Hessischer VGH, Beschluss vom 02.01.2019 - 8 B 2660/18
Fundstelle
openJur 2019, 29521
  • Rkr:
Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 5. Dezember 2018 - 8 L 5924/18.GI - abgeändert.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller die W-Halle, XXX-Allee , 63XX Büdingen vom 5. Januar 2019, 9.00 Uhr bis 6. Januar 2019, 12.00 Uhr zur Durchführung eines Neujahrsempfangs mit musikalischem Rahmenprogramm zu überlassen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Überlassung kommunaler öffentlicher Räumlichkeiten zur Durchführung eines Neujahrsempfangs mit musikalischem Rahmenprogramm.

Mit Datum vom 26. August 2018 reservierte der Antragsteller durch seinen Ortsvorsitzenden auf dem von der Antragsgegnerin dafür bereit gehaltenen Formular die Willi-Zinnkann-Halle für einen Neujahrsempfang am 5. Januar 2019. Dabei gab er eine erwartete Besucherzahl von 150 Personen an und kreuzte an, es handele sich um eine nichtöffentliche Veranstaltung, für die kein Eintrittsgeld erhoben werde (Bl. 11 d. Gerichtsakte [GA]). In der am gleichen Tag verfassten Anzeige eines vorübergehenden Betriebes eines Gaststättengewerbes nach § 6 HGastG kreuzte er unter Nr. 4 an "alkoholfreie Getränke" und unter Nr. 9. " Art des Bühnenauftritts: kein Auftritt" (Bl. 14 d. GA).

Mit Datum vom 23. Oktober 2018 schlossen die Beteiligten einen Vertrag über die Benutzung der Willi-Zinnkann-Halle. Darin waren eine Gebühr von 375,00 € sowie Nebenkosten in Höhe von 360,00 € und eine Kaution in Höhe von 1.000,00 € festgelegt. In dem Text heißt es u.a.:"Bei Veranstaltungen mit Musik (gleich welcher Art) sind die Fenster und die Außentüren nach 20.00 Uhr zum Schutze der Anwohner geschlossen zu halten. ...." (Bl. 88 d. GA).Mit Datum vom 22. November 2018 wurde der Vertrag noch einmal angepasst, die oben genannten Einträge blieben jedoch enthalten (Bl. 16 d. GA).

Auf Grund eines im Kreisanzeiger vom 26. November 2018 erschienenen Artikels erklärte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 28. November 2018 durch den "Eigenbetrieb 'Gebäude- und Grundstückswirtschaft der Stadt Büdingen' den Rücktritt von diesem Vertrag. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass es sich um eine andere Veranstaltung handele als in der Reservierung angegeben, da statt 150 Personen 300 bis 500 Personen erwartet würden und Tickets für 20,00 € verkauft werden sollten. Es handele sich mithin um eine öffentliche und kommerzielle Veranstaltung (Bl. 15 d. Verwaltungsvorgänge [VerwV.]).

Am 30. November 2018 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Gießen um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und die Überlassung der Halle zu einem Neujahrsempfang mit musikalischem Rahmenprogramm beantragt.

Das Verwaltungsgericht Gießen hat mit Beschluss vom 5. Dezember 2018 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Eilantrag sei unzulässig. Ihm fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Antragsteller nicht zuvor bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Überlassung der Halle zur Durchführung eines Neujahrsempfangs "mit musikalischem Rahmenprogramm" beantragt habe. Da der Antragsteller in seiner Anzeige des vorübergehenden Betriebs eines Gaststättengewerbes angegeben habe, "kein Auftritt", sei der Überlassungsvertrag vom 22. November 2018 auf dieser Basis zustande gekommen. Durch das beabsichtigte Musikprogramm habe sich der Anstaltszweck wesentlich verändert und der Antragsgegnerin müsse ein Zeitraum zur Überprüfung aller zu beachtenden Vorschriften eingeräumt werden. Da die Antragsgegnerin den vom Antragsteller geltend gemachten Überlassungsanspruch ausschließlich mit der Kündigung des Überlassungsvertrages begründet habe, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegnerin einen entsprechenden Antrag ablehnen werde. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die angegriffene Entscheidung (Bl. 66f. d. GA).

Dieser Beschluss ist dem Antragsteller am 6. Dezember 2018 zugestellt worden (Bl. 71a d. GA) und am 7. Dezember 2018 hat er dagegen Beschwerde erhoben und diese zugleich auch begründet. Er macht im Wesentlichen geltend, bei dem "Neujahrsempfang mit musikalischem Rahmenprogramm" handele es sich nach wie vor um dieselbe Veranstaltung, diese sei lediglich um das Rahmenprogramm ergänzt worden. Insoweit handele es sich nicht um ein aliud, sondern um ein plus. Zwar habe das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, die Antragsgegnerin habe ein schutzbedürftiges Interesse daran, über entsprechende Programmänderungen in Kenntnis gesetzt zu werden. Dieser Einwand habe jedoch mit der Frage des "Ob" der Nutzungsüberlassung nichts zu tun, da die geplante Veranstaltung nach wie vor im Rahmen des Widmungszwecks der Halle liege. Im Übrigen habe die Antragsgegnerin durch die von ihr ausgesprochene (dreifache) Kündigung deutlich zum Ausdruck gebracht, dem Antragsteller die Halle angesichts der im Kreisanzeiger erschienenen - im Übrigen weitestgehend unzutreffenden - Ausführungen nicht (mehr) überlassen zu wollen. Anordnungsanspruch und -grund seien glaubhaft gemacht. Die Voraussetzungen für eine Überlassung der Halle seien nach §§ 20 HGO und 5 Abs. 1 PartG gegeben. Die tatsächlich geplante Veranstaltung halte sich im Rahmen des Widmungszwecks und der einschlägigen Satzungsbestimmungen. Die Veranstaltung sei nicht öffentlich. Es würden Zutrittskarten ausgegeben, um die Anzahl der Besucher besser überblicken zu können. Der Eintritt sei frei, es werde jedoch um eine Spende zur Deckung der Unkosten gebeten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Beschwerdeschrift (Bl.73ff. d. GA).

Der Antragsteller beantragt,

die Antragsgegnerin unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Gießen vom 5. Dezember 2018 - 8 L 5924/18.GI - im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin die Willi-Zinnkann-Halle, Eberhard-Bauner-Allee 16, 63654 Büdingen vom 5. Januar 2019, 9.00 Uhr bis 6. Januar 2019, 12.00 Uhr zur Durchführung eines Neujahrsempfangs mit musikalischem Rahmenprogramm

hilfsweise:

zur Durchführung eines Neujahrsempfangs ohne musikalisches Rahmenprogramm zu überlassen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie macht geltend, die Beschwerde sei unbegründet. Sowohl Haupt- als auch Hilfsantrag seien unzulässig. Hinsichtlich des Hauptantrages fehle es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt habe - an einem entsprechenden Antrag, der Hilfsantrag sei in 2. Instanz erstmalig gestellt worden und allein schon deshalb nicht zulässig. Im Übrigen stehe die Halle zum gewünschten Termin nicht zur Verfügung, da sie auf Grund einer Reservierung vom 7. Dezember 2018 am 10. Dezember 2018 in der fraglichen Zeit für einen Neujahrsempfang an das "Büdinger Bündnis für Demokratie und Vielfalt" vermietet worden sei. Im Übrigen stehe die Nutzung der Willi-Zinnkann-Halle sowohl in zeitlicher als auch in inhaltlicher Hinsicht nicht im Belieben der Antragstellerin. Die nunmehr geplante Veranstaltung sei eine völlig andere als die ursprünglich angemeldete, da sie öffentlich und nicht nur für einen begrenzten Personenkreis zugänglich sei, ein Eintrittsgeld von 20.00 € erhoben werde und bundesweit auch von anderen NPD-Verbänden beworben werde. Im Übrigen habe der Antragsteller auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, da nicht ersichtlich sei, weshalb die Jahresauftaktveranstaltung ausschließlich am 5. Januar 2019 stattfinden müsse. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Beschwerdeerwiderung (Bl. 103ff. d. GA).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge (ein Heftstreifen), die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 5. Dezember 2018 - 8 L 5924/18.GI - ist begründet. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses das Eilrechtsschutzgesuch des Antragstellers abgelehnt hat, stellt sich als unzutreffend dar.

Im Hinblick darauf, dass die Anforderungen an die Beschwerdebegründung in § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO und die Beschränkung des Prüfungsumfangs des Beschwerdegerichts auf die vom Beschwerdeführer dargelegten Gründe in § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die einmonatige Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO zugeschnitten sind, die dem Antragsteller hier auf Grund der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit jedoch nicht zur Verfügung steht, hat das Beschwerdegericht zur Wahrung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer umfassenden Kontrolle unterworfen, die nicht auf das Beschwerdevorbringen des Antragstellers reduziert ist (vgl. BVerfG 2. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 31. März 2004 - 1 BvR 356/04 -, juris, Rdnr. 21 ff. Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 7. Aufl. 2018, § 146 Rdnr. 33).

Mit seinem Eilantrag begehrt der Antragsteller die Überlassung der Willi-Zinnkann-Halle in Büdingen für einen Neujahrsempfang mit musikalischem Rahmenprogramm. Dieser Antrag hat nach dem Erkenntnisstand des Beschwerdegerichts im Zeitpunkt seiner Entscheidung Erfolg, denn er ist zulässig (1.) und begründet (2.). Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht und ein Anordnungsgrund liegt ebenfalls vor, da die Angelegenheit eilbedürftig ist.

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dies setzt gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO voraus, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch (ein subjektiv-öffentliches Recht auf das begehrte Verwaltungshandeln) und einen Anordnungsgrund (die Eilbedürftigkeit) glaubhaft macht. Ist der Antrag - wie hier - auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, sind an Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt dann grundsätzlich nur in Betracht, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und dem Antragsteller ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten.

1. Der Eilantrag des Antragstellers ist zulässig, insbesondere ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben und dem Antrag fehlt - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis.

a) Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, da es um die Nutzung einer öffentlichen Einrichtung der Antragsgegnerin i.S.d. § 20 HGO geht und es sich somit um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit i.S.d. § 40 Abs. 1 VwGO handelt. Das gilt auch für die weitere Durchführung durch den Abschluss eines "Vertrags über die Benutzung der Willi-Zinnkann-Halle" (vgl. Bl. 88 d. GA), mit dem die Konditionen der Nutzung im Einzelnen geregelt werden, da dieser nicht privatrechtlich erfolgt. Denn die Nutzung der Halle ist in der auf der Grundlage von § 5 HGO erlassenen Benutzungs- und Gebührenordnung und damit öffentlich-rechtlich in einer Satzung geregelt. Der Vertrag über die Benutzung der Halle beruht auf dieser Satzung und ist daher kein Mietvertrag im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches. An keiner Stelle ist darin von "Mieter" und "Vermieter" die Rede, sondern stets nur vom "Nutzer" und dem "Eigenbetrieb der Stadt Büdingen". Hinzukommt, dass das für die Überlassung zu entrichtende Entgelt nach § 5 der Benutzungs- und Gebührenordnung der Antragsgegnerin nicht als "Mietzins", sondern als "Gebühr" zu entrichten ist.

b) Darüber hinaus kann dem Antrag auch nicht mit Erfolg das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden. Vieles spricht dafür, dass es sich bei dem "Neujahrsempfang mit musikalischem Rahmenprogramm" um dieselbe Veranstaltung handelt, für die die Reservierung erfolgt und der Nutzungsvertrag abgeschlossen wurde. Denn der Charakter der Veranstaltung ist gleich geblieben, lediglich das Rahmenprogramm wurde geändert.

Ungeachtet dessen ist ein erneuter Antrag jedoch schon deshalb nicht erforderlich, weil die Antragsgegnerin mit der (dreimal) von ihr ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung des Nutzungsvertrages und ihrem gesamten Vorbringen im Rahmen des Eilverfahrens unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht hat, dass sie zur Überlassung der Halle zwecks Durchführung des Neujahrsempfangs nicht mehr bereit ist. Auf S. 3 der Antragserwiderung heißt es ausdrücklich, der Antragsteller "habe keinen Anspruch darauf, die in dem Verfügungsantrag bezeichnete Stadthalle in der Zeit vom 5 Januar 2019, 9.00 Uhr bis 6. Januar 2019, 12.00 Uhr zu nutzen" und auf den Seiten 4 bis 8 wird dezidiert ausgeführt, weshalb die Kündigung des "Mietvertrages" wirksam sei. Soweit ersichtlich hat die Antragsgegnerin an keiner Stelle deutlich zum Ausdruck gebracht, zur Überlassung der Halle bereit zu sein, jedoch ggf. zu veränderten Konditionen. Dem kann die Antragsgegnerin - wie nunmehr in der Beschwerdeerwiderung ausgeführt (S.3) - nicht mit Erfolg entgegenhalten, sie sei zur Überlassung der Halle bereit gewesen und auch nach wie vor bereit, wenn nur ein entsprechender Antrag gestellt worden wäre. Sie hat die Halle vielmehr am 7. Dezember 2018 an das sog. "Bündnis für Demokratie und Vielfalt" vermietet und macht im Beschwerdeverfahren geltend, die Halle stehe zum gewünschten Termin nicht (mehr) zur Verfügung.

2. Der Eilantrag ist auch begründet. Der Antragsteller hat sowohl einen Anordnungsanspruch (a) als auch einen Anordnungsgrund (b) glaubhaft gemacht.

a) Rechtsgrundlage für den vom Antragsteller geltend gemachten Überlassungsanspruch ist § 20 Abs. 1 und 3 HGO und die von der Antragsgegnerin erlassene Benutzungs- und Gebührenordnung (BenGebO) für die Willi-Zinnkann-Halle in der Fassung vom 3. März 2017.

Nach § 20 Abs. 1 HGO sind die Einwohner der Gemeinden - und gemäß Abs. 3 auch juristische Personen und Personenvereinigungen - im Rahmen der bestehenden Vorschriften berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen zu benutzen.

aa) Die Willi-Zinnkann-Halle ist eine öffentliche Einrichtung i.S.d. § 20 Abs. 1 HGO, nämlich den Einwohnern, Vereinen und Verbänden der Stadt sowie sonstigen Interessenten zur Benutzung gewidmet (§ 1 Nr. 1 BenGebO).

bb) Der Antragsteller als Ortsverband des Landesverbandes der NPD ist eine Personenvereinigung i.S.d. § 20 Abs. 3 HGO und im Stadtgebiet der Antragsgegnerin ansässig. Der Umstand, dass nach Angaben der Antragsgegnerin sowohl der Bundesverband der NPD als auch der Kreisverband Anhalt Bitterfeld Werbung für die beabsichtigte streitgegenständliche Veranstaltung machen, ändert nichts an der Veranstaltereigenschaft des ortsansässigen Antragstellers.

cc) Die Halle ist zum fraglichen Termin auch verfügbar. Der von der Antragsgegnerin mit dem sog. "Bündnis für Demokratie und Vielfalt" geschlossene Vertrag ändert daran nichts. Denn unabhängig von der Wirksamkeit der gegenüber dem Antragsteller ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung des mit ihm geschlossenen "Mietvertrages" haben die an diesem Vertrag beteiligten Parteien den Vertrag jedenfalls unter den Vorbehalt "weiterer obergerichtlicher Entscheidungen bezüglich des NPD Verfahrens" gestellt, so dass er einer Überlassung der Halle an den Antragsteller nicht im Wege steht. Aber auch ohne diese Klausel wäre die Verfügbarkeit der Halle zu bejahen, da der Vertrag mit dem sog. "Bündnis für Demokratie und Vielfalt" offensichtlich zu dem Zweck geschlossen wurde, ihn dem Begehren des Antragstellers entgegen halten zu können.

dd) Schließlich hält sich die geplante Veranstaltung auch mit den zwischenzeitlich vom Antragsteller vorgenommenen Änderungen im Rahmen des Widmungszwecks der Halle. Der Benutzungs- und Gebührenordnung lässt sich (bislang noch, vgl. die offenbar beabsichtigte Änderung der Benutzungs- und Gebührenordnung im nächsten Jahr, www.mittelhessen.de: Büdingen will Stadthalle nicht mehr für Parteien öffnen) an keiner Stelle entnehmen, dass die Nutzung der Halle für politische Veranstaltungen ausgeschlossen sein soll. Musikalische Veranstaltungen sind ausweislich des Formularvertrages für die Benutzung der Halle ohnehin vom Widmungszweck umfasst, denn auf Seite 1, drittletzter Absatz, findet sich eine Regelung, wie dem Schutz der Anwohner vor Lärm durch Musikveranstaltungen Rechnung zu tragen ist. Das gleiche gilt für gewerbliche Veranstaltungen, denn gemäß § 3 Nr. 5 BenGebO sind im Falle einer gewerblichen Veranstaltung Benutzungsgebühren in doppelter Höhe zu entrichten. Schließlich ist auch der Ausschank alkoholischer Getränke bei Nutzung der Halle grundsätzlich möglich, denn dieser Punkt wird unter Ziffer 4 der Anzeige nach § 6 HGastG ausdrücklich abgefragt und auch unter Ziffer 10 erwähnt. Auch wenn der Antragsteller daher entgegen seiner bisherigen Angaben ein Eintrittsgeld für die Musikveranstaltung erheben sollte, widerspräche die Veranstaltung deshalb jedenfalls nicht dem Widmungszweck. Gleiches gilt für eine etwaig größere Anzahl an Besuchern, so lange nicht die normalerweise für Veranstaltungen dieser Art in der Halle veranschlagte Kapazität überschritten wird, und den Ausschank alkoholischer Getränke.

ee) Soweit die Antragsgegnerin im Rahmen der Beschwerdeerwiderung auf zu befürchtende Straftaten durch den Auftritt der Rechtsrockbands abhebt, ergibt sich auch daraus nach dem Erkenntnisstand des Senats im Zeitpunkt seiner Entscheidung nichts anderes. Denn allein die Annahme, die Bands seien einschlägig bekannt und belastet reicht nicht aus, um die Vergabe der Halle zu unterbinden. Konkrete, tatsächliche Anhaltspunkte, die derzeit den gesicherten Schluss zulassen, dass es bei der geplanten Veranstaltung zu Ordnungswidrigkeiten und/oder sogar Straftaten kommen werde, hat die Antragsgegnerin nicht vorgetragen. Dafür müssten Tatsachen festgestellt werden, aus denen sich ergibt, dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Veranstaltung konkret zu befürchten ist. Dass es in der Vergangenheit anlässlich von Veranstaltungen, die der Antragsteller initiiert hat, zu Ausschreitungen gekommen wäre, hat die Antragsgegnerin nicht dargelegt.

ff) Auch der Einwand der Antragsgegnerin, der Antragsteller habe über den Charakter der Veranstaltung getäuscht, greift nicht durch. Richtig ist zwar, dass der Antragsteller im Rahmen seiner Reservierungsanfrage im August 2018 ausdrücklich erklärt hat, es handele sich um eine nichtöffentliche Veranstaltung mit 150 Personen, für die kein Eintritt erhoben werde und bei der auch kein Bühnenauftritt geplant sei (vgl. seine Anzeige nach § 6 HGastG, Bl. 13f. d. GA). Ob es sich dabei um eine bewusste Täuschung oder lediglich um einen im Laufe der Zeit geänderten Veranstaltungsablauf handelt, lässt sich bei summarischer Prüfung im Eilverfahren nicht klären. Letztlich ist diese Frage aber auch nicht entscheidungserheblich.

Denn ungeachtet dessen, welche Angaben der Antragsteller bei Reservierung der Halle im August 2018 und bei Abschluss des Nutzungsvertrages am 22. November 2018 zum genauen Ablauf der Veranstaltung gemacht hat ist für die Frage, ob er einen Anspruch auf Überlassung der Halle hat, auf die tatsächlich geplante politische Vortragsveranstaltung mit musikalischem Rahmenprogramm abzustellen (vgl. ebenso OVG des Saarlandes, Beschluss vom 5. April 2018 - 2 B 136/18 -, juris Rdnr. 5). Selbst wenn der größere Rahmen und der Auftritt von Musikgruppen daher von Anfang an vorgesehen gewesen sein sollte, bliebe der geplante Neujahrsempfang im Kern eine politische Veranstaltung einer nicht verbotenen Partei, die sich innerhalb des Widmungszwecks der Willi-Zinnkann-Halle bewegt. Allein durch den Auftritt von Rechtsrock-Bands geht der politische Charakter der Veranstaltung nicht verloren, insbesondere wird kein reines, gewerbsmäßiges Konzert daraus. Deshalb steht dem Antragsteller aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes ein Anspruch auf Überlassung der Halle zu und die Antragsgegnerin muss sich an dem Nutzungsvertrag vom 23. November 2018 festhalten lassen, dessen Anpassung an die geänderte Gestaltung des Neujahrsempfangs ihr im Rahmen der Vorgaben der Benutzungs- und Gebührenordnung allerdings unbenommen bleibt.

b) Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO. Die Entscheidung ist eilbedürftig, weil die Antragsgegnerin nicht bereit ist, dem Antragsteller die Willi-Zinnkann-Halle für den Neujahrsempfang zu überlassen. Dem steht auch das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache nicht entgegen. Denn ohne einstweilige Anordnung wäre dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (Art. 19 Abs. 4 GG), nicht genügt. Ohne eine entsprechende gerichtliche Anordnung würde der Überlassungsanspruch des Antragstellers nämlich vereitelt, weil ein späterer Erfolg im Hauptsacheverfahren die in der Zwischenzeit erfolgte Rechtsverletzung nicht mehr ausgleichen könnte. Soweit die Antragsgegnerin der Auffassung ist, die Angelegenheit sei nicht eilbedürftig, weil keine Veranlassung bestehe, den Jahresauftakt zum Europawahlkampf im Rahmen eines Neujahrsempfangs am 5. Januar 2019 zu begehen, verkennt sie, dass es Sache der politischen Parteien ist, wie und wann sie ihre Veranstaltungen planen und durchführen. Durch einen Verweis auf eine Entscheidung in der Hauptsache würde das Anliegen des Antragstellers jedenfalls vereitelt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3 und 68 Abs. 1 Satz 5 GKG.