ArbG Düsseldorf, Urteil vom 14.06.2018 - 15 Ca 1231/18
Fundstelle
openJur 2019, 41601
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 6 AZR 309/19

1. Zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 KSchG egen Betriebsstilllegung nach Insolvenz.

2. Zur Abgrenzung der Betriebsstilllegung von einem Betriebs(teil)übergang nach § 613a BGB.

3. Weder bei den einzelnen Flugzeugen, Flugzeugtypen oder Slots, noch den jeweiligen Stationen oder der Unterscheidung in Lang- bzw. Kurz- und Mittelstrecke handelte es sich um selbstständige Betriebe oder Betriebsteile im Sinne abgrenzbarer, übertragsfähiger wirtschaftlicher Einheiten.

4. Zur ordnungsgemäßen Durchführung des Konsultationsverfahrens nach § 17 Abs. 2 KSchG.

5. Zur Wirksamkeit der Massenentlassungsanzeigenach § 17 Abs. 1 KSchG und § 17 Abs. 3 KSchG.

6. Zur Anhörung der PV Kabine nach § 74 TVPV.

7. Die tarifliche Regelung nach dem TV Pakt, wonach Kündigungen erst nach Abschluss eines Sozialtarifvertrags zulässing sind, ist eine Kündigungsbeschränkung, die in der Insolvenz durch § 113 InsO verdrängt wird.

8. Zum Nachteilsausgleichsanspruch.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die klagende Partei.

3. Streitwert: 19.821,00 €.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung und über Nachteilsausgleichsansprüche der klagenden Partei für den Fall der Wirksamkeit der Kündigung.

Der Beklagte ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der B. Luftverkehrs KG (im Folgenden: "Schuldnerin") mit Sitz in Berlin.

Bei der Schuldnerin handelte es sich bis Ende des Jahres 2017 um die zweitgrößte Fluggesellschaft Deutschlands. Sie beschäftigte nach Angaben des Beklagten mit Stand August 2017 insgesamt 6.121 Beschäftigte, davon 1.318 Piloten, 3.362 Beschäftigte in der Kabine und 1.441 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Boden.

Keines der von der Schuldnerin genutzten Flugzeuge stand vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch im Eigentum der Schuldnerin. Sämtliche von ihr eingesetzten Flugzeuge waren von der Schuldnerin bei verschiedenen Lessoren geleast worden. Seit dem Jahr 2016 flog die Schuldnerin nicht mehr ausschließlich im eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb, sondern auch im sog. "wet lease" u.a. für die F. GmbH. So flogen bis zu 38 Flugzeuge der Schuldnerin im wet lease im Auftrag der F. GmbH. Beim "wet lease" stellt eine Partei - in diesem Fall die Schuldnerin - dem Vertragspartner Flugzeug samt Crew zur Verfügung und führt den Flug für den Vertragspartner in dessen Streckennetz und unter dessen Luftverkehrsbetreiberzeugnis ("Air Operator Certificate", kurz "AOC") durch.

Die klagende Partei ist seit mehreren Jahren bei der Schuldnerin beschäftigt.

Für das Kabinenpersonal (dem auch die klagende Partei angehörte) war gemäß § 117 Abs. 2 BetrVG auf Basis des am 07.06.2016 zwischen der Schuldnerin und der Gewerkschaft w. geschlossenen Tarifvertrags zur Personalvertretung für das Kabinenpersonal der B. Luftverkehrs KG (im Folgenden: TVPV) eine Personalvertretung (im Folgenden: PV Kabine) gebildet worden. Daneben bestand eine Personalvertretung Cockpit sowie Betriebsräte für die am Boden beschäftigten Arbeitnehmer.

Der TVPV sieht neben der Errichtung einer Personalvertretung in §§ 80 ff. TVPV u.a. folgenden Regelungen vor:

"§ 80 Betriebsänderung

Die b. hat die Personalvertretung über geplante Änderungen des Flugbetriebs die wesentliche Nachteile für das Kabinenpersonal insgesamt oder erhebliche Teile des Kabinenpersonals zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Änderungen mit der Personalvertretung zu beraten. [...]

Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten:

1. Einschränkungen und Stilllegung des gesamten Flugbetriebes oder von wesentlichen Teilen (...)

[...]

§ 81 Interessenausgleich über Betriebsänderung, Sozialplan

[...]

(4.) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen der b. und der Personalvertretung.

[...]

§ 83 Nachteilsausgleich

[...]

(3.) Die Abs. 1 und 2 geltend entsprechend, wenn die b. eine geplante Betriebsänderung nach § 80 durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit der Personalvertretung versucht zu haben und infolge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden."

Im Nachgang zum Abschluss des TVPV schlossen die Schuldnerin und w. W. am 08.12.2016 einen weiteren Tarifvertrag mit der Überschrift "TV B.: Pakt für Wachstum und Beschäftigung" (im Folgendem: "TV Pakt"). Dort heißt es auszugsweise:

"§ 2 Perspektiven für Wachstum, Karriereentwicklung und Beschäftigungssicherung in der Kabine

[...]

(2) B. geht bei erfolgreicher Umsetzung der Transformation nicht davon aus, betriebsbedingte Beendigungskündigungen durchführen zu müssen. Sollten diese, egal aus welchen Gründen, dennoch unvermeidbar werden, ist deren Ausspruch erst nach Abschluss eines Sozialtarifvertrages mit w. über einen Interessenausgleich und Sozialplan zulässig, der sich auf das gesamte Kabinenpersonal auf der Grundlage der Betriebszugehörigkeit ausrichtet.

(3) Interessenausgleichs- /Sozialplanverhandlungen, deren Inhalt zur Umsetzung personeller Maßnahmen beschränkt ist auf Änderungskündigungen, sind weiterhin auf betrieblicher Ebene möglich.

[...]

§ 3 Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen

Alle zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Tarifvertrages bei der B. für das kabinenpersonal geltenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen behalten während der Durchführung und nach der Umsetzung der bevorstehenden Umstrukturierungsmaßnahmen ihre Gültigkeit und kommen uneingeschränkt in ihrer jeweils gültigen Fassung zur Anwendung. [...]

§ 6 Inkrafttreten und Vertragsdauer

Dieser Tarifvertrag tritt am 08.12.2016 in Kraft. Er kann mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende, erstmals zum 31.12.2020 gekündigt werden."

Schließlich wurde am 29.09.2017 wegen des inzwischen eingeleiteten Insolvenzeröffnungsverfahrens ein "Rahmentarifsozialplan Transfer" zwischen der Schuldnerin und w. W. vereinbart, welcher der Errichtung von Transfergesellschaften diente. Der "Rahmentarifsozialplan Transfer" enthält in § 4 u.a. die folgende Regelung:

"§ 4 Interessenausgleich / Sozialplan

Unberührt von diesem Tarifvertrag bleibt die Verpflichtung der Betriebsparteien, über die Betriebsänderung gem. der Präambel einen Interessenausgleich und Sozialplan zu verhandeln. [...]"

Im Mai/Juni 2017 kaufte die Komplementärin der Schuldnerin, die B. PLC, die Luftfahrtgesellschaft X. mbH (im Folgenden: "M.") mit Sitz in Dortmund. Diese setzte zum damaligen Zeitpunkt 20 Flugzeuge des Musters Dash Bombardier Q400 ein. Diese Flugzeuge hat die Schuldnerin dann von der M. geleast und an die M. rücküberlassen. Die M. erbrachte zuletzt im Rahmen des wetlease mit diesen von der Schuldnerin überlassenen Maschinen für diese "Shuttle-Dienste" zu den Langstreckenflughäfen Düsseldorf und Berlin. Eigene Zeitnischen für Starts bzw. Landungen (im Folgenden: "Slots") hatte die M. damals nicht inne.

Ein "Slot" beschreibt das Recht, an koordinierten (meist größeren) Flughäfen innerhalb bestimmter Zeitfenster Flugzeuge starten und landen zu lassen.

Am 15.08.2017 stellte die Schuldnerin einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Mit Beschluss vom selben Tag wurde der Beklagte zum vorläufigen Sachwalter bestellt. Ferner wurde Herr RA Dr. L. zum Generalbevollmächtigten ernannt.

Nach Insolvenzantragstellung wurde ein Investorenprozess eingeleitet, dessen Ergebnisse von den Parteien unterschiedlich dargestellt werden. Nach Darstellung des Beklagten wurde zwar kein annahmefähiges Angebot vorgelegt, dennoch wurden die Gespräche mit zwei potentiellen Investoren fortgesetzt. Nach dem Vorbringen des Beklagten war zu diesem Zeitpunkt bereits klar, dass keine übertragende Sanierung gescheitert war.

Am 14.09.2017 kam es zu einem Gespräch mit der PV Kabine über den Investorenprozess.

Nachdem die Schuldnerin bereits im September 2017 damit begonnen hatte, ihr Langstreckenflugprogramm von Düsseldorf und Berlin aus einzustellen, teilten die Fluggesellschaft D. Flugdienst GmbH und die F. GmbH am 19.09.2017 mit, dass sie die zuvor seitens der Schuldnerin angeflogenen Reiseziele (Langstrecke) übernehmen würden.

Am 02.10.2017 informierte die Schuldnerin die PV Kabine über eine potentielle Betriebsstilllegung zum 31.01.2018 und forderte diese auf, Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan aufzunehmen.

Die PV Kabine übersandte der Schuldnerin daraufhin am 09.10.2017 einen Fragenkatalog, wies auf die Regelungen des TV Pakt hin und verwies die Schuldnerin an die Gewerkschaft w..

Unter dem 10.10.2017 antwortete die Schuldnerin auf den Fragenkatalog der PV Kabine und übersandte Entwürfe für einen Interessenausgleich, einen Sozialplan und eine Betriebsvereinbarung über die Errichtung einer Transfergesellschaft.

Am 12.10.2017 unterzeichneten der vorläufige Sachwalter Herr Prof. Dr. G., der Generalbevollmächtigte Dr. L. sowie der Executive Director der persönlich haftenden Gesellschafterin der Schuldnerin Herr U. eine gemeinsame Erklärung, die auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

"[...]

I. Die Liquiditäts- und Fortführungsplanung hat ergeben, dass eine Fortführung des Geschäftsbetriebs im Rahmen des eröffneten Insolvenzverfahrens nicht möglich ist. Vor diesem Hintergrund haben die Geschäftsführung, der Generalbevollmächtigte das Management Board sowie die Board of Directors der B. PLC die Entscheidung getroffen, die erforderliche Betriebsänderung (Stilllegung) - vorbehaltlich der Zustimmung des Gläubigerausschusses und unter Wahrung der Beteiligungsrechte des Wirtschaftsausschusses sowie des Betriebsrates/Gesamtbetriebsrats bzw. der Personalvertretungen - durchzuführen.

Im Einzelnen:

1. Die im Verfahren der vorläufigen Eigenverwaltung aufgestellte Liquiditäts- und Fortführungsplanung hat vorgesehen, dass unter Berücksichtigung des durch einen mit Bundesbürgschaft abgesicherten Übergangskredit i.H.v. 150 Mio € der Flugbetrieb bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens (voraussichtlich Ende Oktober 2017) aufrechterhalten werden kann.

2. Eine Fortführung des Geschäftsbetriebs im eröffneten Insolvenzverfahren ist nur möglich, sofern das Unternehmen bzw. Teile des Unternehmens im Rahmen einer übertragenden Sanierung auf einen oder mehrere Erwerber zum Stichtag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens übertragen wird. Ein entsprechendes Angebot liegt nicht vor, so dass eine übertragende Sanierung des Unternehmens bzw. von Teilen des Unternehmens nicht erfolgt. Eine kostendeckende Betriebsfortführung im eröffneten Insolvenzverfahren ist somit nicht möglich und wäre unzulässig. Dies ergibt sich aus der fortgeschriebenen Liquiditäts- und Fortführungsplanung ab dem 15. August 2017. Vor diesem Hintergrund ist die B. Luftverkehrs KG gezwungen, zum Stilllegungszeitpunkt die für sämtliche Flugzeuge bestehenden Leasingverträge durch Kündigung bzw. Abschluss von Aufhebungsverträgen zu beenden und die Flugzeuge zurückzugeben.

3. Die Geschäfts- und Betriebsgrundlage für eine Fluggesellschaft wird damit zum Stilllegungszeitpunkt wegfallen.

II. Die Unterzeichner dieses Beschlusses stimmen daher darin überein, dass beabsichtigt ist, den Geschäftsbetrieb der B. Flüge einzustellen. Die Einstellung und Stilllegung des Geschäftsbetriebs der B. Luftverkehrs KG soll wie folgt umgesetzt werden:

1. Beendigung der Flugzeug-Leasingverträge der B. Luftverkehrs KG als Leasingnehmer durch Kündigung bzw. Abschluss von Aufhebungsverträgen und Rückgabe der Flugzeuge sukzessive bis zum 31.01.2018.

2. Einstellung des operativen Geschäftsbetriebs der B. Luftverkehrs KG. Dabei wird mit Ablauf des 28. Oktober 2017 der operative Flugverkehr im Namen und auf Rechnung der B. Luftverkehrs KG eingestellt. Flugbuchungen für Flüge nach dem 28. Oktober 2017 sind nicht mehr möglich.

3. Erbringung der Dienstleistungen gegenüber F. im Rahmen des sog. "Wet Lease" für den Zeitraum bis maximal zum 31. Januar 2018. Dies betrifft 13 Flugzeuge.

4.a) Derzeit verfügen 6.054 Arbeitnehmer/innen über ein Arbeitsverhältnis und 8 Auszubildende (nachfolgend Arbeitnehmer) über ein Ausbildungsverhältnis mit der B. Luftverkehrs KG. Die B. Luftverkehrs KG beabsichtigt, sämtliche Arbeitsverhältnisse unter Einhaltung der individuell maßgeblichen Kündigungsfrist, begrenzt auf die maximale Frist von drei Monaten zum Monatsende gemäß § 113 S. 1 InsO, soweit gesetzlich zulässig, nach Durchführung der Interessenausgleichs- sowie Massenentlassungsanzeigeverhandlungen (§ 17 KSchG) und nach Durchführung der Anhörungsverfahren mit den Mitbestimmungsgremien (Betriebsräte/Personalvertretungen) zu kündigen. Die B. Luftverkehrs KG wird - soweit erforderlich - eine Zustimmung für Arbeitnehmer mit etwaigem Sonderkündigungsschutz (z.B. SGB IX, BEEG, MuSchG) beantragen und auch diese Arbeitsverhältnisse zeitnah kündigen. Es werden auch Sozialplanverhandlungen geführt werden.

[...]

5. Dauerschuldverhältnisse (Leasingverträge, Gewerbemietverträge, Versorger etc.) werden unter Berücksichtigung der Abwicklungsplanung durch Abschluss von Aufhebungsverträgen beendet bzw. unter Berücksichtigung bestehender Kündigungsfristen gekündigt, sofern die Vertragspartner nicht selbst kündigen bzw. die Verträge bereits gekündigt sind.

[...]

7. Die Gesamtabwicklung des Geschäftsbetriebs der B. Luftverkehrs KG soll nach derzeitiger Planung zum 31. Januar 2018 abgeschlossen sein, so dass im Anschluss daran die Stilllegung erfolgt.

[...]"

Am 16.10.2017 stellte die Schuldnerin ihr Langstreckenflugprogramm ein.

Nach Behauptung des Beklagten stimmte der vorläufige Gläubigerausschuss einer Betriebsstilllegung der Schuldnerin am 24.10.2017 zum 31.01.2018 zu.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg vom 01.11.2017 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet, Eigenverwaltung angeordnet und der Beklagte zum Sachwalter bestellt. Dieser zeigte noch am gleichen Tage gegenüber dem Amtsgericht drohende Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Abs. 1 S. 2 InsO an, machte dies auch gegenüber den Massegläubigern bekannt und rief die Arbeitsleistung der klagenden Partei nicht mehr ab.

Am 27.10.2017 wurde der letzte eigenwirtschaftlich durchgeführte Flug der Schuldnerin durchgeführt. Bis in den Januar 2018 hinein führte die Schuldnerin im Rahmen des sog. "wet lease" noch Flüge für die F. GmbH, einschließlich Cockpit-Crew, Kabinenpersonal, Wartung und Versicherung durch. Die für die Aufrechterhaltung eines Flugbetriebs erforderlichen Lizenzen und Genehmigungen waren bis zum 31.01.2018 befristet und sind mit Ablauf dieses Datums erloschen.

Am 06.11.2017 forderte die Schuldnerin die PV Kabine (erneut) zu Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans auf und stellte bei dem Arbeitsgericht Berlin einen Antrag nach § 122 Abs. 1 InsO.

Am 21.11.2017 nahmen Vertreter der PV Kabine Einsicht in einen Datenraum. Die PV Kabine sagte im Nachgang zur Einsichtnahme in den Datenraum für den November 2017 avisierte Verhandlungstermine für den Abschluss eines Interessenausgleichs ab und verwies darauf, zunächst Gerichtstermine am 08. und 21.12.2017 abwarten zu wollen.

Ende November 2017 kündigte der Beklagte die Arbeitsverhältnisse der Piloten.

Mit Schreiben vom 30.11.2017 erklärte die Schuldnerin die Verhandlungen über einen Interessenausgleich gegenüber der PV Kabine für gescheitert und rief die Einigungsstelle an. Die PV Kabine lehnte die Durchführung eines Einigungsstellenverfahrens ab. Die Schuldnerin stellte am 07.12.2017 bei dem Arbeitsgericht Berlin einen Antrag auf Einsetzung einer Einigungsstelle. In dem Verfahren einigten sich die Schuldnerin und die PV Kabine auf einen Vorsitzenden und die Anzahl der Beisitzer für ein entsprechendes Einigungsstellenverfahren.

Mit Beschluss vom 08.12.2017 (6 TaBVGa 1484/17 - Anlage BKT 26) wies das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zweitinstanzlich das Begehr der PV Kabine zurück, weitere Informationen von der Schuldnerin zu erlangen. Das Gericht stellte rechtskräftig fest, dass die PV Kabine jedenfalls seit der Einsichtnahme in den Datenraum am 21.11.2017 hinreichend informiert gewesen ist.

Das Arbeitsgericht Berlin wies mit Beschluss vom 21.12.2017 (41 BV 13752/17) den Antrag des Beklagten nach § 122 Abs. 1 InsO mit der Begründung zurück, dass eine Betriebsänderung bereits mit der Kündigung der Piloten begonnen habe.

Die im Rahmen der Verhandlungen mit der PV Kabine angerufene Einigungsstelle erklärte sich am 11.01.2018 aufgrund der Regelungen des TV Pakt für unzuständig.

Nach Behauptung des Beklagten wurde am 12.01.2018 eine Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit in Berlin erstattet.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg vom 16.01.2018 wurde die Eigenverwaltung der Schuldnerin aufgehoben und der Beklagte zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt.

Mit Schreiben vom 19.01.2018 hörte der Beklagte nach seiner Behauptung die PV Kabine zu den beabsichtigten Kündigungen (u.a. der klagenden Partei) an.

Unter dem 26.01.2018 widersprach die PV Kabine den beabsichtigten Kündigungen.

Mit Schreiben vom 27.01.2018, der klagenden Partei noch im Januar 2018 zugegangen, erklärte der Beklagte eine ordentliche Kündigung mit Wirkung zum 30.04.2018.

Mit ihrer fristgerecht beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt die klagende Partei die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung sowie Nachteilsausgleichsansprüche.

Die klagende Partei ist der Auffassung, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt und daher unwirksam. Dringende betriebliche Erfordernisse seien nicht gegeben. Entgegen der Darstellung des Beklagten handele es sich nicht um eine Betriebsstilllegung, vielmehr sei von einem Betriebsübergang bzw. mehreren Teilbetriebsübergängen auszugehen. Die Beklagte sei seiner Darlegungs- und Beweislast nicht hinreichend nachgekommen und könne sich nicht auf etwaige Verschwiegenheitsvereinbarungen mit (potentiellen) Erwerbern berufen. Die Kündigung sei zudem gemäß § 2 Abs. 2 TV Pakt unwirksam. Die Kündigung sei nicht schriftlich erfolgt, das Konsultations- und Massenentlassungsanzeigeverfahren sei nicht gesetzeskonform durchgeführt worden. Ebenso wenig sei die zuständige Personalvertretung angehört worden und soweit doch, jedenfalls nicht ausreichend. Die klagende Partei ist des Weiteren der Ansicht, für den Fall der Wirksamkeit der Kündigung stehe ihr jedenfalls ein Anspruch auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs gegen den Beklagten nach § 83 Abs. 3 TVPV i.V.m. § 113 Abs. 1 BetrVG zu.

Die klagende Partei beantragt zuletzt,

1. Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 27.01.2018 nicht beendet wird;

2. hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu 1., den Beklagten zu verurteilen, ihr einen Nachteilsausgleich nach § 113 BetrVG und/oder § 83 des Tarifvertrages Personalvertretung (TVPV) für das Kabinenpersonal der B. Luftverkehrs KG zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch 11.892,56 € brutto nicht unterschreiten sollte;

3. äußerst hilfsweise, festzustellen, dass ihr gemäß § 83 des Tarifvertrages Personalvertretung (TVPV) für das Kabinenpersonal der B. Luftverkehrs KG ein Nachteilsausgleichsanspruch, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch einen Betrag in Höhe von 11.892,56 € brutto nicht unterschreiten sollte, als Masseverbindlichkeit gemäß § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO zusteht.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er behauptet, die Schuldnerin sei arbeitsorganisatorisch als einheitlicher, deutschlandweit operierender Betrieb eingerichtet gewesen. Zur Abfertigung des Passagieraufkommens habe die Schuldnerin über einzelne Stationen unter anderem an den Flughäfen Berlin-Tegel, Düsseldorf, Frankfurt, München, Stuttgart, Hamburg, Leipzig, Nürnberg etc. verfügt. Keine dieser Stationen habe jedoch über Personal verfügt, welches einen Flugbetrieb nur von und nach einer Station (Base) zugelassen hätte. Die individuellen Dienstpläne seien in der Abteilung Crew Planning in Berlin für den gesamten Flugbetrieb erstellt worden. Personelle Engpässe hätten über das sog. "proceeding" häufiges Einsetzen des Flugpersonals außerhalb der Heimat-Abflugstationen (Home Base) erfordert. An keiner der Bases sei das gesetzlich vorgesehenen Schlüsselpersonal in Gestalt der sog. "Verantwortlichen Personen" für Flugbetrieb, Ground Operations, Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit oder des verantwortlichen Flugbetriebsleiters o.a. vorhanden gewesen. Das Schlüsselpersonal operiere von der Unternehmenszentrale in Berlin für den gesamten Betrieb der Schuldnerin und sei alle Bases zuständig gewesen. Die Schuldnerin habe an den einzelnen Bases nicht über erhebliche Organisationsstrukturen verfügt. Es habe dort weder weisungsbefugte noch mit hinreichender Sachkunde ausgestattete Funktionsträger gegeben. Die jeweiligen Bases hätten vielmehr ausschließlich dem Beginn der regelmäßigen Tätigkeit der einzelnen Crew-Mitglieder bzw. als Startpunkt der Verbringung zum tatsächlichen Einsatzort (proceeding) gedient.

Die Schuldnerin habe im Zuge der Betriebsstilllegung alle Arbeitsverhältnisse gekündigt, hierunter auch diejenigen Mitarbeiter, die in Schlüsselpositionen beschäftigt gewesen seien. Die Leasingverhältnisse für sämtliche zuletzt im Besitz der Schuldnerin stehenden und im Flugbetrieb eingesetzten Flugzeuge seien beendet worden und die Flugzeuge an die entsprechenden Lessoren zurückgegeben worden. Er ist der Auffassung, ein Betriebsübergang liege nicht vor und auch in formeller Hinsicht sei die Kündigung wirksam. Der Kündigungsausschluss gemäß § 2 Abs. 2 TV Pakt werde zudem durch die Regelung des § 113 S. 1 InsO verdrängt. Jedenfalls aber sei § 2 Abs. 2 TV Pakt einschränkend auszulegen und könne die Kündigung bei Eintritt des Insolvenzfalles nicht ausschließen.

Schließlich gehe § 2 Abs. 2 TV Pakt der Regelung des § 83 TV PV vor, sodass ein Nachteilsausgleichsanspruch nicht bestehe. Jedenfalls sei der Nachteilsausgleichsanspruch jedoch keine Neumasseverbindlichkeit.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist insgesamt unbegründet.

A. Die Kündigung vom 27.01.2018 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30.04.2018 aufgelöst. Die zulässige Kündigungsschutzklage ist unbegründet.

I. Zwar findet das Kündigungsschutzgesetz ausweislich seiner §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1, 24 Abs. 2 KSchG auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Der Beklagte beschäftigte im Kündigungszeitpunkt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. Die klagende Partei ist auch bereits seit mehr als sechs Monaten bei dem Beklagten bzw. der Schuldnerin beschäftigt. Die Kündigung ist auch nicht nach §§ 7, 4 S. 1 KSchG rechtswirksam. Die Kündigungsschutzklage wurde innerhalb der drei-Wochen-Frist eingereicht und wurde jedenfalls "demnächst" im Sinne des § 167 ZPO zugestellt.

II. Die Kündigung ist allerdings in jeder rechtlichen Hinsicht wirksam.

1. Die Kündigung vom 27.01.2018 ist zunächst formwirksam gemäߠ§ 623 BGB. Die Kammer geht davon aus, dass sie ordnungsgemäß unterschrieben ist.

a) Hinsichtlich der Voraussetzungen und Anforderungen an die Einhaltung des Schriftformerfordernisses hat die 13. Kammer des Arbeitsgerichts Düsseldorf in einem Parallelverfahren unter dem Aktenzeichen 13 Ca 6958/17 (Urteil vom 20.04.2018) folgende Feststellung getroffen, der sich die erkennende Kammer vollumfänglich anschließt.

"Die in § 623 BGB angeordnete Schriftform der Kündigung soll Rechtssicherheit für die Vertragsparteien und eine Beweiserleichterung im Rechtsstreit bewirken. Durch das in § 126 Abs. 1 BGB vorgesehene Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift wird der Aussteller der Urkunde erkennbar. Die Unterschrift stellt eine unzweideutige Verbindung zwischen der Urkunde und dem Aussteller her. Der Erklärungsempfänger erhält die Möglichkeit zu überprüfen, wer die Erklärung abgegeben hat und ob die Erklärung echt ist (BAG, Urteil vom 24.01.2008 - 6 AZR 519/07 - NZA 2008, 521 = juris; BAG, Urteil vom 21. April 2005 - 2 AZR 162/04 - AP Nr. 4 zu § 623 BGB). Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift verlangt nicht, dass unmittelbar bei Abgabe der schriftlichen Erklärung für den Erklärungsempfänger die Person des Ausstellers feststehen muss. Dieser soll nur identifiziert werden können (vgl. BT-Drucks. 14/4987 S. 16). Hierzu bedarf es nicht der Lesbarkeit des Namenszugs. Vielmehr genügt ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender Schriftzug, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, welche die Nachahmung erschweren. Ein lesbarer Zusatz des Namens des Unterzeichnenden wird von § 126 BGB nicht verlangt (BAG, Urteil vom 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - AP Nr. 19 zu § 174 BGB = juris). Der Schriftzug muss sich als Wiedergabe eines Namens darstellen und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lassen, selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist (BAG, Urteil vom 27. März 1996 - 5 AZR 576/94 - AP Nr. 67 zu § 518 ZPO = juris; BGH, Urteil vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04 - NJW 2005, 3775). Die Unterschrift ist vom Handzeichen (Paraphe) abzugrenzen. Auch das Gesetz unterscheidet in § 126 Abs. 1 BGB zwischen einer Namensunterschrift und einem Handzeichen; letzteres wahrt die Schriftform nur im Falle notarieller Beglaubigung. Für die Abgrenzung zwischen Unterschrift und Handzeichen ist das äußere Erscheinungsbild maßgeblich; der Wille des Unterzeichnenden ist nur von Bedeutung, soweit er in dem Schriftzug seinen Ausdruck gefunden hat (BGH, Urteil vom 22. Oktober 1993 - V ZR 112/92 - NJW 1994, 55)."

b) Nach diesen Grundsätzen erfüllt der Schriftzug unter der Kündigungserklärung vom 27.01.2018 die an eine Unterschrift zu stellenden Anforderungen. Die Unterschrift des Beklagten stellt sich als Wiedergabe eines Namens dar und lässt die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen.

aa) Soweit die klagende Partei behauptet, die Kündigung weise keine Originalunterschrift auf, ist diese Rüge unsubstantiiert. Sie benennt keine Anhaltspunkte, warum sie davon ausgeht, die Unterschrift sei keine Originalunterschrift. Es bleibt unklar, ob und wenn ja, auf Grund welcher Tatsachen die klagende Partei davon ausgeht, es handele sich um eine kopierte oder eingescannte Unterschrift. Vielmehr ist aus den diversen Kündigungsschutzverfahren gerichtsbekannt, dass die unter den verschiedenen Kündigungen angebrachten Unterschriften nicht immer gleich aussehen. Würde es sich um eine gestempelte, eingescannte oder einkopierte Unterschrift handeln, so wäre zu erwarten, dass diese immer gleich aussehen würde.

Allenfalls hätte es genügen können, wenn die klagende Partei das Original des ihr zugegangenen Schriftstücks vorgelegt hätte. Nur dann hätte das Gericht zunächst in eigener Anschauung oder unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen prüfen können, ob eine lediglich eingescannte Unterschrift vorliegt oder ein von Hand gefertigter Schriftzug (vgl. § 420 ZPO). Schließlich ist das Schriftstück, um welches es geht, allein im Besitz der klagenden Partei.

bb) Auch der Einwand der klagenden Partei, dass es sich bei dem Schriftzug unter der streitgegenständlichen Kündigung weder um die Darstellung einer Namenswiedergabe handele, noch dass die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennbar sei, überzeugt die Kammer nicht.

Die von der Rechtsprechung geforderte Identifizierbarkeit durch einen ausreichend kennzeichnenden Schriftzug ist gewahrt. Die Unterschrift des Beklagten weist individuelle und charakteristische Merkmale und deutlich erkennbare Erhebungen und Absenkungen innerhalb der Unterschrift aus. Zudem enthält die Unterschrift einen als solchen erkennbaren, neben dem Namenszug befindlichen "T-Strich". Dies macht die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung in Abgrenzung zu einer Paraphe erkennbar.

2. Die Kündigung ist auch durch betriebsbedingte Gründe sozial gerechtfertigt nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 KSchG.

a) Die Kammer macht sich hinsichtlich des Vorliegens eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes (Betriebsstilllegung) in wesentlichen Teilen die Ausführungen der 12. Kammer des Arbeitsgerichts Düsseldorf in dem Verfahren 12 Ca 6826/17 (Urteil vom 18.04.2018) in einer Parallelsache zu Eigen und schließt sich diesen im Zuge der Entscheidungsfindung ausdrücklich an.

"Die Kündigung ist wegen der beabsichtigten und auch durchgeführten Betriebsstilllegung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG bedingt und damit sozial gerechtfertigt. Sie erfolgte nicht wegen eines Betriebsübergangs und ist daher nicht gemäß § 613 Abs. 4 BGB unwirksam.

a) Die Stilllegung des gesamten Betriebs oder eines Betriebsteils durch den Arbeitgeber gehört zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die eine Kündigung sozial rechtfertigen können (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 51; BAG 26.05.2011 - 8 AZR 37/10 - Rn. 25). Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 51; BAG 16.02.2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37).

Der Arbeitgeber ist nicht gehalten, eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Neben der Kündigung wegen erfolgter Stilllegung kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung muss die auf Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt sein, dass zum Kündigungstermin mit einiger Sicherheit der Eintritt des die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes vorliegen wird (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 52; BAG 13.02.2008 - 2 AZR 543/06 - Rn. 22). Erforderlich ist, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb endgültig und nicht nur vorübergehend stillzulegen (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 52; BAG 16.02.2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37). Daran fehlt es, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in ernsthaften Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebs steht oder sich noch um neue Aufträge bemüht (vgl. BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 52; BAG 13.02.2008 - 2 AZR 543/06 - Rn. 23).

b) Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Schuldnerin die unternehmerische Entscheidung getroffen hat, ihren Flugbetrieb einzustellen und selbst keine unternehmerische Tätigkeit mehr zu entfalten. Die unternehmerische Entscheidung beruht auf dem schriftlich durch die abgegebene Erklärung vom 12.10.2017 dokumentierten Beschluss.

Dass eine im Falle der Stilllegung des Unternehmens erforderliche Zustimmung der Gläubigerversammlung gemäß § 157 InsO bzw. des Gläubigerausschusses gemäß § 158 InsO erst nachträglich erteilt wurde, berührt die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG kann eine Kündigung auch dann gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG aus dringenden betrieblichen Erfordernissen sozial gerechtfertigt sein, wenn bezüglich der Stilllegungsentscheidung kein wirksamer Beschluss des für die Auflösung der Gesellschaft zuständigen Organs vorliegt (vgl. BAG 11.03.1998 - 2 AZR 414/97 - Rn. 13, 14; BAG vom 05.04.2001 - 2 AZR 696/99 - Rn. 21; LAG Hamm 16.01.2002 - 2 Sa 1133/01 - Rn. 32, 35).

c) Die getroffene unternehmerische Entscheidung ist umgesetzt worden. Der letzte eigenwirtschaftliche Flug der Schuldnerin wurde am 27.10.2017 durchgeführt, die letzten Flüge im Rahmen des Wet-Lease Ende 2017. Die Schuldnerin hat auch gerichtsbekannt dem gesamte Cockpitpersonal gekündigt (vgl. hierzu nur den Beschluss des ArbG Berlin vom 21.12.2017 - 41 BV 13752/17 - Rn. 100). Kündigt ein Luftfahrtunternehmen zum Zwecke der Stilllegung des Luftfahrtbetriebes allen Piloten, so ist dies zugleich auch eine unumkehrbare Maßnahme für das Kabinenpersonal. Ohne Piloten kann der Flugbetrieb nicht betrieben werden.

d) Der Entschluss zur Einstellung der Geschäftstätigkeit war ernsthaft und endgültig. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung befand sich die Schuldnerin nicht (mehr) in ernsthaften Verhandlungen über eine Veräußerung des Geschäftsbetriebes. Der von ihr dargestellte Investorenprozess war abgeschlossen, ebenso die Verhandlungen der M. und F.. Zwar schweigt der Beklagte im hiesigen Verfahren weitgehend sowohl zu Inhalt und Ablauf der Verhandlungen mit den beiden genannten Interesssenten als auch zum Zeitpunkt und Inhalt des Abschlusses der Kaufverträge. Dass die Verhandlungen vorher beendet waren und welchen (groben) Inhalt die Verträge haben, ergibt sich indes aus dem Zeitpunkt der vor Ausspruch der Kündigungen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Anmeldungen und ihrem Inhalt, d.h. einer allgemein zugänglichen Quelle (§ 291 ZPO).

e) Die Einstellung der Geschäftstätigkeit der Schuldnerin ist im vorliegenden Fall eine Betriebsstillegung. Es liegt weder ein Betriebsübergang auf eine andere Fluggesellschaft noch ein Betriebsteilübergang i.S.d. § 613a Abs. 1 S. 1 BGB auf eine oder mehrere andere Fluggesellschaften vor.

aa) Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich systematisch aus (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 33, BAG 16.02.2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 39). Dabei kommt es auf das tatsächliche Vorliegen des Kündigungsgrundes und nicht auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung an. Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich die geplante Maßnahme objektiv als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebsveräußerung darstellt, weil etwa die für die Fortführung des Betriebs wesentlichen Gegenstände einem Dritten überlassen werden sollten, der Veräußerer diesen Vorgang aber rechtlich unzutreffend als Betriebsstilllegung wertet (BAG 28.05.2009 - 8 AZR 273/08 - Rn. 30).

bb) Ein Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang iSv. § 613a Abs. 1 BGB - wie auch i.S.d. Richtlinie 2001/23/EG vom 12.03.2001 - liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine bestehende wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 35 unter Verweis auf EuGH 06.03.2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 30; BAG 22.08.2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 40; 15.12.2011 - 8 AZR 197/11 - Rn. 39).

(1) Dabei muss es um eine auf Dauer angelegte Einheit gehen, deren Tätigkeit nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt ist. Um eine solche Einheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbständigen Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 36 unter Verweis auf EuGH 06.03.2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 31; auch BAG 10.11.2011 - 8 AZR 538/10 - Rn. 17). Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgebenden Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 37 unter Verweis auf EuGH 15.12.2005 - C-232/04 und C-233/04 - [Güney-Görres und Demir] Rn. 35, Slg. 2005, I-11237; BAG 22.08.2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 40). Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (vgl. ua. EuGH 20.01.2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 34 mwN, Slg. 2011, I-95; BAG 23.05.2013 - 8 AZR 207/12 - Rn. 22; 15.12.2011 - 8 AZR 197/11 - Rn. 39).

(2) Kommt es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an, kann eine strukturierte Gesamtheit von Arbeitnehmern trotz des Fehlens nennenswerter materieller oder immaterieller Vermögenswerte eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Wenn eine Einheit ohne nennenswerte Vermögenswerte funktioniert, kann die Wahrung ihrer Identität nach ihrer Übernahme nicht von der Übernahme derartiger Vermögenswerte abhängen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 38 unter Verweis auf EuGH 06.09.2011 - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 49 ff., Slg. 2011, I-7491; vgl. auch 20.01.2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 36, 39 mwN, Slg. 2011, I-95; BAG 22.08.2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 41; 21. Juni 2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 31).

(3) Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen (Funktionsnachfolge) ebenso wenig einen Betriebsübergang dar wie die reine Auftragsnachfolge (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 39 unter Verweis auf EuGH 20.01.2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 41, Slg. 2011, I-95; BAG 23.09.2010 - 8 AZR 567/09 - Rn. 30).

cc) Danach ist vorliegend ein Betriebsübergang [des Gesamtbetriebes der Schuldnerin] zu verneinen.

Der Beklagte hat vorgetragen, dass es ausschließlich einen nicht in einzelne Betriebsteile unterteilbaren Flugbetrieb gegeben habe, [...].

Die Kammer geht [...] aufgrund der Besonderheiten des Flugverkehrs davon aus, dass dies zutreffend ist:

(1) Die Schuldnerin hat ihren Flugbetrieb unter ihrer Betriebsgenehmigung und ihrem Luftverkehrsbetreiberzeugnis (AOC) im Rahmen ihres Streckennetzes mit [zuletzt rund 150 Flugzeugen] und rund 4.700 Arbeitnehmer in Cockpit und Kabine unterhalten. Die werthaltige Leistung lag in der Beförderung der Passagiere. Diese Leistung wurde mit den Flugzeugen als materiellen Betriebsmitteln und den zugewiesenen Zeitnischen als immateriellen Betriebsmitteln für Start und Landung an den jeweiligen Flughäfen erbracht. Beide Betriebsmittel machen den Kern der Wertschöpfung aus. Die eingesetzte Besatzung ist zwar für eine ordnungsgemäße Durchführung des Flugverkehrs unverzichtbar und muss allein aus luftverkehrsrechtlichen Erfordernissen über eine bestimmte Ausbildung und fortlaufende Qualifizierung verfügen. Weil der Flugbetrieb aber nicht ohne Flugzeuge und Zeitnischen für Starts und Landungen auskommt, kommt es bei ihm nicht "im Wesentlichen" auf die menschliche Arbeitskraft an (vgl. zu diesem Argument beim Rettungsdienst BAG 25.08.2016 - 8 AZR 53/15 - Rn. 37).

(2) Bei dem Flugbetrieb eines im Linienflugverkehr tätigen Unternehmens stellt die Gesamtheit der im Streckennetz eingesetzten Flugzeuge und des beschäftigten Personals eine Einheit dar. Dies ergibt sich aus dem Flugplan, der nur mit den zugewiesenen Zeitnischen geplant werden kann. Bei den Zeitnischen handelt es sich um öffentlichrechtliche Nutzungsrechte (so auch LAG Berlin-Brandenburg 01.09.2010 - 17 Sa 836/10 - Rn. 25), über deren Zuweisung an einzelne Luftfahrtunternehmen bei den koordinieren Flughäfen ein Koordinator nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 793/2004 i.V.m. der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 (im Folgenden EG-Slotzuweisungs-Verordnung) entscheidet. Koordinierte Flughäfen sind in Deutschland die Flughäfen in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, München, Stuttgart und Hamburg. Die Zeitnischen werden auf der Basis von Art. 6 (Koordinierungsparameter) der EG-Slotzuweisungs-Verordnung auf den halbjährlich stattfindenden Flugplankonferenzen vergeben. Zeitnischen werden für eine bestimmte Strecke zugeteilt, eine Übertragung auf eine andere Strecke bedarf der Zustimmung des Koordinators nach Art. 8a Abs. 1a, Abs. 2 S. 1 (Zeitnischenmobilität) der EG-Slotzuweisungs-Verordnung. Ein Luftfahrtunternehmen hat dabei lediglich ein Anrecht auf die Zuweisung bestimmter Zeitnischen, wenn es dem Koordinator nachweist, dass es sie zuvor zu mindestens 80 v.H. genutzt hat, Art. 8 Abs. 2 S. 1 zweiter Spiegelstrich i.V.m. S. 2 (Zuweisung von Zeitnischen) der EG-Slotzuweisungs-Verordnung.

(3) Die Anzahl der zu vergebenden Zeitnischen wird für die koordinierten Flughäfen in Deutschland nach § 27a Abs. 2 LuftVG jeweils für einen Flughafen in Abhängigkeit von der Tages- bzw. Nachtzeit festgelegt. Dieser sogenannte Koordinierungseckwert gibt die maximale Anzahl der in einer Stunde planbaren Starts plus Landungen an.

(4) Aus der Zuweisung bestimmter Zeitnischen für bestimmte Strecken ergibt sich damit der halbjährlich festgelegte Flugplan. Für diesen Flugplan und das zugrundeliegende Streckennetz wird der Einsatz der Flugzeuge nebst Besatzung geplant. Dass die Planung nicht isoliert für eine Station oder eine Strecke erfolgen kann, ergibt sich aus dem Streckennetz. Jede Strecke wird mit den am Startflughafen und am Landeflughafen jeweils stationierten Flugzeugen der dort als Heimatbasis ansässigen Besatzung betrieben. So kann auf der Strecke Düsseldorf-Berlin sowohl das sich auf dem Hinflug befindliche Flugzeug aus Düsseldorf unterwegs sein als auch das sich auf dem Rückflug befindliche Flugzeug aus Berlin.

(5) Das Erfordernis einer einheitlichen Planung des Flugbetriebes ergibt auch aus wirtschaftlichen und rechtlichen Notwendigkeiten bzw. Zwängen. Ein Flugunternehmen muss möglichst viele Strecken und ein umfassendes zeitliches Angebot auf diesen Strecken haben, um sich am Markt behaupten zu können. Die hierfür erforderlichen und zugewiesenen Zeitnischen müssen wiederum wie ausgeführt in einem Umfang von mindesten 80% auch genutzt werden, damit ein Anrecht auf eine erneute Zuteilung in der nächsten Flugperiode besteht. Die Einsatzmöglichkeiten der hierfür erforderlichen Besatzung sind hingegen zeitlich eingeschränkt durch die Begrenzung der Flugzeiten und die einzuhaltenden Ruhezeiten. Dementsprechend zeigt auch der Vergleich der Beschäftigtenzahlen der Schuldnerin mit ihrer Flottengröße, dass der Flugverkehr pro Flugzeug mit ca. 10 Piloten und 26 Beschäftigten in der Kabine geplant worden ist. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die Besatzung des jeweiligen Fluges aus einem Pool von Mitarbeitern gebildet bzw. zusammengesetzt wurde.

(6) Diese vorstehend beschriebene wirtschaftliche Einheit, die den Flugbetrieb der Schuldnerin ausmachte, ist nicht von einem Erwerber übernommen worden. Denn nach dem eigenen Vortrag des Klägers sind Teile dieser wirtschaftlichen Einheit von mehreren Erwerbern übernommen worden: beispielhaft von der D. Flugdienst GmbH die Langsteckenziele Punta Cana und Cancun, von der F. GmbH die Langsteckenziele Cancun, Punta Cana, Valdero, Puerto Plata, die Strecken von Salzburg nach Berlin und Düsseldorf und über den Erwerb der Anteile an der M. deren Zeitnischen für die Flughäfen Hamburg, Düsseldorf, Köln, Stuttgart und München, von der M. das Langsteckenziel New York, von e. 81 Flugzeuge aus dem Bestand der Schuldnerin (darunter aber auch 20 Flugzeuge aus dem Bestand von O.) und von der F. die Zeitnischen für den Flughafen Berlin-Tegel sowie u.a. Nachtabstellplätze für Flugzeuge.

Basierend auf dem eigenen Vortrag des Klägers findet sich die bei der Schuldnerin zuvor bestehende wirtschaftliche Einheit bei keinem der potentiellen Erwerber wieder. Die Weiterführung eines erheblich eingeschränkten Betriebs schließt trotz der Nutzung sächlicher Betriebsmittel des früheren Betriebsinhabers aber einen vollständigen Betriebsübergang aus (vgl. BAG 10.11.2011 - 8 AZR 538/10 - Rn. 21).

dd) Es liegt auch kein Teilbetriebsübergang vor.

(1) Dem Übergang eines gesamten Betriebs steht, soweit die Voraussetzungen des § 613a Abs. 1 S. 1 BGB erfüllt sind, der Übergang eines Betriebsteils gleich. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist es Sache der nationalen Gerichte, anhand der Auslegungsgesichtspunkte festzustellen, ob ein Betriebs(teil)übergang i.S.d. Richtlinie 2001/23/EG (und damit im Sinne des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) vorgelegen hat, d.h. insbesondere auch festzustellen, ob die Identität der übertragenen wirtschaftlichen Einheit bewahrt worden ist (vgl. EuGH 12.02.2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Slg. 2009, I-803).

(2) Aufgrund dieser Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes geht das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass die von einem Erwerber übernommene organisierte Gesamtheit von Personen und/oder Sachen bereits beim Veräußerer eine wirtschaftliche Einheit dargestellt und damit die Qualität eines Betriebsteils gehabt haben muss, um die Voraussetzung des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllen zu können (vgl. BAG 10.11.2011 - 8 AZR 538/10 - Rn. 19; BAG 13.10.2011 - 8 AZR 455/10 - Rn. 36; BAG 07.04.2011 - 8 AZR 730/09; BAG 27.01.2011 - 8 AZR 326/09).

(3) Deshalb muss bereits beim bisherigen Betriebs(teil)inhaber eine selbständig abtrennbare organisatorische Einheit vorgelegen haben, mit welcher innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt worden ist. Die Erfüllung eines betrieblichen Teilzwecks ist nur eine der Voraussetzungen für die Annahme des Vorliegens eines Betriebsteils und vermag das Fehlen einer abgrenzbaren organisatorischen Einheit nicht zu ersetzen. Hierbei darf die im Betriebsteil liegende Einheit nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Die Identität der Einheit ergibt sich auch aus anderen Merkmalen, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Allerdings genügt eine beim Betriebs(teil)veräußerer bestehende funktionelle Verknüpfung nicht, um einen schon beim Veräußerer bestehenden Betriebsteil mit organisatorischer Selbständigkeit anzunehmen, der im Sinne des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übertragen werden könnte. Die Selbständigkeit der schon beim Betriebs(teil)veräußerer abgrenzbaren organisatorischen wirtschaftlichen Einheit muss nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs allerdings beim Betriebserwerber nicht mehr vollständig erhalten bleiben (vgl. EuGH 12.02.2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Slg. 2009, I-803; BAG 10.11.2011 - 8 AZR 538/10 - Rn. 20).

(4) Die Kammer kann keinen schon bei der Schuldnerin bestehenden Betriebsteil mit organisatorischer Selbstständigkeit erkennen. Kein Betriebsteil ist jedenfalls das einzelne Flugzeug, weil die Besatzungen jeweils wechseln, so dass schon keine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit vorliegen kann. Die Flugnischen selbst gehören nur zu den immateriellen Betriebsmitteln. Dass etwa Flugzeuge eines bestimmten Typs organisatorisch mit der dazugehörigen Besatzung zusammengefasst worden seien, ist nicht ersichtlich. Die jeweiligen Stationen waren, wie bereits ausgeführt, über die zu bedienenden Strecken jeweils mit anderen Stationen verbunden, so dass die einzelne Station keine wirtschaftliche Einheit darstellen konnte. Dass innerhalb der Stationen und des Streckennetzes bestimmte Flugstrecken (Kurz-, Mittel- und/oder Langstrecke) organisatorisch abgegrenzt worden wären, insbesondere durch die zugewiesenen Besatzungen, ist nicht vorgetragen worden. Bei den im Rahmen der Wet-Lease-Vereinbarung durchgeführten Flügen handelt es sich um einen einzelnen Auftrag und keine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit, was schon der Einsatz von bis zu 40 Flugzeugen zeigt.

(5) Was die Kammer allerdings feststellen kann, ist die Tatsache, dass über die Zeitnischen [...] wirtschaftlich werthaltige immaterielle Betriebsmittel erworben worden sind, sowohl von der M. zur weiteren Nutzung innerhalb der M. als auch von F.. Denn über die Zeitnischen werden wie bereits ausgeführt die Streckenrechte an den koordinierten Flughäfen begründet. Zum Erhalt der Zeitnischen müssen die Strecken auch betrieben werden, wofür Flugzeuge und Besatzungen benötigt werden. Soweit die zum Betrieb des Streckennetzes erforderlichen Flugzeuge nicht ohnehin im Eigentum der M. gestanden haben, erscheint es auch naheliegend, dass jeweils in die bestehenden Leasingverträge eingetreten wurde oder neue Leasingverträge über die alten, d.h. bereits von der Schuldnerin eingesetzten Flugzeuge geschlossen worden sind. Der (Leasing-)Markt für solche teuren Wirtschaftsgüter wird begrenzt sein. Verbunden mit einem solchen Ausbau des eigenen Streckennetzes nach Erwerb der Zeitnischen ist ein jeweiliger ganz erheblicher Bedarf an neu einzustellenden Besatzungen, der in diesem Umfang kaum anders zu decken sein könnte, als durch die Einstellung der bisher bei der Schuldnerin beschäftigten Besatzungen. Gerade viele der Piloten werden sich nach einer solchen Einstellung - sei es durch die M., die F. GmbH oder F. - auf denselben Strecken in denselben Flugzeugen (oder jedenfalls Flugzeugtypen) wiederfinden, auf denen bzw. mit denen sie zuvor für die Schuldnerin geflogen sind.

(6) Zu den im Einzelnen übertragenen oder am Markt wiederbeschafften Betriebsmitteln und dem jetzigen Einsatz hat der Kläger unter größtmöglicher Mühewaltung vorgetragen. [...] Der Erhalt der funktionalen Verknüpfung ist aber erst der zweite Schritt. Erforderlich ist immer zuerst die organisatorische Selbstständigkeit. Erst aus der organisatorischen Selbstständigkeit ergibt sich die Abgrenzbarkeit des Betriebsteils und nur bei einem abgrenzbaren Betriebsteil lässt sich feststellen, welche Arbeitsverhältnisse aufgrund des Betriebsteilübergangs kraft Gesetzes übergegangen sind. Eine solche Zuordnung ist im vorliegenden Fall nicht möglich.

[...]

Dem hiesigen Ergebnis, dass kein Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang ersichtlich ist, steht auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 09.09.2015 (C-160/14 - [Ferreira da Silva e Brito]) nicht entgegen. Denn der Streitfall unterscheidet sich vor allem darin, dass es in der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes nur die eine wirtschaftliche Einheit des Charterflugbetriebs gab, die auf einen Erwerber übergegangen ist."

b) Der Vortrag der klagenden Partei im hiesigen Verfahren rechtfertigt keine Abweichung von der dargestellten Argumentation. Insbesondere ist es der klagenden Partei nicht gelungen, darzustellen, dass und gegebenenfalls welche abgrenzbaren Betriebsteile bestanden haben sollen, die dann auf einen Erwerber übergegangen sein könnten. Auch ein etwaiger Übergang eines etwaig abgrenzbaren Betriebsteils auf einen Erwerber konnte nicht nachvollziehbar dargestellt werden. Die Annahme eines Teilbetriebsübergangs scheitert also sowohl an der fehlenden Möglichkeit der Bestimmung eines abgrenzbaren Betriebsteils, wie auch an der Darstellung der Übernahme eines solchen Betriebsteils durch einen Erwerber. Schon gar nicht ist deutlich geworden, welchem (übergegangenen) Betriebsteil die klagende Partei angehört haben soll.

Vielmehr gilt: Der unstreitige Umstand, dass Slots auf die M. übertragen wurden und die Geschäftsanteile an der M. später auf eine andere juristische Person übertragen wurden, ist ebenso wenig geeignet, einen Betriebsübergang anzunehmen, wie die Tatsache, dass bestimmte Slots auf ein Unternehmen der F.-Gruppe übertragen wurden, oder der Umstand, dass Flugzeuge nunmehr für andere Fluggesellschaften im Einsatz sind. Im Gegenteil: In einer liberalen Wirtschaftsordnung kann davon ausgegangen werden, dass bei Ausfall eines Konkurrenten im Bereich von Transportdienstleistungen diese - soweit sie von den jeweiligen Kunden nachgefragt werden - zukünftig von der jeweiligen Konkurrenz bedient werden. Dies hat mit der Idee eines Betriebsübergangs im Sinne der Theorie des "gemachten Betts" nichts zu tun: Konkurrieren in einem Ort vier Bäcker um Kunden und schließt einer der vier Bäcker sein Geschäft, ist regelmäßig davon auszugehen, dass auch künftig kein Kunde auf sein Brot verzichtet und folglich die Marktanteile der verbleibenden Bäckereien - oder auch nur einer Bäckerei - entsprechend steigen. Die verbleibenden Bäckereien steigen also nicht ins "gemachte Bett", sondern haben sich bereits zuvor ihr eigenes gemacht. Das "Indiz", dass Flugzeuge an die M. übertragen wurden, relativiert sich dadurch, dass dieses Unternehmen teilweise selbst als Leasinggeber fungierte. Die vertraglich vorgesehene Rückgabe einer Sache an den Eigentümer kann kaum für sich genommen ein Indiz für einen Betriebsübergang darstellen (anders selbstverständlich, wenn das Rückgabeobjekt "der Betrieb" ist - BAG, Urt. v. 27.04.1995 - 8 AZR 197/94, AP Nr. 128 zu § 613a BGB; BAG, Urt. v. 21.01.1988 - 2 AZR 480/97, AP Nr. 72 zu § 613a BGB). Auch sollte es nicht verwundern, wenn die zuvor von einer Fluggesellschaft genutzten Flugzeuge ihrem einzigen vernünftigen Zweck entsprechend weiter genutzt werden. Mit anderen Worten: Kann es etwa bei Einrichtungsgegenständen eines Supermarkts je nachdem ein Indiz für oder gegen einen Betriebsübergang sein, ob sie in ihrer Gesamtheit künftig wieder in einem Supermarkt, in einem Buchladen oder in einer Autowerkstatt Verwendung finden, ist es bei einem Flugzeug selbstverständlich, dass es wirtschaftlich nur von einer Fluggesellschaft betrieben werden kann. Insofern spielt die Tatsache, dass das "Betriebsmittel" von einem Unternehmen der gleichen Branche genutzt wird, im vorliegenden Fall für sich genommen keine Rolle. Zusammengefasst könnte von einem Betriebsübergang allenfalls dann die Rede sein, wenn eingespielte Mannschaften - die es jedenfalls bei der Schuldnerin so nicht gab - gemeinsam mit dem von dieser Mannschaft stets genutzten Flugzeug für die stets geflogene Strecke mit den entsprechenden Slots eingesetzt würden und die entsprechenden Planungen nach dem gleichen bisherigen Muster und am besten noch durch die gleiche Person in ihrer bisherigen Funktion durchgeführt würden. Im vorliegenden Fall ist allerdings keine Einheit im Sinne von "Rädchen, die ineinander greifen", übertragen worden. Dies gilt auch für das wet lease.

3. Die Schuldnerin und der Beklagte haben das Konsultationsverfahren gemäߠ§ 17 Abs. 2 KSchG ordnungsgemäß durchgeführt, sodass die Kündigung nicht gemäß § 134 BGB i.V.m. § 17 Abs. 2 KSchG unwirksam ist.

a) Das Konsultationsverfahren ist mit dem Schreiben vom 12.10.2017 eingeleitet worden.

Mit dem Schreiben hat die Schuldnerin die PV Kabine über den Stilllegungsbeschluss vom 12.10.2017 informiert und über die gemäß § 17 Abs. 2 S.1 Nr. 1-5 KSchG erforderlichen Angaben unterrichtet. Der Betreff des Schreibens weist ausdrücklich die Einleitung des Konsultationsverfahrens gem. § 17 KSchG aus. Damit ist das Verfahren ordnungsgemäß eingeleitet worden.

b) Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob bzw. wann die PV Kabine hinreichend informiert gewesen ist, kann ohne Entscheidung durch die Kammer dahinstehen. Die Kammer ist mit dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg davon überzeugt, dass der PV Kabine jedenfalls nach Einsichtnahme in die Dokumente des Datenraums am 21.11.2017 alle relevanten Informationen zur Verfügung standen. Es wird insoweit auf den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 08.12.2017 unter dem Aktenzeichen 6 TaBVGa 1484/17 (Anlage BKT 26) verwiesen.

c) Soweit die klagende Partei mit Nichtwissen bestreitet, dass das Konsultationsschreiben vom 12.10.2017 und die diesem Schreiben beigefügten Anlagen bei der PV Kabine eingegangen sind, ist dieses Bestreiten unerheblich. Denn die klagende Partei hat diese Behauptung des Beklagten lediglich mit Nichtwissen bestritten. Ein solches Bestreiten aber ist unbeachtlich, weil die Voraussetzungen des § 138 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen. Hat sich der Arbeitgeber nämlich substantiiert und vollständig zur Information der Personalvertretung geäußert, so kann sich der Arbeitnehmer nicht mit einem bloßen "Bestreiten mit Nichtwissen" begnügen. Denn § 138 Abs. 4 ZPO setzt voraus, dass die Partei sich das erforderliche Wissen nicht in zumutbarer Weise beschaffen kann. Insofern kommt auch eine Nachfrage bei der Personalvertretung in Betracht. Erst wenn eine solche Nachfrage die Darstellung des Arbeitgebers nicht bestätigt oder die Auskunft der Personalvertretung lückenhaft oder aus anderen Gründen unbrauchbar ist, kann der Arbeitnehmer sich auf ein bloßes Bestreiten mit Nichtwissen zurückziehen (LAG Köln, Urt. v. 07.08.1998 - 11 Sa 218/98 - juris; LAG Köln, Urt. v. 31.01.1994 - 3 Sa 1136/93 - juris; implizit auch BAG, Urt. v. 12.02.1997 - 7 AZR 317/96 AP Nr. 187 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Ob das Konsultationsschreiben vom 12.10.2017 eingegangen ist und ob die Anlagen beigefügt waren, ließe sich durch die Personalvertretung auf Nachfrage mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten.

Zudem enthält das in Kopie zur Akte gereichte Schreiben vom 12.10.2017 (Anlage K 14) auf der ersten Seite einen Hinweis auf die Entgegennahme am 16.10.2017, der sich auch auf die Anlagen bezieht. Vor diesem Hintergrund bestehen keine Zweifel daran, dass das Konsultationsverfahren ordnungsgemäß eingeleitet wurde. Abgesehen davon erfüllte die unstreitige umfangreiche Korrespondenz der Schuldnerin mit der PV Kabine in den folgenden Wochen sämtliche gesetzlich vorgesehenen Zwecke im Sinne des § 17 Abs. 2 KSchG (vgl. zu den Anforderungen BAG, Urt. v. 26.10.2017 - 2 AZR 298/16 - juris).

d) Auch das Argument, dass die Schuldnerin die PV Kabine nicht ernsthaft zu Beratungen aufgefordert hätte, sondern allein ein bereits feststehendes Ergebnis - nämlich die Kündigung sämtlicher Mitarbeiter - präsentiert hätte, verfängt nach Auffassung der Kammer nicht.

Um überhaupt eine Konsultation gemäß § 17 Abs. 2 KSchG auszulösen, muss eine anzeigepflichtige Massenentlassung gemäß § 17 Abs. 1 KSchG beabsichtigt sein. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber vorbehaltlich der Beratung über Möglichkeiten der Vermeidung und Einschränkung von Kündigungen und über Milderung der Kündigungsfolgen zuvor den Entschluss zum Ausspruch von Kündigungen bereits gefasst haben muss. Beabsichtigt der Arbeitgeber nun die vollumfängliche Betriebsstilllegung, so geht damit regelmäßig die Beendigung sämtlicher im Betrieb beschäftigter Arbeitnehmer einher. In diesem Fall ist dann über die Einschränkung von Kündigungen, die Abwicklung der Arbeitsverhältnisse oder die Milderung der Kündigungsfolgen zu beraten. Es ist gerade nicht zutreffend, dass diese Fragen bereits endgültig entschieden sind und keiner Beratung bedürfen. Dies war auch im vorliegenden Fall nicht so. Vielmehr war am 12.10.2017 (nur) die Entscheidung getroffen worden, die Betriebsstilllegung durchzuführen. Eine hiervon abweichende Auffassung hätte auch im Ergebnis absurde Konsequenzen: Ein insolventes Unternehmen, welches - aus welchen Gründen auch immer - plötzlich zahlungsunfähig wird und schlicht gar keine Zahlungen mehr leisten kann, könnte nach Auffassung der klagenden Partei nicht einmal mehr das Konsultationsverfahren wirksam durchführen. Gerade einem solchen Unternehmen wären dann Kündigungen dauerhaft rechtlich unmöglich. Dies kann aber nicht Sinn und Zweck des Konsultationsverfahrens sein.

e) Die klagende Partei kann schließlich nicht mit dem Argument gehört werden, dass keine inhaltlichen Beratungen zwischen der PV Kabine und der Schuldnerin bzw. dem Beklagten stattgefunden hätten.

Die Schuldnerin hat gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 KSchG in ausreichender Weise die Beratung mit der PV Kabine über die Möglichkeit, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern, gesucht. Es mag zutreffend sein, dass zwischen der Schuldnerin bzw. dem Beklagten und der PV Kabine tatsächlich nicht inhaltlich über die Möglichkeiten der Vermeidung und Einschränkung von Kündigungen und über die Milderung der Kündigungsfolgen beraten worden ist. Dies kann nach Auffassung der Kammer aber nicht der Schuldnerin bzw. dem Beklagten angelastet werden. Die Schuldnerin hat das Konsultationsverfahren eingeleitet, die PV Kabine zur Beratung aufgefordert und sie (spätestens am 21.11.2017) hinreichend informiert. Damit hatte die Schuldnerin alles Erforderliche und ihr Mögliche getan.

Die PV Kabine hat sich einer inhaltlichen Beratung fortwährend mit dem Argument verweigert, nicht hinreichend informiert gewesen zu sein. Dies war spätestens nach dem 21.11.2017 unzutreffend. Noch nach Einsichtnahme in den Datenraum am 21.11.2017 hat die PV Kabine avisierte Verhandlungs-/Beratungstermine für November 2017 abgesagt. Die PV Kabine hätte sich der Beratung im Sinne des § 17 Abs. 2 KSchG zu diesem Zeitpunkt aber nicht entziehen dürfen.

Spätestens und jedenfalls nachdem sich die Einigungsstelle am 11.01.2018 für unzuständig erklärt hat, durften die Schuldnerin und der Beklagte das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG für abgeschlossen erachten. Zu diesem Zeitpunkt waren die Bemühungen der Schuldnerin, in Beratungen gemäߠ§ 17 Abs. 2 KSchG einzutreten, sowohl innerbetrieblich ohne Beteiligung einer Einigungsstelle, wie auch eine Beratung in Verbindung mit der Verhandlung eines Interessenausgleichs und Sozialplans innerhalb einer Einigungsstelle gescheitert.

4. Die Kündigung ist auch nicht gemäß § 134 BGB i.V.m. § 17 Abs. 1 KSchG unwirksam, weil die Schuldnerin keine ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit erstattet hat. Die Massenentlassungsanzeige ist ordnungsgemäß erfolgt.

a) Die Pflicht zur Konsultation des Betriebsrats nach § 17 Abs. 2 KSchG und die in § 17 Abs. 1, 3 KSchG geregelte Anzeigepflicht gegenüber der Arbeitsagentur sind getrennt durchzuführende Verfahren, die in unterschiedlicher Weise der Erreichung des mit dem Massenentlassungsschutz nach § 17 KSchG verfolgten Ziels dienen und jeweils eigene Wirksamkeitsvoraussetzungen enthalten (ErfK/Kiel, 18.Auf. 2018, KSchG § 17 Rn.4). Vor diesem Hintergrund sind auch beide Verfahren vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß durchzuführen (vgl. etwa BAG, Urt. v. 26.10.2017 - 2 AZR 298/16 - juris).

b) Die vorgelegte Massenentlassungsanzeige gegenüber der Agentur für Arbeit vom 12.01.2018 (Anlage BKT 27) enthält die nach § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG erforderlichen "Muss-Angaben".

aa) Das mit Nichtwissen erklärte Bestreiten der klagenden Partei, dass der Massenentlassungsanzeige alle in der Anzeige angekündigten Unterlagen beigefügt waren, ist unerheblich.

Wenn und soweit die klagenden Partei bestreitet, dass der Massenentlassungsanzeige als Anlage die anonymisierte Arbeitnehmeraufstellung (lfd. Nummern der Arbeitnehmer) beigefügt war, so ist dies unerheblich. Zum einen konnte im Kammertermin durch Einsicht in die Listen verifiziert werden, dass die klagende Partei auf einer solchen Liste tatsächlich mit erfasst war. Zum anderen ist eine namentliche Auflistung der zu kündigenden Arbeitnehmer gegenüber der Agentur für Arbeit nicht als "Muss-Angabe" erforderlich. Es sind lediglich Zahl und Berufsgruppe der in der Regel beschäftigten und der zu entlassenden Arbeitnehmer mitzuteilen. Dies ist jedoch bereits mit der Anlage zu Punkte 3.31 geschehen (Anlage BKT 27).

Wenn und soweit die klagende Partei auch bezüglich dieser Anlage pauschal mit Nichtwissen bestreitet, dass die Anlage der Massenentlassungsanzeige beigefügt war, so ist auch dies nicht erheblich.

Die Agentur für Arbeit hat mit Schreiben vom 12.01.2018 (Anlage B 15) bestätigt, dass die Massenentlassungsanzeige für das Kabinenpersonal "vollständig eingegangen" ist. Dieser Mitteilung kann nach Auffassung der Kammer zwar keine Aussage über die inhaltliche Richtigkeit entnommen werden, jedoch ist dieser Mitteilung jedenfalls zu entnehmen, dass alle angekündigten Angaben / Unterlagen bzw. Anlagen beigefügt waren. Die Agentur bestätigt gerade nicht nur den Eingang einer Massenentlassungsanzeige, sondern den "vollständigen Eingang". Es war an der klagenden Partei, konkrete Zweifel an der Vollständigkeit der Massenentlassungsanzeige aufzuzeigen.

bb) Richtigerweise bezieht sich die Anzeige nur auf die Beschäftigten in der Kabine. Den Mitarbeitern im Cockpit wurde bereits im November 2017 - und damit nicht innerhalb des 30-Tageszeitraums - gekündigt, so dass für diese eine gesonderte Massenentlassungsanzeige zu erstatten war. Dies ist auch geschehen. Die Schuldnerin hat im Begleitschreiben zur Massenentlassungsanzeige vom 12.01.2018 auch ausdrücklich auf die Massenentlassungsanzeigen vom 30.10.2017 für das Bodenpersonal und vom 24.11.2017 für das Cockpitpersonal hingewiesen (Anlage BKT 27).

cc) Soweit die Anzahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer in der Massenentlassungsanzeige (3.126) geringfügig abweichend von der Klageerwiderung (3.362) angegeben ist, ist darauf hinzuweisen, dass in der Klageerwiderung von einem Stichtag August 2017 ausgegangen wurde. Zudem führen falsche Angaben zur Anzahl der in der Regel Beschäftigten nicht notwendig zur Unwirksamkeit der Anzeige, weil insoweit denkbar ist, dass die Arbeitsagentur nicht in ihrer sachlichen Prüfung beeinflusst wird (BAG, Urt. v. 22.03.2001 - 8 AZR 565/00, AP Nr. 59 zu Art 101 GG; NK-GK/Boemke § 17 KSchG Rn. 110). Hiervon ist im Streitfall auszugehen, da die mögliche Abweichung sich angesichts der Gesamtbeschäftigtenzahl als nicht wesentlich erweisen würde.

dd) Auch der Umstand, dass unter Ziffer 7. des Anschreibens zur Massenentlassungsanzeige mitgeteilt wurde, dass die Anhörung der PV Kabine gemäߠ§ 74 TVPV am 14.12.2017 (und nicht wie im gerichtlichen Verfahren vorgetragen am 19.01.2018) erfolgt sein soll, ist unerheblich. Selbst wenn diese Angabe unzutreffend sein sollte und am 14.12.2017 keine (weitere) Anhörung gemäß § 74 TVPV erfolgt ist, so führt diese Fehlinformation nicht zur Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige, da eine Mitteilung zur Anhörung gemäß § 74 TVPV keine "Muss-Angabe" im Rahmen der Massenentlassungsanzeige ist.

c) Die Schuldnerin hat gegenüber der Agentur für Arbeit am 12.01.2018 zudem gemäß § 17 Abs. 3 S. 3 KSchG glaubhaft gemacht, dass sie die PV Kabine mindestens zwei Wochen vor der Massenentlassungsanzeige nach § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 1-5 KSchG unterrichtet hat. Zudem hat sie den Stand der Beratungen gegenüber der Agentur für Arbeit dargelegt. Es wird insoweit auf die obigen Ausführungen zu Ziffern 4. und 6. im Anschreiben zur Massenentlassungsanzeige vom 12.01.2018 (Anlage BKT 27) verwiesen.

Unerheblich ist insoweit, ob die Schuldnerin die PV Kabine bereits am 12.10.2017 (wie gegenüber der Agentur für Arbeit mitgeteilt) hinreichend informiert hatte, oder ob dies (erst) am 21.11.2017 nach Einsicht in den Datenraum der Fall gewesen ist. Die PV Kabine war jedenfalls spätestens am 21.11.2017 und somit zwei Wochen vor Erstattung der Massenentlassungsanzeige am 12.01.2018 hinreichend informiert. Eine etwaige Fehleinschätzung der Schuldnerin und Mitteilung gegenüber der Agentur für Arbeit würde nicht zur Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige führen (APS/Moll, 5 Aufl. 2017, § 17 KSchG Rn.120).

d) Ob die Schuldnerin schließlich auch ihrer aus § 17 Abs. 3 S. 1 KSchG erwachsenen Verpflichtung zur gleichzeitigen Zuleitung einer Abschrift der Mitteilung an die Personalvertretung an die Agentur für Arbeit nachgekommen ist, kann im Ergebnis dahinstehen. Dies soll mit E-Mail vom 20.10.2017 erfolgt sein. Es wird insoweit auf die Ausführungen in der Anlage BKT 24 hingewiesen. Anhaltspunkte dafür, dass die E-Mail nicht versandt oder nicht empfangen wurde sind nicht ersichtlich.

Selbst ein etwaiger Verstoß gegen § 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG würde indes nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Es handelt sich nicht um ein Verbotsgesetz (LAG Hamm, Urt. v. 13.01.2015 - 7 Sa 900/14 - juris). Außerdem dient die Vorschrift der frühzeitigen Information der Arbeitsagentur. Wäre diese unzureichend informiert, könnte sie nach Auffassung der Kammer auch mit einer Verlängerung der Sperrfrist reagieren. Auch deshalb hat ein Verstoß nicht notwendig die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge.

e) Die Massenentlassungsanzeige wurde auch bei der örtlich zuständigen Agentur für Arbeit erstattet.

aa) Für den Flugbetrieb (§ 24 Abs. 2 KSchG) war die Agentur für Arbeit Berlin zuständig, weil die Schuldnerin dort ihren Betriebssitz hatte.

bb) Selbst wenn man davon ausginge, dass für das regelmäßig von Düsseldorf aus fliegende Kabinenpersonal die Agentur für Arbeit Düsseldorf zuständig wäre, handelt es sich nicht um einen Umstand, der dem Beklagten zum Nachteil gereichen könnte. Das Bundesarbeitsgericht führt aus:

"Zumindest unter diesen Umständen kann der Arbeitgeber die Anzeige zugleich und mit sofortiger Wirksamkeit bei sämtlichen für die frühere Betriebsstätte möglicherweise zuständigen Arbeitsagenturen einreichen, wenn er - wie die Beklagte es getan hat - auf die schon umgesetzte Betriebsstilllegung - und damit den Wegfall eines Betriebssitzes - hinweist und zutreffend mitteilt, im Zuständigkeitsbereich welcher Agentur zuletzt die meisten der zu entlassenden Arbeitnehmer beschäftigt waren. Dann ist es Sache der angegangenen Behörden, sich über die örtliche Zuständigkeit für die Entscheidung nach §§ 18, 20 KSchG abzustimmen. Wenn der Arbeitgeber korrekte Angaben gemacht hat, kann das Ergebnis dieser Abstimmung in keinem Fall zu seinen Lasten gehen" (BAG, Urt. v. 22.09.2016 - 2 AZR 276/16, AP Nr. 52 zu § 17 KSchG 1969).

Im vorliegenden Fall enthielt die Anlage zur Massenentlassungsanzeige eine Übersicht über die Zahl der je nach "Base" zu entlassenden Arbeitnehmer, sodass es jedenfalls an der Agentur für Arbeit war, die Angaben weiter zu leiten, so sie sich denn für unzuständig hielt. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich auch nach dem Sinn und Zweck der Regelung es nicht zwangsläufig der Zuständigkeit der Agentur für Arbeit Düsseldorf bedarf. Denn die mit dem Flugbegleiterberuf verbundene Volatilität (BAG, Urt. v. 28.08.2013 - 10 AZR 569/12, AP Nr. 26 zu § 106 GewO) lässt erwarten, dass eine Vermittlung eines z.B. in Nordrhein-Westfalen wohnenden Arbeitnehmers auch durch die Agentur für Arbeit in Berlin erfolgen könnte.

5. Die Schuldnerin hat die PV Kabine mit Schreiben vom 19.01.2018 ordnungsgemäß gemäß § 74 TV PV zu der beabsichtigten Kündigung der klagenden Partei angehört.

Sie hat der Personalvertretung nach den Grundsätzen der subjektiven Determination alle erforderlichen Informationen mitgeteilt, die diese in die Lage versetzt haben, die Wirksamkeit der Kündigung zu beurteilen. Sie hat der PV Kabine mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Betrieb stillzulegen und sämtlichen beschäftigten Arbeitnehmern zu kündigen. Ferner hat sie mitgeteilt, dass die Leasingverträge für die Flugzeuge durch Kündigung bzw. Abschluss von Aufhebungsverträgen und Rückgabe der Flugzeuge sukzessive bis zum 31.01.2018 beendet würden, der operative Geschäftsbetrieb mit Ablauf des 27.10.2017 eingestellt wurde und die Erbringung der Dienstleistung gegenüber der F. GmbH im Rahmen des sog. wetlease bis maximal 31.01.2018 erfolge. Weitergehende Informationen waren nicht erforderlich, insbesondere keine weitergehenden Angaben zur Abgrenzung einer Betriebsstilllegung von einem Betriebsübergang. Zudem sind die kontinuierlich weitergehend übermittelten Informationen (z.B. des Datenraums am 21.11.2017) zu berücksichtigen. Die Anhörung der Personalvertretung muss schließlich nicht den Umfang einer Klageerwiderung erreichen.

Die klagende Partei kann nicht mit Nichtwissen bestreiten, dass die vollständige Liste mit den Sozialdaten der zu kündigenden Arbeitnehmer sowie sonstige Anlagen der Anhörung beigefügt waren. Ein bloßes Bestreiten mit Nichtwissen setzt nach § 138 Abs. 4 ZPO voraus, dass die Partei sich das erforderliche Wissen nicht in zumutbarer Weise beschaffen kann. Insofern kommt auch eine Nachfrage bei der Personalvertretung in Betracht (vgl. zu Anhörung des Betriebsrats: LAG Köln, Urt. v. 07.08.1998 - 11 Sa 218/98 - Rn. 14; LAG Köln, Urt. v. 31.01.1994 - 3 Sa 1136/93 - juris; in diesem Sinne auch BAG, Urt. v. 12.02.1997 - 7 AZR 317/96, AP Nr. 187 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Ob die Anlagen dem Anhörungsschreiben beigefügt waren und ob der Kläger auf der Anlage aufgeführt war, ließe sich durch die PV Kabine auf Nachfrage mit einem einfachen ja oder nein beantworten. Die PV Kabine hat auf der Basis des Anhörungsschreibens zudem zu der beabsichtigten Kündigung Stellung genommen, ohne etwa das Fehlen von Anlagen zu beanstanden. Sie hat dabei insbesondere auch auf die Anlage 2 Bezug genommen und einzelne Sozialdaten als unzutreffend bezeichnet. Hierzu war sie aber denknotwendig nur dann in der Lage, wenn ihr die Liste mit den Sozialdaten auch vorlag.

Schließlich konnte die Anlage 2 zur Anhörung der PV Kabine im Kammertermin eingesehen werden, auf dieser befand sich auch die klagende Partei.

6. Die Kündigung ist schließlich auch nicht wegen des Nichtabschlusses eines Sozialtarifvertrags mit w. vor Ausspruch der Kündigung gemäß § 2 Abs. 2 TV Pakt unwirksam.

a) § 2 Abs. 2 TV Pakt ist zunächst im vorliegenden Fall anwendbar. Er erfasst den hiesigen Sachverhalt. Eine einschränkende Auslegung dergestalt, dass die Regelung des § 2 Abs. 2 TV Pakt auf im Zuge einer Insolvenz ausgesprochenen Beendigungskündigungen keine Anwendung finde, ist mit dem eindeutigen Wortlaut der Regelung nicht vereinbar.

§ 1 Abs. 1 TV Pakt nimmt Bezug auf ein am 27.09.2016 vorgestelltes neues Geschäftsmodell der Schuldnerin auf der Grundlage eines umfassenden Transformationsprozesses, welches den Bestand der Gesellschaft für die nächsten Jahre sichern soll. In § 2 Abs. 2 TV Pakt vereinbaren die Tarifvertragsparteien, aus Anlass bevorstehender Transformationsprozesse zusammenwirken zu wollen, um die Beschäftigung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kabine zu sichern, und nennt lediglich beispielhaft einzelne Maßnahmen. Nach § 2 Abs. 2 S. 1 TV Pakt geht die Schuldnerin dann davon aus, bei einer erfolgreichen Umsetzung der Transformation keine betriebsbedingten Beendigungskündigungen durchführen zu müssen. Sollten diese dennoch "egal aus welchen Gründen" unvermeidbar werden, sei deren Ausspruch erst nach dem Abschluss eines Sozialtarifvertrages mit w. über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan zulässig. Erstmalig kündbar ist der TV Pakt zum 31.12.2020.

Der TV Pakt stellt damit nicht auf eine konkrete Maßnahme ab, sondern auf die bevorstehenden Umstrukturierungsmaßnahmen und geht davon aus, mit diesen den Bestand der Schuldnerin und die Beschäftigung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sichern. Wenn dann § 2 Abs. 2 TV Pakt aber betriebsbedingte Beendigungskündigungen "egal aus welchen Gründen" erst nach dem Abschluss eines Sozialtarifvertrages zulässt, sind damit alle betriebsbedingten Beendigungskündigungen während der Laufzeit des TV Pakt gemeint. Mit dem Zusatz "egal aus welchen Gründen" haben die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass der Anwendungsbereich denkbar weit sein soll (so auch die Einigungsstelle am 11.01.2018, Anlage BKT 23).

b) Die Regelung des § 2 Abs. 2 TV Pakt stellt nach Auffassung der Kammer im Ergebnis die Kodifizierung eines (bedingten) Kündigungsausschlusses und nicht lediglich die verfahrensmäßig Absicherung individuellen Kündigungsschutzes dar.

aa) Zwar nimmt das Bundesarbeitsgericht an, dass tarifliche Regelungen, die betriebsbedingte Kündigungen unter den Vorbehalt der Zustimmung des Betriebsrates stellen, im Fall der Insolvenz nicht von § 113 S. 1 InsO verdrängt werden, da es sich lediglich um die verfahrensmäßig Absicherung des individuellen Kündigungsschutzes auf kollektivrechtlicher Ebene handele. Ziel des § 113 S. 1 InsO sei es bildlich gesprochen eine unendlich lange Kündigungsfrist auf höchsten drei Monate zu begrenzen. Ein tarifvertraglich vereinbartes Zustimmungserfordernis des Betriebsrats zu beabsichtigten Kündigungen sei hiervon zu jedoch unterscheiden.

Ein solches Zustimmungserfordernis sei allerdings so auszulegen, dass im Falle der Insolvenz die Zustimmung des Betriebsrates nicht erforderlich ist (BAG, Urt. v. 19.01.2000 - 4 AZR 911/98 - juris). Die Erwägungen zur Reichweite des § 113 S. 1 InsO waren für das Bundesarbeitsgericht insoweit konsequenterweise nicht urteilstragend. Die Frage, ob und wie eine fehlende Lösungsmöglichkeit für den Fall der Verweigerung der Zustimmung zu bewerten ist, ließ das Bundesarbeitsgericht folgerichtig unbeantwortet.

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in einem Urteil vom 18.11.2015 (4 Sa 478/15 - juris) die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aufgegriffen und pointiert. Es führt aus:

"c. Eine tarifvertragliche Regelung, die für einen befristeten Zeitraum betriebsbedingte Kündigungen nur bei Zustimmung des Betriebsrats und der Gewerkschaft zulässt, wird in der Insolvenz von § 113 Satz 1 InsO verdrängt.

Entgegen der vom Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung 4 AZR 911/98 geäußerten - nicht tragenden - Auffassung kann eine solche Regelung nicht als bloße verfahrensmäßige Absicherung des individuellen Kündigungsschutzes auf kollektiver Ebene angesehen werden, wenn - wie im vorliegenden Fall -keine Verfahrensregelung zur Herbeiführung einer Entscheidung über die Zustimmung des Betriebsrats oder der Gewerkschaft existiert. In diesem Fall beinhaltet die Ausnahme vom Kündigungsausschluss nicht lediglich eine verfahrensmäßige Absicherung durch ein Zustimmungserfordernis, sondern diese ist vollständig von der freien und nicht erzwingbaren Zustimmung Dritter abhängig. Der Insolvenzverwalter ist faktisch so gestellt, wie er bei einem völligen Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung stünde. Gerade in dieser Lage statuiert § 113 Satz 1 InsO den Vorrang des insolvenzrechtlichen Sonderkündigungsrechts.

Die Verweise des Bundesarbeitsgerichts in der Entscheidung 4 AZR 911/98 auf ähnliche Regelungen in gesetzlichen Zustimmungserfordernissen für Funktionsträger in der Betriebsverfassung, für Schwerbehinderte, Schwangere und Arbeitnehmer in Elternzeit greifen nach Auffassung der Kammer nicht. Zum einen handelt es sich dabei um gesetzliche Regelungen, die mit § 113 InsO normativ gleichrangig sind. Sodann handelt es sich bei ihnen gerade nicht um einen "vereinbarten" Kündigungsschutz, auf den allein § 113 InsO abstellt. Und schließlich fehlt es im Gegensatz zu gesetzlich ausgestalteten Zustimmungsverfahren bei der hier streitigen tariflichen Regelung aus § 3 Sanierungstarifvertrag an einer Verfahrensregelung für die Herbeiführung einer Entscheidung. Es geht daher gar nicht darum, dass das Zustimmungserfordernis - sozusagen als Reflex - lediglich den möglichen Beendigungszeitpunkt zeitlich nach hinten verlagert, sondern darum, ob eine Kündigung überhaupt möglich ist. Jedenfalls in einer derartigen Lage erfordern es Sinn und Zweck des § 113 S. 1 InsO nach Auffassung der Kammer zwingend, dem insolvenzrechtlichen Sonderkündigungsrecht Geltung zu verschaffen."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich die Kammer für das streitige Verfahren vollumfänglich an.

bb) Auch § 2 Abs. 2 TV Pakt führt dazu, dass die Ausspruch betriebsbedingter Beendigungskündigungen letztlich von dem Willen der Gewerkschaft w. abhängig wäre. Der TV Pakt sieht keine Möglichkeit zur Erzwingung eines Sozialtarifvertrages vor, der jedoch zunächst vereinbart sein müsste, um "zulässige" Kündigungen auszusprechen. Dies wurde offensichtlich nicht als erforderlich angesehen, da Sozialtarifverträge normalerweise durch Arbeitskämpfe herbeigeführt werden. In einer derartigen Situation sind aber sämtliche Arbeitskampfmittel - egal von welcher Seite - sinnlos, da die Arbeitnehmer bei einer angezeigten drohenden Masseunzulänglichkeit auch im Falle einer Aussperrung nicht schlechter stünden als durch die Freistellung ohne Entgeltanspruch. Umgekehrt könnte die Gewerkschaft auch keinen Sozialtarifvertrag erstreiken, da dem Beklagten kaum etwas gelegener käme als ein Streik. Insofern führte § 2 Abs. 2 TV Pakt in der konkreten Situation lediglich dazu, dass eine Kündigung in Ermangelung der Möglichkeit, das formelle Kündigungshindernis zu beseitigen, nie ausgesprochen werden könnte.

c) Dieser in § 2 Abs. 2 TV Pakt vereinbarte Kündigungsausschluss wird vorliegend von der Regelung des § 113 S. 1 InsO verdrängt.

Gem. § 113 S. 1 InsO kann ein Dienstverhältnis, bei dem der Schuldner der Dienstberechtigte ist, in der Insolvenz ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung gekündigt werden. Die Norm verdrängt auch tarifvertragliche Kündigungsausschüsse. Damit greift sie nicht in unzulässiger Weise in die Tarifautonomie ein (LAG Düsseldorf, Urt. v. 18.11.2015 - 4 Sa 478/15, Juris m.w.N.). Die Voraussetzungen von § 113 S. 1 InsO sind erfüllt.

d) Schließlich geht auch das von der klagenden Partei angeführte Argument des Rechtsmissbrauchs fehl.

Wenn und soweit die klagende Partei der Auffassung ist, dass der Kündigungsausschluss gemäß § 2 Abs. 2 TV Pakt gilt, da sich der Beklagte nicht auf die Regelung des § 113 S. 1 InsO berufen könne, folgt die Kammer dem nicht.

Zwar ist der klagenden Partei zuzugestehen, dass die Regelung des § 113 S. 1 InsO einer Beschleunigung und damit der Schonung des Vermögens der Insolvenzschuldnerin bzw. der Ansprüche ihrer Gläubiger dient. Jedoch verkennt die klagende Partei, dass die Unwirksamkeit eines vereinbarten Kündigungsausschlusses in der Insolvenz gemäß § 113 S. 1 InsO eine gesetzliche Vorgabe bzw. ein gesetzlicher Automatismus ist. Anhand der gesetzgeberischen Entscheidung gilt ein Kündigungsausschluss im Fall des § 113 S. 1 InsO nicht mehr. Es kommt also nicht darauf an, ob sich der Beklagte auf die gesetzliche Wertung beruft oder berufen kann. Zudem ist ein Verhalten des Beklagten, welches zur Rechtsmissbräuchlichkeit des Berufens auf die Regelung des § 113 S. 1 InsO führen würde, nach Auffassung der Kammer nicht anzunehmen.

B. Der hilfsweise geltend gemachte Nachteilsausgleichsanspruch besteht nicht.

I. Der Zahlungsantrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Bei Ansprüchen, deren Höhe ins Ermessen des Gerichts gestellt ist, reicht es aus, wenn die klagende Partei die Höhe, die sie sich ungefähr vorstellt, mitteilt. Die klagende Partei ist auch nicht gehindert, den Anspruch als Leistungsanspruch geltend zu machen, da es sich bei diesem Anspruch im Fall seiner Begründetheit jedenfalls um eine Neumasseverbindlichkeit nach § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO handelte (BAG, Urt. v. 30.05.2006 - 1 AZR 25/05, AP Nr. 5 zu § 209 InsO).

II. Der Antrag ist allerdings unbegründet. Ein entsprechender Anspruch folgt weder aus § 113 BetrVG, noch aus § 83 Abs. 3 TVPV oder aus dem TV Pakt.

1. § 113 Abs. 3 BetrVG scheidet als Anspruchsgrundlage aus, da diese Regelung gemäß § 117 Abs. 1 BetrVG im vorliegenden Fall keine Anwendung findet.

2. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 83 Abs. 3 TVPV. Auch dieser findet keine Anwendung. Denn auf Grund der zwischen § 83 Abs. 3 TVPV und § 2 Abs. 2 TV Pakt bestehenden Konkurrenz verdrängt die jüngere Regelung des TV Pakt den "älteren" § 83 Abs. 3 TVPV.

a) § 2 Abs. 2 TV Pakt ist anwendbar. Er erfasst den hiesigen Sachverhalt, da entsprechende Kündigungen ausgesprochen wurden.

b) Dem steht auch nicht die Regelung des § 3 TV Pakt entgegen, nach welchem die für das Kabinenpersonal geltenden Tarifverträge weiter uneingeschränkt zur Geltung kommen sollen. Die Tarifvertragsparteien haben konkurrierende Zuständigkeiten für die PV Kabine und w. hinsichtlich Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen geschaffen. Dies zeigt § 2 Abs. 3 TV Pakt, der für den Fall von Änderungskündigungen Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen vorrangig auf die betriebliche Ebene nach Maßgabe des TVPV verlagert. Die Tarifparteien haben die Konkurrenz damit insgesamt gesehen und bringen im Umkehrschluss zum Ausdruck, dass es bei der alleinigen Zuständigkeit der Tarifpartner bleiben sollte, sofern Beendigungskündigungen ausgesprochen werden sollen.

c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kündigungsausschluss des § 2 Abs. 2 TV Pakt - wie dargestellt - im vorliegenden Fall der Insolvenz im Ergebnis nicht zur Anwendung kommt. Insbesondere wird § 2 Abs. 2 TV Pakt dadurch nicht zu einer inhaltsleeren oder unwirksamen Regelung mit der Folge, dass keine Konkurrenz mehr zwischen § 2 Abs. 2 TV Pakt und § 83 Abs. 3 TVPV besteht und daher wieder auf § 83 Abs. 3 TVPV zurückzugreifen wäre. Es entfällt lediglich das Kündigungsverbot, nicht aber das Erfordernis, einen Sozialtarifvertrag mit w. zu vereinbaren. Verhandlungspartner bleibt w. und nicht die PV Kabine, sodass auch hinsichtlich der Rechtsfolgen bei Nichtverhandlung auf das Regelungsregime des TV Pakt und nicht des TVPV abzustellen ist.

Die Regelung des § 113 S. 1 InsO führt nicht zur Unwirksamkeit oder Unanwendbarkeit von § 2 Abs. 2 TV Pakt insgesamt, sondern lediglich zu einer partiellen Unanwendbarkeit in Bezug auf das Kündigungsverbot. Es bleibt damit auch für die Insolvenz bei der Anwendbarkeit und Wirksamkeit im Übrigen, insbesondere also bei dem Erfordernis, einen Sozialtarifvertrag abzuschließen. Zum einen besteht nach Wortlaut und Sinn und Zweck der Regelung des § 113 S. 1 InsO keinerlei Notwendigkeit die Regelungen des § 2 Abs. 2 TV Pakt weitergehend einzuschränken, als das Kündigungsverbot außer Kraft zu setzen. Zum anderen ist die gemäß Art. 9 Abs. 3 GG garantierte Tarifautonomie der Tarifvertragsparteien möglichst weitgehend zu erhalten und zu schützen.

d) Die Regelung des § 83 TV PV lebte schließlich auch nicht wegen der Regelung in § 4 des "Rahmentarifsozialplan Transfer" vom 29.09.2017 wieder auf. In § 4 des "Rahmentarifsozialplan Transfer" haben die Tarifvertragsparteien deklaratorisch darauf hingewiesen, dass es hinsichtlich der Verhandlung von Interessenausgleich und Sozialplan bei den bisher getroffenen Vereinbarungen verbleiben. Ausdrücklich weist die Regelung in § 4 des "Rahmentarifsozialplan Transfer" darauf hin, dass die bisherigen Regelungen "unberührt" von diesem Tarifvertrag bleiben sollen.

Es kann der Regelung also im Ergebnis gerade nicht entnommen werden, dass hier von den ausdifferenzierten Regelungen des § 2 TV Pakt wieder abgewichen und zu den Regelungen des § 83 TV PV zurückgekehrt werden sollte.

3. Der TV Pakt sieht für den Fall des Ausspruchs von Beendigungskündigungen vor Abschluss eines Sozialtarifvertrags über einen Interessenausgleich und Sozialplan keine Nachteilsausgleichsansprüche vor. Insbesondere lässt sich § 2 Abs. 2 TV Pakt auch nicht dahingehend auslegen, dass ein entsprechender Nachteilsausgleichsanspruch bestünde.

a) Auch tarifvertragliche Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung zugänglich, soweit damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine solche Auslegung hat daher außer Betracht zu bleiben, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht.

Demgegenüber haben die Gerichte für Arbeitssachen grundsätzlich die Pflicht, eine unbewusste Tariflücke zu schließen, wenn sich unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien ergeben. Die Tarifvertragsparteien haben in eigener Verantwortung darüber zu befinden, ob sie eine von ihnen geschaffene Ordnung beibehalten oder ändern. Solange sie daran festhalten, hat sich eine ergänzende Auslegung an dem bestehenden System und dessen Konzeption zu orientieren. Die Möglichkeit zur ergänzenden Tarifauslegung scheidet erst aus, wenn den Tarifvertragsparteien ein Spielraum zur Lückenschließung bleibt und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen bleiben muss, die von ihnen für angemessen gehaltene Lösung zu finden (vgl. z.B. BAG, Urt. v. 29.04.2004 - 6 AZR 101/03, AP Nr. 2 zu § 26 BAT).

b) Hier bestehen im Ergebnis verschiedene Möglichkeiten, wie die Tarifvertragsparteien den Fall geregelt hätten, dass das Kündigungsverbot in § 2 Abs. 2 TV Pakt aufgrund einer Insolvenz von § 113 S. 1 InsO verdrängt wird.

In Betracht kommt, dass sie einen entsprechenden Nachteilsausgleichsanspruch in § 2 Abs. 2 TV Pakt geregelt hätten (hierzu etwa BAG, 24.04.2007 - 1 AZR 252/06, Rn. 77 ff). Denkbar wäre aber auch, dass sie ein Verfahren zur Erzwingung eines Sozialtarifvertrages vereinbart hätten. Möglich wäre ebenso, dass sie die Zuständigkeit für diesen Fall wieder auf die PV Kabine übertragen hätten, also ein Rückfall auf § 83 Abs. 3 TVPV.

Dieses Ergebnis mag als widersprüchlich empfunden werden, ist jedoch Ausfluss der aus Art. 9 Abs. 3 GG folgenden Tarifautonomie, die § 117 Abs. 2 BetrVG widerspiegelt. Die Tarifvertragsparteien können einen einmal gewährten Anspruch wieder entfallen lassen.

Wenn aber eine Lücke in der tarifvertraglichen Regelung entsteht und mehrere Regelungsmöglichkeiten bestehen, ist es nicht an den Arbeitsgerichten, diese Lücke zu schließen.

C. Da der klagenden Partei kein Nachteilsausgleichsanspruch zusteht, ist im Ergebnis nicht nur der auf die Zahlung des Nachteilsausgleichs gerichtete Klageantrag, sondern auch der hilfsweise geltend gemachte auf die Feststellung des Bestehens eines Nachteilsausgleichsanspruchs gerichtete Antrag abzuweisen. Allerdings ist der Antrag bereits unzulässig. Ein Feststellungsinteresse besteht nämlich nicht, da der Anspruch - als Neumasseverbindlichkeit (vgl. BAG, Urt. v. 30.05.2006 - 1 AZR 25/05, AP Nr. 5 zu § 209 InsO) - im Wege der Leistungsklage geltend gemacht werden kann (siehe oben).

D. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 ZPO. Den Streitwert hat das Gericht gem. § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festgesetzt. Für den Kündigungsschutzantrag wurden drei Bruttomonatsgehälter der klagenden Partei festgesetzt, der auf Zahlung gerichtete Nachteilsausgleichanspruch und der Feststellungsantrag wurden einheitlich mit dem Nennwert des Zahlungsantrags berücksichtigt.