Anordnung bedarf (zum Meinungsstand: vgl. den vorgenannten Beschluss des OLG Frankfurt), wecken die Ausführungen des Bevollmächtigten der Klägerin beim Senat keine ernstlichen Zweifel im Sinne des geltend gemachten Zulassungsgrundes. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergeben sich zunächst nicht aus dem Vortrag des Bevollmächtigten der Klägerin, das Herstellen des Einvernehmens mit der Amtsanwaltschaft Frankfurt am Main gemäß § 72 Abs. 4 Satz 1 AufenthG sei nur auf Ausweisungen und Abschiebungen, nicht jedoch auf Zurückweisungen anwendbar. Insoweit fehlt es an einer Auseinandersetzung mit der vom Gericht erster Instanz vertretenen Auffassung zum Einvernehmenserfordernis auch für Zurückweisungsfälle nach § 15 AufenthG. Vor dem Hintergrund des sich daraus ergebenden Zeitablaufs zwischen der Beendigung des Flughafenasylverfahrens am 13. Januar 2014, des Herstellens des Einvernehmens mit der zuständigen Strafverfolgungsbehörde am 15. Januar 2014 und dem Antrag auf Unterbringung im Transitbereich des Flughafens an das zuständige Amtsgericht am 16. Januar 2014 weckt auch die weitere pauschale Argumentation des Bevollmächtigten der Klägerin, es sei kein Grund ersichtlich, dass das Einvernehmen mit der Amtsanwaltschaft Frankfurt nicht bereits am 13. Januar 2014 habe hergestellt werden können, keine ernstlichen Zweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung. Soweit die Auffassung der Rechtswidrigkeit der gerichtlichen Unterbringungsanordnung auf das Argument gestützt wird, dem Ausländer sei der Antrag auf Unterbringung nicht ausgehändigt worden, folgt dem der Senat nicht. Denn eine unterbliebene Aushändigung des Haftantrages führt nur dann zur Rechtswidrigkeit der richterlichen Anordnung, wenn das Verfahren ohne diesen Fehler zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 16. Juli 2014 - V ZB 80/13 -, InfAuslR 2014, 384 = EZAR-NF Nr. 38 = Juris mit Hinweis auf EuGH, Urteil vom 10. September 2013 - C-383/13 - PPU, BayVBl. 2014, 140), wonach eine Verletzung von Verteidigungsrechten nicht automatisch, sondern nur dann zur Rechtswidrigkeit der Haft führt, wenn die Verletzungshandlung Einfluss auf das Ergebnis hätte haben können). Zu der Voraussetzung des Einflusses der Nichtaushändigung des Unterbringungsantrags auf das amtsgerichtliche Unterbringungsverfahren enthält die Begründung des Zulassungsantrages keine weiteren Ausführungen, so dass auch insoweit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht dargelegt sind. Gleiches gilt für den Vortrag des Bevollmächtigten der Klägerin, hinsichtlich des weiteren Unterbringungsantrags vom 19. Februar 2014 fehle es an einer ordnungsgemäßen Dokumentation der angeblichen Aushändigung des Unterbringungsantrages.

Schließlich bleibt auch die Argumentation des Bevollmächtigten der Klägerin, die Unterbringungsanordnung sei rechtswidrig, weil sie infolge unrichtiger Tatsachen im Unterbringungsantrag der Bundespolizei unverhältnismäßig lang gewesen sei, ohne Erfolg. Dazu führt der Bevollmächtigte der Klägerin unter Bezug auf den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20. Januar 2014 (2-29 T 20/14) weiter aus, dass entgegen dem Inhalt des Unterbringungsantrags eine persönliche Vorstellung des Ausländers bei der kamerunischen Botschaft in Berlin nicht erforderlich sei. In der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2017 sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der Antrag auf Unterbringung im Transitbereich vom 16. Januar 2014 von Seiten der Bundespolizei wissentlich mit dieser unrichtigen Behauptung begründet worden sei, ohne dass sich das Verwaltungsgericht mit dieser Argumentation auseinandergesetzt habe. Diese Ausführungen wecken bereits deshalb keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, da der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main erst 4 Tage nach dem Unterbringungsantrag vom 16. Januar 2014 an das Amtsgericht Frankfurt am Main erlassen worden ist. Und im Übrigen dieser Beschluss des Landgerichts eine Unterbringungsanordnung des Amtsgerichts Frankfurt am Main für die gleiche Unterbringungsdauer noch als verhältnismäßig qualifiziert.

Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin die Auferlegung der geltend gemachten Kosten mit dem Argument als unverhältnismäßig qualifiziert, die Ende 2013 beförderten kamerunischen Staatsangehörigen seien bei der Kontrolle in Douala im Besitz gültiger Pass- und Reisedokumente gewesen und für den Aufenthalt im Transitbereich in Frankfurt habe es keines Flughafentransitvisums bedurft, werden damit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ebenfalls nicht dargelegt. Gemäß § 66 Abs. 3 Satz 1 AufenthG haftet das Beförderungsunternehmen verschuldensunabhängig "für die Kosten, die von der Ankunft des Ausländers an der Grenzübergangsstelle bis zum Vollzug der Entscheidung über die Einreise entstehen"; es sind also sämtliche Kosten, die bis zum Vollzug der Entscheidung über die Einreise entstehen, von der Haftung umfasst (BVerwG, Urteil vom 18. März 2003 - 1 C9/02 -, NVwZ 2003, 1274 = Juris; Senatsurteil vom 17. Dezember 2013 - 5 A 1865/12 -, InfAuslR 2015, 40 = Juris). In der Literatur werden neben den geschriebenen Haftungsbeschränkungen zusätzliche Beschränkungen der verschuldensunabhängigen Haftung vertreten, die aus dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hergeleitet werden. Als unverhältnismäßig wird die Heranziehung des Beförderungsunternehmens zu Kosten betrachtet, die durch ungewöhnliche Umstände oder durch besonders rechtsfeindliches Verhalten des beförderten Ausländers entstanden sind (Westphal/Stoppa, Ausländerrecht, S. 658; noch weitergehend, wonach eine Kostentragungspflicht des Beförderungsunternehmens dann ausscheide, wenn der Beförderer alles ihm rechtlich und tatsächlich Zumutbare an Sicherungen und Kontrollen getan habe, um eine fehlende Einreiseberechtigung zu erkennen: Bauer/Dollinger, in: Bergmann/Dienelt, a.a.O., § 64 AufenthG Rn. 7; Ott, in GK-AufenthG, § 64 Rn. 88 ff.. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Frage nach einer Haftungsbeschränkung aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Denn eine Befreiung des Beförderers von der Kostentragungspflicht bereits dann, wenn er die rechtlich erforderlichen und tatsächlich zumutbaren Sicherungen und Kontrollen durchgeführt hat, liefe auf eine Umwandlung der Kostentragungspflicht in eine verschuldensabhängige Haftung hinaus, die der Gesetzgeber außerhalb der Vorschrift des § 66 Abs. 3 Satz 2 AufenthG gerade nicht vorgesehen hat. Im Übrigen handelt es sich bei den geltend gemachten Kosten nicht um solche Kosten, die durch atypische Umstände des Einzelfalls entstanden sind. Dies gilt zunächst für die geltend gemachten Personal-, Transport- und Dolmetscherkosten sowie die Kosten der Dokumentenbeschaffung, die eng mit der Rückbeförderungspflicht der Klägerin verbunden sind. In Fällen der Passlosigkeit bzw. ungeklärter Identität fallen solche Kosten regelmäßig im Vorfeld der Rückbeförderung an, so dass ihre Verursachung nicht auf ungewöhnlichen Umständen beruht, vielmehr vom Beförderungsunternehmer kalkulatorisch im Rahmen seiner Preisbildung Berücksichtigung finden kann. Auch der Geltendmachung der Kosten der Unterbringung auf der Grundlage der Unterbringungsanordnung (Senatsurteil vom 17. Dezember 2013 - 5 A 1865/12 -, EZAR-NF 56 Nr. 14 = InfAuslR 2015, 40 = Juris) sowie der Kosten für die Rückführung des Ausländers bis zum Zielort außerhalb des Bundesgebietes steht der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht entgegen. Denn sowohl die Unterbringungskosten als auch die Kosten für die begleitete Rückführung bewegen sich noch in dem Bereich, mit dem ein umsichtiges, international agierendes Beförderungsunternehmen im Hinblick auf letztlich unerlaubt Einreisende zu rechnen hat. Dementsprechend kann auch die Frage, ob die Prüfung der Atypik des Falles bereits im Heranziehungsverfahren oder erst im Vollstreckungsverfahren zu prüfen ist, offenbleiben (zum Meinungsstand: vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2012 - 10 C 6/12 -, BVerwGE 144, 326 = NVwZ 2013, 67 = Juris Rn. 36 f.).

Schließlich ergibt sich die Unverhältnismäßigkeit einer Kostenerhebung gegenüber dem Beförderungsunternehmen auch nicht aus der Argumentation des Bevollmächtigten der Klägerin, die Kostenhaftung führe zur Verhinderung bzw. wesentlichen Behinderung des Grundrechts auf Asyl für die Beförderten (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 2. Dezember 1997 - 2 BvL 55/92 -, BVerfGE 97, 49 = NVwZ 1998, 606; BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2003 - 1 C 5/02 -, BVerwGE 117, 332 = NVwZ 2003, 1268; Hess VGH, Urteil vom 3. Dezember 2001 - 12 UE 1889/01 -, EZAR 605 Nr. 2).

Auch die Ausführungen des Bevollmächtigten der Klägerin gegen die Festsetzung der Widerspruchsgebühr in Höhe von 55,- € im Widerspruchsbescheid vom 3. November 2015 wecken keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung. Rechtsgrundlage für die geltend gemachte Gebühr ist § 69 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 AufenthG in Verbindung mit § 51 Abs. 1 Nr. 9 Aufenthaltsverordnung - AufenthV -. Gemäß § 69 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 AufenthG kann durch Rechtsverordnung für die Einlegung eines Widerspruchs eine Gebühr vorgesehen werden, die für den Widerspruch gegen eine sonstige individuell zurechenbare öffentliche Leistung höchstens 55,- € betragen darf. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 9 hat der Verordnungsgeber für den Widerspruch gegen einen Leistungsbescheid (§ 67 Abs. 3 AufenthG) eine (Fest-)Gebühr von 55,- € festgesetzt. § 69 Abs. 8 Satz 2 AufenthG sieht allerdings vor, dass die Gebühr auf die Gebühr für die vorzunehmende individuell zurechenbare öffentliche Leistung anzurechnen und im Übrigen zurückzuzahlen ist, soweit der Widerspruch Erfolg hat. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin ist dieser Satz 2 des § 69 Abs. 8 AufenthG jedoch nicht dahingehend auszulegen, dass sich die Gebühr von 55,- € im Fall eines teilweise erfolgreichen Widerspruchs anteilig reduziert. Zwar lässt sich die Motivation des historischen Gesetzgebers für diese Regelung nicht ermitteln. Denn diese Regelung fand sich inhaltlich identisch bereits in § 81 Abs. 6 Satz 2 Ausländergesetz - AuslG 1990 -, wonach die Gebühr auf die Gebühr für die vorzunehmende Amtshandlung anzurechnen und im Übrigen zurückzuzahlen war, soweit der Widerspruch Erfolg hatte. Die Regelung fand im Gesetzgebungsverfahren erst auf Initiative des Bundesrates Eingang in das Gesetz, ohne dass dafür eine Begründung verfasst wurde. Allein der Begriff "Amtshandlung" ist durch das Änderungsgesetz zur Änderung des AufenthG vom 13. Juli 2017 (BGBl I S. 2350) in "individuell zurechenbare öffentliche Leistungen" abgeändert und den Begrifflichkeiten des § 3 des Bundesgebührengesetzes - BGebG - vom 15. August 2013 (BGBl I S. 3154) angepasst worden. Die teleologische Auslegung der Formulierung "soweit der Widerspruch Erfolg hat" führt zu dem Ergebnis, dass eine Anrechnung oder Rückzahlung der Widerspruchsgebühr nur in Betracht kommt, wenn der Widerspruch in vollem Umfang erfolgreich ist. Denn insbesondere bei der hier im Streit stehenden Widerspruchsgebühr nach § 51 Abs. 1 Nr. 9 AufenthV handelt es sich um eine Festgebühr, die unabhängig von der Höhe des Leistungsbescheides 55,- € beträgt. Auch für den Fall, dass der Beklagte bereits in seinem Ausgangsleistungsbescheid vom 11. November 2014 lediglich 9.358,98 € festgesetzt hätte, betrüge die Widerspruchsgebühr 55,- €.

Auch der vom Bevollmächtigten der Klägerin geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache führt nicht zur Zulassung der Berufung.

Wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend gemacht, so muss, um den gesetzlichen Darlegungserfordernissen zu genügen, dargetan werden, welche konkrete und in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichende Rechtsfrage oder welche bestimmte und für eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle bedeutsame Frage tatsächlicher Art im Berufungsverfahren geklärt werden soll und inwieweit diese Frage einer (weitergehenden) Klärung im Berufungsverfahren bedarf. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne der vorgenannten verfahrensrechtlichen Bestimmung hat ein Verwaltungsstreitverfahren nur dann, wenn es eine tatsächliche oder rechtliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und über den Einzelfall hinaus im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung einer Klärung bedarf.

Als klärungsbedürftig wirft der Bevollmächtigte der Klägerin sinngemäß die Fragen auf,

ob § 31 Abs. 3 VwVfG im Flughafenasylverfahren Anwendung findet und ob die Widerspruchsgebühr gemäß § 69 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 AufenthG im Fall des teilweisen Erfolges zu einer Gebührenreduzierung führt.

Beiden Fragen fehlt die Klärungsbedürftigkeit in einem Berufungsverfahren, denn sie lassen sich unschwer aus dem Gesetz beantworten. Zur weiteren Begründung nimmt der Senat Bezug auf die entsprechenden Ausführungen zum Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert auf §§ 47, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz - GKG -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).