AG Unna, Urteil vom 08.11.2018 - 18 C 16/18
Fundstelle
openJur 2019, 28956
  • Rkr:
Tenor

Der unter Tagesordnungspunkt 3 der Eigentümerversammlung der Beklagten vom 21.06.2018 gefasste Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2017 wird betreffend die Kostenverteilung der Positionen

Verwaltergebühr und Auslagen

Kanalgebühren

Wasser

Biomüll

Müllabfuhr

Hausmeister

Hausreinigung und Winterdienst

Lohnnebenkosten

Strom für Aufzug und Beleuchtung

Wartung / TÜV Öltankanlage

Wartungslöschleitung + Fluch...

Aufzug Wartung + TÜV

Gewässerschadenhaftpflichtversicherung

sowie hinsichtlich der Entlastung des Verwalters für ungültig erklärt.

Der unter Tagesordnungspunkt 10 der Eigentümerversammlung gefasste Beschluss, den Abrechnungsschlüssel für die Müllabfuhr von "qm-Wohnfläche" auf "Kopfzahl" ab der Abrechnung 2018 umzustellen, wird für ungültig erklärt.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft I-Straße , V . Die WEG besteht aus 53 Wohneinheiten und 21 Teileigentumseinheiten (Garagen). Der Kläger ist Eigentümer der Wohnung Nr. #. Zur Darstellung der zu Grunde liegenden notariellen Teilungserklärung vom 13.07.1994 wird auf die zur Akte gereichte Abschrift, Anl. K1 zur Klage, Bl. 7 bis 15 der Akte, verwiesen.

§ 12 Nr. 2 der Teilungserklärung hat folgenden Wortlaut:

"In Ergänzung und teilweiser Abänderung des § 16 WEG wird folgendes bestimmt:

a) Die Bewirtschaftungskosten sind unter den Wohnungseigentümern entsprechend der in der Anlage I ausgewiesenen Größe (Quadratmeter-Wohnfläche) zu verteilen, mit Ausnahme der Wasser und Abwasser/Kanalgebühren. Diese sollen nach Kopfzahl abgerechnet werden. Finden besondere Meß- und Abrechnungsverfahren Anwendung, so sind dies maßgeblich. Zu den Bewirtschaftungskosten gehören insbesondere Wasserund Sielgebühren, öffentliche Abgaben, Kosten der gemeinschaftlichen Einrichtungen, soweit deren Kosten nicht durch Benutzungsgebühren (z.B. Münzautomat) gedeckt sind, der zentralen Heizungs- und Warmwasserversorgung, der Beleuchtung des gemeinschaftlichen Eigentums, einer eventuell von den Eigentümern beschlossenen Treppenreinigung, eines eventuell eingestellten Hausmeisters, für Gehwegsreinigung, für Schornsteinfegergebühren, für Bankgebühren sowie die Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung gemäß § 7 Abs. 3.

b) Die Verwaltungskosten sind für jedes Wohnungseigentum gleich zu bemessen. Einzelheiten über die Höhe werden im Verwaltungsvertrag geregelt.

c) (...)

d) Jeder Eigentümer trägt die auf ihn bzw. sein Sondereigentum fallenden Kosten allein, soweit für die besondere Meßvorrichtungen vorhanden sind oder soweit in einwandfreier Weise gesondert festgestellt werden können."

In dem mit der derzeitigen Hausverwaltung geschlossenen Verwaltervertrag ist eine Verwaltergebühr für 53 Wohneinheiten und keine gesonderte Gebühr für die Garagen vereinbart.

In der ordentlichen Eigentümerversammlung vom 21.06.2018 wurde zu Tagesordnungspunkt 3 folgender Beschluss gefasst: "Die vom Verwalter vorgelegte Jahresabrechnung, bestehend aus Gesamtabrechnung und Einzelabrechnung wird anerkannt und die Entlastung des Verwalters einstimmig erteilt". Unter Tagesordnungspunkt 4 wurde über die Feststellung der Personenzahl für die Hausgeldabrechnung diskutiert. Die Wohnungseigentümer wurden gebeten, Änderungen an der bislang bekannten Personenzahl gewissenhaft bei der Verwaltung zu melden. Die Personenwechsel des jeweils abzurechnenden Kalenderjahres würden wie bisher mit dem Hausmeister am Ende des Jahres abgestimmt und fänden sodann Eingang in die Hausgeldabrechnung. Zu Tagesordnungspunkt 10 wurde folgender Beschluss gefasst: "Der Abrechnungsschlüssel für Müllabfuhr wird von qm-Wohnfläche auf Kopfzahl, ab der Abrechnung 2018, umgestellt." Zur Darstellung des Protokolls der Eigentümerversammlung wird auf die zur Akte gereichte Abschrift, Anl. K2, Bl. 16 bis 21 der Akte, verwiesen. Zur Darstellung der Jahresabrechnung für das Jahr 2017 wird auf die zur Akte gereichte Abschrift, Anl. K3 zur Klage, Bl. 22 bis 28 d.A., verwiesen.

Mit der Jahresabrechnung 2017 wird die Position "Verwaltergebühr und Auslagen" nach der Anzahl der Wohnungseigentumseinheiten auf die Wohnungseigentümer umgelegt. Die Teileigentümer werden an dieser Position nicht beteiligt. Die Positionen Biomüll, Müllabfuhr, Hausmeister, Hausreinigung und Winterdienst, Lohnnebenkosten, Strom für Aufzug und Beleuchtung, Wartung / TÜV Öltankanlage, Wartungslöschleitung + Fluch..., Aufzug Wartung + TÜV, Gewässerschadenhaftpflichtversicherung, werden nach einem Flächenschlüssel gleichfalls lediglich auf die Wohnungseigentümer verteilt, nicht auch auf die Teileigentümer. Die Positionen Kanalgebühren und Wasser werden nach dem Schlüssel "Anz. Personen" verteilt, wobei eine Gesamtpersonenzahl in Höhe von 109,251 eingestellt ist und in der Einzelabrechnung des Klägers ein Anteil von 2 Personen. Die Beklagten haben im Verfahren zur Darstellung der Gesamtpersonenanzahl eine Liste vorgelegt, zu deren Darstellung auf die mit der Klageerwiderung zur Akte gereichte Abschrift, Bl. 50-53 der Akte, verwiesen wird.

Der Kläger ist der Auffassung, es sei fehlerhaft, dass die Positionen Verwaltergebühr und Auslagen, Biomüll, Müllabfuhr, Hausmeister, Hausreinigung und Winterdienst, Lohnnebenkosten, Strom für Aufzug und Beleuchtung, Wartung / TÜV Öltankanlage, Wartungslöschleitung + Fluch..., Aufzug Wartung + TÜV, Gewässerschadenhaftpflichtversicherung, lediglich auf die Wohnungseigentümer, nicht auch auf die Teileigentümer, verteilt wurden; dies sei von der Teilungserklärung nicht gedeckt. Der Begriff "Wohnungseigentümer" werde in der Teilungserklärung als Oberbegriff für Wohnungseigentümer und auch Teileigentümer gebraucht. Dass die Teileigentümer von diesen Kosten hätten entlastet werden sollen, sei der Teilungserklärung nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit zu entnehmen.

Der Kläger ist weiter der Auffassung, die Umlage der Positionen Kanalgebühren, Wasser und zukünftig Müll nach der Personenanzahl sei jedenfalls bei der gegebenen Größe der Wohnungseigentümergemeinschaft ungeeignet, weil nicht ansatzweise gewährleistet werden könne, dass die bei der Abrechnung zu Grunde gelegte Personenanzahl auch tatsächlich zutreffe. Es fehle an einer hinreichend konkreten Regelung, die eine zuverlässige Ermittlung der Personenzahl sicherstellen würde. Die Vorgehensweise gemäß Tagesordnungspunkt 4 der Eigentümerversammlung sei ungeeignet. Des Weiteren wäre der mit einer Ermittlung der Personenzahl verbundene Aufwand völlig unverhältnismäßig. Der Kläger bestreitet die Richtigkeit der in der Abrechnung zu Grunde gelegten Gesamtpersonenanzahl, die Richtigkeit der hierzu seitens der Beklagten vorgelegten Liste, sowie die in seiner Einzelabrechnung zugrundegelegte Personenanzahl. In seiner Wohnung habe im Abrechnungsjahr nur eine Person gewohnt.

Die Anfechtungsklage ist am 20.07.2018 bei Gericht eingegangen und wurde dem Verwalter am 28.07.2018 zugestellt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

wie erkannt.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Auffassung, die Aufteilung der Verwaltergebühr lediglich auf die Wohnungseigentümer sei korrekt und gerechtfertigt, da im Verwaltervertrag eine Gebühr für 53 Wohneinheiten nicht jedoch für die Garagen vereinbart wurde. Die Garagen seien in der Verwaltergebühr beinhaltet bzw. werde für die Garagen keine gesonderte Gebühr berechnet. Die weiteren Kosten, die nicht auch auf die Teileigentümer umgelegt wurden, seien lediglich auf die Wohnungseigentümer umgelegt worden, da diese Kosten die Garagen nicht beträfen. Es sei unbillig, die Teileigentümer an diesen Kosten zu beteiligen, zumal, was unstreitig ist, die Eigentümer der Garagen bereits an der Bildung der Instandhaltungsrücklage nach Quadratmeter-Nutzfläche beteiligt werden. Die Beklagten verweisen insofern auch auf § 12 Nr. 2 lit. d) der Teilungserklärung.

Die Verteilung der Positionen Kanalgebühren und Frischwasser nach Personen- bzw. Kopfzahl entspreche der Teilungserklärung. Die Beklagten verweisen darauf, dass unstreitig eine Änderung des Verteilungsschlüssels sei zu keinem Zeitpunkt beschlossen oder beantragt wurde. Sie behaupten, die jeweils gültige Personenzahl werde vom Hausmeister der Verwaltung bekannt gemacht; dies geschehe seit Jahren recht zuverlässig, insbesondere im Hinblick darauf - was insoweit unstreitig ist -, dass viele Vermieter im Hause als Wohnungseigentümer nicht in Kenntnis der tatsächlichen Personenzahlen ihrer Mieter sind. Letztendlich liege es am Wohnungseigentümer, nachzuhalten, mit wie vielen Personen tatsächlich die Mieter in der Wohnung wohnen. Dies sei jeweils der Verwaltung mitzuteilen. Fehle es an einer solchen Mitteilung, könne auf die Nachricht des Hausmeisters, der diese Dinge seit Jahren akribisch im Hause nachhalte, zurückgegriffen werden. Die Beklagten behaupten, der Mieter des Klägers habe die Wohnung im Abrechnungsjahr zeitweise nicht selbst genutzt, sondern diese sei von zwei Bekannten des Mieters genutzt worden. Dies sei im Zuge der laufenden Überprüfungen durch den Hausmeister festgestellt worden. Der Schlüssel Personenanzahl bzw. Kopfzahl sei nunmehr auch für die Müllabfuhrgebühren beschlossen worden, da eine bessere Verteilungsgerechtigkeit erzielt werden solle. Im Haus sei es, was unstreitig ist, üblich, dass Wohnungen nicht nur an normale Familien, sondern auch an Monteure etc. vermietet werden, so dass es im Einzelfall vorkomme, dass kleinere Wohnungen mit einer großen Personenzahl belegt sind.

Die Beklagten Wohnungseigentümer L1 sind der Auffassung, der Anfechtung der Jahresabrechnung stehe entgegen, dass der Kläger nicht den vorangegangenen Wirtschaftsplan für das Jahr 2017 angefochten habe. Weiter stehe der Begründetheit der Klage entgegen, dass die Kosten in der Vergangenheit, soweit erinnerlich und für die jüngeren Jahre auch noch belegbar, immer einstimmig so abgerechnet worden seien wie für 2017. Der Beschluss zur Änderung des Verteilungsschlüssels betreffend die Kosten der Müllabfuhr sei von § 12 Abs. 4 der Teilungserklärung gedeckt. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass er durch eine Abrechnung nach Personen- bzw. Kopfzahl benachteiligt sei. Der Kläger habe sich nicht die Mühe gemacht, die Personenanzahl beim Verwalter zu überprüfen oder sich erläutern zu lassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die weiteren zur Akte gereichten Unterlagen verwiesen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Beschluss über die Jahresabrechnung ist nach entsprechender Anfechtung aufzuheben, wenn er an formellen oder materiellen Mängeln leidet (Jennißen in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl. 2017, § 28 WEG, Rn. 153).

1.

Die Umlage der Position "Verwaltergebühr und Auslagen" lediglich auf die Wohnungseigentümer und nicht auch auf die Teileigentümer widerspricht § 16 Abs. 2 WEG.

Nach dieser Vorschrift ist jeder Wohnungseigentümer den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils zu tragen. Da gemäß § 1 Abs. 6 WEG für das Teileigentum die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechend gelten, sind als Wohnungseigentümer im Sinne von § 16 Abs. 2 WEG auch die Teileigentümer anzusehen. Der gesetzliche Grundsatz wäre mithin eine Verteilung der Kosten zwischen den Wohnungs- und Teileigentümern nach den Miteigentumsanteilen.

Es ist nicht festzustellen, dass durch die Teilungserklärung vom 13.07.1994 festgelegt wurde, dass die Teileigentümer von der Pflicht zur anteiligen Tragung der Kosten der Verwaltung ausgenommen werden sollten.

Da § 16 Abs. 2 WEG dispositiv ist, kann die Gemeinschaftsordnung abweichende Regelungen enthalten und insbesondere individuelle Verteilungsschlüssel definieren. Die Regelung in der Gemeinschaftsordnung muss aber eindeutig und klar sein. Verbleiben Zweifel am Regelungsinhalt, ist der Verteilungsschlüssel gem. § 16 Abs. 2 WEG anzuwenden (Jennißen in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl. 2017, § 16 WEG, Rn. 16).

Vorliegend fehlt es in der Teilungserklärung jedenfalls an einer hinreichend eindeutigen und klaren Bestimmung, dass die Teileigentümer von der Pflicht zur anteiligen Tragung der Kosten der Verwaltung ausgenommen sein sollten. Eine solche ergibt sich insbesondere nicht aus § 12 Nr. 2 b) der Teilungserklärung, der vorsieht, dass die Verwaltungskosten für jedes Wohnungseigentum gleich zu bemessen sind. Unabhängig davon, ob es sich insofern überhaupt um eine Regelung zum internen Verteilungsschlüssel handeln soll - oder lediglich um eine Vorgabe für den Abschluss des Verwaltervertrags - ist es nämlich naheliegend, dass in § 12 der Teilungserklärung die Begriffe "Wohnungseigentum" und "Wohnungseigentümer" als Oberbegriff auch für das Teileigentum und die Teileigentümer benutzt werden. Dafür spricht eine Auslegung der Teilungserklärung (siehe zu einer vergleichbaren Konstellation: OLG Hamm, Beschluss v. 23.02.2006 - 15 W 135/05; ferner etwa: OLG Hamburg, Beschluss v. 25.10.2004 - 2 Wx 12/02; OLG Frankfurt, Beschluss v. 20.09.2006 - 20 W 241/05). § 12 der Teilungserklärung steht in dem mit "Gemeinschaftsordnung" überschriebenen II. Teil der Teilungserklärung. Der mit "Grundsatz" überschriebene § 4 der Teilungserklärung sieht als erster Paragraf der Gemeinschaftsordnung vor, dass für das Verhältnis der Wohnungseigentümer zueinander und für die Verwaltung die §§ 10-29 WEG gelten, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist. Die Tatsache, dass auch in § 4 der Teilungserklärung nicht zwischen Wohnungseigentümern und Teileigentümern differenziert wird, spricht eindeutig dafür, dass der Begriff Wohnungseigentum in der Teilungserklärung jedenfalls teilweise als Oberbegriff für Wohnungseigentum und Teileigentum benutzt wird. Dies im Hinblick auf § 4 der Teilungserklärung anders zu sehen, würde bedeuten, dass die Teilungserklärung eine Gemeinschaftsordnung unter Ausnahme der Teileigentümer lediglich für die Wohnungseigentümer vorsieht, was unsinnig wäre. Hinzu kommt, dass in § 2 der Teilungserklärung für Wohnungseigentümer und Teileigentümer für die Gebrauchsregelung auf § 5 der Teilungserklärung verwiesen wird, wo jedoch wiederum nur von Wohnungseigentümern und nicht auch von Teileigentümern die Rede ist; auch hier wird also der Begriff des Wohnungseigentums bzw. Wohnungseigentümers als Oberbegriff genutzt. Vor diesem Hintergrund hätte es in § 12 der Teilungserklärung einer eindeutigen bzw. expliziten Regelung bedurft, wenn hätte festgelegt werden sollen, dass die Teileigentümer nicht an den Kosten der Verwaltung zu beteiligen sind.

Es ist auch nicht festzustellen, dass eine Verteilung der Verwaltungskosten lediglich auf die Wohnungseigentümer zu einem späteren Zeitpunkt vereinbart oder wirksam beschlossen worden wäre. Dazu fehlt es jedenfalls an substantiierten Vortrag der hierzu darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten. In dem Beschluss zur Genehmigung der Jahresabrechnung selbst kann kein Beschluss über die Änderung des maßgeblichen Verteilungsschlüssels gesehen werden. Ebenso kann aus einer langjährigen Praxis der Abrechnung nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel nicht geschlossen werden, dass ein solcher auch für die Zukunft verbindlich festgelegt werden sollte. Auch insofern gilt, dass für eine Abweichung von dem gesetzlichen Verteilungsschlüssel eine eindeutige Regelung seitens der Wohnungseigentümer erforderlich wäre; diese müsste von dem Bewusstsein getragen sein, dass der eigentlich gültige Verteilungsschlüssel nunmehr verbindlich geändert werden soll (vgl.: Jennißen in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl. 2017, § 16 WEG, Rn. 26 u. 35). Dies kann bei einem Beschluss zur Genehmigung einer Jahresabrechnung grundsätzlich nicht angenommen werden, da der Genehmigung des angewandten Verteilungsschlüssels lediglich zu entnehmen ist, dass die Wohnungseigentümer davon ausgehen, dies sei der gültige Verteilungsschlüssel; der Wille, im Falle eines Irrtums über den richtigen Verteilungsschlüssel, nunmehr den angewandten als maßgeblichen Schlüssel festzulegen, kann nicht hineingelesen werden.

Dass die Kosten der Verwaltung lediglich auf die Wohnungseigentümer und nicht auch auf die Teileigentümer zu verteilen sind, folgt auch nicht daraus, dass im Verwaltervertrag lediglich eine Vergütung für die Verwaltung der Wohnungen, nicht jedoch der Garagen vorgesehen ist. Der Verwaltervertrag regelt lediglich die Höhe der seitens der Wohnungseigentümergemeinschaft (als Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Teileigentümer) der Verwaltung geschuldeten Vergütung. Eine verbindliche Aussage über die Umlage dieser Vergütung auf die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer kann der Verwaltervertrag seiner Natur nach nicht treffen. Nichts anderes folgt vorliegend aus § 12 Nr. 2 b) der Teilungserklärung; eine wirksame Abweichung von § 16 Abs. 2 WEG ergibt sich aus dieser Regelung - wie dargelegt - nicht.

Schließlich kann die Verteilung der Kosten der Verwaltung lediglich auf die Wohnungseigentümer und nicht auch auf die Teileigentümer auch nicht auf § 12 Nr. 2 d) der Teilungserklärung gestützt werden. Bei den Kosten der Verwaltung handelt es sich schon nicht um Kosten, die lediglich auf einen bestimmten Eigentümer oder dessen Sondereigentum entfallen.

Mithin hätten die Kosten der Verwaltung auch auf die Teileigentümer umgelegt werden müssen. Die Genehmigung der davon abweichenden Jahresabrechnung für das Jahr 2017 widerspricht einer ordnungsmäßigen Verwaltung.

2.

Auch die vorgenommene Umlage der Positionen Biomüll, Müllabfuhr, Hausmeister, Hausreinigung und Winterdienst, Lohnnebenkosten, Strom für Aufzug und Beleuchtung, Wartung / TÜV Öltankanlage, Wartungslöschleitung + Fluch..., Aufzug Wartung + TÜV, Gewässerschadenhaftpflichtversicherung ist fehlerhaft und unterliegt somit der Anfechtung.

Auch diese Kosten wären grundsätzlich nach dem Schlüssel der Miteigentumsanteile zwischen den Wohnungseigentümern und den Teileigentümern zu verteilen. Insofern kommt es zunächst nicht entscheidend darauf an, inwieweit es sich bei diesen Kosten um Kosten des Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne von § 16 Abs. 2 WEG handelt oder um Kosten des Gebrauchs des Sondereigentums, die dem Wortlaut nach nicht von § 16 Abs. 2 WEG umfasst sind (so soll es sich etwa bei den Müllkosten nicht um Kosten des Gemeinschaftseigentums sondern des Sondereigentums handeln; vgl.: Jennißen in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl. 2017, § 16 WEG, Rn. 14). Es handelt sich nämlich jedenfalls insgesamt um Kosten, die nicht in der Person eines einzelnen Wohnungseigentümers entstehen, sondern um Kosten, die der Wohnungseigentümergemeinschaft für die Versorgung oder den Gebrauch des Gemeinschafts- und Sondereigentums durch Dritte berechnet werden. Diese Kosten sind unabhängig davon, ob es sich um Kosten des Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums handelt, nach dem in § 16 Abs. 2 WEG vorgesehenen Schlüssel - d.h. nach Miteigentumsanteilen - umzulegen, wenn die Gemeinschaftsordnung keine abweichende Regelung vorsieht (vgl.: BGH NJW 2007, 3492, Rz. 11f. beckonline).

Die vorliegend beschlossene Verteilung der streitgegenständlichen Positionen nach der Wohnfläche unter Ausschluss des Teileigentums ist von der Teilungserklärung nicht gedeckt.

§ 12 Nr. 2 a) der Teilungserklärung sieht für die "Bewirtschaftungskosten" zwar eine Verteilung nach dem Schlüssel "qm-Wohnfläche" vor. Der Regelung kann aber nicht entnommen werden, dass die Teileigentümer von der Verteilung der Kosten ausgenommen werden sollten. Entsprechend den obigen Ausführungen zu den Kosten der Verwaltung ist bei Auslegung der Teilungserklärung auch im Hinblick auf § 12 Nr. 2 a) der Teilungserklärung naheliegend, zumindest aber nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit auszuschließen, dass der Begriff "Wohnungseigentümer" als Oberbegriff für "Wohnungseigentümer" und "Teileigentümer" genutzt wird. Dagegen spricht nicht zwingend, dass als Umlageschlüssel "qm-Wohnfläche" vorgesehen ist, da in der insofern in Bezug genommenen Anlage I auch für die Garagen eine konkrete Fläche angegeben ist (eine Verteilung nach Wohnflächen kann im Falle eines Teileigentums auszulegen sein als Verteilung nach Nutzflächen bzw. nach der in der Teilungserklärung angegebenen Fläche: Jennißen in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl. 2017, § 16 WEG, Rn. 20; Lafontaine in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 16 WEG, Rn. 96). § 12 Nr. 2 a) der Teilungserklärung benennt auch Kosten, die nicht ausschließlich im Hinblick auf die Wohnungen, sondern auch im Hinblick auf die Garagen anfallen, wie z.B. Kosten für die Gehwegsreinigung. Auch unter diesem Gesichtspunkt kann die Regelung mithin nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit dahingehend ausgelegt werden, dass die Teileigentümer von den "Bewirtschaftungskosten" vollständig freigestellt werden sollten.

Die vorliegend beschlossene Verteilung der streitgegenständlichen Positionen nach der Wohnfläche unter Ausschluss des Teileigentums kann auch nicht auf § 12 Nr. 2 d) der Teilungserklärung gestützt werden. Dieser gibt nämlich von vornherein keine Grundlage für eine Verteilung (wie geschehen) nach der Wohnfläche sondern würde eine Verteilung konkret danach gebieten, in welcher Höhe Kosten für welches Sondereigentum konkret angefallen sind (Verteilung nach konkreter Verursachung); dass eine Verteilung nach dem Verursachungsschlüssel (differenzierend auch nach den einzelnen Wohnungen) erfolgen sollte, kann der Jahresabrechnung nicht entnommen werden.

Ohne eine hinreichend eindeutige Regelung durch die Wohnungseigentümer bietet die Tatsache, dass bestimmte Kosten durch bestimmte Wohnungs- oder Teileigentümer nicht verursacht werden, für sich genommen keinen Grund, diese von der Umlage der Kosten unter allen Wohnungs- und Teileigentümern auszunehmen (vgl.: Jennißen in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl. 2017, § 16 WEG, Rn. 28).

3.

Auch die angegriffene Umlage der Positionen Wasser und Kanalgebühren nach der Anzahl der Personen ist fehlerhaft und unterliegt deshalb der erfolgreichen Anfechtung.

Zwar ist in § 12 Abs. 2 a) der Teilungserklärung vorgesehen, dass Wasser und Abwasser/Kanalgebühren nach "Kopfzahl" abgerechnet werden sollen. Es fehlt indessen an einer hinreichenden Regelung der Wohnungseigentümer dazu, wie die Umlage nach der Kopfzahl konkret erfolgen soll.

Wie bereits dargelegt, erfordert die Vereinbarung eines Abrechnungsschlüssels, der von der gesetzlichen Regel der Abrechnung nach den Miteigentumsanteilen abweicht, eine eindeutige und klare Regelung (Jennißen in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl. 2017, § 16 WEG, Rn. 16). Die Verteilung nach der Kopfzahl bzw. der Anzahl der Personen ist dabei nach Auffassung des erkennenden Richters ein Verteilungsschlüssel, der jedenfalls in einer größeren WEG (wie der hiesigen) von vornherein der näheren Bestimmung durch die Wohnungseigentümer bedarf, damit er überhaupt zur Anwendung kommen kann (vgl.: Jennißen in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl. 2017, § 16 WEG, Rn. 22 u. 47f.).

Dabei bedarf es zunächst der Bestimmung, wann und in welchem Umfang eine Person im Rahmen der Abrechnung zu berücksichtigen ist (kommt es auf die Anzahl der Eigentümer oder die Anzahl der Bewohner einer Wohnung an? werden nur solche Personen berücksichtigt, die in der Wohnung ihren Hauptwohnsitz haben oder auch solche, die einen Zweitwohnsitz haben? Werden mglw. auch Personen berücksichtigt, die überhaupt nicht in der Wohnung wohnen, die sich dort jedoch regelmäßig als Besucher aufhalten bzw. die die Wohnung regelmäßig nutzen? Wann ist eine solche Regelmäßigkeit ggf. gegeben? Ist es erforderlich, dass die Person während des gesamten Jahres dort wohnhaft/aufhältig war? Soll es ggf. auf eine taggenaue Betrachtung oder eine Betrachtung nach Monaten/Wochen ankommen? Was gilt bei einem Leerstand?). Desweiteren bedarf es der Bestimmung, auf welchem Wege die maßgebliche Anzahl der Personen ermittelt werden soll, wobei eine Ermittlungsmethode festgelegt werden muss, die zumindest einem erforderlichen Mindestmaß an Nachvollziehbarkeit und Verlässlichkeit gerecht wird (denkbar dürfte insofern insbesondere sein, dass an einer bestimmten Anzahl an Stichtagen die tatsächliche Belegung der einzelnen Wohnungen (sei es durch die Verwaltung oder die jeweiligen Wohnungseigentümer) festgestellt wird; vgl. zum Mietrecht: BGH, Urteil vom 23. Januar 2008 - VIII ZR 82/07 -, Rn. 8, juris).

Vorliegend fehlt es - jedenfalls ist anderweitiges seitens der Beklagten nicht substantiiert dargelegt - sowohl an einer hinreichenden verbindlichen Regelung der Wohnungseigentümer dazu, wann und in welchem Umfang eine Person im Rahmen der Abrechnung zu berücksichtigen ist, als auch dazu, auf welchem Wege die maßgebliche Anzahl der Personen ermittelt werden soll. Die Vorgehensweise gemäß TOP 4 der Eigentümerversammlung vom 21.06.2018 - die Wohnungseigentümer sollen Änderungen der bekannten Personenzahl gewissenhaft bei der Verwaltung melden; die Personenwechsel werden mit dem Hausmeister abgestimmt - bietet keine hinreichende Grundlage um im Wege einer ordnungsmäßigen Verwaltung über die maßgebliche Personenanzahl zu beschließen. Allein die gewissenhafte Anzeige von Änderungen bei der Personenanzahl durch die Wohnungseigentümer kann schon deshalb nicht ausreichen, weil - wie die Beklagten selbst vortragen - die Wohnungseigentümer als Vermieter oftmals selbst keine Kenntnis davon haben werden, wieviele Personen gerade in ihrer Wohnung wohnen oder sich dort aufhalten; erforderlich wäre insofern jedenfalls eine ergänzende Regelung dahingehend, dass alle Wohnungseigentümer verpflichtet werden, die maßgebliche Personenanzahl zu bestimmten Stichtagen festzustellen. Sofern die Ermittlung der Personenanzahl ergänzend durch den Hausmeister erfolgen soll, ist nicht ansatzweise geregelt, auf welchem Wege dies erfolgen soll; die Ermittlung der für die Jahresabrechnung maßgeblichen Personenanzahl kann indessen nicht dem quasi freien Ermessen des Hausmeisters überlassen werden.

Solange eine hinreichende Regelung der Wohnungseigentümer zur näheren Bestimmung des in der Teilungserklärung vorgesehenen Verteilungsschlüssels der Kopfzahl und der Anwendung dieses Schlüssels fehlt, kann der Schlüssel im Rahmen der Jahresabrechnung nicht zur Anwendung kommen; hilfsweise wird nach Miteigentumsanteilen abzurechnen sein.

4.

Die Entlastung des Verwalters unterliegt der erfolgreichen Anfechtung, da die Jahresabrechnung fehlerhaft und erfolgreich angefochten ist (vgl. dazu etwa: Jennißen in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl. 2017, § 28 WEG, Rn. 22ff.)

5.

Der erfolgreichen Anfechtung unterliegt schließlich auch die zu TOP 10 vorgesehene Umstellung des Abrechnungsschlüssels für Müllabfuhr auf die Kopfzahl.

Dass dieser Beschluss nicht einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht, folgt vorliegend bereits daraus, dass es an einer hinreichend bestimmten Regelung zum Inhalt und zur Anwendung des Schlüssels fehlt (siehe dazu oben unter 3.; vgl. etwa auch: LG Rostock, Urteil vom 10. Juli 2015 - 1 S 160/14 -, Rn. 15, juris; Spielbauer in: Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl. 2017, § 16 Nutzungen, Lasten und Kosten, Rn. 54).

6.

Der Begründetheit der Anfechtungsklage steht nicht entgegen, dass der Kläger nicht auch den Wirtschaftsplan für das Jahr 2017 angegriffen hat. Auch ein bestandskräftig beschlossener Wirtschaftsplan entfaltet im Hinblick auf unzutreffende Verteilungsschlüssel keine Bindungswirkung für die Jahresabrechnung (Jennißen in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl. 2017, § 28 WEG, Rn. 9). Der Wirtschaftsplan dient der Vorfinanzierung der Kosten der WEG; diese Funktion ist nicht beeinträchtigt, wenn im Rahmen der Jahresabrechnung eine anderweitige Kostenverteilung beschlossen werden muss.

Der Begründetheit der Anfechtungsklage steht auch nicht entgegen, dass diese rechtsmissbräuchlich wäre. Die Anfechtung ist nicht schon deshalb rechtsmissbräuchlich, weil über Jahre hinweg der falsche Verteilungsschlüssel angewandt wurde. Das dauerhafte Missachten der Vorgaben der Teilungserklärung schränkt das Anfechtungsrecht nicht ein (Jennißen in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl. 2017, § 28 WEG, Rn. 162). Soweit Rechtsmissbräuchlichkeit für den Fall in Betracht gezogen wird, dass sich ein falscher Verteilungsschlüssels bei dem einzelnen Wohnungseigentümer nur im Rahmen von Kleinstbeträgen auswirkt oder dieser sogar zu einer Besserstellung des Anfechtenden führt (s.: Jennißen a.a.O.), ist dies vorliegend nicht einschlägig. Dies folgt bereits daraus, dass ein erheblicher Anteil der abgerechneten Kosten betroffen ist und dass sich insofern grundsätzliche Fragen betreffend die maßgeblichen Abrechnungsschlüssel stellen, die auch einer Klärung für die Zukunft bedürfen; dabei ist für den Kläger sowohl die Abrechnung unter Außerachtlassung des Teileigentums als auch die Abrechnung nach der Anzahl der Personen (Schlüssel 2 von 109,251) statt nach Miteigentumsanteilen (Schlüssel 142,94 von 10.000) nachteilhaft.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

III.

Der Streitwert wird auf 8.000 Euro festgesetzt.

Davon entfallen 7.000 Euro auf den Antrag zu 1) und 1.000 Euro auf den Antrag zu 2).

Hinsichtlich des Antrags zu 1) kommt es hinsichtlich der angefochtenen Kostenpositionen auf deren Nennwert an (vgl.: BGH, Beschl. v. 9.2.2017 - V ZR 188/16); maßgeblich ist dabei vorliegend als Obergrenze gem. § 49a Abs. 1 S. 2 GKG das Fünffache des Wertes des Klägerinteresses, d.h. der 5-fache Nennbetrag der gemäß Einzelabrechnung des Klägers auf diesen entfallenden Kosten, soweit diese angegriffen sind; dies ergibt nach Berechnung des Gerichts einen Betrag i.H.v. 6.561,30 Euro; da zusätzlich die Entlasung des Verwalters angegriffen wurde, erhöht sich der Streitwert auf 7.000 Euro (§ 3 ZPO).

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