LG Bielefeld, Urteil vom 23.01.2019 - 16 O 19/18
Fundstelle
openJur 2019, 28786
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft,

oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den

Geschäftsführern

zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr für die registrierten homöopathischen Arzneimittel Biochemie O. Nr. 3, Nr. 8, Nr. 10 und Nr. 21 mit dem Anwendungsgebiet zu werben

"die Immun-Aufbau-Kombi"

und dies geschieht wie aus den nachstehend wiedergegebenen und aus den Anlagen K 3 und K 4 ersichtlichen Werbeanzeigen.

und

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 25.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.04.2018 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung iHv. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist ein bei dem Amtsgericht Charlottenburg unter Nz xxxx eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Zu den Mitgliedern des Klägers gehören verschiedene Verbände und Kammern, u. a. der B. Bundesverband D., 114 Unternehmen der Heilmittelbranche, darunter 40 Hersteller bzw. Großhändler von Arzneimitteln und 19 Hersteller bzw. Händler von Naturheilmitteln, sowie 43 Unternehmen der Branche Heilwesen/Dienstleistungen, darunter 7 Ärzte, 22 Heilpraktiker und 8 Apotheken (Anlage K1).

Die Beklagte ist ein pharmazeutisches Unternehmen, das sich auf die Herstellung und den Vertrieb homöopathischer Arzneimittel spezialisiert hat.

Am 13. November 2002 gab die Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung (Anlage K11) gegenüber dem Kläger ab, in der sie sich verpflichtete,

"1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für

1.1 "registrierte homöopathische Arzneimittel mit der Angabe von Anwendungsgebieten zu werben, insbesondere für nachfolgend aufgeführte Mittel zu werben:

(...)"

Nachfolgend wurden in der Unterlassungserklärung verschiedene Produkte der Beklagten aufgeführt. Insoweit wird auf die schriftliche Unterlassungserklärung Bezug genommen.

In den Folgejahren zahlte die Beklagte aufgrund dieser Vereinbarung bei Werbemaßnahmen für diverse von ihr hergestellte Arzneimittel wiederholt Vertragsstrafen.

Die Beklagte hat für die von ihr vertriebenen Arzneimittel "Biochemie O. Nr. 3 Ferrum phosphoricum D 12", "Biochemie O. Nr. 8 Natrium chloratum D 6", "Biochemie O. Nr. 10 Natrium sulfuricum D 6" und "Biochemie O. Nr. 21 Zincum chloratum D 6" in den Zeitschriften "V. ", Ausgabe x auf Seite 35 sowie in der Ausgabe y, Seite 49, mit den streitgegenständlichen Anzeigen geworben. Bei den von der Beklagten beworbenen Arzneimitteln handelt es sich um registrierte homöopathische Arzneimittel.

Der Kläger ist der Ansicht, die Angaben in den Werbeanzeigen verstießen gegen § 5 HWG und die von der Beklagten ihm gegenüber abgegebene Unterlassungsverpflichtung.

Er behauptet dazu, bei homöopathischen Arzneimitteln sei die Wirksamkeit bislang nicht wissenschaftlich nachzuweisen. Er ist der Ansicht, dass hömöopathische Arzneimittel, die gemäß §§ 38, 39 AMG registriert werden können und keiner Zulassung, insbesondere des für die Zulassung notwendigen Wirkungsnachweises, bedürfen, gemäß § 5 HWG mit der Angabe von Anwendungsgebieten nicht beworben werden dürfen.

Unter dem Anwendungsgebiet sei, bereits dem Wortlaut nach, das Gebiet der Anwendung des Arzneimittels zu verstehen. § 2 Abs. 1 Ziff. 2 AMG gebe mit der Definition der Arzneimittel das Gebiet und deren Anwendung vor. Danach seien Arzneimittel u.a. Mittel, die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden, um physiologische Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern

zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr für die registrierten homöopathischen Arzneimittel Biochemie O. Nr. 3, Nr. 8, Nr. 10 und Nr. 21 mit dem Anwendungsgebiet zu werben

"die Immun-Aufbau-Kombi"

und dies geschieht wie aus den nachstehend wiedergegebenen und aus den Anlagen K 3 und K 4 ersichtlichen Werbeanzeigen.

und

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 25.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Werbung mit den genannten Aussagen zur Wirkungsweise der Arzneimittel werde nicht von § 5 HWG erfasst, da es sich nicht um "Angaben zu Anwendungsgebieten" i.S.d. Norm handele.

Die Werbung der Beklagte enthalte keine Angabe zu Anwendungsgebieten. Der Begriff "Anwendungsgebiet" sei gleichbedeutend mit dem in der medizinischen Wissenschaft gebräuchlichem Begriff der "Indikation", also den Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden, die das Arzneimittel heilen, lindern, verhindern oder erkennen lassen soll.

Die Beklagte behauptet dazu, die vorliegende Werbeaussage beinhalte keine Indikationsangabe, sondern lediglich Aussagen zur Wirkungsweise der beworbenen Arzneimittel. Der Angabe sei zu entnehmen, dass mit der Einnahme der beworbenen Arzneimittel das Immunsystem aufgebaut werden könne. Das Immunsystem sei das natürliche Abwehrsystem des menschlichen Körpers gegen Krankheitserreger wie Viren, Bakterien oder Pilze. Mit der Werbeaussage werde nur die Wirkungsweise der Arzneimittel beschrieben, wonach diese allgemein positive Wirkungen für das Immunsystem hätten. Sie beschreibe ein Stoffwechselgeschehen im Körper. Das Immunsystem baue Schutzfunktionen im Organismus auf, die den Körper frei halten (immunis lat. frei) von Schädlingserregern. Weder beinhalte die Aussage, dass die Arzneimittel dazu bestimmt seien, ein krankhaft gestörtes Immunsystem zu behandeln oder eine solche Störung zu verhindern, noch dass mit den Arzneimitteln bestimmte Krankheiten geheilt, gelindert oder verhindert werden sollten.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Die Klage ist zulässig.

Das angerufene Gericht ist gemäß §§ 924, 937 Abs. 1, 943 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit §§ 13, 14 UWG, §§ 94, 95 Abs. 1 Nr. 5 GVG für die Entscheidung über die einstweilige Verfügung zuständig, da die Beklagte im Landgerichtsbezirk Bielefeld ihre gewerbliche Niederlassung hat.

Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört, insbesondere die Achtung darauf, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Ihm gehört eine erhebliche Zahl von Unternehmen an, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben räumlichen Markt vertreiben wie die Beklagte.

II.

Die Klage ist auch begründet.

1.

Der Antrag des Klägers ist hinreichend bestimmt im Sinne des 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Der Kläger hat die auf ein abstraktes und umfassendes Verbot der bereits in § 5 HWG genannten Verhaltensweisen gerichteten Anträge durch den "wie”-Zusatz auf konkrete Verletzungsformen bezogen. Damit beschreibt er die Umstände, unter denen ein Verhalten untersagt werden soll, so deutlich, dass sie in ihrer konkreten Gestaltung zweifelsfrei erkennbar sind. Die abstrakte Kennzeichnung hat lediglich die Funktion, den Kreis der Varianten näher zu bestimmen, die als "kerngleiche” Handlungen vom Verbot erfasst sein sollen.

2.

Der Kläger kann von der Beklagten gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 5a HWG sowie aufgrund der Unterlassungserklärung vom 13. November 2002 Unterlassung der beanstandeten Werbung verlangen.

a)

Die Unterlassungsansprüche des Klägers folgen bereits aus §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG.

Die Kläger hat mit den beanstandeten Werbemaßnahmen gegen § 5 HWG verstoßen.

Die Vorschrift des § 5 HWG ist i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG dazu bestimmt, das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer zu regeln (BGH, MDR 2012, 663). Der Anwendung von § 4 Nr. 11 UWG steht nicht entgegen, dass die vollharmonisierende Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken einen vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand nicht kennt. Denn die im vorliegenden Verfahren betroffene Marktverhaltensregelung des § 5 HWG fällt unter die Öffnungsklausel des Art. 3 Abs. 3 i.V.m. Erwägungsgrund 9 der Richtlinie 2005/29/EG, wonach Rechtsvorschriften der Union und der Mitgliedstaaten in Bezug auf Gesundheits- und Sicherheitsaspekte von Produkten von der Richtlinie unberührt bleiben. § 5 HWG zählt zu diesen Bestimmungen, weil sie dem Gesundheitsschutz von Verbrauchern dient (BGH, aaO.).

Die Werbemaßnahmen der Beklagten verstoßen gegen § 5 HWG.

Nach dieser Vorschrift darf für homöopathische Arzneimittel, die nach dem Arzneimittelgesetz registriert oder von der Registrierung freigestellt sind, nicht mit der Angabe von Anwendungsgebieten geworben werden.

Die Arzneimittel "Biochemie O. Nr. 3 Ferrum phosphoricum D 12", "Biochemie O. Nr. 8 Natrium chloratum D 6", "Biochemie O. Nr. 10 Natrium sulfuricum D 6" und "Biochemie O. Nr. 21 Zincum chloratum D 6" sind nach §§ 38 f. AMG registrierte homöopathische Arzneimittel.

In den beanstandeten Werbeanzeigen betreibt die Beklagte Werbung für konkrete Arzneimittel gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 5 HWG.

Sie wirbt darin auch i.S.d. § 5 HWG mit Anwendungsgebieten. Dieses Merkmal ist weit auszulegen. Es entspricht im Wesentlichen dem in der medizinischen Wissenschaft gebräuchlichen Begriff der Indikation, d.h. dem medizinischen Zweck, für den das Arzneimittel anzuwenden ist (OLG Stuttgart, Urt. v. 16.03.2006, Az. 2 U 226/05 - zit. nach juris; OLG Hamm, Urt. v. 15.04.2010 - 16 O 91/09; Mand, in: Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl. 2014, § 5 HWG Rn. 11). Bei homöopathischen Arzneimitteln fallen unter die Angaben zu Anwendungsgebieten auch wirkungsbezogene Aussagen, die sich auf die positive Beeinflussung von allgemein umschriebenen Stoffwechselvorgängen, insbesondere auf die Behebung etwaiger Störungen, beziehen. Eine Bezugnahme auf konkret umschriebene, in der Schulmedizin anerkannte Krankheitsbilder ist nicht erforderlich.

Auch die Beklagte selbst geht in ihrer Klageerwiderung davon aus, dass ihre Werbung ein Stoffwechselgeschehen im Körper beschreibe (Seite 3 der Klageerwiderung).

Diese Auslegung wird durch den Zweck der Vorschrift gestützt. Bei einer Registrierung nach §§ 38 f. AMG sind - im Gegensatz zu einer Arzneimittelzulassung nach § 21 AMG - wissenschaftliche Wirkungs- und Wirksamkeitsnachweise nicht erforderlich und regelmäßig auch nicht erbringbar. Durch den Verzicht auf entsprechende Nachweise für die Verkehrsfähigkeit homöopathischer Arzneimittel gewährleistet der Gesetzgeber letztlich den Fortbestand dieser besonderen Therapierichtung. Im Lichte des Objektivitätsgebots bei gesundheitsbezogener Werbung und der Gesundheitsgefahren einer möglichen unsachgemäßen (Selbst-)Medikation soll allerdings mit Angaben nicht geworben werden, die sich nach den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin wissenschaftlich nicht belegen lassen (vgl. dazu bereits die amtl. Begr. zu § 38 AMG, BT-Drs. 7/3060, S. 52 f.; Gröning, in: Gröning/Mand/Reinhart, Heilmittelwerberecht, Stand: 5. Aktualitätslieferung 2015, § 5 Rn. 2; Artz, in: Bülow/Ring/Artz/Brixius, Heilmittelwerbegesetz, 4. Aufl. 2012, § 5 HWG Rn. 5). Damit beruht § 5 HWG im Kern auf dem Schutz des Verkehrs vor irreführenden Angaben über die hinreichende wissenschaftliche Absicherung einer Wirksamkeitsbehauptung für ein Arzneimittel (BGH aaO.). Wirkungsbelege fehlen indes nicht nur in Bezug auf konkrete medizinische Krankheitsbilder, sondern auch hinsichtlich sonstiger Beeinflussungen von Stoffwechselvorgängen. Die Gefahr einer unsachgemäßen (Selbst-)Medikation ist bei allgemeiner gehaltenen Aussagen zu körperlichen und seelischen Zuständen, die durch das betreffende Arzneimittel angeblich positiv beeinflusst werden, gleichfalls zu bejahen. Denn diese können unmittelbar als Grundlage für therapeutische Auswahlentscheidungen in der Homöopathie dienen (s. dazu Geisler/Quak, Leitfaden Homöopathie, 2005, S. 6 f. 16, 90 ff.).

Die weite Auslegung von § 5 HWG folgt überdies aus dem Gebot der richtlinienkonformen Auslegung. Titel VIII der Richtlinie 2001/83/EG harmonisiert die Werbung für Humanarzneimittel voll (EuGH, Urt. v. 08.11.2007 - C-374/05, GRUR 2008, 267 Rn. 19-32 - Gintec). Gem. Art. 100 S. 2 dieser Richtlinie dürfen in der Werbung für homöopathische Arzneimittel i.S.d. Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie nur Angaben gemäß Art. 69 Abs. 1 der Richtlinie verwendet werden; alle dort nicht genannten Angaben sind verboten. Diese Beschränkung gilt für die Öffentlichkeits- und Fachkreiswerbung gleichermaßen (Mand, in: Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl. 2014, § 5 HWG Rn. 6). Sie erfasst insbesondere Werbeaussagen zur Zweckbestimmung, Wirksamkeit oder Wirkung, die in Art. 69 der Richtlinie keine Erwähnung finden.

Die beanstandete Werbung der Klägerin enthält nach § 5 HWG verbotene, auf Anwendungsgebiete bezogene Aussagen im vorstehenden Sinne. Die Aussage "Immun-Aufbau-Kombi" in der Anzeige suggeriert, dass in bestimmten Fällen die Einnahme des betreffenden Arzneimittel Stoffwechselvorgänge positiv beeinflussen und dazu beitragen kann, das Immunsystem aufzubauen und es so zu beeinflussen, dass es besser die ihm zukommenden Aufgaben bewältigen kann.

Der Annahme einer Werbung für Anwendungsgebiete des Arzneimittels steht nicht entgegen, dass sich im Anschluss an die Angabe der Wirkstoffe und ihrer Anwendungsgebiete der Hinweis befindet: "Anwendungsgebiete: Registriertes homöopathisches Arzneimittel, daher ohne Angabe einer therapeutischen Indikation." Bei diesem Hinweis handelt es sich, was insbesondere die angesprochenen Fachkreise erkennen, um eine gesetzlich geregelte Pflichtangabe für registrierte homöopathische Arzneimittel (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9, 11 Abs. 3 S. 1 AMG), die schon aufgrund ihres abstrakten und formelhaften Inhalts nicht geeignet ist, Sachaussagen zu einzelnen Anwendungsgebieten wieder aufzuheben oder auch nur einzuschränken (BGH, aaO.).

Die strikte Auslegung des Verbotstatbestands gem. § 5 HWG ist auch mit den Grundrechten der Beklagten vereinbar; eine einschränkende Auslegung, etwa anhand des Merkmals der mittelbaren Gesundheitsgefahr, nicht geboten (vgl. BGH, aaO.). Die weite Auslegung des Merkmals "Anwendungsgebiete" schränkt die Möglichkeit der Vermarktung von homöopathischen Arzneimitteln zwar nicht unerheblich ein, wobei dahin gestellt sein kann, inwieweit dies zu einer Betroffenheit von Art. 12 GG oder der europäischen Grundrechte führt (dazu Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Auflage 2015, § 4 Rn. 11.133a; Mand, JZ 2010, 337, 340 ff.). Ein etwaiger Eingriff ist aber jedenfalls im Interesse des Gesundheitsschutzes als überragend wichtigem Gemeinschaftsgut gerechtfertigt (vgl. BGH, aaO.). Für die Angemessenheit spricht vorliegend nicht zuletzt, dass die Beklagte die Möglichkeit hat, die Wirkung ihrer Arzneimittel wissenschaftlich zu belegen und eine Zulassung zu beantragen. In diesem Fall ist auch eine Werbung mit Anwendungsgebieten möglich (BGH, aaO.; Gröning, in: Mand/Gröning/Reinhart, Heilmittelwerberecht, 5. Aktualitätslieferung 2015, § 5 HWG Rn. 6).

b)

Die Unterlassungsansprüche des Klägers ergeben sich überdies aus der Unterlassungsverpflichtung der Beklagten vom 13. November 2002.

Die Verpflichtung, für homöopathische Arzneimittel nicht mit der Angabe von Anwendungsgebieten zu werben, erstreckt sich auch auf die Arzneimittel ""Biochemie O. Nr. 3 Ferrum phosphoricum D 12", "Biochemie O. Nr. 8 Natrium chloratum D 6", "Biochemie O. Nr. 10 Natrium sulfuricum D 6" und "Biochemie O. Nr. 21 Zincum chloratum D 6". Der "insbesondere”-Zusatz stellt klar, dass sich das abstrakt gefasste Verbot in erster Linie auf die in der Unterlassungserklärung aufgeführten Arzneimittel bezieht. Er führt aber nicht zu einer Einschränkung auf die genannten Präparate. Vielmehr handelt es sich um eine Auslegungshilfe, welche das in erster Linie gewollte abstrakte Verbot näher erläutert. Erfasst sind danach jedenfalls auch im Kern gleiche Werbemaßnahmen für andere registrierte homöopathische Arzneimittel. Diese Auslegung wird durch die von der Beklagten in den Folgejahren auf der Basis der Unterlassungserklärung wiederholt gezahlten Vertragsstrafen auch für Arzneimittel bestätigt, die nicht in der Unterlassungserklärung benannt sind.

Die Werbeanzeigen enthalten eine Werbung "mit der Angabe von Anwendungsgebieten". Dieses in der Unterlassungserklärung genannte Erfordernis ist aufgrund des insoweit identischen Wortlauts ebenso auszulegen wie im Rahmen von § 5 HWG. Auf die entsprechenden Ausführungen wird verwiesen.

3.

Der Zahlungsanspruch iHv. 25.000,00 € folgt aus der zwischen den Parteien bestehenden Unterlassungsvereinbarung vom 13. November 2002 in Verbindung mit den Schreiben vom 9. Oktober 2006, 5. Februar 2007 und 26. August 2010, wonach sich die Beklagte vertragsstrafenbewehrt zur Unterlassung verpflichtete, für lediglich registrierte homöopathische Arzneimittel mit der Angabe von Anwendungsgebieten zu werben.

Die für jeden Fall der Zuwiderhandlung versprochene Vertragsstrafe iHv. 12.500,00 € ist hier zweifach verwirkt, da die beanstandeten Veröffentlichungen in verschiedenen Ausgaben der Zeitschrift "Vital" erfolgten und zudem die jeweiligen Anzeigen deutlich unterschiedlich gestaltet sind.

Somit erfolgten sowohl die Erstellung als auch der Entschluss zur Veröffentlichung auf unterschiedlichen Entschließungen und stellen damit eigenständige Verstöße dar.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf 55.000,00 EUR festgesetzt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Hamm, Heßlerstr. 53, 59065 Hamm, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Hamm zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Hamm durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.