OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.06.2019 - 2 A 670/17
Fundstelle
openJur 2019, 29120
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 4 K 3770/15
Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 30. Oktober 2015 verpflichtet, der Klägerin den mit Antrag vom 26. Juni 2015 beantragten bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheid für die Errichtung eines Lebensmitteldiscountmarktes mit einer Verkaufsfläche von ca. 1.200 m² auf dem Grundstück C. Straße 1 in ... I. unter Ausklammerung des Rücksichtnahmegebots und der Fragen der Erschließung und des Maßes der baulichen Nutzung zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt einen planungsrechtlichen Bauvorbescheid für die Errichtung eines Lebensmitteldiscountmarktes mit einer Verkaufsfläche von ca. 1.200 m² inkl. Stellplatzanlage auf dem Grundstück C1. Straße 1 in ... I. (Gemarkung I1. , Flur .., Flurstücke .., Gemarkung I. Flur .., Flurstücke ..., ...).

Das Vorhabengrundstück liegt südlich der C1. Straße im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ./.. "Gewerbegebiet C1. Straße" der Beklagten, dessen Planurkunde den Zusatz aufweist: einfacher Bebauungsplan nach § 9 Abs. 2a BauGB in Verbindung mit § 13 BauGB (im Weiteren Bebauungsplan Nr. ./..). Der Rat der Beklagten beschloss diesen Bebauungsplan in seiner Sitzung am 14. Juli 2011 als Satzung. Der Plan kennzeichnet zeichnerisch den Geltungsbereich des Bebauungsplans und enthält im Weiteren als Festsetzung allein die folgende textliche Festsetzung zum Einzelhandelsausschluss im Plangebiet:

Art der baulichen Nutzung § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGBNutzungsausschluss im Geltungsbereich des Bebauungsplans gemäß § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO:Die Nutzung Einzelhandel ist nicht zulässig.

Ausnahme "Handwerkerprivileg".

Ausnahmsweise können Verkaufsstätten von produzierenden, reparierenden oder weiterverarbeitenden Betrieben oder Handwerksbetrieben gemäß § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen werden, wenn die Verkaufsfläche

dem Hauptbetrieb räumlich zugeordnet ist,

im betrieblichem Zusammenhang errichtet ist,

dem Hauptbetrieb flächenmäßig und umsatzmäßig deutlich ungeordnet ist.

Das Plangebiet wird im Norden durch die F. und die S-Bahn-Linie sowie im Süden durch die Bahnhauptstrecke I. -L. begrenzt. Im Westen reicht es bis zur I2.-----straße und zu der Straße "Im F1. ", im Osten nördlich der X2.-- Straße bis einschließlich des bestehenden Parkplatzes, südlich der X2.-- Straße bis an das Plangebiet des Bebauungsplans Nr. ./.. (...), Teil 1, "Gewerbegebiet C1. Straße/S. Weg" in der Fassung seiner 1. Änderung.

Zum Anlass der Planung führt die Planbegründung u. a. aus: Der Rückgang des produzierenden Gewerbes habe in der Vergangenheit zunehmend zu vielen Leerständen geführt - insbesondere Hallen -, in denen sich ohne großen Aufwand auch großflächige Einzelhandelsbetriebe unterbringen ließen. Untersuchungen zu den Potenzialen der Gewerbeflächen in I. hätten ergeben, dass es aufgrund der Topografie und zu berücksichtigenden Restriktionen im Freiraum nur noch geringe Entwicklungsmöglichkeiten für Gewerbeflächen im Außenbereich gebe. Der Ausnutzung vorhandener Reserven im Innenbereich komme somit besondere Bedeutung zu. Dem zunehmenden Konkurrenzdruck auf Gewerbeflächen durch profitablere Nutzungen wie Einzelhandel müsse konsequent begegnet werden. Das Plangebiet werde durch einen Baumarkt, einen Möbelmarkt, Fahrzeughandel, Tankstellen, Speditionen, eine Handelsgesellschaft, produzierendes Gewerbe und Wohnen geprägt. Zwischen all diesen Nutzungen befänden sich etliche Leerstände. Von den Grundstückseigentümern werde immer wieder der Wunsch geäußert, hier Einzelhandel anzusiedeln. Auch die zentralen Versorgungsbereiche in I1. und X.-- hätten zunehmend mit Leerständen zu kämpfen. Ein kompaktes, durchgängiges Einzelhandelsangebot in diesen Hauptgeschäftsbereichen sei jedoch Voraussetzung für ein attraktives und leistungsstarkes Versorgungszentrum. Somit habe die Steuerung der Einzelhandelsbetriebe an diesem Standort oberste Priorität. Dies funktioniere allerdings nur durch einen konsequenten Ausschluss außerhalb dieser Bereiche.

Im Weiteren wird unter der Thematik "Einzelhandel" unter Ziffer 1 der "Schutz der zentralen Versorgungsbereiche in I1. und X.-- " erläutert. Durch potentielle Einzelhandelsansiedlungen innerhalb des Plangebietes könnten neben der City insbesondere die genannten Zentren gefährdet werden. Das Zentrum I3. Mitte liege in einer Entfernung von ca. 1300 m. Zu diesem Zentrum führe der Gutachter des Einzelhandelskonzeptes der Stadt I. aus, im Bezirk I. -I1. sei im Hinblick auf die bestehenden Angebotsstrukturen zukünftig bei Erweiterungen und Neuansiedlungen in einem besonderen Maße auf den lagebezogenen "richtigen" Standort zu achten. Dies gelte insbesondere hinsichtlich nahversorgungsrelevanter und zentrenrelevanter Sortimente an dezentralen Standorten vor dem Hintergrund eines Auf- und Ausbaus zentraler Bereiche bzw. der Stärkung ihrer Versorgungsfunktion. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sich zurzeit aufgrund eines hohen Anteils von Brachflächen ein hoher Handlungsdruck auf Folgenutzungen abzeichne, die im Falle einer Ausrichtung auf Einzelhandel mit den Zielen und Grundsätzen des Einzelhandelskonzeptes zu vereinbaren sein sollten; vor allem sollten zentrenschädliche Einwicklungen ausgeschlossen werden. Zum Zentrum X.-- führt die Planbegründung aus, dieses liege ca. 1.400 m zum Bebauungsplan Nr. ./.. (620) "Gewerbegebiet X1.-- Straße". Es gelte dieses zu erhalten bzw. zu stärken. Dort sei es aufgrund der kleinteiligen Struktur bekanntlich schwierig, nahversorgungsrelevante Einzelhandelsanbieter mit der heute aus Betreibersicht geforderten Markteintrittsgröße von mehr als 800 m² in die gewachsenen Zentren zu integrieren. Die Ansiedlung solcher Betriebe auf "bequemen" Flächen in Gewerbegebieten widerspreche den genannten Zielsetzungen des Einzelhandelskonzeptes, da die zentralen Versorgungsstrukturen damit nicht konkurrieren könnten. Städtebaulich negative Auswirkungen wären die Folge. Ohne entsprechende Festsetzungen in Bebauungsplänen ließen sich Ansiedlungen von z. B. Discountern unterhalb der Großflächigkeit in der Regel nicht verhindern. Sofern auch ein einzelner Betrieb für sich allein genommen möglicherweise noch keine Gefährdung der zentralen Versorgungsbereiche verursache, so sei die Summe der Wirkungen solcher Betriebe außerhalb der Zentren von städtebaulicher Bedeutung. Daher sei im Einzelhandelskonzept der Grundsatz verankert worden, dass in Gewerbegebieten zukünftig grundsätzlich kein Einzelhandel mehr mit Ausnahme des sogenannten Handwerkerprivilegs zugelassen werden solle. Damit werde das Ziel verfolgt, den Einzelhandel in die zentralen Versorgungsbereiche und (bezogen auf die Nahversorgung) in die Gebiete zu lenken, in denen die Menschen wohnen. Neben den zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten sollten auch nicht zentrenrelevante Sortimente ausgeschossen werden, um einerseits den gewerblichen Nutzungen den Vorrang einzuräumen und andererseits auch die nicht zentrenrelevanten Sortimente auf die bereits bestehenden sowie die beschlossenen zusätzlichen Fachmarktstandorte (ehemaliges C2. ) zu lenken. Unter Ziffer 2 "Vorrang für das Gewerbe in den gewerblichen Bauflächen der Stadt I. " wird in der Planbegründung das Flächendefizit für gewerbliche Bauflächen hervorgehoben. Als Konsequenz müssten die bereits im Flächennutzungsplan enthaltenen und für Gewerbe vorgesehenen Flächen vorrangig für produzierende Gewerbebetriebe vorgehalten werden. Abschließend heißt es in der Begründung, das Verfahren könne nach § 13 BauGB im vereinfachten Verfahren durchgeführt werden. Gemäß § 9 Abs. 2a BauGB werde in diesem Verfahren zur Sicherung des zentralen Versorgungsbereichs die Nutzung "Einzelhandel" ausgeschossen.

Am 26. Juni 2015 beantragte die Klägerin die Erteilung eines Bauvorbescheides für die Errichtung eines Lebensmitteldiscountmarktes mit einer Verkaufsfläche einschließlich Eingangskoffer, Vorraum und Leergutlager von ca. 1.200 m² und ca. 118 Stellplätzen, mit der Frage, ob das Vorhaben bauplanungsrechtlich, hilfsweise beschränkt auf die Prüfung der Nutzungsart des Marktes, zulässig sei. Erläuternd führte die Klägerin aus, die Klärung und Prüfung eines etwaigen Lärmkonfliktes mit der in der Nähe befindlichen Wohnbebauung solle dem Genehmigungsverfahren vorbehalten bleiben und nicht Gegenstand des Bauvorbescheidsverfahrens sein.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 30. Oktober 2015 ab und führte zur Begründung aus: Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Es solle im Geltungsbereich des seit dem 21. Juli 2011 rechtsverbindlichen Bebauungsplans Nr. 4/10 verwirklicht werden. Dieser weise das Vorhabengrundstück als Gewerbegebiet aus. Der beantragte großflächige Markt sei gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO aber nur in Kerngebieten und festgesetzten Sondergebieten zulässig. Zudem schließe der Bebauungsplan Einzelhandelsnutzungen mit Ausnahme des sog. Handwerkerprivilegs generell aus. Dieser generelle Ausschluss von Einzelhandel beruhe auf ihrem Einzelhandelskonzept aus dem Jahr 2009 und diene dazu, das Gebiet dem produzierenden Gewerbe und den anderen gebietstypischen Nutzungen vorzubehalten.

Die Klägerin hat am 30. November 2015 Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt: Ihr Vorhaben sei nach § 34 Abs. 1 BauGB planungsrechtlich zulässig. Der Bebauungsplan Nr. 4/10 sei unwirksam. Er setze nach der Art der baulichen Nutzung kein Gewerbegebiet fest, sondern schließe als einfacher Bebauungsplan nach § 9 Abs. 2a BauGB Einzelhandel im Plangebiet vollständig aus. Dieser Ausschluss sei nicht im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB städtebaulich erforderlich. Ein Bebauungsplan nach § 9 Abs. 2a BauGB ermögliche einen Einzelhandelsausschluss nur, soweit dies zur Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche erforderlich sei. Danach könne regelmäßig nur Einzelhandel mit zentrenrelevanten Sortimenten ausgeschlossen werden. Der Ausschluss könne nur ausnahmsweise auch auf nicht zentrenrelevante Sortimente erstreckt werden, wenn das zum Schutz des zentralen Versorgungsbereichs erforderlich sei. Eine solche Situation sei hier nicht gegeben. Die Beklagte wolle nach der Planbegründung mit dem vollständigen Ausschluss nicht die zentralen Versorgungsbereiche I1. und X.-- schützen. Vorrangiges Ziel der Planung sei, dem Gewerbe Vorrang einzuräumen. Zudem sollten die nicht zentrenrelevanten Sortimente auf die bestehenden sowie die beschlossenen zusätzlichen Fachmarktzentren konzentriert werden. Beide Ziele seien von § 9 Abs. 2a BauGB nicht gedeckt. Die fehlende städtebauliche Rechtfertigung sei ein dem Plan anhaftender "Ewigkeitsmangel", der zu seiner Unwirksamkeit führe. Bei einer Beurteilung nach § 34 BauGB füge sich der Markt unproblematisch in die Umgebungsbebauung ein, denn in der Nachbarschaft befänden sich mit einem ebenfalls großflächigen Möbelmarkt und einem weiteren großflächigen Baumarkt entsprechende Vorbilder.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 30. Oktober 2015 zu verpflichten, den beantragten Bauvorbescheid zur Errichtung eines Lebensmitteldiscountmarktes auf dem Grundstück C1. Straße 1 in 58135 I. zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf die Gründe ihres Ablehnungsbescheides verwiesen und ergänzend ausgeführt: Der Bebauungsplan sei rechtswirksam. Der Einzelhandelsausschluss sei zum Schutz der zentralen Versorgungsbereiche I1. und X.-- erfolgt und beruhe auf ihrem Einzelhandels- und Zentrenkonzept aus dem Jahr 2009. Dieses empfehle, die Gewerbegebiete dem produzierenden Gewerbe vorzubehalten und Einzelhandel auszuschließen. Es handele sich um ein städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB, das nach § 9 Abs. 2a Satz 2 BauGB zu berücksichtigen gewesen sei. In solchen Plänen könne auch Einzelhandel vollständig ausgeschlossen werden. Ob der erfolgte Ausschluss in der hier vorhandenen Planungssituation begründet sei, sei keine Frage der Erforderlichkeit der Planung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB, sondern gehöre zum Prüfprogramm des Abwägungsgebots nach § 1 Abs.7 BauGB. Daher liege jedenfalls kein "Ewigkeitsmangel" vor, und der Bebauungsplan sei wirksam.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 21. Februar 2017 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Das Vorhaben sei nach § 30 Abs. 1 BauGB planungsrechtlich unzulässig; denn es widerspreche den Festsetzungen des einfachen Bebauungsplans Nr. 4/10 der Beklagten. Der Bebauungsplan sei wirksam. Der vollständige Einzelhandelsausschluss sei hinreichend städtebaulich gerechtfertigt. Die Beklagte verfolge ausweislich der Planbegründung zum einen den städtebaulichen Belang des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB, weil sie mit ihm im Plangebiet ihr Einzelhandels- und Zentrenkonzept aus dem Jahr 2009 als städtebauliches Entwicklungskonzept umzusetzen suche. Zum anderen berücksichtige sie die Belange der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Entwicklung (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a) BauGB) sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche (§ 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB). Das hier gewählte planerische Instrument eines einfachen Bebauungsplans nach § 9 Abs. 2a BauGB stellte auch nicht deshalb einen groben und offensichtlichen Missgriff dar, weil die Beklagte nicht nur zentren- oder nahversorgungsrelevanten Einzelhandel ausgeschlossen habe. Grundsätzlich könne der Ausschluss nach § 9 Abs. 2a BauGB ebenso wie ein solcher nach § 1 Abs. 5 BauNVO sämtlichen Einzelhandel erfassen. Voraussetzung sei, dass dies zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche erforderlich sei. In der hier gegebenen Planungssituation sei der Ausschluss jeglichen Einzelhandels ausreichend begründet. Ein solcher Ausschluss des nicht zentrenrelevanten Einzelhandels entspreche den Empfehlungen des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts der Beklagten. Auch insoweit sei der Schutz des zentralen Versorgungsbereichs I1. und des Nahversorgungszentrums X.-- vorrangig gewesen. Die Zweckbestimmung ergebe sich aus dem Einzelhandels- und Zentrenkonzept. Für den hier betroffenen Bereich ... ... -Ost, C1. Straße werde ausdrücklich "dringlich empfohlen, ggfs. Ausschluss Einzelhandel zum Schutz zentraler Versorgungsbereiche in X.-- und ... zu prüfen". Dieses Planungskonzept sei auch nicht von vornherein ungeeignet, das beabsichtigte Ziel des Schutzes und der Stärkung des zentralen Versorgungsbereichs I1. und des Nahversorgungszentrums X.-- zu fördern. Ausgehend von den vorhandenen großflächigen Gewerbehallen und Einzelhandelsbetrieben könnten ohne diesen Ausschluss großflächige Randsortimente angesiedelt werden, so dass schon deshalb der Ausschluss dem Schutz der Zentren diene.

Zur Begründung der vom erkennenden Senat zugelassenen Berufung gegen dieses Urteil wiederholt und vertieft die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen und führt insbesondere aus: Der Bebauungsplan sei unwirksam. Er sei von der Ermächtigung des § 9 Abs. 2a BauGB nicht gedeckt. Ein Bebauungsplan nach § 9 Abs. 2a BauGB können nur zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche aufgestellt werden. Er ermögliche dagegen grundsätzlich nicht, auch nicht zentrenrelevante Sortimente auszuschließen. Dies könne auch nicht mit der Begründung "Sicherung des Gewerbegebietes" erfolgen. Ein undifferenzierter Einzelhandelsausschluss sei nur denkbar, wenn dieser zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche erforderlich sei. Das sei vorliegend nicht der Fall. Zum Ausschluss der "nicht zentrenrelevanten Sortimente" stütze sich der Bebauungsplan explizit (nur) darauf, dass "bei gewerblichen Bauflächen der Stadt I. dem Gewerbe Vorrang eingeräumt werden solle". Diese nicht von der Ermächtigungsgrundlage gedeckte Zielsetzung folge auch aus der weiteren Begründung zum Bebauungsplan. Das Einzelhandelskonzept aus dem Jahre 2009 könne nicht als ausreichende Begründung für den Ausschluss nicht zentrenrelevanter Warensortimente angesehen werden. Die bloße Empfehlung z. B. auf S. 180, künftige Einzelhandelsansiedlungen in den zentralen Versorgungsbereich zu lenken und eine Entwicklung außerhalb des Entwicklungsbereichs - auch für kleinteiligen Einzelhandel - konsequent auszuschließen, reiche dazu nicht aus. Die bloße Möglichkeit, dass Einzelhandel mit nicht zentrenrelvantem Sortiment regelmäßig Ergänzungs- oder Randsortimente führe und bei zentrenrelevanten Randsortimenten entsprechende Auswirkungen auf Zentren möglich seien, sei für einen vollständigen Einzelhandelsausschluss keine tragfähige Begründung. Außerdem müsste derartigen Bedenken durch Festsetzungen von Sortimentsbeschränkungen begegnet werden. Nach § 34 Abs. 1 BauGB füge sich das Vorhaben ein. In der zur Beurteilung des faktischen Gebietscharakters maßgeblichen näheren Umgebung befänden sich mehrere Wohngebäude, sowie "das Wohnen wesentlich störende Gewerbebetriebe". Die nähere Umgebung könne keinem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung zugeordnet werden. Vorbild für einen Zulassungsanspruch seien hiernach das in unmittelbarer Nähe befindliche großflächige Möbelhaus und der großflächige Baumarkt. Auf etwaige Auswirkungen im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO komme es nicht an. Auch hinsichtlich der Verträglichkeit nach § 34 Abs. 3 BauGB bestünden keine Bedenken, da schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche nicht zu befürchten seien. Das Vorhaben stehe nicht in direkter Konkurrenz zu einem "Frequenzbringer/Magnetbetrieb" in einem zentralen Versorgungbereich. Das Vorhaben werde vielmehr in Konkurrenz zu vergleichbaren (autoorientierten) Standorten treten, die ebenfalls nicht in einem zentralen Versorgungsbereich gelegen seien. Die von der Beklagten zuletzt aufgeworfene Frage nach der erforderlicher Sicherung der Erschließung i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB nehme sie aus ihrem Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheides aus; Entsprechendes gelte für die Frage, ob sich das Vorhaben hinsichtlich des vorgestellten Maßes der baulichen Nutzung einfüge. Hilfsweise wolle sie das Prüfprogramm ausschließlich auf die Frage der Zulässigkeit nach der Art der baulichen Nutzung unter Ausklammerung aller weiteren bauplanungsrechtlichen Fragestellungen wie z. B. des Maßes der baulichen Nutzung, des Gebotes der Rücksichtnahme oder der Prüfung nach § 34 Abs. 3 BauGB beschränken. Die hiermit eventuell verbundenen Klageänderungen seien zulässig.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Arnsberg, Az. 4 K 3770/15, den Ablehnungsbescheid vom 30. Oktober 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr den mit Antrag vom 26. Juni 2015 beantragten bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheid für die Errichtung eines Lebensmitteldiscountmarktes mit einer Verkaufsfläche von ca. 1.200 m² auf dem Grundstück C1. Straße 1 in I. zu erteilen unter Ausklammerung des Rücknahmegebotes und von Fragen zur Sicherung der Erschließung sowie des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung.

sowie hilfsweise

den Ablehnungsbescheid vom 30. Oktober 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr einen positiven bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheid zu der (eingeschränkten) Frage zu erteilen, ob die Errichtung eines Lebensmitteldiscountmarktes mit einer Verkaufsfläche von 1.200 m² nach der Art der baulichen Nutzung auf dem Grundstück C1. Straße 1 in I. bauplanungsrechtlich zulässig ist unter Ausklammerung des Gebots der Rücksichtnahme und der Verträglichkeit gemäß § 34 Abs. 3 BauGB.

Die Beklagte widerspricht ausdrücklich der geänderten Antragstellung im Hauptantrag und beantragt im Weiteren,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der Bebauungsplan sei wirksam. Er leide nicht an einem Ausfertigungsmangel. Dass im Ausfertigungsvermerk selbst das Datum des Satzungsbeschlusses nicht eingetragen worden sei, sei unschädlich. Der Bebauungsplan sei auch in materieller Hinsicht wirksam. Er sei von der Ermächtigungsgrundlage des § 9 Abs. 2a BauGB gedeckt. Wie nach dieser Vorschrift gefordert, sei vorrangiges Ziel des streitigen Bebauungsplans die Erhaltung bzw. Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche. Sie habe sich zwar auch darauf bezogen, dass der Einzelhandelsausschluss dazu diene, die bestehende Ansiedlungskonkurrenz von Einzelhandel und "echtem" Gewerbe im Plangebiet zu Gunsten der (sonstigen) Gewerbenutzungen zu entscheiden. Sie habe jedoch daneben als Ziel klar herausgestellt, den Schutz und die Stärkung der zentralen Versorgungsbereiche in I1. und X.-- sicherzustellen. Hierzu beziehe sie sich in nicht zu beanstandender Weise auf die Feststellungen ihres Einzelhandels- und Zentrenkonzepts 2009, wonach die zentralen Versorgungsbereiche insbesondere in den Stadtbezirks- und Stadtteilzentren unter zunehmenden Leerständen sowie einer abnehmenden Qualität und Vielfalt des Einzelhandelsangebotes litten, was sich in einer zunehmenden Ausbreitung von Billigläden, Spielhallen, Wettbüros und anderen städtebaulich unerwünschten Nutzungen äußere. Ein Grund für die Destabilisierung liege in der zunehmenden Ausbreitung von Einzelhandel außerhalb der integrierten Lagen und verstärkt in Gewerbegebieten. Daher sei im Einzelhandelskonzept der Grundsatz verankert, dass in Gewerbegebieten zukünftig grundsätzlich kein Einzelhandel mit Ausnahme des sog. Handwerkerprivilegs zugelassen werden solle. Damit werde das Ziel verfolgt, den Einzelhandel in die zentralen Versorgungsbereiche und (bezogen auf die Nahversorgung) in die Gebiete zu lenken, in denen die Menschen wohnten. Hierbei unterlaufe ihr keine Fehlinterpretation ihres Einzelhandelskonzeptes. Dort fänden sich etwa zu dem zentralen Versorgungsbereich I1. -Ost entsprechende Ausführungen in dem Einzelhandels- und Zentrenkonzept 2009, so etwa auf den Seiten 136, 137 und 141. Dementsprechend werde als Entwicklungsziel ausdrücklich empfohlen, dass künftige Einzelhandelsansiedlungen in den zentralen Versorgungsbereich zu lenken seien (EHK S. 181). Entsprechende Ausführungen fänden sich zu dem Stadtteilzentrum X.-- (vgl. EHK S. 187). Bedenken gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans bestünden auch nicht wegen des darin festgesetzten uneingeschränkten Einzelhandelsausschlusses. § 9 Abs. 2a BauNVO sei an die Steuerungsmöglichkeiten von § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO angelehnt. Für einen generellen Einzelhandelsausschluss gälten entsprechend die Anforderungen an § 1 Abs. 5 BauVNO, wonach der Plangeber eine städtebauliche Begründung anführen müsse, die sich aus der jeweiligen Planungssituation ableiten lasse und die Abweichung von den in der Baunutzungsverordnung vorgegebenen Gebietstypen durch hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinwohlbelange in nachvollziehbarer Weise rechtfertige. Das sei hier der Fall. Dies liege, was den Ausschluss von Einzelhandel mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten angehe, auf der Hand. Entsprechendes gelte hier aber auch für den Einzelhandel mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten. Zwar möge es sein, dass sich Einzelhandel mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten nicht für die Ansiedlung in zentralen Versorgungsbereichen eigne und es daher unsinnig wäre, diesbezüglich ein auf die zentralen Versorgungsbereiche ausgerichtetes Konzentrationsziel zu verfolgen. Dies schließe es allerdings nicht aus, in bestimmten Fällen - und so auch hier - für Einzelhandel mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten ein Steuerungsbedürfnis anzuerkennen. Die nicht zentrenrelevanten Sortimente sollten auf die bereits bestehenden sowie beschlossenen zusätzlichen Fachmarktstandorte gelenkt werden. Dies sei angesichts des bestehenden Ansiedlungsdrucks im Plangebiet geboten, um zentrenschädliche Wirkungen auszuschließen, die auch bei nicht zentrenrelevanten Sortimenten durch Agglomerationseffekte und den dadurch bedingten Attraktivitätsgewinn nicht zentraler Lagen entstehen könnten (vgl. Planbegründung S. 4). Das Einzelhandelskonzept stelle den Ausschluss zwar unter den Vorbehalt, dass konkret zentrenschädliche Auswirkungen zu erwarten seien. Im Analyseteil zum Stadtbezirk I1. werde aber zugleich deutlich auf die Gefährdungslage durch die hohe Zahl der im Stadtteil bestehenden gewerblichen Brachen hingewiesen (EHK S. 141). Jedenfalls würde eine Fehlerhaftigkeit des generellen Einzelhandelsausschlusses hier nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans führen. Die Voraussetzungen für eine Teilnichtigkeit in der Form, dass der Bebauungsplan mit einem partiellen Einzelhandelsausschluss bezogen auf die nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimente gemäß der I4. Sortimentsliste nach S. 221 EHK 2009 bestehen bleibe, seien erfüllt. Die Unterscheidung sei geläufig und anhand der vom Rat beschlossenen ortsspezifischen Sortimentsliste ohne weiteres durchführbar. Für eine hinreichende Bestimmtheit habe das Gericht durch eine sachgerechte Tenorierung zu sorgen. Angesichts des in der Planbegründung und dem Abwägungsmaterial eindeutig zum Ausdruck kommenden Willens des Plangebers sei auch nicht zweifelhaft, dass der Rat den Bebauungsplan gegebenenfalls auch mit dem eingeschränkten Inhalt eines partiellen Einzelhandelsausschlusses beschlossen hätte.

Die Vorsitzende hat als Berichterstatterin am 2. Mai 2019 die Örtlichkeiten in Augenschein genommen sowie die Sach- und Rechtslage erörtert. Wegen der getroffenen Feststellungen wird auf das Protokoll verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Aufstellungs- und Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige, namentlich rechtzeitig begründete Berufung der Klägerin hat Erfolg. Die Klage ist mit dem im Berufungsverfahren weiterverfolgten Hauptantrag zulässig (dazu unter I.) und begründet (dazu unter II.).

I. Die Klage ist mit dem im Berufungsverfahren zuletzt weiterverfolgten Hauptantrag zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte der geänderten Antragstellung ausdrücklich widersprochen hat. Danach verfolgt die Klägerin eine positive Bescheidung ihrer bauplanungsrechtlichen Bauvoranfrage vom 26. Juni 2015 nunmehr unter weitergehender Ausklammerung der Fragen nach der Sicherung der Erschließung und der Zulässigkeit des Vorhabens hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung. Ursprünglich hatte die Klägerin ausdrücklich allein die Frage ausgeklammert, ob das Vorhaben mit Blick auf die mit ihm verbundenen Immissionen dem Rücksichtnahmegebot genügt.

Jenseits der Frage, ob es sich nicht ohnehin um eine nach Maßgabe des § 173 Satz 1 2. Halbsatz VwGO i. V. m. § 264 Nr. 2 ZPO privilegierte Klageänderung handelt, liegt jedenfalls eine sachdienliche Klageänderung vor.

Eine Klageänderung ist in der Regel als sachdienlich anzusehen, wenn sie der endgültigen Beilegung des sachlichen Streits zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren dient und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt. Ziel ist eine rechtseffektive und effiziente Lösung von Konflikten, die vor allem unter Wahrung der in § 91 Abs. 1 Satz 2 VwGO geschützten Belange der Einwilligungsberechtigten erarbeitet wird.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Dezember 2010 - 4 B 35.10 -, juris Rn. 5, m. w. N.

So liegt der Fall hier. Der Streitstoff ist im Wesentlichen derselbe geblieben. Denn die begrenzte Bauvoranfrage betrifft einen Ausschnitt der ursprünglich begehrten Vorbescheidung.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2017 - 2 A 917/15 - , juris Rn. 39 ff. zum Übergang von einer Baugenehmigung zum Vorbescheid.

Letztlich war die verbleibende Fragestellung schon als Minus im bisherigen Antrag auf Erteilung des am 26. Juni 2015 beantragten Vorbescheids zur Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens unter Ausklammerung des Rücksichtnahmegebots enthalten. Wollte man das anders sehen, stellte die zu Protokoll erklärte Antragstellung bei der gegebenen Ausgangslage dessen unbeschadet aber eine wirksame Modifizierung des ursprünglichen Bauantrages dar. Bei dieser Ausgangslage bedurfte es über die Erklärung zu Protokoll des Ortstermins bzw. in der mündlichen Verhandlung keiner weiteren Verschriftlichung des Antrags. Dies schon vor dem Hintergrund, dass eine Erklärung in prozessual wirksamer Form grundsätzlich die Schriftlichkeit ersetzt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1962 - V C 92.61 -, BVerwGE 14, 259 = juris Rn. 9.

Eine andere Sichtweise stellte sich in Fällen der vorliegenden Art auch unter Einbeziehung von Sinn und Zweck des Schriftformerfordernisses aus § 77 Abs. 1 Satz 4 i. V. m. § 70 Abs. 1 BauO NRW als bloße Förmelei dar.

Vgl. zu einem entsprechenden prozessualen Vorgehen bei Beschränkung eines Genehmigungsantrags auf eine Bauvoranfrage: OVG NRW, Urteile vom 6. Februar 2015 - 2 A 1395/13 -, juris Rn. 32, und vom 23. April 2015 - 7 A 1779/13 -, BRS 83 Nr. 79 = juris Rn. 31.

Mit Blick auf § 75 VwGO gilt entsprechendes. Unter Berücksichtigung des gesamten Verfahrensgangs würde einem (erneuten) Verwaltungsverfahren hier lediglich formale Bedeutung zukommen, ohne dass der Zweck des Prüfverfahrens eine Wiederholung erforderte.

Vgl. zur Entbehrlichkeit eines Vorverfahrens: OVG NRW, Urteile vom 28. Februar 2007 - 10 A 1851/04 - , juris Rn. 47, und vom 15. Januar 1992 - 7 A 81/89 -, NVwZ 1993, 24 = juris Rn. 31 m. w. N.; Beschluss vom 17. Januar 2017 - 2 A 917/15 -, juris Rn. 45; BVerwG, Urteil vom 27. Februar 1963 - 5 C 105.61 -, BVerwGE 15, 306 = juris Rn. 28.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit der Änderung des Klageantrags nur auf erst spät bzw. überhaupt nicht von der Beklagten erhobene Bedenken reagiert hat. Im Zentrum der Auseinandersetzung standen Fragen des Maßes der baulichen Nutzung und die Erschließung nicht, sondern allein die Zulässigkeit einer Einzelhandelsnutzung. Hieran hat sich durch die Neufassung des Hauptantrags nichts geändert.

II. Der neugefasste Klageantrag ist auch begründet.

Die Klägerin hat gemäß § 77 Abs. 1 Satz 4 i. V. m. § 74 Abs. 1 BauO NRW einen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihr den am 26. Juni 2015 beantragten bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheid zur Errichtung eines Lebensmitteldiscountmarktes mit einer Verkaufsfläche von ca. 1.200 m² auf dem Vorhabengrundstück C1. Straße 1 in I. unter Ausklammerung des Rücksichtnahmegebots und der Fragen der Erschließung und des Maßes der baulichen Nutzung erteilt.

Maßgeblich für die bauplanungsrechtliche Beurteilung des Vorhabens ist § 34 BauGB. Das gilt auch für die zwischen den Beteiligten im Wesentlichen streitige Frage, ob das Vorhaben seiner Art nach planungsrechtlich zulässig ist. Dem Vorhaben steht der im Bebauungsplan Nr. 4/10 festgesetzte Einzelhandelsausschluss nicht entgegen. Denn der Bebaungsplan ist insgesamt unwirksam (dazu 1.). Nach dem solchermaßen auch für die Frage der Zulässigkeit des Vorhabens hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung maßgeblichen § 34 BauGB ist das Vorhaben, soweit es zur Überprüfung gestellt ist, bauplanungsrechtlich zulässig (dazu 2.).

1. Dem Vorhaben kann der Einzelhandelsausschluss des Bebauungsplans Nr. 4/10 nicht entgegengehalten werden. Er genügt nicht den Anforderungen, die sich aus dem hier als Ermächtigungsgrundlage allein in Betracht zu ziehenden § 9 Abs. 2a BauGB für einen isolierten sortimentsunabhängigen Ausschluss von Einzelhandel ergeben (1). Dies führt zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans (2).

(1) Nach § 9 Abs. 2a BauGB kann für - wie hier - im Zusammenhang bebaute Ortsteile zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB zulässigen baulichen Nutzungen nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können. Ein hierauf bezogenes städtebauliche Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB ist zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält.

Wie schon der Bezug auf bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB zulässigen Nutzungen nahelegt, eröffnet § 9 Abs. 2a BauGB vom Grundsatz her ohne weiteres insbesondere (auch) den Ausschluss von Nutzungsarten nach § 1 Abs. 5 BauNVO. Erfasst sind aber auch Unterarten im Sinne des § 1 Abs. 9 BauNVO, was nicht zuletzt auch die besondere Zweckvorgabe nahelegt. Aus den Gesetzgebungsmaterialien zum Regelungsziel des § 9 Abs. 2 a BauGB folgt ebenfalls, dass sich der Inhalt des Bebauungsplans an beiden Absätzen des § 1 BauNVO anlehnen können soll.

Vgl. BT-Drucks. 16/2496, S. 11; BVerwG, Beschluss vom 11. Juni 2010 - 4 B 75.09 -, juris Rn. 9; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28. Oktober 2014 - 5 S 1970/12 -, juris Rn. 31; Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 4. Auflage 2010, Rn. 179 ff, m. w. N.

Welche Arten von Nutzungen im Einzelfall in städtebaulich legitimierter Weise Gegenstand der Festsetzungen eines Bebauungsplans nach § 9 Abs. 2a BauGB sein können, beurteilt sich freilich nach der Zweckbestimmung der Regelung. § 9 Abs. 2a BauGB schließt Regelungen aus, mit denen ein anderer Zweck als der der Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche verfolgt wird. Soll aus anderen städtebaulichen Gründen die Zulässigkeit von Vorhaben in Gebieten nach § 34 geändert werden, bedarf es der Aufstellung eines allgemeinen Bebauungsplans. Das gilt gleichermaßen für den Komplettausschluss bestimmter Nutzungsarten, die nach den §§ 2 bis 9 und 13 BauNVO allgemein zulässig sind, als auch für differenziertere Regelungen in Anlehnung an § 1 Abs. 9 BauNVO.

Für den Ausschluss von Einzelhandel ergeben sich insoweit keine Besonderheiten. Allerdings wird man unbeschadet der Zweckbestimmung nicht schon von vornherein ausschließen können, dass auch ein sortimentsunabhängiger Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben, d. h. unter Einschluss von nicht zentrenrelevantem Einzelhandel, im Einzelfall im Sinne der Zweckbestimmung des § 9 Abs. 2a BauGB dem Schutz und der Entwicklung von zentralen Versorgungsbereichen dienen kann. Dies gilt mit Blick auf die insbesondere bei großflächigem Einzelhandel mit nicht zentrelevanten Hauptsortimenten regelmäßig anzutreffenden nahversorgungs- und zentrenlevanten Randsortimente und mit Blick auf Fälle, in denen die Ansiedlung von weiterem Einzelhandel die Attraktivität eines nicht integrierten Einzelhandelsstandorts mit im Plangebiet oder in dessen Nähe vorhandenen Betrieben mit nahversorgungs- und/oder zentrenrelevanten Sortimenten stärken kann, mit entsprechenden negativen Auswirkungen auf ein im Einzugsbereich gelegenes Versorgungszentrum.

Vgl. zur Tragfähigkeit einer standortspezifischen städtebaulichen Rechtfertigung eines auf § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO gestützten Ausschlusses (auch) von nicht zentrenrelevantem Einzelhandel in einem qualifizierten Bebauungsplan: OVG NRW, Urteil vom 6. Dezember 2018 - 7 A 2379/16 -, juris Rn. 38; vgl. zur Problemstellung allgemein auch: OVG NRW, Urteil vom 12. April 2016 - 10 D 58/14.NE - n. V.; VGH Bad.-Württ,, Urteil vom 16. Oktober 2012 - 3 S 1191/10 - juris Rn. 27 f.; nachgehend: BVerwG, Beschluss vom 6. August 2013 - 4 BN 8.13 -, BRS 81 Nr.14 = juris Rn. 6.

Maßgeblich ist die konkrete Planungssituation.

Die Spezialregelung in § 9 Abs. 2a BauGB beschränkt mit ihrer Zweckvorgabe die städtebaulichen Zielsetzungen, die die Aufstellung des Bebauungsplans im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB legitimieren können. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 1 Abs. 5 BauNVO ist geklärt, dass es für den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben in allen Fällen einer städtebaulichen Begründung bedarf, die sich aus der jeweiligen konkreten Planungssituation ergeben und die den Ausschluss rechtfertigen muss. Diese Rechtsprechung gilt in gleicher Weise für den Einzelhandelsausschluss durch einen Bebauungsplan, der - wie hier - nur Festsetzungen nach § 9 Abs. 2a BauGB enthält.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. August 2013 - 4 BN 8.13 -, BRS 81 Nr. 14 = juris Rn. 6.

Dabei sind, wie hinsichtlich der Planungserfordernisse aus § 1 Abs. 3 BauGB, § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO, die Anforderungen an die Zielvorstellung bzw. die Eignung der getroffenen Festsetzungen zur Zielerreichung zu unterscheiden von den sich aus den weiteren Grundsätzen der Bauleitplanung, insbesondere dem Abwägungsgebot ergebenden Anforderungen an die Planung. Entsprechend sind auch im Falle einer Planung nach § 9 Abs. 2a BauGB auf der vorgelagerten Ebene der Planrechtfertigung und Zielkonformität allenfalls grobe Missgriffe auszuscheiden.

Im Weiteren kann der Plangeber sich wie bei einem Einzelhandelsausschluss nach Maßgabe von § 1 Abs. 5 und 9 BauNO die rechtfertigende Wirkung eines städtebaulichen Entwicklungskonzeptes im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB zunutze machen. Ein Nachweis, dass eine Beeinträchtigung der zentralen Versorgungsbereiche eintreten wird, ist nicht erforderlich.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Juni 2018 - 2 A 2529/16 -, juris Rn. 59, m. w. N., und vom 29. Oktober 2018 - 10 A 964/16 -, juris Rn. 53.

Mit Blick auf das nach § 9 Abs. 2a BauGB geforderte Festsetzungsziel sind lediglich solche Regelungen nicht legitimiert, die von vornherein nicht geeignet sind, die Zielerreichung zu fördern, etwa weil sie überschießend sind oder das Planungsziel konterkarieren.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 10. September 2015 - 4 CN 8.14 -, juris Rn. 13, und vom 27. März 2013 - 4 C 13.11 -, BVerwGE, 146, 137 = juris Rn. 12; Külpmann, jurisPR-BVerwG 4/2016 D.

Davon ausgehend ist die Planung hier durch § 9 Abs. 2a BauGB nicht gedeckt. Sie enthält - gemessen an der Zielvorgabe - eine offensichtlich überschießende Festsetzung. Denn mit dem Ausschluss auch nicht zentrenrelevanten Einzelhandels verfolgt die Beklagte erklärtermaßen zweckfremde Ziele, zu denen § 9a Abs. 2a BauGB keine Handhabe bietet.

Dies folgt schon aus der Betonung der Planbegründung, dass der Ausschluss von Einzelhandel der Freihaltung von Gewerbeflächen für sonstiges Gewerbe dient. Für den Ausschluss von Einzelhandel mit nicht zentrenrelevanten Hauptsortimenten bedient sich die Planbegründung dieser Erwägung bereits unter der Thematik "Einzelhandel" Ziffer 1 - Schutz der zentralen Versorgungsbereiche in I1. und X.-- - und bekräftigt sie noch einmal unter Ziffer 2 - Vorrang für das Gewerbe in den gewerblichen Bauflächen der Stadt I. . Dabei handelt es sich um im Kontext des § 9 Abs. 2a BauGB zweckfremde Erwägungen. Dass sich entsprechende Überlegungen - wie hier - auch in der Begründung von Handlungsempfehlungen des Einzelhandelskonzeptes finden, ändert die Bewertung nicht. Soweit im Weiteren unter Ziffer 1 der Planbegründung angeführt wird, es gehe darum, andererseits auch die nicht zentrenrelevanten Sortimente auf die bereits bestehenden sowie die beschlossenen zusätzlichen Fachmarktstandorte (ehemaliges C3. -Gelände) zu lenken, fehlt ebenfalls ein hinlänglicher Bezug zur Zweckbestimmung. Dass deren Entwicklung und Sicherung vornehmlich dem Schutz und der Entwicklung bestehender bzw. zu entwickelnder Versorgungsbereiche dienen sollte, erhellt die Planbegründung nicht im Ansatz und liegt auch im Übrigen zumindest fern.

Dem in Bezug genommenen Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt I. 2009 (Einzelhandelskonzept 2009) ist dies ebenfalls nicht - jedenfalls nicht in der gebotenen Klarheit - zu entnehmen. Die Bündelung dient auch nach dessen Aussagen dem Interesse der Standortsicherung für produzierende Betriebe und Handwerksbetriebe in anderen Bereichen; zugleich geht es um die Steigerung der Attraktivität der Sonderstandorte und um die Verhinderung einer Wettbewerbsverschärfung, ohne dass ein nachvollziehbarer Bezug zum Erhalt und zur Entwicklung von hiervon getrennten und zu trennenden Versorgungszentren verdeutlicht wird.

Dass der sortimentsunabhängige Einzelhandelsausschluss nach dem Planungswillen, wie er in der Planungsbegründung objektiv zum Ausdruck gelangt, seine Rechtfertigung gerade im Interesse der Flächenfreihaltung hatte, verdeutlicht nicht zuletzt der Umstand, dass die Beklagte selbst den Vorbescheid mit der Begründung abgelehnt hat, der Bebauungsplan setze ein Gewerbegebiet fest, in dem großflächiger Einzelhandel nach § 11 Abs. 3 BauNVO nicht zulässig sei; außerdem sei Einzelhandel insgesamt ausgeschlossen. Dabei betont sie, dass der generelle Ausschluss in diesem Gebiet dazu diene, das Gebiet dem produzierenden Gewerbe und den anderen gebietstypischen Nutzungen vorzubehalten. Zur Umsetzung des Einzelhandelskonzepts 2009 sei der Ausschluss oder die Beschränkung des Einzelhandels in bestimmten Baugebieten auf Grund des § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO bestimmt. In diesem Zusammenhang sei lediglich ergänzend erwähnt, dass die zumindest irreführende Bezeichnung des Bebauungsplans ein solches Fehlverständnis geradezu herausfordert. Ob darunter auch der erforderliche Hinweischarakter der Bekanntmachung durchgreifend gelitten hat, konnte der Senat aber offenlassen.

Die Annahme, bei dem fraglichen Bereich handele es sich um ein Gewerbegebiet, entspricht aber weder rechtlich noch tatsächlich den Gegebenheiten. Der Bebauungsplan trifft keine Gebietsfestsetzung und die Einordnung des Gebietes als faktisches Gewerbegebiet geht - wie noch auszuführen sein wird - an den tatsächlichen Gegebenheiten im Plangebiet vorbei. Bereits die in der Planbegründung aufgeführte Prägung des Plangebietes durch einen großflächigen Baumarkt, einen großflächigen Möbelmarkt, Fahrzeughandel, Tankstelle, Spedition, eine Handelsgesellschaft sowie produzierendes Gewerbe einerseits und Wohnen andererseits schließt die Annahme eines faktischen Gewerbegebietes ebenso aus, wie die Annahme eines Mischgebietes. Vielmehr ist von einer diffusen Innenbereichslage auszugehen. Auch in der ersten Instanz hat die Beklagte zur Begründung der Klageabweisung ausschließlich auf die fehlenden Flächenreserven für Gewerbe abgestellt. Einen Bogen zu den Zielen des § 9 Abs. 2a BauGB hat sie nicht geschlagen.

Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts lässt sich eine zielkonforme Planungsvorstellung auch nicht aus der Bezugnahme der Planung auf das Einzelhandelskonzept 2009 ableiten.

Soweit das Einzelhandelskonzept 2009 in Bezug auf das Stadtbezirkszentrum I1. auf S. 180 empfiehlt, künftige Einzelhandelsansiedlungen seien in den zentralen Versorgungsbereich zu lenken und Entwicklungen außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs - auch kleinteilige - konsequent auszuschließen, ergibt sich eine für sich sprechende Einschränkung der Handlungsempfehlung durch den Klammerzusatz "zentrenrelevante/nahversorgungsrelevante Einzelhandelsansiedlungen, für die negative städtebauliche Auswirkungen auf das Zentrum nicht ausgeschlossen werden können". Eine entsprechende Einschränkung enthalten auch die Entwicklungsziele und Handlungsempfehlungen zum Stadtteilzentrum X.-- (Einzelhandelskonzept 2009, S. 186).

Hinsichtlich des vom Verwaltungsgericht im Weiteren angeführten Grundsatzes 3, der in der Überschrift die Wendung enthält, Einzelhandelsbetriebe mit nicht zentrenrelevanten (Haupt-)Sortimenten sollten vorrangig im Hauptgeschäftsbereich der Innenstadt und an den dafür vorgesehenen Sonderstandorten angesiedelt werden, ist zum einen hervorzuheben, dass die streitige Planung selbst die Ansiedlung von Einzelhandel auch mit konzeptionell als nicht zentrenrelevant erachteten Sortimenten in die Innenstadt im weiteren nicht anspricht. Zum anderen wird auch im Einzelhandelskonzept 2009 selbst in den folgenden Erläuterungen zum Ziel "Ansiedlung in der Innenstadt" nichts Konkretes gesagt. Die Vorstellung, konzeptionell nicht zentrenrelevanter Einzelhandel solle in Zentren angesiedelt werden, liegt auch aus sich heraus eher fern. Im Weiteren erläutert das Einzelhandelskonzept 2009 nur die gewünschte - für eine Regelung nach § 9 Abs. 2a BauGB aber von vornherein irrelevante - Konzentration von nicht zentrenrelevantem Einzelhandel auf Sonderstandorte, bei denen es sich ja gerade nicht um Versorgungsbereiche handelt. Dabei steht die Sicherung des Bestands der Betriebe an den Sonderstandorten im Vordergrund. Insoweit wird u. a. die Gefahr hervorgehoben, dass die Ansiedlung weiterer großflächiger Einzelhandelsbetriebe mit nicht zentrenrelevanten Hauptsortimenten zu einer städtebaulich bedenklichen Verschärfung des Wettbewerbs führen und einschlägige Betriebe zur Aufgabe zwingen könne und dort bei einer Nachfolgenutzung die Sortimentsstruktur verändern und (weitere) zentrenrelevante Warengruppen an diesen Standorten angeboten werden könnten (vgl. dort S. 230). Andernfalls könne sich ein Leerstand ergeben. Auch die weiteren Erwägungen zum generellen Einzelhandelsausschluss in Gewerbe- und Industriegebieten sind nicht ergiebig. In diesem Zusammenhang wird erneut zum einen auf die Gefährdung der Vorrangstandorte ohne Bezug zu Zentren abgestellt und zum anderen hervorgehoben, die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben in Gewerbegebieten habe oftmals eine drastische Erhöhung der Bodenpreise zur Folge.

Zu möglichen Auswirkungen von Randsortimenten auf Versorgungsbereiche verhält sich das Einzelhandelskonzept 2009 im Wesentlichen in den Ausführungen zum Grundsatz 2; dort ist aber zugleich ausgeführt, dass ein völliger Ausschluss nicht realistisch sei; die Randsortimente sollten allerdings beschränkt werden. Eine Begrenzung auf 10 % (max. 800 m²) habe sich bewährt (vgl. dort S. 228).

Aus der Empfehlung 9.5.8 zur Einzelhandelssteuerung betreffend den Sonderstandort I1. -Ost an der C1. Straße, der das Grundstück des Baumarktes in der Nachbarschaft des Vorhabengrundstück umfasst (vgl. Einzelhandelskonzept 2009 S. 208), lässt sich auch nichts Greifbares ableiten, was anknüpfend an die in § 9 Abs. 2a BauGB vorgebene Zielvorstellung einen kompletten Einzelhandelsausschluss im Plangebiet begründen könnte. Hier fordert das Einzelhandelsgutachen mit dem Hinweis "ggfs. Ausschluss Einzelhandel zum Schutz zentraler Versorgungsbereiche in X.-- und I1. prüfen", eine Konkretisierung im Einzelfall, die das Konzept nicht selbst liefert, die aber auch die Beklagte in der Planaufstellung nicht weiter geleistet hat, jedenfalls nicht im Zusammenhang mit der Zielsetzung "Erhaltung und Weiterentwicklung von Versorgungsbereichen". Das ist möglicherweise darauf zurückzuführen, dass ursprünglich beabsichtigt war, einen Bebauungsplan mit der Festsetzung von Gewerbegebieten aufzustellen, für den der Komplettausschluss mit dem Interesse, die Flächen den typischen Gewerbebetrieben vorzuhalten, auf der der Abwägung vorgelagerten Ebene der Planrechtfertigung ohne weiteres begründbar gewesen wäre.

In der vom Rat der Beklagten am 17. März 2016 beschlossenen Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes der Firma D. ... ist im Übrigen der Bereich des Baumarkts einschließlich des Vorhabengrundstücks nunmehr als Sonderstandort ausgewiesen. Hierzu heißt es: Über den Bestandsschutz hinaus sollten keine weiteren zentrenrelevanten oder nahversorgungsrelevanten Einzelhandelsnutzungen genehmigungsfähig sein. Die strikte Einzelhandelssteuerung sei bereits mit dem rechtskräftigen Bebauungsplan eingeleitet. Von der Erforderlichkeit eines weitergehenden Ausschlusses auch von nicht zentrenrelevantem Handel bezogen auf die Zielvorgabe des § 9 Abs. 2a BauGB ist - im Hinblick auf die Einbeziehung in den Sonderstandort auch zwingend - nicht die Rede.

(2) Der aufgezeigte Mangel ist weiterhin beachtlich, weil er nicht dem Rügevorbehalt des § 215 BauGB unterfällt. Er wirkt sich auch auf die Wirksamkeit der Planung insgesamt aus.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führen Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, (nur) dann nicht zu dessen Unwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen - für sich betrachtet - noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und wenn der Rat nach seinem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. Dabei gilt es allerdings zu berücksichtigten, dass die Teilunwirksamkeit im Verhältnis zur Gesamtunwirksamkeit eine von besonderen Umständen abhängende Ausnahme darstellt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 2002 - 4 CN 1.02 -, BVerwGE 117, 58 = juris Rn. 9; Beschlüsse vom 24. April 2013 - 4 BN 22.13 -, juris Rn. 3, und vom 22. Januar 2008 - 4 B 5.08 -, juris Rn. 9, jeweils m. w. N.

Diese Grundsätze sind auch in Fällen anzuwenden, in denen die Unwirksamkeit einer Festsetzung in Frage steht, die sich aus mehreren Einzelfestsetzungen zusammensetzt. Diese Grundsätze lassen sich auf Festsetzungen nach § 1 Abs. 5 BauNVO übertragen, wenn die Art der baulichen Nutzung (hier: Einzelhandel), die in dem Baugebiet allgemein oder ausnahmsweise zulässig oder unzulässig sein soll, mehrere Unterarten umfasst, die auf der Grundlage von § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO jeweils Gegenstand einer selbstständigen Festsetzung sein könnten. In solchen Fällen kann die Festsetzung ihrem Inhalt nach teilbar sein. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Gemeinde die Betriebe, die sie aus einem Baugebiet ausschließen will, in Form eines Positivkatalogs umschreibt und abschließend aufzählt oder ob sie den Weg wählt, die Vorhaben, die von einem Baugebiet ferngehalten werden sollen, durch eine abschließende Aufzählung der Betriebe bestimmt, die sie ausdrücklich für zulässig erklärt. Es ist lediglich eine Frage der Festsetzungstechnik, ob sich die Gemeinde für die eine oder andere Form der Festsetzung entscheidet.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 4 B 54.08 -, juris Rn. 5.

Davon ausgehend erfasst der festgestellte Mangel den getroffenen Einzelhandelsausschluss insgesamt. Denn die Festsetzung beschränkt sich - sieht man von der Handwerkerprivilegierung ab - auf eine einheitliche Regelung zum Ausschluss einer bestimmten Nutzungsart im Sinne der Baunutzungsverordnung. Der Ausschluss beinhaltet damit zwar denklogisch zugleich die Summe von Ausschlüssen aller nach Maßgabe des § 1 Abs. 9 BauNVO möglichen Unterarten dieser Nutzung, d. h. insbesondere als immanente Einzelregelung etwa auch den Ausschluss von Einzelhandel mit nahversorgungs- und zentrenrelevantem Einzelhandel im Sinne der I4. Sortimentsliste, wie sie sich aus dem Einzelhandelskonzept 2009 erschließt. Dazu verhalten sich die planerischen Festsetzungen indes selbst nicht. Entsprechend bleibt es letztlich spekulativ, wie die Planung insoweit im Konkreten ausgefallen wäre, wenn der Rat sich zu einer Binnendifferenzierung der ausgeschlossenen Nutzungsart "Einzelhandel" entschieden hätte. Dies gilt umso mehr, als der Bebauungsplan selbst Hinweise auf die Sortimentsliste ebenso wenig enthält, wie die Begründung. Diese bezieht sich zwar auf das im Mai 2009 als Entwicklungskonzept i. S. d. § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB beschlossene Einzelhandels- und Zentrenkonzept, verweist in diesem Zusammenhang allerdings allein darauf, dass dieses zentrale Versorgungsbereiche definiert und Grundsätze für die Steuerung des Einzelhandels enthalte. Die Festsetzungen des Bebauungsplans selbst erhellen insoweit keine Teilbarkeit. Aufgrund dessen scheiterte eine Teilunwirksamkeit unabhängig davon daran, dass es bei einer Teilung an einem hinreichend bestimmten und als solchen bekannt gemachten Feststellungsinhalt fehlte. Denn mangels Abdrucks einer Sortimentsliste fehlte es zumindest insoweit an der erforderlichen Publizität des Norminhalts. Da dies originäre Aufgabe und Verantwortung des Plangebers ist, kann dies auch nicht durch einen dies leistenden Urteilstenor ersetzt werden, wie die Beklagte in diesem Zusammenhang geltend gemacht hat. Abgesehen davon können Gerichte eine erforderliche Planung der Gemeinde nicht ersetzen.

(3) In Folge der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 4/10 ist die planungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens auch seiner Art nach an § 34 BauGB zu messen. Auf die Vereinbarkeit einer Ein- und Ausfahrt zur S1.--straße mit den Festsetzungen des dort Geltung beanspruchenden Bebauungsplans Nr. ./.., Teil 1 - Gewerbegebiet C1. Straße/S. Weg in der Fassung seiner 1. Änderung - ist nicht weiter einzugehen. Die Frage nach der Sicherung der Erschließung ist ausgeklammert, so dass insbesondere offenbleiben kann, ob eine private Zuwegung vom Vorhaben zur S1.--straße verwirklicht werden kann. Auch ist die Anlegung einer Ein- und Ausfahrt in jenem Plangebiet gerade nicht Vorhabenbestandteil; im Lageplan ist als Vorhabengrundstück allein das Grundstück C1. Straße 1 unter Einschluss des Bereichs des zur Zeit leerstehenden Gebäudes X2.-- Straße 117 umrissen. Entsprechend eingeschränkt ist auch die Bindungswirkung des zu erteilenden Bauvorbescheides.

2. Nach dem also einschlägigen § 34 BauGB ist das Vorhaben, soweit es zur Vorbescheidung gestellt ist, bauplanungsrechtlich zulässig.

Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn es sich u. a. hinsichtlich der hier allein streitigen Merkmale (Art der baulichen Nutzung, Bauweise und Grundstücksfläche, die überbaut werden soll) in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebiete, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens seiner Art nach gemäß § 34 Abs. 2 BauGB allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre.

(1) Vorliegend richtet sich die Frage des Einfügens auch hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, weil die maßgebliche Umgebung keinem Baugebiet der Baunutzungsverordnung entspricht.

Die maßgebliche nähere Umgebung ist für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB genannten Merkmale gesondert zu ermitteln, weil diese jeweils eine Prägung mit ganz unterschiedlicher Reichweite und Gewichtung entfalten können. Für das hier zwischen den Beteiligten in erster Linie streitige Merkmal der Art der baulichen Nutzung ist die nähere Umgebung im Regelfall weiter zu bemessen als beispielsweise bei dem Merkmal der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll. Sie erstreckt sich so weit, wie sie den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst und sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 -, BRS 33 Nr. 36; OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2000 - 10 A 5152/97 -.

Bei der für die Prüfung erforderlichen Bestandsaufnahme ist grundsätzlich alles tatsächlich Vorhandene in den Blick zu nehmen. Die Grenzen der näheren Umgebung sind nicht schematisch, sondern nach der jeweiligen städtebaulichen Situation zu bestimmen. Es darf aber nicht nur diejenige Bebauung als erheblich angesehen werden, die gerade in der unmittelbaren Nachbarschaft des Baugrundstücks überwiegt, sondern es muss auch die Bebauung der weiteren Umgebung des Grundstücks insoweit berücksichtigt werden, als auch sie noch "prägend" auf dasselbe einwirkt. Wie weit die wechselseitige Prägung - und damit die "nähere Umgebung" - reicht, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls. Die Betrachtung ist insoweit auf das Wesentliche zurückzuführen, und Fremdkörper und Ausnahmen sind außer Acht zu lassen.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. Februar 2000 - 4 B 1.00 -, BRS 63 Nr. 102 = juris Rn. 34 und 44, vom 20. August 1998 - 4 B 79.98 -, BRS 60 Nr. 176 = juris Rn. 7 f., und vom 11. November 1980 - 4 B 207.80 -, BRS 36 Nr. 54 = juris Rn. 2, Urteile vom 26. Mai 1978 - IV C 9.77 -, BVerwGE 55, 369 = NJW 1978, 2564 = juris Rn. 33, und vom 18. Oktober 1974 - IV C 77.73 -, BRS 28 Nr. 27 = juris Rn. 15; OVG NRW, Urteil vom 16. März 2012 - 2 A 1518/10 -, juris Rn. 117 ff.; Beschluss vom 9. Januar 2012 - 2 A 536/11 -, S. 3 f. des amtlichen Umdrucks, Urteile vom 9. September 2010 - 2 A 508/09 -, juris Rn. 35, und vom 19. April 2010 - 7 A 2362/07 -, juris Rn. 56.

Legt man diesen Maßstab an, entspricht die nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks keinem der Baugebiete der §§ 2 ff. BauNVO.

Nach dem Eindruck, den die Vorsitzende als Berichterstatterin im Ortstermin gewonnen und dem erkennenden Senat anhand der vorliegenden Luftbilder, Fotos und verfügbaren Karten vermittelt hat, scheidet die Einordnung als faktisches Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO ebenso aus wie die Einordnung als Mischgebiet im Sinne von § 6 BauNVO. Vielmehr handelt es sich bei der näheren Umgebung um eine nicht klar abgrenzbare, durch verschiedene Nutzungsarten gekennzeichnete Gemengelage.

Dabei mag dahinstehen, wie weit die prägende Bebauung im Einzelnen reicht. Jedenfalls schließt sie im Westen den großflächigen Baumarkt mit ein. In östlicher Richtung sind auch die benachbarten gewerblichen Nutzungen noch als prägend zu bewerten. Dass diese Flächen innerhalb des Bebauungsplans Nr. ./.. (452) Teil 1 - Gewerbegebiet C1. Straße/S. Weg - 1. Änderung liegen, der diesen Bereich nach den Bauvorlagen als Gewerbegebiet mit einer zulässigen Gebäudehöhe von 12 Metern festsetzt, steht dem nicht entgegen. Wie im Zusammenhang mit der Frage, ob ein Bauvorhaben am Bebauungszusammenhang teilnimmt, kann zu der maßstabsbildenden "vorhandenen Bebauung" auch eine solche gehören, die im Bereich eines (qualifizierten) Bebauungsplans liegt.

Vgl. zur Frage des Bebauungszusammenhangs: BVerwG, Beschlüsse vom 24. November 2009 - 4 B 1/09 -, juris Rn. 5, und vom 10. Juli 2000 - 4 B 39/00 -, juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 1. März 2017 - 2 A 46/16 -, BauR 2017, 1504 = juris Rn. 46.

In südlicher Richtung mag die Eisenbahnlinie die Umgebung begrenzen, so dass die südlich gelegenen Autohäuser nicht zu berücksichtigen sind; in nördlicher Richtung ist als prägend jedenfalls auch die jenseits der C1. Straße/X3.-- --- Straße befindliche Nutzung einzustellen, namentlich der großflächige Polstermöbeldiscounter. Der Straße kommt in diesem Bereich trotz ihres hohen Verkehrsaufkommens und der ausgewiesenen zwei Fahrbahnspuren je Fahrtrichtung keine trennende Wirkung zu. Denn dessen unbeschadet haben die Nutzungen beiderseits der Straße einen gegenseitigen prägenden Bezug. Wohn- bzw. Geschäftsgebäude finden sich straßennah im Wechsel mit gewerblicher Nutzung, die im Übrigen auf den teils langgezogenen Grundstücken bis weit in das jeweilige Hintergelände gewerbliche Gebäude und Flächen aufweist. Dieser Eindruck der Zugehörigkeit wird durch die für vier Spuren relativ geringe Breite der Straße an dieser Stelle verstärkt.

Der Eindruck einer diffusen Gemengelage in dem so gezogenen Bereich wird durch das Nebeneinander von Wohngebäuden, nicht mischgebietsverträglicher Gewerbebetriebe und großflächigem Einzelhandel sowie von Leerständen innerhalb gewerblicher Bauten und Wohngebäuden geprägt.

So findet sich entlang der C1. Straße im unmittelbaren Nahbereich des Vorhabengrundstücks mit den mehrgeschossigen Wohnhäusern C1. Straße 3 und C1. Straße 7, 7a, 9 gewichtige, das Vorhabengrundstück prägende Wohnnutzung. In den Blick zu nehmen ist weiter auch das Wohnhaus X2.-- Straße 118 schräg gegenüber dem Vorhabengrundstück nördlich der X2.-- Straße; diese Bebauung beeinflusst - zusammen mit der weiteren Wohnbebauung, die sich jenseits der C1. Straße in Richtung Westen befindet - schon nach ihrer Zahl aber auch im Hinblick auf ihre Lage an der Straße die Umgebung. Daneben wird das Vorhabengrundstück geprägt durch großflächige Gewerbebauten, die durchaus in nennenswertem Umfang auch von Gewerbebetrieben genutzt werden, die in einem Mischgebiet nicht zulässig wären. Das gilt namentlich für vorhandene Logistikbetriebe/Speditionen wie die X4. auf dem Vorhabengrundstück und E. -T. nördlich der C1. Straße schräg gegenüber der Einfahrt zum Baumarkt. Im Weiteren finden sich auf dem Gelände westlich des Vorhabengrundstücks in großen Gewerbehallen ein (Groß-)Handel für Sportartikel sowie ein Elektrogroßhandel. Daran schließt sich ein Baumarkt an, der mit einer Verkaufsfläche von 8.000 m² und entsprechender Stellplatzausdehnung ebenfalls die Umgebung weder in Richtung auf ein Mischgebiet noch in Richtung auf ein Gewerbegebiet prägen kann. Zugleich ist er auch nicht etwa als Fremdkörper aus der Betrachtung auszuscheiden, zumal sich gegenüber dem Vorhabengrundstück jenseits der C1. Straße mit dem Polstermöbeldiscounter ein weiterer großflächiger Einzelhandelsbetrieb befindet.

(2) Gemessen an § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist das Vorhaben (auch) hinsichtlich der Art seiner Nutzung bauplanungsrechtlich zulässig.

Ein Vorhaben fügt sich im Sinne der genannten Vorschrift in die Eigenart der näheren Umgebung nur dann nicht ein, wenn es, bezogen auf die in dieser Vorschrift genannten Kriterien, den aus der Umgebung ableitbaren Rahmen überschreitet, indem es dort kein "Vorbild" oder keine "Entsprechung" findet und - zusätzlich - geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche und erst noch ausgleichsbedürftige Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen. Die Prüfung hat also in zwei Schritten zu erfolgen. Dabei fällt mit der Beantwortung der ersten Frage, ob sich das hinzukommende Vorhaben im Rahmen der bereits in der Umgebung vorhandenen baulichen Nutzung hält, eine wichtige Vorentscheidung, die innerhalb des zweiten Prüfungsschritts nur noch ausnahmsweise korrigiert werden kann.

Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 4 C 13.93 -, BRS 56 Nr. 61 = juris Rn. 17.

Nach diesen Maßstäben fügt sich das Vorhaben seiner Art nach in die Gemengelage ein, weil es in der näheren Umgebung mit dem großflächigen Baumarkt und dem Polstermöbeldiscount Vorbilder hat und sich schon dadurch innerhalb des Gebietsrahmens hält. Ob das Einzelhandelsvorhaben der Klägerin die in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 BauNVO beschriebenen negativen städtebaulichen Auswirkungen hat, ist kein Tatbestandsmerkmal des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Lediglich soweit die Vorschrift auch auf das Merkmal der Nutzungsart abstellt, bietet sie insoweit einen Anknüpfungspunkt an § 11 Abs. 3 BauNVO als diejenigen Nutzungsarten, zwischen denen die Baunutzungsverordnung unterscheidet, in unterschiedlicher Weise städtebaulich relevant sind.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Mai 2008 - 4 B 33.08 -, juris Rn. 4, Urteil vom 24. November 2005 - 4 C 14.04 -, BVerwGE 124, 376 = BRS 69 Nr. 72 = juris Rn. 24, Beschlüsse vom 20. April 2000 - 4 B 25.00 -, BRS 63 Nr. 103 = juris Rn. 8, und vom 12. März 1990 - 4 B 210.89 -, juris Rn. 7, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 5.87, - 4 C 6.87 -, BRS 47 Nr. 67 = juris Rn. 11; OVG NRW, Urteil vom 11. Oktober 2006 - 7 A 964/05 -, BRS 70 Nr. 90 = juris Rn. 93 ff.

Auch in Bezug auf die weiterhin zum Gegenstand der Bauvoranfrage gemachten Merkmale der überbaubaren Grundstücksfläche und der Bauweise bewegt sich das Vorhaben im Rahmen dessen, was in der Umgebung vorhanden ist, bzw. ist nicht geeignet, weitergehende bodenrechtliche Spannungen auszulösen. Die Beklagte hat insoweit ebenfalls keine Bedenken gegen die Planung erhoben.

(3) Schließlich steht dem Vorhaben auch § 34 Abs. 3 BauGB nicht entgegen.

Die Beklagte hat konkrete Anhaltspunkte, die die nach dieser Vorschrift geforderte Schädlichkeitsprognose nach § 34 Abs. 3 BauGB stützen würde, nicht geliefert. Solche ergeben sich auch nicht aus dem Verweis auf das Einzelhandelskonzept 2009 und dessen Fortschreibung.

Im Einzelnen gilt: Nach § 34 Abs. 3 BauGB dürfen von Vorhaben nach § 34 Abs. 1 oder Abs. 2 BauGB keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

Schädliche Auswirkungen eines Vorhabens im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB sind zu erwarten, wenn die Funktionsfähigkeit des betroffenen zentralen Versorgungsbereichs durch das Vorhaben in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt und damit gestört wird. Eine solche Funktionsstörung liegt vor, wenn der Versorgungsbereich seinen Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr in substantieller Weise wahrnehmen kann. Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche sind nicht erst dann schädlich, wenn sie die Schwelle zur Unzumutbarkeit überschreiten. Schutzzweck des § 34 Abs. 3 BauGB ist die Vermeidung städtebaulich "nachhaltiger" Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Januar 2017 - 4 B 43/16 -, juris Rn. 4, Urteile vom 17. Dezember 2009 - 4 C 2.08 -, BVerwGE 136, 10 = BRS 74 Nr. 97 = juris Rn. 13, und vom 11. Oktober 2007 - 4 C 7.07 -, BVerwGE 129, 307 = BRS 71 Nr. 89 = juris Rn. 14; OVG NRW, Urteile vom 3. Februar 2011 - 2 A 1416/09 -, DVBl. 2011, 560 = juris Rn. 117, vom 1. Februar 2010 - 7 A 1635/07 -, NWVBl. 2010, 349 = juris Rn. 97, und vom 1. Juli 2009 - 10 A 2350/07 -, BRS 74 Nr. 98 = juris Rn. 78.

Vorzunehmen ist eine Prognose, die alle Umstände des Einzelfalls in den Blick nimmt. Dazu zählen insbesondere der voraussichtliche Kaufkraftabfluss, ein Verkaufsflächenvergleich, die Entfernung zwischen dem Vorhaben und dem jeweiligen zentralen Versorgungsbereich, eine etwaige "Vorschädigung" des zentralen Versorgungsbereichs oder die Gefährdung eines vorhandenen "Magnetbetriebs", der maßgebliche Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des zentralen Versorgungsbereichs hat.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Februar 2009 - 4 B 4.09 -, juris Rn. 9, Urteil vom 11. Oktober 2007 - 4 C 7.07 -, BVerwGE 129, 307 = BRS 71 Nr. 89 = juris Rn. 24; OVG NRW, Urteile vom 3. Februar 2011 - 2 A 1416/09 -, DVBl. 2011, 560 = juris Rn. 121, vom 1. Februar 2010 - 7 A 1635/07 -, NWVBl. 2010, 349 = juris Rn. 95, und vom 6. November 2008 - 10 A 1417/07 -, BRS 73 Nr. 88 = juris Rn. 81.

Bei der Entscheidung, ob von einem Vorhaben schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche zu erwarten sind, sind diejenigen Auswirkungen zugrunde zu legen, die typischerweise von einem Betrieb der zur Genehmigung gestellten Art an der betreffenden Stelle ausgehen. Sind im Einzugsbereich des zentralen Versorgungsbereichs in räumlicher Nähe an anderer Stelle bereits Einzelhandelsbetriebe vorhanden, dürfen auch diese bei der Gesamtbetrachtung nicht unberücksichtigt bleiben. Schädliche Auswirkungen im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB können sich auch daraus ergeben, dass das geplante Vorhaben zusammen mit bereits vorhandenen Betrieben eine Beeinträchtigung des geschützten zentralen Versorgungsbereichs bewirkt. Denn ein gerade noch unbedenkliches Nebeneinander von Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten in räumlicher Nähe zum Versorgungsbereich und Angeboten derselben Branche im geschützten Versorgungsbereich kann durch das Hinzutreten eines weiteren branchengleichen Vorhabens in eine städtebaulich beachtliche Schädigung der Funktionsfähigkeit des Versorgungsbereichs umschlagen. Aber auch dann, wenn kein vollständiger Funktionsverlust droht, wird ein schon geschädigter zentraler Versorgungsbereich von § 34 Abs. 3 BauGB geschützt, nämlich insoweit als ihm eine "Erholung" nicht durch die Zulassung von Vorhaben erschwert oder unmöglich gemacht werden soll, welche die Schädigung verstärken.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Januar 2017 - 4 B 43.16 -, juris Rn. 4, unter Hinweis auf seinen Beschluss vom 12. Februar 2009 - 4 B 3.09 -, Buchholz 406.12 § 11 BauNVO Nr. 34 Rn. 6; OVG NRW, Urteile vom 29. November 2016 - 10 A 55/15 -, juris Rn. 56, vom 3. Februar 2011 - 2 A 1416/09 -, DVBl. 2011, 560 = juris Rn. 119, vom 1. Februar 2010 - 7 A 1635/07 -, NWVBl. 2010, 349 = juris Rn. 97, und vom 1. Juli 2009 - 10 A 2350/07 -, BRS 74 Nr. 98 = juris Rn. 84.

Daran gemessen sind von dem Vorhaben der Klägerin keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche der Beklagten im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB zu erwarten.

Zur Frage der Schädlichkeit gerade des Vorhabens der Klägerin hat die Beklagte Konkretes nicht vorgetragen. Tragfähige Anhaltspunkte ergeben sich auch nicht aus dem Verweis auf das Einzelhandelskonzept 2009 und dessen Fortschreibung 2015. Zu den Auswirkungen von zentren- und nahversorgungsrelevantem Einzelhandel im Plangebiet auf Versorgungsbereiche ist nichts Konkretes ausgesagt, sondern - wie ausgeführt - eine konkretisierende Prüfung im Einzelfall gefordert, welche die Beklagte hier nicht geleistet hat.

Gegen schädliche Auswirkungen auf das Zentrum in der Innenstadt von I. sprechen schon die Entfernung sowie die Größe des Zentrums. Der Lebensmittelmarkt an der N.-----straße liegt fußläufig in einer Entfernung von etwa 2,5 km, mit dem Auto beträgt diese etwa 3 km. Auch ist der Einzelhandelsbesatz nach den Feststellungen im Einzelhandelskonzept 2009 im nahversorgungsrelevanten Sortiment gut aufgestellt (vgl. dort S. 64). Insgesamt existiert danach ein über alle Warengruppen reichendes breites und tiefes Einzelhandelsgebot, welches die Versorgungsfunktion I5. als Oberzentrum unterstreiche. Aus der Fortschreibung des Konzepts ergibt sich nichts anderes. Für Nahrungs- und Genussmittel sind 5.300 m² angegeben, für Gesundheits- und Köperpflege 4.130 m² bei einer Gesamtverkaufsfläche von 71.175 m².

Die Annahme schädlicher Auswirkungen hinsichtlich des Zentrums I1. (Ost) ist ebenfalls nicht veranlasst. Auch hier bieten Entfernung, Größe und Zustandsbeschreibung keine durchgreifenden Anknüpfungspunkte für eine nachhaltige Beeinträchtigung durch die Neuansiedlung des vorgestellten großflächigen Lebensmitteldiscounters. Das Zentrum weist - Stand der Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes 2015 - 64 Einzelhandelsbetriebe auf einer Gesamtverkaufsfläche von 9.910 m² mit einem realisierten Umsatz von 47,2 Millionen Euro auf. Einzelhandelsschwerpunkt bildet der S2. -Verbrauchermarkt (S. 83). Die Entfernung dieses Marktes zum Vorhabenstandort beträgt etwa 2 - 2,5 km (Wegestrecke). Für eine Existenzgefährdung des Betriebes durch das streitige Vorhaben ist nichts Greifbares vorgetragen und auch sonst nichts ersichtlich.

Die Bejahung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals schädlicher Auswirkungen auf den Versorgungsbereich würde hier aber - zumal mit Blick auf die Struktur des Zentrums im Übrigen - zumindest voraussetzen, dass die Betriebsaufgabe des Frequenzbringers hinreichend wahrscheinlich ist.

Vgl. zur Indizwirkung auch: OVG NRW, Urteil vom 15. Februar 2012 - 10 A 1770/09 -, juris Rn. 70 ff.

Allein der Umstand, dass es in I1. Leerstände gibt, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Hinweise, dass das Zentrum deshalb bereits nachhaltig in seiner Funktion geschädigt wäre und das Vorhaben eine Erholung konterkarieren könnte, fehlen. Das gilt auch unter Berücksichtigung entsprechender Auswirkungen eines möglichen Angebots von zentrenrelevanten Randsortimenten, zumal sich eine Einschränkung des Angebotsumfangs schon aus der Typenbeschreibung des Vorhabens als Lebensmitteldiscounter ergibt. Es kann zugrunde gelegt werden, dass nicht autoorientierte Kunden weiterhin das Lebensmittel- und sonstige Warenangebot in I1. (Ost) wahrnehmen werden. Zugleich bleibt der S2. -Markt für autoorientierte Kunden wegen des Stellplatzangebotes weiterhin unverändert attraktiv. Auch liegt ohnehin eine direkte Konkurrenz zu dem nordöstlich des Versorgungsbereichs I1. -Ost gelegenen M. näher, ohne dass allerdings etwas dafür ersichtlich wäre, dass dadurch zum Nachteil der Versorgungsfunktion des Zentrums I1. denkbare positive Synergieeffekte gefährdet sein könnten.

Schließlich ist auch hinsichtlich des im Einzelhandelskonzept ausgewiesenen Zentrums X.-- Konkretes nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich, was auf schädliche Auswirkungen auf dessen Funktionsfähigkeit im vorstehenden Sinne schließen ließe.

Bei dem fraglichen Zentrum handelt es sich nach dem Einzelhandelskonzept 2009 um ein Stadtteilzentrum, nach der Fortschreibung 2015 um ein Nahversorgungszentrum, das allerdings eine über den unmittelbaren Nahbereich hinausgehende Versorgungsfunktion wahrnimmt bzw. wahrnehmen soll und damit wohl vom Schutzzweck des § 34 Abs. 3 BauGB erfasst wird. Gegen diese Einschätzung wendet auch die Klägerin nichts ein. Die Einschätzung lässt sich aus den Feststellungen des Einzelhandelskonzeptes ohne weiteres nachvollziehen. So findet im Zentrum X.-- regelmäßig ein Wochenmarkt statt, der als wichtiger Frequenzbringer für den Bereich und die umliegenden Nutzungen fungiert (Einzelhandelskonzept 2009 S. 81.). Nach der Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes 2015 sind aktuell 25 Einzelhandelsbetriebe in dem abgegrenzten Bereich angesiedelt, wobei der Durchschnittswert von 100 m² Verkaufsfläche/Betrieb auf kleinteilige Strukturen hinweist. Dabei stellt ein kleinflächiger Lebensmitteldiscounter (Netto) einen wichtigen Ankerpunkt im Hinblick auf die Versorgungsfunktion dieses zentralen Bereichs dar.

Dagegen, dass das solchermaßen dem Schutz des § 34 Abs. 3 BauGB unterfallende Zentrum nachhaltig durch die Ansiedlung des streitigen Lebensmitteldiscountmarktes geschädigt werden könnte, sprechen hier ebenfalls die Entfernung und die Aussagen des Einzelhandelskonzeptes zum Bestand und dessen Entwicklung. Zum Discountmarkt ergibt sich immerhin eine Wegestrecke von ca. 1,2 bis 1,3 km. Soweit in der Planbegründung zum Bebauungsplan Nr. 4/10 sogar eine Entfernung des Plangebietes von Stadtteilzentrum X.-- von ca. 1,4 km genannt wird, dürfte dies auf eine unkorrigierte Übernahme einer entsprechenden Wendung aus der Begründung des zeitgleich aufgestellten Bebauungsplans Nr. ./.. "Gewerbegebiet X2.-- Straße" zurückzuführen sein. Zugleich weist das Einzelhandelskonzept in seiner Fortschreibung zwar auf Leerstände im Zentrum X.-- hin; dass die Funktionsfähigkeit indes bereits heute nachhaltig in Frage gestellt wäre und das Vorhaben einer gewünschten Erholung entgegenstünde, lässt sich daraus nicht folgern. Auch die Beklagte führt Entsprechendes nicht etwa konkret an. Nach den Feststellungen des Einzelhandelskonzeptes ist der Versorgungsbereich in den westlichen Bereichen der M1. Straße durch ein z. T. qualitätsorientiertes Facheinzelhandelsangebot geprägt, während in den östlichen Lagen der M1. Straße mehrheitlich Dienstleister, Leerstände und Einzelhandelsnutzungen aus dem Niedrigpreissegment vorhanden sind. Insgesamt ist ein ausgewogener Branchenmix aus Angeboten des periodischen und aperiodischen Bedarfs vorhanden. Für Nahrungs- und Genussmittel sind im Jahre 2009 750 m² Verkaufsflächen erhoben worden, die Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts kommt für den periodischen Bedarf auf 800 m² (Reformware und Lebensmittel). Zugleich ist nichts Konkretes für eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung des O.----marktes vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Dabei ist neben der Entfernung insbesondere einzustellen, dass schon heute der Verbrauchermarkt an der N1.-------straße als großflächiger Lebensmittelmarkt im Wohnsiedlungsbereich (S3. J. L1. ) Ergänzungsfunktion übernimmt und sicherlich Synergieeffekt gerade auch zugunsten des O2. zeigen wird. Außerdem besteht bereits im Bestand eine vergleichbare Konkurrenzsituation zu dem B. - Markt an der X2.-- Straße, die sich auf die Existenz des O1. im zentralen Versorgungsbereich augenscheinlich nicht existenzvernichtend ausgewirkt hat, zu dem der neue Markt in erster Linie in Konkurrenz treten wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.