OLG Hamm, Beschluss vom 30.01.2019 - 20 W 3/19
Fundstelle
openJur 2019, 29380
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 10.01.2019 gegen den Beschluss des Landgerichts Bielefeld vom 19.12.2018 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 7.000,- € festgesetzt.

Gründe

1.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 91a Abs. 2 S. 1, 99 Abs. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere innerhalb der zweiwöchigen Notfrist des § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt.

In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

a)

Soweit das Landgericht hinsichtlich des Klageantrags zu 1) durch Teilanerkenntnisurteil entschieden hat, ergibt sich dies aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne von § 93 ZPO liegt nicht vor. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte vorprozessual Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat. Jedenfalls erfolgte ihr im Termin am 11.10.2018 erklärtes Anerkenntnis nicht mehr sofort im Sinne dieser Vorschrift.

Dies gilt unabhängig davon, ob die Klage entsprechend der Ansicht der Beklagten möglicherweise vor der Vorlage der Abtretungserklärung durch die Klägerin unschlüssig war. Zwar kann Fällen, in denen eine Klage erst im Laufe des Rechtsstreits schlüssig wird, durchaus noch ein sofortiges Anerkenntnis erfolgen (BGH, Beschluss vom 03.03.2004 - IV ZB 21/03, NJW-RR 2004, 999). Auch dann ist es aber nicht stets ausreichend, wenn dieses Anerkenntnis im nächsten mündlichen Verhandlungstermin erfolgt. Vielmehr folgt aus der allgemeinen Prozessförderungspflicht der Parteien, dass der Zeitraum bis zu dem nächsten angesetzten Termin nicht unabhängig von der Länge abgewartet werden kann, sondern das Anerkenntnis auch dann innerhalb einer - jeweils nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden - angemessenen Prüfungsfrist erklärt werden muss (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.09.2017 - 1 W 53/16, NJW 2018, 1764; OLG Saarbrücken, Urteil vom 06.06.2017 - 1 W 18/17, BeckRS 2017, 114587; OLG Celle, Anerkenntnisurteil vom 26.02.2009 - 6 U 141/08, BeckRS 2009, 8696). An der vom Kammergericht Berlin (Beschluss vom 27.07.2007 - 8 W 43/07, MDR 2008, 164) früher vertretenen abweichenden Auffassung hat die nunmehr einheitliche obergerichtliche Rechtsprechung, welche auch im Anschluss an die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30.05.2006 (VI ZB 64/05, NJW 2006, 2490, dort Rn. 20 f.) ergangen ist, nicht festgehalten.

Der Senat kann offen lassen, ob für ein "sofortiges" Anerkenntnis in der Regel keine längere Überlegungsfrist als eine Woche (entsprechend § 132 Abs. 1 S. 1 ZPO, so OLG Celle a.a.O.) oder zwei Wochen (entsprechend § 274 Abs. 3 ZPO, so Leube, NJW 2018, 1764 [1766]) einzuräumen ist. Jedenfalls im vorliegenden Fall, in dem die Abtretungserklärung durch den Kläger mit Schriftsatz vom 16.08.2018 (GA 114 f.) überreicht wurde, das Anerkenntnis aber erst im Termin vom 11.10.2018 (GA 117) erfolgte, ist die angemessene Überlegungsfrist überschritten (so auch für einen etwa zweimonatigen Zeitraum OLG Saarbrücken BeckRS 2017, 114587). Dies gilt umso mehr, als die Inaugenscheinnahme einer Urkunde gemäß § 371 Abs. 1 ZPO entbehrlich ist, wenn keine Partei die Unzulänglichkeit einer dazu überreichten Fotokopie darlegt (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 371 Rn. 4). Welcher Erkenntnisgewinn von der Inaugenscheinnahme des Originals der Abtretungsurkunde zu erwarten war, ist weder seitens der Beklagten vorgetragen noch sonst ersichtlich.

b)

Auch hinsichtlich der Klageanträge zu 2) und 3) hat das Landgericht die Kosten zu Recht gemäß § 91a ZPO der Beklagten auferlegt. Spätestens nach der Abtretung standen dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche zu, was die Beklagte auch durch die erfolgte Zahlung dokumentiert hat.

Hinsichtlich der Unanwendbarkeit der Grundsätze von § 93 ZPO gelten die oben gemachten Erwägungen entsprechend, zumal die Beklagte den Zahlungsantrag zu 3) noch später anerkannt hat.

c)

Der Kläger hat schließlich nicht deshalb einen Teil der Kosten zu tragen, weil er seine Klage zunächst gegen die X Versicherungs-AG, im weiteren Verlauf dann gegen die Q AG gerichtet hat. Hierbei handelt es sich nicht um eine (subjektive) Klageänderung, sondern lediglich um eine Berichtigung des Rubrums, da die X Versicherungs-AG nach dem Vorbringen der Beklagten auf die Q AG verschmolzen wurde und mithin nicht mehr rechtlich existent ist. Unklarheiten darüber, welche juristische Person auf Beklagtenseite Partei des vorliegenden Rechtsstreits werden sollte, bestanden deshalb nicht.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

3.

Bei der Bemessung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren hat der Senat berücksichtigt, dass die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) nur nach dem reduzierten Streitwert für die erste Stufe der Auskunftsklage angefallen ist (Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 254 Rn. 17; vgl. auch OLG Saarbrücken, Beschluss vom 26.04.2012 - 5 W 52/12, juris Rn. 32). Die Gerichtsgebühr ist demgegenüber nach dem vollen für den Leistungsantrag anzusetzenden Streitwert (§ 44 GKG) zu bemessen; das Anerkenntnis auf den ersten beiden Stufen führte nicht zu einer Reduktion gemäß Nr. 1211 KV GKG, weil dies eine Beendigung des gesamten Verfahrens erfordert hätte, die hier aber nicht vorliegt (BeckOK KostR / Stix, 24. Aufl. 2018, GKG KV 1211 Rn. 8; vgl. auch Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 07.03.2014 - 1 W 83/14, juris). Entsprechendes gilt gemäß § 15 Abs. 3 RVG für die anwaltlichen Verfahrensgebühren nach Nr. 3100 VV RVG, die ebenfalls nach dem höchsten Wert erwachsen (Zöller/Greger, a.a.O.).