SG Aachen, Urteil vom 28.01.2015 - S 10 U 77/12
Fundstelle
openJur 2019, 29344
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) einen Anspruch auf Anerkennung der Berufskrankheit (BK) nach Nr. 1301 (Schleimhautveränderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine) der Anlage 1 der Berufskrankenheitenverordnung (BKV) hat.

Bei dem im Jahr 0000 geborenen Kläger wurde im Dezember 0000 ein Harnblasenkarzinom festgestellt und eine transurethrale Blasentumorresektion durchgeführt. Die Krankenkasse des Klägers, meldete unter dem 00.00.00 einen Verdacht auf Berufskrankheit.

Der Kläger ist gelernter Kfz-Mechaniker und war in diesem Beruf wie folgt tätig:

1. 00.00.0000 bis 00.00.0000 Firma G. 2. 00.00.0000 bis 00.00.0000 Autohaus D., I. 3. 00.00.0000 bis 00.00.0000 Autolackiererei I., I.

Bei diesen Tätigkeiten kam er nach eigenen Angaben in Kontakt mit Öl, Schmierstoffen, Bremsbelagsabrieb, Reinigern, Unterbodenschutz, Lacken und Schweißrauchen.

Vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 arbeitete er für die T. in N ... Hier wurden Motoren für Panzer und Lkw repariert, deren Teile in erhitzten Laugen gereinigt wurden. Am Motorenprüfstand habe Exposition auf Diesel und Abgase bestanden. Vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 arbeitete der Kläger unter Tage (Reparatur von Lokomotiven) in der Zeche T. in I ...

Den größten Teil seines Berufslebens verbrachte der Kläger als Kfz-Mechaniker bei verschiedenen Bauunternehmungen, nämlich

1. vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 bei der Firma I. GmbH, V. 2. 00.00.0000 bis 00.00.0000 wiederum Firma I. 3. 00.00.0000 bis 00.00.0000 Bauunternehmung G., V. 4. 00.00.0000 bis 00.00.0000 Q. Hoch- und Tiefbau, F. 5. 00.00.0000 bis 00.00.0000 Bauunternehmen F., B. 6. 00.00.0000 bis 00.00.0000 Bauunternehmen B., X. 7. ab 00.00.0000 bei Firma T., Bauunternehmung B.

In der Folgezeit wurden die Ermittlungen über die Arbeitsbedingungen bei den jeweiligen Arbeitgebern durch den Technischen Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten, der Beklagten ? Abteilung Tiefbau ?, der C. sowie der D. durchgeführt. Die Beklagte veranlasste alsdann eine Aktenbegutachtung durch E ... Dieser sah in seinem Gutachten vom 00.00.0000 keine Hinweise auf eine Gefährdung durch krebserzeugende aromatische Amine.

Die Beklagte lehnte daraufhin die Feststellung der BK 1301 mit Bescheid vom 00.00.0000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 00.00.0000 ab.

Hiergegen hat der Kläger unter dem Aktenzeichen S 9 U 14/02 Klage beim Sozialgericht Aachen erhoben. Im Rahmen dieses Verfahrens hat das Gericht eine Auskunft der Firma F. GmbH vom 00.00.0000 eingeholt und zu der Tätigkeit des Klägers dort den Zeugen X. vernommen. Es hat Nachforschungen zu einer evtl. Teerhaltigkeit von Unterbodenschutz angestellt (Auskunft der Firma Y. vom 00.00.0000; Auskunft des Umweltbundesamtes vom 00.00.0000; Analyse einer vom Kläger eingereichten Unterbodenschutzprobe durch das Berufsgenossenschaftliche Institut für Arbeitssicherheit ? Ergebnis vom 00.00.0000). Es hat über die Beklagte Inhaltsanalysen der vom Kläger benannten Werkstoffe Bentonit und Plastikol (Werkstoff der Firma E.) beigezogen, außerdem eine Untersuchung des Asphaltinstituts, M., USA zu der Frage, bis wann in dänischen Straßendecken Steinkohlenteer verwendet wurde. Darüber hinaus hat das Gericht bei der Firma T. um Auskunft gebeten, ob der Kläger bei seiner Tätigkeit in der Werkstatt Kontakt zu erhitzten Rückständen aus Teerdecken hatte und des Weiteren bei bauausführenden Behörden angefragt, ob bei vom Kläger in Bezug genommenen Straßenbauaufträgen der Firma T. eine Entsorgung von teerhaltigem Material angefallen ist (Auskunft der Stadt B. vom 00.00.0000; Auskunft des Kreises E. vom 00.00.0000). Nachdem der vom Gericht beauftragte Arbeitsmediziner L., B. in seinem Gutachten vom 00.00.0000 nebst ergänzender Stellungnahme vom 00.00.000 zu der Einschätzung gelangt ist, dass der Nachweis einer relevanten Exposition gegenüber aromatischen Aminen nicht geführt werden kann, wurde durch Urteil vom 00.00.0000 die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung wurde durch Urteil des Landessozialgerichts NRW vom 00.00.0000 als unbegründet zurückgewiesen. Die gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde wurde durch Beschluss des Bundessozialgerichts vom 00.00.0000 als unzulässig verworfen.

Im Juni 0000 stellte der Kläger bei der Beklagten telefonisch einen Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 00.00.0000. Mit Schreiben vom 00.00.0000 führte der Kläger hierzu aus, dass in dem ursprünglichen Feststellungsverfahren einige Fehler gemacht worden seien.

"Beispiel: 1 Die Stadt C. wurde in der Zeit vom 0000 bis zum 00.00.0000 mit Kokerei Gas aus der Zeche B. versorgt. Dieses wurde über ein Leitungsnetz von B. aus zur Stadt C. transportiert. Diese Leitungen wurden in der ich bei der Firma T. beschäftigt war saniert. Bei der Sanierung war ich immer dabei auch am Wassertopf 3 um nur einen zu nennen. Von diesem Aushub wurden Proben entnommen die durch das Lebensmittel ? Untersuchungsamt T. untersucht wurden. Festgestellt wurde Verunreinigungen des durch Kohlenwasserstoffe und polyaromatische Kohlenwasserstoffe. Nachweis ist vorhanden.

Beispiel: 2 Teerdecken im Gebiet K ... Im Zuge von Straßenbelag Erneuerung wurden Straßendecken teil erneuert. Diese Teerdecken wurden mit einem Fugenschneider angeschnitten und anschließend mit einem Bagger aufgebrochen. Beim Anschneiden der Teerdecken entstand eine Staubwolke der ich Ausgesetzt war. Belege über die Entsorgung der Teerhaltigen Straßendecke liegen vor.

Beispiel: 3 Lackierarbeiten im Betrieb T ... Diese Arbeiten wurden in geschlossenen Räumen ohne Absauganlage durchgeführt. Im ersten Verfahren habe ich das Ganze Ausführlich beschrieben.

Beispiel: 4 Reparaturarbeiten an Teerverarbeitende Maschinen. Durch Erhitzen der angehafteten Teermasse konnte man die Teerklumpen Entfernen und die Schadhafte Stelle Reparieren. Durch das Erhitzen werden PAK freigesetzt die ich in einen Abstand von 30 cm eingeatmet habe.

Beispiel: 5 Auftrag schweißen mit Chrom Nickel Elektroden an Baggerschaufeln und anderen Baugeräten. Für diese Arbeiten gilt das gleiche wie unter Beispiel 5 aufgeführt ist.

Beispiel: 6 Arbeiten an LKW Bremsanlagen im Anfang der siebziger Jahre bei der Firma Q. in P ... Zu dieser Zeit wurden Bremsbeläge noch mit Asbest verarbeitet. Bei diesen Arbeiten war man in einem Abstand von 20 cm den anfallenden Staub der Bremsbeläge ausgesetzt.

Beispiel: 7 Petroleum. Mit diesem Gefahrstoff bin ich schon in meiner Lehrzeit und bei der Firma F. aus B. Ende der siebziger Jahre in Berührung gekommen. Petroleum wurde zur Reinigung von Verschmutzen Teilen gebraucht. Besonders bei der Firma G. in B. wo ich meine Lehre und Gesellenzeit bis kurz vor meiner Einberufung zur Bundeswehr verbrachte."

In der daraufhin von der Präventionsabteilung angeforderten Stellungnahme führte der S. am 00.00.0000 aus, dass betreffend von dem Kläger nunmehr noch einmal aufgeführten 7 Gefährdungen, denen er während seines Berufslebens ausgesetzt war, bereits im ersten Verfahren ausführlich Stellung genommen worden sei. Soweit der Kläger auf das DGUV-Rundschreiben 0124/211 vom 00.00.0000 Bezug nehme, ergäben sich daraus auch keine neuen Erkenntnisse für den hier zu beurteilenden Fall. Beim DGUV-Rundschreiben 0124/2011 vom 00.00.0000 gehe es um eine Änderung der BKV zur BK-Nr. 1301, in der das aromatische Amin o-Toluidin, das jetzt als krebserzeugend der Kategorie K1 eingestuft ist, zu den bisher bekannten K1-Aminen als Auslöser für Blasenkrebs hinzugenommen wird. Dieses Amin sei wie das 2-Naphthylamin als Verunreinigung in Teerprodukten enthalten, aber auch wie dieses oxidationsempfindlich, so dass es in Altteer nicht mehr nachgewiesen werden konnte. Da für den Erkrankten kein konkreter Kontakt zu frischem Teer nachgewiesen werden konnte, sei für ihn auch eine Exposition zu o-Toluidin auszuschließen. In diesem Zusammenhang wurde in der Stellungnahme der TBG vom 00.00.0000 festgestellt, dass bereits seit 0000 Mischgut auf Bitumenbasis eingesetzt worden sei und deshalb eine Exposition durch aromatische Amine auszuschließen sei, da in Bitumen keine aromatischen Amine enthalten sei. Dies beziehe sich auf die ab 0000 durchgeführten Reparaturen von "Teermaschinen" durch den Erkrankten mit dem Entfernen von anbackendem Asphalt, der damals bereits bituminös gewesen sei. Im "BK-Report 2/2011 Aromatische Amine" werde die für die einzelnen Berufe und Tätigkeiten möglichen Expositionen durch krebserzeugende aromatische Amine beschrieben, wobei auch die vom Erkrankten geschilderten Arbeiten berücksichtigt werde. In diesem BK-Report seien alle alten und neuen Erkenntnisse zusammengefasst.

Auch die neuen Erkenntnisse ergäben aber für die Tätigkeiten des Erkrankten ebenfalls keine Expositionen im Sinne der BK 1301. Somit ändere sich nichts an der früheren Bewertung, die zum LSG-Urteil geführt hat.

Gestützt auf diese Stellungnahme lehnte die Beklagte daraufhin durch Bescheid vom 00.00.0000 eine Rücknahme des Bescheides vom 00.00.0000 gemäß § 44 SGB X ab. Sie führte hierzu aus, dass nach dem Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen bei Erlass das Recht nicht unrichtig angewandt und auch nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Bei dem Rundschreiben der DGUV Nr. 0124/11 sei es um eine Änderung der BKV zur BK-Nr. 1301 gegangen, in der das aromatische Amin o-Toluidin zu den bis dato bekannten K1 Aminen als Auslöser für Blasenkrebs hinzugekommen sei. Da im Rahmen des Feststellungsverfahrens kein konkreter Kontakt zu frischem Teer nachgewiesen werden konnte, sei für den Kläger auch eine berufliche Exposition zu o-Toluidin ausgeschlossen. Eine Rücknahme nach § 44 SGB X sei daher abzulehnen.

Der hiergegen eingelegte Widerspruch vom 00.00.0000 wurde nicht weiter durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers begründet, so dass die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 00.00.0000 als unbegründet zurückwies.

Hiergegen richtet sich die am 00.00.0000 erhobene Klage. Zur Begründung führt der Prozessbevollmächtigte aus, dass Beklagtenseits unzutreffender Weise davon ausgegangen werde, dass der Kläger keinen konkreten Kontakt zu frischem Teer hatte. Darüber hinaus seien neuere Erkenntnisse der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 0000 über die krebserregende Wirkung von Dieselabgasen zu berücksichtigen. Zu dem von Amts wegen eingeholten Gutachten von Q. vom 00.00.0000 sowie dessen ergänzender Stellungnahmen vom 00.00.0000 und 00.00.0000 macht der Prozessbevollmächtigte geltend, dass der Umgang des Klägers mit eingefärbten Schmierfetten nicht hinreichend gewürdigt worden sei. Auch der nach § 109 SGG benannte Sachverständige C. sei in seinem Gutachten vom 00.00.0000 von einer zu geringen Exposition des Klägers gegenüber Fetten, Teeren, Teerdämpfen und Dieselgasen ausgegangen.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt:

Die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 00.00.0000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 00.00.0000 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 00.00.0000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 00.00.0000 zu verurteilen, bei dem Kläger die Berufskrankheit nach Nr. 1301 der BKV anzuerkennen und dem Kläger Verletztenrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt:

Die Klage abzuweisen.

Sie hält die getroffene Verwaltungsentscheidung für zutreffend. Sie macht insbesondere geltend, dass nach der Stellungnahme des S. von der Präventionsabteilung der Beklagten vom 00.00.0000 eine generelle Exposition gegenüber 2-Naphthylamin bei der ungeschützten Bearbeitung (dermale-Exposition) von Schmierfetten in der Vergangenheit nicht angenommen werden könne. In der Gesamtschau lägen daher die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheides vom 00.00.0000 gemäß § 44 SGB X nicht vor.

Das Gericht hat zur Abklärung des Sachverhaltes und zur Frage, ob und in welchem Umfang der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeiten aromatischen Aminen ausgesetzt war, zunächst ein arbeits- und sozialmedizinisches Gutachten von Q. vom 00.00.0000 sowie dessen ergänzender Stellungnahmen vom 00.00.0000 und 00.00.000 eingeholt.

Auf Antrag des Klägers erstattete alsdann noch C. sein arbeitsmedizinisches Fachgutachten gemäß § 109 SGG vom 00.00.0000. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Gutachten und ergänzenden Stellungnahme verwiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Vorprozessakte S 9 U 14/02 und den beigezogenen BK-Report 2/2011 ? aromatische Amine ? verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Kläger wird durch den Bescheid der Beklagten vom 00.00.0000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 00.00.0000 nicht beschwert, weil dieser nicht rechtswidrig ist (§ 54 Abs. 2 SGG). Die Beklagte hat zutreffend eine Rücknahme des Bescheides vom 00.00.0000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 00.00.0000 gemäß § 44 SGB X abgelehnt, da dieser nicht unrichtig ist und auch die Beklagte nicht von einem Sachverhalt ausgegangen ist, der sich als unrichtig erwiesen hat. Zu Recht hat die Beklagte die Anerkennung der BK nach Nr. 1301 der BKV abgelehnt, weil die entsprechenden Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.

Nach § 7 Abs. 1 SGB VII sind Versicherungsfälle in der gesetzlichen Unfallversicherung Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Letzteres sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheit bezeichnet und die Versicherte infolge einer dem Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründeten Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheitenverordnung (BKV) vom 31.10.1997 erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheit anerkannten Krankheiten aufgeführt sind.

Bei einer Listen-BK lassen sich im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die ggfls. bei einzelnen Listen-Berufskrankheiten einer Modifikation bedürfen (vgl. BSG in SozR 4 ? 5671, AnL. 1 Nr. 3101 Nr. 3):

Die Verrichtung einer ? grundsätzlich ? versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggfls. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausführende Kausalität) ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Wie bei einem Arbeitsunfall müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises ? also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ? vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 00.00.0000 Az.: B 2 U 11/12 R m.w.N.; BSG in SozR 4 ? 2700, § 9 Nr. 14 Rdnr. 9 m.w.N.; BSG in SozR 4 ? 5671 AnL. 1 Nr. 4111 Nr. 3).

Berufskrankheiten sind gemäß § 1 BKV die in der dortigen Anlage 1 bezeichneten Krankheiten, die der Versicherte infolge einer dem Versicherungsschutz des Siebten Buches Sozialgesetzbuch begründenden Tätigkeit erleidet. Unter Nr. 1301 dieser Anlage zu § 1 BKV hat der Gesetzgeber Schleimhautveränderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine als BK anerkannt.

Die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit des Klägers bei seinen Arbeitgebern ist gegeben. Auch ist ein Harnblasenkarzinom diagnostiziert. Diese Erkrankung kann grundsätzlich durch aromatische Amine verursacht werden (vgl. dazu das Merkblatt zur BK 1301).

Maßgeblich ist daher, ob das Harnblasenkarzinom, das beim Kläger aufgetreten ist, wesentlich durch die mit der versicherten Tätigkeit im Zusammenhang stehenden Einwirkungen (sachlicher Zusammenhang) hervorgerufen wurde (Einwirkungskausalität).

Nach dem Gesamtergebnis der Ermittlungen im Rahmen des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger während seiner beruflichen Tätigkeit im gewissen Umfang aromatischen Aminen ausgesetzt war, es lässt sich jedoch nicht der nach Ziffer 1301 der Anlage zur BKV erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dieser Schadstoffexposition und dem Ausbruch der Harnblasenkrebserkrankung feststellen.

Die erforderliche Kausalbeziehung zwischen der Schadstoffeinwirkung und dem Krankheitsausbruch ließe sich nur dann bejahen, wenn Letztere mit zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit auf den beruflichen Kontakt mit aromatischen Aminen zurückzuführen wäre. Im vorliegenden Fall vermag die Kammer auch unter Berücksichtigung aller Ergebnisse der Beweisaufnahme, der Ausführungen der beauftragten Sachverständigen und der besonderen Arbeitsbedingungen des Versicherten nicht die erforderliche Wahrscheinlichkeit für einen solchen Kausalzusammenhang zwischen den Einwirkungen aromatischer Amine und dem Ausbruch der Krebserkrankung zu bejahen. Sie vermag sich nicht davon zu überzeugen, dass mehr für eine beruflich bedingte, durch den Kontakt mit aromatischen Aminen vermittelnde Krankheitsentstehung, als für eine schicksalshafte Erkrankung an Blasenkrebs spricht. Die Kammer schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Q. in seinem Gutachten vom 00.00.0000 sowie dessen ergänzenden Stellungnahmen vom 00.00.0000 und 00.00.0000 an. Die Darlegungen des Sachverständigen Q. beruhen auf umfangreichen Untersuchungen und Befragungen des Klägers. Die Kammer sieht keinen Anlass an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen Q. zu zweifeln. Auch der von dem Kläger selbst benannten Sachverständige C. ist seinem Gutachten vom 00.00.0000 ebenfalls zu der Einschätzung gelangt, dass eine wesentliche Ursächlichkeit im o.g. Sinne hier nicht nachgewiesen werden kann. Die Ausführungen der Sachverständigen Q. und Prof. C. decken sich insoweit auch mit den Darlegungen von L., die dieser im Rahmen des Vorverfahrens S 9 U 14/02 in seinem Gutachten und seiner ergänzenden Stellungnahme gemacht hat. In der Gesamtschau ist daher festzuhalten, dass die Beklagte zu Recht die Voraussetzungen nach § 44 SGB X für eine Rücknahme des Bescheides vom 00.00.0000 als nicht gegeben angesehen hat.

Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 193 SGG abzuweisen.